Denken und Glauben am Göbekli Tepe - SSOAR
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post@LarsHennings.de 7<br />
<strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong>: Gr<strong>und</strong>rißskizze Anlage D; Rot = Pfeiler, Hellrot = vermutet; dünne grüne Linie = ungefähr<br />
Innenbegrenzung Mauer; Pfeil = Mauer mit Einstieg. (frei nach Schmidt, 2008, der nur einen fehlenden<br />
Pfeiler sieht, hinten also nur zwei große Felder) graue Kreisfläche ca. ø 10 m als imaginäre „Nutzfläche“ ca.<br />
80 m 2 , Platz für ca. 250 Personen, falls der Zutritt für Nicht-PriesterInnen erlaubt war.<br />
werden wir uns noch befassen, um den Umbruch von traditionalem zu modernem <strong>Denken</strong><br />
zu verstehen. Nicht mehr eine geistige Identität (wie Gesellschaft) entwickelt sich<br />
dialektisch hin zu einem teleologisch, durch göttliche Kraft bereits im Ursprung der<br />
historischen Bewegung implementierten Ziel. Sondern anstelle dieses fortlaufenden<br />
Zyklus‘ von These-Antithese-Synthese wird soziale Entwicklung bei ihnen nun als<br />
planloser, als sich selbst verändernder realer Prozeß erkannt. Dessen Richtung wird<br />
beständig durch äußere wie innere Einflüsse bestimmt. Einflüsse, die in der Analyse<br />
empirisch erhoben werden müssen, um dann den Ablauf des Prozesses rekonstruieren zu<br />
können. Doch auch diese Vorstellung wurde von ihnen nur angedeutet, <strong>und</strong> es fehlt die<br />
Analyse des Beginns menschlichen <strong>Denken</strong>s, dessen Existenz sie einfach voraus setzten.<br />
D<strong>am</strong>it aber wird sich dieser Text beschäftigen, um die Menschen vom <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong><br />
(vielleicht) zu verstehen, ihre Logik, ihr Weltbild. Allerdings werde ich mich diesem<br />
Thema mit der Sichtweise heutiger Soziologie nähern. Dialektik, Evolution,<br />
Urkommunismus sind für die empirische Gesellschaftswissenschaft überholte Begriffe,<br />
doch mit dem Prozeß müssen wir uns auch methodisch beschäftigen. 1<br />
Vor allem geht es um jenen Prozeß, in dem der menschliche Geist entstand. Vom<br />
Wissen über die Entstehung der Kognition ist ein Zugriff auf das <strong>Denken</strong> der Menschen<br />
vom <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> möglich, auf dessen logische Struktur. Logik ist in diesem<br />
Zus<strong>am</strong>menhang nicht bloß als deduktives Schließen verstanden, sondern als materiale<br />
Logik (Scheibe oder Kugel), die in ihren Gr<strong>und</strong>kategorien wie Raum, Zeit, Kausalität,<br />
Substanz neu zu begründen ist. (Dux, 1990, 2008) Hinsichtlich des Menschenbildes wird<br />
hier vom gr<strong>und</strong>legenden Umbruch (!) zwischen Tier <strong>und</strong> Mensch ausgegangen, zwischen<br />
Biologie <strong>und</strong> Sozialem. 2 Die Kognition der modernen Menschen entstand aus biologischen<br />
Vorgaben, primär aus der rudimentären Lernfähigkeit schon höherer Tiere. Unser Geist<br />
entstand als etwas ganz Neues! Und das nicht etwa erst im Zus<strong>am</strong>menhang mit der<br />
seßhaften Landwirtschaft vor 10.000 Jahren oder an diesem Tempel. Im großen Prozeß<br />
der Menschwerdung wurde <strong>Denken</strong> <strong>und</strong> Fühlen in einem Prozeß des Handelns <strong>und</strong> der<br />
Reflexion dieses Handelns erworben. Donald spricht in seiner Geschichte des<br />
Bewußtseins vom Primaten zum Hominiden von der Enkulturation des (selbstbewußten)<br />
Geistes, die phylogenetisch in der Bildung kognitiv-kultureller Verbände eine wichtige<br />
1 Meine Thesen sollen auch nicht andere Theorien bewerten, wie etwa Funktionalismus, Evolutionismus oder<br />
Strukturalismus; insofern nutze ich solche Begriffe ganz allgemein <strong>und</strong> sage ausdrücklich, wenn ich an einer<br />
bestimmten Theorie anknüpfe; das gilt auch für bestimmte Begriffe in der Archäologie: wenn ich von<br />
Übervölkerung spreche, beziehe ich mich nicht auf jene dort bekannten Theorien, wie ich es auch nicht beim<br />
Bezug auf rezente Urvölker mache; ich zeige noch, warum mir ein solcher Bezug in Grenzen sinnvoll scheint.<br />
2 Meines Wissens erkennt im wissenschaftlichen Kontext 1864 als erster Wallace, der den evolutiven Prozeß<br />
zeitgleich mit Darwin formulierte, es gäbe einen Umbruch vom Tier zum Menschen. Letzterer sei nach einer<br />
gewissen (Ur-) Entwicklung wegen des bei ihm entstandenen Intellekts <strong>und</strong> der sympathischen, andere<br />
unterstützenden, <strong>und</strong> moralischen Gefühle schon lange im „socialen Zustand“ <strong>und</strong> nicht mehr der natürlichen<br />
Zuchtwahl unterworfen. (1870: 375) Darwin kritisiert in der „Abst<strong>am</strong>mung...“ diese Stelle bei Wallace nur<br />
insofern, er verstünde nicht dessen Ablehnung der natürlichen Zuchtwahl bezüglich der Entwicklung des<br />
Gehirns bei „Wilden“ deutlich über die des Affen hinaus, erwähnt den Hinweis auf den sozialen Zustand aber<br />
nicht, statt dessen antwortet er: „Obgleich die intellectuellen Kräfte <strong>und</strong> socialen Gewohnheiten von der<br />
äußersten Bedeutung für den Menschen sind, so dürfen wir doch die Beobachtung seines körperlichen<br />
Zustands ... nicht unterschätzen“. Später betont er, der so eine Art „Salon-Rassist“ des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts war,<br />
„daß zwischen Menschen <strong>und</strong> den höheren Säugetieren kein f<strong>und</strong><strong>am</strong>entaler Unterschied in Bezug auf ihre<br />
geistigen Fähigkeiten besteht“. (1874: 54, 72; zu Marx/ Engels, auch kurz zu Darwin: Hennings, 13 2013; frei<br />
auf meiner Homepage zu laden)