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Denken und Glauben am Göbekli Tepe - SSOAR

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34 Jericho versus <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong>?<br />

nachgewiesen. In Nevalı Çori fanden sich 1.000 Tonfiguren – Handelsgut? Bezüglich des<br />

Handels gilt es zwischen dem mit Steinartefarkten <strong>und</strong> dem mit Objekten für Schmuck zu<br />

unterscheiden. Ersterer sei im Paläolithikum weitgehend auf die nähere Umgebung von<br />

150 Kilometer beschränkt, heißt es, während für beispielsweise Schneckengehäuse<br />

Distanzen von mehr als 1.000 Kilometer gef<strong>und</strong>en wurden. Gönnersdorf war auch<br />

diesbezüglich ein zentraler Siedlungspunkt; Bosinski vermutet dort ein festes Lager, das<br />

mit Jagdlagern verb<strong>und</strong>en war. (118) Ein weiteres Zentrum – sie sind durch Rohstoff<strong>und</strong>e<br />

in den Siedlungen definiert – fand sich auf der Schwäbischen Alb nördlich des Bodensees<br />

entlang der Donau in relativ geringer Entfernung; beide sind durch die Nutzung von<br />

Bohnerzhornstein aus der Nähe des heutigen Freiburg verb<strong>und</strong>en. (>Eiszeit, 2009: 182)<br />

Bei solcher sozialen Vernetzung sind immer schon Konkurrenzen mit zu denken, <strong>und</strong><br />

seien es solche der Eliten um Ansehen. Zentren entstehen um einen gut erreichbaren Ort,<br />

oder an dem es gute Jagdplätze gibt, Bodenschätze vielleicht, auch, wo ein einflußreicher<br />

St<strong>am</strong>m Anziehung ausstrahlt... Schon bei unstrukturierten S<strong>am</strong>mlerInnen <strong>und</strong> Jägern,<br />

sofern es bei den ersten eiszeitlichen Menschen nördlich von Afrika, von denen wir<br />

Spuren haben, solche einfache Lebensweise überhaupt in nennenswerter Weise gegeben<br />

hat, sehen wir große Fähigkeiten. Wieder wird jene Vorstellung bestätigt, der moderne<br />

Mensch sei immer schon biologisch-genetisch hinsichtlich der geistigen Kapazität wie wir<br />

heute entwickelt gewesen. Der Tempelbau zeigt das erneut. Schon beim Cro-Magnon-<br />

Menschen sind das vor allem Kunstwerke, die von Anbeginn an „gut“ waren <strong>und</strong> keinen<br />

ausgeprägten Lernprozeß über die Jahrtausende zeigen, mehr sich etwas ändernde Stile.<br />

Wie entstand die Besiedelung, wie jene Bevölkerung, die den Kultbau erschaffen konnte?<br />

Meine Besprechung basiert auf der Vorstellung einer bereits bestehenden Besiedlung<br />

Nord-Mesopot<strong>am</strong>iens von zuerst einfachen, aber schon sozial strukturierten<br />

WildbeuterInnen, die sich vor der beginnenden Proto-Neolithisierung bis hin zum Bau des<br />

<strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> deutlich weiter entwickeln. Ich gehe also primär von einer Entwicklung des<br />

Sozialen im Sinne sich selbst verändernder Prozesse aus. Neben Werkzeug <strong>und</strong> Kunst sind<br />

Bauten wichtige Spuren, denen durch die Zeit gefolgt werden kann.<br />

Die Lebensbedingungen in Nord-Mesopot<strong>am</strong>ien <strong>und</strong> Anatolien waren, angesichts ihrer<br />

geografischen Lage fast gleichauf mit den Pyrenäen, jedenfalls wohl nicht ungünstiger als<br />

dort. Möglich ist eine weitgehende Neubesiedlung Westeuropas <strong>am</strong> Ende der Eiszeit von<br />

den Pyrenäen aus, wohin sich vielleicht viele Menschen vor der Kälte der Eiszeit<br />

zurückgezogen hatten. Es heißt, dort sei es zu deren Ende zu einer deutlichen Erhöhung<br />

der Bevölkerungszahl gekommen; eine solche Entwicklung könnte noch um den <strong>Göbekli</strong><br />

<strong>Tepe</strong> herum in Richtung Seßhaftigkeit gedrängt haben, weil der Raum für<br />

WildbeuterInnen zu knapp wurde; „gefühlt“ zu knapp auch. Besonders günstige Regionen,<br />

wie die Harran-Ebene um den Tempel herum, <strong>und</strong> gute Wohnplätze konnten umstritten<br />

sein. Doch warum sollten Zwänge nötig gewesen sein, um das einfachere <strong>und</strong><br />

angenehmere Leben in festen Standorten aufzunehmen <strong>und</strong> von dort aus zu s<strong>am</strong>meln <strong>und</strong><br />

jagen? Offenbar lebt es sich in festen Siedlungen erstmal – idealtypisch – angenehmer, bis<br />

sich später auch Probleme zeigen. Und mit dieser frühen Seßhaftigkeit entwickelt sich die<br />

neue Vorstellung „eigener“ Regionen; Landschaft wird im Bewußtsein Bestandteil des<br />

Selbst solcher Stämme. Der Blick ändert sich: waren Menschen bis dahin Bestandteil<br />

unermeßlicher Natur, wird Natur jetzt Bestandteil der Menschen. Darauf kann<br />

Felderwirtschaft aufbauen. Ab vor etwa 14.000 Jahren beginnt nun ausgerechnet im<br />

Nahen Osten <strong>und</strong> in Nord-Mesopot<strong>am</strong>ien die Proto-Neolithisierung. Gr<strong>und</strong>lage dafür<br />

waren wohl <strong>am</strong> Ende der Eiszeit die hier zu wachsen beginnenden natürlichen<br />

Wildgetreidebestände. Hinzu k<strong>am</strong> ein günstiges Zus<strong>am</strong>menfallen mit für die<br />

Domestizierung günstigen Tierarten, die erst 2.000 Jahre später das Neolithikum<br />

vervollständigte. 1 Gerade als der <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> aufgegeben wurde, weshalb Schmidt über<br />

eine Revolution nachdenkt.<br />

Siedlung in der Eiszeit<br />

Die Zahl der F<strong>und</strong>e, die die Archäologie bislang zur Bestimmung der frühen<br />

Lebensformen des Homo sapiens nördlich von Afrika zur Verfügung hat, ist eher klein,<br />

gilt es zu bedenken. In der Türkei sind die archäologischen F<strong>und</strong>e sehr spärlich. (Schyle/<br />

Uerpmann, 1996-2: 671ff) Auf einige verwies ich schon, wie auf Gönnersdorf als Beispiel<br />

einer Siedlung aus dem Magdalenien in Mitteleuropa, in der die Generalidee des<br />

1 Schaf <strong>und</strong> Ziege haben ein anderes Herdenverhalten als Hirsche <strong>und</strong> Gazellen, bei denen die Revierkämpfe<br />

der Männchen Herdenhaltung nicht erlauben. (Uerpmann)

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