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Denken und Glauben am Göbekli Tepe - SSOAR

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post@LarsHennings.de 33<br />

oder Teile von ihnen mal einen Moment als frühere „Tempel“ angesehen werden, in denen<br />

ja auch Initiationsriten gefeiert wurden. Und dann entsteht nur kurze Zeit darauf – zwei<br />

Drittel so weit entfernt wie später Uruk – noch so ein Koloß von Bauwerk: Jericho.<br />

Zufall?<br />

Was waren das für Gemeinschaften, die 2.000 Jahre nach Beginn der Proto-<br />

Neolithisierung mit den Großbauten <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> <strong>und</strong> bald Jericho einen Paukenschlag<br />

der Zivilisation erklingen ließen? Gehörten beide Orte mit ihren großen Felssteinmauern<br />

zus<strong>am</strong>men, trotz der Entfernung <strong>und</strong> unterschiedlichen Lebensbedingungen? Gab es eine<br />

positive Beziehung der beiden Bevölkerungen? K<strong>am</strong>en die einen vom anderen Ort? An<br />

einem Ort entsteht ein das Land symbolisch beherrschender Kultbau, gibt es reichlich<br />

Gazellen <strong>und</strong> Wildgetreide, <strong>am</strong> anderen ermöglicht eine starke Quelle in wüstenartiger<br />

Umgebung die Siedlung mit Hütten, Getreideanbau <strong>und</strong> Handel. War der nicht minder<br />

Macht zeigende dortige Turm, mit Durchmesser <strong>und</strong> Höhe von neun Metern, zus<strong>am</strong>men<br />

mit den weiteren Bauten, die früher als Stadtumwehrung galten, doch zur Verteidigung<br />

gedacht? Oder als Demonstration gegen die Machtdemonstration der nördlichen<br />

Nachbarn? Er wurde bereits auf älteren Hüttenstandorten errichtet. Seine Nutzung ist<br />

unklar, ein Heiligtum wird in der Fachwelt heute für wahrscheinlicher als eine biblische<br />

Stadtbefestigung gehalten, die einst mit Posaunen zum Einsturz gebracht wurde. (Jos 6) In<br />

Jericho werden die ersten bekannten getrockneten Lehmziegel verbaut. Der Handel mit<br />

Salz <strong>und</strong> Bitumen brachte Reichtum. (Roaf, 1998: 31ff) Auch hier sind also<br />

Nahrungsüberschüsse möglich gewesen, die erst das Bauwerk möglich machten, weil die<br />

<strong>am</strong> Bau arbeitenden Leute d<strong>am</strong>it ernährt werden konnten. Zwei starke Zentren in einer<br />

bereits vernetzten Welt, wie wir heute sagen! Da konnte durchaus eine Konkurrenz<br />

entstehen, jedenfalls gab es Wissen vom anderen Ort entlang des Handelsweges Palästina<br />

- Anatolien.<br />

Bereits lange vor dem <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> <strong>und</strong> Jericho gab es Handel mit Muscheln,<br />

Bernstein oder Figurinen von den Pyrenäen bis nach Sibirien <strong>und</strong> auch nach<br />

Mesopot<strong>am</strong>ien. Handel verlangt nach festen Plätzen, an denen einigermaßen zuverlässig<br />

zu bestimmten Zeiten getauscht werden konnte. 1 Das mußte nicht der Tempel selbst sein,<br />

sondern war vielleicht ein weltlicher Ort dieses St<strong>am</strong>mes, wie Schmidt ihn sich unter der<br />

heutigen Altstadt von Urfa vorstellen kann. Gab es als Gr<strong>und</strong>lage des Reichtums <strong>am</strong><br />

<strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> auch dort also Handel, wie in Jericho. Die vielen F<strong>und</strong>e von<br />

Feuersteinabschlägen <strong>am</strong> <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> läßt sogar an Handel mit fertigen Werkzeugen/<br />

Waffen denken, woraus ein gewisser Reichtum sich hätte entwickeln können, ebenso<br />

Arbeitsteilung, wenn einige Leute mehr Steine als (Wild-) Getreide ernten. Pfeil- <strong>und</strong><br />

Speerspitzen wurden ebenfalls gef<strong>und</strong>en; sie verweisen auf eine andere Stein-Industrie als<br />

die mit dem vulkanischen Obsidian, der in einer weiteren Ausgrabung in der Nähe von<br />

Urfa gef<strong>und</strong>en wurde. Vom harten <strong>und</strong> scharf absplitternden Obsidian fanden sich nur sehr<br />

wenige Stücke. 2 Und die st<strong>am</strong>men offenbar nicht vom Vulkan Karacadağ 100 Kilometer<br />

nordwestlich. Roaf gibt die nahen bekannten Minen in 300 bis 400 Kilometern im<br />

Nordwesten <strong>und</strong> Nordosten an <strong>und</strong> zeigt eine ganze Reihe von F<strong>und</strong>orten eines<br />

weitläufiges Handelsnetzes. (1998: 34) Nissen erwähnt, es sei in zahlreichen Orten der<br />

Levante <strong>und</strong> Südwestirans Obsidian aus Anatolien gef<strong>und</strong>en worden. (1999: 25) Daß<br />

Fernhandel die Region um den Kultbau erreichte, gilt auch Schmidt als sicher; Roaf sieht<br />

ihn für die Levante ab zumindest vor 17.000 Jahren belegt; daraus ergibt sich auch ein<br />

Wissen über andere jenseits der eigenen Grenzen. Nur knapp 200 Kilometer vom <strong>Göbekli</strong><br />

<strong>Tepe</strong> entfernt entstand nordöstlich (zumindest nur wenig später) eine wichtige, wenn nicht<br />

die erste Kupfermine in Çayönü. (>Ausstellung, 2007: 214ff) Dieses Metall wurde lange<br />

Zeit nicht eingeschmolzen <strong>und</strong> gegossen, sondern nur ausgetrieben (wie in Amerika).<br />

Noch ein Handelsgut? Für das weit jüngere Çatal Hüyük sind Obsidian- <strong>und</strong> Salzhandel<br />

1 Ohne von Handelsreisen über 2.000 Kilometer oder mehr auszugehen, für die komplexe Landkarten nötig<br />

wären; Urvölker Australiens „speicherten“ ihr Land in tradierten Geschichten ab; „Traumzeiten“ als ewige<br />

Gegenwart. Reisen konnten wohl immer nur von einer bekannten Gruppe zur nächsten führen, bzw. wurden<br />

nur die Güter über mehrere Stationen gehandelt.<br />

2 Gebel sieht Obsidian-Handel aus Anatolien im PPN A nach Jericho <strong>und</strong> Netiv Hagdud für „anscheinend<br />

nachgewiesen“, hält den Handel aber in der Levante nur für lokal . (2002: 19) Er wurde auch in Musular,<br />

östlich von Çatal Hüyük im PPN gef<strong>und</strong>en (N-L 97: 5) <strong>und</strong> in Urfa. (N-L 2-3/00: 5) Nach Musular wurde er<br />

in Blöcken oder Platten gebracht. Das Wissen hat sich erweitert. In Kalatepe, westlich des Mittleren Taurus,<br />

fand sich eine Werkstatt für den Export, die zwei Bearbeitungsformen kannte. (Ath/ Cauvin, >Ausstellung,<br />

2007: 207ff) Obsidian wird bis heute für besondere Aufgaben in der Chirurgie genutzt; seine atomare Struktur<br />

ist viel feiner als die von Metall <strong>und</strong> schneidet entsprechend fein. Er ist sehr hart. In Breitenbach, Sachsen-<br />

Anhalt, fand sich eine 35.000 Jahre alte Werkstatt zur Elfenbeinschnitzerei (M<strong>am</strong>muts), die sogar räumlich<br />

schon nach Arbeitsbereichen geteilt war. (Scinexx.de 26.9.12)

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