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Denken und Glauben am Göbekli Tepe - SSOAR

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24 Erzeuger <strong>und</strong> Tod<br />

Cook, <strong>und</strong> auch, die vor etwa 16.000 Jahren feststellbare Zunahme von<br />

Männerdarstellungen könne auf ein gewachsenes Verständnis der Rolle des Mannes bei<br />

der Fortpflanzung deuten, während die stilisierten Frauendarstellungen im Magdalénien<br />

möglicherweise auf die veränderte Stellung der Frau von der alleinigen Quelle des Lebens<br />

hin zur Partnerin verweisen. (2003: 11; >Eiszeit, 2009: 285) Männlich meint wohl<br />

männliche Macht, <strong>und</strong> die Frauen werden diesbezüglich weiter „zurückgestuft“; setzten<br />

sich patrilineare Verwandtschaften durch? Das könnten auch die männlichen Zentral-<br />

Götter der Anlage D bedeuten.<br />

Die häufigen Fuchsdarstellungen <strong>am</strong> <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> sind fast immer betont männlich<br />

ausgeführt. 1 Auch in der verwandten Kultur in Nevalı Çori seien 1.000 Jahre später unter<br />

den ausgegrabenen kleinen Figurinen „wahrscheinlich“ viele mit erigiertem Penis erstellt<br />

worden, sagt Schmidt. Die Schlange zeigte sich vor dem Fuchs <strong>am</strong> Kultbau als häufigstes<br />

Tiersymbol, sie finden wir prominent in der Bibel wieder. 2 Dort ist sie einerseits<br />

Bösewicht, aber andererseits übergibt sie mit dem Hinweis auf den Apfel der Erkenntnis<br />

auch das Wissen über die (fruchtbare) Seßhaftigkeit, oder? Zuvor ist sie auch in<br />

Mesopot<strong>am</strong>ien doppeltdeutig verstanden, positiv wegen der Häutung <strong>und</strong> dem Aufringeln<br />

als Symbol für ewige Widerkehr, negativ wegen des Hervorkommens aus dem Bauch der<br />

Erde <strong>und</strong> ihrer Giftigkeit. (Nunn, 2006: 47f) Im alten Ägypten ist die Schlangengöttin<br />

Renen-utet für ausreichende Ernten zuständig. (Walle, 1977: 74) Auf die durch Erzeugung<br />

des Regens fruchtbare Schlange Yurlunggur in Australien verwies ich schon. Lévy-Bruhl<br />

berichtet aus Mexico, dort seien die meisten Götter <strong>und</strong> Göttinnen Schlangen; diese Tiere<br />

seien auch identisch mit Stöcken der Gottheiten, ebenso mit Teichen <strong>und</strong> Quellen. (1910:<br />

101) Und in einem anderen Buch berichtet er, nach dem <strong>Glauben</strong> vieler Bantu-Völker<br />

Südafrikas erscheinen die Toten mit Vorliebe in der Gestalt von Schlangen wieder, (1956:<br />

303) um einen Hinweis auf Schlangen mit Vorstellungen über Verstorbene nicht zu<br />

unterschlagen. Kahler (1999) 3 sieht in den Schlangendarstellungen in Mesopot<strong>am</strong>ien <strong>und</strong><br />

Iran vom 8. bis 2. Jahrtausend vC ebenfalls den Bezug zu Fruchtbarkeitssymbolen:<br />

Schlange <strong>und</strong> Ziege seien als Wassergott <strong>und</strong> Erdgöttin zu identifizieren. Auch von<br />

Schlangendrachen <strong>und</strong> Schlangenbooten ist die Rede. Eine Darstellung des Ziegendämons<br />

(nicht <strong>am</strong> <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong>) mit mehreren Schlangen in der Hand wäre nicht als Sch<strong>am</strong>ane zu<br />

sehen, sondern als Enki selbst, den sumerischen Ursprungs-Gott des Süßwassers. Die<br />

Erde/ Erdgöttin wurde nämlich – wir grinsen ein wenig – zweiteilig gedacht: als Mutter<br />

Erde eher passiv <strong>und</strong> weiblich, als das die Erde befruchtende süße Gr<strong>und</strong>wasser aber aktiv<br />

<strong>und</strong> männlich; Frauen galten dort nicht viel. 4 (Jacobsen, 1954: 171) Stierdarstellungen<br />

kommen in allen hier betrachteten Zeiten vor, sei es als bloßes Höhlen-Bild, oder als<br />

männliches Symbol, als Bukranium, das für Schmökel ebenfalls ein Fruchtbarkeitssymbol<br />

ist! (1956: 111) Die Knochenf<strong>und</strong>e weisen den Auerochsen als wichtigsten<br />

Fleischlieferanten im/ <strong>am</strong> Göbkeli <strong>Tepe</strong> aus. Ebenso finden wir den Stier in Erzählungen:<br />

Gilg<strong>am</strong>esch <strong>und</strong> Enkidu töten den wilden Himmelsstier der Göttin Inanna. Aber das sind<br />

Fruchtbarkeitssymbole nach dem Beginn der Landwirtschaft! Am Tempel könnte eine<br />

andere Vorstellung bestanden haben. Die Schlange ist noch heute <strong>am</strong> bauchigen Hügel<br />

real verbreitet.<br />

Im sumerischen Schöpfungs-Mythos vom Paradies Tilmun macht der Gott Enki mit<br />

seinem S<strong>am</strong>en das sumpfige Land fruchtbar, bevor er mit seiner Gemahlin Ninhursag<br />

Kinder zeugt. (Vieyra, 1977: 92) Als Enki die von Ninhursag mit dessen S<strong>am</strong>en<br />

geschaffenen acht Pflanzen auffrist, verflucht sie ihn <strong>und</strong> verschwindet. Das Männliche<br />

frißt das Weibliche? Bald wird sie von einem – heiligen? – Fuchs zurückgeholt, <strong>und</strong><br />

danach ist sie plötzlich liebevolle Pflegerin des kranken Gatten. Rollenwechsel! Kr<strong>am</strong>er<br />

zitiert einen Weisheitsspruch Mesopot<strong>am</strong>iens, in dem der (böse) Fuchs der „Aufseher“<br />

1 Uerpmann (2007: 6f) verweist auf Zeiten des Natufiens mit wachsender Bevölkerung <strong>und</strong><br />

Nahrungsmangel, so daß in Jericho <strong>und</strong> im fruchtbaren Halbmond auch Füchse, Schildkröten, Fische <strong>und</strong><br />

Schnecken gegessen wurden.<br />

2 Die Schlange ist wichtiges Tier der Mythe <strong>und</strong> des mythischen K<strong>am</strong>pfes. Burkert bringt gar einen<br />

angeborenen Schlangen-Haß der Primaten ins Gespräch. (in interim6: 14) In Ägypten trug der Pharao die<br />

Uräus-Schlange als Schutz vor Annäherung auf der Stirn. (Wilson, 1954: 87) Böse Schlangen gibt es dort<br />

auch, wie Apophis. (Walle, 1977: 58) Bei Griechen <strong>und</strong> noch den Germanen sind erd- <strong>und</strong> wasserverb<strong>und</strong>ene<br />

Schlangen/ Drachen böse Mythen-Tiere. Schmökel sieht (1956: 168f) die Tradition der Kunst mit<br />

mischgestaltigen Fabelwesen von Sumer bis zur Romanik.<br />

3 Ich danke Birgit Kahler sehr für diese Hinweise. Die genannte Magisterarbeit schrieb sie als Birgit<br />

Stöcklhuber an der LMU München; publiziert: Kahler, 1999. Eine Kurzdarstellung findet sich unter:<br />

http://www.oocities.org/enki100de/html/fr<strong>am</strong>e2/archhintergr<strong>und</strong>.html<br />

4 Ehemänner konnten beispielsweise bei Rechtsbruch die Frau <strong>und</strong> bei Ehebruch auch den Liebhaber töten.<br />

(Steinert, 2012: 148f)

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