Denken und Glauben am Göbekli Tepe - SSOAR
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post@LarsHennings.de 13<br />
neuer St<strong>am</strong>m? Als Eroberer? Wer weiß. Bei der Diskussion einer neuen Weltsicht wird<br />
sich ein Kern jener Kultgemeinschaft (Schmidt) gebildet haben, die sich später über die<br />
Harran-Ebene ausdehnte. Und das über lange Jahre, bis sie jene Fläche von einem Radius<br />
um die 200 Kilometer in Anspruch nahm, in der ähnliche F<strong>und</strong>e gemacht wurden. Noch<br />
1.000 Jahre später entstanden weitere geistige Zentren dieses offenk<strong>und</strong>ig erfolgreichen<br />
<strong>und</strong> fruchtbaren St<strong>am</strong>mes, etwa in Nevalı Çori.<br />
Auf dem <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> als Zentrum jener fruchtbaren Harran-Ebene fanden sich noch<br />
keine Hinweise auf domestizierte Pflanzen oder Tiere, die auf neolithische Dörfer<br />
verweisen könnten. Doch waren in der Levante (östliche Mittelmeer-Region) bereits ältere<br />
Hütten <strong>und</strong> Siedlungen entdeckt worden, deren BewohnerInnen sich primär von<br />
Wildgetreide, S<strong>am</strong>mel- <strong>und</strong> Jagdgut ernährten. (Roaf, 1998: 27f; Bartl, 2004) Was dabei<br />
unter Hütten zu verstehen ist, sei dahingestellt: ein Gerüst aus Baumstämmen, Ästen <strong>und</strong><br />
mit Fellen, Blättern, Stroh, Grassoden oder ähnlichem gegen Witterung geschützt, mag<br />
auch als Zelt betrachtet werden. In Gönnersdorf <strong>und</strong> Andernach bei Neuwied/ Oberrhein<br />
wurden aus der Zeit um vor 15.500 Jahren bereits in komplexen Siedlungsstrukturen große<br />
r<strong>und</strong>e Wohnbauten ausgegraben, die mit senkrechten Pfosten errichtet waren; es fand sich<br />
ein Grillspieß <strong>und</strong> eine Kochgrube, in die heiße Steine zum Erhitzen der Suppe geworfen<br />
wurden. Die Region bestand vor allem aus eiszeitlichen Grassteppen. (>Sirocko, 2010:<br />
89f) Allerdings war diese Steppe so wildreich, daß nur eine relativ kurze Zeit täglicher<br />
Jagd benötigt wurde. (Bosinski, 1981: 58) Eßbare Pflanzen waren Eicheln,<br />
Wacholderbeeren, Haselnuß, Gräser (frühes Getreide), Süßgräser (Mannagras) Blüten von<br />
K<strong>am</strong>ille <strong>und</strong> Scharfgarbe, Blätter vom Löwenzahn, Wurzel <strong>und</strong> Blätter der Wegwarte<br />
(Zichorie), Melden-Arten, Wurzeln von Nelkengewächsen, ganzer Beifuß <strong>und</strong> ganzer<br />
Topfn<strong>am</strong>bur. Für die ges<strong>und</strong>e Ernährung ist solche Kost nötig. Eskimo essen deshalb den<br />
Mageninhalt gejagter Rentiere. (65f) Die Steine für das Werkzeug wurden von den Leuten<br />
aus über 100 Kilometer Entfernung beidseitig des Rheins geholt. (68) Übermäßig ges<strong>und</strong><br />
scheinen Menschen der Eiszeit jedoch nicht gewesen zu sein, von Verletzungen<br />
abgesehen; Zahnschmerzen als Volkskrankheit? (>Eiszeit, 2009: 164) Die Jagd, besonders<br />
die auf Pferde, an anderen Orten <strong>und</strong> Zeiten auch sehr viel auf Ren, war in solcher Umwelt<br />
primäre Ernährungsform <strong>und</strong> der Zus<strong>am</strong>menhang mit wandernden Herden von größerer<br />
Bedeutung als zu jener Zeit <strong>und</strong> in der Region, mit der wir uns beschäftigen wollen: 4.000<br />
Jahre später <strong>am</strong> <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> in einer deutlich wärmeren Umwelt, die neben anderer<br />
pflanzlichen Kost auch Wildgetreide in reichem Maße bot, wie F<strong>und</strong>e der Archäologie<br />
zeigen, so daß diese primär war. Der F<strong>und</strong> eines Ortes von vor etwa 17.000 Jahren <strong>am</strong><br />
Ostufer des Sees von Genezareth, Ain Gev, kann dafür benannt werden. Dort wurden<br />
behauene Steine als mutmaßliche Bodenplatten für r<strong>und</strong>e Hütten gef<strong>und</strong>en, dazu<br />
Sichelklingen <strong>und</strong> ein Steinmörser zum Zerstoßen von Wildgetreide. Die Getreidekörner<br />
mußten zerquetscht werden, um sie verdauen zu können. Diese (Kebaran-) Leute nutzten<br />
Wildgetreide <strong>und</strong> jagden dazu vor allem Gazellen <strong>und</strong> wilde Ziegen. (Roaf, 1998: 27)<br />
Brentjes spricht für die Zeit um vor 15.000 Jahren von Mörsern von 50 Kilogr<strong>am</strong>m<br />
Gewicht <strong>und</strong> von „Silos“ aus der Zeit vor 12.000 Jahren. (1981: 43) Es gab mit Lehm<br />
ausgestrichene Vorratsgruben. (Bartl, 2004) Zumindest zur Getreidesaison wurde dieser<br />
Ort (<strong>und</strong> der Mörser) jeweils wieder aufgesucht.<br />
Zur Kultgemeinschaft des <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> k<strong>am</strong>en weitere Orte hinzu, wie der etwa 1.000<br />
Jahre später entstandene Ort Nevalı Çori etwas nördlich Urfas, dessen Grabungsstätte<br />
mittlerweile im Atatürk-Stausee versunken ist. Dort fanden sich T-Pfeiler gleichen Typs<br />
in einer kleineren, fast quadratischen Kultanlage neben rechteckigen Gebäuden für<br />
mögliche Wohn- <strong>und</strong> Lagerzwecke, die es <strong>am</strong> <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> (bislang) nicht gibt; auch<br />
Tonfiguren wurden ergraben. Der F<strong>und</strong>ort Çayönü, etwa 180 Kilometer nordnordöstlich,<br />
erbrachte einen ähnlichen kleinen Kultbau, jedoch mit nicht eindeutig bestimmten<br />
Pfeilerformen. In dieser Grabung wurden in der Schicht der frühen prä-ker<strong>am</strong>ischen Zeit<br />
(PPN A) 1 R<strong>und</strong>hütten gef<strong>und</strong>en, in der späteren (PPN B) dann schon rechteckige Häuser<br />
wie in Nevalı Çori. 2 Aurenche hält diese Kultbauten für Stätten analog zu Männer- oder<br />
1 Die aker<strong>am</strong>ische Zeit bezeichnet jene F<strong>und</strong>stätten, die noch keine ker<strong>am</strong>ische Scherben aufweisen. Erst<br />
1952 wurde erkannt, es gäbe auch dort bedeutende F<strong>und</strong>plätze. Die Ausgräberin des Turms in Jericho,<br />
Kenyon, sprach von Vorker<strong>am</strong>ischem Neolithikum, Pre-Pottery-Neolithic, die ältere, PPN A, etwa 9.500 bis<br />
8.500 vC, PPN B 8.700 bis 6.000 vC; Neolithikum = Seßhaft, Kulturpflanzen <strong>und</strong> -tiere. In China sind<br />
einzelne Ker<strong>am</strong>ikscherben von Töpfen aus der Zeit vor 20.000 Jahren bekannt, auch Mahlsteine <strong>und</strong><br />
Feuerspuren fanden sich in der Xianrendong-Höhle der Provinz Jiangxi. (Spiegel.de 29.6.12) Sehr alt auch<br />
Keer<strong>am</strong>ik in Japan bei den Ainu.<br />
2 Dort fanden sich auch Sondergebäude, von denen eines in Raummitte zwei stelenartig aufgerichtete<br />
Steinplatten aufwies, das andere enthielt große Ans<strong>am</strong>mlungen von Menschenknochen <strong>und</strong> Schädeln. In einem