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1. Erving Goffmans Reich der Interaktion' - SSOAR

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vehement gegen die »Kommunikationsingenieure« <strong>der</strong> Konversationsanalyse<br />

richtet. Zwar sei das Reden geprägt vom Redezugwechsel,<br />

doch beschrieben die Konversationsanalytiker lediglich<br />

»system requirements«, die für jeden sprachlichen Austausch<br />

erfor<strong>der</strong>lich seien.14 Sich auf die bloßen Sequenzen zu<br />

verlassen, hieße aber, die »sin of noncontextuality« zu begehen:<br />

Der Blick auf Äußerungen und Paarsequenzen ignoriere<br />

die Rolle des nonverbalen, situativen und rituellen Kontextes<br />

von Äußerungen und übersehe, daß dem sprachlichen Austausch<br />

ein interaktives Muster zugrundeliege: Antworten (»replies«)<br />

seien eigentlich Reaktionen (»responses«) auf erste<br />

Züge (er übernimmt dabei sein Modell von 195315), die keineswegs<br />

notwendigerweise sprachlich verfaßt sein müßten. So sei<br />

<strong>der</strong> sprachliche Austausch neben systemischen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

gelingen<strong>der</strong> Kommunikation auch von rituellen Mustern bestimmt,<br />

die konventionell festgelegt seien: Begrüßungs- und<br />

Beendigungssequenzen sind Muster, die interaktive und nicht<br />

bloß kommunikative Probleme lösen.<br />

Wie Goffman am »simple ritual model« ausführt, gewährleisten<br />

diese Rituale, daß Handelnde aus dem Austausch unbeschädigt<br />

hervorgehen.16 Schließlich beinhalte jede Äußerung<br />

eine Reihe von Voraussetzungen, die nicht sprachlich verfaßt<br />

seien und die auch nicht aufgezeichnet werden könnten, grundlegende<br />

Reinterpretationsschemata für Äußerungen und ihre<br />

Behandlung, wie die konsensuelle Antwort auf Bitten, die Behandlung<br />

von akustischen Problemen, die Thematisierung ritueller<br />

Voraussetzungen usw.<br />

14 Dazu gehören die Fähigkeit einer beidseitigen akustischen Übermittlung von Botschaften;<br />

die Fähigkeit, Feedback-Signale zu geben, Kontaktsignale, tumover<br />

und preemrion Signale, mit denen <strong>der</strong> Wunsch nach Kontaktaufnahme, Beendigung<br />

und Wie<strong>der</strong>holung angezeigt werden (Goffman 1981, 14).<br />

15 Den »interchange« definiert er 1953, 170: »Frequently the first message in one<br />

of these groupings presents a >statement< of some kind and the following messages<br />

in rhe grouping provide a reply, then a reply on the reply, and so on.«<br />

16 Sie umfassen Regulierungen <strong>der</strong> Auswirkungen von Äußerungen für die Einschätzung<br />

<strong>der</strong> Handelnden, für die Beziehung zwischen Sprecher und Hörer und<br />

die Reparatur und Akzeptanz offensiver Akte. Dieses rituelle Modell diente als<br />

Basis für die berühmte Studie von Penelope Brown und Stephen C. Levinson<br />

(1978) über Universalien sprachlicher Höflichkeitsformen.<br />

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