1. Erving Goffmans Reich der Interaktion' - SSOAR
1. Erving Goffmans Reich der Interaktion' - SSOAR
1. Erving Goffmans Reich der Interaktion' - SSOAR
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
sung vom schauspielernden Selbst so deutlich abgeschwächt<br />
wird, daß er selbst schon ankündigt, »the language and mask<br />
of the stage will be dropped« (1959, 246) - eine Absage an die<br />
dramaturgische (und dramatologische) Metapher, die er tatsächlich<br />
einhält.<br />
In den 50er Jahren bietet sein Werk also zwei verschiedene<br />
Versionen des Selbst: Die eine, die auf <strong>der</strong> Theater-Metapher<br />
(und später auf <strong>der</strong> Spiel-Analogie) aufbaut, betont den Zynismus<br />
<strong>der</strong> Handelnden, die an<strong>der</strong>e orientiert sich an Dürkheims<br />
Überlegungen zur Solidarität und betont Vertrauen und Normalität.<br />
i*<br />
b) Normalität<br />
Goffman verdankt seine Popularität nicht nur <strong>der</strong> Theater-Metapher,<br />
son<strong>der</strong>n auch seiner intensiven Beschäftigung mit Rän<strong>der</strong>n<br />
und Randständigen <strong>der</strong> Gesellschaft, wie etwa stigmatisierten<br />
Personen. Allerdings begibt er sich - Gouldners (1974)<br />
Vorwurf bestätigend - nicht aus <strong>der</strong> Mittelschicht hinaus etwa<br />
unter die Arbeiter; Goffman zieht mit seiner Frau nach Washington,<br />
um in einer psychiatrischen Anstalt als »athletic director«<br />
teilnehmende Beobachtungen durchzuführen (daraus<br />
entsteht sein berühmtes Buch Asyle).<br />
Wenn auch Asyle das große Thema <strong>der</strong> »totalen Institutionen«<br />
hervorhebt, die ihre Insassen von ihren sozialen Bezügen<br />
kappen und durch die »mortification« des Selbst eine interne<br />
eigene Ordnung erzeugen, so geht es Goffman doch in all diesen<br />
Aufsätzen über die Randständigen um das Brechen von Regeln<br />
und dabei eigentlich um das, was gebrochen wird: die<br />
Normalität. Denn die jeweiligen Randständigkeiten bestimmen<br />
sich weniger durch das Abweichen von allgemeinen Verhaltensregeln<br />
als vielmehr dadurch, daß sie bestimmte Typen<br />
situativ angemessener Regeln brechen. So stellt Goffman etwa<br />
in Psychische Symptome und öffentliche Ordnung (in: 1971a,<br />
151-163) heraus, daß viele pathologische Merkmale, die als<br />
Ausdruck psychologischer Zustände gedeutet würden, viel<br />
20