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1. Erving Goffmans Reich der Interaktion' - SSOAR

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a) Die Theater-Metapher<br />

Die zentrale Vorarbeit für das berühmte Wir alle spielen Theater<br />

stellt seine Dissertation (Goffman 1953) dar, die Ergebnisse<br />

einer zwölfmonatigen Studie des Alltagslebens von Bewohnern<br />

einer Shetland-Insel zusammenfaßt. Die soziale Ordnung wird<br />

hier von an legitimen Erwartungen orientiertem zielorientiertem<br />

Handeln getragen und von einem breiteren Regelwerk geleitet.<br />

Das instrumentelle Verhalten <strong>der</strong> Inselbewohner zeigt,<br />

wie sie Informationen über ihr Selbst »managen«. Auch hinsichtlich<br />

ihres expressiven, vom »Charakter« bestimmten Verhaltens<br />

müssen Handelnde deswegen große rituelle Sorgfalt<br />

üben, sich durch Situationen schleusen, an<strong>der</strong>e vermeiden, dritten<br />

entgegenarbeiten, um verletzende Urteile zu umgehen. Es<br />

ist die rituelle Etikette, die den Insulanern dieses erlaubt; sie eröffnet<br />

den Zugang zueinan<strong>der</strong>, schützt aber auch vor Aufdringlichkeiten.<br />

Während unproblematische Konversationen »euphorisch«<br />

verlaufen, weil die angemessenen rituellen Regeln<br />

eingehalten werden, zeichnen sich dysphorische durch Störungen<br />

aus: Wer etwa nicht angemessene Verlegenheit anzeigt,<br />

wird zur »faulty person«, ein Urteil, das durch Sanktionen bekräftigt<br />

o<strong>der</strong> durch Reparaturen revidiert werden kann.<br />

Wird die Dissertation noch von einer Spannung zwischen detaillierter<br />

Beschreibung und theoretischer Begrifflichkeit beherrscht,<br />

so än<strong>der</strong>t sich dies in Wir alle spielen Theater. Hier<br />

breitet Goffman die alte Metapher des »Theatrum mundi«<br />

aus. Mit <strong>der</strong> feingliedrigen Begrifflichkeit <strong>der</strong> Theatersprache<br />

beschreibt er soziale Situationen wie Aufführungen, in denen<br />

die Handelnden auf Vor<strong>der</strong>bühnen Fassaden aufbauen, die auf<br />

Hinterbühnen im »team« so vorbereitet werden, daß die theatralischen<br />

Handlungsmuster eine erfolgreiche Inszenierung des<br />

Selbst erlauben.<br />

Diese Metapher taucht indessen schon in On cooling the<br />

mark out (1952) auf. Wie Schauspieler trügen wir im Alltag allesamt<br />

»Marken« und verfolgten unsere Aktivitäten in <strong>der</strong> Befürchtung,<br />

angeschwindelt zu werden, eine Befürchtung, die<br />

nachträglich abgekühlt werden müsse. Mit den an<strong>der</strong>en »vor-<br />

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