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Interviews, Kurzfragebögen, Fokusgruppen,<br />
Beobachtungen in Labors und anderen Kommunikationszusammenhängen,<br />
aber auch<br />
forschungspolitische Dokumente bildeten hier<br />
die empirische Grundlage. Das zweite Projekt:<br />
Living Changes in the Life Sciences: Tracing<br />
„the Ethical“ and „the Social“ Within Scientific<br />
Practice and Work Culture 2 ist im österreichischen<br />
Kontext angesiedelt und versucht<br />
die Lebenswissenschaften quasi als eine Art<br />
von „Modellorganismus“ heranzuziehen, um<br />
die Auswirkungen des Wandels kontemporärer<br />
Wissenschaftssysteme auf die ForscherInnen<br />
besser verstehen zu können. Denn die<br />
Lebenswissenschaften werden insbesondere<br />
im österreichischen Kontext als ein sehr vielversprechendes<br />
Forschungsfeld gesehen, und<br />
zwar sowohl wissenschaftlich als auch wirtschaftlich<br />
und politisch. Daher kann davon<br />
ausgegangen werden, dass in diesem Bereich<br />
der Einfluss sich verändernder Rahmenbedingungen<br />
auf die ForscherInnen sehr deutlich<br />
sichtbar wird. Ausgedehnte, biographisch orientierte<br />
Interviews, Laborbesuche, Beobachtung in<br />
Lehrveranstaltungen und vieles mehr bildeten<br />
den empirischen Kern dieses Projekts. Es geht<br />
also darum zu verstehen, wie ForscherInnen<br />
ihr Leben in der Wissenschaft erzählen, wie sie<br />
dieses durch die Brille des Alltags, der Karriere,<br />
etc. fassen und wie sie sich damit auseinandersetzen.<br />
Die eigene Geschichte und Verortung,<br />
also das „Woher komme ich?“, „Warum bin ich<br />
hier?“, „Wohin will ich eigentlich?“, „Ist dies<br />
der richtige Platz für mich?“ und vieles mehr<br />
stehen im Zentrum.<br />
2 http://sciencestudies.univie.ac.at/forschung/abgeschlosseneprojekte/living-changes-in-the-life-sciences<br />
Wissenschaftssysteme im Wandel:<br />
Gelebte Widersprüche<br />
Wenn wir heute über Geschlecht und Geschlechtergerechtigkeit<br />
diskutieren, ist es<br />
unumgänglich, dies vor dem Hintergrund eines<br />
sich auch in neuen Bezeichnungen ausdrückenden<br />
Wandels des Wissenschafts- und<br />
Forschungssystems zu sehen. So verweist z. B.<br />
„Triple-Helix“ (Etzkowitz und Leydesdorf, 2000)<br />
darauf, dass akademische Forschung, Industrie<br />
und Staat immer stärker ineinandergreifen;<br />
„Modus 2-Wissenschaft“ (Gibbons et al. 1994),<br />
rückt die bedeutende Rolle gesellschaftlicher<br />
Anwendungskontexte für die Produktion von<br />
Wissen ins Zentrum; „post-normale Wissenschaft“<br />
(Funtowitz und Ravetz, 1993) hebt die<br />
Notwendigkeit der Integration außerwissenschaftlicher<br />
Akteure in die Wissensproduktion<br />
hervor. Ohne hier im Detail auf die Diagnosen<br />
eingehen zu können, lässt sich feststellen, dass<br />
sie alle etwas gemeinsam haben: den Verweis<br />
auf ein Phänomen der Konvergenz, also darauf,<br />
dass sich verschiedene gesellschaftliche Sphären<br />
und Rationale mit dem Wissenschaftssystem<br />
überlagern und daher eine Erosion der Grenzen<br />
zwischen Wissenschaft und Gesellschaft stattfindet.<br />
Dadurch entstehen neue Ordnungen,<br />
welche wiederum Wirkung auf die Kultur und<br />
Praxis des wissenschaftlichen Arbeitens haben.<br />
Für die folgenden Überlegungen sind weniger<br />
die expliziten Veränderungen in ihren Details<br />
von Interesse – diese sind natürlich wichtig<br />
und ich werde auf einige eingehen –, sondern<br />
meine Aufmerksamkeit gilt viel mehr der oft<br />
undeutlich sichtbaren Wirkmächtigkeit dieses<br />
Wandels. Im Zentrum steht also das, was ich<br />
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