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24.07.2014 Aufrufe

Ein wesentliches Ergebnis des Podiumsgesprächs war, dass zwischen den unterschiedlichen Hochschulebenen (Leitung, Fachbereiche, Gremien, Professuren) bei der Konzeption und Evaluation des gleichstellungspolitischen Instrumentariums sowie der Entwicklung von Anreizen und Sanktionsmöglichkeiten deutlicher zu differenzieren ist und die Ziele gleichstellungspolitischer Maßnahmen auch auf Fachbereichs- und Professuren-Ebene stärker kommuniziert und diskutiert werden müssen. Die nachfolgende Dokumentation ist eine Montage von Zitaten zu den zentralen Fragestellungen der Podiumsdiskussion. Wo stehen wir heute, was haben wir erreicht, was liegt vor uns? KIRSCH-AUWÄRTER: Ich denke […], dass wir parallel zum Strukturwandel in der wissenschaftlichen Arbeit […] einen Strukturwandel in der Gleichstellungsarbeit erlebt haben und es heute noch einmal auf etwas anderes ankommt. Nicht dass diese Strukturen jetzt untätig werden sollten, aber eigentlich kommt es darauf an, wie wir Gleichstellungsorientierung in die Lehre kriegen, in die Forschung, in die Personalentwicklung, in die Organisationsentwicklung. Das leistet nicht die Gleichstellungsbeauftragte […], sie kann dafür werben – dafür braucht man vor PODIUMSGESPRÄCH 33

Ort das Engagement der Lehrenden, der Forschenden, der Leitenden des Managements, und diese Akteurinnen und Akteure haben klassischerweise eine andere Handlungslogik als die Gleichstellungsbeauftragte. Damit sie sich überhaupt vorstellen können auf diesen Feldern aktiv zu werden, brauchen sie auch so etwas wie ein Gleichstellungsmandat; sie brauchen eine Ergänzung ihres Profils um einen Gleichstellungsauftrag, und ich denke, das ist der Punkt, an dem wir gerade sind. MÜLLER: Es ist alles in allem ein außerordentlich langer und mühseliger Weg. Es gibt keine schnellen Erfolge. Würde es sie an einer anderen Universität geben, wäre ich wirklich sehr irritiert. Es geht um die Veränderung von kulturellen Gepflogenheiten, ja Alltagsgepflogenheiten, und das ist bekanntlicherweise das Schwierigste im Leben überhaupt, dagegen sind politische Veränderungen relativ leicht zu erzielen. […] Wenn man mich vor zehn, zwölf Jahren gefragt hätte, wie weit wir im Jahre 2010 an der Universität Bremen sind, dann hätte ich einen höheren Prozentsatz an Professorinnen und Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen angegeben. Heute beträgt der Professorinnen-Anteil 24 % und der Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen 37 %. SACKSOFSKY: Ich beschäftige mich mit Quoten und Gleichstellungspolitik jetzt seit 25 Jahren und hätte mir auch nicht träumen lassen, wo wir heute stehen. Ich dachte damals schon, es wird ein langer Prozess sein, aber dass er so lang ist, hatte ich mir nicht vorgestellt. […] Die Zeit der plakativen Diskriminierungen liegt weitgehend hinter uns. Aus der Forschung wissen wir aber, dass in der Gegenwart indirekte Strukturen und Ausgrenzungsmechanismen wirken. Diese zu bekämpfen ist ungleich schwieriger und die eigentliche Rechtfertigung für Gleichstellungspolitik. […] Was mir Sorgen macht, ist, dass sich nach meiner Beobachtung jetzt sehr viel der Rechtfertigung auf die Zukunft richtet […], man will Frauenförderung aus Effizienzsteigerungsgründen oder zur Ausschöpfung des Exzellenzpotenzials, und das Wort Gerechtigkeit kommt gar nicht mehr vor. Das irritiert mich, und zwar weil ich glaube, dass Gleichstellungspolitik nicht getragen werden kann, wenn das Gerechtigkeitsthema nicht mit angesprochen wird. 34

Ort das Engagement der Lehrenden, der Forschenden,<br />

der Leitenden des Managements, und<br />

diese Akteurinnen und Akteure haben klassischerweise<br />

eine andere Handlungslogik als<br />

die Gleichstellungsbeauftragte. Damit sie sich<br />

überhaupt vorstellen können auf diesen Feldern<br />

aktiv zu werden, brauchen sie auch so etwas<br />

wie ein Gleichstellungsmandat; sie brauchen<br />

eine Ergänzung ihres Profils um einen Gleichstellungsauftrag,<br />

und ich denke, das ist der<br />

Punkt, an dem wir gerade sind.<br />

MÜLLER: Es ist alles in allem ein außerordentlich<br />

langer und mühseliger Weg. Es gibt keine<br />

schnellen Erfolge. Würde es sie an einer anderen<br />

Universität geben, wäre ich wirklich sehr irritiert.<br />

Es geht um die Veränderung von kulturellen<br />

Gepflogenheiten, ja Alltagsgepflogenheiten, und<br />

das ist bekanntlicherweise das Schwierigste im<br />

Leben überhaupt, dagegen sind politische Veränderungen<br />

relativ leicht zu erzielen. […] Wenn<br />

man mich vor zehn, zwölf Jahren gefragt hätte,<br />

wie weit wir im Jahre 2010 an der Universität<br />

Bremen sind, dann hätte ich einen höheren<br />

Prozentsatz an Professorinnen und Wissenschaftlichen<br />

Mitarbeiterinnen angegeben. Heute beträgt<br />

der Professorinnen-Anteil 24 % und der Wissenschaftlichen<br />

Mitarbeiterinnen 37 %.<br />

SACKSOFSKY: Ich beschäftige mich mit Quoten<br />

und Gleichstellungspolitik jetzt seit 25 Jahren<br />

und hätte mir auch nicht träumen lassen,<br />

wo wir heute stehen. Ich dachte damals schon,<br />

es wird ein langer Prozess sein, aber dass er<br />

so lang ist, hatte ich mir nicht vorgestellt. […]<br />

Die Zeit der plakativen Diskriminierungen<br />

liegt weitgehend hinter uns. Aus der Forschung<br />

wissen wir aber, dass in der Gegenwart indirekte<br />

Strukturen und Ausgrenzungsmechanismen<br />

wirken. Diese zu bekämpfen ist ungleich<br />

schwieriger und die eigentliche Rechtfertigung<br />

für Gleichstellungspolitik. […] Was mir Sorgen<br />

macht, ist, dass sich nach meiner Beobachtung<br />

jetzt sehr viel der Rechtfertigung auf die Zukunft<br />

richtet […], man will Frauenförderung aus<br />

Effizienzsteigerungsgründen oder zur Ausschöpfung<br />

des Exzellenzpotenzials, und das Wort<br />

Gerechtigkeit kommt gar nicht mehr vor. Das<br />

irritiert mich, und zwar weil ich glaube, dass<br />

Gleichstellungspolitik nicht getragen werden<br />

kann, wenn das Gerechtigkeitsthema nicht mit<br />

angesprochen wird.<br />

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