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litik und Wirtschaft. Aber solche Prozesse sind<br />
oftmals hoch infektiös. Wir alle sollten darauf<br />
vorbereitet sein.<br />
In diesem Zusammenhang ist es zu begrüßen,<br />
dass das CEWS inzwischen ein Papier für eine<br />
eventuelle Quotendiskussion vorgelegt hat.<br />
Möge es helfen, die Quotengegner – das sind<br />
für mich die wahren Meister der hohen Kunst<br />
der Folgenlosigkeit – endlich von der Sinnhaftigkeit<br />
zu überzeugen.<br />
Über die Beurteilung wissenschaftlicher<br />
Leistungen, über Exzellenz, das Schlüsselkriterium<br />
in der Forschungs- und Bildungspolitik,<br />
den heiligen Gral der Wissenschaften, müsste<br />
man einen Extra-Vortrag halten. Wer definiert<br />
denn Exzellenz und wie, wie sind die jeweiligen<br />
Rahmenbedingungen für Exzellenz, wie steht<br />
es mit Zuschreibung und Anerkennung von<br />
Leistung, wie kommen entsprechende Indikatoren<br />
zustande, wer wählt die Peers aus, wer<br />
sollten sie sein? Das sind für mich nur einige<br />
diesbezügliche Fragen. Exzellenz ist ein relationaler<br />
Begriff, Exzellenz ist mehrdimensional, ja,<br />
vieldimensional, das bestätigte mir vor wenigen<br />
Tagen selbst die Präsidentin des European Research<br />
Council ERC in Brüssel, Professorin Helga<br />
Nowotny. Für den ERC gibt es nur ein einziges<br />
Kriterium, nämlich die wissenschaftliche<br />
Exzellenz. Aber sind denn auch die Personen,<br />
die Exzellenz bewerten wollen und sollen,<br />
mehrdimensional, besser noch vieldimensional,<br />
und denken sie auch in dieser Weise? Wie verhält<br />
es sich heute mit der Exzellenz-Zuschreibungsmacht<br />
der großen wissenschaftlichen<br />
Journale? Von diesen selbst induzierte Impact-<br />
Faktoren und Zitationsindizes haben häufig<br />
nichts mehr mit wissenschaftlicher Exzellenz zu<br />
tun. Exzellenz braucht Vielgestaltigkeit, Transparenz<br />
und Chancengleichheit.<br />
Wir diskutieren heute viel über Diversity, über<br />
Vielfalt, und wir meinen damit eine Vielfalt<br />
an Individuen. Vielfalt in Wissenschaft und<br />
Forschung bedeutet aber mehr, und das ergibt<br />
sich nicht zwangsläufig aus der Vielfalt der<br />
Personen, wenn diese alle dem Mainstream<br />
folgen. Vielfalt heißt auch vielfältige Forschungsansätze,<br />
vielleicht hin zu einer neuen<br />
Wissenschaft. Solche neuen Forschungsansätze<br />
werden häufig von Wissenschaftlerinnen eingebracht.<br />
Wir sollten uns eine Wissenschaftskultur<br />
wünschen, die das endlich auch gestattet,<br />
und Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen,<br />
die dafür die Kraft aufbringen und es nicht nur<br />
subversiv tun müssen, die ihre Disziplinen neu<br />
denken dürfen, ohne Gefahr zu laufen, als nicht<br />
im Zentrum des Faches arbeitend gescholten zu<br />
werden. Neues Wissen entsteht nicht mehr in<br />
den disziplinären Grenzen. Wissenschaft findet<br />
auch aufgrund von Lösungsdruck gesellschaftlicher<br />
Probleme statt. Wir sprechen inzwischen<br />
von einer parallel laufenden Evolution von<br />
Wissenschaft und Gesellschaft sowie deren<br />
gegenseitiger Beeinflussung. Auch in der Wissenschaft<br />
sollten wir endlich mehr Demokratie<br />
wagen und als neu empfundene Forschungszugänge<br />
akzeptieren. Das ist der eigentliche Sinn<br />
von wissenschaftlichem Arbeiten.<br />
Mit dem gesellschaftlichen Wandel verändern<br />
sich auch die Organisationsformen der Wissenschaft.<br />
Das gilt auch für die europäische Dimension.<br />
Im Mittelpunkt der „Strategie Europa<br />
2020“ steht Innovation.<br />
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