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Patrick Schiller Diplomarbeit - Institut für Entwerfen von Schiffen und ...

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September 2010<br />

SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU<br />

<strong>Patrick</strong> <strong>Schiller</strong><br />

Untersuchung der theoretischen<br />

Vermeidbarkeit <strong>von</strong> Seeunfällen<br />

durch die Anwendung der<br />

MSC.1/Circ. 1228 <strong>und</strong> MSC/Circ. 707


<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Untersuchung der theoretischen Vermeidbarkeit<br />

<strong>von</strong> Seeunfällen durch die Anwendung der<br />

MSC.1/Circ. 1228 <strong>und</strong> MSC/Circ. 707<br />

Technische Universität Hamburg-Harburg<br />

<strong>Institut</strong> für <strong>Entwerfen</strong> <strong>von</strong> <strong>Schiffen</strong> <strong>und</strong> Schiffssicherheit<br />

Vorgelegt <strong>von</strong>: cand. ing. <strong>Patrick</strong> <strong>Schiller</strong><br />

Matrikelnummer: 29388<br />

Erster Gutachter: Prof. Dr.-Ing. Stefan Krüger<br />

Zweiter Gutachter: Prof. Dr.-Ing. Moustafa Abdel-Maksoud<br />

September 2010


Inhaltsverzeichnis<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Tabellenverzeichnis<br />

Nomenklatur<br />

IV<br />

VII<br />

VIII<br />

Zusammenfassung 1<br />

1. Einleitung 2<br />

2. Gefahren für Schiffe in schwerem Wetter 4<br />

2.1. Große Rollwinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

2.2. Hohe Beschleunigungen (Rollbeschleunigungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

2.3. Surfen <strong>und</strong> Querschlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />

3. Die Richtlinien MSC.1/Circ. 1228 <strong>und</strong> MSC/Circ. 707 11<br />

3.1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

3.2. Die Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

3.2.1. Surfen <strong>und</strong> Querschlagen (K1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

3.2.2. Auftreffen auf aufeinanderfolgende hohe Wellen (K2) . . . . . . . . . . 14<br />

3.2.3. Synchrones Rollen <strong>und</strong> parametrische Rollbewegungen (K3) . . . . . . . 15<br />

3.3. Ermittlung der Daten zur Anwendung der Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

3.4. Vorgehensweise bei der Anwendung der Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

3.5. Weitere IMO Dokumente zur MSC/Circ. 707 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

3.5.1. SLF 44/INF.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

3.5.2. SLF 48/4/8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

4. Bestimmungsmöglichkeiten der Rolleigenperiode <strong>von</strong><br />

<strong>Schiffen</strong> 22<br />

4.1. Für kleine Rollwinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

4.2. Für große Rollwinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

4.3. Im Seegang (vereinfachte Methode) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

5. Seegangssimulationen mit E4-ROLLS 27<br />

5.1. Darstellung <strong>von</strong> natürlichem Seegang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

5.2. Theoretischer Ansatz der Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

6. Untersuchung <strong>und</strong> Auswertung 32<br />

6.1. Untersuchte Schiffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

6.2. Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

6.3. Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

6.3.1. Reale Kenterunfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

6.3.2. Modelluntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59<br />

6.3.3. Andere Unfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />

II


6.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69<br />

6.4.1. Kriterium für Surfen <strong>und</strong> Querschlagen (K1) . . . . . . . . . . . . . . . 69<br />

6.4.2. Kriterium für das Auftreffen auf aufeinanderfolgender hoher Wellen (K2) 70<br />

6.4.3. Kriterium für synchrones Rollen <strong>und</strong> parametrische Rollbewegungen (K3) 70<br />

7. Schwächen der Richtlinien 71<br />

7.1. Auftreffen auf aufeinanderfolgende hohe Wellen (K2) . . . . . . . . . . . . . . 71<br />

7.2. Synchrones Rollen <strong>und</strong> parametrische Rollbewegungen (K3) . . . . . . . . . . . 71<br />

7.3. Surfen <strong>und</strong> Querschlagen (K1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72<br />

7.4. Aussagen zur Gültigkeit der Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72<br />

8. Zusammenfassung 73<br />

Literatur 74<br />

Anhang 75<br />

A. FIDAMUS 77<br />

B. LOHENGRIN 78<br />

C. IRENE OLDENDORF 79<br />

D. HOHENEICHEN 80<br />

E. WILHELM 81<br />

F. HALSTENBEK 82<br />

G. FINNBIRCH 83<br />

H. COUGAR ACE 84<br />

I. JRS CANIS 85<br />

J. ANL PACIFIC 86<br />

Erklärung 87<br />

III


Abbildungsverzeichnis<br />

1. Durch Seeschlag beschädigte Container (links), überkommende Welle auf einem<br />

Tanker (rechts), [1] <strong>und</strong> [2]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

2. M.V. Cougar Ace mit ca. 60° Krängung (links), APL China mit umgestürzten<br />

Containerstapeln (rechts), [3] <strong>und</strong> [4]. . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

3. Schematische Darstellung des durch die Wellenschräge einer Querwelle hervorgerufen<br />

krängenden Hebels, aus [5]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

4. Schematische Darstellung der Wellenberg- (grün) <strong>und</strong> der Wellentalsituation<br />

(blau), aus [5]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

5. Beispiel für extreme Hebelarmschwankungen <strong>und</strong> komplett negativer Stabilität<br />

in der Wellenbergsituation für die Unfallsituation der Halstenbek. . . . . . . 7<br />

6. Gegenüberstellung des Gefahrenbereichs für K1 (707 links <strong>und</strong> 1228 rechts). . . 13<br />

7. Gegenüberstellung des Gefahrenbereichs für K2 (707 links <strong>und</strong> 1228 rechts). . . 14<br />

8. Schematische Darstellung der Ablauffolge bei der Anwendung der Richtlinien<br />

MSC/Circ. 707, aus [6]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

9. Beispiel für ein Polardiagramm mit Resonanzlinien (durchgezogene Linien 1:1<br />

Resonanz, gestrichelte Linien 2:1 Resonanz) für eine Rollperiode <strong>von</strong> 15 Sek<strong>und</strong>en,<br />

aus [7]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

10. Beispiel für eine abklingende Rollschwingung mit großem Startrollwinkel, aus [8]. 22<br />

11. Verlauf der Glattwasserhebelarmkurve weit unter der Tangente im Nullpunkt,<br />

aus [9]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

12. Verlauf der Glattwasserhebelarmkurve bis zu großen Winkeln nahezu wie ihre<br />

Tangente im Nullpunkt, aus [9]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

13. Verlauf der Glattwasserhebelarmkurve weit über der Tangente im Nullpunkt, aus<br />

[9]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

14. Schematische Darstellung der Ermittlung <strong>von</strong> GM eff , es gilt dabei A 1 = A 2 . . 25<br />

15. Beispiel für die Ermittlung einer mittleren, im Seegang wirkenden, Hebelarmkurve.<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

16. Langkämmiger (links) <strong>und</strong> kurzkämmiger Seegang (rechts), aus [10]. . . . . . . 28<br />

17. Beispiel für Polardiagramme mit langkämmigen (links) <strong>und</strong> kurzkämmigen Seegang<br />

(rechts) für das Erreichen eines Rollwinkels <strong>von</strong> 50°, aus [11]. . . . . . . 28<br />

18. JONSWAP-Spektrum mit diskreten Stützstellen mit gleichem Energieinhalt, aus<br />

[5]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

19. Prinzip der aquivalenten Welle nach Grim, aus [5]. . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

20. Gerneralplan der SS Fidamus, aus [11]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

21. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Fidamus bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 40m (707 linke, 1228 rechte<br />

Diagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

22. Hebelarmkurven der Fidamus für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren<br />

Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 40m <strong>und</strong> H = 2, 0m. . . . . . . 37<br />

23. Seitenansicht der MV Lohengrin, aus [11]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

24. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Lohengrin bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 57m (707 linke, 1228 rechte<br />

Diagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

25. Hebelarmkurven der Lohengrin für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren<br />

Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 57m <strong>und</strong> H = 2, 0m. . . . 40<br />

26. Seitenansicht der SS Irene Oldendorf, aus [11]. . . . . . . . . . . . . . . 41<br />

IV


27. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Irene Oldendorf bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 80m (707 linke, 1228<br />

rechte Diagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

28. Hebelarmkurven der Irene Oldendorf für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong><br />

den sicheren Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 80m <strong>und</strong> H = 5, 0m. 43<br />

29. MV Hoheneichen vollständig abgeladen, aus [11]. . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

30. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Hoheneichen bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 40m (707 linke, 1228 rechte<br />

Diagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

31. Hebelarmkurven der Hoheneichen für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren<br />

Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 40m <strong>und</strong> H = 4, 0m. . . 46<br />

32. Seitenansicht der MV Wilhelm, aus [11]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

33. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Wilhelm bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 57m (707 linke, 1228 rechte<br />

Diagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />

34. Hebelarmkurven der Wilhelm für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren<br />

Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 57m <strong>und</strong> H = 2, 5m. . . . . . . 49<br />

35. MV Halstenbek, aus [11]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

36. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Halstenbek bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 77m (707 linke, 1228 rechte<br />

Diagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51<br />

37. Hebelarmkurven der Halstenbek für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren<br />

Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 77m <strong>und</strong> H = 4, 0m. . . 52<br />

38. MV Finnbirch, [12]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />

39. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Finnbirch bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 113m (707 linke, 1228 rechte<br />

Diagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54<br />

40. Hebelarmkurven der Finnbirch für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren<br />

Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 113m <strong>und</strong> H = 5, 0m. . . . . . 55<br />

41. Gerneralplan der M.V. Cougar Ace, aus [11]. . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />

42. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Cougar Ace bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 172m (707 linke, 1228 rechte<br />

Diagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />

43. Hebelarmkurven der Cougar Ace für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren<br />

Ladefall (unten)in einer Referenzwelle mit λ = 172m <strong>und</strong> H = 3, 0m. . 58<br />

44. Seitenansicht der DFDS-Flower- Class RoRo-Schiffe, aus [11]. . . . . . . . . . . 59<br />

45. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Flower-Class Schiffe bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 206m (707 linke, 1228<br />

rechte Diagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />

46. Hebelarmkurven der Flower-Class Schiffe für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den<br />

sicheren Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 206m <strong>und</strong> H = 8, 8m. 61<br />

47. Rumpfform des SINBAD-Modells, aus [11]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />

48. Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

des SINBAD-Modells bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 160m (707 linke, 1228<br />

rechte Diagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />

49. Hebelarmkurven des SINBAD-Modells für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den<br />

sicheren Ladefall (unten). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64<br />

50. C.V. JRS Canis, [13]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />

51. Polardiagramm für die Unfallsituation der JRS Canis bei einer Wellenlänge<br />

<strong>von</strong> λ = 172m (707 linke, 1228 rechte Diagrammseite) für einen maximalen<br />

Rollwinkel <strong>von</strong> ϕ = 20°. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />

V


52. Hebelarmkurven der JRS Canis für die Unfallsituation in einer Referenzwelle<br />

mit λ = 172m <strong>und</strong> H = 7, 0m. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />

53. C.V. ANL Pacific, [14]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67<br />

54. Polardiagramm für die Unfallsituation der ANL Pacific bei einer Wellenlänge<br />

<strong>von</strong> λ = 172m (707 linke, 1228 rechte Diagrammseite) für einen maximalen<br />

Rollwinkel <strong>von</strong> ϕ = 15°. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />

55. Hebelarmkurven der ANL Pacific für die Unfallsituation in einer Referenzwelle<br />

mit λ = 172m <strong>und</strong> H = 7, 0m. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />

56. Zusammenfassende Darstellung zur Auswertung des Kriteriums K1 (707 linke,<br />

1228 rechte Diagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69<br />

57. Zusammenfassende Darstellung zur Auswertung des Kriteriums K2 (707 linke,<br />

1228 rechte Diagrammseite). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />

VI


Tabellenverzeichnis<br />

1. Gegenüberstellung der Einzelkriterien <strong>und</strong> Maßnahmen für K1. . . . . . . . . . 13<br />

2. Gegenüberstellung der Einzelkriterien <strong>und</strong> Maßnahmen für K2. . . . . . . . . . 14<br />

3. Gegenüberstellung der Einzelkriterien <strong>und</strong> Maßnahmen für K3. . . . . . . . . . 15<br />

4. Gegenüberstellung der zu ermittelnden Daten <strong>und</strong> deren Bestimmung zur Anwendung<br />

der Richtlinien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

5. Schiffsdaten, Fahrzustände <strong>und</strong> Umweltbedingungen der Schiffe während des<br />

Unfalls. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

6. Stabilitätswerte der untersuchten Schiffe <strong>und</strong> untersuchte Wellenlängen . . . . . 33<br />

VII


Nomenklatur<br />

α Begegnungswinkel des Schiffes mit den Wellen (α = 0 ◦ meint Seegang <strong>von</strong> vorn), [ ◦ ]<br />

λ<br />

Wellenlänge (in den Richtlinien ist eine mittlere Wellenlänge gemeint), [m]<br />

µ Begenungswinkel des Schiffes mit den Wellen (µ = 0 ◦ meint Seegang <strong>von</strong> achtern), [ ◦ ]<br />

△<br />

Deplacement [kg]<br />

ϕ Rollwinkel bzw. Kränungswinkel des Schiffes []<br />

B<br />

c<br />

C φ<br />

d<br />

F n<br />

GM<br />

GZ<br />

H<br />

H 1/3<br />

i<br />

Breite des Schiffes, [m]<br />

Wellengeschwindigkeit, [m/s]<br />

Rollzeitbeiwert [−]<br />

Tiefgang des Schiffes, [m]<br />

Froude-Zahl, [−]<br />

Metazentrische Höhe, Abstand vom Gewichtsschwerpunkt zum Metazentrum, [m]<br />

Glattwasseraufrichthebelarm [m]<br />

Wellenhöhe, [m]<br />

signifikante Wellenhöhe, [m]<br />

Massenträgheitsradius [m]<br />

I xx Massenträgheitsmoment des Schiffes um die x-Achse [kg · m 2 ]<br />

KG<br />

Höhe des Gewichtsschwerpunktes, Abstand vom Kiel zum Gewichtsschwerpunkt, [m]<br />

KM<br />

L<br />

Lpp<br />

T ,T W<br />

T E<br />

T R<br />

Abstand vom Kiel zum Metazentrum, [m]<br />

Schiffslänge (in den Richtlinien ist Lpp gemeint), [m]<br />

Länge zwischen den Loten, [m]<br />

Wellenperiode, [s]<br />

Wellenbegegnungsperiode, [s]<br />

Rolleigenperiode des Schiffes, [s]<br />

v, v S Schiffsgeschwindigkeit, [kn]<br />

B<br />

Auftriebsschwerpunkt des Schiffes<br />

VIII


BMBF B<strong>und</strong>esministerium für Bildung <strong>und</strong> Forschung<br />

FSG<br />

G<br />

Flensburger Schiffbau-Gesellschaft<br />

Gewichtsschwerpunkt des Schiffes<br />

HSVA Hamburgische Schiffbau-Versuchsanstalt<br />

IMO<br />

International Maritime Organisatition<br />

LaSSe Lasten auf Schiffe im Seegang<br />

M<br />

MSC<br />

SLF<br />

Metazentrum<br />

Maritime Safety Committee<br />

Sub-Committee on Stability and Load Lines and on Fishing Vessels Safety<br />

IX


Zusammenfassung<br />

Ziel dieser Arbeit ist es zu überprüfen, ob durch die Anwendung der Richtlinie MSC/Circ.<br />

707 bzw. der Richtlinie MSC.1/Circ. 1228 reale Seeunfälle theoretisch hätten vermieden werden<br />

können. Die Untersuchung erfolgte anhand acht realer Kenterunfälle, zweier Unfällen mit<br />

Containerverlusten <strong>und</strong> zwei Modellversuchen. Dabei wurden die Richtlinien auf diese Fälle angewendet.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass die Anwendung der Richtlinien bei den untersuchten<br />

Fällen auf keinen Fall zur Vermeidung der Unfälle geführt hätte. Dieses liegt an den festgestellten<br />

Schwächen der Richtlinien <strong>und</strong> lässt den Schluss zu, dass auch eine Ausweitung der<br />

Untersuchung auf weitere Unfälle zu der gleichen Erkenntnis führen wird.<br />

Zusammenfassend kann dieses an folgenden Aussagen festgemacht werden:<br />

• Die Richtlinien berücksichtigen Kriterien für die Bestimmung der Grenzen der Gefahrenzonen,<br />

die nicht relevant für das Verhalten des Schiffes im Seegang sind.<br />

• Die bei der Ermittlung der Daten getroffen Vereinfachungen in den Richtlinien erleichtern<br />

zwar die Anwendung, <strong>und</strong> die Erhebung ist mit Bordmitteln einfach auszuführen. Es ist<br />

jedoch da<strong>von</strong> auszugehen, dass die Vereinfachungen in der Mehrheit der Fälle zu falschen<br />

Ergebnissen führen <strong>und</strong> Gefahren nicht richtig erkannt werden.<br />

• Das führt dazu, dass eine so bestimmte Gefahrenzone kein sicheres Indiz für eine wirkliche<br />

Gefährdung ist. Der in der Realität gefährliche Bereich kann je nach Stabilitätszustand<br />

des Schiffes die Gefahrenzone der Richtlinie überschreiten oder gar nicht vorhanden sein.<br />

Günstigstenfalls werden also Maßnahmen eingeleitet, die nicht notwendig wären, da keine<br />

tatsächliche Gefährdung besteht. Im Extremfall ist nicht auszuschließen, dass aus einer<br />

erfolgten Geschwindigkeits- oder Kursänderung entsprechend der Richtlinien, die Situation<br />

für das Schiff verschlimmert wird.<br />

Um es vereinfacht auszudrücken: Das Verhalten nach den Richtlinien gleicht eher einem Glücksspiel,<br />

da in der Mehrheit der Fälle die gewünschte Verbesserung nicht eintrifft.<br />

1


1. Einleitung<br />

Im Rahmen der globalisierenden Märkte <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>en Frachtaufkommen ist der<br />

Anteil der Warentransporte über den Seeweg überproportional gestiegen. Diesem Wachstum<br />

wurde einerseits durch Ausbau der Frachtkapazitäten der einzelnen Schiffe, besonders im Containermarkt,<br />

begegnet. Aber auch der Aufbau der Flotten wurde wegen der geforderten Flexibilität<br />

durch die Reedereien vorangetrieben. Dazu erfolgt durch die Frachtgeber die Vorgabe<br />

der Zeiten, wann Frachten geladen werden können <strong>und</strong> wann diese einteffen müssen (just in<br />

time). Daraus leitet sich die Route der Schiffe <strong>und</strong> die Reisezeiten zwangsläufig ab <strong>und</strong> bindet<br />

die Reedereie, sich daran zu halten. Die Wahl des sicheren Seeweges unter Berücksichtigung<br />

<strong>von</strong> Jahreszeit <strong>und</strong> seewetterlichen Aspekten tritt oft dahinter zurück. Somit wächst auch die<br />

Wahrscheinlichkeit, dass Schiffe regelmäßig in schweres Wetter geraten. Andererseits ist auch<br />

bei sorfältigster Planung die Gefahr der Begegnung mit schwerem Wetter durch die Unvorhersagbarkeit,<br />

insbesondere des zeitlichen Eintreffens der Vorhersagen, nicht zu vermeiden.<br />

Die damit verb<strong>und</strong>enen Gefahren für die Schiffsbesatzungen <strong>und</strong> die Ladungen entstehen durch<br />

das dynamische Bewegungsverhalten <strong>und</strong> die Stabilität der Schiffe besonders bei stark bewegter<br />

See. Allerdings gibt es derzeit keine Stabilitätsvorschriften, die aus dem dynamischen Verhalten<br />

der Schiffe abgeleitet sind bzw. dieses berücksichtigen. Die Problematik ist jedoch nicht unbekannt.<br />

So gibt es in den geltenden Intakt-Stabilitätsvorschriften das “Wetterkriterium”, welches<br />

näherungsweise das dynamische Verhalten durch Windeinfluss berücksichtigt. Das Stabilitätsverhalten<br />

durch Seegang wurde bisher wenig berüchsichtigt, weil es individuell für jedes Schiff<br />

zu ermitteln ist <strong>und</strong> sich nicht allgemein herleiten lässt. Daher sind entsprechende Kriterien in<br />

den Sicherheitsvorschriften nicht vorhanden.<br />

Für Werften <strong>und</strong> Reedereien sind die durch schweren Seegang an <strong>Schiffen</strong> verursachten Schäden<br />

jedoch ein ständiges Problem. Zum einen werden die Reedereien den K<strong>und</strong>en nicht gerecht,<br />

die mit dem sicheren Eintreffen der Ladung kalkulieren. Zum anderen sind die Verluste <strong>und</strong><br />

deren monetären Aspekte ganz erheblich, <strong>von</strong> den Risiken denen die Besatzungen ausgesetzt<br />

sind, ganz abgesehen. Daher ist den Sicherheitsorganen an verbindlichen Kriterien gelegen, die<br />

das Risiko vermindern <strong>und</strong> an denen sich auch rechtlich richtiges Handeln ableiten lässt. Bis<br />

heute gibt es dazu Richtlinen der IMO (Internatinal Maritime Organisation, London). Dieses<br />

war die MSC/Circ. 707 <strong>von</strong> 1995, die durch aktuelle Richtline MSC.1/Circ. 1228 <strong>von</strong> 2007<br />

ersetzt wurde. Bei genauer Betrachtung beziehen sich diese Richtlinien jedoch ausschließlich<br />

auf Gefahren bei achterlichem <strong>und</strong> schräg achterlichem Seegang. Dabei geben die Richtlinien<br />

Handlungsempfehlungen, mit denen die Gefahren vermieden oder vermindert werden sollen.<br />

Subjektive Erfahrungen <strong>und</strong> Aussagen haben jedoch immer wieder Zeifel an der Wirksamkeit der<br />

Richtlinen aufkommen lassen. Gr<strong>und</strong> dafür ist auch die verallgemeinerte Fassung der Richtlinien,<br />

die die individuelle Stabilität der verschiedenen Schiffe <strong>und</strong> deren Verhalten im Seegang nicht<br />

berücksichtigt.<br />

Das Ziel dieser Arbeit ist es daher, die Wirksamkeit dieser Richtlinien zu überprüfen. Dieses<br />

geschieht anhand acht realer Kenterunfälle, zwei Unfällen mit Containerverlusten <strong>und</strong> zwei<br />

Modellversuchen, bei denen das Kenterverhalten untersucht wurde. Dabei wird betrachtet, ob<br />

2


ei Anwendung der Kriterien aus den Richlinen die Gefahr des Kenterns oder der Verlust <strong>von</strong><br />

Containern verhindert würde. Diese Arbeit betrachtet zunächst die Gefahren bei schwerem<br />

Wetter <strong>und</strong> deren Ursachen. Dann erfolgt die Untersuchung nach den Kriterien der beiden<br />

Richtlinien <strong>und</strong> es werden die Unterschiede <strong>und</strong> die Wirksamkeit der Richtlinien herausgearbeitet<br />

<strong>und</strong> verglichen.<br />

3


2. Gefahren für Schiffe in schwerem Wetter<br />

Schiffe, die in schwerem Wetter operieren, d.h. bei starkem Wind <strong>und</strong> hohem Seegang, sind<br />

großen Naturkräften ausgesetzt. Dabei können sie in Situationen geraten, welche sowohl eine<br />

Gefahr für das Schiff <strong>und</strong> seine Ladung als auch für dessen Besatzung darstellen. Dabei gehen<br />

die Gefahren zum einen <strong>von</strong> großen Seegangslasten aus, wie z.B. aus Seeschlag oder Slamming.<br />

Diese können Beschädigungen an der an Deck gestauten Ladung oder an der Schiffsstruktur<br />

hervorrufen (Abbildung 1).<br />

Abbildung 1: Durch Seeschlag beschädigte Container (links), überkommende Welle auf einem<br />

Tanker (rechts), [1] <strong>und</strong> [2].<br />

Zum anderen besteht eine Gefährdung aufgr<strong>und</strong> des dynamischen Bewegungsverhaltens des<br />

Schiffes <strong>und</strong> der sich periodisch ändernden Schiffsstabilität im Seegang. Diese können extreme<br />

Folgen haben, wie z.B.:<br />

• große Rollwinkel<br />

• hohe Beschleunigungen (Rollbeschleunigungen)<br />

• Surfen <strong>und</strong> Querschlagen.<br />

Es können dabei in Abhänigkeit der vorhandenen Stabilität des Schiffes bei gleichem Seegang,<br />

gleichem Kurs zur See <strong>und</strong> gleicher Schiffsgeschwingkeit entweder große Rollwinkel, oder hohe<br />

Rollbeschleunigungen oder aber auch beides zu gleich auftreten. Andererseit kann das Schiff<br />

auch sicher sein.<br />

Nachfolgend werden die Gefahren, die durch die genannten Schiffsbewegungen entstehen, <strong>und</strong><br />

die unterschiedlichen Ursachen bzw. Phänomene, die diese hervorrufen, näher erläutert. Die Gefährdung<br />

durch zu große Seegangslasten werden nicht weiter behandelt, weil dies kein Problem<br />

der Schiffsstabilität, sondern der Strukturfestigkeit ist.<br />

2.1. Große Rollwinkel<br />

Der Begriff „große Rollwinkel“ ist relativ <strong>und</strong> nicht an einer bestimmten Gradzahl festzumachen.<br />

Denn je nach Schiffstyp können unterschiedlich große Rollwinkel zur Gefährdung des Schiffes<br />

führen. Daher sind in diesem Zusammenhang „große Rollwinkel“ definiert als Rollwinkel die<br />

folgende Situationen für das Schiff hervorrufen <strong>und</strong> somit zu Gefahren werden können:<br />

4


• Kentern des Schiffes,<br />

• Tauchen <strong>von</strong> wichtigen, nicht wetterdichten Öffnungen,<br />

• Verschiebung <strong>und</strong> / oder Verlust der Ladung,<br />

• Ausfall <strong>von</strong> wichtigen Schiffssystemen oder<br />

• eine Situation, die zu noch größeren Rollwinkeln führt.<br />

Das Auftreten großer Rollwinkel ist somit ein Ereignis, welches große Schäden materieller <strong>und</strong><br />

finanzieller Art verursachen kann, bis hin zum totalen Verlust des Schiffes (Abbildung 2). Die<br />

Ursachen für das Entstehen großer Rollwinkel können folgende physikalische Effekte sein:<br />

• direkte Erregung durch den Seegang<br />

• Stabilitätsverlust auf dem Wellenberg (pure loss of stability)<br />

• parametrische Erregung (Parametrisches Rollen).<br />

In einem natürlichem Seegang (kurzkämmig <strong>und</strong> unregelmäßig) treten diese Effekte nicht einzeln,<br />

sondern meist in einer beliebigen Kombination auf. Dabei können sie sich gegenseitig<br />

verstärken. Im Folgenden werden die drei genannten Ursachen näher erläutert.<br />

Abbildung 2: M.V. Cougar Ace mit ca. 60° Krängung (links), APL China mit umgestürzten<br />

Containerstapeln (rechts), [3] <strong>und</strong> [4].<br />

Direkte Erregung durch den Seegang<br />

Die direkte Erregung einer Rollbewegung durch den Seegang soll hier beispielhaft anhand eines<br />

quer zur See liegenden oder fahrenden Schiffes verdeutlicht werden. In Abbildung 3 ist ein<br />

simpler Spantquerschnitt eines Schiffes zu sehen, der <strong>von</strong> einer seitlichen Welle erfasst wird.<br />

Es ist deutlich zu erkennen, dass der Auftriebsschwerpunkt B dabei seitlich auswandert, wie es<br />

auch im Fall einer statischen Krängung des Schiffes ist. Durch den dadurch enstehenden Hebel<br />

h zwischen dem Auftriebsschwerpunkt <strong>und</strong> dem Gewichtsschwerpunkt G, wird ein Moment um<br />

die Schiffslängsachse erzeugt, welches eine Rollbewegung des Schiffes bewirkt. In der Realitat<br />

kommen neben den hydrostatischen Kräften noch dynamische Anteile hinzu, die z.B. aus der<br />

Wellengeschwindigkeit kommen.<br />

5


Abbildung 3: Schematische Darstellung des durch die Wellenschräge einer Querwelle hervorgerufen<br />

krängenden Hebels, aus [5].<br />

Die Gefahr, dass bei einem quer zur See liegendem Schiff allein durch eine direkte Erregung<br />

sehr große Rollwinkel entstehen oder es bis zum Kentern des Schiffes kommt, ist allerdings sehr<br />

gering. Dieses liegt daran, dass dafür eine Resonanz vorliegen muss, bei der die Erregungsfrequenz<br />

sehr nahe an der Rolleigenfrequenz des Schiffes liegt. Dieses ist jedoch nur bei Wellen<br />

mit sehr großen Wellenlängen der Fall, die zum einen nur sehr selten auftreten <strong>und</strong> auch dann<br />

nur eine geringe Wellenschräge aufweisen. Ferner kommt hinzu, dass die Energie der Wellen<br />

zu einem großen Teil in eine seitliche Driftbewegung des Schiffes umgesetzt wird <strong>und</strong> nicht in<br />

eine Rollbewegung. Allerdings ist die direkte Erregung in einem natürlichen Seegang aufgr<strong>und</strong><br />

verschiedener Laufrichtungen der Wellenanteile immer vorhanden <strong>und</strong> ist damit stets ein Initiator<br />

für eine Rollbewegung, die durch andere Effekte weiter angefacht werden kann. Dieses gilt<br />

besonders für Schiffe, die direkt gegen oder mit der See fahren.<br />

Dass auch eine direkte Erregung durch den Seegang zur Gefahr werden kann, zeigt das Bespiel<br />

des Containerschiffes Chicago Express [15]. Dieses erreichte in schräg <strong>von</strong> vorne<br />

kommender See, aufgr<strong>und</strong> exzessiver Stabilität wegen geringer Beladung, allein durch direkte<br />

Seegangsmomente <strong>und</strong> ohne das eine Resonanzsituation vorlag, große Rollwinkel <strong>und</strong> hohe<br />

Rollbeschleunigungen.<br />

Stabilitätsverlust auf dem Wellenberg (Pure loss of stability)<br />

Das Phänomen „pure loss of stability“ ist ein Effekt der Schiffsform <strong>und</strong> deren Stabilität im Seegang,<br />

denn je nach Lage des Schiffes zur Welle kann die Stabilität gegenüber der im Glattwasser<br />

stark variieren. Vereinfacht unterscheidet man dabei zwei markante Situationen des orthogonal<br />

zu den Wellen fahrenden Schiffes: Dieses ist zum einen die Wellenberg- <strong>und</strong> zum andren die<br />

Wellentalsituation, bei der sich jeweils das Wellental bzw. der Wellenberg in der Schiffsmitte<br />

befindet (siehe Abbildung 4). Aufgr<strong>und</strong> des je nach Situation anderen Verdrängungskörpers des<br />

Schiffes, besitzt dieses auf dem Wellenberg eine geringere <strong>und</strong> in einem Wellental eine größere<br />

Stabilität als im Glattwasserfall. Dieses ist sehr gut an den an den unterschiedlichen Hebelarmkurven<br />

für die unterschiedlichen Situationen in der Abbildung 5 zu erkennen. Dieser Effekt<br />

6


wächst mit zunehmender Wellenhöhe <strong>und</strong> ist am größten, wenn die Wellenlänge ungefähr dem<br />

0,7 - 1,3 fachen der Schiffslänge entspricht, wobei kürzere Wellen meist die gefährlichsten sind.<br />

Abbildung 4: Schematische Darstellung der Wellenberg- (grün) <strong>und</strong> der Wellentalsituation<br />

(blau), aus [5].<br />

Abbildung 5: Beispiel für extreme Hebelarmschwankungen <strong>und</strong> komplett negativer Stabilität in<br />

der Wellenbergsituation für die Unfallsituation der Halstenbek.<br />

Vom Stabilitätsverlust auf dem Wellenberg spricht man in dem Fall, wenn die Stabilität eines<br />

Schiffes auf einem Wellenberg so weit abnimmt, dass diese negativ wird. Das Schiff besitzt in<br />

diesem Fall kein Aufrichtvermögen mehr <strong>und</strong> krängt solange (eine vorhandene Rollbewegung<br />

vorausgesetzt), bis es gekentert ist oder sich eine Wellensituation ergibt, bei der wieder genug<br />

Stabilität vorhanden ist, um das Schiff aufzurichten. Währenddessen können jedoch sehr große<br />

Rollwinkel enstehen.<br />

Stabilitätsverlust kann sowohl bei See <strong>von</strong> vorne als auch bei achterlichem Seegang auftreten.<br />

Dabei ist die zuletzt genannte Situation die häufigere <strong>und</strong> gefährlichere, da das Schiff dort durch<br />

die geringere Relativgeschwindigkeit zwischen Schiff <strong>und</strong> Welle für eine längere Zeitspanne in<br />

dem Zustand ohne Stabilität verweilt. Der Stabilitätsverlust auf dem Wellenberg tritt aber selten<br />

in reiner Form auf, sondern wird meist <strong>von</strong> andren Effekten überlagert. So kann es dabei im<br />

Extremfall, bei eintretender großer Krängung im achterlichen Seegang, dazu kommen, dass das<br />

7


Schiff aufgr<strong>und</strong> dann unzureichender Manövrier- <strong>und</strong> Kurshaltefähigkeit querschlägt.<br />

Parametrische Erregung (Parametrisches Rollen)<br />

Von parametrischer Erregung spricht man, wenn eine Bewegung nicht direkt durch eine äußere<br />

angreifende Kraft angeregt wird, sondern indirekt über einen Parameter. Im Fall des parametrischen<br />

Rollens bei <strong>Schiffen</strong> ist dieser Parameter der Aufrichthebelarm des Schiffes. Dieser<br />

unterliegt, aufgr<strong>und</strong> des sich je nach Wellensituation ändernden Verdrängungskörpers des<br />

Schiffes, gewissen periodischen Schwankungen (vgl. auch Stabilitätsverlust auf dem Wellenberg<br />

Seite 6). Die Änderungen bzw. Schwankungen der Stabilität sind dabei nur <strong>von</strong> der Schiffsform<br />

abhängig, nicht aber <strong>von</strong> der Stabilität selbst. Von großen Hebelarmschwankungen sind heutzutage<br />

besonders die modernen Container-, RoRo- <strong>und</strong> RoPax-Schiffe, mit ihren breiten, flachen<br />

Hinterschiffen <strong>und</strong> schlanken Vorschiffen mit großem Spantausfall betroffen.<br />

Besonders gefährlich ist die parametrische Erregung im vorlichen <strong>und</strong> achterlichem Seegang,<br />

wenn es zu den sogenannten Resonanzerscheinungen, die zu großen Rollwinkeln führen können,<br />

kommt. Bei diesen Resonanzerscheinungen fällt die Begegnungsperiode entweder mit der<br />

einfachen (1:1) oder der doppelten (2:1) Rolleigenperiode des Schiffes zusammen.<br />

Die sogenannte 2:1-Resonanz, ist daran zu erkennen, dass eine Rollperiode mit zwei Stampfperioden<br />

zusammenfällt. Sie ist besonders gefährlich, weil sich immer dann der Wellenberg in<br />

etwa am Hauptspant befindet, wenn das Schiff fast aufrecht schwimmt <strong>und</strong> dadurch, wegen<br />

der geringeren Stabilität, wieder auf die andere Seite krängt. Dabei wird die durch das Rollen<br />

aufgenommene Energie kaum abgebaut. Hat das Schiff die maximale Krängung erreicht, dann<br />

liegt in etwa eine Wellentalsituation mit einer größeren Stabilität vor <strong>und</strong> das Schiff wird wieder<br />

stark aufgerichtet. Im unregelmäßigen Seegang können durch dieses Wechselspiel in nur wenigen<br />

Rollperioden große Rollwinkel entstehen. Damit nun die Begegnungsperiode des Schiffes mit<br />

dem Seegang hinreichend genau mit der doppelten Rolleigenperiode zusammenfällt, müssen bei<br />

gegebenen Seegang bestimmte Verhältnisse zwischen der Stabilität des Schiffes, dem Begegnungswinkel<br />

<strong>und</strong> der Schiffsgeschwindigkeit vorhanden sein. Dabei sind generell zwei Fälle zu<br />

unterscheiden:<br />

Fährt das Schiff im achterlichen Seegang, so ist eine 2:1-Resonanz im Allgemeinen nur bei<br />

relativ kleinen bis mittleren Schiffsgeschwindigkeiten <strong>und</strong> geringer Stabilität möglich. Dabei<br />

kommt es wegen der niedrigen Stabilität nicht zu sehr hohen Beschleunigungen, sondern ehr<br />

zu sehr großen Rollwinkeln, die bis zum Kentern führen können. Wesentlich für das Verstehen<br />

der Abläufe im achterlichen Seegang ist weiterhin die Tatsache, dass die Rolleigenperiode des<br />

Schiffes selbst starken Schwankungen unterworfen sein kann. Der Gr<strong>und</strong> dafür ist, dass nicht<br />

die anfangsmetazentrische Höhe des Glattwasserzustandes relevant ist, sondern die jeweiligen<br />

Zustände in der Wellenberg- Wellentalsituation. Daraus ergibt sich dann eine Anpassung der<br />

Rolleigenperiode des Schiffes an die jeweilige Erregung. Dieser Effekt ist um so größer, je mehr<br />

sich die Stabilität im Seegang zwischen Berg- <strong>und</strong> Talsituation ändert. In der Praxis hat dieses<br />

zur Folge, dass sich im unregelmäßigen Seegang keine scharfen Resonanzen ergeben wie<br />

bei einem regelmäßigen Seegang, sondern dass es eine gewisse Bandbreite <strong>von</strong> Kursen <strong>und</strong><br />

8


Geschwindigkeiten gibt, bei denen es zu großen Rollwinkeln kommen kann. Im Falle großer Stabilitätsschwankungen<br />

zwischen Berg- <strong>und</strong> Talsituation <strong>und</strong> gleichzeitig sehr geringer Stabilität<br />

kann es, aufgr<strong>und</strong> der Überlagerung des Stabilitätsverlustes auf dem Wellenberg <strong>und</strong> dem ungefähren<br />

Treffen der doppelten Rolleigenperiode, im achterlichen Seegang in vielen Situationen<br />

zu großen Rollwinkeln kommen.<br />

Fährt das Schiff gegen die See, so tritt die 2:1-Resonanz nur bei relativ hoher Anfangsstabilität<br />

<strong>und</strong> ebenfalls bei geringen Schiffsgeschwindigkeiten auf. Wegen der dann allgemein hohen<br />

Stabilität kommt es in solchen Situationen meist nicht zu großen Rollwinkeln, die zum Kentern<br />

des Schiffes führen, dafür aber oft zu extrem großen Rollbeschleunigungen. Hinzu kommt, dass<br />

sich das Schiff im vorlichem Seegang wegen der geringeren Verweildauer in der Wellenbergbzw.<br />

Wellentalsituation nicht so gut der Erregung anpassen kann wie im achterlichen Seegang.<br />

Dem zu Folge muss die 2:1-Resonanz schon sehr genau getroffen werden, um wirklich große<br />

Rollwinkel zu erzeugen.<br />

Der Fall einer 1:1-Resonanz, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass eine Rollperiode mit einer<br />

Stampfperiode zusammenfällt, kommt bei üblichen <strong>Schiffen</strong> nur im achterlichen Seegang vor.<br />

Da aber wegen der relativ hohen Geschwindigkeit oftmals die Rolldämpfung sehr hoch sein kann,<br />

kommt es beim 1:1-Resonanzfall nicht so oft zu großen <strong>und</strong> damit gefährlichen Rollwinkeln wie<br />

bei der der 2:1-Resonanz. Ausnahmen bilden die Unfälle der Finnbirch [11] <strong>und</strong> der Fidamus<br />

[11].<br />

2.2. Hohe Beschleunigungen (Rollbeschleunigungen)<br />

Hohe Beschleunigungen, vor allem sind damit hohe Rollbeschleunigungen gemeint, sind definiert<br />

als Beschleunigungen, die folgende gefährliche Zustände hervorrufen können:<br />

• Massiver Ladungsverlust <strong>und</strong> / oder Beschädigung,<br />

• Schwere Schäden an Maschienenanlagen oder sicherheitsrelevanten Systemen,<br />

• Strukturelle Überlastung <strong>von</strong> sichherheitsrelevanten Bauteilen bzw. Verbänden,<br />

• Großes Unbehagen oder hohes Verletzungsrisiko für die Passagiere oder die Schiffsbesatzung.<br />

Daraus wird ersichtlich, dass hohe Beschleunigungen zwar schwere Schäden am Schiff <strong>und</strong> / oder<br />

schwere Personenschäden verursachen können, aber nicht notwendigerweise zu einem totalen<br />

Verlust des Schiffes führen. Als Beispiel sei hier einmal der sehr schwere Seeunfall an Bord<br />

des Containerschiffs Chicago Express erwähnt, bei dem das Schiff während eines Taifuns<br />

mehrmals stark überholte <strong>und</strong> dabei Personen quer durch die gesammte Brücke geschleudert<br />

wurden [15]. Die Folgen waren eine tote <strong>und</strong> mehrere zum Teil schwer verletzte Personen. Das<br />

Schiff blieb dabei unbeschädigt.<br />

Es sei darauf hingewiesen, dass hohe Rollbeschleinigungen nicht unbedingt mit großen Rollwinkeln<br />

einhergehen, sondern auch bei relativ kleinen Rollwinkeln entstehen können. Hohe<br />

Rollbeschleunigungen treten typischerweise bei hohen Anfangs-GM-Werten auf bzw. wenn die<br />

9


Rollzeiten klein sind, wie z.B. im 2:1-Resonanzfall bei See <strong>von</strong> vorne (siehe oben).<br />

2.3. Surfen <strong>und</strong> Querschlagen<br />

Das Ereignis des Surfens <strong>und</strong> des Querschlagens eines Schiffes tritt im achterlichen oder schräg<br />

achterlichen Seegang auf, wenn sich das Schiff auf einer steilen, vorderen Schräge einer großen<br />

Welle befindet. Die Geschwindigkeit der Welle, deren Länge gleich oder größer der Schiffslänge<br />

ist, ist typischerweise schneller als das Schiff. In dieser Situation kann das Schiff derartig in<br />

Schiffslängsrichtung beschleunigt werden, dass es anfängt auf der Welle zu reiten. Dieses ist<br />

auch unter dem Begriff des Surfens bekannt. Dabei besteht einerseits die Gefahr, dass, wenn<br />

sich der Wellenkamm ungefähr mittig in Schiffslängsrichtung befindet, die Intaktstabilität je<br />

nach Schiffsform beträchtlich herabgesetzt werden kann. Dies kann zu großen Rollwinkeln <strong>und</strong><br />

im schlimmsten Fall bis zum vollständigen Kentern des Schiffes führen (siehe auch Stabilitätsverlust<br />

auf dem Wellenberg Seite 6). Ferner steigt durch die während des Surfens höhere<br />

Schiffsgeschwindigkeit die Verweildauerer des Schiffes auf einem Wellenberg <strong>und</strong> somit auch<br />

die Zeit, die das Schiff der geringeren Stabilität ausgesetzt ist.<br />

Andererseits besteht beim Surfen die Gefahr, dass das Schiff plötzlich querschlägt. Die Ursachen<br />

dafür können ein durch die Wellen eingeleitets starkes Giermoment <strong>und</strong> / oder eine herabgesetzte<br />

Kursstabilität des Schiffes sein, welche sich z.B durch ein eintauchendes Vorschiff<br />

in einen vorauslaufenden Wellenberg ergibt. Gleichzeitig verringert sich wegen der Orbitalgeschwindigkeiten<br />

der mitlaufenden Welle die Anströmgeschwindigkeit des Ruders, wodurch die<br />

Ruderwirksamkeit <strong>und</strong> damit die Manövrierfähigkeit reduziert wird. Die mit dem Querschlagen<br />

einhergehende massive <strong>und</strong> schnelle Kursänderung des Schiffes führt zu sehr hohen Zentrifugalkräften,<br />

die wegen der enstehenden großen Rollwinkel häufig bis zum Kentern des Schiffes<br />

führen. Hinzu kommt, dass das nun quer zur See liegende Schiff meist noch vom brechendem<br />

Kamm der verursachenden Welle überrollt werden kann.<br />

Das Phänomen des Querschlagen ist jedoch keine Problematik der Intaktstabilität eines Schiffes,<br />

da dessen Auftretenswahrscheinlichkeit nicht durch die Änderung irgendwelcher Stabilitätsparameter,<br />

wie z.B. durch Reduzierung der Hebelarmschwankungen im Seegang, beeinflusst werden<br />

kann, sondern ein Problem der Manövrierfähigkeit des Schiffes. Außerdem hat sich bei der<br />

Anwendung der beiden Richtlinien auf die untersuchten Unfälle gezeigt, dass der Aspekt des<br />

Surfens <strong>und</strong> Querschlagens eine untergeordnete Rolle spielt. Daher wird dieser im weiteren<br />

Verlauf der Arbeit nur am Rande bertrachtet.<br />

10


3. Die Richtlinien MSC.1/Circ. 1228 <strong>und</strong> MSC/Circ. 707<br />

In diesem Teil der Arbeit werden die beiden Richtlinien MSC.1/Circ. 1228 [16] <strong>und</strong> MSC/Circ.<br />

707 [6] näher vorgestellt <strong>und</strong> miteinander verglichen. Dabei liegt das Augenmerk auf den darin<br />

enthaltenen Kriterien für das Erkennen <strong>von</strong> Gefahrensituation im schweren Wetter bzw. im achterlichen<br />

Seegang, den entsprechenden Gegenmaßnahmen zur Vermeidung dieser <strong>und</strong> den für<br />

die Anwendung der Richtlinien zu ermittelden Daten. Ferner werden kurz weitere IMO Dokumente,<br />

die Bezug auf die Richtlinien MSC/Circ. 707 nehmen, beleuchtet. Die zwei Richtlinien<br />

werden im weiteren mit 1228 bzw. 707 abgekürzt.<br />

3.1. Allgemeines<br />

Die Richtlinie MSC.1/Circ. 1228 , welche als R<strong>und</strong>schreiben <strong>von</strong> der IMO am 11. Januar 2007<br />

erschienen ist, ersetzt die am 19. Oktober 1995 veröffentlichte MSC/Circ. 707. Wie anhand der<br />

Titel der Richtlinien zu erkennen ist, welche<br />

„REVISED GUIDANCE TO THE MASTER FOR AVOIDING DANGEROUS SITUATIONS IN<br />

ADVERSE WEATHER AND SEA CONDITIONS“ (1228)<br />

bzw.<br />

„GUIDANCE TO THE MASTER FOR AVOIDING DANGEROUS SITUATIONS IN FOLLOWI-<br />

NG AND QUARTERING SEAS“ (707)<br />

lauten, befassen sich beide mit Empfehlungen für den Kapitän zur Vermeidung gefährlicher<br />

Situationen bei widrigen Wetter- <strong>und</strong> Seegangsbedingungen bzw. beim Fahren in achterlichem<br />

<strong>und</strong> schräg achterlichem Seegang. Dabei geht es ausschließlich um das Bewegungsverhalten<br />

des Schiffes <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen möglichen Gefahren bezüglich des Auftretens großer<br />

Rollwinkel, die zum Kentern des Schiffes führen können (in 707 <strong>und</strong> 1228), Schäden an der<br />

Schiffsladung, den Schiffsystemen <strong>und</strong> den an Bord befindlichen Personen anrichten (wird nur<br />

in 1228 erwähnt). Dieses sind Surfen <strong>und</strong> Querschlagen, Stabilitätsverlust auf dem Wellenberg<br />

<strong>und</strong> synchrones sowie parametrisches Rollen. Die ebenfalls im schweren Wetter bestehenden<br />

Gefahren, die die Strukturfestigkeit des Schiffes, Kollision oder Strandung betreffen, sind nicht<br />

Teil der Richtlinien, was explizit in der 1228 angemerkt wird.<br />

Aufgr<strong>und</strong> des neuen Titels der 1228 <strong>und</strong> in Hinsicht, dass diese überarbeit worden ist <strong>und</strong> die 707<br />

ersetzt, könnte man vermuten, dass die 1228 sich deutlich umfangreicher <strong>und</strong> ausführlicher mit<br />

den Gefahren bei schweren Wetter, welches auch die gefährlichen Situationen im achterlicher<br />

<strong>und</strong> schräg achterlicher See beinhaltet, befasst. Bei genauerer Betrachtung der zwei Dokumente<br />

ist jedoch festzustellen, dass dieses nicht der Fall ist. Zwar wird etwas differenzierter auf<br />

die einzelnen Phänomene, deren Auftretenssituationen sowie neue Erkenntnisse, wie z. B. beim<br />

parametrischen Rollen das Anpassen der Rolleigenfrequenz des Schiffes an die Begegnungsfrequenz<br />

bzw. Erregung (siehe 2.1), eingegangen, aber trotzdem ist die Richtlinie allgemein <strong>und</strong><br />

11


sehr knapp gehalten, ohne weiter ins Detail zu gehen. Daher geht es im Wesentlichen, wie in<br />

der 707, um die Gefahren in achterlicher oder schräg achterlicher See <strong>und</strong> deren Vermeidung.<br />

3.2. Die Kriterien<br />

Die beiden Richtlinien 707 <strong>und</strong> 1228 enthalten drei unterschiedliche Kriterien, die dazu beitragen<br />

sollen nachfolgende Gefahrensituationen für Schiffe im schweren Wetter zu vermeiden:<br />

• Surfen <strong>und</strong> Querschlagen (K1)<br />

• Auftreffen auf aufeinanderfolgende hohe Wellen (K2)<br />

• Synchrones Rollen <strong>und</strong> parametrische Rollbewegungen (K3).<br />

Bei diesen Kriterien, im Weiteren mit K1, K2 <strong>und</strong> K3 bezeichnet, wird jeweils in Abhängigkeit<br />

bestimmter Parameter eine Gefahrenzone vorgegeben, die beim Navigieren in schwerer See zu<br />

vermeiden bzw. zu verlassen ist. Dieses ist aber zum Teil erst beim Eintreten weiterer Bedingungen<br />

notwendig. Als Voraussetzungen für die Anwendung dieser Kriterien fordern die Richtlinien,<br />

dass das Schiff die aktuellen Intaktstabilitätsvorschriften bzw. gleichwertige erfüllt. Die 707<br />

weist ferner darauf hin, dass mit achterlichem <strong>und</strong> schräg achterlichem Seegang ein Begegnungswinkel<br />

des Schiffes mit den Wellen <strong>von</strong> µ = 0° − 45° gemeint ist. Dieses wird in der 1228<br />

nicht mehr aufgeführt, da die Richtlinie sich nicht mehr ausschließlich auf Gefährdung durch<br />

achterlichen <strong>und</strong> schräg achterlichen Seegang bezieht. Allerdings wird diese Definition weiterhin<br />

in den Kriterien der 1228 verwendet. Im Folgenden werden die drei Kriterien vorgestellt.<br />

3.2.1. Surfen <strong>und</strong> Querschlagen (K1)<br />

Das erste Kriterium (K1) der Richtlinien befasst sich mit der Gefahr des Surfens <strong>und</strong> des<br />

Querschlagens <strong>von</strong> <strong>Schiffen</strong>. Danach besteht die Möglichkeit einer Gefahr durch Surfen <strong>und</strong><br />

Querschlagen, wenn das Schiff im Verhältnis zu seiner Länge eine gewisse kritische Geschwindigkeit<br />

überschreitet (siehe Tabelle 1). Daraus ergeben sich die in der Abbildung 6 gezeigten<br />

Gefahrenzonen, die jeweils bis zu einem Begegnungswinkel <strong>von</strong> µ = 45° zu beiden Seiten reichen.<br />

Die 707 verweist auf eine ebenfalls in der Abbildung dargestellte Grenzzone, in der es unter<br />

Umständen auch zu längerer andauerenden Beschleunigungen in Schiffslängsrichtung kommen<br />

kann. Diese ist in der 1228 nicht mehr enthalten, was schlussfolgern lässt, dass dieser Bereich<br />

nicht mehr als gefährlich angesehen wird. Um den Gefahrenbereich zu verlassen, falls sich das<br />

Schiff in diesem befindet, sehen die Richtlinien als Maßnahme eine Geschwindigkeitsreduktion<br />

oder / <strong>und</strong> eine Kursänderung vor.<br />

12


Einzelkriterien<br />

mit Grenzzone ab<br />

MSC/Circ. 707 MSC.1/Circ. 1228<br />

v s > 1.8 √ L<br />

v s > 1.4 √ L<br />

Gefahrenzone siehe Abb. 6 links<br />

v s ><br />

wenn 135° < α < 225°<br />

1.8 √ L<br />

cos(180 − α)<br />

Gefahrenzone siehe Abb. 6 rechts<br />

Maßnahmen Geschwindigkeit reduzieren Geschwindigkeit oder / <strong>und</strong> Kurs ändern<br />

Tabelle 1: Gegenüberstellung der Einzelkriterien <strong>und</strong> Maßnahmen für K1.<br />

Abbildung 6: Gegenüberstellung des Gefahrenbereichs für K1 (707 links <strong>und</strong> 1228 rechts).<br />

Der Abbildung 6 ist weiterhin zu entnehmen, dass die Grenzen der Gefahrenzonen abhängig vom<br />

Verhältnis<br />

v [kn]<br />

√<br />

L [m]<br />

sind. Dabei sind die Grenzen durch ein konstantes Verhältnis der Schiffsgeschwindigkeit<br />

in Wellenlaufrichtung zur Schiffslänge gekennzeichnet <strong>und</strong> damit für das jeweilige<br />

Schiff konstant <strong>und</strong> unabhängig <strong>von</strong> anderen Einflussgrößen wie z.B. dem Seegang. Dieses<br />

Verhältnis kommt der Froude-Zahl fast gleich, die wie folgt definiert ist:<br />

F n =<br />

v √ g · L<br />

(1)<br />

Rechnet man die Grenzen der Gefahrenzonen entsprechend um, so ergibt sich eine Froude-<br />

Zahl für das Schiff <strong>von</strong> F n = 0, 296 für die Hauptgefahrenzone bzw. F n = 0, 230 für die<br />

Grenzzone bei einem Begegnungswinkel <strong>von</strong> µ = 0°. Für andere Begenungswinkel werden die<br />

Froude-Zahlen entsprechend größer. Das heißt, dass die Richtlinien, in Bezug auf die Grenze<br />

der Hauptgefahrenzone, erst verhältnismäßig schnelle Schiffe durch Surfen <strong>und</strong> Querschlagen<br />

als gefährtet ansehen.<br />

13


3.2.2. Auftreffen auf aufeinanderfolgende hohe Wellen (K2)<br />

Die Gefahr, die durch das Auftreffen auf aufeinanderfolgende hohe Wellen entsteht, wie z.B.<br />

Reduktion der Stabilität auf dem Wellenberg, synchrones oder parametrisches Rollen oder eine<br />

Kombination aus mehreren Phänomenen, soll durch das zweite Kriterium (K2) der Richtlinien<br />

verhindert werden. Dabei muss der Kapitän erst handeln, wenn die Wellen eine bestimmte<br />

Wellenlänge <strong>und</strong> signifikante Wellenhöhe in Bezug auf die Schiffslänge überschreiten (siehe Tabelle<br />

2) <strong>und</strong> zusätzlich Hinweise auf ein gefährliches Verhalten des Schiffes, welches nicht näher<br />

spezifiziert wird, klar zu erkennen sind. Sind diese Bedingungen erfüllt soll, der Kapitän darauf<br />

achten, nicht in die in Abbildung 7 gezeigte gefährliche Zone hineinzugeraten. Befindet sich<br />

das Schiff jedoch in der Gefahrenzone, so ist diese zu verlassen. Als entsprechende Maßnahmen<br />

dazu empfehlen die Richtlinien wieder eine Geschwindigkeitsreduktion, eine Kursänderung oder<br />

eine Kombination aus beidem.<br />

Einzelkriterien<br />

MSC/Circ. 707 MSC.1/Circ 1228<br />

Maßnahmen<br />

λ > 0.8 · L <strong>und</strong> H 1/3 > 0.04 · L<br />

<strong>und</strong> Hinweise auf ein gefährliches<br />

Verhalten des Schiffes klar erkennbar<br />

sind.<br />

Gefahrenzone siehe Abb. 7 links<br />

(entspricht T E ≈ 1.5 − 2.8 · T )<br />

Geschwindigkeit reduzieren oder / <strong>und</strong><br />

Kurs ändern<br />

λ > 0.8 · L <strong>und</strong> H 1/3 > 0.04 · L<br />

<strong>und</strong> Hinweise auf ein gefährliches<br />

Verhalten des Schiffes klar erkennbar<br />

sind.<br />

Gefahrenzone siehe Abb. 7 rechts<br />

(entspricht T E ≈ 1.8 − 3.0 · T W )<br />

Geschwindigkeit reduzieren oder Kurs<br />

ändern<br />

Tabelle 2: Gegenüberstellung der Einzelkriterien <strong>und</strong> Maßnahmen für K2.<br />

Abbildung 7: Gegenüberstellung des Gefahrenbereichs für K2 (707 links <strong>und</strong> 1228 rechts).<br />

14


Die Gefahrenzonen reichen auch dieses Mal wieder bis zu einem Begegnungswinkel <strong>von</strong> µ = 45°.<br />

Die obere <strong>und</strong> untere Grenze sind durch ein konstantes Verhältnis <strong>von</strong> Schiffsgeschwindigkeit<br />

in Wellenlaufrichtung zur Wellenperiode gekennzeichnet. Somit sind die Grenzen abhängig <strong>von</strong><br />

der jeweiligen den Seegang prägenden Wellenperiode. Vergleicht man die Gefahrenzonen der<br />

beiden Richtlinien in der Abbildung 7 miteinander, so ist deutlich zu erkennen, dass diese bei der<br />

neueren 1228 kleiner ausfällt. Dieses trifft vor allem den Bereich mit kleineren Verhältnissen <strong>von</strong><br />

v<br />

T W<br />

. Das bedeutet, dass die 1228 bei konstanter Wellenperiode (Wellenlänge) kleinere Schiffsgeschwindigkeiten<br />

bzw. bei konstanter Schiffsgeschwindigkeit größere Wellenperioden <strong>und</strong> somit<br />

größere Wellenlängen nicht mehr als Gefahr ansieht.<br />

3.2.3. Synchrones Rollen <strong>und</strong> parametrische Rollbewegungen (K3)<br />

Das letzte <strong>und</strong> dritte Kriterium (K3) der beiden Richtlinien behandelt die Gefahr durch synchrones<br />

Rollen <strong>und</strong> parametrische Rollbewegungen. Dabei soll der Kapitän darauf achten, dass<br />

er mit der Begegnungsperiode des Schiffes mit den Wellen nicht in die Nähe der einfachen oder<br />

der halben Eigenrollperiode des Schiffes kommt, um so den 1:1 bzw. den 2:1-Resonanzfall zu<br />

vermeiden. Als Maßnahme, um die Resonanzen zu verhindern, schlagen die Richtlinien vor, die<br />

Schiffsgeschwindigkeit zu reduzieren bzw. Geschwindigkeit <strong>und</strong> Kurs so zu wählen, dass sich mit<br />

der dann vorhandenen Begegnungsperiode keine Resonanzsituation ergibt. Wie groß dabei der<br />

Abstand zwischen den beiden Perioden sein soll, um auf der sicheren Seite zu sein, ist in den<br />

Richtlinien nicht näher spezifiziert. Außer den leicht verschiedenen Maßnahmen zur Vermeidung<br />

der Gefahr, weisen die beiden Richtlinien keine Unterschiede in Bezug auf das Kriterium K3<br />

auf, wie die Tabelle 3 zeigt.<br />

Einzelkriterien<br />

zu vermeiden:<br />

MSC/Circ. 707 MSC.1/Circ 1228<br />

zu vermeiden:<br />

T E ≈ T R<br />

T E ≈ T R<br />

oder<br />

T E ≈ T R/2<br />

oder<br />

T E ≈ T R/2<br />

Maßnahmen Geschwindigkeit reduzieren Geschwindigkeit oder / <strong>und</strong> Kurs so<br />

wählen, dass die oben genannten<br />

Situation nicht auftritt<br />

Tabelle 3: Gegenüberstellung der Einzelkriterien <strong>und</strong> Maßnahmen für K3.<br />

3.3. Ermittlung der Daten zur Anwendung der Richtlinien<br />

Um die beiden Richtlinien anwenden zu können, müssen vorher einige wichtige Daten, die sowohl<br />

das Schiff als auch die Seegangsbedingungen betreffen, ermittelt bzw. bestimmt werden. Diese<br />

Daten <strong>und</strong> die Empfehlung der Richtlinien, wie diese zu bestimmen sind, sind in der Tabelle 4<br />

für die beiden Richtlinien aufgelistet <strong>und</strong> gegenübergestellt.<br />

15


Wert MSC/Circ. 707 MSC.1/Circ 1228<br />

v Abschätzen der aktuellen<br />

keine Angaben<br />

Schiffsgeschwindigkeit mit einem<br />

gängigen Verfahren.<br />

µ, α Durch Beobachtung zu erhalten. Die keine Angaben<br />

Windrichtung kann als die gleiche wie<br />

die Wellenrichtung angesehen werden.<br />

Falls der Seegangszustand nicht<br />

erkennbar ist, zeigt das Radarbild die<br />

Züge der Wellenkämme <strong>und</strong> die<br />

Wellenrichtung an.<br />

T, T W Messen der Periode des Anhebens der siehe MSC/Circ. 707<br />

Schaumkämme auf der Seeoberfläche,<br />

die durch das Brechen der Welle erzeugt<br />

werden, mit Hilfe einer Stoppuhr. Die<br />

Zeit <strong>von</strong> N Zyklen ist zu messen <strong>und</strong><br />

durch N zu dividieren, um die<br />

durchschnittliche Wellenperiode zu<br />

ermitteln.<br />

λ Die Bestimmung der Wellenlänge λ<br />

erfolgt entweder durch Beobachtung <strong>und</strong><br />

Vergleich mit der Schiffslänge oder<br />

durch Ablesen des mittleren Abstandes<br />

aufeinander folgender Wellenkämme auf<br />

dem Radarbild. T kann dann aus<br />

folgender Formel errechnet werden:<br />

Die Bestimmung der Wellenlänge λ<br />

erfolgt entweder durch Beobachtung <strong>und</strong><br />

Vergleich mit der Schiffslänge oder<br />

durch Ablesen des mittleren Abstandes<br />

aufeinander folgender Wellenkämme auf<br />

dem Radarbild. Zwischen Wellenpriode<br />

T W <strong>und</strong> Wellenlänge λ gilt folgender<br />

T = 0.8 √ Zusammenhang:<br />

λ<br />

λ = 1.56 · TW 2 oder T W = 0.8 √ λ<br />

T E<br />

Messen einer erzwungenen<br />

Schiffsbewegung, wie z.B. die<br />

Stampfbewegung, mit einer Stoppuhr.<br />

Messen der Stampfperiode mit einer<br />

Stoppuhr oder durch Berechnung<br />

anhand folgender Formel:<br />

T E =<br />

3T 2 W<br />

3T W + v · cos(α)<br />

T R<br />

H 1<br />

3<br />

Messen der Rollbewegung vorzugsweise<br />

bei glatter See, alternativ: grobe<br />

Abschätzung mit folgender Formel:<br />

T R = 2 · C · B/ √ GM<br />

mit<br />

C = 0.373 + 0.023(B/d) − 0.43(L/100),<br />

oder einer gleichwertigen Bestimmung<br />

des Koeffizienten C.<br />

keine Angaben<br />

Abschätzung der Rolleigenperiode duch<br />

Beobachtung der Rollbewegung in<br />

glatter See.<br />

Die Höhe der signifikanten Wellen soll<br />

abgeschätzt werden.<br />

Tabelle 4: Gegenüberstellung der zu ermittelnden Daten <strong>und</strong> deren Bestimmung zur Anwendung<br />

der Richtlinien.<br />

Dabei fällt auf, dass die Bestimmung durchweg mit einfachen Bordmitteln, wie z.B. der Stoppuhr,<br />

oder Formeln durchzuführen ist. Dieses bringt den theoretischen Vorteil, die Richtlinien auf<br />

16


jedem Schiff anwenden zu können. Dieses ist jedoch in der Praxis nicht immer möglich. So ist<br />

z.B. eine Bestimmung der Wellenperiode oder der Wellenhöhe in der Nacht sehr schwer bis garnicht<br />

durchführbar, da man die Wellen nicht sehen <strong>und</strong> beobachten kann. Auch leidet darunter<br />

die Genauigkeit einiger zu ermittelnder Werte, wie z.B. die der signifikanten Wellenhöhe. Ferner<br />

ist auffällig, dass die 1228 zum Teil keine Angaben über die Ermittlung der Werte macht, wie<br />

bei der Schiffsgeschwindigkeit <strong>und</strong> dem Begegnungswinkel. Des Weiteren ist die 1228 teilweise<br />

sehr allgemein <strong>und</strong> ohne konkrete Empfehlung für die Ermittlung der Werte, wie anhand der in<br />

der Formulierung „Abschätzung“ bzw. „abschätzen“ zu sehen ist.<br />

3.4. Vorgehensweise bei der Anwendung der Richtlinien<br />

Bei der Anwendung der Richtlinie 707 ist der in der Abbildung 8 gezeigte Ablauf vorgesehen.<br />

Dabei werden die einzelnen Kriterien K1 bis K3 nacheinander durchlaufen <strong>und</strong> es wird geprüft,<br />

ob sich das Schiff in einer Gefahrenzone befindet oder nicht. In dem Falle, dass sich das Schiff<br />

in einer Gefahrenzone befindet, sind die entsprechenden Maßnahmen zu treffen, um den gefährlichen<br />

Bereich zu verlassen. Danach wird mit den nun neuen Bedingungen zum nächsten<br />

Kriterium gegangen. Befindet sich das Schiff hingegen nicht in einer Gefahrenzone, so wird<br />

direkt zum nächsten Kriterium übergegangen. Dieses Vorgehen wird bis zum letzten Kriterium<br />

K3 beibehalten. In der 707 wird ausdrücklich darauf hingewiesen (in der 1228 nicht mehr), dass<br />

darauf geachtet werden soll, dass bei einer erforderlichen Geschwindigkeitsreduktion, egal bei<br />

welchem der drei Kriterien, die Minimalgeschwindigkeit, die für ein sichere Kursstabilität des<br />

Schiffes bei Wind <strong>und</strong> Wellen notwendig ist, nicht zu unterschreiten ist.<br />

Die 1228 gibt dahingegen kein Ablaufschema bzw. eine Reihenfolge vor, wie die einzelnen Kriterien<br />

angewendet werden sollen. Der Gr<strong>und</strong> dafür ist wahrscheinlich die Tatsache, dass die 1228<br />

sich nicht mehr ausschließlich auf Gefahren in achterlichem oder schrägachterlichem Seegang<br />

bezieht, auf die die Kriterien K1 <strong>und</strong> K2 abzielen, sondern allgemein auf Gefahren für Schiffe,<br />

die im schweren Wetter operieren. Damit wird das Kriterium K3 für alle Begegnungswinkel des<br />

Schiffes mit den Wellen gültig <strong>und</strong> passt somit nicht mehr in das Ablaufschema der 707, da<br />

das Kriterium gr<strong>und</strong>sätzlich immer überprüft werden muss. Beschränkt man die Sichtweise auf<br />

achterliche <strong>und</strong> schrägachterliche See, so könnte man die vorgesehenen Abfolge der 707 auch<br />

bei der 1228 anwenden.<br />

17


Abbildung 8: Schematische Darstellung der Ablauffolge bei der Anwendung der Richtlinien<br />

MSC/Circ. 707, aus [6].<br />

18


3.5. Weitere IMO Dokumente zur MSC/Circ. 707<br />

In der Zeit zwischen der Veröffentlichung der MSC/Circ. 707 <strong>und</strong> der Ersetzung dieser durch<br />

die MSC.1/Circ. 1228, sind <strong>von</strong> der IMO zwei weitere Dokumente, die Bezug auf die 707<br />

nehmen, herausgegeben worden. Dabei handelt es sich zum einem um die SLF 44/INF.3 [7]<br />

<strong>und</strong> zum anderen um die SLF 48/4/8 [17]. Beide Dokumente sind <strong>von</strong> Deutschland eingereicht<br />

worden <strong>und</strong> werden in den folgenden beiden Abschnitten kurz vorgestellt. Der Gr<strong>und</strong> dafür<br />

ist, dass diese Dokumente verdeutlichen, welche neuen Erkenntnisse es bei der Anwendung der<br />

707 <strong>und</strong> bezüglich des Verstehens der unterschiedlichen Phänomene im schweren Wetter in der<br />

Zwischenzeit gegeben hat. Ferner wird erkennbar, wie die 1228 hätte aussehen können.<br />

3.5.1. SLF 44/INF.3<br />

Die SLF 44/INF.3, veröffentlicht am 13. Juni 2001, enthält Ergänzungen <strong>und</strong> Verbesserungen<br />

zur Richtlinie 707. Dabei geht es vor allem um den Einfluss der Hebelarmkurve eines Schiffes auf<br />

dessen Rolleigenfrequenz, die je nach dem Charakter der Hebelarmkurve bei großen Rollwinkeln<br />

deutlich <strong>von</strong> der bei kleinen abweichen kann (vgl. Kapitel 4), <strong>und</strong> um eine genauere Darstellung<br />

der verschiedenen Rollresonanzerscheinungen in vorlicher, seitlicher <strong>und</strong> achterlicher See, da<br />

diese in der 707 nur sehr knapp beschrieben werden.<br />

Ferner wird in dem IMO Schreiben darauf hin gewiesen, dass sich Sturm- <strong>und</strong> Schwellwellen in<br />

ihrer Charakteristik bei gleicher Periode unterscheiden. Es gilt folgender simpler Zusammenhang<br />

für die Wellenlänge λ bzw. die Wellengeschwindigkeit c bezüglich der Wellenperiode T :<br />

λ = q · T 2 [m] (2)<br />

c = q · T [m/s] (3)<br />

Dabei hat der Parameter q den Wert 1,3 für Sturmwellen <strong>und</strong> 1,56 für Schwellwellen. Diese<br />

Werte sind Ergebnis empirischer Beobachtung bzw. der linearen Wellentheorie.<br />

Als letztes wird in der SLF 44/INF.3 eine Darstellungsweise vorgestellt, die das Erkennen erleichtern<br />

soll, ob ein Schiff sich in der Nähe einer 1:1 oder 2:1 Resonanz befindet oder nicht, bzw.<br />

der prinzipiellen Darstellung des Kriteriums K3 den anderen beiden Kriterien der Richtlinie 707<br />

gleichkommt. Dazu werden in einem Polardiagramm, welches die Schiffsgeschwindigkeit über<br />

den Begegnungswinkeln darstellt, Resonanzlinien für eine bestimmte Rollperiode <strong>und</strong> verschiedene<br />

Wellenperioden eingetragen. Die Lage dieser Linien wird mittels der Geschwindigkeitskomponente<br />

des Schiffes in die Wellenlaufrichtung V r bestimmt, die sich aus den nachstehenden<br />

Formeln ergibt:<br />

V r =<br />

( ( )) q · T<br />

2<br />

q · T −<br />

/0.514 für 1:1 Resonanz [kn] (4)<br />

T R<br />

19


( ( ))<br />

2 · q · T<br />

2<br />

V r = q · T −<br />

/0.514 für 2:1 Resonanz [kn] (5)<br />

T R<br />

Negative Werte für V r kennzeichnen dabei eine Geschwindigkeit gegen die Wellenlaufrichtung<br />

<strong>und</strong> positive Werte eine Geschwindigkeit mit der Wellenlaufrichtung. Ein Beispiel für ein solches<br />

Diagramm ist in Abbildung 9 zu sehen, in dem durchgezogene Linien die 1:1 Resonanz<br />

<strong>und</strong> gestrichelte Linien die 2:1 Resonanz repräsentieren. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass<br />

für eine aussagekräftige Bestimmung der Resonanzlinien vor allem eine richtige Ermittlung der<br />

Rolleigenperiode T R <strong>von</strong> besonderer Wichtigkeit ist. Dieses ist jedoch nicht trivial, da die Rolleigenperiode<br />

eines Schiffes <strong>von</strong> verschiedenen Faktoren abhängt, wie z.B. <strong>von</strong> den vorhandenen<br />

Seegangsbedingungen (siehe Abschnitt 4).<br />

Abbildung 9: Beispiel für ein Polardiagramm mit Resonanzlinien (durchgezogene Linien 1:1 Resonanz,<br />

gestrichelte Linien 2:1 Resonanz) für eine Rollperiode <strong>von</strong> 15 Sek<strong>und</strong>en,<br />

aus [7].<br />

Ein Vergleich der SLF 44/INF.3 mit der MSC.1/Circ. 1228 zeigt jedoch, dass keine der Amerkungen<br />

bzw. Verbesserungen den Weg in die Richtlinie 1228 gef<strong>und</strong>en hat.<br />

3.5.2. SLF 48/4/8<br />

Die SLF 48/4/8 enthält einen Entwurf bzw. Vorschlag für eine überarbeitete Version der<br />

MSC/Circ.707 <strong>und</strong> wurde am 10. Juni 2005 publiziert. Der wesentliche Unterschied des neuen<br />

Entwurfs, im Vergleich zur Richtlinie 707, besteht in der genaueren <strong>und</strong> ausführlicheren Behand-<br />

20


lung der unterschiedlichen Phänomene, die beim Operieren eines Schiffes in schwerem Wetter<br />

bzw. schwerer See, zur Gefahr werden können, <strong>und</strong> deren Ursachen. Dabei kommt es wieder,<br />

wie auch schon in den Ergänzungen durch die SLF 44/INF.3, vor allem auf den Einfluss der<br />

Hebelarmkurve auf die Rolleigenfrequenz <strong>und</strong> auf die verschiedenen Rollresonanzerscheinungen<br />

in vorlicher, seitlicher <strong>und</strong> achterlicher See an. Für nähere Details zu diesen Themen sei an dieser<br />

Stelle auf das Dokument selbst oder auf die Abschnitte 4 <strong>und</strong> 2.1 dieser Arbeit verwiesen.<br />

Die Kriterien zur Vermeidung gefährlicher Situationen haben sich dahingehend nicht geändert<br />

<strong>und</strong> wurden eins zu eins <strong>von</strong> der 707 für den Entwurf übernommen. Die in der SLF 44/INF.3<br />

vorgestellte Darstellungsweise für das Kriterium K3 hat keinen Weg in den Vorschlag gef<strong>und</strong>en.<br />

Vergleicht man abschließend den in der SLF 48/4/8 vorgeschlagenen Entwurf mit der später<br />

veröffentlichten MSC.1/Circ. 1228, so ist festzustellen, dass diese eine stark gekürzte <strong>und</strong> allgemein<br />

gehaltene Version des Entwurfs ist, in die nur einige der relevanten Passagen übernommen<br />

wurden. Somit wird nur ein Teil des aktuellen Wissensstands weitergegeben bzw. vermittelt.<br />

Aus meiner Sicht ist damit ein Schritt in die falsche Richtung gemacht worden, denn erst<br />

derjenige, der das Verhalten eines Schiffes im Seegang <strong>und</strong> die verschiedenen Phänomene, die<br />

zu gefährlichen Situationen führen können, genauestens kennt <strong>und</strong> einzuschätzen weiß, kann<br />

das Schiff sicher in schwerer See führen. Dieses ist ja das eigentliche Ziel der Richtlinie 1228.<br />

21


4. Bestimmungsmöglichkeiten der Rolleigenperiode <strong>von</strong><br />

<strong>Schiffen</strong><br />

Die Rolleigeneigenperiode eines Schiffes ist die Zeit, die ein Schiff, das vorher gekrängt wurde,<br />

ohne äußeren Krafteinfluss braucht, um eine vollständige Rollbewegung durchzuführen. Die<br />

Rollzeit ist dabei <strong>von</strong> den folgenden Faktoren abhängig:<br />

• der Stabilität des Schiffes,<br />

• dem Massenträgheitsmoment um die Rollachse,<br />

• dem Rollwinkel.<br />

Die Stabilität des Schiffes im Allgemeinen beeinflusst die Rollzeit in dem Maße, dass mit größer<br />

werdender Stabilität, d.h. großem Aufrichtvermögen des Schiffes, die Rollzeit abnimmt.<br />

Wird die Stabilität hingegen geringer, nimmt die Rollzeit zu. Ein Beispiel für den Einfluss des<br />

Rollwinkels auf die Rollzeit ist sehr gut in der Abbildung 10 zu erkennen. Im dargestellten Fall einer<br />

abklingenden Rollschwingung ist zu sehen, dass bei gleichbleibender Schwerpunktslage <strong>und</strong><br />

Massentägheit des Schiffes die Rollzeit bei großen Rollwinkeln (3 Perioden in 50s entspricht<br />

T R ≈ 16, 7s) größer ist als bei kleinen Rollwinkeln (4 Perioden in 50s entspricht T R ≈ 12, 5s).<br />

Dieses liegt an der Charakteristik der Hebelarmkurve eines Schiffes im Vergleich zu seiner Anfangsstabilität.<br />

Man kann folgende drei Fälle unterscheiden: Verläuft die Hebelarmkurve bei<br />

großen Krängungswinkeln unterhalb ihrer Tangente im Nullpunkt, wie in Abbildung 11, so ist<br />

die Rollzeit bei großen Winkeln aufgr<strong>und</strong> des nicht mehr so stark ansteigenden Aufrichtvermögens<br />

bzw. Hebelarms größer als bei kleinen Winkeln. Folgt die Hebelarmkurve dahingegen<br />

ihrer Tangente im Nullpunkt auch bis hin zu großen Krängungswinkeln (vgl. Abbildung 12), so<br />

bleibt die Rollperiode für alle Rollwinkeln bis dahin fast konstant. Im dritten Fall, welcher in<br />

Abbildung 13 zu sehen ist, verläuft die Hebelarmkurve bei großen Krängungswinkeln oberhalb<br />

ihrer Tangente im Nullpunkt. Damit ist die Rollzeit bei großen Rollwinkeln wegen des stärker<br />

anwachsenden Aufrichtvermögens als bei kleinen Krängungswinkeln geringer als bei kleinen<br />

Rollwinkeln.<br />

Abbildung 10: Beispiel für eine abklingende Rollschwingung mit großem Startrollwinkel, aus [8].<br />

22


Abbildung 11: Verlauf der Glattwasserhebelarmkurve weit unter der Tangente im Nullpunkt, aus<br />

[9].<br />

Abbildung 12: Verlauf der Glattwasserhebelarmkurve bis zu großen Winkeln nahezu wie ihre<br />

Tangente im Nullpunkt, aus [9].<br />

Abbildung 13: Verlauf der Glattwasserhebelarmkurve weit über der Tangente im Nullpunkt, aus<br />

[9].<br />

23


4.1. Für kleine Rollwinkel<br />

Die Rolleigenperiode eines Schiffes im glatten Wasser lässt sich für kleine Rollwinkel (bis etwa<br />

5°-10°) auf verschiedene Wege bestimmen. Ein Weg ist die Durchführung eines typischen<br />

Rollschwingungsversuches. Dabei wird das Schiff zu einer Seite gekrängt <strong>und</strong> losgelassen. Es<br />

schwingt dann um die Gleichgewichtsschwimmlage mit seiner Rolleigenperiode, welche dabei gemessen<br />

werden kann. Ein zweiter Weg zur Bestimmung der Rolleigenperiode ist die Idealisierung<br />

des Schiffes als ein Schwingungssystem mit einem Freiheitsgrad. Bei diesem kann die Eigenfrequenz<br />

anhand des charakteristischen Rückstellmomentes <strong>und</strong> des Massenträgheitsmomentes<br />

ermittelt werden. Dieses führt dann für die Rollperiode eines Schiffes auf folgende wohlbekannte<br />

Formel nach Weiss:<br />

T R =<br />

√<br />

√ 2 · π · i<br />

I xx<br />

[s], i =<br />

g · GM △<br />

≈ 0.4B (6)<br />

Dabei ist der GM-Wert die charakteristische Rückstellgröße <strong>und</strong> i der Trägheitsradius, welcher<br />

sich aus dem Massenträgheitsmoment I xx <strong>und</strong> dem dazugehörigen Deplacement des Schiffes<br />

ergibt. Für die meisten Schiffe kann der Rollträgheitsradius (inklusive der hydrodynamischen<br />

Massen) ungefähr durch die 0,4-fache Schiffsbreite abgeschätzt werden. Bei <strong>Schiffen</strong> mit einer<br />

großen Menge an Decksladung oder einem hohen Aufbau, kann der Wert bis auf 0,45B ansteigen.<br />

Die Formel ist dann für größere Rollwinkel gültig, wenn die Glattwasserhebelarmkurve der<br />

Tangente im Nullpunkt, also dem Anfangs GM-Wert, folgt (vgl. Abbildung 12).<br />

4.2. Für große Rollwinkel<br />

Die Eigenrollperiode für große Rollwinkel lässt sich auch wieder auf verschiede Weisen ermitteln.<br />

Theoretisch wäre es möglich, einen Rollschwingungsversuch dafür zu nutzen. Allerdings<br />

ist dieses aus praktischen Gründen bei einem realen Schiff nicht durchführbar, da die aufzubringenen<br />

Kräfte dafür zu groß wären. Auch ist eine Simulation im Zeitbereich eines solchen<br />

Versuches denkbar. Des Weiteren gibt es die Möglichkeit die Rollperiode durch Formeln, die<br />

den charakteristischen Verlauf der Hebelarmkurve berücksichtigen, zu berechnen. Solche sind<br />

z.B. in [9] aufgeführt <strong>und</strong> sehen für 30° bzw. 40° wie folgt aus:<br />

T 30° = C φ · B<br />

9, 4<br />

T 40° = C φ · B<br />

9, 4<br />

( 2, 2<br />

√ + 2, √ 5 + √ 4 + 1, 5 )<br />

√ w x y z<br />

( 2, 2<br />

√ + √ 2 + √ 4 + √ 4 + 1 )<br />

√ v w x y z<br />

[s] (7)<br />

[s] (8)<br />

Darin ist C φ der Rollzeitbeiwert <strong>und</strong> v, w, x, y <strong>und</strong> z Variablen, die sich aus Glattwasserhebelarmwerten<br />

bei verschiedenen Neigungswinkeln zusammensetzen. Für nähere Einzelheiten dazu,<br />

sei auf die Quelle [9] verwiesen. Zudem sei an dieser Stelle erwähnt, dass es völlig unklar ist,<br />

wie genau diese Formeln sind, da keiner bisher diese auf ihre Richtigkeit überprüft hat.<br />

Ferner ist bei der Anwendung der oben genannten Formeln zu berücksichtigen, dass diese auf<br />

24


der Glattwasserhebelarmkurve beruhen <strong>und</strong> daher bei <strong>Schiffen</strong> im Seegang nur für die beiden<br />

nachstehenden Situationen gelten:<br />

• bei nahezu quer einkommender See, weil dabei für alle praktischen Überlegungen genau<br />

genug die Glattwasserhebelarmkurve gilt.<br />

• beim Fahren in <strong>von</strong> vorn einkommender See, wenn die mittlere Hebelarkurve aus der<br />

Wellenberg- <strong>und</strong> Wellentalsituation in etwa der Glattwasserhebelarmkurve entspricht. Die<br />

Schwankungen der Stabilität sind dann begrenzt <strong>und</strong> die durchschnittlich wirksame Stabilität<br />

bleibt dabei in der Nähe der Glattwasserstabilität.<br />

Dieses gilt auch für eine weitere Möglichkeit, bei der die Rollperiode bei großen Rollwinkeln<br />

näherungsweise mit Hilfe eines sogenannten effektiven GM-Wertes ermittelt wird. Der Ansatz<br />

dabei ist, dass die Fläche unter der Hebelarmkurve ein Maß für die während einer Rollbewegung<br />

gespeicherte Energie ist. Über das Prinzip der Flächengleichheit bis zu einem bestimmten<br />

Krängungswinkel, wie z.B. bis 40°, wird, wie in der Abbildung 14 zu sehen, ein mittlerer bzw.<br />

effektiver GM eff -Wert ermittelt. Mit diesem lässt sich die Rollperiode dann mit der Formel<br />

nach Weiss (Formel 6) berechnen.<br />

Abbildung 14: Schematische Darstellung der Ermittlung <strong>von</strong> GM eff , es gilt dabei A 1 = A 2 .<br />

4.3. Im Seegang (vereinfachte Methode)<br />

Die Ermittlung der Rolleigenperiode eines Schiffes, welches in einem unregelmäßigen Seegang<br />

fährt, ist schwer bis gar nicht möglich. Dieses liegt an der Tatsache, dass im Seegang nicht<br />

nur die oben beschriebenen Effekte bezüglich der Charakteristik der Hebelarmkurve auf die<br />

Rollperiode wirken, sondern sich auch zusätzlich die Hebelarmkurve <strong>und</strong> ihre Charakteristik<br />

periodisch ändern (vgl. Abbildung 15). Dieses hat zur Folge, dass sich die Rolleigenperiode<br />

des Schiffes, je nach Seegangszustand <strong>und</strong> den damit einhergehenden Hebelarmschwankungen,<br />

ändert. Ferner kommt es bei allgemein geringer Stabilität eines Schiffes zur Anpassung der<br />

Rolleigenperiode an die Begegnungsperiode. Der Gr<strong>und</strong> dafür ist, dass in diesem Fall, wegen<br />

25


der geringen Stabilität in der Wellenbergsituation, die Rollbewegung, besser gesagt der Beginn<br />

des Aufrichtens, allein durch die Wellentalsituation bzw. deren Beginn bestimmt wird. Und diese<br />

tritt mit der Begegnungsperiode auf.<br />

Trotz des sehr komplexen Vorgangs sei an dieser Stelle eine vereinfachte Methode aus [8] vorgestellt,<br />

um näherungsweise die Rolleigenperiode eines Schiffes im Seegang zu bestimmen. Weil<br />

das Rollverhalten im Wesentlichen durch die Hebelarmkurven in den beiden Extremsituation<br />

Wellenberg <strong>und</strong> Wellental eines Schiffes bestimmt wird, werden diese für eine dem Seegang entsprechende<br />

Referenzwelle berechnet. Anschließend wird aus den beiden Hebelarmkurven, durch<br />

einfache arithmetische Mittelung der Aufrichthebelarme, eine mittlere, im Seegang wirkende,<br />

Hebelarmkurve bestimmt (siehe Abbildung 15). Für diese wird dann, nach dem in der Abbildung<br />

14 dargestellten Verfahren der Flächengleichheit, ein effektiver GM eff -Wert bestimmt<br />

<strong>und</strong> mit der Formel nach Weiss (Formel 6) die Rollperiode berechnet. Wie in [8] gezeigt wird,<br />

führt diese Methode zu besseren Ergebnissen als allein durch die einfache Approximation mit<br />

der Anfangsstabilität.<br />

Abbildung 15: Beispiel für die Ermittlung einer mittleren, im Seegang wirkenden,<br />

Hebelarmkurve.<br />

26


5. Seegangssimulationen mit E4-ROLLS<br />

Um die Wirksamkeit der beiden Richtlinien 707 <strong>und</strong> 1228 festzustellen bzw. zu beurteilen, also<br />

um herauszufinden, ob durch die Anwendung dieser, reale Seeunfälle hätten vermieden werden<br />

können, sind Bewegungssimulationen für verschiedene Seegangs- <strong>und</strong> Fahrsituationen durchgeführt<br />

worden. Das Ergebnis der Simulationen, welche mit dem Seegangscode E4-ROLLS durchgeführt<br />

wurde, ist ein Polardiagramm. In den Polardiagrammen ist die signifikante Wellenhöhe,<br />

bei der ein vorher festgelegtes Kriterium erreicht wird, mittels einer Farbskala über verschiedene<br />

Begegnungswinkel <strong>und</strong> Schiffsgeschwindigkeiten aufgetragen. In den folgenden beiden Abschnitten<br />

wird die Darstellung des Seegangs sowie der theoretische Ansatz der Seegangssimulation<br />

kurz vorgestellt.<br />

5.1. Darstellung <strong>von</strong> natürlichem Seegang<br />

Der natürliche Seegang, kurzkämmig <strong>und</strong> unregelmäßig, ist ein stochastischer Vorgang, der abhängig<br />

<strong>von</strong> vielen verschiedenen Faktoren ist, wie z.B. Windwirklänge (Fetch), Wassertiefe etc..<br />

Nach der linearen Wellentheorie, näher beschrieben in [10], kann dieser durch Überlagerung vieler<br />

Einzelwellen dargestellt werden. Dabei werden die Einzelwellen als sinusförmig angenommen<br />

<strong>und</strong> durch die Wellenhöhe, die Wellenperiode <strong>und</strong> einer zufälligen Phasenverschiebung zueinander<br />

für den unregelmäßigen Charakter gekennzeichnet. In der Realität trifft die Annahme <strong>von</strong><br />

sinusförmigen Wellen nicht zu. Dieses gilt besonders für kurze <strong>und</strong> hohe Wellen, bei denen die<br />

Wellentäler länger <strong>und</strong> flacher, die Wellenberge hingegen kürzer <strong>und</strong> steiler sind als bei einer<br />

reinen Sinuswelle. Unter der hier gegebenen Prämisse relativ langer Wellen, kann dieser Unterschied<br />

jedoch vernachlässigt werden. Auch können brechende Wellen mit diesem Verfahren<br />

nicht dargestellt werden.<br />

Um keinen lang-, sondern einen kurzkämmigen Seegang zu generieren, der einen natürlichen<br />

Seegang am besten wiedergibt (vgl. Abbildung 16), weisen die Einzelwellen zusätzlich zu der<br />

Wellenhöhe, der Periode sowie der Phasenverschiebung eine Streuung in der Laufrichtung auf.<br />

In der Natur tritt ein langkämmiger Seegang, welcher durch die Dominanz einer einzigen Laufrichtung<br />

geprägt ist, als reine Dünung auf. Kurzkämmiger Seegang gibt dahingegen die meist<br />

vorherrschende Windsee bzw. deren Überlagerung mit der Dünung wieder. Die Darstellung eines<br />

natürlichen Seegangs ist wichtig für die Simulation, da es sonst, wie in Abbildung 17 zu<br />

erkennen, zu deutlich anderen Ergebnissen kommt. Der Gr<strong>und</strong> dafür ist, dass durch die unterschiedlichen<br />

Laufrichtungen der Wellen Störmomente in das Schiff eingebracht werden, die<br />

das Rollen einleiten, welches dann erst für andere Effekte wie z.B. die auftretenden Hebelarmschwankungen<br />

anfällig wird. Dieses gilt besonders für kleine Begegnungswinkel um µ = 0°<br />

herum.<br />

27


Abbildung 16: Langkämmiger (links) <strong>und</strong> kurzkämmiger Seegang (rechts), aus [10].<br />

Abbildung 17: Beispiel für Polardiagramme mit langkämmigen (links) <strong>und</strong> kurzkämmigen Seegang<br />

(rechts) für das Erreichen eines Rollwinkels <strong>von</strong> 50°, aus [11].<br />

Die unterschiedlichen Seegänge werden in der Regel durch ihr Energiespektrum beschrieben,<br />

welches die Anteile einzelner Wellen an der Gesamtenergie des Seegangs in normierter Form über<br />

der Wellenfrequenz darstellen. Dabei weist ein Spektrum eines relativ regelmäßigen Seegangs,<br />

wie z.B. einer Dünung, bei der Wellenfrequenz einen einzelnen, schmalen Peak auf, die diesen<br />

prägt. Dahingegen besitzt ein Spektrum eines unregelmäßigen <strong>und</strong> kurzkämmigen Seegangs ein<br />

wesentlich breiteres <strong>und</strong> flacheres Maximum. Informationen über die Verteilung der einzelnen<br />

Wellenlaufrichtungen sind in einem Spektrum nicht mehr enthalten. Um aus einem Spektrum<br />

einen Seegang beschreiben zu können, sind zusätzliche Kenngrößen neben dem qualitativen<br />

Verlauf des Spektrums nötig. Mit diesen wird eine den Seegang prägende Welle beschrieben.<br />

Normalerweise werden dafür die signifikante Wellenhöhe, welche das Mittel der 1 3<br />

größten Wellen<br />

ist, <strong>und</strong> die signifikante Wellenperiode angegeben. Die signifikante Wellenperiode befindet sich<br />

im Flächenschwerpunkt des Spektrums.<br />

In der Simulation wird für die Beschreibung des Seegang ein JONSWAP-Spektrum (siehe Abbildung<br />

18) benutzt, welches auf Langzeitmessungen in der Nordsee basiert. Um daraus einen<br />

künstlichen Seegang zu generieren, müssen zu dem Spektrum die Parameter Wellenhöhe, Wel-<br />

28


lenlänge, <strong>und</strong> die Wellenlaufrichtung bekannt sein. Ferner muss das Spektrum durch eine Anzahl<br />

diskreter Komponenten angenähert werden. Dazu können Streifen mit konstantem Frequenzabstand<br />

oder mit gleichem Energieinhalt verwendet werden. Letzteres ist zu bevorzugen, weil die<br />

hohen <strong>und</strong> niedrigen Frequenzen andernfalls überbewertet werden. Die Qualität des künstlichen<br />

Seegangs ist umso besser, je mehr verschiedene Wellenkomponenten verwendet werden. Für<br />

das JONSWAP-Spektrum sind explizite Formeln <strong>und</strong> Randbedingungen erarbeitet worden, mit<br />

denen die jeweilige Verteilung der Wellen als Funktion errechnet werden kann.<br />

Abbildung 18: JONSWAP-Spektrum mit diskreten Stützstellen mit gleichem Energieinhalt, aus<br />

[5].<br />

5.2. Theoretischer Ansatz der Simulation<br />

Der der Seegangsmethode zugr<strong>und</strong>e liegende Seegangscode ROLLS wurde am ehemaligen <strong>Institut</strong><br />

für Schiffbau der Universität Hamburg im Rahmen der Untersuchung des Kenterunfalls der<br />

E.L.M.A. TRES 1982 <strong>von</strong> Söding <strong>und</strong> später <strong>von</strong> Kröger (1987) <strong>und</strong> Petey (1988) entwickelt.<br />

Mit der Zeit ist die Methode im Zuge der vom BMBF geförderten Verb<strong>und</strong>vorhaben ROLLS,<br />

SinSee <strong>und</strong> LaSSe durch das Konsortium FSG <strong>und</strong> TUHH konsequent zu der in der jetzigen<br />

Form vorliegenden Methode E4-ROLLS weiterentwickelt <strong>und</strong> durch umfangreiche Modellversuche<br />

in der HSVA validiert worden. Diese Version ist vollständig in das Schiffsentwurfsystem E4<br />

implementiert, welche für die vorliegende Arbeit benutzt wurde.<br />

Der Seegangscode ROLLS wurde speziell für die Berechnung großer Rollwinkel in vorlichem <strong>und</strong><br />

achterlichem Seegang entwickelt. Dort kommt es vor allem auf das Erfassen der Nichtlinearitäten<br />

der Rollbewegung an, welche zum einen aus der Hebelarmkurve des Schiffes selbst <strong>und</strong> zum<br />

anderen aus der Schwankung der Hebelarmkurve im Seegang stammt. Daher werden bei dem<br />

Programm die Schiffsbewegungen in allen sechs Freiheitsgeraden beschrieben, wobei nur die<br />

Rollbewegung <strong>und</strong> die Längsbewegung als nichtlinear behandelt <strong>und</strong> im Zeitbereich ausgewertet<br />

werden. Die Rollbewegung wird dabei anhand folgender Formel berechnet:<br />

29


¨ϕ =<br />

∑ M − Md − m · (g − ¨ζ)<br />

[( ( ) ]<br />

· h s − Θ xz · ¨ϑ + ϑ ˙ϕ 2)<br />

· sin ϕ − ¨ψ + ψ ˙ϕ<br />

2<br />

· cos ϕ<br />

Θ xx − Θ xz · (ψ · sin ϕ + ϑ · cos ϕ)<br />

(9)<br />

mit<br />

∑ M<br />

M d<br />

Summe der erregende Momente, wie z.B. aus Wind, Wellen <strong>und</strong> etc.<br />

nichtlineares Dämpfungsmoment<br />

ϕ, ϑ, ψ, ¨ϕ, ¨ϑ, ¨ψ Roll-, Stampf- <strong>und</strong> Gierwinkel sowie deren Beschleunigungen<br />

¨ζ<br />

Tauchbeschleunigung<br />

m<br />

h s<br />

Θ xx , Θ xz<br />

Schiffsmasse<br />

Aufrichthebelarm<br />

Massenträgheitsmomente<br />

Die anderen vier Freiheitsgerade, sprich Stampfen, Tauchen, Gier- <strong>und</strong> Querbewegung, werden<br />

durch lineare Übertragungsfunktionen (engl. response amplitude operator, RAO) ermittelt. Die<br />

Kopplung mit den nichtlinearen Bewegungen wird dabei berücksichtigt (siehe Formel 9). Die<br />

RAOs werden mit Hilfe einer Streifenmethode berechnet, welche die hydrodynamischen Massen<br />

mittels Rankine-Quellen nach Yeung berechnet. Dieses bringt gegenüber der alten Methode,<br />

die mit Lewis-Spanten arbeitete, den Vorteil, dass die Schiffsform dadurch insgesamt besser<br />

berücksichtig wird. Dieses trifft besonders auf Schiffe mit großem Breiten-Tiefgangsverhältnis<br />

zu, wie sie z.B. für RoRo-Schiffe <strong>und</strong> Fähren üblich sind.<br />

Die Aufrichthebelarme des Schiffes werden vor der eigentlichen Simulation für verschiedene<br />

Tiefgänge, Trimmwinkel <strong>und</strong> bestimmte Wellensituationen berechnet. In der Simulation wird<br />

dann, nach dem bewährtem Konzept der äquivalenten Welle nach Grim, die exakte Wellenkontur<br />

entlang des Schiffes durch eine äquivalente Welle ersetzt (vgl. Abbildung 19), so dass<br />

die Hebelarme mit hinreichender Genauigkeit der exakten Lösung entsprechen. Dieses hat den<br />

Vorteil, dass die Methode dadurch sehr schnell wird, da während der Simulation die Aufrichthebelarme<br />

nicht über die Druckverteilung auf die Schiffsaußenhaut für die vielen verschiedenen<br />

Wellenkomponenten bestimmt werden müssen, sondern direkt auf vorhandene Werte zurückgegriffen<br />

bzw. zwischen diesen Interpoliert werden kann. Dadurch wird es erst möglich, eine<br />

Vielzahl <strong>von</strong> Situationen in kurzer Zeit zu berechnen.<br />

30


Abbildung 19: Prinzip der aquivalenten Welle nach Grim, aus [5].<br />

Allerdings kann ROLLS das Querschlagen eines Schiffes nicht beschreiben, da die Quer- <strong>und</strong><br />

Gierbewegung des Schiffes nur linear erfasst werden. Aus dem gleichen Gr<strong>und</strong> werden auch die<br />

Rollbewegungen durch ROLLS bei einem nahezu quer zur See mit geringer Geschwindigkeit<br />

fahrendem Schiff überschätzt, weil die durch den Seegang in das Schiff eingebrachte Energie<br />

nicht ausreichend in eine Driftbewegung umgesetzt wird, sondern in die Rollbewegung. Diese<br />

Tatsachen sind für die Untersuchung dieser Arbeit nicht <strong>von</strong> großer Relevanz, da es hier ausschließlich<br />

auf Begegnungswinkel bis µ = 45° ankommt <strong>und</strong> das Querschlagen eines Schiffes<br />

eine untergeordnete Rolle spielt.<br />

Weitere Details zu der Methode E4-ROLLS sind in [18] <strong>und</strong> [5] zu finden.<br />

31


6. Untersuchung <strong>und</strong> Auswertung<br />

6.1. Untersuchte Schiffe<br />

Insgesamt werden 12 Schiffe untersucht. Unter diesen befinden sich acht reale Kenterunfälle<br />

<strong>und</strong> zwei Modellversuche, bei denen das Kenterverhalten untersucht worden ist. Bei den letzten<br />

beiden hier untersuchten <strong>Schiffen</strong> sind während einer Reise Container in schwerem Wetter über<br />

Bord gegangen. Alle Unfälle fanden in achterlicher <strong>und</strong> schrägachterlicher See statt. Nähere<br />

Details zu den Unfallumständen <strong>und</strong> Ursachen der Schiffe sind in [11], [19] <strong>und</strong> [20] aufgeführt.<br />

Die Tabelle 5 gibt die wesentlichen Schiffsdaten, die Fahrzustände <strong>und</strong> die Umweltbedingungen<br />

zum Unfallzeitpunkt wieder. In Tabelle 6 sind die Stabilitätswerte für die Unfallsituation,<br />

einen sicheren Ladefall <strong>und</strong> die untersuchten Wellenlängen aufgeführt, dabei sind diejenigen<br />

Wellenlängen hervorgehoben, die der Unfallsituation entsprechen.<br />

Nr. Name Unfalljahr Lpp [m] B [m] v s [kn] µ [°] T W [s] H 1 [m]<br />

3<br />

1 Fidamus 1950 55,90 8,20 9,5 22,5 5,0 2,0<br />

2 Lohengrin 1963 59,65 9,60 10,0 15,0 6,0 2,0<br />

3 Irene Oldendorf 1951 81,60 13,20 10,0 45,0 7,15 mindestens 5,0<br />

4 Hoheneichen 1959 55,00 9,60 10,5 30,0 5,0 4,0<br />

5 Wilhelm 1973 55,00 9,60 10,0 30,0 6,0 2,5 - 3,0<br />

6 Halstenbek 1996 55,00 9,60 9,0 25 7,0 4,0 - 4,5<br />

7 Finnbirch 2006 137,00 22,70 16,0 - 17,0 15 8,0 - 8,5 5,0 - 6,0<br />

8 Cougar Ace 2006 190,00 32,26 18,6 10 9,1 - 10,8 3,0 - 4,0<br />

9 Flower Class 2005 189,70 26,50 12,0 5 11,47 8,8<br />

(Modellversuch)<br />

10 SINBAD 2005 156,00 28,00 6,5 <strong>und</strong> 16,0 5 10,17 8,4<br />

(Modellversuch)<br />

11 JRS Canis 2007 120,34 20,60 15,5 45 10,0 - 11,0 6 - 8<br />

12 ANL Pacific 2004 244,80 32,24 21,0 10 9,0 - 10,5 6,5 - 7,0<br />

Tabelle 5: Schiffsdaten, Fahrzustände <strong>und</strong> Umweltbedingungen der Schiffe während des Unfalls.<br />

32


Nr. Name GM Unfall [m] GM sicher [m] i [−] λ [m]<br />

1 Fidamus 0,298 0,700 0,38 32, 40, 48<br />

2 Lohengrin 0,130 0,314 0,38 48, 57, 66<br />

3 Irene Oldendorf 0,145 0,387 0,40 69, 80, 92<br />

4 Hoheneichen 0,391 0,946 0,38 32, 40, 48<br />

5 Wilhelm 0,476 0,953 0,38 48, 57, 66<br />

6 Halstenbek 0,720 0,969 0,39 66, 77, 88<br />

7 Finnbirch 1,690 1,900 0,38 88, 113, 141<br />

8 Cougar Ace 0,650 2,090 0,47 113, 141, 172, 206<br />

9 Flower Class 1,040 1,490 0,42 206<br />

(Modellversuch)<br />

10 SINBAD<br />

2,178 3,360 0,42 160<br />

(Modellversuch)<br />

11 JRS Canis 1,410 - 0,39 141, 172, 206<br />

12 ANL Pacific 0,95 - 0,42 141, 172, 206<br />

Tabelle 6: Stabilitätswerte der untersuchten Schiffe <strong>und</strong> untersuchte Wellenlängen<br />

6.2. Vorgehensweise<br />

Alle Unfälle haben sich bei achterlicher bzw. schrägachterlicher See ereignet, so dass sich die<br />

Auswertung ausschließlich auf diesen Bereich konzentriert. Dabei ist als Vorgehensweise die in<br />

3.4 dargestellte Ablauffolge der Richtlinie 707 gewählt worden. Da diese im Hinblick auf die einzelnen<br />

Kriterien eine sinnvolle Reihenfolge darstellt <strong>und</strong> nur achterlicher bzw. schrägachterlicher<br />

Seegang betrachtet wird, findet die Feststellung bzw. die Beurteilung der Wirksamkeit der Richtlinien<br />

1228 auch anhand dieser Ablauffolge statt. Um eine Bewertungsgr<strong>und</strong>lage zu erhalten,<br />

werden für die zu untersuchenden Schiffe Bewegungssimulationen in natürlichem Seegang für<br />

verschiedene Schiffsgeschwindigkeiten <strong>und</strong> Begegnungswinkel <strong>von</strong> µ = 0° bis 90°durchgeführt.<br />

Dieses geschieht für verschiedene Wellenlängen, um zum einen die Unsicherheit bei der Angabe<br />

der Wellenperiode (vor allem bei den älteren Unfällen) zu berücksichtigen bzw. zum anderen<br />

den gegebenfalls angegebenen Wellenperiodenbereich abzudecken.<br />

Ferner ist für die Simulationen als Kriterium, bei dem das Schiff als gekentert bzw. der Unfall als<br />

geschehen gilt, ein Überschreiten eines Rollwinkels <strong>von</strong> ϕ = 50° bzw. des Rollwinkels, bei dem<br />

die Container über Bord gegangen sind, angesetzt worden. Die Ergebnisse dieser Simulationen<br />

werden in einen Poladriagramm dargestellt. Dabei entsprechen die konzentrischen Halbkreise einer<br />

konstanten Geschwindigkeit <strong>und</strong> die orthogonal dazu verlaufenden Achsen einem konstanten<br />

Begegnungswinkel. Die Schnittpunkte dieser Linien stellen die in einer Simulation berechneten<br />

Situationen dar. Die signifikante Wellenhöhe, bei dem das Grenzkriterium erreicht wird, wird<br />

anhand einer Farbskala dargestellt. Bei dieser kennzeichnet die Farbe Pink den dargestellten<br />

Minimalwert <strong>und</strong> die Farbe Blau den Maximalwert.<br />

Die Rolleigenperiode der Schiffe nach den Richtlinien wird über die Formel nach Weiss (Formel<br />

6) <strong>und</strong> dem Anfangs GM-Wert bei Glattwasser bestimmt, da dieses dem empfohlenen Verfahren<br />

der beiden Richtlinien (vgl.3.3) am nächsten kommt. Die Geschwindigkeiten, bei denen die<br />

1:1- <strong>und</strong> 2:1-Resonanz auftreten, werden in den Polardiagrammen nach der Methode, welche<br />

33


in der SLF 44/INF.3 vorgestellt wurde (siehe 3.5.1), kenntlich gemacht. Dabei sind nur die<br />

Geschwindigkeiten für Resonanzfälle eingetragen, die innerhalb des betrachteten Bereichs liegen.<br />

Des Weiteren werden für die Beurteilung der Wirksamkeit der Richtlinien 707 <strong>und</strong> 1228 für<br />

die Fälle, bei denen es zum Kentern kam, ein nach [11] als sicher identifizierter Ladefall mit<br />

größerer Stabilität herangezogen. Für diesen werden ebenfalls für die gleichen Wellenlängen<br />

<strong>und</strong> Fahrzustände Bewegungssimulationen durchgeführt <strong>und</strong> ausgewertet. Die oben genannten<br />

Versagenskriterien bleiben dabei ebenfalls dieselben.<br />

6.3. Auswertung<br />

Im Folgendem werden die Richtlinien für die 12 untersuchten Schiffe im Einzelnen ausgewertet.<br />

Dabei wird das Kriterium K1 nicht für jedes Schiff einzeln aufgeführt, sondern später für alle<br />

zusammengefasst betrachtet, weil bei keinen Schiff das Kriterium für Surfen <strong>und</strong> Querschlagen<br />

eine entscheidende Rolle spielt (siehe 6.4.1) <strong>und</strong> somit keine neuen Bedingungen bezüglich der<br />

Schiffsgeschwindigkeit für die anderen Kriterien gegeben sind.<br />

Ferner wird für die Unfallbedingung geprüft, welche Situation die Richtlinien als sicher empfehlen<br />

würden <strong>und</strong> überprüft, ob diese den Unfall hätte vermeiden können. Die Geschwindigkeit des<br />

Schiffes für die „sichere“ Situation wird dabei so bestimmt, dass diese ca. einen Knoten in<br />

Begegnungswinkelrichtung außerhalb der Gefahrenzone liegt. Liegt dort jedoch eine <strong>von</strong> den<br />

Richtlinien vorhergesagte Resonanz vor, so wird die Geschwindigkeit um einen weiteren Knoten<br />

reduziert. Eine Änderung des Kurses wurde nicht untersucht.<br />

Des Weiteren sind für jedes Schiff neben den Polardiagrammen für die Unfallsituation <strong>und</strong><br />

dem sicheren Ladefall, auch die entsprechenden Hebelarmkurven in einer Referenzwelle, die<br />

dem Seegang zum Unfallzeitpunkt entspricht, dargestellt. Damit wird deutlich, wie sich die<br />

Erhöhung der Stabilität positiv auf die Hebelarmkurven auswirkt.<br />

34


6.3.1. Reale Kenterunfälle<br />

6.3.1.1. FIDAMUS leer<br />

Abbildung 20: Gerneralplan der SS Fidamus, aus [11].<br />

Kriterium K2:<br />

Einzelkriterium erfüllt Gr<strong>und</strong><br />

Wellenlänge nein λ = 48m < 0, 8 · L = 44, 72m<br />

Wellenhöhe nein H = 2m < 0, 04 · L = 2, 24m<br />

Schiff in der Gefahrenzone (707) ja<br />

Schiff in der Gefahrenzone (1228) ja<br />

Nach den Richtlinen besteht somit kein Handlungsbedarf.<br />

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdung<br />

für das Schiff vor?<br />

707 ja, aber nur in einem kleinen Bereich<br />

1228 nein<br />

Kriterium K3:<br />

Werden die Resonanzfälle <strong>von</strong> der Richtline klar <strong>und</strong> richtig erfasst?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

35


Zusammenfassung:<br />

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?<br />

707 nein weil das Schiff durchweg im achterlichen Seegang gefährdet ist<br />

1228 nein <strong>und</strong> die Richtlinen keinen Handlungsbedarf sehen.<br />

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang A zu finden.<br />

Abbildung 21: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Fidamus bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 40m (707 linke, 1228 rechte<br />

Diagrammseite).<br />

36


Abbildung 22: Hebelarmkurven der Fidamus für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren<br />

Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 40m <strong>und</strong> H = 2, 0m.<br />

37


6.3.1.2. LOHENGRIN leer<br />

Abbildung 23: Seitenansicht der MV Lohengrin, aus [11].<br />

Kriterium K2:<br />

Einzelkriterium erfüllt Gr<strong>und</strong><br />

Wellenlänge ja λ = 57m > 0, 8 · L = 47, 72m<br />

Wellenhöhe nein H = 2m < 0, 04 · L = 2, 24m<br />

Schiff in der Gefahrenzone (707) ja<br />

Schiff in der Gefahrenzone (1228) ja<br />

Nach den Richtlinen besteht somit kein Handlungsbedarf.<br />

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?<br />

707 ja siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdung<br />

für das Schiff vor?<br />

707 nein<br />

1228 nein<br />

Kriterium K3:<br />

Werden die Resonanzfälle <strong>von</strong> der Richtline klar <strong>und</strong> richtig erfasst?<br />

707 ja, aber nicht eindeutig siehe Polardiagramm<br />

1228 ja, aber nicht eindeutig siehe Polardiagramm<br />

Zusammenfassung:<br />

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?<br />

707 nein weil die Richtlinie kein Handlungsbedarf sieht<br />

1228 nein weil die Richtlinie kein Handlungsbedarf sieht<br />

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang B zu finden.<br />

38


Abbildung 24: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Lohengrin bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 57m (707 linke, 1228 rechte<br />

Diagrammseite).<br />

39


Abbildung 25: Hebelarmkurven der Lohengrin für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren<br />

Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 57m <strong>und</strong> H = 2, 0m.<br />

40


6.3.1.3. IRENE OLDENDORF leer<br />

Abbildung 26: Seitenansicht der SS Irene Oldendorf, aus [11].<br />

Kriterium K2:<br />

Einzelkriterium erfüllt Gr<strong>und</strong><br />

Wellenlänge ja λ = 80m > 0, 8 · L = 65, 28m<br />

Wellenhöhe ja H = 5m > 0, 04 · L = 3, 26m<br />

Schiff in der Gefahrenzone (707) ja<br />

Schiff in der Gefahrenzone (1228) nein<br />

Nach der Richtline 707 besteht somit Handlungsbedarf, bei der 1228 nicht.<br />

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdung<br />

für das Schiff vor?<br />

707 nein<br />

1228 nein<br />

Kriterium K3:<br />

Werden die Resonanzfälle <strong>von</strong> der Richtline klar <strong>und</strong> richtig erfasst?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Zusammenfassung:<br />

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?<br />

707 nein weil die Richtlinie das Schiff in einen gefährlicheren Bereich geschickt hätte<br />

1228 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht<br />

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang C zu finden.<br />

41


Abbildung 27: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Irene Oldendorf bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 80m (707 linke, 1228<br />

rechte Diagrammseite).<br />

42


Abbildung 28: Hebelarmkurven der Irene Oldendorf für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den<br />

sicheren Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 80m <strong>und</strong> H = 5, 0m.<br />

43


6.3.1.4. HOHENEICHEN leer<br />

Abbildung 29: MV Hoheneichen vollständig abgeladen, aus [11].<br />

Kriterium K2:<br />

Einzelkriterium erfüllt Gr<strong>und</strong><br />

Wellenlänge nein λ = 40m < 0, 8 · L = 44, 00m<br />

Wellenhöhe ja H = 4m > 0, 04 · L = 2, 20m<br />

Schiff in der Gefahrenzone (707) ja<br />

Schiff in der Gefahrenzone (1228) ja<br />

Nach den Richtlinen besteht somit kein Handlungsbedarf.<br />

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdung<br />

für das Schiff vor?<br />

707 nein<br />

1228 nein<br />

Kriterium K3:<br />

Werden die Resonanzfälle <strong>von</strong> der Richtline klar <strong>und</strong> richtig erfasst?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Zusammenfassung:<br />

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?<br />

707 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht<br />

1228 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht<br />

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang D zu finden.<br />

44


Abbildung 30: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Hoheneichen bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 40m (707 linke, 1228 rechte<br />

Diagrammseite).<br />

45


Abbildung 31: Hebelarmkurven der Hoheneichen für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren<br />

Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 40m <strong>und</strong> H = 4, 0m.<br />

46


6.3.1.5. WILHELM leer<br />

Abbildung 32: Seitenansicht der MV Wilhelm, aus [11].<br />

Kriterium K2:<br />

Einzelkriterium erfüllt Gr<strong>und</strong><br />

Wellenlänge ja λ = 57m > 0, 8 · L = 44, 00m<br />

Wellenhöhe ja H = 2, 5m > 0, 04 · L = 2, 20m<br />

Schiff in der Gefahrenzone (707) ja<br />

Schiff in der Gefahrenzone (1228) ja<br />

Nach den Richtlinen besteht somit Handlungsbedarf.<br />

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdung<br />

für das Schiff vor?<br />

707 nein<br />

1228 nein<br />

Kriterium K3:<br />

Werden die Resonanzfälle <strong>von</strong> der Richtline klar <strong>und</strong> richtig erfasst?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Zusammenfassung:<br />

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?<br />

707 nein weil das Schiff durchweg im achterlichen Seegang gefährdet ist<br />

1228 nein weil das Schiff durchweg im achterlichen Seegang gefährdet ist<br />

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang E zu finden.<br />

47


Abbildung 33: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Wilhelm bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 57m (707 linke, 1228 rechte<br />

Diagrammseite).<br />

48


Abbildung 34: Hebelarmkurven der Wilhelm für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren<br />

Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 57m <strong>und</strong> H = 2, 5m.<br />

49


6.3.1.6. HALSTENBEK leer<br />

Abbildung 35: MV Halstenbek, aus [11].<br />

Kriterium K2:<br />

Einzelkriterium erfüllt Gr<strong>und</strong><br />

Wellenlänge ja λ = 77m > 0, 8 · L = 44, 00m<br />

Wellenhöhe ja H = 4m > 0, 04 · L = 2, 2m<br />

Schiff in der Gefahrenzone (707) ja<br />

Schiff in der Gefahrenzone (1228) nein<br />

Nach der Richtline 707 besteht somit Handlungsbedarf, bei der 1228 nicht.<br />

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdung<br />

für das Schiff vor?<br />

707 nein<br />

1228 nein<br />

Kriterium K3:<br />

Werden die Resonanzfälle <strong>von</strong> der Richtline klar <strong>und</strong> richtig erfasst?<br />

707 nein ermittelte 1:1-Resonanz bei realer 2:1-Resonanz (bei ca. 4kn),<br />

1228 nein reale 1:1-Resonanz bei ca. 10kn, siehe Polardiagramm<br />

Zusammenfassung:<br />

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?<br />

707 nein weil die Richtlinie das Schiff in einen ebenfalls gefährlichen Bereich geschickt hätte<br />

1228 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht<br />

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang F zu finden.<br />

50


Abbildung 36: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Halstenbek bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 77m (707 linke, 1228 rechte<br />

Diagrammseite).<br />

51


Abbildung 37: Hebelarmkurven der Halstenbek für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren<br />

Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 77m <strong>und</strong> H = 4, 0m.<br />

52


6.3.1.7. FINNBIRCH leer<br />

Abbildung 38: MV Finnbirch, [12].<br />

Kriterium K2:<br />

Einzelkriterium erfüllt Gr<strong>und</strong><br />

Wellenlänge ja λ = 113m > 0, 8 · L = 109, 60m<br />

Wellenhöhe ja H = 6m > 0, 04 · L = 5, 48m<br />

Schiff in der Gefahrenzone (707) ja<br />

Schiff in der Gefahrenzone (1228) ja<br />

Nach den Richtlinen besteht somit Handlungsbedarf.<br />

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdung<br />

für das Schiff vor?<br />

707 nein<br />

1228 nein<br />

Kriterium K3:<br />

Werden die Resonanzfälle <strong>von</strong> der Richtline klar <strong>und</strong> richtig erfasst?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Zusammenfassung:<br />

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?<br />

707 nein weil die Richtlinie das Schiff in einen ebenfalls gefährlichen Bereich geschickt hätte<br />

1228 nein weil die Richtlinie das Schiff in einen ebenfalls gefährlichen Bereich geschickt hätte<br />

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang G zu finden.<br />

53


Abbildung 39: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Finnbirch bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 113m (707 linke, 1228 rechte<br />

Diagrammseite).<br />

54


Abbildung 40: Hebelarmkurven der Finnbirch für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren<br />

Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 113m <strong>und</strong> H = 5, 0m.<br />

55


6.3.1.8. COUGAR ACE leer<br />

Abbildung 41: Gerneralplan der M.V. Cougar Ace, aus [11].<br />

Kriterium K2:<br />

Einzelkriterium erfüllt Gr<strong>und</strong><br />

Wellenlänge ja λ = 172m > 0, 8 · L = 152, 0m<br />

Wellenhöhe nein H = 3m < 0, 04 · L = 7, 6m<br />

Schiff in der Gefahrenzone (707) ja<br />

Schiff in der Gefahrenzone (1228) ja<br />

Nach den Richtlinen besteht somit kein Handlungsbedarf.<br />

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdung<br />

für das Schiff vor?<br />

707 nein<br />

1228 nein<br />

Kriterium K3:<br />

Werden die Resonanzfälle <strong>von</strong> der Richtline klar <strong>und</strong> richtig erfasst?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Zusammenfassung:<br />

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?<br />

707 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht<br />

1228 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht<br />

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang H zu finden.<br />

56


Abbildung 42: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Cougar Ace bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 172m (707 linke, 1228 rechte<br />

Diagrammseite).<br />

57


Abbildung 43: Hebelarmkurven der Cougar Ace für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren<br />

Ladefall (unten)in einer Referenzwelle mit λ = 172m <strong>und</strong> H = 3, 0m.<br />

58


6.3.2. Modelluntersuchungen<br />

6.3.2.1. FLOWER CLASS leer<br />

Abbildung 44: Seitenansicht der DFDS-Flower- Class RoRo-Schiffe, aus [11].<br />

Kriterium K2:<br />

Einzelkriterium erfüllt Gr<strong>und</strong><br />

Wellenlänge ja λ = 205m > 0, 8 · L = 151, 76m<br />

Wellenhöhe ja H = 8, 8m > 0, 04 · L = 7, 59m<br />

Schiff in der Gefahrenzone (707) ja<br />

Schiff in der Gefahrenzone (1228) nein<br />

Nach der Richtline 707 besteht somit Handlungsbedarf, bei der 1228 nicht.<br />

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdung<br />

für das Schiff vor?<br />

707 nein<br />

1228 nein<br />

Kriterium K3:<br />

Werden die Resonanzfälle <strong>von</strong> der Richtline klar <strong>und</strong> richtig erfasst?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Zusammenfassung:<br />

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?<br />

707 nein weil die Richtlinie das Schiff in einen ebenfalls gefährlichen Bereich geschickt hätte<br />

1228 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht<br />

59


Abbildung 45: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

der Flower-Class Schiffe bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 206m (707 linke, 1228<br />

rechte Diagrammseite).<br />

60


Abbildung 46: Hebelarmkurven der Flower-Class Schiffe für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den<br />

sicheren Ladefall (unten) in einer Referenzwelle mit λ = 206m <strong>und</strong> H = 8, 8m.<br />

61


6.3.2.2. SINBAD leer<br />

Abbildung 47: Rumpfform des SINBAD-Modells, aus [11].<br />

Kriterium K2:<br />

Einzelkriterium erfüllt Gr<strong>und</strong><br />

Wellenlänge ja λ = 160m > 0, 8 · L = 124, 8m<br />

Wellenhöhe ja H = 8, 4m > 0, 04 · L = 6, 24m<br />

Schiff in der Gefahrenzone (707) ja<br />

Schiff in der Gefahrenzone (1228) ja<br />

Nach den Richtlinen besteht somit Handlungsbedarf.<br />

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?<br />

707 nein empfohlene Situation entspricht sogar der untersuchten Unfallsituation bei 6,5kn,<br />

siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Liegt im sicheren Ladefall des Schiffes in den Gefahrenzonen der Richtlinien eine Gefährdung<br />

für das Schiff vor?<br />

707 nein<br />

1228 nein<br />

Kriterium K3:<br />

Werden die Resonanzfälle <strong>von</strong> der Richtline klar <strong>und</strong> richtig erfasst?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Zusammenfassung:<br />

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?<br />

707 nein weil die Richtlinie das Schiff in einen ebenfalls gefährlichen Bereich geschickt hätte<br />

1228 nein weil die Richtlinie das Schiff in einen ebenfalls gefährlichen Bereich geschickt hätte<br />

62


Abbildung 48: Polardiagramme für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten)<br />

des SINBAD-Modells bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 160m (707 linke, 1228<br />

rechte Diagrammseite).<br />

63


Abbildung 49: Hebelarmkurven des SINBAD-Modells für die Unfallsituation (oben) <strong>und</strong> den<br />

sicheren Ladefall (unten).<br />

64


6.3.3. Andere Unfälle<br />

Für die beiden nachfolgenden Unfälle, bei denen es zu Verlust <strong>von</strong> Containern kam, ist kein<br />

sicherer Ladefall betrachtet worden, da die Schiffe nicht durch Kentern gefährdet waren <strong>und</strong><br />

demnach eine ausreichende Stabilität hatten.<br />

6.3.3.1. JRS CANIS leer<br />

Abbildung 50: C.V. JRS Canis, [13].<br />

Kriterium K2:<br />

Einzelkriterium erfüllt Gr<strong>und</strong><br />

Wellenlänge ja λ = 172m > 0, 8 · L = 96, 27m<br />

Wellenhöhe nein H = 6m > 0, 04 · L = 4, 81m<br />

Schiff in der Gefahrenzone (707) ja<br />

Schiff in der Gefahrenzone (1228) nein<br />

Nach der Richtline 707 besteht somit Handlungsbedarf, bei der 1228 nicht.<br />

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Kriterium K3:<br />

Werden die Resonanzfälle <strong>von</strong> der Richtline klar <strong>und</strong> richtig erfasst?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Zusammenfassung:<br />

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?<br />

707 nein weil die Richtlinie das Schiff in einen gefährlicheren Bereich geschickt hätte<br />

1228 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht<br />

65


Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang I zu finden.<br />

Abbildung 51: Polardiagramm für die Unfallsituation der JRS Canis bei einer Wellenlänge<br />

<strong>von</strong> λ = 172m (707 linke, 1228 rechte Diagrammseite) für einen maximalen<br />

Rollwinkel <strong>von</strong> ϕ = 20°.<br />

Abbildung 52: Hebelarmkurven der JRS Canis für die Unfallsituation in einer Referenzwelle<br />

mit λ = 172m <strong>und</strong> H = 7, 0m.<br />

66


6.3.3.2. ANL PACIFIC leer<br />

Abbildung 53: C.V. ANL Pacific, [14].<br />

Kriterium K2:<br />

Einzelkriterium erfüllt Gr<strong>und</strong><br />

Wellenlänge nein λ = 172m < 0, 8 · L = 195, 84m<br />

Wellenhöhe nein H = 7m < 0, 04 · L = 9, 79m<br />

Schiff in der Gefahrenzone (707) ja<br />

Schiff in der Gefahrenzone (1228) ja<br />

Nach den Richtlinen besteht somit kein Handlungsbedarf.<br />

Verbessert sich die Situation wenn gehandelt wird?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Kriterium K3:<br />

Werden die Resonanzfälle <strong>von</strong> der Richtline klar <strong>und</strong> richtig erfasst?<br />

707 nein siehe Polardiagramm<br />

1228 nein siehe Polardiagramm<br />

Zusammenfassung:<br />

Hätte der Unfall durch die Anwendung der Richtlinien Vermieden werden können?<br />

707 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht<br />

1228 nein weil die Richtline keinen Handlungsbedarf sieht<br />

Die restlichen Polardiagramme sind im Anhang J zu finden.<br />

67


Abbildung 54: Polardiagramm für die Unfallsituation der ANL Pacific bei einer Wellenlänge<br />

<strong>von</strong> λ = 172m (707 linke, 1228 rechte Diagrammseite) für einen maximalen<br />

Rollwinkel <strong>von</strong> ϕ = 15°.<br />

Abbildung 55: Hebelarmkurven der ANL Pacific für die Unfallsituation in einer Referenzwelle<br />

mit λ = 172m <strong>und</strong> H = 7, 0m.<br />

68


6.4. Zusammenfassung<br />

6.4.1. Kriterium für Surfen <strong>und</strong> Querschlagen (K1)<br />

Die Auswertung der zwölf Unfallsituationen ergibt für das Kriterium K1, dass sich die Schiffe<br />

in allen Fällen deutlich außerhalb des durch die Richtlinie ausgewiesenen Gefahrenbereichs<br />

bef<strong>und</strong>en haben. Dieses ist deutlich in der Abbildung 56 zu erkennen.<br />

Abbildung 56: Zusammenfassende Darstellung zur Auswertung des Kriteriums K1 (707 linke,<br />

1228 rechte Diagrammseite).<br />

69


6.4.2. Kriterium für das Auftreffen auf aufeinanderfolgender hoher Wellen (K2)<br />

In der Abbildung 57 sind die Positionen der Schiffe bezüglich der Lage zum Gefahrenbericht des<br />

Kriteriums K2 der beiden Richtlinien zu sehen. Ferner ist durch die Farbe der Positonsmarkierungen<br />

gekennzeichnet, ob auch die Einzelkriterien, in Bezug auf die erforderliche Wellenlänge<br />

<strong>und</strong> Wellenhöhe, erfüllt sind (rotes Kreuz) oder nicht (grünes Kreuz). Es wird deutlich, dass<br />

<strong>von</strong> der Richtlinie 707, aufgr<strong>und</strong> der größeren Gefahrenzone, mehr Fälle als gefährdet eingestuft<br />

werden. Trotzdem werden nicht alle Schiffe als gefährdet angesehen, obwohl bei allen<br />

Unfallsituationen eine latente Gefahr vorausgesetzt werden kann.<br />

Anders sieht das Bild aus, wenn man die sicheren Ladefälle als Gr<strong>und</strong>lage nimmt. In diesem Fall<br />

bleibt die Bewertung der Unfallbedingungen, wie in Abbildung 57 zu sehen, durch das Kriterium<br />

K2 unverändert, da es in keinster Weise die Stabilität des Schiffes berücksichtigt. Daher würden<br />

einige Schiffe als gefährdet angesehen, obwohl keine Gefährdung vorliegt.<br />

Abbildung 57: Zusammenfassende Darstellung zur Auswertung des Kriteriums K2 (707 linke,<br />

1228 rechte Diagrammseite).<br />

6.4.3. Kriterium für synchrones Rollen <strong>und</strong> parametrische Rollbewegungen (K3)<br />

Beim Auswerten des Kriteriums für die untersuchten Fälle ist festzustellen, dass in allen Fällen<br />

die Resonanzsituationen nicht richtig erfasst werden. Zudem sind in den meisten Fällen<br />

auch keine eindeutigen Resonanzerscheinungen erkennbar, da die Schiffe über einen größeren<br />

Geschwindigkeitsbereich gefährdet sind.<br />

70


7. Schwächen der Richtlinien<br />

Die Untersuchung der Wirksamkeit der Richtlinien MSC/Circ. 707 <strong>und</strong> Richtline MSC.1/Circ.<br />

1228 in den betrachteten Fällen endet mit dem Ergebnis, dass in keinem der untersuchten Fälle<br />

eine Verbesserung durch Anwendung der Kriterien erreicht würde.<br />

Die Schwächen der Richtlinien resultieren einerseits aus den verschieden Kriterien, die betrachtet<br />

werden, andererseits aus den vorgeschlagenen Wegen der zur Ermittlung für die Anwendung<br />

der Kriterien erforderlichen Daten. Jedes der drei durch die Richtlinien betrachten Kriterien soll<br />

nachstehend erläutert <strong>und</strong> bewertet werden, um zu konkreteren Aussagen zu kommen.<br />

7.1. Auftreffen auf aufeinanderfolgende hohe Wellen (K2)<br />

Bei der Beurteilung des Kriteriums K2 geht es um das Auftreffen auf aufeinanderfolgende hohe<br />

Wellen. Ein Handlungsbedarf wird in den Richtlinien nur bei dem Zusammentreffen <strong>von</strong> drei<br />

zu bewertenden Faktoren abgeleitet: Diese sind der Aufenhalt in der Gefahrenzone, die Wellenlänge<br />

<strong>und</strong> die Wellenhöhe. Die Auswertung hat gezeigt, dass es auch bei nicht gleichzeitigem<br />

Auftreten der definierten Größen zur Gefährdung gekommen ist. Damit ist festzuhalten, dass die<br />

Richtlinie eine bestehende Gefährdung nicht immer erkennen lässt. Hier ist eine Schwachstelle,<br />

dass die definierte Gefahrenzone bei der Richtlinie 707 sich an dem Verhältnis der Schiffsgeschwindigkeit<br />

zur Wellenperiode festmacht. Die Gefährdung ist jedoch stets abhängig vom<br />

Stabilitätszustand des Schiffes <strong>und</strong> nicht <strong>von</strong> dem definierten Verhältnis in der Vorschrift. So<br />

zeigen die Auswertungen, dass sich ein Schiff trotz Befolgen der Richtlinie nach wie vor gefährdet<br />

sein kann, obwohl man sich außerhalb der in der Richtlinie definierten Gefahrenzone<br />

befindet. Andererseits gibt es durch die Richtline angezeigten Handlungsbedarf, ob wohl bei<br />

einer ausreichenden Stabilität des Schiffes kein Handlungsbedarf besteht.<br />

Neben den oben genannten Handlungsfaktoren bezüglich Wellenhöhe <strong>und</strong> Wellenlänge wird<br />

die Aussage getroffen, dass gleichzeitig Hinweise auf ein gefährliches Verhalten des Schiffes klar<br />

erkennbar sein sollen, um Handlungen daraus abzuleiten. Es ist jedoch aus anderen <strong>und</strong> den hier<br />

untersuchten Unfällen bekannt, dass lange Zeit keine Anzeichen einer Gefährdung des Schiffes<br />

gegeben waren. Bei ersten Anzeichen <strong>von</strong> gefährlichem Verhalten des Schiffes ist die Gefahr<br />

schon vorhanden <strong>und</strong> lässt keine Zeit für Handlungen, die einen Unfall vermeiden. Dieses liegt<br />

an dem stochastischen Verhalten des Seeganges, bei dem es zu Wellenkonstellationen kommt,<br />

die für ein Schiff extrem gefährlich sind.<br />

7.2. Synchrones Rollen <strong>und</strong> parametrische Rollbewegungen (K3)<br />

Das Erkennen <strong>von</strong> gefährlichen Rollresonanzen wird in den Richtlinien im Kriterium K3 betrachtet.<br />

Bei der Auswertung der untersuchten Unfälle wurde festgestellt, dass die nach der<br />

Richtline vorhergesagten Rollresonanzen mit den real aufgetretenen Fällen gr<strong>und</strong>sätzlich nicht<br />

übereinstimmten. Die Feststellung lässt sich dahingehen erweitern, dass über einen großen Geschwindigkeitsbereich<br />

eine Gefährdung vorliegt, so dass man <strong>von</strong> einer eindeutigen Resonanz-<br />

71


situation nicht sprechen kann. Das gilt gleichermaßen für den 1:1- <strong>und</strong> den 2:1-Resonanzfall.<br />

Dieses liegt an der Ermittlungsweise der Rolleigenperiode, wie sie die Richtline vorsieht. Es wird<br />

dabei da<strong>von</strong> ausgegangen, dass die Rolleigenperiode auch für große Rollwinkel durch die Linearisierung<br />

der Anfangsstabilität der Glattwasserhebelarmkurve des Schiffes abgeschätzt werden<br />

kann. Für Schiffe, die in Wellen fahren, führt dieses jedoch zu falschen Ergebnissen (siehe 4).<br />

Außerdem kann die Bestimmung nicht wie vorgesehen durchgeführt werden, da sich die Rolleigenperiode<br />

des Schiffes aufgr<strong>und</strong> der vorhanden Hebelarmschwankungen, gerade bei <strong>Schiffen</strong><br />

mit geringer Stabilität, an die jeweilige Anregungsperiode des Seeganges anpasst. Bei allen untersuchten<br />

Kenterunfällen war geringe Stabilität gegeben, <strong>und</strong> der Effekt der Anpassung an die<br />

Erregungsperiode ist deutlich in den Polardiagrammen für die Unfallsituation erkennbar.<br />

7.3. Surfen <strong>und</strong> Querschlagen (K1)<br />

Letztlich verbleibt das Kriterium K1, welches die Gefahr durch Surfen <strong>und</strong> Querschlagen des<br />

Schiffes behandelt. Dieses soll hier der Vollständigkeit halber aufgeführt werden, da in allen betrachten<br />

Fällen keine Gefährdung durch eines dieser beiden Phänomene gegeben war. Konkret<br />

gibt es also keine Aussagen oder Hinweise, dass Surfen oder Querschlagen eine Gefährdung für<br />

die Schiffe zum Zeitpunkt des Unfalls darstellte. Wenn überhaupt trat ein Querschlagen erst<br />

nach dem ersten starken Rollen auf. Auch die Anwendung der Richtlinien auf die untersuchten<br />

Fälle kommt jeweils zu dem Ergebnis, dass man sich in keinem Fall im Gefahrenbereich<br />

des Kriteriums K1 bef<strong>und</strong>en hat. Für die betrachteten Fälle kann also hier keine Bewertung<br />

erfolgen. Überdies ist die Gefahr des Querschlagens eher an den Fähigkeiten des Kurshaltens<br />

festzumachen <strong>und</strong> nicht an in dieser Untersuchung betrachteten Stabilitätsverhalten der Schiffe.<br />

Zusammenfassend kann als Schwachpunkt der Richtlinien angesehen werden, dass nicht hinreichend<br />

genau auf das Verhalten des Schiffes im Seegang <strong>und</strong> die verschiedenen Phänomene<br />

<strong>und</strong> deren Ursachen, die zu gefährlichen Situationen führen können, eingegangen wird. Erst ein<br />

Verständnis der verschiedenen Phänomene versetzt die Schiffsführung in die Lage, die jeweilige<br />

Schiffssituation richtig einzuschätzen <strong>und</strong> so das Schiff sicher zu führen.<br />

7.4. Aussagen zur Gültigkeit der Richtlinien<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich gibt es in den Richtlinien schon Aussagen zum unterschiedlichen Verhalten <strong>von</strong><br />

<strong>Schiffen</strong> mit der Erkenntnis <strong>und</strong> dem Hinweis, dass dadurch eine Allgemeingültigkeit zu den<br />

Verhaltensregeln <strong>und</strong> deren Wirksamkeit nicht gegeben ist (Abschitt 2.1 in [16] <strong>und</strong> Abschnitt<br />

1.3 <strong>und</strong> 2 in [6]) So liegt ein Schwachpunkt sicherlich schon darin, dass trotzdem versucht wird,<br />

Handlungsempfehlungen zu geben.<br />

72


8. Zusammenfassung<br />

Das Ziel dieser Arbeit ist es gewesen, zu überprüfen, ob durch die Anwendung der Richtlinie<br />

MSC/Circ. 707 bzw. der Richtlinie MSC.1/Circ. 1228 reale Seeunfälle theoretisch hätten<br />

vermieden werden können. Die Untersuchung erfolgte anhand acht realer Kenterunfälle, zwei<br />

Unfällen mit Containerverlusten <strong>und</strong> zwei Modellversuchen. Dabei wurden die Richtlinien auf<br />

diese Fälle angewendet. Die Ergebnisse zeigen, dass die Anwendung der Richtlinien bei den<br />

untersuchten Fällen nicht zur Vermeidung der Unfälle geführt hätte. Dieses liegt an den festgestellten<br />

Schwächen der Richtlinien <strong>und</strong> lässt den Schluss zu, dass auch eine Ausweitung der<br />

Untersuchung auf weitere Unfälle zu der gleichen Erkenntnis führen wird.<br />

Zusammenfassend kann dieses an folgenden Aussagen festgemacht werden:<br />

Die Richtlinien berücksichtigen Kriterien für die Bestimmung der Grenzen der Gefahrenzonen,<br />

die nicht relevant für das Verhalten des Schiffes im Seegang sind.<br />

Das führt dazu, dass eine so bestimmte Gefahrenzone kein sicheres Indiz für eine wirkliche Gefährdung<br />

ist. Der in der Realität gefährliche Bereich kann je nach Stabilitätszustand des Schiffes<br />

die Gefahrenzone der Richtlinie überschreiten oder gar nicht vorhanden sein. Günstigstenfalls<br />

werden also Maßnahmen eingeleitet, die nicht notwendig wären, da keine tatsächliche Gefährdung<br />

besteht. Im Extremfall ist nicht auszuschließen, dass aus erfolgten Geschwindigkeits- oder<br />

Kursänderung entsprechend der Richtlinie, die Situation für das Schiff verschlimmert wird.<br />

Die bei der Ermittlung der Daten getroffen Vereinfachungen in den Richtlinien erleichtern zwar<br />

die Anwendung <strong>und</strong> die Erhebung ist mit Bordmitteln einfach auszuführen. Es ist jedoch da<strong>von</strong><br />

auszugehen, dass die Vereinfachungen in der Mehrheit der Fälle zu falschen Ergebnissen führen<br />

<strong>und</strong> Gefahren nicht richtig erkannt werden.<br />

Um es vereinfacht <strong>und</strong> flach auszudrücken: Das Verhalten nach den Richtlinien gleicht eher<br />

einem Glücksspiel, da in der Mehrheit der Fälle die gewünschte Verbesserung nicht eintrifft.<br />

73


Literatur<br />

[1] www.containerhandbuch.de/chb/stra/index.html?/chb/stra/stra_02_03_03.<br />

html. (24.09.2010)<br />

[2] www.voranker.de/pages/seemanns-welt/monsterwellen/seeschlag.php.<br />

(24.09.2010)<br />

[3] www.commons.wikimedia.org/wiki/File:Cougar_Ace_on_side_(starboard_side)<br />

.jpg. (24.09.2010)<br />

[4] www.voranker.de/pages/seemanns-welt/monsterwellen/parametric-rollings.<br />

php. (24.09.2010)<br />

[5] Kluwe, F.: Development of a Minimum Stability Criterion to Prevent Large Amplitude<br />

Roll Motions in Following Seas. In: Dissertation, TUHH (2010)<br />

[6] IMO: MSC/Circ. 707, GUIDANCE TO THE MASTER FOR AVOIDING DANGEROUS<br />

SITUATIONS IN FOLLOWING AND QUARTERING SEAS. (19 October 1995)<br />

[7] IMO: SLF 44/INF.3, ANY OTHER BUSINESS Guidance to the Master for avoiding<br />

dangerous situations in following and quartering seas. (13 June 2001)<br />

[8] Krüger, S. ; Kluwe, F.: A Simplified Method for the Estimation of the Natural Roll<br />

Frequency of Ships in Heavy Weather. In: HANSA Bd. 145 (2008)<br />

[9] N.N.: Richtlinien für die Überwachung der Schiffsstabilität. (Stand 14.04.2003)<br />

[10] Söding, H.: Bewegungen <strong>und</strong> Belastungen der Schiffe im Seegang. Hamburg. In: Vorlesungsskript<br />

Nr 18, <strong>Institut</strong> für Schiffbau der Universität Hamburg (September 1982)<br />

[11] Krüger, S. ; Kluwe, F.: Development of Threshold Values for a Minimum Stability<br />

Criterion based on Full Scale Accidents. In: Schriftenreihe Schiffbau (März 2010)<br />

[12] www.safeair.dk/graphics/interface/pic_587.jpg. (24.09.2010)<br />

[13] www.ijmond.web-log.nl/photos/uncategorized/2009/02/26/1jrs_canis_mc.<br />

jpg. (24.09.2010)<br />

[14] www.flotilla-australia.com/images/anl%20pacific.jpg. (24.09.2010)<br />

[15] BSU: Untersuchungsbericht 510/08, Tötlicher Personenunfall an Bord des CMS CHICA-<br />

GO EXPRESS während des Taifuns "HAGUPITäm 24. September 2008 im Seegebiet vor<br />

Hongkong. (1. November 2009)<br />

[16] IMO: MSC.1/Circ. 1228, REVISED GUIDANCE TO THE MASTER FOR AVOIDING<br />

DANGEROUS SITUATIONS IN ADVERSE WEATHER AND SEA CONDITIONS. (11<br />

January 2007)<br />

[17] IMO: SLF 48/4/8, REVISION OF THE CODE ON INTACT STABILITY Proposed revision<br />

of MSC/Circ.707. (10 June 2005)<br />

[18] Söding, H.: Simulation der Bewegungen intakter <strong>und</strong> lecker Schiffe. In: 23. Fortbildungs-<br />

74


kurs, <strong>Institut</strong> für Schiffbau der Universität Hamburg (1987)<br />

[19] BSU: Untersuchungsbericht 45/7, Verlust <strong>von</strong> 10 Containern <strong>von</strong> Bord der JRS CANIS<br />

in der Elbmündung am 12. Januar 2007 um 2:40 Uhr. (1. Oktober 2008)<br />

[20] Krüger, S.: Evaluation of the cargo loss of a large container vessel due to parametric<br />

roll. In: Proceedings of the the Ninth International Maritime Design Conference (2006)<br />

[21] Boie, C.: Gedanken zur Sicherheit gegen Kentern. Hamburg. In: HANSA Nr. 18 (1962)<br />

[22] Jensen, G.: Schiffe im Seegang II. In: Vorlesungsskript WS 06/07, TU Hamburg-Harburg<br />

(WS 06/07)<br />

[23] Krüger, S.: Zur Frage des Erkennens <strong>von</strong> gefährlich großen Rollwinkeln im praktischen<br />

Bordbetrieb. In: HANSA Nr. 9 (2006)<br />

75


Anhang<br />

Im folgendem Anhang sind weitere Polardiagramme zu den einzelnen Schiffe aufgeführt.<br />

76


A. FIDAMUS<br />

77<br />

Polardiagramme für die Unfallladezustand (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten) der Fidamus bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 32m (links), λ = 40m<br />

(Mitte) <strong>und</strong> λ = 48m (rechts).


B. LOHENGRIN<br />

78<br />

Polardiagramme für die Unfallladezustand (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten) der Lohengrin bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 48m (links), λ = 57m<br />

(Mitte) <strong>und</strong> λ = 66m (rechts).


C. IRENE OLDENDORF<br />

79<br />

Polardiagramme für die Unfallladezustand (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten) der Irene Oldendorf bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 69m (links),<br />

λ = 80m (Mitte) <strong>und</strong> λ = 92m (rechts).


D. HOHENEICHEN<br />

80<br />

Polardiagramme für die Unfallladezustand (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten) der Hoheneichen bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 32m (links), λ = 40m<br />

(Mitte) <strong>und</strong> λ = 48m (rechts).


E. WILHELM<br />

81<br />

Polardiagramme für die Unfallladezustand (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten) der Wilhelm bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 48m (links), λ = 57m<br />

(Mitte) <strong>und</strong> λ = 66m (rechts).


F. HALSTENBEK<br />

82<br />

Polardiagramme für die Unfallladezustand (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten) der Halstenbek bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 66m (links), λ = 77m<br />

(Mitte) <strong>und</strong> λ = 88m (rechts).


G. FINNBIRCH<br />

83<br />

Polardiagramme für die Unfallladezustand (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten) der Finnbirch bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 88m (links), λ = 113m<br />

(Mitte) <strong>und</strong> λ = 141m (rechts).


H. COUGAR ACE<br />

84<br />

Polardiagramme für die Unfallladezustand (oben) <strong>und</strong> den sicheren Ladefall (unten) der Cougar Ace bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 113m (links),<br />

λ = 141m (Mitte links), λ = 172m (Mitte rechts) <strong>und</strong> λ = 206m (rechts).


I. JRS CANIS<br />

85<br />

Polardiagramme für die Unfallladezustand der JRS Canis bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 141m (links), λ = 172m (Mitte) <strong>und</strong> λ = 206m (rechts).


J. ANL PACIFIC<br />

86<br />

Polardiagramme für die Unfallladezustand der ANL Pacific bei einer Wellenlänge <strong>von</strong> λ = 141m (links), λ = 172m (Mitte) <strong>und</strong> λ = 206m (rechts).


Erklärung<br />

Hiermit erkläre ich, dass ich die Arbeit selbstständig verfasst habe <strong>und</strong> keine anderen als die<br />

angegebenen Quellen <strong>und</strong> Hilfsmittel benutzt habe.<br />

Ort, Datum<br />

Unterschrift<br />

87

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