stadtentwicklung in tallinn - Fachbereich Stadt- und ...

Brennpunkt
Perspektiven der Stadtentwicklung
nach dem EU-Beitritt
Exkursion nach Riga und Tallinn
im Rahmen der Lehrveranstaltung
„Praxis der Stadtentwicklungsplanung“
EX 266.084 | SS 2005
6. Juni - 12. Juni 2005
Abschlussberichte
Exkursionsleitung:
Dr. Daniela Lunak / Dr. Hans Kramar
Technische Universität Wien
Department für Raumentwicklung, Infrastruktur- und Umweltplanung
Fachbereich Stadt- und Regionalforschung

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Impressum
Eigentümer und Herausgeber:
Technische Universität Wien
Department für Raumentwicklung, Infrastruktur- und Umweltplanung
Fachbereich Stadt- und Regionalforschung
A-1040 Wien, Operngasse 11
Tel. (+43-1) 58801 - 26601
www.srf.tuwien.ac.at
Inhalt
Stadtentwicklung in Tallinn (S.3-26)
Margot Lehmann | 0125320
Anne Quatmann | 0225330
Sarah Schreiner | 0427566
Cornelia Stehlik | 0125783
Stadtentwicklung in Riga (S.27 – 43)
Philipp Falke | 9925619
Eva Kaipel | 0125622
Andreas Kirisits | 9925566
Barbara Rouet | 0125161
Bernhard Silvestri | 0026087
Wirtschaftsentwicklung Lettland (S.44-68)
Thomas Auböck | 0226212
Juliane Grosze | 0226575
Gernot Haider | 9925739
Norbert Mundl | 9827086
INTERREG IIIB: Baltic Sea Region (S.69-89)
Gudula Pawelak | 0026766
Christina Ringler | 0025834
Jörg Tschurlovitsch | 0025090
Koordination und Betreuung
Dr. Daniela Lunak
Dr. Hans Kramar
Diese Publikation dient ausschließlich Lehrzwecken
© 2005
Alle Rechte vorbehalten
Printed in Austria
Impressum Seite 2

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
STADTENTWICKLUNG IN TALLINN
Margot Lehmann | 0125320
Anne Quatmann | 0225330
Sarah Schreiner | 0427566
Cornelia Stehlik | 0125783
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 3

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
INHALTSVERZEICHNIS
1 Die Stadt Tallinn................................................................................ 5
2 Stadtentwicklung .............................................................................. 6
2.1 Überblick über die Geschichte der Stadt.............................................................. 6
2.2 Probleme und Trends in der der Stadtentwicklung ........................................... 8
2.2.1 Demographische Entwicklung.................................................... 8
2.2.2 Wirtschaftliche Entwicklung ...................................................... 9
2.2.3 Tourismus............................................................................ 11
2.2.4 Verkehr ............................................................................... 13
2.2.4.1 Motorisierung und öffentlicher Verkehr .................................. 13
2.2.4.2 Förderungen der EU ........................................................... 15
2.3 Stadtentwicklungsplanung .................................................................................... 15
2.3.1 Master Plan 2000 .................................................................. 16
2.3.2 Tallin Development Plan 2001-2005......................................... 16
2.3.3 Tallinn 2005 – Strategieplan ................................................... 16
2.4 Hot Spots der Stadtentwicklung und Stadtentwicklungsgebiete.................. 17
2.5 Überregionaler und regionaler Kontext.............................................................. 21
3 Fazit ................................................................................................ 23
Literaturverzeichnis .............................................................................. 24
Abbildungsverzeichnis........................................................................... 25
Anhang.................................................................................................. 26
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 4

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
1 DIE STADT TALLINN
Abbildung 1: Tallinns geographische Lage 3
Tallinn ist die Hauptstadt und mit insgesamt
395.000 Einwohnern (Stand 01.03.2004) die
größte Stadt Estlands. Sie liegt im
nordöstlichen Teil der Ostsee, am Finnischen
Meerbusen. Durch diese geographische Lage
konnte sich die Hafenstadt zu einem
wirtschaftlichen Zentrum entwickeln. Sie
erstreckt sich auf einer Fläche von 158 km 2
mit einer Bevölkerungsdichte von ca. 2500
Einwohnern je km 2 . 1
Die größte Glaubensgemeinschaft stellen die
Lutheraner (30%) dar. 28% der Einwohner
sind Orthodoxe und 3% Katholiken.
Insgesamt sind lediglich 20% der Esten
einer Religion zugehörig. 2
Die Bevölkerung Tallinns setzt sich aus folgenden Nationalitäten zusammen:
53,7% Esten, 36,5% Russen und 3,7% Ukrainer sowie 2,0% Weißrussen. Die
Gruppe der anderen Nationalitäten (Letten, Litauer, Finnen, Juden, Deutsche,
Tataren, Polen) macht insgesamt 4,1% der Bevölkerung Tallinns aus. 4
Die Stadt gehört zum Kreis Harju und ist in 8 Bezirke geteilt, deren
Bezirksregierungen administrative Aufgaben im jeweiligen Bezirk übernehmen.
Die Leiter der Bezirksverwaltungen werden durch die Stadtregierung nach einem
Vorschlag des Bürgermeisters und in Absprache mit den „administrative
Councils“ eingesetzt.
Deren Funktion besteht
auch darin, der
Stadtregierung
Empfehlungen für eine
bessere Organisation der
Verwaltung zu geben. Sie
geben ihr Einverständnis
zum Budgetentwurf für
den Bezirk ab, bevor
dieser von der
Stadtregierung umgesetzt
wird und sind für die
Bewilligung
von
Kindergärten, Schulen
sowie der territorialen und
architektonischen Planung
zuständig.
Abbildung 2: Tallinn und seine 8 Stadtbezirke 5
1 vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Tallinn, (24.05.2005)
2 vgl. http://ettevotja.tallinn.ee/eng/tallinn_for_investors/tallinn_in_brief, (24.05.2006)
3 http://www.globaloceans.org/country/estonia.html, (26.05.2005)
4 vgl. http://ettevotja.tallinn.ee/eng/tallinn_for_investors/tallinn_in_brief, (24.05.2006)
5
http://www.tallinn.ee/eng/districts, (26.05.2005)
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 5

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
2 STADTENTWICKLUNG
2.1 Überblick über die Geschichte der Stadt 6
Tallinn entstand aus einer Ende des ersten
Jahrtausends gegründeten Siedlung namens Lindanise.
Die Handelroute entlang des Finnischen Meerbusens
nahm im 9. und 10. Jh. n.Chr. an Bedeutung zu und
Tallinn wurde somit für den Handel immer wichtiger.
1219 wurde Tallinn und der nördliche Teil des heutigen
Estlands von den Dänen erobert.
Von 1227 bis 1238 wurde Tallin zwischenzeitlich vom
Schwertbrüderorden regiert, kam aber dann wieder
unter die Herrschaft der Dänischen Krone bis diese die
Stadt 1346 an den Deutschen Orden verkaufte.
Abbildung 4: Teil der Stadtmauer
Abbildung 3: Tallinn
Bereits Ende des 13. Jh. wurde Tallinn Mitglied der
Hanse und in den Ostseehandel eingebunden.
Deutsche Händler kamen und siedelten sich in der
Stadt an, Deutsch war Amtsprache und Estnisch nur
den Bauern vorbehalten. Die Stadt gewann an
Bevölkerung und zählte Ende des Mittelalters an die
7000 Einwohner.
Die Stadtmauer in ihrer späteren Gestalt wurde im 14. Jh. errichtet und die
bedeutendste Phase des Städtebaus, deren mittelalterliche Gebäude noch heute
den Charakter der Stadt prägen, fand im 15. Jh. statt. Gegen Ende des 15. Jh.
erhielt die Olaikirche einen gotischen Turm mit einer Höhe von 159 Metern. Dies
war zu dieser Zeit außergewöhnlich, und er blieb für Jahrhunderte einer der
höchsten mittelalterlichen Kirchtürme Europas. Heute ist er nach einem
Wiederaufbau im 19. Jh. auf Grund eines Brandes nur noch 123 Meter hoch.
1561 wurde die Stadt schwedisch, die Herrschaft der Schweden sollte die
nächsten eineinhalb Jahrhunderte andauern. Unter der schwedischen Krone
wurde Tallinn das Zentrum für eine neue administrative Einheit: die Estnische
Regierung.
Infolge des 3. Nordischen Krieges fiel Tallin 1721 an Russland. Die Stadt konnte
ihre früheren Privilegien bewahren, doch die
Rechte der Stadt wurden im Laufe des 19. Jh.
wieder bedeutend eingeschränkt, bis es schließlich
ganz ins Russische Reich eingegliedert wurde.
Abbildung 5: Blick über die Altstadt Tallinns
Peter der Große ordnete den Bau eines Hafens in
Tallinn an. Papierfabriken und Fabriken für
Maschinenbau siedelten sich in Tallinn an und
1870 eröffnete die Baltische Eisenbahn ihre erste
6
vgl. http://www.tallinn.ee/eng/linna_juhtimine/history_of_tallinn, (24.05.2005) und
http://de.wikipedia.org/wiki/Tallinn, (24.05.2005)
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 6

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Linie von Tallinn nach St. Petersburg, was die Handelsbeziehungen wesentlich
aufleben ließ. 1877 begann der Straßenbahnverkehr durch Tallinn. Durch die
auflebende Wirtschaft begann die Stadt zu wachsen und hatte 1881 um die
44.000 Einwohner.
Ab 1900 erlangte die estnische Volksgruppe mehr Wertschätzung. Der erste
estnische Bürgermeister Tallinns wurde 1906 gewählt. Die Zeit vor dem ersten
Weltkrieg war durch einen Boom der Waffenindustrie und ein damit verbundenes
Wachstum der Stadt geprägt. 1917 hatte Tallinn bereits 160.000 Einwohner.
1918 wurde die Unabhängigkeit Estlands erklärt und Tallinn Hauptstadt, kurz
darauf das Land von deutschen Truppen besetzt. Nach dem ersten Weltkrieg
wurden die lokale Stadtregierung und die Republik Estland wieder eingesetzt.
Nach der Unabhängigkeit Estlands nahmen das Wirtschaftswachstum und die
Bevölkerung der Stadt Tallinn bedeutend ab.
Abbildung 6: Tallinn, 1930 7
Der zweite Weltkrieg verschonte auch Tallinn nicht: 1940 besetzen die Sowjets
Tallinn, 1941 die Deutschen, 1944 übernahmen die Sowjets die Stadt wieder.
Von da an bis zum Jahr 1991 gehörte Estland zur Sowjetischen Union. Unter dem
Vorwand des Wiederaufbaus der Stadt und der Entwicklung der Industrie kam es
zu einer massiven Migration aus Russland und anderen Sowjetischen Republiken,
die Stadt wuchs schnell auf über 400 000 Einwohner an, von denen nur knapp
die Hälfte Esten waren. Natürlich hinterließ die sowjetische Ära auch
architektonische Zeitzeugen; die Viertel Mustamäe, Õismäe and Lasnamäe sind
heute noch durch standardisierte Plattenbauten geprägt.
Die endgültige Unabhängigkeit erreichte Estland erst am 20. August 1991, die
ersten Wahlen auf lokaler Ebene fanden 1993 statt. Am ersten Mai 2004 trat
Estland schließlich der Europäischen Union bei.
7 http://www.nlib.ee/html/digi/linnakrt/tallinn.html, (26.05.2005)
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 7

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
2.2 Probleme und Trends in der der Stadtentwicklung 8
2.2.1 Demographische Entwicklung
Wie in Abbildung 7 deutlich wird, hat die Bevölkerungsentwicklung der Stadt
Tallinn seit 1959 kontinuierlich zugenommen und mit 478.974 Einwohnern 1989
ihren Höhepunkt erreicht. Dies liegt, wie bereits in Kapitel 2.1 erwähnt, in der
Migration aus Russland und anderen Sowjetischen Republiken in Stadt
begründet. Nach 1989 ist eine deutliche Bevölkerungsabnahme in Tallinn
eingetreten, die generell die ersten Jahre der Unabhängigkeit Estlands (nach
1991) prägt. Sie ist durch die Rückkehr von Arbeitern aus anderen ehemaligen
sowjetischen Republiken in ihre Heimat zu erklären.
Abbildung 7: Bevölkerung Tallinn 1959-2003 und Lebendgeburten 1997-2003
Die Geburtenrate steigt in den Jahren 1997-2003 kontinuierlich an und hat, wie
in Abbildung 7 zu sehen ist, 2003 mit 4.247 den höchsten Stand in dieser
Zeitspanne erreicht.
Abbildung 8: Wohnbevölkerung in Tallinn nach Alter, 01.01.2003
Die altersmäßige Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in Tallinn wird in
Abbildung 8 dargestellt. Der Anteil von Kindern und Jugendlichen bis 14 Jahren
und der Anteil von über 65-Jährigen halten sich mit jeweils 14% und 15% der
Wohnbevölkerung in etwa die Waage.
8 vgl. http://ettevotja.tallinn.ee/eng/publications/facts_figures, (26.05.2005)
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 8

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
2.2.2 Wirtschaftliche Entwicklung
Im Vergleich zu anderen Teilen Estlands ist die Beschäftigungsrate in Tallinn sehr
hoch, was durch die Konzentration von Wirtschaftsbetrieben und das gute
Investitionsklima erklärt werden kann.
Abbildung 9: Beschäftigung in Tallinn, 1997-2003 (in %)
In den 1990ern begann sich die Beschäftigungsstruktur in Tallinn zu ändern. Die
Arbeitslosigkeit im produzierenden Gewerbe und im Baugewerbe begann zu
sinken, während sie im Dienstleistungssektor zunahm. Während im
produzierende Gewerbe 1990 46,7% Beschäftigte und im Dienstleistungssektor
51,5% Beschäftigte tätig waren, waren lagen die Anteile 2003 bei 28,0% bzw.
72%. Der Strukturwandel vom produzierenden (2. Sektor) zum
Dienstleistungsgewerbe (3. Sektor) ist also auch in Tallinn deutlich zu spüren.
Nach Angaben der Bank of Estonia wurden im Jahr 2003 Direktinvestitionen in
Höhe von 416 Mio. € in Tallinn und 513 Mio. € in Estland getätigt. Die
ausländischen Direktinvestitionen pro Kopf betrugen 1060 € in Tallinn und 380 €
in Estland, worin die wirtschaftliche Bedeutung der Stadt zum Ausdruck kommt.
Am 01.01.2004 waren 37.967 Firmen
mit insgesamt 2.914 Beschäftigten im
„Estonian Ministry of Justice Centre of
Registers“ registriert. Die Zahl der
ausländischen Firmenbeteiligungen
lag bei 307.
Tallinns Exporte machten im Jahr
2003 48% der Estnischen
Gesamtexporte und die Importe 68%
des Gesamtvolumens an Importen
aus.
Abbildung 10: Exporte und Importe der Stadt Tallinn, 1997-2004 (in Mio €)
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 9

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Exportiert werden Maschinen und elektrische Geräte, Transportmittel,
Lebensmittel, Getränke und Spirituosen, Textilien, sowie Holz- und Holzprodukte.
Importiert werden Maschinen und elektrische Geräte, Transportmittel, Metalle,
Metallprodukte und chemische Produkte sowie Chemikalien.
In Abbildung 11 werden abschließend die wichtigsten sozioökonomischen
Indikatoren für die Stadt Tallinn dargestellt.
Abbildung 11: Die wichtigsten soziökonomischen Indikatoren in Tallinn, 2003
Wohnungs- und Immobilienmarkt
Was den Wohnungs- und Immobilienmarkt in Tallinn betrifft, soll die Abbildung
12 einen Überblick über die wichtigsten Daten diesbezüglich geben.
Abbildung 12: Die wichtigsten Daten zum Wohnungs- und Immobilienmarkt in
Tallinn
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 10

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Tallinns Budget
In Abbildung 13 werden Einnahmen und Ausgaben sowie der Investitionsplan der
Stadt Tallinn aus dem Jahr 2004 dargestellt. Besonders letzterer ist im Hinblick
auf die Stadtentwicklungsplanung Tallinns interessant, denn die Bereiche
Straßenbau, Wohnungswesen und die Errichtung kommunaler Bauten machen
zusammen fast 60% der geplanten Investitionen aus, was das Gewicht dieses
Entwicklungsbereichs für die Zukunft betont. Aber auch der Bildung kommt mit
15,9% der Gesamtinvestitionen ein relativ hoher Stellenwert im Investitionsplan
der Stadt zu.
Abbildung 13: Tallinns Budget, 2004
2.2.3 Tourismus
Tallinns Innenstadt ist sehr touristisch geprägt. Im Gegensatz zu umliegenden
Bereichen wird hier sehr auf Repräsentation und Imagebildung geachtet – Tallinn
möchte sich als Stadt mit mittelalterlicher, hanseatischer Geschichte präsentieren
und für Touristen attraktiv sein.
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 11

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Besonderer Andrang an Touristen kommt aus Finnland, da der Wasserweg
zwischen den Häfen von Helsinki und Tallinn gut frequentiert und die Fahrzeit
nicht allzu lang ist.
Abbildung 14: Durchschnittliche Aufenthaltsdauer von Touristen in Tallinn
Gerade in den letzten Jahren sind die Übernachtungszahlen und damit der
Neubau von Hotels und die Anzahl an Hotelbetten besonders stark gestiegen,
was auf die zunehmende Bekanntheit der Stadt im Zuge der Vorbereitungen auf
den EU-Beitritt in den Jahren 2000-2003 zurückzuführen ist (siehe Abbildung
15). In dieser Zeit hat die Stadt ihr Potenzial entdeckt und fördert die
Entwicklung des Tourismus. Alleine von 2002 bis 2003 ist die Anzahl der Hotels
und Pensionen von 107 auf 148 gestiegen, was einer Zunahme von ca. 44%
entspricht. Gleichzeitig gibt es ca. 560 zusätzliche Zimmer (+ 15%) bzw. über
1000 zusätzliche Betten (+ 16%).
Abbildung 15: Entwicklung von Hotelbetten in Tallinn
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 12

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
2.2.4 Verkehr
Was den Verkehr betrifft gab es in Tallinn in den letzten 10 Jahren einige
Veränderungen durch den stark gestiegenen Motorisierungsgrad in der Stadt.
Gleichzeitig können jetzt Förderungen aus Fonds der EU lukriert werden. Derzeit
werden sowohl für den interregionalen Bereich als auch für die Innenstadt
Konzepte erarbeitet. Diese zielen allerdings auf die Lösung von Problemen ab, die
für die Einwohner Tallinns nicht Priorität haben, sondern eher für die weitere
Anziehung von ausländischem Kapital und die touristische Entwicklung wichtig
sind.
2.2.4.1 Motorisierung und öffentlicher Verkehr
Der motorisierte Individual-Verkehr (MIV) hatte im Jahr 1999 einen Anteil von
60% am Gesamtverkehrsaufkommen (gegenüber 1991: 92% ÖPNV). Die
Straßen Tallinns waren nicht auf die damit verbundene Verkehrsstärke
ausgerichtet, weiters konnte durch die schnelle Motorisierungszunahme mit
Straßenbaumaßnahmen nicht adäquat reagiert werden bzw. Verwaltungs- und
Ordnungsmaßnahmen waren zu „weich“, um die Entwicklung in geordnete
Bahnen zu lenken. Dies hat dazu geführt, dass der fließende Innen- und
Gesamtstadtverkehr äußerst stark ist und es bisweilen zu Staus und
Verzögerungen kommt, obwohl z.B. im Jahr 2002 rund 230.000 estnische Kronen
für Straßenbaumaßnahmen von der Stadt Tallinn ausgegeben wurden. 9
Besonders störend ist jedoch, dass durch fehlende Abstellplätze die meisten
Straßen beidseitig beparkt werden und so neben einer Zerstörung des
Straßenbildes umso weniger Platz für den Durchzugsverkehr übrig bleibt. Als
Ausweg aus dieser Situation hat man begonnen, die Erdgeschosse der
Straßenbebauung auszuhöhlen und als Garagen zu nutzen. Mari Jüssi vom SEI in
Tallinn benennt das Zukunftsszenario bei Fortsetzung dieser Tätigkeit „Tallinn
without the first floor“.
Abbildung 16: “Tallinn without the first floor“
9 Mari Jüss, SEI Tallinn
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 13

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Bei der Planung neuer Bauprojekte hat die Stadtverwaltung die Chance,
einzugreifen bzw. durch die Investoren geeignete Parkplätze errichten zu lassen.
Durch den akuten Parkplatzmangel in der Stadt ist es aber auch das Ziel der
Investoren, durch eine Zur Verfügung Stellung von möglichst vielen Parkplätzen
positiv aufzufallen und Kaufkraft anzuziehen.
Abbildung 17: Motorisierungsgrad in Tallinn 2004
Ein Großteil der Entwicklungsgebiete wurde und wird monofunktional geplant.
Die Konsequenz ist die Bildung von „Schlafstädten“ bzw.
Gewerbegebieten/Einkaufszentren, die wiederum die Benutzung eines Autos
notwendig machen. Ein weiterer Grund für die Notwendigkeit, ein Auto zu
besitzen, besteht darin, dass nur die Hälfte der angesprochenen neuen
städtischen Entwicklungsgebiete in Tallinn überhaupt durch den ÖV erschlossen
sind. Daher ergibt sich ein großer Druck auf neuen Straßenbau.
Zusätzlich gibt es derzeit kein einheitliches Tarifsystem im ÖPNV. Es gibt auch
keine Anhaltspunkte dafür, dass konkrete Entwicklungsalternativen für das
ÖPNV-System angedacht werden.
Das ÖPNV-System ist derzeit zuwenig entwickelt. Dadurch ist die Attraktivität
von durch Straßen gut zu erreichenden Standorten größer als die durch
öffentlichen Verkehr erschlossenen Standorte. Daher wird derzeit und
voraussichtlich auch weiterhin eine Entwicklung des zusammenhängenden
Siedlungsgebietes nicht entlang der Zugstrecken, sondern entlang der
hochrangigen Straßen geschehen.
Abbildung 18: Transportverhältnisse in Tallinn (2003)
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 14

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
2.2.4.2 Förderungen der EU
Da Tallinn als Verkehrsknoten im TEN-Netz der EU angeführt ist (Korridor 1), ist
es relativ einfach, für regionale und überregionale Straßenbaumaßnahmen EU-
Förderungen zu bekommen. Diese Möglichkeiten werden auch genutzt, jedoch
scheint es so, dass eher versucht wird, Projektanträge den Anforderungen für die
Ausschüttung von Fördertöpfen der EU anzupassen, als die konkreten Probleme
Tallinns zu erforschen und anschließend ein geeignetes Förderinstrument
anzusprechen. Diese Haltung führt dazu, dass große Projekte laufen bzw. geplant
sind, die mit viel PR verbunden sind, jedoch für die wahren städtischen Probleme
der Stadt keine wirklichen Lösungen darstellen. Die Folge sind nicht-integrative
Verkehrskonzepte, die mit großen Projektplanungen mit Fördermitteln der EU
gespickt sind. Ein gutes Beispiel für diese Vorgehensweise stellt der Bau einer
Brücke auf die Insel Saaremaa dar, die von Kritikern auch als „bridge in the
middle of nothing“ bezeichnet wird.
2.3 Stadtentwicklungsplanung
Die Unabhängigkeit Estlands 1991 brachte viele Veränderungen in Politik und
Gesellschaft, es wurde wieder möglich nach nationaler Identität bzw.
Ausdrucksmitteln zu suchen. Der Wandlungsprozess von einer ehemaligen
Sowjetrepublik zum eigenständigen Staat spiegelt sich auch in der Stadt Tallinn
und ihrer Entwicklung wider.
Die Besitzverhältnisse sind sehr kompliziert. Nach der Estnischen
Eigentumsrechtsreform wurde viel Bauland in privates Eigentum übergeführt.
Kommunen, wie auch Tallinn, besitzen sehr wenig Land und müssen daher erst
Land kaufen, wenn sie in die städtische Entwicklung eingreifen wollen, ein
Prozess, der nur parzellenweise gelingt und kontinuierliche, großflächige Planung
verhindert.
Es existiert bisher auch keine einheitliche Stadtplanung. An die Stelle zentraler
Städteplaner sind seit 1991 etliche Architekturbüros getreten, die sich westlichen
Strömungen anzunähern suchen.
Öffentliche Interventionen im Bereich der Stadtplanung sind sehr gering, da die
Planung vor allem von den Interessen der Grundstücksentwickler nach
maximalem Gewinn gesteuert wird. Öffentliche Bereiche, sogar Kinderspielplätze
gibt es kaum, sogar wenn wohlhabende Familien die wichtigsten potentiellen
Kunden sind.
Bezüglich der Planungsinstrumente muss jede Gemeinde einen übergeordneten
Gesamtplan (Comprehensive Plan) erstellen, der in etwa dem österreichischen
Flächenwidmungsplan entspricht (Text- und Planteil). Darüber hinaus gibt es
Detailpläne (thematische Pläne bzw. Pläne, die für die Baugenehmigung benötigt
werden). Hinsichtlich der Bebauungsplanung wurde jedoch die
Stadtplanungsverantwortung zu einem hohen Ausmaß an private Entwickler
vergeben. („Real estate planners dictate development and not the planners.“
Aado Keskpaik, Geomedia). Außerdem kann der „Comprehensive Plan“ durch
detaillierte Pläne leicht abgeändert werden, was ihn in seiner eigentlichen
Funktion als übergeordneter, vorausschauender Plan deutlich schwächt. Darüber
hinaus existierten auch keine Verwaltungsstrukturen, um eine effektive
Stadtplanung durchzuführen („… no administration to do planning regulation“
Jüri Lass, Head of Spatial Planning Department, Ministry of Internal Affairs
Republic of Estonia).
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 15

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Öffentliche Partizipation an Planungsprozessen gibt es nur im Rahmen der von
EU-Ebene angeordneten Umweltverträglichkeitsprüfungen für bestimmte
Planungsvorhaben. Ansonsten wird lediglich informiert über Planungsvorhaben,
ohne dass daraus ein wirklicher Dialog zwischen Planern und Bürgern entstehen
würde.
Im Anhang ist eine Übersicht über die Planungsebenen und deren Aufgaben
gemäß des „Estonian Planning and Building Act“ abgebildet. Für weitere
Informationen zum Estnischen Planungsrecht siehe auch www.legaltext.ee.
2.3.1 Master Plan 2000 10
Tallinns Master Plan 2000 zeigt die räumliche Entwicklung auf einem sehr hohen
Detaillierungsgrad und schreibt funktionelle Zonierung wie auch
Verkehrsorganisation und Infrastrukturnetzwerke vor, lässt aber auch viel Raum
für Detailentscheidungen seitens der Landbesitzer und/oder Entwickler.
Die Stadtplanungsabteilung der Stadt Tallinn kontrolliert die Detailpläne
entsprechend den Vorgaben im Masterplan und im Hinblick auf Nachhaltigkeit.
Mit den gegenwärtigen Vorschriften schafft man es jedoch nicht, den generellen
Zustand von Gebäuden, Suburbanisierungsprobleme und die zunehmende soziale
Ungleichheit zu berücksichtigen. Man braucht mehr öffentliche Aufsicht und
Finanzkonzepte, um auch für weniger wohlhabende Stadtbewohner akzeptable
Lebensumstände und somit eine bessere Zukunft der Stadt zu fördern.
2.3.2 Tallin Development Plan 2001-2005 11
Der Tallinn Development Plan 2001 – 2005 betrifft hauptsächlich die
wirtschaftliche Entwicklung der Stadt und verfolgt diese Ziele:
• Unterstützung kleiner Unternehmen und Förderung von Neugründungen
• Initiierung von internationalen Kooperationsprojekten (kofinanziert mit EU-
Fördergeldern)
• Gründung physischer Infrastruktur, entsprechend den Bedürfnissen der
Firmen, z.B.: Gründung des Tallinn Technology Park, der neuen,
technologiebasierten Firmen Möglichkeit gibt, sich zu etablieren
• Erhöhung von Technologieaustausch und Vermittlung von
Fremdsprachenkenntnissen in freiwilligen Kursen
2.3.3 Tallinn 2005 – Strategieplan 12
Der Strategieplan „Tallinn 2025“ versucht eine Art Vision für die zukünftige
Entwicklung Tallinns zu definieren. Die wichtigsten Ziele, die darin für die Stadt
genannt werden, sind folgende:
• wichtiges Zentrum in der Baltic Sea Region (BSR)
• Zentrum für Festivals, Event- und Entertainment-Tourismus in der BSR
• Brückenkopf für die Wirtschaft in Ost- und Westeuropa (Hotels,
Restaurants, Transit Service (Dienstleistungen für den Transit Handel wie
z.B. Öl, Treibstoff oder Container)
10 vgl.: http://www.arhitektuur.ee/maja/arhiiv/2002_4/english/sampo_eng.html, (27.05.2005)
11 vgl.:http://www.madrimasd.org/informacionIDI/PoliticasRegionales/metropolis/documentos/Tallinn_pres_in_T
allinn.rtf, (22.05.2005)
12 Präsentation Aado Keskpaik, Geomedia, 10.06.2005 Tallinn
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 16

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
2.4 Hot Spots der Stadtentwicklung und
Stadtentwicklungsgebiete
Ähnlich wie in anderen europäischen Großstädten zeigt sich in Tallinn
stadtplanerischer Handlungsbedarf besonders in Themenfeldern des
Denkmalschutzes der historischen Altstadt, der Stadtentwicklung, der Konversion
altindustrieller Standorte, der Verkehrsplanung sowie der Hafenentwicklung.
Aufgrund der besonderen Situation als neues Mitgliedland der EU und vormaliger
Sowjetrepublik zeigen sich jedoch auch Besonderheiten in aktuellen
Stadtplanungsprojekten:
2.4.1 Wohnen und Gewerbe
Aufgrund der geringen Regelungsdichte bzw. investorenfreundlichen Stadtpolitik
(vgl. Kapitel 2.3 Stadtentwicklungsplanung) werden die
Stadtentwicklungsgebiete Tallinns von den städtischen Instanzen nach Wunsch
der Immobilienentwickler ausgesucht.
13
Es werden derzeit vor allem
Wohngebiete in attraktiver Umgebung (Grünraum, Garten, Innenstadtnah, gute
MI-Verkehrsanbindung) sowie Großmärkte und Shopping Centre in der Peripherie
entwickelt.
Durch die Restitution von
Gebäuden und Flächen an
Alteigentümer, die unter
Sowjetherrschaft enteignet
wurden, wird ein Großteil des alten
Gebäudebestandes saniert.
Unbebaute Grundstücke in der
Peripherie sowie in Hafennähe
werden derzeit zum Bau von
Wohneigentum
für
Einfamilienhäuser
oder
Luxusappartements entwickelt. Da
zu Sowjet-Zeiten Land- und
Wohneigentum nicht möglich war,
Abbildung 19: Einfamilienhausgebiete am Rande der Stadt 14
besteht nun ein hoher Bedarf hiernach. 15 Ein hoher Flächenverbrauch durch
Urban Sprawl ist die Folge, besonders entlang der mit Verkehrsinfrastruktur
ausgebauten Siedlungsachsen sowie an der westlich von Tallinn gelegenen
Ostsee- Küste (zum Beipiel Haju County: 35.000 Appartements geplant). Die
rückerstatteten Flächen können nach Aufstellung eines Bebauungsplans, der
nach den Wünschen der Entwickler gestaltet wird, als Bauland verkauft oder
selbst bebaut werden. Ein großer Anteil an Grün- und Freiflächen wird daher
derzeit bebaut oder zusammenhängende Gebiete werden zerteilt.
Gestaltungsvorschriften gibt es, mit Ausnahme der historischen Altstadt, nicht.
Für Renovierungen oder Neubauten gibt es keine finanzielle Unterstützung durch
die öffentlichen Stellen, was es für den weniger wohlhabenden Teil der
Gesellschaft sehr schwierig macht, sich Wohnungen in neuen Gebäuden oder die
notwendige Renovierung alter Bestände leisten zu können.
13 Mari Jüssi, SEI Tallinn
14 eigenes Bild
15 Aado Keskpaik, Tallinn
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 17

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Die Stadt hat nicht mit großer Zuwanderung zu kämpfen, obwohl die Tendenz
der Stadtwanderung auch in Estland positive Zahlen ausmacht. Die Abwanderung
von Bevölkerungsteilen aus bestimmten städtischen Gebieten ist in Tallinn an
einigen Stellen zu beobachten: Durch die Emigration russischstämmiger
Bevölkerungsteile verzeichnet die Stadt eine Abnahme der Verstädterung und
anhaltenden Rückgang der Einwohnerzahlen 16 (vgl. Kapitel 2.2.1
Demographische Entwicklung). Da diese Bevölkerungsgruppe, in Sowjetzeiten
mehrheitlich als Verwaltungsbeamte und Arbeiter eingesetzt, zu großen Teilen in
einheitlichen Wohngebieten (Plattenbaugebiete wie Mustamäe) lebte, sind diese
nun von Verfall oder ethnischer Segregation betroffen. Ähnlich verhält es sich mit
den großen Gebieten des sozialen Wohnungsbaus in Plattenbauweise an den
Stadträndern.
Durch Privatisierung des Einzelhandels und Dienstleistungsunternehmen seit
Anfang der 1990er Jahre, hat sich die Innenstadt von Tallinn zum
Handelszentrum wie auch zum Touristendestinationszentrum entwickelt. Vor
allem tourismusorientierte Dienstleistungsbetriebe wie Restaurants, Cafés und
Stadtführungen sind dort ansässig. Die mittelalterliche Kulisse wird als
Eventmöglichkeit vermarktet.
Das Stadtzentrum soll zum Business Centre werden, wofür in Neubauten Banken
und Shopping Centre errichtet werden. 17
In städtischen Randgebieten werden verstärkt Industrie- und Technologieparks
entwickelt, nachdem das Stadtparlament dies mit der Resolution 189 im Juni
2001 beschlossen hat. Ein Teil des Tallinn Technology Parks, welcher
verschiedene Wissens- und Technologiefirmen umfasst, ist der „Lasnamäe
Industrial Park“ im Stadtteil Lasnamäe. Auf einem Gebiet von 164.000m²
entstehen Produktions-(80%) und Handelsflächen (20%) mit zugehörigen
Büroimmobilien. Die notwendige Infrastruktur soll bis Dezember 2005 fertig
erstellt sein. 18 Neben den Technologieparks sollen Wissensinstitutionen, wie zum
Beispiel die Technische Universität, Wissens- Cluster mit
Forschungseinrichtungen bilden und damit Standortanreize bieten. 19
Insgesamt ist der Unterschied zwischen der historischen Innenstadt als
“Freilichtmuseum” bzw. dem Business Centre und dem Rest der Stadt ganz
erheblich. Verlässt man den Stadtkern, so beginnt unmittelbar die Peripherie. Es
gibt kaum verdichtete städtischen Bereiche, die an den Stadtkern anschließen.
Abbildung 20: „Freilichtmuseum“ versus „Rest der Stadt“ 20
16 Vgl. Hädicke 2004:2
17 www. ettevotja.tallinn.ee
18 www.tallinn.ee
19 www.ettevotja.tallinn.ee
20 eigene Fotos
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 18

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
2.4.2 Tourismus
Der Tourismus spielt eine zunehmend wichtigere Rolle: Die Touristenanzahl ist
steigend; im Jahr 1997 kamen bereits 2,4 Millionen Besucher, vor allem aus
Finnland. Für eine größere Attraktivität in diesem Bereich ist die Stadt dabei,
tourismusorientierte Dienstleistungen auszubauen und die Qualität derer zu
verbessern. Unter dem Stichwort „emotion-based-economy“ soll sich Tallinn
damit einhergehend zu einem kulturellen Zentrum im Ostseeraum werden: Mit
Kulturfestivals, Freizeitparks, Marinas und Bau von Sport- und Freizeitflächen soll
die Stadt mehr Lebensqualität und vermehrt Anlaufpunkt für
Freizeitvergnügungen werden. 21 Ein Vorteil dafür ist, dass auch die
Fluganbindungen verbessert wurden. Neben Linienflügen gibt es derzeit zwei
„Billig- Airlines“, die Tallinn mit europäischen Städten verbinden. Daneben gibt es
tägliche Fährverbindungen und eine hohe Anzahl von Kreuzfahrtschiffen, die die
Stadt mit baltischen und westeuropäischen Hafenstädten vernetzen. 22
2.4.3 Hafen- und Verkehr
Neben Tourismus, Gewerbe und Dienstleistungen ist auch die Hafenentwicklung
von Tallinn Harbour und nahen Häfen wichtig. 23 Das Stadtparlament beschloss
Ende der 1990er Jahre, den Tallinner Hafen an seiner bisherigen Position im
Stadtzentrum zu belassen und somit den Frachtverkehr nicht in anderer Lage
abzuwickeln. 24
Im Rahmen des Städteverbundes von Ostsee-Anrainerstaaten und aufgrund der
Wasserlage hat der Hafen Tallinns eine besondere Bedeutung. Die
Containerumschlagskapazität des Frachthafens hat mind. 10 Tonnen und ist für
den Handel von Getreide, Kohle und RoRo-Verkehr besonders im Ostseeraum
von Bedeutung (vgl. Abbildung 21) 25 .
Abbildung 21: Die Ostbaltischen Seehäfen im Vergleich 26
Hafenkonversionsflächen werden derzeit als Gewerbegebiete umgestaltet. So ist
u.a. geplant, bis zum Jahr 2006 eine Fläche von fast 29 ha zu entwickeln, die an
Betriebe verkauft wird. 27
21 www. ettevotja.tallinn.ee
22 Jüri Lass, Tallinn
23 Ebd.
24 Ebd.
25 Europäische Kommission 2002:28; Güldenberg o.J.
26 vgl. Güldenberg
27 www.estate.portoftallinn.com
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 19

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Abbildung 22: Muuga Nurk 28 Abbildung 23: Nurk Entwicklungsplan 29
Infrastrukturmaßnahmen zum Ausbau der Straßen- und Fährverbindungen nach
Ost und West sollen die Erreichbarkeit für Güter- und Passagierverkehr
verbessern. 30 Die folgende Grafik zeigt Tallinns verkehrstechnisch günstige
Position zwischen ost-, nord- und westeuropäischen Staaten. Aufgrund dieses
Wettbewerbsvorteils setzt die Stadt auch auf transportorientierte
Dienstleistungen als zukünftig relevanter Wirtschaftsfaktor.
Abbildung 24: Verkehrsverbindungen zwischen den Ostseestaaten 31
28 Ebd.
29 Ebd.
30 Ebd.
31 Vgl. Güldenberg
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 20

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
2.5 Überregionaler und regionaler Kontext
Tallinn ist als größte Stadt und Hauptstadt Estlands natürlich nicht nur ein
wichtiges regionales Zentrum, sondern auch für ganz Estland von Bedeutung,
was besonders in Abbildung 25 an der Größe der Stadt bzw. Agglomeration und
an der Funktion als Verkehrskontenpunkt deutlich wird.
Abbildung 25: Comprehensive Map, Estonia 2010, National Spatial Plan 32
32 Estonian Ministry of Environment, Department of Strategy and Planning: Estonia 2010 – National Spatial Plan,
2001
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 21

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Tallinn ist für Estland zwar sehr bedeutend, doch ist die Stadt zu klein, um sich
allein im Wettbewerb der europäischen Städte durchsetzen zu können. Bereits
bestehende und zukünftig weiter reichende Kooperationen mit Helsinki, das von
Tallinn nur ca. 80km entfernt liegt, könnten Tallinn u.A. zu einer größeren
Bedeutung im europäischen Kontext verhelfen. Es bestehen bereits einige
Kooperationen mit Helsinki im Tourismusbereich (Helsinki, Tallinn, St.
Petersburg) und im Bildungsbereich (Kooperation zwischen den Universitäten in
Tallinn und Helsinki), eine Kooperation in Form eines Twin-City Konzeptes ist
allerdings erst angedacht.
Abbildung 26: Travel times (time-space-distances), Estonia 2010, National
Spatial Plan 33
33 Estonian Ministry of Environment, Department of Strategy and Planning: Estonia 2010 – National Spatial Plan,
2001
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 22

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
In Abbildung 26 (siehe vorige Seite) ist gut zu erkennen, dass sich in Zukunft die
Reisezeiten (mit der Bahn) in Europa wesentlich verkürzen werden. Tallinn
entfernt sich im Gegensatz dazu immer mehr vom zentralen Europa. Die
exponierte Lage der Stadt am Rand Europas wird verstärkt, was dadurch
begründet ist, dass Tallinn relativ schlecht an ein hochrangiges Bahnnetz
angebunden ist. Somit wird es für die Stadt in Zukunft schwieriger, sich im
europäischen Kontext zu behaupten.
Handlungsbedarf auf regionaler Ebene ist dadurch gegeben, dass Tallinn immer
weiter in das Umland hinaus wächst. Urban Sprawl prägt die Stadt - es gibt
innerhalb der Stadt Gebiete mit relativ geringer Bebauungsdichte - was zum Teil
durch den starken Einfamilienhausboom begründet ist. Ein weiteres Problem
besteht darin, dass es kaum regionale Kooperationen mit dem Umland gibt.
Beispielsweise gibt es kein einheitliches ÖPNV-Tarifsystem, was zu wesentlichen
Schwierigkeiten für die Nutzer des öffentlichen Personennahverkehrs in der
Region führen kann. In letzter Zeit hat man die Wichtigkeit der Zusammenarbeit
mit dem Umland jedoch bereits erkannt und Kooperationen sind im Entstehen,
doch gibt es bisher nur sehr schwache Kooperationsvereinbarungen.
3 FAZIT
Derzeit versucht die Stadt Tallinn, durch quantitatives Wachstum ein möglichst
großes Attraktivitätspotenzial zu erreichen. Eine Weiterentwicklung der
touristischen bzw. wirtschaftsorientierten Ausrichtung der Stadt könnte jedoch
dazu führen, dass der eigentliche Charakter von Tallinn mit der Zeit überdeckt
wird. Denn dies erzeugt eine gewisse „Austauschbarkeit“ von Städten, sofern
deren Potenziale und Eigenheiten nicht erkannt und hervorgehoben bzw.
gefördert werden. Hierzu wäre eine funktionsfähige Stadtplanung notwendig, die
es der Stadt ermöglicht, anhand eines Leitbildes eine gezielte Entwicklung zu
verfolgen.
Ein Problem der Stadt Tallinn ist laut Jüri Lass (Head of Spatial Planning
Department, Ministry of Internal Affairs Republic of Estonia), dass sie „zu groß
für Estland“ ist. 60% des BIP werden hier erwirtschaftet, es wohnen 30% der
estnischen Bevölkerung im Stadtgebiet, das Nettoeinkommen der Stadt beträgt
um ¼ mehr als im übrigen Land, und schließlich erzeugen genau diese Faktoren
einen Markt für Ausländische Direktinvestitionen - 80% aller ausländischen
Direktinvestitionen werden in der Stadt getätigt. Bei einer Fortsetzung der
derzeitigen Entwicklungstrends sei es jedoch zu klein, um in Europa Bedeutung
erlangen zu können.
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hat man begonnen, die Vorstellung einer
westlichen Lebensweise als Vorbild für eine Weiterentwicklung zu sehen, und
eine möglichst große Ähnlichkeit mit anderen Städten und deren
Vermarktungsstrategien wurde als „Heilmittel“ und Entwicklungsmotor
angesehen. Es wird in Zukunft jedenfalls notwendig sein, von der „Nachahmung“
„westlicher“ Werte Abstand zu nehmen und zu versuchen, die Stadt und den ihr
eigenen Charakter zu fördern und zu vermarkten. Der Trend sollte also in
Richtung einer qualitativen Entwicklung gehen.
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 23

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
LITERATURVERZEICHNIS
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Staaten (MOE/NUS) „Instandsetzung und Modernisierung des Gebäudebestandes“, L
Ia/1 TRANSFORM- Programm MOE und NUS; Berlin, 2003
BMVBW, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung: Zwischennutzung und neue
Freiflächen. Städtische Lebensräume der Zukunft; Berlin, 2004
Bauer, Werner T.: Wahlsysteme in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union; Wien, 2005
http://de.wikipedia.org/wiki/Tallinn, (24.05.2005)
http://estate.portoftallinn.com/, second phase; (24.05.2005)
http://ettevotja.tallinn.ee/; (24.05.2005)
http://ettevotja.tallinn.ee/eng/publications/facts_figures, (26.05.2005
http://ettevotja.tallinn.ee/eng/tallinn_for_investors/tallinn_in_brief, (24.05.2005)
Europäische Investitionsbank (EIB): Umweltbericht 2003; Luxemburg, 2004
Europäische Kommission: Ostseeregion INTERREG III B. Programm der
Gemeinschaftsinitiative 2000 – 2006; Erarbeitet durch den Gemeinsamen
Programmausschuss, Inoffizielle Übersetzung des von der Europäischen Kommission am
14.09. 2002 genehmigten Programms
Güldenberg, Eckart: Strukturwandel der Hafenwirtschaft als Chance für die
Stadtentwicklung?; Kiel, o.J.
Hädicke, Mark: Die Ostseeregion im Wandel; Geographisches Institut der Universität Kiel
Mittelseminar, Sommersemester 2004 Leitung: PD Dr. Gerald Schernewski
http://www.madrimasd.org/informacionIDI/PoliticasRegionales/metropolis/documentos/Tallin
n_pres_in_Tallinn.rtf, (22.05.2005)
Republik Österreich, Bundeskanzleramt: Projekte zur transnationalen Raumentwicklung 1997-
1999 im Rahmen des INTERREG IIC- Programmes CADSES und des
Pilotaktionsprogrammes für den Alpenraum; Wien, 2002
Präsentation Aado Keskpaik, Geomedia, 10.06.2005, Tallinn
Präsentation Jüri Lass, Head of Spatial Planning Department, Ministry of Internal Affairs
Republic of Estonia, 10.06.2005, Tallinn
Präsentation Mari Jüssi, SEI–Estonian Institute for Sustainable Development, 10.06.2005,
Tallinn
Schellen, Petra: Absurd verzerrte Proportionen zwischen Birkengehölz, in: Taz Hamburg,
02.04.2002 (www.taz.de; Abruf: 23.05.2005)
http://www.tallinn.ee/, Development Projects; (24.05.2005)
http://www.tallinn.ee/eng/linna_juhtimine/history_of_tallinn, (24.05.2005)
Üprus, Helmi: The Old Town Of Tallinn And Its Future; Tallin, o.J.
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 24

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Tallinns geographische Lage ................................................................ 5
Abbildung 2: Tallinn und seine 8 Stadtbezirke .......................................................... 5
Abbildung 3: Tallinn.............................................................................................. 6
Abbildung 4: Teil der Stadtmauer ........................................................................... 6
Abbildung 5: Blick über die Altstadt Tallinns ............................................................. 6
Abbildung 6: Tallinn, 1930..................................................................................... 7
Abbildung 7: Bevölkerung Tallinn 1959-2003 und Lebendgeburten 1997-2003 .............. 8
Abbildung 8: Wohnbevölkerung in Tallinn nach Alter, 01.01.2003................................ 8
Abbildung 9: Beschäftigung in Tallinn, 1997-2003 (in %) ........................................... 9
Abbildung 10: Exporte und Importe der Stadt Tallinn, 1997-2004 (in Mio €) ................. 9
Abbildung 11: Die wichtigsten soziökonomischen Indikatoren in Tallinn, 2003 ............. 10
Abbildung 12: Die wichtigsten Daten zum Wohnungs- und Immobilienmarkt in Tallinn . 10
Abbildung 13: Tallinns Budget, 2004..................................................................... 11
Abbildung 14: Durchschnittliche Aufenthaltsdauer von Touristen in Tallinn.................. 12
Abbildung 15: Entwicklung von Hotelbetten in Tallinn .............................................. 12
Abbildung 16: “Tallinn without the first floor“ ......................................................... 13
Abbildung 17: Motorisierungsgrad in Tallinn 2004 ................................................... 14
Abbildung 18: Transportverhältnisse in Tallinn (2003) ............................................. 14
Abbildung 19: Einfamilienhausgebiete am Rande der Stadt....................................... 17
Abbildung 20: „Freilichtmuseum“ versus „Rest der Stadt“ ........................................ 18
Abbildung 21: Die Ostbaltischen Seehäfen im Vergleich ........................................... 19
Abbildung 22: Muuga Nurk Abbildung 23: Nurk Entwicklungsplan .............. 20
Abbildung 24: Verkehrsverbindungen zwischen den Ostseestaaten ............................ 20
Abbildung 25: Comprehensive Map, Estonia 2010, National Spatial Plan..................... 21
Abbildung 26: Travel times (time-space-distances), Estonia 2010, National Spatial Plan22
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 25

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
ANHANG
Quelle: Jüri Lass, Head of Spatial Planning Department, Ministry of Internal
Affairs Republic of Estonia (Jyri.Lass@sisemin.gov.ee)
Stadtentwicklung in Tallinn Seite 26

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
STADTENTWICKLUNG IN RIGA
Philipp Falke | 9925619
Eva Kaipel | 0125622
Andreas Kirisits | 9925566
Barbara Rouet | 0125161
Bernhard Silvestri | 0026087
Stadtentwicklung in Riga Seite 27

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
INHALTSVERZEICHNIS
1 Allgemeines..................................................................................... 29
1.1 Geschichte................................................................................................................. 29
1.2 UNESCO Weltkulturerbe......................................................................................... 30
1.3 Stadtstruktur ............................................................................................................ 32
1.4 Demographie ............................................................................................................ 33
1.5 Wirtschaft .................................................................................................................. 34
1.6 Verkehrswesen......................................................................................................... 35
2 Stadtentwicklung ............................................................................ 36
2.1 Das Erbe des Kommunismus ................................................................................ 36
2.2 Ungeordnete Stadtentwicklung als Folge des wirtschaftlichen
Aufschwungs ............................................................................................................ 36
2.3 Der Stadtentwicklungsplan ................................................................................... 37
2.4 Probleme und Trends der letzten Jahre ............................................................. 41
2.5 Hot Spots und Stadtentwicklungsgebiete.......................................................... 41
Quellen.................................................................................................. 43
Abbildungsverzeichnis........................................................................... 43
Stadtentwicklung in Riga Seite 28

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
1 ALLGEMEINES
Die Republik Lettland liegt in Nordost-Europa und gehört seit 1.Mai 2004 zur
Europäischen Union. Der baltische Staat liegt an der Ostsee und wird von Estland
im Norden, der Russischen Föderation im Osten und Weißrussland und Litauen
im Süden begrenzt. Die lettische Hauptstadt Riga liegt ist ohne Frage der
kulturelle Mittelpunkt der Republik. Sie liegt unweit der Küste, der Rigaer Bucht,
an dem Fluss Daugava. Die Daugava trennt die Landschaften Livland im Norden
und Kurland im Süden.
Lettland befindet sich innerhalb der Osteuropäischen Zeitzone (MEZ +1) und hat
im Gegensatz zum Nachbar Staat Litauen die Sommerzeit. Die Landeswährung
sind Lats (=Ls =100 Santims).
1.1 Geschichte
Um die Entwicklung der Stadt und ihre derzeitige Gestalt und Situation besser
nachvollziehen zu können, ist es von großer Bedeutung die historischen
Gegebenheiten zu kennen. Vor allem bei einer teilweise sehr einschneidenden
historischen Entwicklung wie in Lettland.
Die lettischen Stämme - die Liven, Selen, Kuren und Semgaller - werden im 13.
Jahrhundert vom Deutschen Orden unterworfen.
Nach dem Livländischen Krieg (1558-1583) gerät Lettland unter polnischlitauische
Herrschaft.
Nach dem Schwedisch-polnischen Krieg (1600-1626) wird der größte Teil des
Territoriums an Schweden zugeschlagen.
Als Folge der Großen Nordischen Krieges (1700-1721) wird das Land Teil des
Russischen Reiches.
• 1801 werden Kurland, Livland und Lettgallen zu einem russischen
Generalgouvernement vereinigt.
• 1918: Unabhängigkeitserklärung (18.November) und Proklamation der
Republik Lettland (diese wurde u.a. durch den erzwungenen Verzicht
Sowjetrußlands auf Lettland im Frieden von Brest-Litowsk ermöglicht).
Bildung einer Regierung unter Karlis Ulmanis.
• 1934: Staatsstreich. Präsident Ulmanis begründet ein autoritäres Regime.
• 1940-1941: Okkupation des Landes durch die UdSSR, nachdem Lettland
1939 im Geheimen Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Pakts der
sowjetischen Einflusssphäre zugesprochen wurde. Angliederung Lettlands
an die UdSSR. 1941 werden ca. 15 000 Letten nach Sibirien deportiert. Die
Baltendeutschen verlassen das Land.
• 1941-1944: Okkupation durch Hitler-Deutschland.
• Seit 1945 ist Lettland wieder Teil der UdSSR. Die Sowjetmacht forciert
eine weitere Bevölkerungsverschiebung: Zehntausende Letten werden
nach Sibirien deportiert, eine ähnliche Zahl von Nichtletten wird in Lettland
angesiedelt.
• 1988 bildet sich eine Volksfront für die Unabhängigkeit Lettlands von der
UdSSR.
Stadtentwicklung in Riga Seite 29

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
• 1991 (21. August): Die bereits ein Jahr zuvor verkündete
Unabhängigkeitserklärung wird in Kraft gesetzt. Ein Putschversuch durch
einmarschierende sowjetische Truppen am 19. August (der in
Zusammenhang mit dem Staatsstreich gegen Gorbacev steht) scheitert.
1.2 UNESCO Weltkulturerbe
Die United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (dt.
Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, und Kultur ), kurz
UNESCO, ist eine der 16 rechtlich eigenständigen UNO-Sonderorganisationen und
hat ihren Sitz in Paris.
Zu den Aufgabengebieten der UNESCO gehört die Förderung von Bildung,
Wissenschaft, Kommunikation, Information und Kultur. Sie besitzt eine eigene
Verfassung, die am 16. November 1945 von 37 Staaten in London verabschiedet
wurde und am 4. November 1946 in Kraft trat. Heute zählt die UNESCO 191
Mitgliedstaaten.
Rigas Altstadt ist, wie schon erwähnt, seit 1997 ein Teil des Weltkulturerbes. Sie
ist das historische und geographische Zentrum Rigas und liegt am rechten Ufer
der Daugava (Düna). Die Stadt hat sich ihren Festungscharakter trotz der
Niederlegung der Befestigungsanlagen und Wälle 1857-1863 bewahren können.
Die nach dem Abriss der Stadtmauer entstandenen Freiflächen wurden zu einem
Stadtpark mit Stadtkanal umgestaltet, der heute die Altstadt von der Neustadt
trennt.
Ein Projekt in Riga bezüglich des UNESO Weltkulturerbes in Riga ist die
„International Summer School - Architectural Heritage in Progress: UNESCO
World Heritage Site Riga”. Sie wurde organisiert vom Amt der Internationalen
Beziehungen und der Fakultät der Architektur und Stadtplanung der Technischen
Universität von Riga. Die „Internationale Summer School“ fand vom 16.-28.
August 2004 statt. 30 Studenten der Architektur, Stadtplanung, Geographie und
Kulturmanagement aus Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Deutschland,
Österreich, aus den Niederlanden, Portugal, Russland, Kroatien und Rumänien
nahmen an dieser Veranstaltung teil.
Den Studenten wurden ein Programm bestehend aus Vorträgen, Seminaren,
Diskussionen, Sightseeing Touren und Workshops geboten. Es wurden Themen
behandelt wie die Geschichte Lettlands Architektur, der Schutz des
architektonischen Erbes. Besonders wurde jedoch auf die aktuellen
Entwicklungen, Ziele und Probleme der Architektur in Riga eingegangen.
In Abbildung 1 sind die Zone des Weltkulturerbes (rote Linie) und die sie
umgebende Schutzzone (violette Linie), mit nicht ganz so strengen
Schutzbestimmungen, dargestellt. Der deutliche Rückgang der Einwohneranzahl
in der Altstadt und der restlichen roten Schutzzone führt dazu, dass die täglichen
Wege, die die Einwohner zurückzulegen haben, länger werden, wodurch die
Verkehrsleistungen zunehmen. Da periphere Wohnorte schlechter durch den
öffentlichen Verkehr (ÖV) erschlossen sind als zentrumsnahe Wohnorte, werden
die Wege nun vermehrt im motorisierten Individualverkehr zurückgelegt.
Stadtentwicklung in Riga Seite 30

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Fläche rote Zone:
483,3 ha (1,5% der Gesamtfläche
Rigas)
Fläche violette Zone:
1.574,2 ha
Einwohner Altstadt:
4.291 (1998) - 1.636 (2002)
Einwohner rote Zone:
~80.000 (1998) - ~59.000 (2002)
Einwohner violette Zone:
75.000 (2002)
Abb.1: Ausdehnung der UNESCO-Schutzzone (Präsentation Aigars Kuskis 2005)
Einen Eindruck der hohen städtebaulichen Qualität des Zentrums Rigas erhält
man durch folgendes Luftbild (Abbildung 2), auf welchem ebenfalls die rote Zone
des Weltkulturerbes und die sie umgebende Schutzzone (hier gelb dargestellt)
ersichtlich sind.
Abb.2: Luftbild des historischen Zentrums (Präsentation Andis Kublačovs 2005)
Stadtentwicklung in Riga Seite 31

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Um das Weltkulturerbe besser vor dem Verfall zu schützen wird derzeit ein
Erhaltungs- und Entwicklungsplan des historischen Zentrums Rigas
ausgearbeitet. Der Plan bezieht sich auf eine Fläche von 530 ha (etwas größer
als die rote Schutzzone).
Die Planung läuft folgendermaßen ab:
• Analyse der Gebäudesubstanz und des Stadtbildes
• Festlegung von Flächen die besonders schutz- oder entwicklungsbedürftig
sind
• Städtebaulicher Erhaltungs- und Entwicklungsplan
• Grünraumerhaltungs- und -entwicklungsplan
• Flächenwidmungsplanung
1.3 Stadtstruktur
Aufgrund der historischen Entwicklung ist Riga als monozentrale Stadt (Abb.3)
strukturiert. Die Innenstadt weist ca. 37% aller Arbeitsplätze auf. Seit 1991
ändert sich diese Struktur und verschiedene Dienstleistungen verteilen sich auf
die Vorstädte. Im Allgemeinen kann die radiale Stadtstruktur durch die folgenden
Bebauungsstrukturen, typisch für europäische Städte, zusammengefasst werden:
• Die Alte Hansestadt, welche die Kernstadt umfasst mit der Verwaltung,
Gewerbe, Finanz und kulturelles Zentrum.
• Das Moderne Zentrum in gründerzeitlicher Bebauung (19./20. Jh.),
vorwiegend Geschäfts- und Wohnnutzung.
• Die innenstadtnahen Industriegebiete (19./20. Jh.). Immer noch sind
zahlreiche Arbeitsplätze in den Industriegürtel vorhanden.
• Die Neubaugebiete der Nachkriegszeit, hauptsächlich sog. „Plattenbauten“,
die von ca. 65% der jetzigen Bevölkerung Rigas bewohnt werden.
Die städtebauliche Entwicklung Rigas wird also durch die Lage an den Ufern des
Daugava-Flusses bestimmt, der Radialstruktur, der monozentralen Stadtstruktur
mit Kernfunktion und den unterschiedlichen Nutzungen in den Vororten. Diese
historischen Abschnitte wirken auf die zukünftige Entwicklung in der Stadt.
Das Zentrum hebt sich nicht nur durch seine Altstadtstruktur ab, sondern
charakterisiert auch durch die Begrenzung der Daugava auf der einen Seite und
durch großzügigen Grünflächen auf der anderen Seite das urbane Gefüge.
Geprägt wird Riga vor allem auch am Stadtrand durch eine anderes typischen
Merkmal. Es ist die Holzarchitektur des 19. Jahrhunderts, die die Stadt säumt.
Meistens gekennzeichnet von den Spuren der Vergangenheit und oft einen
ärmlichen Eindruck vermittelnd, lässt sie eine vielleicht naive Vorstellung des
Stadterscheinungsbild und der Lebensumstände des vorletzten Jahrhunderts zu.
Die Daugava stellte eine große und nur schwer überwindbare Barriere da.
Querungsmöglichkeiten sind nur im Zentrumsbereich vorhanden. Da besonders
dort die dichte des motorisierten Individualverkehrs sehr hoch ist, ist das
Verkehrschaos während der Morgen- und Abendspitze vorprogrammiert.
Stadtentwicklung in Riga Seite 32

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Abb.3: Stadtstruktur von Riga (Riga City Development Department)
1.4 Demographie
Lettland ist ein „monozentrales“ Land: die Hälfte der Gesamtbevölkerung (2,4
Mio.) lebt in der Region Riga. Die Zahl der Einwohner in Riga Stadt betrug
Anfang 2004 rund 735.241 (Statistisches Zentralamt Lettland). Während der
letzten Jahre (seit 1990) nimmt die Zahl der Einwohner kontinuierlich um 10.000
Einwohner pro Jahr ab. Die Metropolregion hingegen gewinnt seit den letzten
Jahren leicht an Bevölkerung. Die Hauptursache des Bevölkerungsrückganges in
Lettland kann durch die negative Geburtenbilanz und durch die Abwanderung
erklärt werden. Seit der Unabhängigkeit 1990 sind es vor allem Russen, die in
Stadtentwicklung in Riga Seite 33

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
die GUS abwandern. Die Fertilität kann mit durchschnittlich 1,29 Kindern pro
Frau im Jahr 2003 als eine der weltweit niedrigsten angesehen werden.
Abb.4: Bevölkerungsprognose 2025 (population forecast by Demographical
Centre University of Latvia)
Die Amtssprachen ist Lettisch, dennoch ist Russisch die dominante Sprache
(1989: Russisch 81,6%) gefolgt von Lettisch (mit 62,4%) und Sprachen der
Minderheiten. Mehr als die Hälfe der lettischen Bevölkerung sind Lutheraner, nur
knapp ein viertel sind Katholiken und weniger als ein zehntel sind Russisch-
Orthodoxe.
1.5 Wirtschaft
Die baltischen Staaten werden als eine der am schnellsten wachsenden Regionen
in Europa angesehen. Wie alle ehemaligen Planwirtschaften litt auch Lettland
unter den Wegfall der Märkte der ehemaligen UdSSR. Die wirtschaftliche Lage
stabilisierte sich 1995 als erstmals ein positives Wachstum verzeichnet werden
konnte (BIP 2,8%). Das Wirtschaftswachstum betrug 2003 annähernd 5% und
wird voraussichtlich anhalten. In der Region Riga beträgt das BIP 62% der
Gesamtwirtschaft von 48% der Bevölkerung Lettlands.
2003 hatte Lettland das niedrigste BIP/Kopf der Europäischen Union. Es betrug
nur 42% des Durchschnittswertes der EU-25.
Abb.5: BIP pro Kopf der EU25
Stadtentwicklung in Riga Seite 34

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
1.6 Verkehrswesen
Die Stadt und Metropolregion Riga ist das geographische Zentrum Lettlands und
der Baltischen Staaten. Der wesentliche Vorteil Rigas ist heute die strategische
Lage. Die Stadt ist eine internationale Drehscheibe der nordosteuropäischen
Transportwege (TINA Korridor 1 „Via Baltica“ und Ost-West Korridor). Riga
besitzt eine wichtige Funktion als internationaler Verkehrsknotenpunkt im
Ostseeraum (Verkehrsströme zwischen Skandinavien und Osteuropa, von
Mitteleuropa nach Finnland sowie innerhalb des Baltikums). Der mit Abstand
wichtigste Bahnhof des Landes mit Verbindungen nach Russland, Weißrussland
und Litauen befindet sich in der Stadt. Auch ein Busbahnhof mit
Fernbusverbindungen in alle Nachbarländer und viele Länder der EU ist hier
situiert. Der größte baltische Flughafen sowie ein Fährterminal mit Verbindungen
vor allem nach Skandinavien, aber auch nach Norddeutschland befinden sich in
Riga. Die Vororte werden durch ein S-Bahn-ähnliches System von Vorortzügen
erschlossen.
Die wesentlichen Probleme des städtischen Verkehrssystems sind auf die
ungeeigneten Straßennetze, den Engpässen der Daugava Querung (Brücken sind
nur im Zentrumsbereich situiert) und der Auto-überfüllten Kernstadt
zurückzuführen.
Abb.6: Strombelastungsplan MIV – Morgenspitze (Riga City Development
Department)
Während der letzten 10 Jahre erhöhte sich die Zahl der Fahrzeuge pro Einwohner
enorm. Das gewaltige Verkehrsaufkommen wird durch das schnelle Wachstum
der Automobilisierung verursacht. Zwischen 1997 und 2004 hat die
Mobilisierungsrate von 175 auf 306 PKW/1.000EW zugenommen.
Stadtentwicklung in Riga Seite 35

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Höchste Priorität der verkehrlichen Entwicklung Rigas sind die Großprojekte des
Ausbaus der Schnellstraßen (Eastern Expressway) und den Bau neuer
Verbindungen über die Daugava (Nordtunnel, Südbrücke), siehe Abbildung 5
Stadtentwicklungsplan.
Busse, Minibusse und Bahn, elektrisch oder diesel-betrieben, umfassen den
öffentlichen Verkehr in der Region Riga. Die schnell einsetzende
Suburbanisierung führt zu einem wachsenden Verkehrsaufkommen zwischen
Stadtkern und Umland.
2 STADTENTWICKLUNG
2.1 Das Erbe des Kommunismus
Mit der Unabhängigkeitserklärung 1990 und dem Ende der sowjetischen Kontrolle
änderten sich die Rahmenbedingungen für die Stadtentwicklung grundlegend.
Große Visionen für die zukünftige Stadtentwicklung wurden geschmiedet und der
Traum von einer pulsierenden westlich orientierten Metropole kam auf.
Doch fünfzig Jahre unter sowjetischer Kontrolle sind nicht spurlos an der
Stadtentwicklung Rigas vorüber gegangen. Die strategisch günstige Lage, mit
dem baltischen Meer und der Nähe zu Westeuropa haben dazu geführt, dass
große Gebiete der Stadt für militärische Zwecke genutzt wurden. Aber auch
große sozialistische Industrieanlagen und Infrastruktureinrichtungen nach
russischem Vorbild prägten das Stadtbild. Ein weiters großes Problem waren die
Eigentumsverhältnisse, da im sozialistischen Riga fast alles dem Staat gehörte
und sich nur wenig in privatem Eigentum befand.
Mit der neu erlangten Unabhängigkeit kamen aber auch neue Probleme für die
Stadtentwicklung auf. So gab es zu beginn nicht genügend potente Investoren.
Die ausländischen Geldgeber „trauten“ sich noch nicht in der neuen Demokratie
zu investieren, nationale Investoren gab es durch die Änderung des politischen
Systems noch nicht und der Staat hatte zuerst mit anderen Problemen, wie eine
sehr hohe Inflationsrate und der Einrichtung einer funktionierenden Demokratie
zu kämpfen. Auch das Problem tausender russischer Immigranten galt es zu
lösen.
2.2 Ungeordnete Stadtentwicklung als Folge des
wirtschaftlichen Aufschwungs
Noch der Stabilisierung der Machtverhältnisse und der Etablierung der
Demokratie kamen erste ausländische Investoren. Diesem raschen
wirtschaftlichen Aufschwung stand aber keine geordnete Stadtplanung
gegenüber. So erfolgten Fehlentwicklungen, die im Nachhinein nur schwer zu
korrigieren sind.
Das stark steigende Verkehrsaufkommen und die inadäquate Infrastruktur
führten bald zu einem Verkehrschaos in der Stadt. Der Schutz der Altstadt mit
hohen Bauauflagen führte zur Entwicklung endloser Reihen von Supermärkten,
Handelseinrichtungen und Tankstellen an den Hauptverkehrsrouten in den
Außenbezirken.
Stadtentwicklung in Riga Seite 36

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
2.3 Der Stadtentwicklungsplan
Nach einer 18-monatigen öffentlichen Auflage und Diskussion wurde der, zurzeit
noch gültige, offizielle Stadtentwicklungsplan im Dezember 1995 verordnet.
Somit hatte Riga erstmals ein funktionierendes Stadtentwicklungsinstrument.
Das Grundprinzip dieses Planes ist die bestmöglichen Wohn- und
Arbeitsbedingungen zu schaffen ohne dabei das kulturelle Erbe zu zerstören.
Dieses Plandokument beinhaltet alle Bereiche der Stadtentwicklung, wie
Siedlungswesen, Wirtschaftsentwicklung, Infrastruktur und Freiraum.
In der folgenden Abbildung ist das Grundkonzept der Stadtentwicklung zu
erkennen.
Abb.7: Stadtentwicklungsplan Riga (Riga City Development Department)
Im Rahmen der Umsetzung sind schon einige detaillierte Planungen für einzelne
Stadtteile entstanden.
Stadtentwicklung in Riga Seite 37

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Die größten Erfolge der Stadtentwicklung sind die Aufnahme des Stadtzentrums
in die UNESCO Weltkulturerbe Liste 1997. Das Zentrum ist der wirtschaftliche
Motor der Stadt. Hier stehen 19% der Wohnbevölkerung 45% der Arbeitsplätze
gegenüber. Ein Großteil der Altstadt wurde schon renoviert und revitalisiert.
Ein weiterer Erfolg ist eine kanadisch – lettische Kooperation im Bereich des
Siedlungswesens. Die Universität von Calgary unterstützt die Stadtverwaltung
eine effiziente und marktorientierte Siedlungsentwicklung herbeizuführen.
Weiter wurde ein Grünraumplan für die Stadt entworfen, um die vorhandenen
Freiraumpotentiale und Grünstrukturen als Erholungsraum für die
Stadtbevölkerung zu erhalten.
Der vor kurzem neu beschlossene Stadtentwicklungsplan soll von 2006 bis 2018
gültig sein. In Abbildung 08 sieht man aus welchen strategischen Teilkonzepten,
Programmen und Plänen der Stadtentwicklungsplan der Stadt Riga
zusammengesetzt ist.
Abb.8: Stadtentwicklungsplan Riga (Präsentation Andis Kublačovs 2005)
Die Basis aller Pläne bilden eine Analyse der IST-Situation, EU-Planungen,
Nationale Planungen und Sektoralplanungen. Die Langzeitentwicklungsstrategie,
in welcher die wichtigsten Visionen und großen Ziele der Stadtplanung enthalten
sind, soll sogar bis 2025 Gültigkeit haben. Der Flächenwidmungsplan („land use
plan“) weist hingegen nur eine Gültigkeit bis 2018 auf. Das
Entwicklungsprogramm („development programme“) soll aufgrund des hohen
Detaillierungsgrades (Projektebene) nur bis 2013 gelten.
Stadtentwicklung in Riga Seite 38

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Die wichtigsten Ziele der Langzeitentwicklungsstrategie sind:
• Um eine abgestimmte und effiziente Stadtentwicklung zu ermöglichen, ist
es notwendig, Flächen auf denen Infrastrukturanlagen geplant sind,
entweder in staatlichem Eigentum zu belassen, oder, falls die Flächen in
Privateigentum sind, die Besitzer zu enteignen
• Ein weiteres Ausufern der Siedlungsentwicklung auf neue unerschlossene
Gebiete soll verhindert werden und die Entwicklung bereits existierender
Siedlungsgebiete soll forciert werden
• Zersiedelung soll vermieden werden
• Eine Stadtentwicklung mit mehreren räumlichen und funktionalen Zentren
soll gefördert werden, dabei soll das historische Zentrum erhalten und
ausgedehnt werden, aber gleichzeitig sollen bestehende Zentren
revitalisiert und neue geschaffen werden
• Rückstellungen müssen getätigt werden, damit Rigas Weltkulturerbe
erhalten, restauriert und einer Nutzung zugeführt werden kann
• Die Entwicklung von am Fluss gelegenen Gebieten soll in der Weise
erfolgen, dass eine qualitativ hochwertige Geschäfts- und Wohnumgebung
mit öffentlichen Aufenthaltsflächen geschaffen wird
• Der Hafen der Frachtschifffahrt soll vom Stadtzentrum wegverlegt werden,
damit einerseits die Hafenaktivitäten ungestörter und effizienter ablaufen
können und damit andererseits der zentrale Teil der Stadt besser
entwickelt werden kann
• Jeder Grundstücksbesitzer soll das Recht haben die Nutzung seines
Eigentums frei zu bestimmen, aber gleichzeitig soll diese Freiheit
eingeschränkt werden, wenn die Gesundheit oder wirtschaftliche
Interessen von anderen Personen dadurch beeinträchtigt werden
In Abbildung 9 erkennt man, dass das größte Industriegebiet nördlich des
Stadtzentrums liegt (violette Fläche). Einfamilienhausgebiete (orange) sind vor
allem nördlich und südöstlich des Zentrums am Stadtrand zu finden.
Im Folgenden soll auf übergeordnete Planungen eingegangen werden, die einen
Einfluss auf den Stadtentwicklungsplan Rigas haben und die institutionelle
Verankerung der Teilpläne und -programme des Stadtentwicklungsplans wird
erläutert (Präsentation Andis Kublačovs 2005). Richtlinien der EU beeinflussen in
einem gewissen Ausmaß die räumliche Planung ihrer Mitgliedsstaaten, also ist
auch Lettland an die Einhaltung dieser Richtlinien gebunden. Ein nationaler
Raumordnungsplan existiert, wie auch in Österreich, in Lettland nicht. Ein
regionaler Plan ist in Ausarbeitung befindlich. Einen Plan auf Bundesländerebene
gibt es im Falle Rigas nicht.
Von den Teilplänen und -programmen des Stadtentwicklungsplans, sind die
Langzeitentwicklungsstrategie sowie das detailliertere Entwicklungsprogramm
rechtlich nicht verbindlich. Der Flächenwidmungsplan und der „Territorial
(Master) Plan“ sind hingegen rechtlich verbindlich. Auch in Wien ist nur der
Flächenwidmungsplan rechtlich verbindlich, nicht aber der eigentliche
Stadtentwicklungsplan (STEP).
Stadtentwicklung in Riga Seite 39

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Abb.9: Flächenwidmungsplan Riga (Präsentation Andis Kublačovs 2005)
Stadtentwicklung in Riga Seite 40

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
2.4 Probleme und Trends der letzten Jahre
Ein großes Problem Rigas ist die Zuständigkeit und die fehlenden Instrumente,
die ihnen zur Verfügung stehen. Wie in Österreich ist laut der Verfassung das
Recht auf Eigentum gewährleistet, wenn nicht die Interessen der Allgemeinheit
betroffen sind. Weiters hat jeder das Recht in einer intakten Umwelt zu leben
und auf die Erhaltung dieser.
Das Bürgerlichen Gesetzbuch erlaubt jede Ausschöpfung des Eigentums, es sei
denn, ein anderes Gesetz verbietet es. Der Schutz des kulturellen Erbes und
Schutz der Natur ist rechtlich nicht abgesichert. Dadurch konnten keine
verbindlichen Instrumente entwickelt werden.
Es gibt also keine speziellen Pläne, die den Schutz des kulturellen Erbes als
Thema hat. Das einzige, was vorhanden ist, sind einige Pläne aus Sowjetunion –
Zeiten, die überarbeitet wurden. Diese werden jedoch vor allem in kleineren
Städten verwendet.
Im Gesetz wird nichts über die Durchführung und Erstellung von Plänen
angeführt. Obwohl es nicht verboten ist, ist wurden nur im sehr geringen
Ausmaß Pläne und Programme erstellt.
Ein weiterer Punkt ist, dass nirgends wo festgelegt wird, wie die Ergebnisse der
öffentlichen Diskussionen und Debatten in der zukünftigen Planung berücksichtigt
werden sollen.
Durch die sowjetische Vergangenheit geprägt, wurden alle Pläne und planenden
Tätigkeiten sehr geheim gehalten. Die Pläne wurden nur von Experten
entwickelt. Natürlich wurde diese Tätigkeit von der Regierung überwacht und
kontrolliert. So konnte sichergestellt werden, dass die Pläne und Entwicklungen
im Sinne der Regierung entstanden. Die öffentliche Meinung und die der
Betroffenen wurden nicht in die Planung miteinbezogen.
2.5 Hot Spots und Stadtentwicklungsgebiete
Durch die Verringerung der Einwohner in den Jahren nach der Unabhängigkeit,
besteht kein großer Bedarf nach neuem Siedlungsgebiet, denn die vorhandene
Baumasse ist mehr als ausreichend. Das Problem liegt in der Qualität dieser
Siedlungen und Gebäude und hier vor allem das Problem der so genannten
„Plattenbauten“. Zirka 65% der Bevölkerung wohnt in diesen Siedlungen und
diese sind, für uns überraschend, zufrieden mit ihren Wohnbedingungen.
Trotzdem ist der Wohnstandart in diesen Gebäuden nicht auf westlichem Niveau
und der Renovierungsbedarf ist enorm. Das Ziel das sich die Stadtverwaltung
gesteckt hat, ist die Erhöhung der Dichte von jetzt 22m² auf 28m² pro
Einwohner
Noch schwerwiegender ist das Problem der Infrastrukturausstattung dieser meist
am Stadtrand gelegenen Siedlungen. Viele sind reine „sleeping machines“ ohne
jegliche Nahversorgung und die Bewohner sind auf das Auto angewiesen, was
der Verkehrssituation in Riga auch nicht dienlich ist.
Trotz der schrumpfenden Bevölkerung gibt es aber auch
Stadtentwicklungsgebiete, die durch die Änderung der Wohntrends begründet
sind. Dies bedeutet jedoch für die Stadtstruktur nichts positives, denn wie in den
westlichen Städten schon vor Jahren passiert kommt es zur Suburbanisierung
und Zersiedelung, da jeder sein eignes Einfamilienhaus im Grünen haben will.
Stadtentwicklung in Riga Seite 41

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Die Stadtverwaltung steht dieser Entwicklung bisher machtlos gegenüber und hat
auch bis jetzt keine geeigneten Maßnahmen gesetzt um dieser Entwicklung
gegenzusteuern. Ganz im Gegenteil, denn im neuen Stadtentwicklungsplan, soll
aus der monozentralen Stadt eine Stadtstruktur mit mehreren Zentren außerhalb
des Stadtkerns geschaffen werden. Diese neuen Zentren haben dann das
Aussehen von riesigen Einkaufszentren oder Spielcasinos. Man kann nur hoffen,
dass sich die Gegner dieser Entwicklung durchsetzen und diese Entwicklung
gestoppt wird.
Das einzig richtige Stadtentwicklungsgebiet liegt auf einer Insel in Mitten der
Daugava. Hier steht das alte Pressegebäude samt Druckerei, das nun Umgenutzt
werden soll. Die Visionen der Stadtplaner sind die Errichtung einer Skylinie mit
Bürotürmen. Wie in der Abbildung ersichtlich haben die Professoren der
technischen Universität in Riga ein Arbeitsmodel gestaltet, auf dem mögliche
Entwicklungsperspektiven für diese Insel simuliert werden können
Abb. 10:
Arbeitsmodel zur Stadtentwicklung
Da diese Insel gegenüber dem alten Stadtzentrum liegt, ist es fraglich, ob dies
die richtige Entwicklung für diesen Standort ist.
Stadtentwicklung in Riga Seite 42

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
QUELLEN
Center of demography (www.popin.lanet.lv/en/index_eng.html), Juni 2005
Central statistical bureau of latvia, (www.csb.lv/avidus.cfm), Juni 2005
de.wikipedia.org/wiki/Riga
Development issues of transport infrastructure in Riga region (Inguss Vircavs,
MSc geog.)
europa.eu.int/
Fischer Weltalmanach 2001
Fischer Weltalmanach Länderatlas 2004
Präsentation AIGARS KUŠĶIS, Juni 2005
Präsentation Andis Kublačovs, Juni 2005
The Clash Between Mobility And Automobilization In Riga (Riga City Development
Departament, Inguss Vircavs, MSc geog.)
www.riga.lv/EN/Channels/About_Riga/default.htm, Juni 2005
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abb.1: Ausdehnung der UNESCO-Schutzzone (Präsentation Aigars Kuskis 2005) ......... 31
Abb.2: Luftbild des historischen Zentrums (Präsentation Andis Kublačovs 2005).......... 31
Abb.3: Stadtstruktur von Riga (Riga City Development Department) ......................... 33
Abb.4: Bevölkerungsprognose 2025 (population forecast by Demographical Centre
University of Latvia) ................................................................................ 34
Abb.5: BIP pro Kopf der EU25 .............................................................................. 34
Abb.6: Strombelastungsplan MIV – Morgenspitze (Riga City Development
Department)........................................................................................... 35
Abb.7: Stadtentwicklungsplan Riga (Riga City Development Department)................... 37
Abb.8: Stadtentwicklungsplan Riga (Präsentation Andis Kublačovs 2005) ................... 38
Abb.9: Flächenwidmungsplan Riga (Präsentation Andis Kublačovs 2005) .................... 40
Abb. 10: Arbeitsmodel zur Stadtentwicklung .......................................................... 42
Stadtentwicklung in Riga Seite 43

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
WIRTSCHAFTSENTWICKLUNG LETTLAND
Thomas Auböck | 0226212
Juliane Grosze | 0226575
Gernot Haider | 9925739
Norbert Mundl | 9827086
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 44

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
INHALTSVERZEICHNIS
1 Indikatoren der Wirtschaftsentwicklung ......................................... 45
1.1 Brutto Inlands Produkt........................................................................................... 45
1.2 Kaufkraft.................................................................................................................... 47
1.3 Beschäftigung........................................................................................................... 48
1.4 Arbeitslosigkeit......................................................................................................... 50
1.5 Entwicklungsperspektiven der Lettischen Wirtschaft...................................... 51
2 Wirtschaftlicher Strukturwandel ..................................................... 52
2.1 Geschichtlicher Hintergrund Baltikum ................................................................ 52
2.2 Wandel seit 1991 bis zum EU-Beitritt................................................................. 52
2.3 Entwicklung seit dem EU-Beitritt 2004 .............................................................. 54
3 Strategy for Sustainable Development of Latvia.............................. 56
3.1 Definition einer nachhaltigen Entwicklung......................................................... 56
3.2 Ausarbeitung einer Strategie für nachhaltige Entwicklung............................ 56
3.3 Allgemeine Ziele der lettischen Nachhaltigkeitsstrategie .............................. 57
3.4 Besondere Ziele der lettischen Nachhaltigkeitsstrategie ............................... 57
3.5 Regionalentwicklung ............................................................................................... 58
3.5.1 Beschreibung der Situation........................................................ 58
3.5.2 Ziele der Regionalentwicklung.................................................... 58
3.5.3 Indikatoren der Zielerreichung ................................................... 59
3.5.4 Maßnahmen ............................................................................ 59
4 Verkehrsnetze ................................................................................. 59
4.1 Allgemeine Information zu lettischen Verkehrsnetzen ................................... 60
4.2 Das Transeuropäische Netz................................................................................... 62
4.2.1 Netzkategorien ........................................................................ 62
4.2.2 Finanzierung ........................................................................... 63
4.2.3 Verkehrsträger ........................................................................ 63
4.2.4 TINA Netze ............................................................................. 64
4.2.5 Vorrangige Vorhaben beim Ausbau der europäischen Netze............ 65
4.2.6 Herausforderungen und Vorteile in der Verkehrspolitik .................. 66
Quellen.................................................................................................. 67
1 INDIKATOREN DER WIRTSCHAFTSENTWICKLUNG
Als eines der wesentlichsten strukturell analytischen Werkzeuge zur Darstellung
der Prosperität eines Landes dient die Betrachtung der Indikatoren der
Wirtschaftsentwicklung.
1.1 Brutto Inlands Produkt
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002
Europäische Union (25) 15.233 16.011 16.856 17.647 18.523 19.765 20.495 21.170
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 45

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Europäische Union (15) 17.684 18.529 19.456 20.326 21.335 22.666 23.402 24.128
Neue Mitgliedstaaten 3.078 3.479 3.872 4.233 4.386 5.033 5.680 6.014
Österreich 22.764 23.119 22.842 23.682 24.714 25.900 26.449 27.001
Litauen 1.347 1.765 2.428 2.788 2.886 3.520 3.880 4.303
Estland 1.985 2.571 3.093 3.571 3.783 4.319 4.878 5.487
Lettland 1.506 1.789 2.221 2.453 2.825 3.531 3.918 4.187
Kurzeme 1.654 1.965 2.444 2.448 2.626 3.423 3.646 3.470
Latgale 1.005 1.194 1.433 1.372 1.426 1.727 2.284 2.026
Riga 2.165 2.587 3.362 4.004 4.837 6.105 6.696 7.608
Pieriga 1.217 1.437 1.653 1.799 1.921 2.381 2.660 2.749
Vidzeme 955 1.130 1.420 1.491 1.663 1.988 2.181 2.424
Zemgale 1.053 1.249 1.368 1.422 1.723 2.077 2.249 2.332
Tabelle 1: BIP 1995 - 2002 – absolut in €
Lettland zählt neben den zwei anderen baltischen Staaten immer noch zu jenen
Ländern mit dem geringsten Volkseinkommen. Dies kann insbesondere im
Rahmen des Indikators Bruttoinlandsprodukt gezeigt werden. Im Jahr 2002 lag
das lettische Pro- Kopf BIP mit 4.187 € erheblich unter dem estnischen Wert von
5.487 € und geringfügig unter dem litauischen Pro- Kopf BIP von 4.303 €. Dies
liegt vor allem an der verstärkten Verflechtung der estnischen Wirtschaft mit der
räumlich relativ nahen, konsolidierten finnischen Volkswirtschaft. Das lettische
Pro- Kopf BIP beträgt etwa ein Siebtel des österreichischen.
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002
Europäische Union (25) 100 100 100 100 100 100 100 100
Europäische Union (15) 116,1 115,7 115,4 115,2 115,2 114,7 114,2 114
Neue Mitgliedstaaten 20,2 21,7 23 24 23,7 25,5 27,7 28,4
Österreich 149,4 144,4 135,5 134,2 133,4 131 129,1 127,5
Estland 13 16,1 18,3 20,2 20,4 21,9 23,8 25,9
Litauen 8,8 11 14,4 15,8 15,6 17,8 18,9 20,3
Lettland 9,9 11,2 13,2 13,9 15,2 17,9 19,1 19,8
Kurzeme 10,9 12,3 14,5 13,9 14,2 17,3 17,8 16,4
Latgale 6,6 7,5 8,5 7,8 7,7 8,7 11,1 9,6
Riga 14,2 16,2 19,9 22,7 26,1 30,9 32,7 35,9
Pieriga 8 9 9,8 10,2 10,4 12 13 13
Vidzeme 6,3 7,1 8,4 8,4 9 10,1 10,6 11,4
Zemgale 6,9 7,8 8,1 8,1 9,3 10,5 11 11
Tabelle 2: BIP 1995 - 2002 – relativ (EU25=100)
Besonders deutlich wird die eklatante Schieflage der Wirtschaftskraft innerhalb
der erweiterten EU, stellt man das jeweilige BIP der baltischen Mitgliedstaaten in
einen Vergleich mit der europäischen Ebene. Lettland erreicht nur knapp etwa
20% des durchschnittlichen EU25 BIP.
Wachstum/Jahr
Europäische Union (25) 4,9
Europäische Union (15) 4,6
Neue Mitgliedstaaten 11,9
Österreich 2,3
Litauen 27,4
Estland 22
Lettland 22,3
Kurzeme 13,7
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 46

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Latgale 12,7
Riga 31,4
Pieriga 15,7
Vidzeme 19,2
Zemgale 15,2
Tabelle 3: BIP Wachstum pro Jahr
Wie alle Transformationsländer in Europa weisen jedoch auch die baltischen
Staaten überdurchschnittliche wirtschaftliche Wachstumsraten auf. Zwischen
1995 und 2002 ist das lettische BIP jährlich um 22,3 Prozent angestiegen, das
Wachstum war somit im selben Zeitraum fast doppelt so stark wie
durchschnittlich in allen neuen 10 Mitgliedstaaten. Auf niedrigem Niveau zeigt
daher die Entwicklung des BIP, dass es zu einer raschen und beträchtlichen
Annäherung der lettischen Wirtschaft an den Durchschnitt der EU25 gekommen
ist.
Gleichzeitig sind aber auch die Entwicklungsunterschiede zwischen den einzelnen
lettischen Regionen stärker geworden. So hat sich der Vorsprung des BIP in der
Stadtregion Riga im Zeitraum 1995 – 2002 gegenüber den anderen Regionen
mehr als verdoppelt. Das Wirtschaftswachstum in Lettland wird vor allem von der
Entwicklung in der Hauptstadtregion Riga getragen, ein für die europäischen
Transformationsländer typischer Prozess. Die Konzentration der Investitionen auf
die Hauptstädte hat zu einer erheblichen Zunahme der Disparitäten auf
nationaler Ebene geführt.
Region 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002
Kurzeme 109,8 109,8 110 99,8 93 96,9 93 82,9
Latgale 66,8 66,7 64,5 56 50,5 48,9 58,3 48,4
Riga 143,8 144,5 151,4 163,2 171,2 172,9 170,9 181,7
Pieriga 80,8 80,3 74,4 73,3 68 67,4 67,9 65,6
Vidzeme 63,4 63,1 63,9 60,8 58,9 56,3 55,7 57,9
Zemgale 69,9 69,8 61,6 58 61 58,8 57,4 55,7
Tabelle 4: BIP 1995 - 2002 nach NUTS3- Regionen (Lettland=100)
Gegenüber dem Basisjahr 1995 ist der Beitrag der anderen Regionen Lettlands
zum BIP konstant zurückgegangen. Die Region Kurzeme reicht noch am ehesten
an das durchschnittliche, lettische BIP heran. Dieser Umstand ist wohl darauf
zurückzuführen, als die drittgrößte Stadt Lettlands, die Hafenstadt Liepaja, in
dieser Region liegt. Der Wirtschaftsfaktor Hafen dürfte einen starken Effekt auf
die wirtschaftliche Entwicklung der Region ausüben.
Das Verhältnis der einkommensstärksten zur einkommensschwächsten Region
beträgt in Lettland 1:3,7 (vgl. Österreich 1:2,4). Bei der besonders wirtschaftlich
schwachen Region Latgale handelt es sich um eine Grenzregion zu Russland und
Weißrussland, in der größere Städte gänzlich fehlen und die eine sehr starke
Agrarorientierung aufweist.
1.2 Kaufkraft
Aufgrund unterschiedlicher, makroökonomischer Zusammenhänge (z.B.
Preisniveaus, allgemeine Konjunkturlage usw.) kann die Kaufkraft eines Landes
nicht über Wechselkurse allein verglichen werden. Durch internationale
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 47

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Harmonisierung wird heute die Kaufkraft auf Basis eines ländertypischen
Warenkorbes gemessen und in Beziehung zum BIP gesetzt.
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002
Europäische Union (25) 100 100 100 100 100 100 100 100
Europäische Union (15) 110,7 110,4 110,2 110,1 110 109,8 109,6 109,4
Neue Mitgliedstaaten 46,7 48,1 49,2 49,7 49,9 50,4 51 51,8
Österreich 127,6 128 125,1 124,1 125,3 126 122,4 120,8
Estland 35,5 37,1 40,5 41,8 41,1 43,4 44,7 46,6
Litauen 34,1 35,4 37,2 39,1 37,7 38,5 40,7 42,4
Lettland 29,8 30,8 32,8 33,8 34,2 35,5 37,4 39
Kurzeme 32,8 33,8 36,1 33,7 31,8 34,4 34,8 32,3
Latgale 19,9 20,5 21,2 18,9 17,3 17,3 21,8 18,9
Riga 42,9 44,5 49,7 55,1 58,6 61,3 63,9 70,8
Pieriga 24,1 24,7 24,4 24,8 23,3 23,9 25,4 25,6
Vidzeme 18,9 19,4 21 20,5 20,2 20 20,8 22,6
Zemgale 20,9 21,5 20,2 19,6 20,9 20,9 21,4 21,7
Tabelle 5: Kaufkraft 1995 - 2002 – relativ (EU25=100)
Lettland - Entwicklung des Bruttoinlandproduktes
nach NUTS3- Regionen
Euro/Einwohner
22.000
20.000
Zemgale
Vidzeme
18.000
Pieriga
16.000 Riga
Latgale
14.000 Kurzeme
12.000
10.000
8.000
6.000
4.000
2.000
Demnach beträgt die lettische
Kaufkraft ein Drittel der
Österreichischen
und
erreichte 2002 genau 39%
des EU25- Durchschnittes. Sie
ist damit deutlich geringer als
in den anderen beiden
Staaten des Baltikums und
erheblich unter dem
Durchschnitt der 10 neuen
EU-Mitgliedstaaten. In
Entsprechung zu den
vergleichenden Ergebnissen
bezüglich BIP beträgt das
Verhältnis zwischen der am
meisten entwickelten Region
Riga und der entwicklungsschwächsten
Region Latgale
1:3,7.
-
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002
Abbildung 27: Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts
1.3 Beschäftigung
Die Beschäftigungsquoten haben in Lettland in den letzten Jahren stark
zugenommen. Zwischen 2000 und 2003 ist sie um über 3% angestiegen und
erreichte somit das stärkste Wachstum innerhalb des Baltikums. Sie liegt daher
jetzt im Durchschnitt der Europäischen Union.
2000 2001 2002 2003
Europäische Union (25) 51,2 51,4 51,4 51,4
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 48

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Europäische Union (15) n.V. n.V. 52,1 52,1
Neue Mitgliedstaaten n.V. n.V. 47,5 47,4
Österreich 56,4 56,5 56,6 56,8
Estland 50,7 51,1 52,2 52,8
Lettland 48,2 49,3 50,5 51,4
Litauen 50,7 49,1 50,1 50,9
Tabelle 6: Beschäftigungsquoten
Frauen sind dabei stärker in den Erwerbsprozess eingebunden als im EU-
Durchschnitt. Im Gegensatz zu diesen (Frauenbeschäftigungsquote 43,3%)
erreichte 2003 eine Frauenbeschäftigungsquote von 45,6 (vgl. Österreich 49).
Im Jahr 2003 gab es in Lettland knapp über 1.000.000 Beschäftigte. Generell
nimmt die Beschäftigung seit einigen Jahren und nach der partiellen
Umstellungskrise wieder zu.
1100
Beschäftigte in Tsd. nach NACE-Abschnitten
1050
1000
950
900
850
800
750
H
G
F
E
D
700 C
650
600
550
500
450
400
350
300
250
200
150
100
50
0
1999 2000 2001 2002 2003
C Land- und Forstwirtschaft, Fischerei
D Gesamtindustrie (ohne Baugewerbe)
E
Baugewerbe
F Handel, Instandhaltung und Reparatur
von Kraftfahrzeugen und Gebrauchs gütern;
Gastgewerbe; Verkehr und
Nachrichtenübermittlung
G Kredit- und Versicherungsgewerbe;
Grundstücks- und Wohnungswesen,
Vermietung beweglicher Sachen, Erbringung
von Dienstleistungen überwiegend für
Unternehmen
H Öffentliche Verwaltung, Verteidigung,
Sozialversicherung; Erziehung und
Unterricht; Gesundheitswesen, Veterinärund
Sozialwesen; Erbringung von sonstigen
öffentlichen und persönlichen
Dienstleistungen; Private Haushalte
Abbildung 28: Beschäftigung nach Wirtschaftsklassen
Die Landwirtschaft in Lettland setzte – auf hohem Niveau – im Zeitraum 1999 bis
2003 von allen drei baltischen Staaten die meisten Beschäftigten frei. Ihr Anteil
schrumpfte durchschnittlich jährlich um 0,8%. War der Anteil der
landwirtschaftlich Beschäftigten in Lettland im Jahr 1999 fast dreimal so hoch als
in Österreich, war er im 2003 immer noch zweieinhalb so groß.
1999 2000 2001 2002 2003 jährl. Veränd.
Estland 8,6 7,2 6,9 7 6,2 -0,5
Lettland 17,5 14,9 15,1 15,3 13,7 -0,8
Litauen 20 19,2 17,6 17,9 17,9 -0,4
Österreich 6,2 5,8 5,7 5,7 5,5 -0,1
Tabelle 7: Anteil der Beschäftigen in Land- und Forstwirtschaft
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 49

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Anders als in den alten EU-Ländern nimmt aber der Strukturwandel in der
Industriebeschäftigung einen relativ konstanten Verlauf. Während sie in Litauen
und stärker noch in Estland zugenommen hat, ist sie nur in Lettland
zurückgegangen. Das bedeutet, dass Lettland im geringeren Umfang vom
globalen Verlagerungsprozess der industriellen Produktion in Länder mit
erheblich niedrigeren Lohnstückkosten profitiert, als seine beiden baltischen
Nachbarn.
1999 2000 2001 2002 2003 jährl. Veränd.
Estland 25,2 26,4 26,2 24,7 25,3 0,01
Lettland 19,7 20,8 19,6 19,7 19,5 -0,04
Litauen 20,5 21 20,8 20,9 20,7 0,04
Österreich 21,5 21,4 20,8 20,7 20,5 -0,21
Tabelle 8: Anteil der Beschäftigen in der Industrie
1.4 Arbeitslosigkeit
Im Jahr 2003 war die Arbeitslosenquote etwas größer als im EU25- Durchschnitt,
jedoch lag sie doch deutlich unter der durchschnittlichen Arbeitslosenquote der
10 neuen Mitgliedstaaten. Im baltischen Raum war sie 2003 aber am Geringsten.
Dabei lag die Arbeitslosenquote in der Hauptstadtregion Riga geringfügig über
dem lettischen Durchschnitt. Der Strukturwandel hat dort relativ viele
Arbeitskräfte aus dem Industriesektor freigesetzt, die aufgrund ihres
Qualifikationsprofils nur unzureichend in den neuen Arbeitsmarkt integriert
werden konnten. Der Problemdruck in der peripherisierten Region Latgale wird
auch besonders stark am Problem der Arbeitslosigkeit deutlich, wo im lettischen
Maßstab auch zusätzlich die Jugendarbeitslosigkeit ein besonders starkes
Problem ist.
Arbeitslosenquote 2003 über 25 Jahre
Europäische Union (25) 9,1 18,4
Europäische Union (15) 8,1 15,8
Neue Mitgliedstaaten 14,5 32,3
Österreich 4,2 7
Estland 10 20,6
Litauen 12,4 25,1
Lettland 10,5 18
Kurzeme 9,5 16,3
Latgale 15,4 26,9
Riga 10,8 20,7
Pieriga 8,2 12,1
Vidzeme 9 17
Zemgale 9,6 11,9
Tabelle 9: Arbeitslosenquote 2003
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 50

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
1.5 Entwicklungsperspektiven der Lettischen Wirtschaft
Da die derzeitigen wirtschaftlichen Prozesse in den baltischen Staaten immer
noch dem Transformationsprozess zuzuschreiben sind, wird eine Bestimmung der
Perspektiven erschwert. Grundsätzlich können Aufschlüsse vor allem aus einem
Vergleich mit den beiden Nachbarn Litauen und Estland, insbesondere in Bezug
auf die Rolle Finnlands gewonnen werden. Die zentrale Lage Lettlands innerhalb
des Baltikums hat sich geopolitisch und wirtschaftsgeographisch als janusköpfig
erwiesen.
Litauen kann eindeutig aus der räumlichen Nähe zur großen und ungleich weiter
entwickelten, polnischen Volkswirtschaft einen Nutzen ziehen. Zudem erleichtert
das Vorhandensein der zwei großen Zentren Vilnius und Kaunas sowie der
Hafenstadt Klaipeda einer gleichmäßigen Entwicklung der einzelnen Regionen.
Litauen ist zudem die größte Volkswirtschaft im Baltikum.
Am deutlichsten sind aber die Entwicklungsunterschiede zu Estland, dass seit
Jahren zum wichtigsten Zielgebiet finnischer Direktinvestitionen gehört und
dessen Wirtschaft folglich jener in Lettland und Litauen davon galoppiert.
Finnisches Investment umfasst in Estland seit der Erlangung der Unabhängigkeit
etwa 1,5 Billionen Euros, in Litauen sind es etwa 330 Millionen Euros, in Lettland
hingegen nur 250 Millionen. Ähnlich verhalten sich auch die Zahlen im
Tourismus. Während Finnen jährlich etwa 1,6 Millionen Nächtigungen in Estland
verbringen, sind es in Lettland gerade einmal 125.000, die zusätzlich fast
ausschließlich auf die Hauptstadt Riga entfallen. Die estnische Wirtschaft weist
bereits einen hohen Verflechtungsgrad mit der finnischen auf. Typischerweise
werden halbfertige Gebrauchsgüter aus Finnland nach Estland verschifft, und
dort unter Ausnutzung des niedrigen Lohnniveaus endgefertigt und
zurückverschifft. Aus diesem Grund ist die Industriebeschäftigung in Estland in
Gegensatz zu Lettland laufend angestiegen. Die ungleich weiteren Entfernungen
machen eine solche Beziehung zu Lettland deutlich unattraktiver. Finnisches Geld
gelangt auf Umwegen zuerst über Estland nach Lettland und später auch nach
Litauen.
„For Finns, the real mental border is the one between Estonia and Latvia” 1
Die Außenabhängigkeit der Wirtschaft in den baltischen Staaten von finnischen
Investitionen verändert sich allerdings allmählich. Wirtschaftsexperten erwarten
eine eintretende Sättigung von Direktinvestitionen in Estland und eine verstärkte
Umlenkung nach Lettland und Litauen, das Land im Baltikum mit dem größten
Markt. Darüber hinaus sei in Tallinn in einigen Sektoren schon ein
Facharbeitermangel festzustellen, und das Lohnniveau ist dementsprechend
angestiegen.
Lettland weist ein durchwegs gutes Ausbildungsniveau auf und kann mit deutlich
geringeren Lohnniveau als in Estland aufwarten, wenngleich einige estnische
Regionen den selben Vorteil aufweisen können. Für Marktakteure, die ein
Baltikumweites Logistiksystem einrichten wollen, ist Riga aufgrund seiner
zentralen Lage als Standort sehr attraktiv. Mehr und mehr Firmen aus Finnland
wählen Riga als Headquarter für den baltischen Markt.
Dennoch wird Lettland dem Nachbarn Estland bezüglich finnische
Direktinvestitionen in den nächsten Jahren sicher nicht ablaufen. Besonders
problematisch ist der starke Überhang in der Produktion von Rohmaterialen als
1 THE BALTIC TIMES
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 51

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Exportgut. Holz ist das mit Abstand wichtigste Exportgut, auch die
landwirtschaftliche Produktion hat immer noch einen verhältnismäßig hohen
Anteil am Produktionswert der lettischen Wirtschaft. Eine verstärkte
Konzentration auf Weiterverarbeitung und Veredelung der Rohmaterialen wäre
für die lettische Wirtschaft eine dringende Empfehlung. Für große, innere
Veränderungsschübe ist die heimische Kapitalbildung aber mit Sicherheit noch in
einem zu geringen Ausmaß erfolgt.
So kann insgesamt erwartet werden, dass die kleine lettische Volkswirtschaft
weiterhin von einer starken Außenabhängigkeit vom Ausland geprägt bleibt. Der
Vorteil der zentralen Lage innerhalb des Baltikums hat aufgrund der
Auslandsabhängigkeit eher in eine „Isolation“ geführt, aufgrund derer der Trend
zu schnellerem Wachstum in Litauen und Estland weiter anhalten dürfte.
Besonders ungünstig ist die geringe Diversifizierung der Wirtschaft im
Allgemeinen und die einseitige Fixierung auf Rohmaterialen im Besonderen.
2 WIRTSCHAFTLICHER STRUKTURWANDEL
2.1 Geschichtlicher Hintergrund Baltikum
1939 Hitler-Stalin-Pakt: Baltikum wird im geheimen Zusatzprotokoll der
Sowjetunion überlassen, Übersiedlung der Deutschbalten
beschlossen
1940 Besetzung des Baltikums durch Rote Arme, Massendeportationen
nach Sibirien
1941-44 Deutsche Besatzung
1944 Rückkehr der Roten Armee
1945-90/91 Russische Besatzung
1945-56 Zwangskollektivierung der Landwirtschaft und Russifizierung,
Deportationen nach Sibirien
1990 Litauen erklärt Unabhängigkeit
1991 Estland und Lettland erklären Unabhängigkeit
2.2 Wandel seit 1991 bis zum EU-Beitritt
Mit der Erklärung der Unabhängigkeit Lettlands 1991 war die damit
einhergehende – anfangs schleppend voranschreitende, inzwischen zu 98 %
vollzogene – Privatisierung der staatlichen Betriebe im Zuge des Übergangs von
der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft eine der großen Herausforderungen der
lettischen Volkswirtschaft zu Beginn der 1990er Jahre. Die weitere Privatisierung
staatlicher Betriebe ist sowohl in der Öffentlichkeit als auch zwischen den
Parteien umstritten. Die Gültigkeit der sog. Privatisierungsvoucher 2 wurde bis
zum 31.12.2004 verlängert. Auch die Einführung einer eigenen Währung 1993
und die Neuausrichtung des lettischen Außenhandels auf das westliche Europa
erforderten gewaltige Kraftanstrengungen von den Bürgern.
2 Privatisierungsvoucher eröffneten den Bürgern die Möglichkeit, sich an der Privatisierung zu beteiligen, wie
sie nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ in den ehemaligen „Ostblockstaaten“ vollzogen wurde. Sie
sicherten noch bis Ende 2004 den Anspruch zum Kauf von Aktienpaketen staatlicher Unternehmen.
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 52

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Der tief greifende Strukturwandel Lettlands, der insbesondere in der Hauptstadt
Riga zu beobachten ist, hat zu einem Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität um
50 % und damit einhergehenden Einbruch der Beschäftigung von 1,4 Mio. auf
1,17 Mio. zwischen 1990 und 1998 geführt. Insbesondere die lettische
Industrieproduktion hatte mit 10 % einen besonders starken Einbruch zu
verzeichnen, wobei die Lebensmittel- und Textilindustrie besonders hart
betroffen sind.
Die auf großen Industriebetrieben beruhende Wirtschaft Rigas, die hinsichtlich
Energie und Absatz von der Sowjetunion abhängig waren, verzeichnete einen
deutlichen Rückgang der Industriebeschäftigung zugunsten eines stark
wachsenden Dienstleistungssektors. Daraus resultierend befinden sich heute
große Industriebrachen im Zentrum Rigas, wohingegen die
Modernisierungsanstrengungen vor allem um die Hauptstadt Riga zu einem
wachsenden Industriegürtel geführt haben, der erheblich zur lettischen
Wirtschaftsleistung beiträgt. Hier konnte eine Produktion qualitätsvoller
elektrischer und feinmechanischer Geräte aufgebaut werden. Dazu gehören auch
Haushaltsgeräte wie Kühlschränke, ebenso jedoch Mopeds und Kleinbusse,
Fernsprech- und Funkanlagen.
Einhergehend mit dem wirtschaftlichen Wandel der Hauptstadt sind auch starke
Suburbanisierungstendenzen beobachtbar, die sich in einem
Bevölkerungsrückgang von 864.000 auf 739.000 zwischen 1993 und 2003
widerspiegeln.
Traditionell ist die lettische Wirtschaft jedoch sehr stark landwirtschaftlich
geprägt. So gilt Lettland als die „Kornkammer des Baltikums“, wobei 1997 schon
nur noch auf 40 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche angebaut wurde.
Besonders auffallend bei den Veränderungen im Ackerbau war der Einbruch bei
der Futterpflanzenerzeugung: 1997 ist die Anbaufläche für Futterpflanzen
gegenüber 1990 um die Hälfte geschrumpft. Zuckerrüben, Ölsaaten und Gemüse
haben nur einen geringen Anteil an der Gesamtanbaufläche, und dieser sinkt in
absoluten Zahlen. Die verzeichnete Vergrößerung der Gesamtanbaufläche seit
1996 ist hingegen auf die steigende Getreideerzeugung zurückzuführen, die
insgesamt an erster Stelle der pflanzlichen Erzeugung steht. Zudem spielt die
Viehwirtschaft eine große Rolle. Insbesondere in der Landwirtschaft war die sehr
rasch vollzogene Privatisierung – nachdem die Landwirtschaft unter der
russischen Besatzung zwangskollektiviert wurde – von großem Vorteil.
Eine der wichtigsten und besonders reichhaltig vorhandenen Ressourcen ist das
Holz, dementsprechend spielt die Holzwirtschaft schon traditionell und auch
weiterhin eine sehr bedeutende Rolle. So sind fast 50 % der lettischen Exporte
Holzartikel und Möbel. Weitere wichtige Industriezweige sind der Elektromotoren-
, Elektrogeräte- und Fahrzeugbau, der Maschinenbau, ferner die chemische und
pharmazeutische Industrie, die Nahrungsmittelindustrie, die Textilindustrie sowie
zunehmend die Informations- und Telekommunikationsindustrie.
Insbesondere in den letzten Jahren hat vor allem der Tourismus an Bedeutung
gewonnen, die Besucherzahlen – vor allem seitens westlicher Touristen – steigen
deutlich, die Infrastruktur wird ausgebaut. Viele größere Städte sind gut auf
ausländische Besucher eingerichtet, d.h. immer mehr Anbieter – insbesondere
von ländlichen Ferienunterkünften – sind dabei, sich auf die Wünsche der
westlichen Besucher einzustellen und so haben die baltischen Hauptstädte auch
schon fast westeuropäisches Preisniveau erreicht.
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 53

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Insgesamt betrachtet werden 70 % des BIP im Dienstleistungssektor
erwirtschaftet, auf die Industrie fallen 26 % und die Landwirtschaft ist mit 4 %
am BIP beteiligt. Das gesamte BIP- Wachstum lag 2003 bei 7,5 %, Lettland ist
damit Spitzenreiter aller Beitrittskandidaten. Auch den Rückschlag durch die
Russlandkrise 3 1998, die im Baltikum durch ein Wegbrechen der traditionellen
Absatzmärkte nach Jahren günstiger Wirtschaftsentwicklung zu einer Rezession
im Jahr 1999 führte, konnte Lettland mit einem forcierten Strukturwandel
schneller überwinden als die anderen baltischen Staaten.
Bzgl. der Energieversorgung ist zu sagen, dass Lettland über keine
nennenswerten Rohstoffvorkommen zur Energiegewinnung verfügt.
Erdölvorkommen in der Ostsee sind zwar nachgewiesen, jedoch noch nicht
erschlossen. Deshalb ist die lettische Wirtschaft hier stark auf den Import von
Energieleistungen angewiesen. Da Lettland sehr gewässerreich ist (2.265 Seen
sind größer als 1 ha, 12.400 Flüsse kommen auf eine Gesamtlänge von 38.000
km) werden ca. 70 % des Energiebedarfs durch Wasserkraftwerke gedeckt.
Kernkraftwerke gibt es in Lettland keine.
Bei Betrachtung des lettischen Außenhandels ist festzustellen, dass der russische
Markt als einstiges Hauptabsatzgebiet nahezu weg gebrochen ist, wohingegen
Lettland zunehmend von den Wirtschaftsbeziehungen mit Deutschland profitiert.
Insgesamt gehen mehr als 50 % der Exporte Lettlands in die EU, womit die EU
mittlerweile der größte Handelspartner ist. Dennoch hat man Russland als
Handelspartner nicht abgeschrieben, man will vielmehr zwischen der EU und
Russland eine Brückenfunktion einnehmen. Die Häfen der baltischen Staaten an
der Ostsee sind nach wie vor die wichtigsten Außenhandelshäfen Russlands, sie
sind eine Art Gateway zu den russischen Märkten. Die entscheidende Ost-West-
Transportachse bilden die drei eisfreien Häfen Riga, Ventspils (größter Hafen des
Baltikums) und Liepaja. Zudem ist Riga aufgrund seiner Lage an der
Europastraße Via Baltica (verläuft von Warschau / Polen über Kaunas / Litauen,
Riga, Tallinn nach Helsinki / Finnland) an eine bedeutende internationale
Transitstrecke angeschlossen.
In Bezug auf wirtschaftliche Investitionen richtet Lettland seinen Blick vor allem
auf Großbritannien und Deutschland. Schon jetzt haben hunderte deutsche
Unternehmen in Lettland investiert. Der Standort Baltikum gilt als äußert
attraktiv: Er bietet niedrige Arbeitskosten und Sozialabgaben, geringes
Steueraufkommen und vor allem hoch qualifiziertes und motiviertes Personal.
Zudem geht ein wesentliches Investitionsgeschehen von zurückkehrenden
Exilanten aus, die ihr in Kanada oder den USA verdientes Geld in Lettland
investieren.
Insgesamt haben die baltischen Staaten seit ihrer Unabhängigkeit 1990 bzw.
1991 einen „rigorosen Transformationsprozess zur Marktwirtschaft“ 4 hingelegt,
sie haben es seitdem geschafft, sich in die Weltwirtschaft zu integrieren und
deutlich zum Westen hin auszurichten.
2.3 Entwicklung seit dem EU-Beitritt 2004
Betrachtet man die wirtschaftliche Entwicklung Lettlands und der baltischen
Staaten allgemein seit dem EU-Beitritt so zeigt sich nochmals ein gewaltiger
wirtschaftlicher Sprung, man spricht auch von den sog. „baltischen Tiger-
3 auch Rubelkrise, bezeichnet eine durch massiven Kapitalabfluss ausgelöste Wirtschaftskrise in Russland in
den Jahren 1998 und 1999, Quelle: http://216.239.59.104/search?q=cache:u0NCib6zDAJ:www.netzwelt.de/lexikon/Russlandkrise.html+Russlandkrise&hl=de
4 Claus-Friedrich Laaser, Baltikum-Experte vom Kieler Institut für Weltwirtschaft
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 54

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Staaten“. Dies ist vor allem für Lettland, das – wirtschaftlich betrachtet –
anfänglich auch als das „Sorgenkind“ der Länder, die der EU zuletzt beigetreten
sind, bezeichnet wurde, woraufhin eine Einordnung in die höchste Förderstufe
erfolgte, von großer Bedeutung.
Insbesondere in der lettischen Bauwirtschaft zeichnet sich mit zweistelligen
Wachstumsraten wahrlich ein „Turbo-Wiederaufbau“ ab. Zudem legt der private
Konsum mit Riesensprüngen zu, ablesbar an hohen Zuwächsen bei
Passagierzahlen auf den Flughäfen – der Riga International Airport als
entscheidende Schnittstelle mit ca. 90 % Flügen nach Westeuropa –, der
privaten Kreditaufnahme und Zuwächsen der Einzelhändler und
Supermarktketten. Lettland richtet seinen Blick hinsichtlich einer wirtschaftlichen
Orientierung und Zusammenarbeit vor allem auf Skandinavien (Schweden,
Finnland) und Asien (China).
Derzeit gehen die größten wirtschaftlichen Innovationen und Anstrengungen von
der Hauptstadt Riga aus: Die derzeit stark abnehmende industrielle Tätigkeit
wird abgelöst durch besonders hohe Zuwächse im Bereich (Außen-)Handel und
Transport. Insgesamt wird der entscheidende Beitrag zur lettischen Wirtschaft
durch Riga geleistet, das immerhin 54 % des BIP beiträgt und Arbeitsplatz von
40 % der arbeitenden Bevölkerung Lettlands ist. D.h. auch 65 % des
Aufkommens an Lohn- und Einkommenssteuer gehen von Riga aus.
Dennoch warnen Experten aber auch vor einer sog. Überhitzung. Größtes
Problem ist denn auch die ausufernde Inflation und starkes Kreditwachstum,
aktuell ist Lettland bzgl. der Inflationsrate (März 2005) Klassenschlechtester in
der EU. Daher musste Riga beim Beitritt zum Europäischen
Wechselkursmechanismus auch eine „dauerhafte Verringerung der Inflation“
zusagen.
Außerdem ist Lettland nach Ende der Sowjetherrschaft mit einer Reihe von
Umweltproblemen, wie erodierten Böden, verschmutzten Industriestandorten
und umweltschädlicher Viehhaltung, konfrontiert. Der Einsatz von Pestiziden und
künstlichen Düngemitteln ging zwar in den letzten Jahren stark zurück, dies
beeinträchtigt allerdings die Produktivität in der Landwirtschaft, die nach wie vor
entscheidender Wirtschaftsfaktor ist, bedeutend.
Zudem haben die Begleitmaßnahmen einer liberalen Wirtschaft auch andere
Schattenseiten: Nach wie vor gehören die baltischen Staaten zu den ärmsten EU-
Ländern und werden es in den nächsten Jahren auch bleiben. Lettland hat mit 28
% des EU-Durchschnitts das niedrigste Lohnniveau im Baltikum (entspricht ca.
400 € / Monat), nach landeseigener Statistik müssen mehr als 40 % der
Bevölkerung zu den „Armutsgruppen“ gezählt werden, der Unterschied zwischen
arm und reich ist immer noch sehr groß. Dies ist auch auf die vergleichsweise
hohe Arbeitslosigkeit von fast 10 % – 6,6 % in Riga, bis zu 30 % im ländlichen
Raum – zurückzuführen.
Auch Korruption ist vielerorts verbreitet, um jedoch mehr ausländische
Investoren in das Land zu holen, bedarf es einer konsequenteren Bekämpfung
der Korruption. Die Weltbank führt Lettland an Rang 3 der korruptesten Länder
der Welt.
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 55

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
3 STRATEGY FOR SUSTAINABLE DEVELOPMENT OF
LATVIA
Die lettische Nachhaltigkeitsstrategie trat im August 2002 in Kraft nach Beschluss
durch den Ministerrat. In den Strategieplanungsprozess waren hauptsächlich
Ministerien, NGOs und Stadtverwaltungen involviert. Koordiniert wurde dieser
Prozess durch den National Council for Sustainable Development (NSCD), der
sich aus Ministern verschiedener Ressorts, Stadtverwaltungs- und
Regionalvertretern, Gewerkschaftsvertretern, Arbeitgeberverband,
Wissenschaftlern und Umwelt-NGOs zusammensetzt. Es wurde dabei viel Wert
auf die Beteiligung einer breiten Öffentlichkeit gelegt. So wurden Round Tables,
Expertenausschüsse und das Internet genutzt, um ein gemeinsames Verständnis
der Problematik zu erarbeiten.
Nach Einsetzung der neuen Regierung im November 2002 wurde der NSCD durch
den Council of National Economy ersetzt. Die zentralen Punkte der lettischen
Strategie betreffen Klimaschutz, Naturschutz und Biodiversität, Bildung,
Armutsbekämpfung, Transport und Landwirtschaft. Die politische Verantwortung
für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie liegt beim Premierminister. Der
Council of National Economy soll jährlich auf Basis der Berichte der Ministerien
eine Evaluation durchführen.
3.1 Definition einer nachhaltigen Entwicklung
Nachhaltige Entwicklung
• ist eine Entwicklung, die gegenwärtigen Bedürfnisse befriedigt, ohne dabei
die Möglichkeiten künftiger Generationen deren Bedürfnissen
nachzukommen einzuschränken
• steht unter dem Aspekt der Qualität, die sowohl Verbesserung und
Fortschritt in technologischer Hinsicht, als auch die Entwicklung von
kulturellen, sozialen und ökonomischen Faktoren umfasst
• ist fokussiert auf alle Lebewesen und hat das Ziel der Verbesserung der
Lebensbedingungen aller. Dazu ist es notwendig der Natur respektvoll
gegenüberzutreten und Zerstörungen, sowie Beeinträchtigungen des
Ökosystems zu verhindern.
3.2 Ausarbeitung einer Strategie für nachhaltige
Entwicklung
Die Nachhaltigkeitsstrategie für Lettland hat das Ziel die Richtung der
nachhaltigen Entwicklung festzulegen. Innere und äußere Stabilität,
gemeinschaftliches Vertrauen in Entwicklungsperspektiven und soziale
Zusammenarbeit zur Zielerreichung sind dabei die entscheidenden Elemente. Die
Einführung der Nachhaltigkeitsstrategie geschieht unter folgenden Aspekten:
• eine rasche Integration in NATO und EU mit dem Ziel der Gewährleistung
von ökonomischer, politischer und sozialer Stabilität
• ein hohes Bildungsniveau als Voraussetzung für wirtschaftliche und soziale
Entwicklung
• wirtschaftliche und politische Entscheidungen sollen unter
Berücksichtigung der langfristigen Entwicklungsziele getroffen werden.
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 56

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
3.3 Allgemeine Ziele der lettischen Nachhaltigkeitsstrategie
Die Prinzipien einer globalen Nachhaltigkeitspolitik wurden in der Deklaration von
Rio de Janeiro festgelegt. Die lettische Nachhaltigkeitsstrategie nimmt diese
Deklaration ebenso zur Grundlage wie Lettlands geopolitische Lage, die
naturräumlichen Voraussetzungen und die Erfahrungen hinsichtlich sozialer und
wirtschaftlicher Entwicklung. Als Ziele wurden folgende festgelegt:
• Stärkung des Wohlfahrtsstaates, der Demokratie, der sozialen Gleichheit
und Integration und Schutz des kulturellen Erbes
• Etablierung einer stabilen Wirtschaft, die die sozialen Bedürfnisse
befriedigt. Wirtschaftswachstum unter Berücksichtigung der Aspekte
Umweltverschmutzung und Ressourcenverbrauch
• Sicherung einer gesunden Umwelt für gegenwärtige und künftige
Generationen
• Schutz der Artenvielfalt und des Ökosystems
• Stärkung einer verantwortungsvollen Einstellung und Mentalität in der
Bevölkerung gegenüber der Natur, sowie Steigerung der Effizienz beim
Ressourcenverbrauch
• Unabhängigkeit von internationaler Hilfe, damit verbunden
Eigenständigkeit in wirtschaftlicher Hinsicht
• Integration von umweltpolitischen Aspekten auch in anderen Politikfeldern
• Sicherstellung, dass Marktmechanismen einer nachhaltigen Entwicklung
nicht zuwiderlaufen
• Beteiligung der Bevölkerung im Nachhaltigkeitsprozess
Der Fortschritt bei der Erreichung oben genannter Ziele soll regelmäßig beurteilt
werden.
3.4 Besondere Ziele der lettischen Nachhaltigkeitsstrategie
Aus den allgemeinen Zielen der Nachhaltigkeitsstrategie abgeleitet werden für
eine Vielzahl von Bereichen und Entwicklungsfeldern, die im Folgenden
aufgelistet werden, speziellere Zielsetzungen festgelegt und Indikatoren zur
Messung des Zielerreichungsgrades definiert. Außerdem erfolgt jeweils eine
kurze Beschreibung der aktuellen Situation bzw. Problemstellung.
• Wasserschutz
• Klimawandel und Schutz der Ozonschicht
• Nutzung natürlicher Ressourcen
• Erhaltung der Artenvielfalt
• Müllvermeidung und Müllverwertung
• Bekämpfung der Armut
• Beschäftigungspolitik
• Bildung und Wissenschaft
• Gesundheitswesen
• Wohnungspolitik
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 57

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
• Industrie
• Energie
• Transportwesen
• Landwirtschaft
• Regionalentwicklung
• Tourismus
Eine detaillierte Betrachtung aller 16 Entwicklungsfelder ist im Rahmen dieses
Berichtes nicht möglich. Stellvertretend soll hier die Systematik am Beispiel der
Regionalentwicklung erläutert werden.
3.5 Regionalentwicklung
3.5.1 Beschreibung der Situation
Ausgeglichene und nachhaltige Regionalentwicklung ist die Grundlage für jede
Gesamtentwicklung eines Landes.
Entwicklungsplanung geschieht in Lettland auf vier Ebenen: Bundes-, Regional-,
Bezirks- und Gemeindeebene. Während die Regionalebene – bestehend aus fünf
Planungsregionen – durch Vereinbarungen bzw. Zusammenschlüsse von
Verwaltungsregionen und großen Städten entstand, erfolgt die Planung auf
Bezirksebene durch die Bezirksverwaltung, auf lokaler Ebene durch die
Gemeinden.
Jede der fünf Regionen wird als einzigartig betrachtet, leistet jedoch einen
wichtigen Beitrag zum gesamtstaatlichen Erscheinungsbild. Dabei ist es
notwendig die Eigenheiten und Besonderheiten jeder Region zu schützen und zu
fördern. Es gilt also in allen fünf Regionen (Kurzeme, Vidzeme, Latgale, Zemgale,
Riga) die regionalen Vorteile und wirtschaftlichen Antriebskräfte, sowohl in
ländlichen Gebieten, als auch in den Städten, zu nutzen und dadurch die
gesamtstaatliche Entwicklung zu fördern. Gleichzeitig mit der Koordinierung der
wirtschaftlichen Aktivitäten muss eine Aufwertung der naturbezogenen und
kulturhistorischen Werte erfolgen.
Es bleibt jedoch festzustellen, dass es in Bezug auf das Lohnniveau und daraus
folgend auf den Lebensstandard große Disparitäten zwischen städtischen und
ländlichen Gebieten gibt, vor allem zwischen der Hauptstadt Riga und den
restlichen Regionen Lettlands. Ein Abbau dieser Disparitäten konnte in den
vergangenen Jahren (seit der Ostöffnung) nicht erreicht werden, der Trend zeigt
sogar in Richtung einer Steigerung.
3.5.2 Ziele der Regionalentwicklung
• gesamtstaatliche Unterstützung gemäß der Regionalförderungskarte
Lettland
• Hebung des Lebensstandards in ländlichen Gebieten auf das Niveau der
Städte
• Entwicklung der Küstengebiete unter spezieller Berücksichtigung der
Entwicklung von Häfen
• Beitrag zur gesamtstaatlichen Planung der Regionen
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 58

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
3.5.3 Indikatoren der Zielerreichung
Der Abbau der regionalen Disparitäten wird durch folgende Indikatoren
gemessen:
• Arbeitslosigkeit
• Durchschnittseinkommen
• Anzahl an Unternehmen im Verhältnis zur Bevölkerungszahl
3.5.4 Maßnahmen
• Beseitigung von Faktoren, die die Regionalentwicklung behindern bzw.
einschränken in den speziellen Fördergebieten (territories of special
support) und Förderung der Regionalentwicklung
• Förderung grenzüberschreitender Zusammenarbeit von in- und
ausländischen Grenzregionen
• Ausarbeitung und Implementierung von Programmen zur Verbesserung
der unternehmerischen Situation in den Planungsregionen, unter
besonderer Berücksichtigung der territories of special support
• Förderung der Umorientierung von nicht wettbewerbsfähigen
landwirtschaftlichen Betrieben hin zu anderen Tätigkeitsfeldern, die nicht
zwangsläufig im landwirtschaftlichen Sektor liegen, durch Schaffung neuer
Arbeitsplatzangebote
• Sicherstellung der Partizipation der Holzindustrie an einer effizienten
Landnutzung
• Förderung der Entwicklung der Städte durch Beseitigung von qualitätsbeeinflussenden
Faktoren im städtischen Umfeld
• Etablierung eines Entwicklungsmodells für jede Region unter
Berücksichtigung folgender Faktoren:
o Wirtschaftliche Entwicklung: Förderung von Investitionen, Schaffung
moderner Infrastruktur, Förderung von Unternehmertätigkeit,
Integration der Entwicklung in das Modell der new economy
o Soziale Entwicklung: Verminderung der sozialen Segregation,
Förderung der Beschäftigung und Aufwertung der Arbeitsbedingungen,
Aufwertung des Bildungswesens, Unterstützung der Familien und
Erhöhung der Geburtenrate
o Verwaltungsentwicklung: Stärkung der Städte und Gemeinden,
Integration der Regionen in die internationale Gemeinschaft,
interregionale Informations- und Wirtschaftsbeziehungen
4 VERKEHRSNETZE
Als integrativer Bestandteil einer Strukturanalyse findet sich neben einer
wirtschaftlichen Betrachtung auch eine Darstellung der infrastrukturellen
Voraussetzungen eines Landes. Dieses Kapitel befasst sich mit den Netzen,
welche die Wirtschaftsräume von Lettland innen und nach außen in die
europäische Gemeinschaft verbinden.
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 59

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
In der gezeigten Karte kann man ablesen, dass es in den Baltischen Staaten ein
einigermaßen dichtes Verkehrsnetz gibt. Die meisten der Straßen- und
Schienenkörper sind jedoch noch teilweise aus Zeiten des Sowietischen Staates
und genügen europäischen Transportstandards nur bedingt.
Abbildung 29: Baltische Staaten mit Straßen- und Schienennetzen
4.1 Allgemeine Information zu lettischen Verkehrsnetzen
Paneuropäische Korridore
Durch Lettland führt der Paneuropäische Korridor I, welcher durch das gesamte
Baltikum verlaufend die Finnische Hauptstadt Helsinki und die Polnische
Hauptstadt Warschau verbindet und damit den Link zwischen dem dünn
besiedelten, aber dennoch wirtschaftsstarken skandinavischen Raum und den
bevölkerungsreichen und prosperierenden Regionen im nördlichen Zentraleuropa
herstellt.
Der Korridor I verläuft ausgehend von Helsinki über die Lettische Hauptstadt
Tallinn über die Lettische Hauptstadt Riga, wo er sich teil, um einerseits über die
Russische Enklave Kaliningrad in nordpolnische Danzig zu führen und
andererseits über die Litauische Stadt Kaunas nach Warschau zu verlaufen.
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 60

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Straßennetz
Insgesamt 73.202 km
Straßen 60,472 km
Asphaltiert 28.256 km
Schienennetz
Insgesamt 2,303 km
Breitspur 2,270 km
Elektrifiziert 257 km
Wichtige Flughäfen
Riga International Airport, Liepaja International Airport
Wasserwege
300 km
Häfen
Durrës, Sarandë, Schëngjin, Vlorë, Liepaja, Riga, Ventspils
Abbildung 30: Straßennetz Lettland
Wichtigste hochrangige Straßen
A1(E67) von Riga nach Tallin (Estland)
A2(E77) von Riga nach Pskov (Russische Föderation)
A8(E77) von Riga nach Siauliai (Litauen)
A7(E67) von Riga nach Penevezys (Litauen)
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 61

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Wichtigste hochrangige Schienenverbindungen
Die wichtigen Schienenverbindungen Lettlands folgen im Wesentlichen denen der
Straßen.
4.2 Das Transeuropäische Netz
Um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken und den Zusammenhalt der
Mitgliedstaaten zu fördern, legte die Europäische Union im Juli 1996 die
gemeinschaftlichen Leitlinien für den Aufbau der Transeuropäischen
Verkehrsnetze (TEN) bis 2010 fest. In der europäischen Verkehrsnetzplanung
werden dabei 3 Arten, bzw. Kategorien von Netzen unterschieden.
4.2.1 Netzkategorien
• TEN: Transeuropäische Verkehrsnetze (innerhalb der EU)
• TINA: Transport and Infrastructure Needs Assessment-Netz (in EU-
Beitrittsländern) Die ehemaligen TINA Netze von Lettland wurden durch
den Beitritt der 10 neuen EU-Staaten im Jahre 2004 automatisch ins TEN
Netz integriert.
• Paneuropäische Korridore: Verkehrskorridore, das Rückgrat des TINA-
Netzes. Die 10 paneuropäischen Korridore bilden das Rückgrat der
Verbindungen von den Wirtschaftszentren der EU in den Osten. Auf dem
Territorium der EU bzw. der EU-Beitrittsländer sind die Korridore
Grundlage des TEN- bzw. TINA Netzes.
Abbildung 5: Die Paneuropäischen Korridore
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 62

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
4.2.2 Finanzierung
Die Gemeinschaft trägt zur Finanzierung des Ausbaues der Transeuropäischen
Netze bei. TEN-Projekte werden durch Darlehen der Europäischen
Investitionsbank (EIB) und Garantien des Europäischen Investitionsfonds (EIF)
sowie durch Zuschüsse unterstützt, unter anderem aus den TEN-Haushaltslinien
und den Struktur- bzw. dem Kohäsionsfonds. Der höchstmögliche Zuschuss aus
den TEN-Haushaltslinien liegt bei 50 % für die Planungskosten und bei 10 % für
das Gesamtprojekt.
Es werden nur solche Vorhaben gefördert, die von gemeinsamem Interesse sind
und die von den Mitgliedstaaten, von den Ländern, von Gemeinden oder
Einrichtungen, die mit jenen des öffentlichen Rechts gleichzusetzen sind,
finanziert werden. Mit der TEN-Leitlinie soll die Beteiligung des privaten Sektors
erleichtert werden. Daher spielen öffentlich-private Partnerschaften (PPP,
Private-Public Partnerships) bei der Infrastrukturentwicklung in der EU,
einschließlich den TENs, eine besondere Rolle. Die meisten Mitgliedstaaten
verfolgen PPP-Konzepte.
4.2.3 Verkehrsträger
Schiene
Das transeuropäische Schienennetz setzt sich aus einem
Hochgeschwindigkeitsbahnnetz und dem konventionellen Eisenbahnnetz
zusammen.
Drei Typen von Hochgeschwindigkeitsbahnnetzen werden unterschieden:
• Strecken, die für mindestens 250 km/h gebaut sind
• Linien für etwa 200 km/h
• Strecken, bei denen die Geschwindigkeit aus topografischen Gründen von
Fall zu Fall angepasst werden muss.
Strasse
Das transeuropäische Straßennetz wird von bereits bestehenden, neuen oder
auszubauenden Autobahnen und hochwertigen Straßen gebildet, die wichtige
Funktionen im Fernverkehr erfüllen. Ebenfalls inkludiert sind Strecken, die die
Umfahrung großer Ballungsräume ermöglichen, Verbindungen zu anderen
Verkehrsträgern gewährleisten oder die Anbindung insularer, eingeschlossener
oder am Rande gelegener Gebiete an die zentralen Gebiete der Gemeinschaft
ermöglichen.
Kombinierter Verkehr
Das transeuropäische Netz für den Kombinierten Verkehr umfasst
Umschlageinrichtungen für den kombinierten Verkehr und Eisenbahnstrecken,
Binnenwasserstraßen und den Seeweg, die zusammen mit einem etwaigen Vorund/oder
Nachlauf auf der Straße den Güterfernverkehr ermöglichen; der Bau
oder Ausbau von Schienenwegen und Wasserstraßen muss technisch möglich
und wirtschaftlich rentabel gestaltet werden können.
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 63

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Luftfahrt
Das Transeuropäische Flugnetz besteht aus Flughäfen verschiedener Kategorien
(„internationale Netzpunkte“, „Gemeinschaftsnetzpunkte“, „regionale
Netzpunkte“ oder „Zugangspunkte“) im Gemeinschaftsgebiet.
Ortung und Navigation
Das Transeuropäische Ortungs- und Navigationsnetz umfasst satellitengestützte
Ortungs- und Navigationssysteme sowie die im Rahmen des künftigen
europäischen Funknavigationsplans festgelegten Systeme (darunter das
Satellitennavigationssystem Galileo).
4.2.4 TINA Netze
Im Jahr 1996 einigten sich die EU-Minister und die Minister der
beitrittsinteressierten mittel- und osteuropäischen Länder (Estland, Lettland,
Litauen, Ungarn, Polen, Slowenien, Rumänien, Bulgarien, Tschechische Republik,
Zypern) auf eine Fortsetzung des TEN-Netzes durch die Errichtung eines
Transport Infrastructure Needs Assessment- (TINA-)Netzes.
Entstehung des Netzes
Im Unterschied zum Transeuropäischen Netz ging man bei der Definition des
TINA-Netzes von Anfang an vom Verlauf der paneuropäischen Korridore aus.
Diese stellen das „Backbone” des zukünftigen Netzes dar. Durch zusätzliche
Vorschläge, die die „TINA-Länder” – unter Vorlage von
Verkehrsentwicklungsstatistiken und Baukostenaufstellungen – einbrachten,
wurde das „Backbone” durch weitere Strecken zu einem Netz erweitert. Vom
„Corridor approach” zum „Network approach”, wie es der TINA Final Report
(Oktober 1999) formuliert. Bei der Aufnahme der Strecken in das TINA-Netz
wurde auf grenzüberschreitendeVerbindungswege (TINA/TINA oder TINA/TEN)
Bedacht genommen.
Auch die Finanzierungsmöglichkeiten des Landes wurden ins Kalkül gezogen. Die
gesamte Koordination der Vorschläge zur Gestaltung des TINA-Netzwerks wurde
einem eigens dafür ständig eingerichteten Büro, dem TINA Office Vienna,
übergeben (und aus PHARE-Geldmitteln bezahlt): Das Büro bleibt auch während
der Abwicklung der Projekte Anlauf- und Koordinationsstelle.
Seit Oktober 1999 liegt nun der Schlussbericht zur TINA-Netz-Leitlinie vor. Es
besteht aus einem 20.924 km langen Schienen- und einem 18.683 km langen
Straßennetz. Dazu kommen 4.052 km Binnenwasserstraße, 40 Flughäfen, 20
Seehäfen, 58 Binnenhäfen, 86 Terminals.
Finanzierung
Das TINA-Netz ist nur bis an die Außengrenzen der EU definiert. Finanzierungen
bzw. Finanzierungshilfen von Seiten der EU sind innerhalb der Agenda 2000 in
Form des neugeschaffenen ISPA (Instrument for Structural Policies for Pre-
Accession) vorgesehen. Im Zeitraum von 2000 bis 2006 stehen für Verkehrsund
Umweltprojekte 500 Mio. Euro pro Jahr zur Verfügung.
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 64

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
4.2.5 Vorrangige Vorhaben beim Ausbau der europäischen Netze
Die von der Generaldirektion Energie und Verkehr der europäischen Kommission
vorgeschlagenen vorrangigen Vorhaben sind in 4 Listen zusammengefasst:
Liste 0: Bestandsaufnahme der Projekte von Essen. Auflistung der Vorhaben, die
vor 2010 abgeschlossen werden. Die Gruppe einigte sich auf neue Zeitpläne für
die verbleibenden Vorhaben und nahm sie zusammen mit Erweiterungen im
Gebiet der künftigen Mitgliedstaaten in die Liste neuer vorrangiger Vorhaben mit
einem Zeitrahmen bis 2020 auf (Liste 1).
Liste 1: Neue Prioritäten, die eindeutig definiert sind, einen hohen europäischen
Zusatznutzen aufweisen und hinsichtlich Finanzierung und des rechtzeitig
möglichen Baubeginns realistisch sind. Wichtige Abschnitte von sechs Projekten
von Essen wurden in diese neuen vorrangigen Vorhaben aufgenommen. Die
Länder haben fest zugesagt, mit den Arbeiten in allen Abschnitten dieser
Vorhaben spätestens 2010 zu beginnen, um sie spätestens 2020 betriebsbereit
fertig zu stellen.
Liste 2: Vorhaben mit einem besonders hohen europäischen Zusatznutzen, die
zwar für einen längeren Zeitrahmen ausgelegt sind, aber besonderes Augenmerk
verdienen.
Liste 3: Für den territorialen Zusammenhalt wichtige Vorhaben, die zu den
Zielen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhalts beitragen.
Auswahlkriterien
Alle ausgewählten Vorhaben mussten - auf einer transeuropäischen Hauptachse
des erweiterten Europa liegen, wobei besonders natürliche Barrieren,
Überlastungsprobleme und fehlende Verbindungen berücksichtigt wurden - eine
europäische Dimension aufweisen und ein Volumen von 500 Mio. € überschreiten
- potenzielle wirtschaftliche Bestandsfähigkeit und andere sozioökonomische
Vorteile aufweisen sowie von den betreffenden Mitgliedstaaten zugesagter maßen
innerhalb eines vereinbarten Zeitrahmens fertig gestellt werden.
Als zusätzliche qualitative Kriterien galten
• Der europäische Zusatznutzen des Projekts hinsichtlich seiner Bedeutung
für die Erleichterung des Austauschs zwischen Mitgliedstaaten
• Stärkung des Zusammenhalts
• Beitrag zur nachhaltigen Verkehrsentwicklung unter Berücksichtigung von
Sicherheitsaspekten und des Umweltschutzes durch die Förderung der
Intermodalität
Projekte Lettland
In Liste 2 dieser Klassifizierung scheint die so genannte Rail Baltica auf. Die
Verbindung Helsinki-Tallinn-Riga-Kaunas-Warschau genießt somit in der
Hierarchie der europäischen Verkehrsverbindungen keinen unwesentlichen
Stellenwert.
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 65

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
4.2.6 Herausforderungen und Vorteile in der Verkehrspolitik
Verkehrsverbindungen sind die Voraussetzung für die Freizügigkeit von Gütern
und Personen. Für die wirtschaftliche Entwicklung ist die Verkehrspolitik daher
von wesentlicher Bedeutung. Weder die individuelle Mobilität noch der
Gütertransport können ohne eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur
gewährleistet werden. Damit sich der Binnenmarkt in der erweiterten EU
erfolgreich entwickeln kann, muss die Verkehrsinfrastruktur in den neuen
Mitgliedstaaten in das Netz der EU integriert werden.
Zu erwartende Vorteile für Lettland im Bereich Verkehr
• Für lettische Straßenverkehrsunternehmen wird die Erweiterung die
Durchführung von Straßentransporten erleichtern, da allgemein keine
zweiseitigen Abkommen mit EU-Mitgliedstaaten notwendig sein werden.
Die Durchsetzung strenger technischer Anforderungen für
Verkehrsunternehmen wird die Straßenverkehrssicherheit erhöhen.
• Die Liberalisierung des Schienenverkehrsmarkts dürfte zu mehr
Wettbewerb zwischen Betreibern führen, wodurch die Qualität von
Schienenverkehrsdiensten steigen sollte.
• Der liberalisierte Luftverkehrsmarkt sollte den Wettbewerb zwischen
Luftfahrtunternehmen stärken, was zu sinkenden Flugpreisen führen
könnte. Durch Anwendung strikter Vorschriften wird die Flugsicherheit
verbessert.
EU-Finanzunterstützung für Lettland
• Im Zeitraum 2000-2004 erhielt Lettland 23,5 Mio. € jährlich aus Mitteln
des ISPA-Vor-Beitrittsfonds für Verkehrsvorhaben erhalten. Die meisten
Mittel wurden für vier Vorhaben aufgewendet:
• Modernisierung des Straßenabschnitts von km 21.05 (Lilaste) bis km
40.57 (Skulte), Teil des gesamteuropäischen Korridors I, gemäß
europäischen Straßennormen und -vorschriften(insbesondere Richtlinie
96/53/EG). Das Vorhaben wurde mit 30,8 Mio. € unterstützt.
• Modernisierung der Straße Via Baltica (Teil des gesamteuropäischen
Korridors I) von km 13.0 (Gauja) bis km 21.2 (Lilaste) nördlich von Riga.
Das Vorhaben wurde mit 4,7 Mio. € unterstützt.
• Verbesserung der Verkehrssicherheit auf der Zufahrtstraße zum Flughafen
Riga (Flughafen-Zufahrtstraße P133 und zugehöriger Abschnitt der A10).
Das Vorhaben wurde mit 4,4 Mio. € unterstützt.
• Bau einer neuen Bahnannahmestation in Rezekne, nahe der russischen
Grenze am Knotenpunkt der beiden lettischen Haupteisenbahnlinien: Ost-
West-Linie von Moskau zu den lettischen Häfen und Nord-Süd von St.
Petersburg nach Vilnius. Das Vorhaben wurde mit 7,7 Mio. € unterstützt.
Nach dem Beitritt Lettlands wurden Mittel des Kohäsionsfonds für
Verkehrsvorhaben in Lettland in der Größenordnung von 65 bis 90 Mio. € jährlich
(in Preisen von 2002) für den Zeitraum 2004-2006 aufgewendet und werden
auch noch zukünftig für den Ausbau der Infrastruktur fließen. Ab dem Tag des
Beitritts wurden EU-Finanzmittel für den weiteren Ausbau der Infrastruktur
bereitgestellt. Das Investitionsprogramm wurde bereits vor Beitritt ausgearbeitet
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 66

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
und umfasst die Erneuerung des Schienennetzes, Durchführbarkeitsstudien für
eine Hochgeschwindigkeitsverbindung Rail Baltica (und möglicherweise den
Baubeginn) sowie den weiteren Ausbau der Straßenverbindung Via Baltica.
QUELLEN
Studien
Bewegung statt Stillstand, Ausbau der Infrastruktur – das wichtigste Ziel für den
Wirtschaftsstandort Ostösterreich; Industriellenvereinigung Wien,
Niederösterreich, Burgenland; Wien 2000
Bisping, Stefanie – „Baltikum – Litauen, Lettland, Estland“
Web (Stand Mai 2005)
CIA-World Factbook – Information zu Lettland
http://www.cia.gov/cia/publications/factbook/geos/lg.html
Homepage der Europäischen Union – Sektion Verkehr
http://europa.eu.int/comm/transport/index_de.html
Kartensammlung der Perry Castaneda Universität von Austin, Texas, USA
http://www.lib.utexas.edu/maps/
Routenplaner ViaMichelin
http://www.viamichelin.com/
Homepage des europäischen Statistischen Amtes Eurostat
http://europa.eu.int/comm/eurostat/
http://www.ipicture.de/daten/wirtschaft_lettland.html
http://www.auswaertigesamt.de/www/de/laenderinfos/laender/laeder_ausgabe_html?type_id=12&lan
d_id=93
http://www.ahk-balt.org/
http://www.bpb.de/themen/TZCHS9,0,0,Wirtschaft.html
http://europa.eu.int/comm/agriculture/publi/peco/latvia/summary/sum_de.htm
http://szenarien.fgje.de/laender/lv.htm
http://www.eiz-niedersachsen.de/cgi-bin/framesetlettland.pl?page=ewb/lettland/
wirtschaft.htm&title=EIZ%20Niedersachsen
http://www.bpb.de/publikationen/EGIQJL,2,0,Entwicklungsunterschiede_innerhal
b_einer_erweiterten_EU.html
http://derstandard.at/?url=/?id=2033028
http://www.dw-world.de/dw/article/0,1564,1588216,00.html
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 67

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts.................................... 48
Abbildung 2: Beschäftigung nach Wirtschaftsklassen .................................... 49
Abbildung 3: Baltische Staaten mit Straßen- und Schienennetzen .................. 60
Abbildung 4: Straßennetz Lettland............................................................. 61
Abbildung 5: Die Paneuropäischen Korridore ............................................... 62
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: BIP 1995 - 2002 – absolut in €................................................... 46
Tabelle 2: BIP 1995 - 2002 – relativ (EU25=100) ........................................ 46
Tabelle 3: BIP Wachstum pro Jahr ............................................................. 47
Tabelle 4: BIP 1995 - 2002 nach NUTS3- Regionen (Lettland=100)................ 47
Tabelle 5: Kaufkraft 1995 - 2002 – relativ (EU25=100) ................................ 48
Tabelle 6: Beschäftigungsquoten............................................................... 49
Tabelle 7: Anteil der Beschäftigen in Land- und Forstwirtschaft...................... 49
Tabelle 8: Anteil der Beschäftigen in der Industrie ....................................... 50
Tabelle 9: Arbeitslosenquote 2003............................................................. 50
Wirtschaftsentwicklung Lettland Seite 68

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
INTERREG IIIB: BALTIC SEA REGION
Gudula Pawelak | 0026766
Christina Ringler | 0025834
Jörg Tschurlovitsch | 0025090
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 69

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
INHALTSVERZEICHNIS
1 Einleitung........................................................................................ 71
1.1 Was ist INTERREG? ................................................................................................. 71
1.2 Schwerpunkte von INTERREG IIIB...................................................................... 71
2 INTERREG-Programm „Baltic Sea Region“?..................................... 72
2.1 Ausrichtung des Programms................................................................................. 72
2.2 Allgemeine Ziele dieses Programms sind .......................................................... 72
2.3 Programmgebiet ...................................................................................................... 72
2.4 Prioritäten und Maßnahmen.................................................................................. 72
2.5 Kriterien für förderungswürdige Projekte .......................................................... 74
3 Organisations- und Verwaltungsaufbau .......................................... 75
3.1 Übergangsphase 2004-2006:............................................................................... 75
3.2 Investitionsbank Schleswig-Holstein .................................................................. 75
3.3 Organisation des Joint Secretariat:..................................................................... 76
3.4 Monitoring Committee............................................................................................ 77
3.5 Steering Committee: .............................................................................................. 77
3.6 Sub-Committees / Beratungsgremien................................................................ 78
3.7 Lead Partner Principle............................................................................................. 79
4 Projekte in Entwicklung .................................................................. 81
4.1 Strategien und Wirkungen in der Makro-Region.............................................. 81
4.2 Nachhaltige Entwicklung des Tourismus............................................................ 82
4.3 Polyzentrische Siedlungsstrukturen .................................................................... 83
4.4 Transport- und Kommunikationsverbindungen................................................ 84
4.5 Management des natürlichen und kulturellen Erbes....................................... 85
4.6 Integratives Management des Klimawandels und Nutzung
nachhaltiger Energieformen ................................................................................. 87
4.7 Aufbau der Institution ............................................................................................ 87
Quellen.................................................................................................. 88
Abbildungsverzeichnis........................................................................... 88
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 70

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
1 EINLEITUNG
1.1 Was ist INTERREG?
INTERREG III, die derzeit laufende 3.
Phase von Interreg, ist eine
Gemeinschaftsinitiative des Europäischen
Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)
für die Zusammenarbeit zwischen den
Regionen der Europäischen Union im
Zeitraum 2000-2006. Ziel dieser neuen
Phase von INTERREG ist die Stärkung
des wirtschaftlichen und sozialen
Zusammenhalts in der Europäischen Union
anhand der Förderung grenzübergreifender, transnationaler sowie interregionaler
Zusammenarbeit und ausgewogener räumlicher Entwicklung. Der Einbeziehung
von Regionen in äußerster Randlage und Regionen entlang der Grenzen zu den
Beitrittsländern gilt besondere Aufmerksamkeit.
INTERREG III umfasst drei Ausrichtungen und verfügt über einen
Gesamthaushalt von 4,875 Milliarden Euro (zu Preisen von 1999).
• Ausrichtung A : grenzübergreifende Zusammenarbeit
Die grenzübergreifende Zusammenarbeit benachbarter Gebiete soll
anhand der Umsetzung gemeinsamer Entwicklungsstrategien das
Entstehen grenzübergreifender wirtschaftlicher und sozialer „Pole" fördern.
• Ausrichtung B: transnationale Zusammenarbeit
Die transnationale Zusammenarbeit zwischen nationalen, regionalen und
lokalen Behörden dient der Förderung eines hohen Maßes an räumlicher
Integration innerhalb der Union anhand großräumiger Zusammenschlüsse
europäischer Regionen.
• Ausrichtung C : interregionale Zusammenarbeit
Die interregionale Zusammenarbeit zielt darauf ab, die Politiken und
Instrumente für Regionalentwicklung durch einen umfangreichen
Informations- und Erfahrungsaustausch (Vernetzung) effizienter zu
gestalten.
1.2 Schwerpunkte von INTERREG IIIB
Das INTERREG III-Programm „Baltic Sea Region“ gehört zur Ausrichtung B.
Innerhalb der Ausrichtung B (INTERREG IIIB) wird besonderen Wert auf die
Förderung der integrierten Zusammenarbeit zwischen den Regionen in äußerster
Randlage sowie auf die Integration von Inselregionen gelegt. Diese Ausrichtung
bietet auch Gelegenheit zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen Gruppen
von Regionen, die ähnliche Probleme haben, wie zum Beispiel Berggebiete.
Drei Leitgedanken stehen hinter transnationaler Raumplanung:
• Integrativer Aspekt: Förderung von räumlichen Zusammenhangs und
ausgleichende Regionalentwicklung
• Ökologischer Aspekt: Nachhaltigkeit, Zukunftsfähigkeit versichern
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 71

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
• Innovativer Aspekt: Prozessorientiertes Handeln
Derzeit gibt es 10 derartige Programme, zudehnen neben „Alpenraum“ und
„CADSES“ das Programm „Baltic Sea Region“ gehört.
2 INTERREG-PROGRAMM „BALTIC SEA REGION“?
2.1 Ausrichtung des Programms
Das im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative INTERREG initiierte Programm wurde
ins Leben gerufen, um grenzüberschreitende, transnationale und interregionale
Zusammenarbeit zu fördern.
2.2 Allgemeine Ziele dieses Programms sind
• Entwicklung eines attraktiven, harmonischen und polyzentrischen Systems
von Städten und Regionen bei Stärkung der Stadt-Land-Beziehungen
• Verbesserung der internen / externen Erreichbarkeit unter Sicherstellung
eines gleichwertigen Zugangs zu Infrastruktur und Wissen
• Nachhaltiges Management von Wasserressourcen und Schutz gegen
Hochwasserschäden
• Nachhaltige Entwicklung, Management sowie Schutz anderer natürlicher
Lebensgrundlagen und des kulturellen Erbes
• Meeresübergreifende Raumentwicklung
Zusätzlich sind im Programmplanungsdokument im groben einige
Herausforderungen für die BSR definiert, die vor allem auf die Kooperation der
EU- mit den Nicht-EU-Ländern abzielt:
• Steigende Interaktion von West-, Mittel- und Osteuropa
• Integration von großräumigen Regionen Europas als Element einer
europäischen Raumplanung
• Interkontinentale Beziehungen zu Asien, zum mittleren und fernen Osten,
Afrika und Amerika als Ergänzung zur nördlichen Dimension
• Entfaltung von multikulturellen Entwicklungen und friedliche Koexistenz
2.3 Programmgebiet
Elf Länder, nämlich die EU Mitgliedsstaaten Dänemark, Schweden, Finnland,
Deutschland, Estland, Lettland, Litauen und Polen, aber auch Nordwest-Russland
und Weißrussland nehmen teil (siehe Abbildung 1).
2.4 Prioritäten und Maßnahmen
Priorität 1:
Raumentwicklungskonzepte für spezifische Regionen und Sektoren
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 72

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Maßnahme 1: Entwicklung und Implementierung von Raumstrategien für
Makro-Regionen
Maßnahme 2: Raumentwicklung spezifischer Sektoren
Maßnahme 3: Förderung der räumlichen Entwicklung von Küsten-Zonen,
Inseln und anderer spezifischer Gebiete
Priorität 2:
Förderung der territorialen Strukturen zur Unterstützung der nachhaltigen
Entwicklung der Regionen im Ostseeraum
Maßnahme 1: Förderung einer ausgewogenen polyzentrischen
Siedlungsstruktur
Maßnahme 2: Aufbau von Kommunikations- und Verkehrsnetzen zur
Verbesserung der räumlichen Integration
Maßnahme 3: Förderung der nachhaltigen Bewirtschaftung von Kultur,
Landschaften und natürlicher Ressourcen
Quelle.: Baltic Sea Countries, http://www.spatial.baltic.net, 2005-05-22
Baltic Sea Countries, http://www.spatial.baltic.net, 2005-05-22
Abb. 1: Programmgebiet
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 73

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Priorität 3:
Transnationaler Verwaltungsaufbau, Stärkung der Kapazitäten für
Raumentwicklungsmaßnahmen
Dieser Schwerpunkt verfolgt das Ziel, den Verwaltungsaufbau in regionalen und
lokalen Behörden und anderen für die Raumentwicklung relevanten Stellen zu
fördern. Die Umsetzung erfolgt durch transnationale Zusammenarbeit,
insbesondere durch die Vernetzung nationaler, regionaler und lokaler
Körperschaften sowie Nichtregierungsorganisationen und die sozioökonomischen
Partner.
Priorität 4:
Spezielle Unterstützung für angrenzende Regionen in den Beitrittsländern
Priorität 5:
Grenzüberschreitende Kooperation im Rahmen von INTERREG IIIA in Estland,
Lettland und Nordrussland
Maßnahme 1: Entwicklung der estischen und lettischen Grenzregion
Maßnahme 2: Entwicklung der Regionen außerhalb der EU
Priorität 6:
Grenzüberschreitende Kooperation im Rahmen von INTERREG IIIA in Litauen,
Lettland und Südweißrussland
Maßnahme 1: Technische Hilfe für Management, Umsetzung, Monitoring
und Kontrolle
Maßnahme 2: Technische Hilfe für andere Ausgaben
Maßnahme 3: Technische Hilfe für Management, Umsetzung, Monitoring
und Kontrolle für Priorität 4
Maßnahme 4: Technische Hilfe für Management, Umsetzung, Monitoring
und Kontrolle für Priorität 5 und 6
Maßnahme 5: Technische Hilfe für Ausgaben zu Priorität 5 und 6
Priorität 7:
Technische Hilfe zur Unterstützung grenzüberschreitender Zusammenarbeit
Dieser Schwerpunkt umfasst Maßnahmen für die Verwaltung, Begleitung,
Kontrolle und Bewertung aller Aspekte des Programms sowie für die Information
über das Programm.
2.5 Kriterien für förderungswürdige Projekte
• Es sollten mindestens drei Länder an einem Projekt beteiligt werden;
• Mindestens zwei Länder sollten finanzielle Verpflichtungen übernehmen,
davon muss eines Mitgliedstaat sein.
• Eine Parallel-Finanzierung aus anderen EU-Mitteln ist nicht möglich; davon
ausgeschlossen sind Drittländer, die Mittel über PHARE, TACIS etc.
erhalten.
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 74

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
• Prioritär werden diejenigen Projekte behandelt, die der Kooperation mit
EU-Beitrittskandidaten dienen und im Zusammenhang mit anderen
Politiken im Ostseeraum stehen, wie z.B. VASAB, Nördliche Dimension,
Baltic 21 etc;
• Projekte mit einem Bezug zu Interreg II C - Projekten erfahren hohe
Priorität;
• Beendigung der Projekte innerhalb von drei Jahren (auf jeden Fall vor
2008);
• Konkrete, messbare und innovative Ergebnisse der Projekte
3 ORGANISATIONS- UND VERWALTUNGSAUFBAU
3.1 Übergangsphase 2004-2006:
Während der Übergangsphase 2004-2006 werden die beiden
grenzüberschreitenden INTERREG IIIA Prioritäten (Litauen – Lettland -
Weißrussland bzw. Estland – Lettland – Russland) unter der bereits etablierten
gemeinsamen Struktur des BSR Interreg IIIB Programmes realisiert. Während
die Managing und Paying Authority und das Joint Secretariat ihre Funktionen auf
die IIIA Prioritäten ausweiten, gibt es dennoch einige Adaptierungen im
bestehenden Aufbau:
• Gründung eines Steering Committees für Priorität 5: Grenzüberschreitende
Priorität Estland – Lettland – Russland
• Gründung eines Steering Committees für Priorität 6: Grenzüberschreitende
Priorität Litauen – Lettland – Weißrussland
• Gründung eines neuen Büros des Joint Secretariat in Riga (Lettland) als
Sekretariat für die IIIA Prioritäten
• Informationsstellen werden auf nationaler Ebene aufgebaut
Der Organisationsaufbau für die IIIA Prioritäten während der Übergangsphase
soll so eingerichtet, dass nach dem Jahr 2006 eine Trennung von den
transnationalen IIIB Prioritäten erfolgen kann.
3.2 Investitionsbank Schleswig-Holstein
Die teilnehmenden Staaten des BSR INTERREG IIIB Programms haben die Investitionsbank
Schleswig-Holstein als Managing and Paying Authority eingesetzt. Die Investitionsbank Schleswig-
Holstein dient als juristische Person für die Verwaltungsstrukturen des Programms und hat eine
Beaufsichtigungsfunktion für das Joint Secretariat inne.
Aufgaben der Investitionsbank Schleswig-Holstein:
• Erstellung eines Systems zur Sammlung zuverlässiger finanzieller und
statistischer Informationen über die Umsetzung des Programms für
Kontrollindikatoren und Evaluation und zum Austausch dieser Daten mit
der Europäischen Kommission
• Erstellung und Übermittlung (nach Bewilligung des Monitoring
Committees) eines jährlichen Berichts über die Umsetzung des Programms
an die Europäische Kommission
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 75

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
• Organisation der Mid-Term Evaluation in Kooperation mit der Europäischen
Kommission und dem Mitgliedsstaaten
• Sicherstellung der Übereinstimmung mit EU Politiken
Als Paying Authority muss die Investitionsbank Schleswig-Holstein Prognosen
über Fördermittelansuchen an die Europäische Kommission senden. Konkrete
Ansuchen über Fördermittel müssen von ihr erstellt und der Kommission
übermittelt werden. Weiters laufen die Auszahlungen der Fördermittel über die
Investitionsbank Schleswig-Holstein an die Projektpartern ab. Die
Mitgliedsstaaten sind verantwortlich für die finanzielle Kontrolle. Die
Unterstützung der Managing and Paying Authority erfolgt durch das Joint
Secretariat.
3.3 Organisation des Joint Secretariat:
Das Programm hat ein Joint Secretariat, welches durch den Programm-Direktor
geleitet wird. Insgesamt besteht das Sekretariat aus drei Büros mit
verschiedenen Aufgabenschwerpunkten.
• Das Büro in Rostock (Deutschland) konzentriert sich auf die Verwaltung
und das Management des Programmes und unterstützt die Managing and
Paying Authority. Weiters hat dieses Büro die finanzielle Verwaltung inne.
• Das Büro in Karlskrona (Schweden) unterstützt die teilnehmenden Staaten
bei der Projekt- und Programmentwicklung.
• Das Büro in Riga ist zuständig für die Umsetzung der beiden IIIA
Prioritäten.
Hauptaufgaben des Joint Secretariat für transnationale und
grenzüberschreitende Prioritäten:
• Unterstützung der Managing and Paying Authority
• Ausübung der üblichen Sekretariatsarbeiten wie Organisation von
Sitzungen etc.
• Verwaltung der Projektansuchen inklusive Informations- und
Beratungstätigkeit
• Beratung und Unterstützung der transnationalen und
grenzüberschreitenden Projekte betreffender der Umsetzung und
finanzielle Administration
• Überwachung und Kontrolle des Projektfortschritts
• Vorbereitung und Umsetzung von Entscheidungen der Monitoring und
Steering Committees
• Überwachung der Auszahlung von Fördermitteln der Europäischen
Strukturfonds auf Programmebene
• Verteilung von Information und Öffentlichkeitsarbeit
• Kooperation mit nationalen Sub-Committees und anderen
Beratungsgremien
• Kooperation mit Organisationen, Institutionen und Netzwerken innerhalb
der Baltic Sea Region
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 76

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Aufgaben der Kommissionsdelegationen:
• Vertragspartner für externe Elemente (Neighbourhood Tacis Funds)
• Teilnahme an Sitzungen der Steering und Monitoring Committees
• Beteiligung am Projektbewertungsprozess
• Formale Bestätigung der Entscheidungen der Steering Committees
3.4 Monitoring Committee
Hauptaufgaben des Monitoring Committees sind Kontrolle und Überwachung des
gesamten BSR Interreg IIIB Programmes einschließlich der IIIA Prioritäten.
Dadurch sollen Qualität und Effektivität der Umsetzung und Rechenschaft über
den Programmablauf sichergestellt werden.
Aufgaben:
• Bestätigung und Abgleichung von Programmergänzungen
• Prüfung und Bewilligung der Kriterien zur Projektauswahl
• Überwachung der Ergebnisse der Programmumsetzung
• Prüfung und Bewilligung des Jahres- und Abschlussberichts
• Prüfung und Bewilligung von Vorschlägen zur Ergänzung oder Abänderung
einer Kommissionsentscheidung über die Verteilung der Geldmittel
• Öffentlichkeitsarbeit und Information
• Implementierung des Technical Assistance Budgets
• Bewilligung der Verfahrensordnung der Steering Committees
• Bewilligung des Arbeitsplans und des Budgets des gemeinsamen
Sekretariats durch den Vorsitzenden
• Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Prioritäten müssen die IIIA
Steering Committees genaue Vorschläge an das Monitoring Committee zur
Bewilligung übermitteln.
Das Monitoring Committee setzt sich aus jeweils 2-3 Vertretern der einzelnen
Staaten und einem Vertreter der Aland Islands zusammen. Weiters beteiligt sich
die Europäische Kommission und, wenn angebracht, die Europäische
Investitionsbank an der Arbeit des Monitoring Committees. Bei Sitzungen des
Monitoring Committees nehmen die Vorsitzenden der Steering Committees und
Vertreter der Investitionsbank Schleswig-Holstein (Managing and Paying
Authority) teil. Sitzungen haben mindestens einmal im Jahr stattzufinden und
Entscheidungen müssen einstimmig gefällt werden. Unterstützt wird das
Monitoring Committee durch das Joint Secretariat.
3.5 Steering Committee:
Es bestehen insgesamt drei Steering Committees, wobei ein Committee für die
transnationalen IIIB Prioritäten zuständig ist und die beiden anderen sich mit den
IIIA Prioritäten befassen.
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 77

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Aufgaben des Steering Committees für die BSR Interreg IIIB Prioritäten
• Bewilligung der einzelnen Projektansuchen und Entscheidung über die
Nutzung der verfügbaren EU Strukturfonds
• Vorschlag der Auswahlkriterien für Projekte an das Monitoring Committee
• Stellungnahme zur regelmäßigen Überwachung, zu Jahresberichten,
vorgeschlagenen Ergänzungen des Programms etc.
• Koordination mit anderen EU Programmen und Politiken
• Verabschiedung eines Planes zur Öffentlichkeitsarbeit und Informationsweitergabe,
welcher von der Managing Authority bzw. dem Sekretariat
umzusetzen
• Bewilligung des Arbeitsplanes des Joint Secretariat durch den Vorsitzenden
Die hauptsächlichen Aufgaben der beiden Steering Committees für die IIIA
Prioritäten entsprechen weitestgehend den oben genannten Aufgaben, aber
werden durch die Erstellung von detaillierten Vorschlägen an das Monitoring
Committee ergänzt.
Auch das Steering Committee für die IIIB Prioritäten ist aus 2-3 Vertretern der
einzelnen Staaten und einem Vertreter der Aland Islands zusammengesetzt. Der
Vorsitzende des Monitoring Committees und ein Vertreter der Investmentbank
Schleswig-Holstein (Managing and Paying Authority) nehmen an den Sitzungen
teil, welche mindestens zweimal jährlich abgehalten werden müssen. Die
Europäische Kommission hat Beobachtungsstatus. Entscheidungen sind
einstimmig zu treffen. Das Joint Secretariat unterstützt die Steering Committees
bei ihren Aufgaben.
Das Steering Committee für Priorität 5 (Interreg IIIA) setzt sich zusammen aus
einer begrenzten Anzahl von Vertretern der nationalen, regionalen und lokalen
Ebenen von Estland, Litauen und Russland. Die Beteiligung von verschiedenen
sektoralen Ministerien ist von großer Bedeutung.
Im Steering Committee für Priorität 6 (Interreg IIIA) ist jeweils ein Vertreter der
nationalen Behörden mit Interreg IIIA-Zuständigkeit aus Litauen, Lettland und
Weißrussland vertreten. Zusätzlich nehmen jeweils ein Vertreter jeder
betroffenen NUTS III Region und Vertreter der lokalen Behörden teil.
Vertreter der Managing and Paying Authority, die Büros des gemeinsamen
Sekretariats in Riga und Rostock und die Europäische Kommission besitzen bei
beiden IIIA-Steering Committees Beobachtungs- und Beratungsstatus. Sitzungen
haben mindestens zweimal jährlich stattzufinden. Unterstützt werden diese
beiden Committees vom Büro des Joint Secretariat in Riga.
3.6 Sub-Committees / Beratungsgremien
Hinsichtlich der IIIB Prioritäten ist die Beteiligung der regionalen und lokalen
Behörden in der Planungsphase (vor allem als Erbringer von Projektideen) und in
der Umsetzungsphase (als Projektentwickler und für die Mitfinanzierung) des
Programmes und das Mitwirken der Wirtschafts- und Sozialpartner und NGOs von
großer Bedeutung. Um dies zu gewährleisten, wurde in jedem teilnehmenden
Staat ein nationales Sub-Committee eingerichtet. Sie haben Beratungsstatus und
dürfen über bestimmte Bereiche selbst entscheiden. Um Information und
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 78

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Unterstützung auf sub-regionalem Level sicherzustellen, können Staaten über die
Einrichtung von eigenen Sub-Committees für Sub-Regionen entscheiden.
Für die IIIA Prioriäten werden Informationsstellen auf nationaler Ebene
eingerichtet. Information soll auch über die Verwaltungsstrukturen der
Euroregionen bereitgestellt werden. Das Monitoring Committee kann
gegebenenfalls andere Beratungsgremien einrichten oder andere
organisatorische Vereinbarungen treffen, um die Umsetzung des Programms
bestmöglich zu unterstützen.
Monitoring Committee
Überwachung / Kontrolle des Programms
3 Steering Committees
Auswahl der Projekte und Entscheidung über Finanzierung
Investitionsbank Schlewsig-Holstein
Manging
Authority
Paying
Authority
Nationale Sub-Committees
Einbindung der regionalen und lokalen
Behörden, Wirschaftskammern,
Sozialpartner
Information + Beratung
Laufende, tagtägliche Programmverwaltung
Project´s
Lead Partner
Regionen + Gemeinden
Projekt
Partner
Projekt
Partner
Projekt
Partner
Projekt
Partner
Abb. 2: Organisation des Programms (Schematische Darstellung)
3.7 Lead Partner Principle
Für jedes Projekt muss seitens der Projektpartner ein sogenannter „Lead Partner“
aufgestellt werden. Dieser übernimmt die volle finanzielle und rechtliche
Verantwortung für:
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 79

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
• das Projektmanagement
• die Übermittlung des Antragsformulars
• die Unterzeichnung des Subsidy Contract
• Bericht über den Projektfortschritt
• Zahlungsersuchen
Sowohl nationale, regionale und lokale Behörden, als auch öffentlich äquivalente
Institutionen können Projektpartner sein. Unter den öffentlich äquivalenten
Institutionen versteht man öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche
Institutionen, die aus Gründen des öffentlichen Interesses gegründet wurden und
keinen industriellen oder gewerblichen Charakter haben, wie zum Beispiel
akademische Institutionen, NGOs, Entwicklungsagenturen oder
Forschungseinrichtungen. Für die beiden Interreg IIIA-Prioritäten müssen die
Lead Partner aus den EU-Mitgliedsländern (also nicht Russland oder
Weißrussland) kommen.
Finanzierung
Das gesamte Budget für den EU-Teil des Interreg IIIB und IIIA Programms
beträgt 217,2 Mio. Euro, wobei 148,95 Mio. Euro davon aus dem EFRE finanziert
werden. Norwegen steuert dem Budget 6 Mio. Euro bei. Dieses Budget wird auf
die einzelnen Prioritäten aufgeteilt.
Die durchschnittliche Kofinanzierungsrate ist dabei bei den einzelnen Prioritäten
unterschiedlich. Für die Prioritäten 1-3 beträgt die durchschnittliche
Kofinanzierungsrate70%, für Priorität 4 beträgt sie 53,2%, 75% für die
Prioritäten 5-6 und 50% für die Priorität 7. In Abbildung 2wird der Weg der
Finanzierung eines Projektes aus den Prioritäten 1-6 dargestellt:
National co-financing
MS+Nor
(national, regional
or local level)
ERDF/Nor funds
Paying Authority
(Transfer of funds)
ERDF/Nor funds
COM+Nor
Joint Secretariat
(Management of funds)
INTERREG
IIIA
Projects
• request payments from COM
• financial monitoring
• payments to beneficiaries
Abb. 3: Finanzierung eines Projektes aus den Prioritäten 1-6
EU-Förderung sind immer Zuschüsse zu nationalen Zuschüsssen. Das Prinzip der
Zusätzlichkeit fordert daher, dass die Projekte aus den einzelnen Staaten
ebenfalls kofinanziert werden. Die EU-Gelder werden der Zahlungsbehörde
(Investitionsbank Schleswig-Holstein) aus dem EFRE übermittelt, von wo aus die
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 80

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Gelder den einzelnen Projekten zugeteilt werden. Das „Joint Secretariat“ hat
hierbei die Aufgabe, diese Zahlungen zu steuern und zu überwachen.
Die Finanzierung der Priorität 7 (Technische Hilfe) funktioniert etwas anders. Hier
werden die nationalen Beihilfen ebenfalls der Zahlungsbehörde übermittelt. Die
Gelder erhält dann das „Joint Secretariat“, dessen Hauptaufgabe Umsetzungshilfe
bei den Projekten und das Monitoring ist.
4 PROJEKTE IN ENTWICKLUNG
Im folgenden Kapitel werden ausgewählte Projekte, die sich in der
Umsetzungsphase befinden, in ihren Grundzügen dargestellt. Diese Projekte
wurden aus den beiden offiziellen Broschüren zum INTERREG-Programm
entnommen und den Maßnahmenbereichen zugeordnet.
4.1 Strategien und Wirkungen in der Makro-Region
„South Baltic Arc” – Entwicklungsstrategien für die Integration und für die
nachhaltige Entwicklung der südbaltischen Bogenzone. Der internationale
Transportkorridor der „Via Hanseatica“, der die „Baltic Sea Region“ mit
Zentraleuropa verbindet, ist für den politischen und wirtschaftlichen
Zusammenhalt der „Baltic Sea Region“ von großer Bedeutung.
Derzeit existieren aber immer noch viele Grenzen und Barrieren entlang diese
Korridors: Transportverbindungen niedriger Qualität, zahlreiche Landesgrenzen,
traditionelle Wirtschaftsstrukturen und historische Trennungen. Durch
internationale Raumplanung, Entwicklung der Transportwege und ergänzende
Entwicklungsmaßnahmen auf regionaler Ebene. Das Projekt „Südbaltischer
Bogen“ wurde zur Lösung dieser Probleme ins Leben gerufen.
Entwicklungszone „Via Baltica
Nordica“
Die Entwicklungszone „Via Baltica Nordica“
ist eine der dynamischsten
Entwicklungszonen in der „Baltic Sea
Region“. Sie besteht aus den
Wachstumsregionen von Schweden,
Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Polen
und Deutschland, sowie der russischen
Enklave Kaliningrad.
Trotz des Entwicklungspotentials ist diese
Zone immer noch auf das Bewusstsein der
eigenen Identität sowie auf die
verschiedenen unterstützenden Tätigkeiten
in ihren Regionen angewiesen. Durch ein
Pilotprojekt, das die gemeinsamen
Entwicklungsstrategien verwirklicht,
versucht das Projekt „Via Baltica Nordica“
diese Herausforderungen zu überwinden.
Abb. 4: Entwicklungszone „Via Baltica Nordica“
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 81

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Baltic Palette II
Die „Baltic Palette II“ ist das
gemeinsame Ziel der
Stadtregionen rund um
Stockholm, Helsinki, Tallinn,
Riga und St. Petersburg eine
dynamische und nachhaltige
Region zu entwickeln. Die
größten Herausforderungen
in dieser großen Region sind
die
überwältigenden
Unterschiede
im
Entwicklungsniveau zwischen
EU-Ländern und Nicht-EU
Abb.5: Baltic Palette II
Ländern. Das „Baltic Palette
Netzwerk“ wurde entwickelt
um die übernationale Kooperation zu verbessern. Derzeit befasst sich dieses
Projekt mit den Bereichen der Raumplanung, Verkehrssystemplanung,
Informationsgesellschaft, Tourismus und Wasserqualitätsmanagement.
4.2 Nachhaltige Entwicklung des Tourismus
Projekt „SuPortNet II“ – sustainable port network
Boottourismus benötigt eine
intakte Natur, kann aber selbst
zur Bedrohung dieser Natur
werden. Deshalb treten
Konflikte zwischen der
Ausweitung des Boottourismus
und des Naturschutzes sehr
häufig in der „Baltic Sea
Region“ auf. Das in Zukunft
gesetzlich vorgeschriebene
Abwassersammelsystem
bedeutet eine neue
Anforderung für die Häfen. Um
den Boottourismus in der BSR
zu fördern, bedarf es einer
starken Raumplanung und
neuen Formen der
Abb.6: Projekt „SuPortNet II“ – sustainable
Kooperation. In diesem Bereich
port network
setzt die „SuPortNet II“ die
Arbeit des „SuPortNet I“ fort.
Baltic Welcome Centre
Die Probleme auf dem Tourismussektor in der BSR beinhalten hohen Wettbewerb
innerhalb des Sektors, Kompetenz-unterschiede zwischen den Teilnehmern in der
Tourismusbranche verschiedener Regionen und Länder sowie unterschiedliche
Servicequalität.
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 82

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Abb.7: Projekt „Baltic Welcome
Centre“
Zusätzlich ent-sprechen die
gegebenen
lokalen
Informationsstellen nicht den
Anforderungen der Touristen, da
diese die BSR nicht als ein Ziel
betrachten.
Das basiert auf dem Nutzen eine
ganzheitliche Informationsversorgung
für Touristen zu kreieren, die
unterschiedliche Ziele und Sektoren
auf regionaler und internationaler
Ebene beinhaltet.
„Bioenergy Technology Transfer Network“ (BTN)
Die EU strebt nach Verdopplung der Ausnutzung der Bioenergie. Politik und
Gesetzgebung unterstützen ebenfalls die Nutzung dieser alternativen
Energieform. Gegenwärtige Untersuchungen und Entwicklungen führten zu
zuverlässigen Technologien. Neue Technologien sind aber größtenteils noch nicht
implementiert und es fehlt an effizienten Endverbraucherservices. Nur wenige
strategische Maßnahmen wurden bis jetzt entwickelt, um die nachhaltige
Nutzung des Bioenergiepotentials im Planungsprozess zu unterstützen. Das
Projekt BTN versucht diese Herausforderungen zu meistern.
4.3 Polyzentrische Siedlungsstrukturen
Connect Baltic Sea Region (CBSR)
Um auf globaler Ebene bestehen zu können, ist es heutzutage sehr wichtig,
wettbewerbsfähig in Wissen, Innovation und Fähigkeiten zu sein. Der
Ausgangspunkt des Projektes CBSR ist das Problem, dass die mittlegroßen
städtischen Regionen um die Ostsee entweder zu klein sind oder es fehlt ihnen
an wichtiger Kooperation mit der Businessgesellschaft um selbst
wettbewerbsfähig zu sein. Durch die Verbindung neuer Geschäftsideen mit dem
Wissen über die Arbeit von Serviceanbietern und Risikokapitalisten, wird ein
innovatives System in der BSR geschafften.
COMPASS - Competitive Alternatives for Sustainable Private Sector
Investments in the Baltic Sea Region
Das Ziel dieses Projektes ist die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der BSR
durch die Attraktivierung der nachhaltigen Investitionen am privaten Sektor. Das
Projekt wird den öffentlichen Behörden dabei helfen, die grundlegenden
wirtschaftlichen Kosten in der BSR als eine treibende Kraft für die nachhaltige
ökonomische Entwicklung zu verstehen, und Vorschläge für die Verbesserung des
ökonomischen Entwicklungsplanes in den teilnehmenden Regionen beizusteuern.
Das Ziel des Projektes „COMPASS“ ist letztendlich, dass industrielle Investitionen
mittelgroße Städten und Regionen als eine Einrichtung für die polyzentrische
ökonomische Entwicklung sehen.
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 83

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
PIPE - Participation, Identity, Planning & Entrepreneurship
Das Ziel des Projektes „PIPE“ ist die
Innovation und Bürgerbeteiligung in
kleinen Städten und Siedlungen
anzuregen, um nachhaltige, attraktive und
wettbewerbsfähige Regionen zu schaffen.
Sektorübergreifende Planungsmethoden
mit einem bottom up – Ansatz werden
entwickelt werden um den
Gemeinschaftsgeist anzuregen. Dies wird
durch die steigende Beteiligung junger
Menschen und durch die Darstellung, wie
diese einen wichtigen Beitrag für lokale
und regionale Entwicklungen leisten
können, erreicht. Weiters fördert das
Projekt die Unternehmerschaft und
verbessert die Ausbildung junger
Unternehmer durch die Schaffung eines
kompetenten
übernationalen
Ausbildungsnetzwerk zwischen Schulen,
industriellen Organisationen und der
Abb.8: PIPE - Participation, Identity,
Behörden. Eine Kette von Institutionen,
Planning & Entrepreneurship
Gemeinden, Regionen und Einzelpersonen
wird mit dem PIPE Netzwerk verbunden
werden.
4.4 Transport- und Kommunikationsverbindungen
NeLoC - Networking Logistics Centres in the Baltic Sea Region
Das Gütertransportvolumen in der BSR
wächst rasch. Logistikzentren wurden
gegründet, um den Anforderungen für
eine effiziente und flexible
Transportmanagementkette
zu
begegnen, und für die Kooperation
zwischen den unterschiedlichen
Transportarten und Wirtschaftsgebieten.
Die Situation dieser Logistikzentren ist
innerhalb der BSR sehr unterschiedlich.
Es fehlt an innovativen Lösungen und
Technologien, aber auch an der
Kooperation. Das Projekt NeLoC erwidert
diese Erwartungen der Unternehmen,
indem es Unterstützung in Form von
innovativen Transportlösungen und
Technologien, so wie reduzierte Kosten
oder die Möglichkeit besserer Services
und Produkte in Kooperation mit
anderen Unternehmen innerhalb der
Abb.9: Networking Logistics Centres Logistikzentren anbietet.
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 84

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
SEBTrans-Link - South East Baltic Transport Link
Derzeit besteht in der BSR der Trend zu steigenden Handelsvolumen. Die
negativen Umweltkonsequenzen des steigenden internationalen Transportes
können durch die Verwendung von verbesserten Technologien und intermodalen
Transportsystemen minimiert
werden. Durch dieses Projekt
wurde der Bedarf nach einem
Nord-Süd-Korridor in der BSR
nachgewiesen. Verbesserungen
in der Straßeninfrastruktur
machen eine bessere Kohäsion
in kurzer Zeit möglich. Zur
selben Zeit werden öffentliche
Investitionen in die technische
Verbesserungen sowie die
Konstruktion der fehlenden
Verbindungen notwendig, um
die zu erwarteten zukünftigen
Engpässe im Bahnsystem zu
verhindern. Weiters sollte die
Hafeninfrastruktur auch in
Koordination mit den
Hinterlandverbindungen
entwickelt werden. Das Projekt
„SEBTrans-Link“ baut auf diesen
Erkenntnissen auf.
Abb.10: South East Baltic Transport Link
Desicion support
Dieses Projekt versucht den Planungsprozess durch die Erhöhung der
überregionalen Kommunikation zu verbessern. Das Ergebnis des Projektes wird
ein thematisches Netzwerk und ein Zentrum für die Verbesserung des politischen
und unternehmerischen Entscheidungsfindungsprozesses im Bereich der
Raumplanung und für die regionale Entwicklung sein. Der Aufbau dieses
thematischen Netzwerkes soll durch die Durchführung eines gemeinsamen
Pilotprojektes realisiert und unterstützt werden.
4.5 Management des natürlichen und kulturellen Erbes
Crossing Fences
Die Hauptaufgabe dieses Projektes ist die Identifizierung und Stärkung des
nachhaltigen Tourismuspotentials in städtischen und ländlichen Gebieten.
Zusätzlich sollen durch das Projekt neue Gärten und Parks geschaffen und
bestehende Parks attraktiviert werden, um diese zu einem wesentlichen Teil des
Tourismusangebotes zu entwickeln. Durch das Projekt soll weiters ein
erfahrungsbasiertes und produktorientiertes Netzwerk von Experten auf
nationaler und internationaler Ebene gebildet werden. Selbsthilfebemühungen
sollen durch das Projekt generiert und unterstützt werden. Pilotprojekte werden
entwickelt und Handelsaktivitäten werden unterstützt um neue Lösungen,
Entwicklungskonzepte und Maßnahmenpläne für neue und bessere Gärten und
Parks sowie neue tolle Touristenangebote und Produkte zu schaffen.
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 85

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
EuRoB – European Route of Brick Gothic
Durch das EuRoB-Projekt soll die kulturelle Tourismusroute „European Route of
Brick Gothic“ über ein Netz von Städten, die über gotische Ziegelsteinbauwerke
verfügen, rund um die Ostsee gebildet werden. Durch dieses Projekt soll die
Beschäftigung im Tourismusbereich angekurbelt und die bestehenden Potentiale
ausgenützt werden. Das Projekt zielt weiters darauf ab, eine Marketingstrategie
für den Kulturtourismus, eine integrative Entwicklungsstrategie und einen
Maßnahmenplan für die Erhaltung der Gebäude zu erstellen. Durch das Projekt
sollen auch Qualitätsmanagementsysteme für die Hotellerie und die
Tourismusindustrie induziert werden.
Abb.11: EuRoB – European Route of Brick Gothic
SEAREG – Sea Level Effecting the Spatial Development in the Baltic
Region
Durch die globale Erwärmung wird der Wasserspiegel in den nächsten 100 Jahren
ansteigen. Das SEAREG-Projekt werden die Auswirkungen auf die räumliche
Entwicklung in der BSR untersucht. Das Projekt basiert einerseits auf einer
Kooperation zwischen Natur- und Sozialwissenschaften, sowie auf einer
Kooperation zwischen Raumplanern andererseits. Durch das Projekt sollen die
mittel- und langfristigen Auswirkungen des Klimawandel auf die
sozioökonomische Entwicklung erforscht und angemessene Gegenmaßnahmen
entwickelt werden. Durch SEAREG werden Verbindungen zwischen den
meteorologischen, hydrologischen, geologischen und anderen
Umweltuntersuchungen und den Anforderungen der Raumplanung geknüpft.
Neben anderen Resultaten wurden digitale Erhebungsszenarien für den
Klimawandels und spätere Wasserspiegelschwankungen erstellt. Gleichzeitig
schafft SEAREG eine Diskussionsplattform, die Experten auf lokaler und
regionaler Ebene und aus anderen Fachrichtungen zusammenführt. Letztendlich
wird das Projekt konkrete Empfehlungen betreffend des
Langzeitentscheidungsprozesses für eine nachhaltige Raumplanung in der BSR
formulieren.
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 86

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
4.6 Integratives Management des Klimawandels und
Nutzung nachhaltige Energieformen
BALTCOAST - Integrated Coastal Zone Development in the BSR
Die Hauptaufgabe des BALTCOAST Projektes ist die Lösung konkreter, lokaler
und integrativer Entwicklungsprobleme in Küstenzonen und Zusammenfassung
der Erfahrungen mit dem Projekt in gesamtbaltische Tätigkeiten. Das Ziel ist die
Lösung der Konflikte zwischen Naturschutz und Wirtschaft durch einen
innovativen, generell akzeptierten Weg der auf weniger Vorschriften und mehr
Verständnis beruht. Die Konflikte in Gebieten vor der Küste werden durch die
Kombination mit verwandten Teilen der Küstengebiete gelöst. Sowohl entwickelte
Regionen als auch unterentwickelte Regionen werden berücksichtigt. Das Projekt
BALTCOAST kombiniert konkrete Projekte und Maßnahmen mit der Entwicklung
des Planungsprozesses und dessen Vorschriften. Es wird praktische Wege für die
Bewerbung ökonomischer Entwicklung, städtischer Erweiterung und Naturschutz
aufzeigen. Gleichzeitig werden integrative Planung und Entwicklung auch in den
Zonen vor der Küste vorangetrieben, wo es derzeit noch immer an gemeinsamen
Vorschriften und Methoden fehlt.
WEBSR – Wind energy in the BSR - Planning, Construction and
Investment
Das Projekt soll die extremen Disparitäten zwischen den westlichen und östlichen
Regionen der BSR in der Entwicklung und Erfahrung am Windenergiesektor
reduzieren. Über das Projekt soll ein Windenergienetzwerk mit permanenten
Strukturen entstehen, welches das Internet als Informationsnetzwerk zur
Beratung und Kooperation nützt. Zusätzlich sollen online Kurse, die mit einem
offiziell anerkannten Zertifikat abschließen, für Zukunftsspezialisten angeboten
werden. Planungsrichtlinien für Windenergieplanung in weniger erfahrenen
Regionen und Ländern, sowie Praxismaterial für das Arbeiten in diesem Bereich
werden durch das Projekt zur Verfügung gestellt.
4.7 Aufbau der Institution
Baltic Sea Virtual Campus – Supplying the Baltic Sea Region equally with
academic on-line education for balanced regionaldevelopment
Hauptaufgabe des BSVC-Projektes
ist die Umsetzung eines Pilot-
Durchlaufes einer technischen e-
learning-Plattform
als
Ausbildungsinfrastruktur für alle
Partner. Diese Plattform soll
kurzfristig auf Basis der
bestehenden technischen Lösungen
die BSR mit online
Abb.12: Projektpartner des “Baltic Sea
Virtual Campus”
Studienrichtungen unterstützen.
Durch das Projekt wird das
Konsortium „Baltic Sea Virtual
Campus“ gegründet. ECTS-basierte
online Studienrichtungen werden
entwickelt und mit den öffentlichen
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 87

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
und privaten Partnern durchgeführt um die regionalen Bedürfnisse höherer
Bildung zu decken. Diese Studienrichtungen können sowohl mit Master als auch
Bachelor abgeschlossen werden. Zusätzlich wird auch ein online Master-Studium
„Transregional Management“ entwickelt und in Partner-Universitäten umgesetzt.
Eco Forum Baltica
Dieses Projekt hat das Ziel die Entwicklungsplanungs- und den
Abfallwirtschaftsprozess zu entwickeln und die EMS-Perspektive in diese Prozesse
zu integrieren. Das Projekt wird den Wissensstand über EMS, Abfallwirtschaft und
Raumplanung unter den Unternehmen und Regierungen in der östlichen
Ostseeregion erhöhen und fächerübergreifende Kooperation unter den
Teilnehmern schaffen und unterstützen. Eco Forum Baltica unterstützt ebenfalls
die Entwicklung von einer funktionierenden EMAS in Estland, Lettland, Litauen
und Polen und soll Investitionen in sauberere Technologien in den teilnehmenden
Unternehmen und Behörden erleichtern. Zusätzlich wird im Zuge des Projektes
eine Homepage erstellt, die nützliche Informationen über EMS, Raumplanung und
Abfallwirtschaft bietet.
QUELLEN
JOINT SECRETARIAT: The Balitc Sea Region INTERREG IIIB Neighbourhood
Programme, Projects in progress (2001-2005), Mai 2004
JOINT SECRETARIAT: The Balitc Sea Region INTERREG IIIB Neighbourhood
Programme, Projects in progress (2003-2006) 2 nd edition, November 2004
EUROPEAN COMMISSION: Baltic Sea Region INTERREG III B Neighbourhood
Programme 2000 – 2006, August 2004
PowerPoint-Präsentation des BSR INTERREG III B Joint Secretariat, Juni 2005
Hans Kramar: Unterlagen zur VO „Europäische Regionalentwicklung“,
www.srf.tuwien.ac.at/lva/Rp.EU/eu.html, WS 04/05
http://europa.eu.int, 2005-05-22
http://www.bsrinterreg.net, 2005-05-19
http://www.spatial.baltic.net, 2005-05-19
http://europa.eu.int/comm/regional_policy/interreg3/index_de.htm, 2005-05-22
http://www.berlin.de/rbmskzl/europa/foerderprogramme/interreg.html, 2005-
05-22
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abb.1: Programmgebiet........................................................................... 73
Abb.2: Organisation des Programms (Schematische Darstellung)................... 79
Abb.3: Finanzierung eines Projektes aus den Prioritäten 1-6 ......................... 80
Abb.4: Entwicklungszone „Via Baltica Nordica“ ............................................ 81
Abb.5: Baltic Palette II ........................................................................... 82
Abb.6: Projekt „SuPortNet II“ – sustainable port network ............................. 82
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 88

Praxis der Stadtentwicklungsplanung: Exkursion nach Riga und Tallinn SS 2005
Abb.7: Projekt „Baltic Welcome Centre“ ..................................................... 83
Abb.8: PIPE - Participation, Identity, Planning & Entrepreneurship ................. 84
Abb.9: Networking Logistics Centres.......................................................... 84
Abb.10: South East Baltic Transport Link.................................................... 85
Abb.11: EuRoB – European Route of Brick Gothic ........................................ 86
Abb.12: Projektpartner des “Baltic Sea Virtual Campus” ............................... 87
Interreg IIB: Baltic Sea Region Seite 89