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Frankfurt schreibt

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Eine höchst vielversprechende 1 Wiedergutmachung 2<br />

Nahe dem Römer, dem <strong>Frankfurt</strong>er Wahrzeichen 3 , baute man zur Zeit 4 der Renaissance 5<br />

ein fassadenseitig 6 anthrazitfarbenes 7 Gemäuer mit skurrilem 8 Zierrat 9 . Heute mokieren 10<br />

sich Alteingesessene 11 , es ähnele einem Burgverlies 12 .<br />

13<br />

Die Villa hatte eine von der ansässigen 14 Bourgeoisie 15 frequentierte 16 Koryphäe 17 der<br />

Dentologie 18 akquiriert 19 , ein echter Halbgott in Weiß 20 . Er hatte sein Metier 21 von der<br />

Pike 22 auf gelernt, beherrschte es aus dem Effeff 23 und wusste sich topfit 24 zu halten.<br />

25<br />

Eine routinierte Dentalhygienikerin 26 und eine Anästhesistin 27 assistierten 28 ihm.<br />

Allemal 29 auch up to date 30 in jeglichen technischen Raffinessen 31 , nahm der Jünger des<br />

Hippokrates 32 jeden x-Beliebigen 33 ohne Wenn und Aber 34 unter seine Fittiche 35 . Zumal<br />

einige bängliche 36 Patienten des Öfteren 37 einen äußerst besorgniserregenden 38 Anblick<br />

boten.<br />

39<br />

Seine attraktiven Dumpingpreise 40 führten zu einem kolossalen 41 Zusammenströmen 42<br />

Hilfsbedürftiger 43 ohnegleichen 44 . Selbstredend 45 auch das ihm vorauseilende<br />

Renommee 46 als Flaggschiff 47 und Galionsfigur 48 der Kieferchirurgie 49 . Dass dabei der<br />

zuerst mahlte 50 , der zuerst kam, war vielen Uneinsichtigen 51 als Geschäftsgebaren 52 nicht<br />

klarzumachen 53 .<br />

54<br />

Eines wolkenverhangenen Mittwochmorgens 55 , es war Buß- und Bettag 56 , hatte<br />

infolgedessen 57 ein pubertärer 58 Sprayer 59 rotgesehen 60 . Er hatte dem Maestro 61 am<br />

idyllischen 62 , efeuumrankten 63 Entree 64 mit einigen Graffiti 65 aus grellfarbenen 66<br />

aggressiven 67 Hieroglyphen 68 und anderen gräulichen 69 Injurien 70 unwiderruflich 71 seine<br />

Reverenz 72 erwiesen.<br />

73<br />

Der fuchsteufelswilde Arzt hatte nicht umhingekonnt 74 , ohne lange Sperenzien 75 einen<br />

hochbetagten 76 , aber akribisch 77 arbeitenden Detektiv 78 aus der Verwandtschaft 79 zu<br />

engagieren 80 . Dieser hatte die Kanaille/Canaille 81 bald am Schlafittchen 82 und konnte den<br />

Einfaltspinsel 83 so an die Kandare 84 nehmen.<br />

85<br />

Der Wirrwarr wurde effizient 86 gemanagt 87 : Ob zu Recht 88 oder nicht, der inzwischen<br />

todunglückliche 89 , reumütige Frevler 90 – im Übrigen 91 ein schlaksiger 92 Neffe des<br />

weltgewandten 93 Medikus 94 – konnte statt zu quengeln 95 die Chance 96 wahrnehmen 97 ,<br />

seine hanebüchene 98 Schandtat 99 unentgeltlich 100 wiedergutzumachen 101 . Denn der<br />

Tunichtgut 102 kannte sich phänomenal 103 mit EDV-bezogenen 104 Algorithmen 105 aus.<br />

Dies kam zu guter Letzt 106 allen zugute 107 und bewahrte den Arzt sogar davor<br />

bankrottzugehen 108 . Was für manchen Laien 109 eine Sisyphusarbeit 110 gewesen wäre, hatte<br />

der Jungspund 111 flugs 112 fertiggestellt. Mit triumphierendem 113 Lächeln präsentierte 114 er<br />

1


das ein Terabyte 115 große Datenpaket, das von Stund an 116 die Patientenströme 117<br />

manierlich 118 ordnen und mit dem des Weiteren 119 jedermann zurechtkommen 120 würde.<br />

Glossar<br />

1<br />

Durch das voranstehende „höchst“ wird deutlich, dass „vielversprechende“ hier als eine Einheit anzusehen<br />

ist. Man würde sicher nicht sagen „wir haben höchst viel versprochen“.<br />

2<br />

Der Wortbestandteil „wieder“ gehört zum Bedeutungsfeld „erneut“ und wird deshalb mit ie geschrieben.<br />

3<br />

Der erste Teil des Wortes gehört zur ursprünglichen Bedeutung des Verbs „wahren“ = beachten.<br />

4<br />

In diesem Textzusammenhang ist nur die Schreibung in zwei Wörtern korrekt; zusammengeschriebenes<br />

„zurzeit“ heißt „derzeit, jetzt, heute".<br />

5<br />

Aus dem Französischen übernommen; „renaissance“ ist gebildet zu „renaître“= wiedergeboren werden. (In<br />

der Renaissance wurden Elemente der klassischen Antike wiederbelebt.)<br />

6<br />

Das französische Wort „façade“ wurde bereits vor etwa 100 Jahren mit der ss-Schreibung eingedeutscht.<br />

7<br />

„Anthrazit“ (= Kohle) kommt aus dem Griechischen.<br />

8<br />

In diesem Wort steckt das lateinische „scurra“ = Witz. Das c wurde schon im 19. Jahrhundert im<br />

Deutschen zum k.<br />

9<br />

Früher mit nur einem r geschrieben, weil es ursprünglich nicht aus „Zier“ und „-rat“ (wie „Hausrat“ oder<br />

„Unrat“) gebildet wurde, sondern aus „Zier“ und einer althochdeutschen Ableitungssilbe „-ot“. Da dies<br />

kaum noch jemandem bewusst ist, wurde die Schreibung mit der Reform 1996 geändert.<br />

10<br />

Ein schon im Urduden auch in der Schreibung integriertes Wort, das auf das französische „se moquer“<br />

zurückgeht.<br />

11<br />

Da weit und breit kein Wort zu sehen ist, auf das sich das Adjektiv „alteingesessen“ als Beifügung beziehen<br />

könnte, muss es sich um eine substantivierte und daher großzuschreibende Form handeln.<br />

12<br />

Das Wort gehört sprachgeschichtlich nicht zu „verlassen“, sondern zu „verlieren“. Die früher trotzdem<br />

zulässige Schreibvariante mit ß wurde vor etwa hundert Jahren aus dem Duden gestrichen.<br />

13<br />

Das lateinische Wort für „Landgut“ hat sich im französischen „ville“ (= Stadt) und „village“ (= Dorf)<br />

erhalten, bei uns wurde daraus die Bezeichnung eines repräsentativen Wohnhauses.<br />

14<br />

Ist zwar auch mit „sesshaft“ verwandt, wird aber trotzdem seit dem 18. Jahrhundert mit ä geschrieben und<br />

einer gemeinsamen Wurzel mit „Insasse“ (der „Sass“ = Grundbesitzer im Mittelalter) zugeordnet.<br />

15<br />

Als Bezeichnung für das Bürgertum aus dem Französischen übernommen und bis auf die<br />

Substantivgroßschreibung unverändert geblieben.<br />

16<br />

Stammt vom lateinischen „frequentare“, das seinerseits auf das Adjektiv „frequens“ (Genitiv: „frequentis“)<br />

zurückgeht.<br />

17<br />

Das Wort mit der Bedeutung „herausragender Experte“ geht auf das Griechische zurück, wo es „Anführer“<br />

oder „Chorführer“ bedeutet.<br />

18<br />

Das lateinische Wort „dens“ (Genitiv: „dentis“), auf Deutsch „Zahn“, liegt hier zugrunde.<br />

19<br />

Aus dem lateinischen „acquirere“ hat sich – eingedeutscht als k – der Buchstabe vor dem q erhalten.<br />

20<br />

Die Präposition „in“ zeigt an, dass es sich hier um das Farbsubstantiv „[das] Weiß“ handelt.<br />

21<br />

Das zugrunde liegende französische „métier“ hat sich aus dem lateinischen „ministerium“ (= Dienst, Amt)<br />

entwickelt. Heute heißt es in Frankreich und bei uns so viel wie „Beruf, Fachgebiet“.<br />

22<br />

Die „Pike“ ist die integrierte Form des französischen „pique“ und bezeichnet den Spieß des Fußvolkes im<br />

früheren Militärwesen. Danach bedeutet „von der Pike auf“ so viel wie „mit der untersten Stufe der<br />

Ausbildung beginnend“.<br />

23<br />

Im Kaufmännischen wurden bestimmte Waren früher mit dem Zusatz f (= fein), gesteigert mit ff, als<br />

besonders erstrebenswert angepriesen. Möglicherweise geht die Redewendung „etwas aus dem Effeff<br />

können“ darauf zurück.<br />

24<br />

Trotz des Verbs „toppen“ und der Beugungsformen „fitter, fitte, fittes“ wird „topfit“ der englischen<br />

Herkunft nach mit nur einem p und einem t geschrieben.<br />

2


25<br />

Das französische „routine“ enthält „route“ (= Straße) und bedeutete ursprünglich so viel wie<br />

„Wegeerfahrung“, also die Vertrautheit mit den Wegen, auf denen man sein Ziel erreicht.<br />

26<br />

In „Hygiene“ steckt ein griechisches Adjektiv mit der Bedeutung „gesund, heilsam“.<br />

27<br />

Die „Anästhesie“ geht auf das griechische Wort für „Gefühllosigkeit“ zurück. Es ist aus der<br />

Verneinungssilbe „an-“ und einem Verb mit der Bedeutung „fühlen, empfinden“ gebildet.<br />

28<br />

Das zugrunde liegende lateinische „assistere“ belegt eine Besonderheit der lateinischen Wortbildung: In<br />

bestimmten Fällen führt die Vorsilbe „ad-“ (= hinzu) zum Wegfall des d und zur Verdoppelung des ersten<br />

Buchstabens des Stammverbs. Vergleichbare Fälle begründen die noch heute gültigen Schreibweisen von<br />

„Assoziation“, „Affekt“, „Aggression“ und anderen.<br />

29<br />

In der umgangssprachlichen Bedeutung „in jedem Fall“ zusammenzuschreiben.<br />

30<br />

Als Wortgruppe unverändert aus dem Englischen übernommen.<br />

31<br />

„Raffinesse“ sieht französisch aus, steht aber nicht im französischen Wörterbuch (dort findet man<br />

stattdessen „finesse“ oder „raffinement“). Es handelt sich um eine französisierende Bildung zu „raffiniert“,<br />

das nun seinerseits allerdings französischen Ursprungs ist.<br />

32<br />

Ein sehr einflussreicher und berühmter Arzt der griechischen Antike. Der erste Teil seines Namens geht<br />

auf das griechische Wort für „Pferd“ zurück, das als etwas verkürzter zweiter Bestandteil auch im Namen<br />

„Philipp“ enthalten ist.<br />

33<br />

Das x ist hier das immer kleingeschriebene mathematische Zeichen für eine unbekannte Größe. Es bleibt in<br />

der Substantivierung von „x-beliebig“ ebenso erhalten wie das kleine i im Wort „i-Punkt“.<br />

34<br />

Die Präposition „ohne“ signalisiert die Substantivierung: ohne [ein] Wenn und [ohne] [ein] Aber.<br />

35<br />

Der „Fittich“ ist ein älteres Wort für „Flügel“. Wer unter jemandes Fittiche genommen wird, dem geht es<br />

wie einem jungen Vogel, der vom Elterntier warm und bequem unter den Flügeln geborgen wird.<br />

36<br />

Gehört zu „Bange“ (= Angst; wie in „Bangemachen gilt nicht“).<br />

37<br />

Der Artikel „des“ signalisiert die Großschreibung von „Öfteren“. Vor 1996 galt hier Kleinschreibung mit<br />

der Begründung, dass „des Öfteren“ durch das einfache Adverb „öfter“ ersetzbar ist.<br />

38<br />

Vergleichen Sie hierzu die Anmerkung 1.<br />

39<br />

Vergleichen Sie hierzu die Anmerkung 28.<br />

40<br />

Das englische Wort „to dump“ heißt so viel wie „zu Schleuderpreisen verkaufen“, eigentlich sogar „auf<br />

den Müll werfen“.<br />

41<br />

Aus dem lateinischen „colossus“ wurde im Französischen der „colosse“, wozu das Adjektiv „colossale“<br />

gebildet wurde. Dieses haben wir ins Deutsche übernommen und in der Schreibung schon im 19.<br />

Jahrhundert angepasst.<br />

42<br />

Es ist von „einem … Zusammenströmen“ die Rede, es liegt also eine Substantivierung vor.<br />

43<br />

Vergleichen Sie hierzu die Anmerkung 11.<br />

44<br />

Schon vor über hundert Jahren als Zusammensetzung in einem Wort geschrieben worden.<br />

45<br />

Heißt dasselbe wie „selbstverständlich“ und wird wie dieses zusammengeschrieben.<br />

46<br />

Hat im Französischen einen Accent aigu auf dem vorletzten e, der aber im Zuge der Eindeutschung schon<br />

im 19. Jahrhundert verloren ging.<br />

47<br />

Das „Flaggschiff“ verdankt seinen Namen der Flagge des maritimen Befehlshabers, die das führende Schiff<br />

einer Flotte kennzeichnete.<br />

48<br />

Das „Galion“, der kunstvoll geschnitzte Vorbau am Bug eines Schiffes, kam als Wort über das<br />

Französische und das Niederländische aus dem Spanischen zu uns. In allen diesen Sprachen hatte es nur ein l,<br />

und dabei ist es auch im Deutschen geblieben.<br />

49<br />

Der aus dem Griechischen stammende „Chirurg“ hatte dort ursprünglich die Bedeutung „Handwerker“.<br />

Der erste Bestandteil des Wortes ist auch in „Chiromantie“ (= Handlesekunst) enthalten, der zweite auch in<br />

„Demiurg“ (= Schöpfer, Baumeister der Welt).<br />

50<br />

Das Sprichwort „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ geht auf den sogenannten „Sachsenspiegel“ zurück,<br />

eine Sammlung von Rechtsvorschriften aus dem 13. Jahrhundert. Es regelt die Reihenfolge der Benutzung<br />

einer Mühle und enthält deshalb das mit h zu schreibende Verb „mahlen“.<br />

51<br />

Vergleichen Sie hierzu Anmerkung 11.<br />

3


52<br />

Das „Gebaren“ gehört wortgeschichtlich zu den Wörtern „gebärden“ und „gebären“, in denen der lange<br />

Vokal bis heute ohne Dehnungs-h geblieben ist. Die ebenfalls zu dieser Familie zu rechnende „Bahre“ hat<br />

sich hingegen im Laufe der Jahrhunderte ein h zugelegt.<br />

53<br />

Zu den heute eindeutig auf Zusammenschreibung festgelegten Verbindungen von Adjektiv und Verb<br />

gehört „klarmachen“ in den Lesarten „erklären, erläutern“ und „[ein Schiff] gefechtsbereit machen“.<br />

54<br />

Als „wolkenverhangen“ bezeichnen wir einen „von Wolken verhangenen“ Himmel. Da hier ein Wort (das<br />

„von“) einer längeren Wortgruppe eingespart wird, <strong>schreibt</strong> man „wolkenverhangen“ zusammen.<br />

55<br />

Der „Mittwochmorgen“ bleibt auch im Genitiv ein zusammengesetztes Substantiv.<br />

56<br />

Bei der verkürzten Verbindung von „Bußtag und Bettag“ wird ein eingesparter Wortbestandteil durch<br />

einen sogenannten „Ergänzungsstrich“ gekennzeichnet.<br />

57<br />

Als zusammengeschriebenes Adverb schon im Urduden von 1880 verzeichnet.<br />

58<br />

Zu „Pubertät“ gebildetes Adjektiv; zugrunde liegt das lateinische „pubertas“ (= Geschlechtsreife).<br />

59<br />

Das englische Wort für „Sprüher“ ist nur mit der Substantivgroßschreibung unverändert ins Deutsche<br />

übernommen worden.<br />

60<br />

Im Sinne von „wütend werden“ gilt „rotsehen“ als zusammenzuschreibende Wortverbindung.<br />

61<br />

Das italienische „maestro“ ist aus dem lateinischen „magister“ (= Lehrer) entstanden. Bei uns wurde<br />

daraus der „Meister“.<br />

62<br />

Das aus dem Griechischen stammende Wort „Idylle“ hieß ursprünglich „Hirtengedicht“ und bezieht sich<br />

eigentlich auf das friedliche, einfache Leben in ländlicher Abgeschiedenheit.<br />

63<br />

Vergleichen Sie hierzu die Anmerkung 54.<br />

64<br />

Vergleichen Sie hierzu die Anmerkung 46.<br />

65<br />

Das italienische Wort „graffito“ geht auf das Verb „graffiare“ (= kratzen) zurück. Die italienische<br />

Schreibung wurde mit Substantivgroßschreibung ins Deutsche übernommen.<br />

66<br />

Das Wort „grell“ heißt ursprünglich so viel wie „zornig“ und geht auf ein Verb „grellen“ zurück.<br />

67<br />

Vergleichen Sie hierzu die Anmerkung 28.<br />

68<br />

Das Wort geht auf das Griechische zurück und bedeutet ursprünglich „heiliges Schriftzeichen“. Heute<br />

verwendet man es auch scherzhaft für etwas sehr unleserlich mit der Hand Geschriebenes.<br />

69<br />

Das von „Grauen“ abgeleitete Adjektiv wurde trotzdem vor 1996 mit eu geschrieben, wodurch es sich von<br />

„gräulich“ als Farbangaben im Sinne von „ins Graue spielend“ unterschied. Heute ist diese Unterscheidung<br />

zugunsten des Stammprinzips aufgegeben.<br />

70<br />

Die lateinische „iniuria“ (= Ungerechtigkeit) wurde wie „Jura“ und „Justiz“ schon im 19. Jahrhundert mit<br />

einem eindeutschenden j geschrieben.<br />

71<br />

Im „Widerruf“ steckt „wider“ im Sinne von „gegen“, das im Unterschied zu „wieder“ (= nochmals,<br />

erneut) mit einfachem i ohne Dehnungs-e geschrieben wird – eine Unterscheidung, die schon der erste<br />

Duden im Jahr 1880 kannte.<br />

72<br />

Die „Reverenz“ ist die (hier ironisch gemeinte) ehrerbietige Begrüßung. Im Unterschied dazu bezeichnet<br />

die „Referenz“ etwas, worauf verwiesen (referiert) wird.<br />

73<br />

Das Wort ist eine Verstärkung des älteren, heute kaum noch gebräuchlichen Adjektivs „fuchswild“.<br />

Offenbar hat man früher beim Fuchs nicht nur an Schläue, sondern auch an besondere Wildheit und<br />

wütendes Verhalten gedacht.<br />

74<br />

Bei „umhinkönnen“ gilt die Zusammenschreibung, weil „umhin“ als selbstständiges Wort nicht<br />

gebräuchlich ist.<br />

75<br />

In diesem Wort steckt zwar das lateinische „sperentia“, aber dessen Bedeutung „Hoffnung“ hat sich darin<br />

nicht erhalten. Es wurde von des Lateinischen Unkundigen mit „sich sperren“ in Verbindung gebracht und<br />

gewann so im Laufe der Zeit die Bedeutung von „unnötigen Widerständen, Schwierigkeiten“.<br />

76<br />

Der erste Bestandteil „hoch“ ist hier ein bedeutungsverstärkender Zusatz, der mit dem Adjektiv<br />

zusammengeschrieben wird.<br />

77<br />

Das kirchenlateinische „acribia“ heißt so viel wie „höchste Genauigkeit“ und wurde als „Akribie“ ins<br />

Deutsche integriert. Davon ist das Adjektiv abgeleitet.<br />

78<br />

Über das Englische „detective“ kam dieses Wort ins Deutsche; die ältere Wurzel ist das lateinische Verb<br />

„detegere“ (= enthüllen). Die Eindeutschung vollzog sich in zwei Schritten: Zu Beginn des letzten<br />

Jahrhunderts wurde aus dem c ein k, aber erst 30 Jahre später entfiel das e am Ende der englischen Form.<br />

4


79<br />

„Verwandtschaft“ hat sprachgeschichtlich etwas mit dem Verb „wenden“ zu tun: Ein altes Verb<br />

„verwenden“ im Sinne von „hinwenden“ war dabei im Spiel. Deshalb die Schreibung mit dt, die wir auch in<br />

vergleichbaren Wörtern wie „gewandt“ (= geschickt) oder „zugewandt“ finden.<br />

80<br />

Das Verb „engagieren“ ist mit dem Wort „Gage“ verwandt und bedeutete ursprünglich so viel wie „für<br />

eine Gage verpflichten.<br />

81<br />

Das aus dem Französischen stammende Wort darf sowohl eingedeutscht als auch mit dem ursprünglichen<br />

C am Anfang geschrieben werden. Es hat sprachgeschichtlich etwas mit dem lateinischen „canis“ (= Hund)<br />

zu tun und heißt eigentlich so viel wie „Hundepack, Gesindel“. Heute wird es meist auf böse Einzelpersonen<br />

bezogen.<br />

82<br />

Das „Schlafittchen“ hat sich aus dem Wort „Schlagfittich“ entwickelt, das die Schwungfedern der Enten<br />

oder Gänse bezeichnete. Man packt diese Tiere häufig bei den Flügeln, wenn man sie fangen und<br />

transportieren möchte.<br />

83<br />

Dass „Pinsel“ auch einen einfältigen Mann bezeichnen kann, verdanken wir der älteren Studentensprache,<br />

die vermutlich aus den niederdeutschen Wörtern „Pin“ (= kleiner Nagel) und „Sul“ (= Ahle [ein<br />

Werkzeug]) einen Spottnamen für den Schuster zusammensetzte.<br />

84<br />

Die „Kandare“ ist die Gebissstange im Zaumzeug des Pferdes; Ursprung ist das ungarische Wort „kantár“<br />

(= Zaum, Zügel).<br />

85<br />

Eine sprachspielerische Verdoppelung des Wortstamms von „wirren“, einem selteneren Wort für „wirr<br />

durcheinanderwogen“, führte zu dieser Bezeichnung für „Durcheinander“.<br />

86<br />

Das lateinische Verb „efficere“ liegt hier zugrunde, das so viel wie „bewirken“ bedeutet.<br />

87<br />

Bei der Übernahme von englischen Verben ins Deutsche müssen diese auch irgendwie in das<br />

Beugungssystem der deutschen Verben integriert werden. Das führt zu gelegentlich irritierenden Formen wie<br />

„gemanagt“, die aber grammatisch korrekt sind.<br />

88<br />

Nur die Schreibung in zwei Wörtern ist hier richtig. Ein zusammengeschriebenes „zurecht“ gibt es nur als<br />

Verbzusatz wie bei „zurechtkommen, ich komme zurecht“ oder „zurechtweisen, ich weise zurecht“.<br />

89<br />

Adjektive wie „todtraurig“, „todschick“ oder hier „todunglücklich“ werden in der Regel mit dem die<br />

Bedeutung verstärkenden Substantiv „Tod“ gebildet. Bei Verben wie „totschießen“, „sich totlachen“ bildet<br />

das Adjektiv „tot“ den ersten Bestandteil.<br />

90<br />

Der „Frevel“, der im Mittelhochdeutschen auch am Anfang mit v geschrieben wurde („vrevel“), hat diesen<br />

Buchstaben nur in der Mitte bewahrt, das aber bis heute.<br />

91<br />

Das „im“ (= in dem) signalisiert die Großschreibung. Vergleichen Sie hierzu auch die Anmerkung 37.<br />

92<br />

Das Wort hängt zwar wortgeschichtlich mit dem niederdeutschen „schlack“ (= schlaff) zusammen, wurde<br />

aber vor etwa 70 Jahren schon in der Schreibung mit einfachem k in den Duden aufgenommen.<br />

93<br />

Das Partizip „gewandt“ (zu „wenden“) wird auch in dieser Zusammensetzung mit dt geschrieben.<br />

94<br />

Die orthografische Eindeutschung des lateinischen „medicus“ (= Arzt) erfolgte bereits vor knapp 100<br />

Jahren.<br />

95<br />

Vom mittelhochdeutschen „twengen“ (= bedrängen) hat sich dieses Verb zu seiner heutigen Form und<br />

Bedeutung entwickelt.<br />

96<br />

Die aus dem Französischen übernommene „Chance“ war ursprünglich die Bezeichnung für einen<br />

glücklichen Wurf beim Würfelspiel.<br />

97<br />

Vergleichen Sie hierzu Anmerkung 3.<br />

98<br />

Das Adjektiv hat nichts mit dem Hahn vom Hühnerhof zu tun, sondern ist eine Ableitung vom früheren<br />

Namen „Hagebuche“ der Hainbuche. Das Holz dieses nicht sehr gerade wachsenden, knorrigen Baumes war<br />

als Material schwer zu bearbeiten, und „hagebüchen“ hieß zunächst so viel wie „grob, klotzig“. Daraus<br />

entwickelte sich die heutige Schreibung mit der Bedeutung „empörend, unerhört“.<br />

99<br />

Eine Tat, die Schande bringt, schändlich ist, ist eine „Schandtat“.<br />

100<br />

Das Wort enthält keinen Bestandteil, der etwas mit „Ende“ zu tun hätte, sondern die Vorsilbe „ent-“ und<br />

das Verb „gelten“. Die Kombination hatte schon in alter Zeit die Bedeutung „für etwas zahlen“.<br />

101<br />

In der Lesart „einen Schaden ausgleichen“ handelt es sich um eine in einem Wort geschriebene<br />

Zusammensetzung.<br />

102<br />

Als Zusammenrückung aus „[ich] tu nicht gut“ ist dieses Wort als Bezeichnung für einen Menschen<br />

entstanden, der Unfug macht, etwas Schlimmes tut.<br />

5


103<br />

Das Adjektiv wurde zwar aus dem Französischen („phénoménal“) übernommen, aber in der Schreibung<br />

an das schon länger gebräuchliche „Phänomen“ angeglichen.<br />

104<br />

Bei Abkürzungen, die mit einem Adjektiv zusammengesetzt werden, setzt man zwischen beide Bestandteile<br />

einen Bindestrich.<br />

105<br />

Das mathematische Verfahren ist nach einem persisch-arabischen Mathematiker (Al-Hwarizmi) benannt,<br />

allerdings unter späterer Angleichung an das griechische Wort „arithmós“ (= Zahl). Daher die Schreibung<br />

mit th.<br />

106<br />

In dieser Fügung haben sich die drei Bestandteile bislang ihre orthografische Eingenständigkeit bewahrt;<br />

sie sind nach wie vor getrennt zu schreiben. Die „Letzt“ hatte ursprünglich ein t weniger; das<br />

mittelhochdeutsche „letze“ bedeutete „Abschiedsmahl“.<br />

107<br />

Bei dem Verb „zugutekommen“ gibt es heute nur die aus der Satzstellung resultierende Zweiteilung<br />

„kommt zugute“. 1880 schrieb Konrad Duden noch „zu gute kommen“, seit 1902 war daneben auch<br />

„zugute kommen“ erlaubt, ab 1929 nur noch „zugute kommen“ und erst seit 2006 ist „zugutekommen“ die<br />

einzig richtige Schreibweise.<br />

108<br />

Bis 2006 hieß es „Bankrott gehen, machen“, seither „bankrottgehen“, aber „Bankrott machen“ (weil man<br />

auch „einen Bankrott machen“ sagen kann). Die alte Schreibweise „bankerott“ ist heute nicht mehr<br />

gebräuchlich.<br />

109<br />

Nicht sehr viele Wörter schreiben sich im Deutschen mit ai. Der „Laie“ gehört dazu, was vom<br />

kirchenlateinischen „laicus“ herrührt.<br />

110<br />

„Sisyphus“ ist eine Figur der griechischen Mythologie; er muss als Strafe einen Felsbrocken einen Berg<br />

hinauf rollen, der immer wieder nach unten rollt.<br />

111<br />

Mit einem „Spund“ verschließt man die Öffnung eines Fasses. Zur Bezeichnung für einen jungen<br />

Menschen wurde das Wort wohl, weil der Spund ein relativ kleiner Gegenstand ist.<br />

112<br />

Das Adverb „flugs“ heißt so viel wie „im Fluge“. Daher die Schreibung mit g.<br />

113<br />

Der „Triumph“ und seine Ableitungen haben das ph aus dem Lateinischen („triumphus“ = Siegeszug)<br />

geerbt.<br />

114<br />

In „präsentieren“ steckt die lateinische Vorsilbe „prae-“, die im Deutschen generell in den integrierten<br />

Wörtern zu „prä-“ geworden ist.<br />

115<br />

In der Physik wird mit „Tera-“ das 10¹²-Fache einer Einheit bezeichnet. Das griechische „téras“ bedeutet<br />

so viel wie „etwas ungewöhnlich Großes“.<br />

116<br />

In der Wortgruppe bewahrt sich die sonst kaum noch gebräuchliche Kurzform „Stund“ von „Stunde“.<br />

117<br />

Der „Patient“ geht auf das lateinische „patiens“ (Genitiv „patientis“) zurück, das so viel wie „erduldend,<br />

erleidend“ bedeutet.<br />

118<br />

Wer gute Manieren hat, benimmt sich manierlich. Das Wort „Manier“ lässt sich über einige französische<br />

Zwischenstufen auf das lateinische „manus“ (= Hand) zurückführen. Die „Manier“ ist ursprünglich die Art<br />

und Weise, mit der man mit etwas umgeht, es handhabt.<br />

119<br />

Vergleichen Sie hierzu die Anmerkung 37.<br />

120<br />

In früheren Zeiten erlaubte der Duden neben „zurechtkommen“ auch die Schreibung „zurecht kommen“.<br />

Seit mehr als 80 Jahren gilt aber nur noch die Zusammenschreibung als korrekt. Vergleichen Sie hierzu auch<br />

Anmerkung 88.<br />

6

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