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kenzeichen 2'10 - Kantonsschule Enge

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<strong>kenzeichen</strong><br />

Rektorat<br />

Die KEN – neu organisiert<br />

Berichte<br />

Berlin brennt!<br />

Ein Tag im Leben von<br />

Valérie Schrämli und Noemi Stutz (M09)<br />

Literaturtipp<br />

Max Frischs Entwürfe zu<br />

einem dritten Tagebuch<br />

<strong>kenzeichen</strong> 02/10<br />

Info-Magazin der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> Zürich


2 <strong>kenzeichen</strong> 02/10<br />

Foto: Andreas Haag<br />

Inhalt<br />

Editorial<br />

··<br />

Die Lehre vom Glück 2<br />

Urs Bigler<br />

Rektorat<br />

··<br />

Die KEN – neu organisiert 3<br />

Christoph Wittmer<br />

Neue Lehrpersonen an der KEN<br />

··<br />

Linus Becker (Chemie)<br />

4<br />

··<br />

Lita Hubatka (Französisch)<br />

5<br />

··<br />

Samuel Lang (Mathematik, Physik) 5<br />

Liliane Preissle, Valentina Ivic (H2b)<br />

Berichte<br />

··<br />

HMS-Praktikum<br />

5<br />

Martin Wüthrich (H3a)<br />

··<br />

Maturitätsarbeiten 2010<br />

6<br />

Golzar Piranfar (N1b)<br />

··<br />

Berlin brennt! – Musicalprojekt an der KEN 8<br />

Lara Kaiser (H3a)<br />

··<br />

Eine Erfahrung, die mich high machte 9<br />

Rebecca Blum (W3c)<br />

··<br />

Pingpong-Turnier 10<br />

Dorian Wiederkehr (H1a)<br />

··<br />

Sozialeinsatz 12<br />

Vanessa Amberg (N2a)<br />

Kunst und Kultur<br />

··<br />

Akzentmodul : Kulturkontakt 13<br />

Alexia Panagiotidis (W2a)<br />

Ein Tag im Leben von<br />

··<br />

Valérie Schrämli und Noemi Stutz (M09) 13<br />

Tiffany Sigg (N2b)<br />

Literaturtipp<br />

··<br />

Max Frischs Entwürfe zu einem<br />

dritten Tagebuch 14<br />

Regina Dieterle, Deutschlehrerin<br />

Termine<br />

··<br />

Juli 2010 bis Oktober 2010 16<br />

E d i t o r i a l<br />

Die Lehre<br />

vom Glück<br />

Impressum<br />

Info-Magazin der<br />

<strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> Zürich<br />

www.ken.ch/<strong>kenzeichen</strong><br />

Nr.2, Juli 2010<br />

<strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong><br />

Redaktion <strong>kenzeichen</strong><br />

Steinentischstrasse 10,<br />

8002 Zürich<br />

Herausgeber: KEN-Media<br />

(kenmedia@ken.ch)<br />

Auflage: 1250 Exemplare<br />

Redaktion: Urs Bigler,<br />

Andreas Haag<br />

Layout: Markus Kachel<br />

Druck: Bader+Niederöst AG<br />

Glück soll Unterrichtsfach werden,<br />

das fordert der grüne Nationalrat<br />

Bastien Girod (TA 20.5.10). Dieses<br />

Vertrauen in uns Lehrer/innen und<br />

unsere Fähigkeiten ehrt uns natürlich.<br />

Zu hoffen bleibt allerdings,<br />

sollte denn diese Forderung irgendwann<br />

umgesetzt werden, dass an<br />

unseren Schulen keine Lehrpersonen<br />

vom Schlage eines Dr. Faust unterrichten. Schliesslich<br />

wissen wir, dass dieser Professor, der sich als «gescheiter<br />

als alle Laffen, Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen»<br />

einschätzt und sich mit Leib und Seele der Glückssuche<br />

verschreibt, ihm nahestehende Mitmenschen in grosses Unglück<br />

stürzt und einen beträchtlichen Scherbenhaufen hinterlässt.<br />

Mag dieser Dr. Faust nur eine Gestalt aus der Literatur sein<br />

– sie macht uns doch klar, dass die Glückssuche nicht ganz<br />

trivial, die Fähigkeit zum Glücksempfinden je nach Lebensgeschichte<br />

unterschiedlich ausgebildet ist und es wohl von<br />

der Umsetzung der politischen Forderung bis zum Ausformulieren<br />

des Lehrplans einige Fallstricke zu beseitigen gäbe.<br />

Darum die Frage: Warum nicht darauf vertrauen, dass Schüler/innen<br />

von sich aus finden, was sich der Jungpolitiker als<br />

Glanzidee auf die Fahne schreibt?<br />

Als ehemaliger KEN-Schüler kann ich mit gutem Gewissen<br />

behaupten, dass das an dieser Schule erworbene Wissen zu<br />

meinem Lebensglück beigetragen hat. Zum Beispiel mein<br />

Fremdsprachenwissen beim Genuss von englischer Literatur.<br />

Oder mein Wissen, warum Stiller im gleichnamigen Roman<br />

von Max Frisch scheitert. Oder mein Wissen um Zentripetalkräfte<br />

und Haftreibung, wenn ich auf zwei Rädern in der<br />

Nähe eines eisernen Schachtdeckels unterwegs bin. Oder…<br />

– die Liste könnte schnell noch einige Zeilen wachsen.<br />

In der Hoffnung, dass mir nie das Glück zuteil wird, das Fach<br />

Glück zu unterrichten, und nicht nur ich, sondern möglichst<br />

viele andere Absolventen und Schulangehörige die KEN als<br />

Quelle des Glücks empfinden, wünsche ich viel Vergnügen<br />

bei der Lektüre dieser Ausgabe.<br />

Urs Bigler<br />

Titelbild: Andreas Haag


3<br />

Foto: Andreas Haag<br />

Rektorat<br />

Die KEN – neu<br />

organisiert<br />

Am 10. Mai verfügte Regierungsrätin<br />

Regine Aeppli die Erweiterung unserer<br />

Schulleitung um zwei Stellen<br />

– um ein Prorektorat und eine Adjunktin,<br />

der die Leitung der Administration und des<br />

nicht unterrichtenden Personals obliegt.<br />

Zuvor hatte die Bildungsdirektion die Ergebnisse<br />

des Projektes «Führung und Organisation<br />

der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong>» geprüft<br />

und die darin formulierten Entwicklungsziele<br />

der Schule genehmigt. Dieser Schritt<br />

ist für die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> sehr wichtig:<br />

Sie blickt auf ein stetiges Wachstum von Schüler- und<br />

Lehrerzahlen zurück, und das ungünstige Verhältnis<br />

von je drei Schulleitungsmitgliedern bzw. Mitarbeiterinnen<br />

der Administration auf der einen zu über 1000<br />

Schulangehörigen auf der anderen Seite hätte auf die<br />

Dauer die Qualität der Organisation gefährdet.<br />

Die Erweiterung wird uns zugestanden, da wir in den<br />

vergangenen acht Monaten in einem intensiven Prozess<br />

die Grundlagen für eine neue Organisationsform entwickelt<br />

haben; daraus hervorgegangen sind ein neues<br />

Organisationsmodell, ein Personalentwicklungskonzept<br />

und die Einführung von Prozessmanagement.<br />

Dieser Entwicklungsprozess ist in ähnlicher Form<br />

in den kommenden Jahren für alle Mittelschulen im<br />

Kanton vorgesehen. Die Schulkommission wird dem<br />

Regierungsrat nun die definitive Wahl von Prorektor<br />

Stephan Giess vorschlagen und dem Mittelschul- und<br />

Berufsbildungsamt die Ernennung von Frau Karin Böni,<br />

die zurzeit unser Sekretariat leitet, zur Adjunktin unterbreiten.<br />

Gleichzeitig werden wir im Sekretariat eine<br />

neue Mitarbeiterin einstellen. Wir versprechen uns von<br />

dieser Erweiterung nicht nur bessere Bedingungen für<br />

den Unterricht und die Bewältigung der Administration,<br />

sondern auch mehr Handlungsspielraum für die<br />

Schulleitung: Sie soll sich in Zukunft intensiver mit<br />

der strategischen Ausrichtung der Schule befassen, die<br />

Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer besser unterstützen<br />

können und für die Anliegen der Schülerinnen und<br />

Schüler mehr Zeit zur Verfügung haben.<br />

Der Chef des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes,<br />

Marc Kummer, würdigte in einem festlichen Akt die<br />

zurückliegende Arbeit an der Organisationsentwicklung<br />

und hob hervor, wie rasch und zielsicher dieser<br />

Prozess an der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> abgelaufen war. Wir<br />

danken allen, die das Vorhaben unterstützt haben, insbesondere<br />

den Mitgliedern des Projektteams: Es sind<br />

dies Lukretia Appert-Sprecher und Thomas Gächter


4<br />

aus der Schulkommission, Andreas<br />

Baggenstoss, Thomas Schmidt und<br />

Silvio Stucki als Vertreter der Lehrerschaft<br />

wie auch die ehemaligen und<br />

aktuellen Mitglieder der Schulleitung.<br />

Wechsel im Vorstand des<br />

Elternvereins<br />

Der Elternverein ist für uns ein sehr<br />

wichtiger Partner. Er unterstützt die<br />

Schule in vielfältiger Weise und bringt<br />

die Stimme der Elternschaft in Kommissions-<br />

und Schulentwicklungsarbeit<br />

wirksam ein. Im Mai verzeichnete<br />

der Vorstand personelle Wechsel: Frau<br />

Corinna Glaus und Herr Markus Diethelm<br />

traten nach langjährigem Engagement<br />

für den Verein zurück. Wir<br />

danken beiden herzlich für die grosse<br />

Arbeit zugunsten der <strong>Kantonsschule</strong><br />

<strong>Enge</strong>! Gleichzeitig wünschen wir dem<br />

neuen Präsidenten, Herrn Roberto<br />

Frigg, alles Gute für seine Tätigkeit<br />

und freuen uns auf die Zusammenarbeit!<br />

An dieser Stelle möchten wir alle<br />

Eltern dazu ermuntern, in den Elternverein<br />

einzutreten und sich auf diesem<br />

Weg für die Bildung ihrer Kinder und<br />

die Schule zu engagieren.<br />

Besuch von den Partnerschulen<br />

Das Bewusstsein, dass Kultur und Forschung<br />

auf Austausch gründen, bewog<br />

die <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> dazu, Partnerschaften<br />

mit Bildungsinstitutionen im<br />

Ausland einzugehen. Bereits zum dreizehnten<br />

Mal besucht uns in diesem<br />

Jahr eine Schülergruppe aus Sered‘ in<br />

der Slowakei, und zum sechsten Mal<br />

sind Schüler/innen aus San Francisco<br />

bei uns zu Gast. Das Eintauchen in andere<br />

Lebens- und Schulwelten ermöglicht<br />

viele bereichernde Begegnungen<br />

und Einblicke, gibt aber jeweils auch<br />

Anlass zur Reflexion über die eigene<br />

schulische Situation.<br />

Unterrichtsentwicklung<br />

Der intensive Dialog mit der Universität<br />

und der ETH Zürich der letzten<br />

Jahre führt dazu, dass in kantonalen<br />

Diskussionen über Schulentwicklung<br />

gegenwärtig dem Thema «Überfachliche<br />

Kompetenzen» besondere<br />

Beachtung geschenkt wird. Die<br />

Hochschulinstitute attestieren den<br />

Studienanfängern gute Fachkenntnisse,<br />

wogegen sie in Bereichen wie<br />

Reflexionsfähigkeit, Lernstrategien,<br />

Selbständigkeit und Wissenschaftspropädeutik<br />

Handlungsbedarf erkennen.<br />

Die Lehrerschaft der <strong>Kantonsschule</strong><br />

<strong>Enge</strong> wird als Folge dieses Dialoges an<br />

einer zweitägigen Weiterbildungsveranstaltung<br />

im kommenden September<br />

zusammen mit Vertretern der Schülerschaft<br />

ein Konzept zu überfachlichen<br />

Kompetenzen und selbst organisiertem<br />

Lernen ausarbeiten und Unterrichtseinheiten<br />

vorbereiten, in denen<br />

diese Kompetenzen besser eingeübt<br />

werden können.<br />

Willkommen und Abschied<br />

Zum zweitletzten Mal verabschieden<br />

wir in diesem Jahr die Maturanden<br />

im September, bevor sie in die Studien-<br />

und Berufswelt eintreten; ab 2012<br />

finden die Abschlussprüfungen wie<br />

in anderen Kantonen vor den Sommerferien<br />

statt. Im August begrüssen<br />

wir wiederum gegen 300 Erstklässler/<br />

innen an unserer Schule. Wir heissen<br />

sie in unserer Gemeinschaft herzlich<br />

willkommen und sind sicher, dass<br />

ihnen bereichernde und inspirierende<br />

Jahre an der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> bevorstehen.<br />

Christoph Wittmer<br />

Neue Lehrpersonen<br />

Linus Becker (Chemie)<br />

Foto: zvg<br />

Wenn Linus Becker nicht gerade<br />

an einer Kletterwand zu finden<br />

ist, unterrichtet er seit diesem<br />

Semester an den <strong>Kantonsschule</strong>n <strong>Enge</strong> und<br />

Freudenberg Chemie. Dass seine Lektionen<br />

spannend sind, ist ihm ein Anliegen. Er ist bemüht,<br />

dass Schüler/innen mit Augen, Ohren<br />

und Nase die Experimente mitverfolgen. Als<br />

er selbst noch die Schulbank drückte, mochte<br />

er besonders die Fächer Geschichte und Geografie<br />

sowie auch Chemie. Seine Mittelschulzeit<br />

verbrachte er am Gymnasium Rychenberg<br />

und der <strong>Kantonsschule</strong> Büelrain in Winterthur.<br />

Danach entschied er sich für ein Geografiestudium,<br />

merkte aber bald, dass ihm die exakten<br />

Naturwissenschaften besser entsprachen. Es<br />

folgte ein jähriger Sprachaufenthalt in Kanada,<br />

nach dem er das Chemiestudium an der<br />

ETH aufnahm. Dieser Hochschule blieb er als<br />

diplomierter Chemiker zusätzlich ein Jahr<br />

verpflichtet. In dieser Zeit begann er mit der<br />

Weiterbildung zum Chemielehrer. Aufmerksam<br />

auf die KEN wurde er im Sommer 2009. Im Frühlingssemester<br />

2010 hielt er die ersten Lektionen.<br />

Das Unterrichten bereitet ihm Spass und<br />

die Arbeit mit den Jugendlichen empfindet er<br />

als spannend, auch wenn es ihm nicht immer<br />

leicht fällt, sich so viele Namen zu merken.


5<br />

an der KEN<br />

Lita Hubatka (Französisch)<br />

Samuel Lang (Mathematik, Physik)<br />

Berichte<br />

HMS-<br />

Praktikum<br />

Auf Stellensuche – die Erfahrungen<br />

eines HMS-Schülers<br />

Foto: Liliane und Valentina<br />

Französisch ist nicht immer ein beliebtes<br />

Fach, darum ist es Lita Hubatka<br />

ein Anliegen, die Sprache in<br />

ihrer kulturellen Vielfalt zu lehren, so dass sie<br />

die Schüler/innen nicht als tote Schulsprache<br />

verstehen, sondern als lebendiges, aktuelles<br />

Mittel der Verständigung.<br />

Als sie im August 2009 an der KEN zu arbeiten<br />

begann, gefiel ihr gleich der herzliche Empfang<br />

von Lehrpersonen und Schülern – ein erster<br />

Eindruck, der nicht täuschen sollte. Auch heute<br />

schätzt sie die offene, kreative Art und die<br />

engagierte Stimmung an der Schule sehr. Über<br />

das Verhältnis zu ihren eigenen Schülern und<br />

Schülerinnen sagt sie, dass sie gerne zu ihnen<br />

in den Unterricht gehe und sie alle möge.<br />

Als besonderes Erlebnis ihrer Schulzeit an der<br />

<strong>Kantonsschule</strong> Wiedikon, die sie mit der Matura<br />

des altsprachlichen Profils abschloss, ist ihr<br />

die Arbeitswoche in Griechenland in Erinnerung<br />

geblieben. Sie lernte das Land kennen<br />

und lieben, so dass sie nach der Schule drei<br />

Monate bei den Südeuropäern verbrachte.<br />

Lita Hubatka fühlt sich im Lehrerberuf wohl.<br />

Erste Erfahrungen sammelte sie in Afrika, wo<br />

sie nach der Matura als Primarschullehrerin<br />

unterrichtete. Schon immer wollte sie Lehrerin<br />

werden, da dieser Beruf in der Familie Tradition<br />

hat und sie selber immer gern zur Schule<br />

ging. Der Umgang mit Schülern fällt ihr leicht,<br />

denn sie bringt eine gute Portion Selbstironie<br />

mit und kann in gewissen Situationen auch<br />

über sich selbst lachen, was sie den Schülern<br />

und Schülerinnen sympathisch macht. In der<br />

Freizeit treibt sie gerne Sport, geht oft rennen<br />

und fährt Fahrrad. Nicht zuletzt deswegen findet<br />

sie, dass der Sport in der Schule das nötige<br />

Gewicht verdiene.<br />

Foto: Urs Bigler<br />

Er mag Tennis, die Spielkünste von<br />

Roger Federer im Besonderen, interessiert<br />

sich für Literatur und<br />

kommt aus dem Kanton Glarus – die Rede ist<br />

von Samuel Lang, der seit diesem Schuljahr an<br />

der KEN unterrichtet. Obwohl sein Lieblingsfach<br />

während seiner sechsjährigen Gymizeit in<br />

Glarus Deutsch war, entschied er sich für ein<br />

Physikstudium an der ETH Zürich. An der KEN<br />

bewarb er sich nicht direkt, man wurde aber<br />

trotzdem auf ihn aufmerksam und bald darauf<br />

traf man ihn in den Gängen der KEN an.<br />

An unserer Schule gefallen ihm besonders der<br />

Umgang mit Lehrpersonen und die Reife der<br />

Schüler/innen im sozialen Bereich. Als belastend<br />

am Lehrersein empfindet er, dass die<br />

Notengebung im Einzelfall weitreichende Konsequenzen<br />

für die Schüler/innen haben kann.<br />

Der Lehreralltag aber gefällt ihm sehr, nicht<br />

zuletzt, weil er es spannend findet, sich mit<br />

jungen Menschen auseinanderzusetzen.<br />

Liliane Preissle, Valentina Ivic (H2b)<br />

Am 3. September 2009 konnten wir in<br />

unserer Schulkarriere ein neues Kapitel<br />

aufschlagen: die Praktikumssuche. Zu<br />

diesem Anlass gab es an der <strong>Kantonsschule</strong><br />

Hottingen eine Informationsveranstaltung,<br />

an der sich eine breite<br />

Palette von Unternehmen präsentierte,<br />

die an HMS-Absolventen interessiert<br />

waren. Die Branche, auf die alle gespannt<br />

warteten, war sicherlich jene der<br />

Geldinstitute. Während auf der grossen<br />

Aula-Bühne die Privat- und Grossbanken<br />

auftraten, warben in den Schulzimmern<br />

kleinere Unternehmen um die<br />

Gunst der Absolventen und stellten ihre<br />

Anforderungsprofile vor.<br />

Anfangs waren wir alle noch zuversichtlich,<br />

was das Finden einer Praktikumsstelle<br />

anging. Gemütlich begaben<br />

wir uns nach dem Kontakttag auf<br />

den Nachhauseweg, ohne zu wissen,<br />

was für ein hartes Stück Arbeit uns erwarten<br />

würde. Die Berufswelt ist freilich<br />

hart, doch die Anforderungen an<br />

einen stellensuchenden Schüler sind<br />

gewiss härter.<br />

Im Unterricht bekamen wir ein Dossier,<br />

in dem sämtliche Adressen der jeweiligen<br />

Firmen vermerkt waren. Am besten<br />

sei es, so rieten uns die Lehrpersonen,<br />

wenn man sich bis Mitte September telefonisch<br />

genauer über die Praktikumsstellen<br />

informiere.<br />

Fortan galt es, sich auf die Schule und<br />

auf die Praktikumssuche zu konzentrieren.<br />

Für mich war dies eine beträchtliche<br />

Doppelbelastung. Darum mein<br />

Tipp: Um diese am besten zu ertragen,<br />

solltest du die Bewerbungen nicht auf<br />

die lange Bank schieben und diese den<br />

Praktikumsanbietern möglichst bald<br />

zukommen lassen. So hast du den Kopf<br />

wieder für die Schule frei. Hilfreich für<br />

das Zusammenstellen der Unterlagen<br />

sind Bücher, die auf die klassische Stellensuche<br />

spezialisiert sind und die du in<br />

Bibliotheken ausleihen kannst. Ist der<br />

Brief geschrieben, würde ich ihn mit<br />

jemandem besprechen, am besten mit


6 <strong>kenzeichen</strong> 02/10<br />

einer Lehrperson, und diese auch fragen,<br />

wie der Text auf sie wirke.<br />

Falls du zu einem Vorstellungsgespräch<br />

eingeladen wirst, hast du die erste Hürde<br />

genommen. Deine Person hat bei der<br />

Unternehmung Interesse geweckt. Nun<br />

möchten die Personalverantwortlichen<br />

dich näher kennenlernen, gratuliere!<br />

Doch jetzt gilt es, dass du diese von dir<br />

überzeugst. Eigenwerbung ist gefragt!<br />

Vor einem solchen Vorstellungsgespräch<br />

solltest du dich über die Tätigkeit und<br />

die Bilanz der Unternehmung informieren,<br />

um keinen schlechten Eindruck zu<br />

hinterlassen, falls eine Frage diesbezüglich<br />

auftaucht.<br />

Ich persönlich machte schlechte Erfahrungen<br />

mit den ersten Vorstellungsgesprächen.<br />

Nicht einmal der schicke Anzug,<br />

den ich mir bei H&M gekauft hatte,<br />

konnte die Anspannung vor der ersten<br />

Begegnung mit einem Personalchef lindern.<br />

Ich wusste nicht recht, was von mir<br />

verlangt würde, und am liebsten hätte<br />

ich sie so schnell wie möglich hinter<br />

mich gebracht.<br />

Doch Übung macht den Meister. Mit<br />

der Zeit wurde die Anspannung vor solchen<br />

Vorstellungsgesprächen schwächer,<br />

und ich trat jedes Mal selbstsicherer auf.<br />

Auch erkundigte ich mich jeweils nach 14<br />

Tagen oder spätestens nach einem Monat<br />

nach dem Stand des Auswahlverfahrens,<br />

wenn ich nichts von der Unternehmung<br />

gehört hatte.<br />

Falls man zu den Auserwählten zählt,<br />

kann man sich wirklich glücklich schätzen,<br />

ein Praktikum bekommen zu haben,<br />

vor allem in dieser von der Wirtschaftskrise<br />

geplagten Zeit. Ich war schliesslich<br />

überglücklich, als ich die Zusage von der<br />

Zürcher Kantonalbank erhielt.<br />

Der letzte Tipp: Am Telefon mündlich<br />

zugesagt, gilt!<br />

Viel Glück bei der Stellensuche!<br />

Martin Wüthrich (H3a)<br />

Maturitätsarbeiten 2010<br />

In diesem Frühjahr wurden an der KEN Maturitätsarbeiten<br />

ausgezeichnet. Folgende<br />

Hauptpreisträger/innen stellten ihre Arbeiten<br />

am Mittwoch, dem 10. Februar, einem<br />

interessierten Publikum vor:<br />

·· Oliver Mendelin (W4i),<br />

Affinity in pictures<br />

·· Jill Brütsch (W4e),<br />

Schokolade aus Leidenschaft<br />

·· Dominic Martin (W4e),<br />

Der Haussperling im<br />

Zürcher Hauptbahnhof<br />

·· Sophia Moeschlin (W4i),<br />

Fashion frame<br />

·· Norina Gassmann (W4d),<br />

Comparing DNA damage in 2D<br />

and 3D tumor cell cultures<br />

·· Simon Spirig (W4a),<br />

Die Verschmutzung des öffentlichen<br />

Raumes durch Gratiszeitungen<br />

·· Lisa Rabner (N4d),<br />

Im Zeichen des Olivenbaumes –<br />

eine Erzählung<br />

Während Wochen lagen die Ergebnisse jugendlichen<br />

Forschens und Schaffens in der<br />

Halle der KEN auf. Eine Arbeit vor allem<br />

weckte das Interesse unserer KEN-Journalistin<br />

Golzar Piranfar – jene von Marc Lipton.<br />

Sie führte mit ihm das folgende Interview.<br />

Foto: Golzar Piranfar (N1b)<br />

GP: Marc,<br />

du hast deine<br />

Maturitätsarbeit<br />

über den SVP-<br />

Nationalrat<br />

Ueli Schlüer<br />

geschrieben. Wie<br />

bist du auf diese<br />

Idee gekommen?<br />

ML: Für mich kam von Anfang an ein wirtschaftliches<br />

oder politisches Thema in Frage.<br />

Gemeinsam mit meinem Betreuer Herrn<br />

Spuhler entschloss ich mich dazu, eine Biografie<br />

über Ueli Schlüer zu schreiben, auch<br />

im Hinblick auf die Anti-Minarett-Initiative.<br />

GP: Was thematisierst du genau in deiner<br />

Arbeit?<br />

ML: Ich erläutere den Lebenslauf und schildere<br />

den Werdegang des Politikers, indem<br />

ich auf die verschiedenen Stationen seines<br />

Wirkens eingehe, unter anderem auf seinen<br />

Einstieg in die Politik, seine Anfangszeit<br />

bei Schwarzenbachs Republikanern und auf<br />

seine Migrationspolitik. Auch bringe ich die<br />

von ihm gegründete Zeitung Schweizerzeit,<br />

seine Anti-Minarett-Initiative und viele weitere<br />

wichtige Stationen seines politischen<br />

Werdegangs zur Sprache.<br />

GP: Welche Schwierigkeiten musstest du<br />

meistern? Gab es überhaupt Probleme?<br />

ML: Zu Beginn schrieb ich ihm eine E-mail<br />

und äusserte den Wunsch, dass ich meine<br />

Arbeit gerne über ihn verfassen möchte.<br />

Nach zwei Wochen wurde mir mitgeteilt, er


7<br />

Foto: Andreas Haag<br />

habe im Moment überhaupt keine Zeit, vor<br />

allem wegen der Lancierung seiner Minarett-<br />

Kampagne. Das versetzte mir schon einen<br />

kleinen Dämpfer. Ansonsten hatte ich nicht<br />

mit grossen Problemen zu kämpfen, ausser<br />

vielleicht mit dem Zeitdruck, aber ich denke,<br />

das ist normal.<br />

GP: Standest du denn in Kontakt mit ihm<br />

während der Fertigstellung deiner Arbeit?<br />

Oder trafst du ihn sogar?<br />

ML: Ich traf ihn tatsächlich einmal, an der<br />

Pressekonferenz zur Lancierung der Minarett-Initiative<br />

in Bern. Auf der Fahrt im Zug<br />

von Bern nach Zürich unterhielt ich mich mit<br />

ihm und Roger Köppel, dem Chefredaktor der<br />

Weltwoche, der zufällig mitreiste, über die<br />

Initiative und die Schweizer Politik. Dabei<br />

gewann ich den Eindruck, dass er ein höflicher,<br />

freundlicher und auch zurückhaltender<br />

Mensch ist.<br />

GP: Deine Arbeit wurde mit der Bestnote<br />

ausgezeichnet; würdest du, hättest<br />

du noch einmal die Möglichkeit, eine<br />

Maturitätsarbeit zu schreiben, genau<br />

gleich vorgehen?<br />

ML: Vieles würde ich gleich angehen. Auch<br />

würde ich wieder Herrn Spuhler als Betreuer<br />

wählen, er war mir eine grosse Hilfe.<br />

Golzar Piranfar (N1b)


8 <strong>kenzeichen</strong> 02/10<br />

Foto: Andreas Haag<br />

Foto: Andreas Haag<br />

Musicalprojekt an der KEN<br />

(Leitung: Michael Aeschbach, Anette Ehrlich, Beat Dähler, Teresa Laino)<br />

Foto: Andreas Haag<br />

Rezension von Lara Kaiser Die Geschichte des Musicals<br />

an sich existierte bereits – sie basiert auf den Geschehnissen<br />

rund um die RAF (= Rote Armee Fraktion) in den 60er<br />

Jahren des letzten Jahrhunderts.<br />

Michael Aeschbach, der am Theaterprojekt der KEN bereits<br />

achtmal massgeblich mitwirkte, schrieb sowohl Lieder- als<br />

auch Rollentexte des Stücks. Dieses beginnt damit, dass Anna<br />

(Lara Fritschi) die Kommune 13 in Berlin kennenlernt, in der<br />

ihre ältere Schwester Lisbeth (Kim Kleiber) zurzeit wohnt.<br />

Das Musical gewinnt mit dem Auftritt von Luzius Grünbein<br />

(Jeremy Notz), dem «Bösewicht» des Stücks, an Dramatik.<br />

Die Handlung eskaliert mit einer Bombenlegung und der<br />

Entführung der Staatsanwältin Anke Wannemann (Rilindje<br />

Missini), überrascht mit einer unerwarteten Wendung, als<br />

die Terroristen von der Verräterin Petra Urbach<br />

(Martina Liniger) erfahren und endet<br />

mit der Überwältigung der Staatsfeinde,<br />

wobei offengelassen wird, was mit ihnen<br />

geschieht.<br />

Nicht nur mir, sondern auch vielen anderen<br />

hat die diesjährige Aufführung um einiges<br />

besser gefallen als die vorangehenden. Das<br />

kann an den originellen und zeitgerechten<br />

Kostümen und dem passenden Bühnenbild<br />

liegen, aber auch an der Aktualität des Themas.<br />

Denn das Musical führt uns vor Augen,<br />

dass Terrorismus nicht nur eine Plage unserer<br />

Zeit ist – täglich hören wir von Schreckenstaten<br />

aus fernen Ländern –, sondern<br />

auch schon in den sechziger und siebziger<br />

Jahren in unserem Nachbarland die Menschen<br />

in Angst und Schrecken versetzte und<br />

die Geschichte spürbar prägte.<br />

Mit ihrer Leistung überzeugten mich besonders<br />

Basil Saner in der Rolle des englischsprechenden<br />

Kriegsdienstverweigerers Harry Rawman (Gitarren-<br />

und Gesangssolo), die zwei Hippies (Rebecca Blum<br />

und Tamara Jovic) und der «Bösewicht» Luzius Grünbein<br />

(Jeremy Notz). Positiv aufgefallen ist mir auch Rilindje Missini,<br />

die zuerst eine Terroristin, dann nach kurzem Kostümwechsel<br />

die Staatsanwältin verkörperte.<br />

Das Einzige, was man bemängeln könnte, wäre, dass die<br />

Musik manchmal im Verhältnis zu den Sängerstimmen zu<br />

laut war.<br />

Gespürt hat man, dass alle Beteiligten enorm viel Zeit in<br />

das Musical investierten – ein Eindruck, den Rebecca Blum,<br />

selber Akteurin, in nebenstehendem Erfahrungsbericht bestätigt.<br />

Lara Kaiser (H3a)


9<br />

Foto: Christoph Heer (N4d) Foto: Christoph Heer (N4d) Foto: Christoph Heer (N4d)<br />

Eine Erfahrung,<br />

die mich high machte<br />

Ein Skript in der Hand, schaute ich mich im Spiegel an. Ich<br />

las das Stück und studierte die einzelnen Charaktere. Nächste<br />

Woche sollte das Casting stattfinden. In Gedanken versetzte<br />

ich mich in einzelne Rollen. Jene der Drogen konsumierenden,<br />

das Hauptgeschehen nicht beeinflussenden Hippies, welche die<br />

Handlung humoristisch auflockern, sprach mich von Anfang an.<br />

Ich wollte unbedingt Paula Sprengel spielen. Eine Rolle, die nichts<br />

mit mir zu tun hat, die mir aber auch zusagte, weil Paula einfach sich<br />

selbst ist ohne Rücksicht darauf, wie sie die anderen sehen, und damit<br />

auch gegen die Schönheits- und Verhaltensideale der kapitalistischen<br />

Gesellschaft rebelliert.<br />

In den folgenden Monaten gingen wir Szene für Szene durch. Wir studierten<br />

Dinge ein, nur um dann festzustellen, dass wir nach einer anderen Umsetzung<br />

suchen mussten. Teilweise verstanden wir auch nach mehrmaligen<br />

Durchführungen nicht, was wir genau taten. Noch begriffen wir den Kontext<br />

nicht. Uns waren die Dinge peinlich, und manchmal waren unsere Darbietungen<br />

einfach nur lustig.<br />

Nach den Proben taten mir noch am Abend alle Glieder weh von den ganzen<br />

Meditationen und dem hippiemässigen Dauerschneidersitz. Eine nicht ganz ungefährliche<br />

Übung, denn nicht selten zog sich jemand unserer Truppe einen Splitter<br />

vom Holzboden zu.<br />

Als der Aufführungstermin näherrückte, sahen wir schliesslich das ganze Bild. Wir<br />

waren alle ein Wochenende zusammen im Tonstudio. Eine Freinacht hätte mich nicht<br />

mehr erschöpfen können. Dem Studioaufenthalt folgten jeden Tag Proben. Jeden<br />

Nachmittag. Da sich unsere Stundenpläne stark von jenen unserer Klassenkameraden<br />

unterschieden, wuchsen wir noch mehr zusammen, und bald stand für uns nur noch das<br />

Musical im Vordergrund. Jeden Mittag gingen wir gemeinsam in die Mensa essen. Wir<br />

besetzten mehrere Tische. Das ergab eine Runde, in der alle Passagen aus dem Musical<br />

zitierten, in der plötzlich jemand anfing zu singen und in der sich alle über irgendwelche<br />

Insiderwitze halb totlachten. Wir hatten uns zu einer Gruppe entwickelt, und was andere<br />

davon hielten, war uns egal.<br />

Die Aufführungen waren schliesslich der krönende Abschluss. Ich fühlte mich keine Minute<br />

unsicher auf der Bühne, denn ich wusste, dass mich, sollte ich einen Fehler machen, die anderen<br />

auffangen würden. Und dieses Gefühl war tausendmal besser als der Applaus.<br />

Rebecca Blum (W3c)


10<br />

Am Spieltisch –<br />

mit dem Pingpongschläger<br />

Die Schülerorganisation kennen die meisten<br />

von den zahlreichen ausserschulischen<br />

Veranstaltungen an der KEN. Hinter<br />

solchen Anlässen steckt eine Menge Organisation<br />

und Arbeit, wovon wir nicht viel mitbekommen. Das<br />

Tischtennisturnier gab mir die Gelegenheit, mit Valentina<br />

Müller, Aktuarin der SO, über den Weg von<br />

der Idee bis zur Veranstaltung zu sprechen.<br />

Foto: Dorian Wiederkehr (H1a)<br />

Tischtennisturnier –<br />

wie kommt man auf die Idee?<br />

Die Idee hatte unser Betreuer Herr Ottiger, der begeistert<br />

vom Tischtennis ist. Wir nehmen allgemein Ideen<br />

von überall auf; wenn ein Schüler eine mega coole Idee<br />

hat, führen wir eine Umfrage bei Freunden und Mitschülern<br />

durch, um zu sehen, wie diese ankommt. So<br />

haben wir es auch hier getan, und das Tischtennisturnier<br />

haben viele eine tolle Sache gefunden.<br />

Wie funktioniert die SO als Team?<br />

Die gegenwärtige Zusammensetzung der SO besteht<br />

seit etwa einem Jahr, und wir bilden ein gutes Team.<br />

Wir haben die Aufgaben entsprechend unseren Fähigkeiten<br />

aufgeteilt. Serena Anania ist eine fähige Präsidentin,<br />

da sie immer weiss, was los ist und bedacht<br />

Anweisungen gibt. Christoph Baum gestaltet als Werbeverantwortlicher<br />

die Plakate, die du sicher schon<br />

gesehen hast. Für die Finanzen ist Johannes Lehmann<br />

zuständig. Und ich als Aktuarin dokumentiere alles,<br />

sammle alle Unterlagen und führe Protokoll. Wir ergänzen<br />

uns wirklich, und das fördert den Teamgeist.<br />

Teamgeist – das klingt so toll. Gibt es nie<br />

Meinungsverschiedenheiten?<br />

Natürlich sind wir nicht immer derselben Meinung,<br />

aber einen Streit hatten wir noch nie. Wir verstehen<br />

uns untereinander wirklich sehr gut. Meine Kameraden<br />

sind alles Leute, mit denen ich auch mal etwas in meiner<br />

Freizeit unternehmen würde.<br />

Wo warst du beteiligt?<br />

Den ganzen Abend stand ich am Kiosk. Aber da es während<br />

des Turniers nur wenige Pausen gab, verkaufte ich<br />

auch nicht so viele Hot Dogs und Getränke. Zuvor hatte<br />

ich beim Aufstellen der Spieltische geholfen – eine<br />

Arbeit, die im Vergleich zu anderen SO-Anlässen nicht<br />

Ping<br />

Tu<br />

Foto: Andreas Haag


11<br />

Pongrnier


12 <strong>kenzeichen</strong> 02/10<br />

so viel Zeit in Anspruch genommen hatte. In unserem Team gilt: Wer<br />

organisiert – das wechselt jedes Mal ab –, dem stehen die anderen als<br />

Helfer/innen zur Verfügung. Ich war zum Beispiel in diesem Semester<br />

für die Filmnacht zuständig.<br />

Wie gewährleistet ihr, dass fair<br />

gespielt wird?<br />

Wir gehen davon aus, dass sich die Teilnehmer an die Regeln halten,<br />

aber ganz sicher sind wir natürlich nicht. Es waren immer einige von uns<br />

anwesend, und hätte es ein Problem gegeben, hätte man uns ansprechen<br />

können. An einem grossen Event wie der Fussballnacht muss immer<br />

die Securitas vor Ort sein, die bei einem Streit sofort eingreifen würde.<br />

Wie viele Schüler/innen sind gekommen? Mit wie vielen<br />

hast du gerechnet?<br />

Bei kleineren Veranstaltungen<br />

rechne ich nicht mit so vielen Leuten,<br />

das heisst mit etwa zwanzig<br />

bis dreissig. Es können aber auch<br />

deutlich weniger kommen. Beim<br />

Tischtennisturnier waren zweiundzwanzig<br />

Schüler/innen dabei – und<br />

am Schluss tauchte auch noch Herr<br />

Limacher auf und griff zum Tischtennisschläger.<br />

Was für eine Rolle spielt<br />

der Hausdienst?<br />

Er will über jeden Event genau informiert<br />

werden. Hier half er uns,<br />

die Tische in die Turnhalle<br />

zu bringen, und erledigte<br />

Organisatorisches. Konkret:<br />

Er sagte den Sportvereinen<br />

ab, welche die<br />

Hallen abends mieten.<br />

Immer aber sorgt er für<br />

Ordnung und stellt uns,<br />

falls nötig, Material zur<br />

Verfügung.<br />

Wie finanziert ihr diesen Anlass?<br />

Jeder Teilnehmer bezahlte einen kleinen Beitrag von zwei Franken, damit<br />

wir zusätzlich ein paar Tische mieten konnten. Aber dieser Anlass<br />

kostete nicht viel, da wir die meisten Tische ausgeliehen hatten. Allgemein<br />

versuchen wir, alle Anlässe mit den Jahresbeiträgen der Schüler/<br />

innen zu bezahlen. Deshalb verlangen wir an den meisten Events nichts.<br />

Wir wollen ja keinen Gewinn erzielen.<br />

Wie war die Stimmung im OK danach?<br />

Danach waren wir alle ziemlich erleichtert, obwohl sich die Durchführung<br />

des Turniers nicht als wirklich stressig erwiesen hatte. Wir gingen<br />

anschliessend zusammen etwas trinken.<br />

Plant ihr etwas Ähnliches nächstes Semester?<br />

Wir überlegen uns, ob wir diesen Anlass weiterführen, aber sicher ist<br />

das noch nicht. Der Eventplan für das nächste Semester ist noch nicht<br />

erstellt.<br />

Dorian Wiederkehr (H1a)<br />

Fotos: Dorian Wiederkehr (H1a)<br />

Sozialeinsatz<br />

Vanessa Amberg sprach mit Christof Baum aus der Klasse<br />

W3i, der vor einem Jahr das Projekt Sozialeinsatz gewählt<br />

hatte. Seine Motivation: Er wollte sich mit etwas Sinnvollem<br />

beschäftigen und zugleich Spaß haben.<br />

Christof Baum leistete seinen Einsatz in der ICF Freikirche<br />

im Kreis 5 in Zürich. Er interessiert sich sehr für Kinder<br />

und fremde Kulturen und freute sich auf seine Aufgaben,<br />

da er bereits von Freunden über die tolle Stimmung in<br />

der sogenannten Kinderoase gehört hatte. Diese Einrichtung hat<br />

es sich zum Ziel gemacht,<br />

sich um Kinder zu kümmern,<br />

ihnen die Grundlagen<br />

für ein erfülltes Leben<br />

zu vermitteln und sie<br />

von Gewalt und Drogen<br />

fernzuhalten. Ihre Mittel:<br />

Sport, Spiele, Hausaufgabenhilfe,<br />

Besuchsdienst,<br />

Gebete, Ausflüge und<br />

gemeinsames Essen. Als<br />

Helfer im Team begleitete<br />

Christof Kinder von 4 bis<br />

12 Jahren auf Ausflüge in<br />

die Badi, nach Glarus mit<br />

dem Schlitten oder auf<br />

den Üetliberg zum Klettern.<br />

Er nahm auch an<br />

Kindertagen teil, an denen<br />

das Leiter-Team zusammen<br />

mit den Eltern,<br />

Alle Schüler/innen der dritten<br />

Klassen haben die Möglichkeit,<br />

einen Projektwahlkurs zu besuchen.<br />

Einer von den dreizehn<br />

Kursen im Angebot läuft unter<br />

dem Titel «Sozialeinsatz».<br />

In diesem geht es darum, unseren<br />

Mitmenschen zu helfen und<br />

neue Erfahrungen zu sammeln,<br />

z.B. im Umgang mit fremden<br />

Kulturen oder der Organisation<br />

von Events. Eine Auswahl möglicher<br />

Einsatzorte: Alters-, Kinder-,<br />

Asylanten-, Behindertenheime<br />

und Schulen. Man geht<br />

üblicherweise jeden Mittwochnachmittag<br />

dorthin, um seinen<br />

Sozialdienst zu leisten.<br />

Verwandten und Freuden aßen, was diese aus ihrer traditionellen<br />

Küche mitgebracht hatten. Oder er half einen Musikwettbewerb<br />

zu organisieren, an dem die Kinder ihre besonderen<br />

Talente oder musikalischen Fähigkeiten auf die Probe stellen<br />

konnten.<br />

Diese Arbeit mache viel Spass, hält Christof fest, man solle sie<br />

aber auch nicht unterschätzen. Es gehe wirklich um selbständiges<br />

Arbeiten und nicht ums Rumhängen, darum, etwas zu erreichen<br />

und einen Draht zu den Kids zu finden. Nicht zuletzt deswegen<br />

entschied er sich dazu, anstatt zwei Stunden pro Woche (Mindesteinsatz)<br />

jede zweite Woche fünf Stunden vor Ort zu sein.<br />

Obschon sein Einsatz gelegentlich ziemlich anstrengend war und<br />

er viel Geduld im Umgang mit den Kindern aufbringen musste<br />

– schliesslich kommen sie aus verschiedenen Kulturen –, fand er<br />

in dieser Arbeit sehr viel Positives. Er lernte neue Leute kennen,<br />

hatte als Leiter viel Spass in einem lebhaften Umfeld und konnte<br />

mitverfolgen, wie sich die Kinder entwickeln. Man liess ihm<br />

dabei die nötigen Freiheiten. Er konnte erstaunlich viel selbst bestimmen<br />

und seinen Zeitplan so gestalten, wie er für ihn am besten<br />

passte. Er sagt von sich, dass er vieles gelernt habe und jetzt<br />

auch offener und gewandter mit Angehörigen fremder Kulturen<br />

umgehen könne. Auch nach dem Abschluss des Projekt-Semesters<br />

will er sich weiter für die Kinderoase engagieren und etwas<br />

für die Zukunft der jungen Menschen aus dem Kreis 5 tun.<br />

Vanessa Amberg (N2a)


13<br />

Kunst und Kultur<br />

Akzentmodul :<br />

Kulturkontakt<br />

Die Akzentklassen W2a und N2a<br />

führten unter der Leitung der<br />

Fachschaften Geografie, Geschichte<br />

und Bildnerisches Gestalten das<br />

Akzentmodul «Kulturkontakt» durch.<br />

Dieses dreitägige Modul fing mit einer<br />

Recherche an: Jeder einzelne Schüler<br />

hatte die Aufgabe, sich um seinen<br />

Stammbaum zu kümmern. Das Ziel<br />

war es herauszufinden, ob es in der<br />

Familiengeschichte Mitglieder gab, die<br />

in ein Land ein- bzw. ausgewandert<br />

waren, und aus welchen Gründen sie<br />

das getan hatten.<br />

Nachdem wir unseren eigenen<br />

Stammbaum fertiggestellt<br />

hatten, besuchten wir das<br />

Völkerkundemuseum, wo wir uns mit<br />

Sofabildern aus fremden Ländern<br />

auseinandersetzten, indem wir darüber<br />

diskutierten, anschliessend eines<br />

davon auswählten und abzeichneten.<br />

Am zweiten Tag wurden wir in die<br />

Theorie der Kulturberührung und<br />

Immigration eingeführt.<br />

Unsere Aufgabe bestand darin, darüber<br />

Passanten in Zürich zu interviewen.<br />

Das forderte ein gewisses Mass an<br />

Überwindung, machte uns aber Spass.<br />

Am letzten Tag lernten wir mehr<br />

über die indische Kunst. Nach einem<br />

Rundgang durch das Museum Rietberg<br />

zeichneten wir Skulpturen ab. Das<br />

gestaltete sich mitunter als schwierig,<br />

da der Dreidimensionalität dieser<br />

Kunstwerke auf dem zweidimensionalen<br />

Zeichenblatt Rechnung getragen<br />

werden musste.<br />

Die Umsetzung der Idee, fremde<br />

Kulturen über ihre Kunst und die<br />

Aussage dahinter kennenzulernen,<br />

hat sich gelohnt. Wir haben in diesem<br />

Modul einiges gelernt und gehen wohl<br />

mit einem anderen Blick auf fremde<br />

Kulturen durch unseren Alltag.<br />

Alexia Panagiotidis (W2a)<br />

Ein Tag im Leben von<br />

Valérie Schrämli und Noemi Stutz (M09)<br />

Jus-Studentinnen an der Uni Zürich<br />

Foto: Andreas Haag<br />

Valérie Schrämli aus Richterswil studiert<br />

zusammen mit ihrer Schulfreundin<br />

Noemi Stutz im zweiten<br />

Semester an der Universität Zürich Rechtswissenschaften.<br />

Die beiden ehemaligen KEN-<br />

Schülerinnen gewähren uns Einblick in ihren<br />

Studentinnenalltag.<br />

Beide stehen sie um 06.00 Uhr auf – Valérie<br />

Schrämli in Richterswil, Noemi Stutz in Wädenswil.<br />

Nach einem Joghurt mit Früchten<br />

oder einem Konfibrötli (Valérie, vom morgenaktiven<br />

Vater bereitgestellt) bzw. einer Schale<br />

Cornflakes (Noemi, selbst angerichtet) und der<br />

üblichen Morgenpflege treffen sie sich im Zug<br />

nach Zürich, tauschen entweder den neusten<br />

Klatsch aus oder lesen etwas fürs Studium,<br />

was nicht immer spassig ist, denn sie müssen<br />

oft einiges an Text bewältigen.<br />

Acht Uhr, die erste von insgesamt drei Doppelstunden<br />

beginnt. Eigentlich umfasst ihr<br />

Studiengang sechs verschiedene Fächer, aber<br />

an einem Donnerstag wie heute werden nur<br />

drei davon unterrichtet. Nach den ersten zwei<br />

Stunden Haftpflichtrecht kommt das Familienrecht<br />

an die Reihe, was ihnen etwas besser<br />

gefällt, denn die Professorin ist im Gegensatz<br />

zum Dozenten des Haftpflichtrechts sehr kompetent<br />

und nicht so langweilig.<br />

Zwei Vorlesungen später ist der Morgen auch<br />

schon wieder vorbei. Von den Mittagsstunden,<br />

die ihnen zur Verfügung stehen, verbringen<br />

Noemi und Valérie die erste im ASVZ. Dies<br />

ist der Akademische Sportverband Zürich. Der<br />

Sport, den sie dort betreiben, ist eine schöne<br />

Abwechslung neben dem sonst so kopflastigen<br />

Unialltag. Nach der körperlichen Ertüchtigung<br />

können sie sich ohne längeres Schlangenstehen<br />

in der Mensa das Mittagessen holen. Die<br />

Auswahl ist vielfältig, Valérie entscheidet sich<br />

häufig für das Vegi- oder Pastamenu, manchmal<br />

schöpfen sie beide einen Salat. Satt und<br />

zufrieden gönnen sie sich eine kurze Pause für<br />

einen Schwatz mit Kollegen. Nach einer entspannenden<br />

Mittagspause machen sie sich auf<br />

den Weg zum Unterricht – Römischrecht steht<br />

auf dem Programm. Dieser Stoff war ihnen bis<br />

vor kurzem etwas zu langweilig bzw. wies zu<br />

wenig Aktualitätsgehalt auf. Dieses Semester<br />

jedoch fingen sie an, in Übungen konkrete Fälle<br />

zu bearbeiten, was half, sich das Gelernte<br />

besser vorzustellen und zu verarbeiten. Um<br />

halb sechs ist die Uni vorbei und sie machen<br />

sich nach einem anstrengenden Tag auf den<br />

Weg nach Hause, wo sie sich zunächst mit einem<br />

Znacht belohnen. Da es Donnerstag ist,<br />

wird im Anschluss natürlich Germany‘s Next<br />

Topmodel geschaut. Doch leider werden sie<br />

dabei fast immer von Freunden gestört oder<br />

wartet eine Fallbearbeitung auf sie. Froh sind<br />

sie, dass die Uni freitags erst um 10.00 Uhr beginnt.<br />

So können sie ohne Probleme bis spät<br />

abends arbeiten.<br />

Uni – KEN – was ist anders?<br />

Es gibt einige Unterschiede zwischen der KEN<br />

und der Universität. Der wohl auffälligste betrifft<br />

das Material. An der Uni muss nämlich<br />

jede Studentin ihre Bücher und sonstigen<br />

Unterlagen selbst beschaffen, sie hat sich gelegentlich<br />

auch aus einer Auswahl für ein bestimmtes<br />

Lehrmittel zu entscheiden. Sie teilt<br />

sich ihre Arbeit selber ein, was eine gewisse<br />

Selbstverantwortung voraussetzt. Anders<br />

ist auch die Unterrichtsform. Sie ist weniger<br />

offen und persönlich. Trotz allem kann im<br />

Hörsaal die Hand aufgehalten werden und Fragen<br />

sind auch hier keineswegs unerwünscht.<br />

Unangenehm gestaltet sich an der Uni das<br />

Platzproblem, das man mit frühem Erscheinen<br />

vermeiden kann. Angehende Jurastudenten<br />

vermögen vor allem vom Wirtschaftsunterricht<br />

des Gymnasiums zu profitieren, denn<br />

im ersten Semester werden diese Kenntnisse<br />

aufgearbeitet.<br />

Tiffany Sigg (N2b)


14 <strong>kenzeichen</strong> 02/10<br />

L i t e r a t u r t i p p<br />

Max Frischs Entwürfe<br />

zu einem dritten Tagebuch<br />

Streit um hinterlassene Papiere<br />

Was geschieht eigentlich mit<br />

den Manuskripten und Fragmenten<br />

eines Autors nach<br />

seinem Tod? Die Regelung ist im Grunde einfach:<br />

Rechtlich gesehen gehören diese Papiere<br />

den Erben, fallen also zuerst in die Hände der<br />

Familie, die damit machen kann, was sie will.<br />

Möchte der Autor, die Autorin das Schicksal<br />

der eigenen Papiere aber selber bestimmen,<br />

so braucht es Voraussicht. Theodor Fontane<br />

(1819–1898) zum Beispiel vermachte die Manuskripte<br />

seiner veröffentlichten Romane dem<br />

Berliner Stadtmuseum und setzte für die unveröffentlichten<br />

Papiere eine Nachlasskommission<br />

ein. Er war, als er sein Testament aufsetzte,<br />

71 Jahre alt. In die Nachlasskommission berief<br />

er seine Tochter Martha, einen jüngeren Kollegen,<br />

der Germanist war, sowie einen ihm befreundeten<br />

Juristen. Diese drei sollten einmal<br />

über Vernichtung oder Verwertung entscheiden<br />

und hatten zudem die Aufgabe, würde er<br />

vor seiner Frau sterben, dieser als Alleinerbin<br />

beratend zur Seite zu stehen. Die testamentarische<br />

Regelung trat in Kraft, als Fontane 1898<br />

im Alter von 78 Jahren verstarb. Die veröffentlichten<br />

Manuskripte gelangten ins Berliner<br />

Stadtmuseum (im Zweiten Weltkrieg betroffen<br />

von schweren Verlusten), die unveröffentlichten<br />

Entwürfe und Fragmente aber verblieben<br />

in der Wohnung der Witwe. Sie begann schon<br />

bald mit dem Ordnen und Aufräumen. Als<br />

die Nachlasskommission vernahm, bei dieser<br />

Aufräumaktion falle nun manches ins Feuer,<br />

trat sie vehement dazwischen. Sie berief sich<br />

auf das Testament, das verfügt hatte, allein<br />

die Kommission dürfe über Vernichtung oder<br />

Verwertung bestimmen. Natürlich kam es<br />

zum Streit und bis heute ist unklar, was damals<br />

passierte. Die einen vermuten, die Witwe<br />

habe einen fast fertigen Fontane-Roman<br />

– aus welchen Gründen auch immer – in den<br />

Ofen gesteckt. Die andern glauben, bei dem<br />

umstrittenen Manuskript handle es sich ganz<br />

einfach um den Fragment gebliebenen Roman<br />

Mathilde Möhring. Dieses Fragment blieb jedenfalls<br />

erhalten und gelangte nach dem Tod<br />

Emilie Fontanes (1824–1902) zur Veröffentlichung.<br />

Heute gilt Mathilde Möhring als einer<br />

der modernsten Fontane-Romane. Wir kennen<br />

ähnliche Beispiele und eigentliche Nachlasskrimis<br />

von anderen Autoren und Autorinnen.<br />

Besonders intrikat wird die Situation, wenn ein<br />

Autor, der sein Leben lang publiziert hat, bestimmt,<br />

seine (unfertigen) Manuskripte seien<br />

nach seinem Tod zu vernichten (Fall Kafka).<br />

Der aktuellste Streit in diesem Zusammenhang<br />

ist der Streit um die Veröffentlichung von Max<br />

Frischs Entwürfe zu einem dritten Tagebuch, erschienen<br />

im April dieses Jahres im Suhrkamp<br />

Verlag. Die Sache ist spannend wie ein Krimi<br />

und für Aussenstehende nicht vollkommen<br />

durchschaubar. Fakt ist: Max Frisch (1911–<br />

1991) wollte seine Manuskripte und Fragmente<br />

nach seinem Tod in öffentlicher Hand wissen<br />

und wünschte sich eine Forschungsstätte. Es<br />

gab, als er in eigener Angelegenheit aktiv wurde,<br />

noch kein Schweizerisches Literaturarchiv,<br />

aber zum Beispiel das Thomas Mann-Archiv,<br />

das der ETH angegliedert ist. Dieses Beispiel<br />

scheint er vor Augen gehabt zu haben, als er<br />

zu einer ähnlichen Gründung anregte. Seine<br />

Beziehung zur ETH war ausserdem eng, hatte<br />

er doch hier Architektur studiert und wollte er<br />

nun hier auch einen Ort für seine Pläne und Papiere<br />

aus seiner Architektenzeit finden. 1979<br />

wurde die Max Frisch-Stiftung gegründet, 1981<br />

das Max Frisch-Archiv an der ETH Zürich eröffnet,<br />

finanziert mit Mitteln der öffentlichen<br />

Hand, aber auch mit namhaften Beträgen von<br />

Max Frisch selber. Er war jetzt 70 Jahre alt.<br />

Besorgt um die Existenz des eigenen Archivs,<br />

verfügte er, es habe ein bestimmter Teil der<br />

noch zu erwartenden Tantiemen diesem Archiv<br />

zuzufliessen. 1982 notierte er – ich zitiere aus<br />

dem umstrittenen Band:<br />

Wenn ich in der eidgenössischen Technischen<br />

Hochschule (Hauptgebäude) das Schild lese:<br />

MAX FRISCH-ARCHIV – wie fühlt man sich:<br />

wichtig?<br />

ausgeliefert?<br />

beschützt?<br />

dankbar?<br />

historisch?<br />

Foto: Andreas Haag<br />

[…] Das Archiv ist nicht meine Sache. Sonst<br />

wäre es auch nicht so ordentlich. Hätte ich<br />

übrigens nicht das Recht, das eine oder<br />

andere aus den schicken Rollschubladen<br />

zu nehmen und zu vernichten? Das Recht<br />

habe ich, aber nicht das Bedürfnis […].i<br />

Mit der Gründung des Archivs wurde alles, was<br />

Max Frisch noch schrieb, potentielles Archivmaterial.<br />

Dazu zählen auch jene Texte, die er<br />

seiner Sekretärin Rosmarie Primault diktierte<br />

oder ihr zum Abtippen überliess (was man sich<br />

vergegenwärtigen muss: Frisch lebte noch im<br />

Zeitalter der Schreibmaschine). Nun ist ein<br />

interessanter Fall eingetreten: Es liegt im<br />

Max Frisch-Archiv ein Typoskript eines Frisch-<br />

Textes, das Rosmarie Primault nach Diktat des<br />

Autors erstellte, aber erst ungefähr zehn Jahre<br />

nach seinem Tod dem Archiv übergab. Handschriftliche<br />

oder maschinenschriftliche Notizen,<br />

die Grundlage des Diktats gewesen waren,<br />

existieren nicht mehr, so dass das Typoskript<br />

keiner Originalhandschrift zugeordnet werden<br />

kann und vielleicht auch deshalb als Archivgut<br />

jahrelang vor sich hinschlummerte. Erst<br />

die neue Leiterin merkte beim Sichten der Bestände<br />

wieder auf und machte 2008 oder 2009<br />

den Stiftungsrat pflichtgemäss auf die Seiten<br />

aufmerksam. Jetzt ging ein Raunen durch die<br />

Reihen. Ein unbekanntes Max Frisch-Tagebuch?<br />

Aus dem Jahr 1982? Ein später Frisch also, aus<br />

der Zeit, als er literarisch zu verstummen begann?<br />

Das war eine Sensation. Tatsächlich


15<br />

handelt es sich um nichts Geringeres als um<br />

einen etwa 180 Seiten starken Text, den Frisch<br />

mit dem Titel versehen hat:<br />

TAGEBUCH 3<br />

Ab Frühjahr 1982<br />

Widmung: Alice<br />

New York, November 1982<br />

Mit der aufregenden Entdeckung waren aber<br />

auch schon die kritischen Fragen da. Darf man<br />

dieses Tagebuch, das Max Frisch nach dem Diktat<br />

nicht mehr durchgesehen hat, überhaupt<br />

veröffentlichen? Wer entscheidet über die Publikation<br />

bzw. Nicht-Publikation? Und soll man<br />

einen unfertigen Text überhaupt herausgeben<br />

und wenn ja, in welcher Form?<br />

Nach der Lektüre des Buches, auf die ich wegen<br />

meiner Neugierde ungern verzichtet hätte,<br />

stehe ich zu der Sache so: Selbstverständlich<br />

durfte der Text als Einzelpublikation und in<br />

der jetzt vorliegenden Form publiziert werden.<br />

Tagebuch 3 hat Werkcharakter, ist komponiert<br />

und steht in der Tradition der Bücher,<br />

die Frisch unter dem Titel Tagebuch 1946–1949<br />

(1950) und Tagebuch 1966–1971 (1972) veröffentlichte.<br />

Dass sein letztes literarisches Tagebuch<br />

neben scharfsinnigen Beobachtungen zur<br />

Zeitgeschichte auch intime Bekenntnisse enthält,<br />

von seiner Schreibkrise, dem eigenen Altwerden,<br />

dem Scheitern einer Liebesbeziehung<br />

erzählt und gleichzeitig neue Räume entwirft<br />

(«Früher war ich Architekt», S. 142), das alles<br />

ist sehr lesenswert und richtet sich – das liesse<br />

sich am Text zeigen – auch tatsächlich an ein<br />

lesendes Publikum.<br />

Da laut den Rechtsbestimmungen die Urheberrechte<br />

an den Dokumenten bei der Max<br />

Frisch-Stiftung liegen, musste der Stiftungsrat<br />

entscheiden, ob diese Archivtrouvaille zu veröffentlichen<br />

sei. Man war sich offenbar nicht<br />

gänzlich einig. Der Streit füllte, gelegentlich<br />

in amüsanter Weise, manche deutschsprachige<br />

Feuilletonseite der letzten Monate. Nun liegt<br />

das Buch vor, herausgegeben von Peter von<br />

Matt, dem Germanisten und Stiftungspräsidenten,<br />

der, indem er die Herausgeberschaft<br />

übernommen hat, der Publikation ihr besonderes<br />

Gewicht gibt.<br />

Wie ist nun in der Buchform der Text ediert,<br />

um den der Streit entfachte? In aller Sorgfalt<br />

und der nötigen Transparenz, wie nicht nur das<br />

kluge Nachwort (S. 185–197) und die sparsam<br />

gesetzten, erhellenden Kommentare zeigen,<br />

sondern vor allem auch der Herausgeberbericht<br />

(S. 198–203) verdeutlicht. Da es sich nicht um<br />

eigentliche Entwürfe handelt, um vom Autor<br />

vielfältig korrigierte Texte, sondern um eine<br />

Reinschrift der Sekretärin, die den Text nach<br />

Tonband- oder Telefondiktat erstellte, galt es<br />

nur, Hör- oder Tippfehler zu berichtigen. In<br />

welcher Weise diese Berichtigungen erfolgten,<br />

wird an relativ zahlreichen Beispielen in diesem<br />

Herausgeberbericht dargelegt.<br />

Mit den Berichtigungen auf der Textoberfläche<br />

aber ist ein ganz fertiger Text entstanden. Die<br />

Tagebucheinträge, die manchmal eine halbe<br />

Seite lang sind, manchmal zwei oder drei Seiten<br />

umfassen oder auch nur drei Zeilen, sind<br />

dichte Prosa, gelegentlich kleine Meisterstücke.<br />

Entwürfe im eigentlichen Sinne sind es<br />

nicht, wenn man unter Entwurf versteht, dass<br />

der Leser, die Leserin den Schreibprozess mitverfolgen<br />

kann, also Streichungen, Einfügungen,<br />

Varianten im Text abliest. Das Textcorpus,<br />

das diesen Prozess zeigen könnte, gibt es nicht<br />

mehr. Peter von Matt schreibt dazu: «Das Handexemplar<br />

von Max Frisch, […] das er sicher<br />

bis Mitte 1983 aufbewahrte, existiert nicht<br />

mehr. Er hat es also auch nicht an das Archiv<br />

gegeben. Daß er es vernichtet hat, als er sich<br />

entschloß, das Projekt abzubrechen, ist möglich,<br />

wohl sogar wahrscheinlich, aber nirgends<br />

schriftlich dokumentiert.» (S. 202)<br />

Dem Tagebuch 3 hat Peter von Matt als Herausgeber<br />

zwei weitere Texte hinzugefügt, die<br />

nicht zum Tagebuch-Konvolut gehören, aber<br />

in engem Zusammenhang mit diesem stehen.<br />

Das Besondere ist, dass diese beiden Texte<br />

samt den entsprechenden faksimilierten Dokumenten<br />

wiedergegeben werden. Man kann<br />

auf diese Weise Max Frisch in die Werkstatt<br />

schauen, aber auch die Arbeit des Herausgebers<br />

verfolgen. Max Frisch, so sieht man,<br />

hat seine beiden eigenhändigen Typoskripte<br />

handschriftlich überarbeitet. Auffallend ist,<br />

wie viel er streicht und wie sehr er verknappt.<br />

Von einer Typoskript-Seite lässt er meist nur<br />

wenige Sätze übrig. Der Herausgeber hat diese<br />

Streichungen und Korrekturen vollständig<br />

übernommen, kein Jota verändert: entstanden<br />

ist – man reibt sich die Augen – ein fertiger<br />

und fehlerfreier Text.<br />

Man möchte also mit Thomas Mann sagen: «Sind<br />

noch mehr da? Man soll sie herausgeben!» Thomas<br />

Mann schrieb diese Sätze in Bezug auf<br />

die Briefe von Theodor Fontane, als eine erste<br />

Briefausgabe kurz nach dem Tod des Autors<br />

von der Nachlasskommission veröffentlicht<br />

wurde und sich mancher fragte, ob das angehe.<br />

Heute zählt das Briefwerk Fontanes mit zum<br />

gewichtigsten Teil seines literarischen Werkes.<br />

Die noch bis zum 4. April 2011 unter Verschluss<br />

gehaltenen nachgelassenen Schriften von Max<br />

Frisch versprechen, liest man Entwürfe zu einem<br />

dritten Tagebuch, ein ähnlich grosses literarisches<br />

Ereignis zu werden.<br />

P.S. Warum von Max Frisch reden in der <strong>Enge</strong>?<br />

Weil er ein bedeutender deutschsprachiger<br />

Autor ist und weil er fast der Architekt unseres<br />

Schulhauses geworden wäre. Davon demnächst<br />

auf der KEN-Homepage mehr.<br />

Regina Dieterle, Deutschlehrerin


16 <strong>kenzeichen</strong> 02/10<br />

Foto: Andreas Haag<br />

Termine<br />

Juli 2010 bis Oktober 2010<br />

Juli<br />

Fr. 9.7.<br />

Mo. 19.7. –Fr. 20.8.<br />

August<br />

Notenkonvente<br />

Unterricht eingestellt<br />

Sommerferien<br />

Mo. 23.8. Schulbeginn Herbstsemester 2010/11<br />

1. Klassen: Spezialprogramm<br />

Mo. 30.8. – Fr. 3.9.<br />

September<br />

Mündliche Maturitätsprüfungen<br />

Mo und Fr: Unterricht für alle Klassen nach Stundenplan; Di bis Do:<br />

1. Klassen: 
Di: Arbeitstechnik, Mi: Erstklässlertag, Do: frei<br />

2. Klassen:
Di: Soziale Beziehungen im Alltag, Mi: Musischer Tag<br />

Mi: HMS/IMS: HMS/IMS-Tag, Do: frei<br />

3. Klassen:
Di: Sporttag, Mi: frei, Do: Schulreise,
HMS/IMS: Do: Laufbahnberatung<br />

4. Klassen:
Di: frei, Mi: Studien- & Berufstag, Do: Kolloquien Maturitätsarbeit<br />

Di. 7.9. 16.00 Uhr Maturitätsfeier in der Aula der KEN<br />

anschliessend Apéro und Nachtessen im Kongresshaus Zürich<br />

Mo. 13.9.<br />

Knabenschiessen<br />

Unterricht ab 12.25 Uhr eingestellt<br />

Fr. 17.9. 13.30 Uhr Gesamtkonvent<br />

Unterricht ab 13.10 Uhr eingestellt<br />

Mi. 22.9. 07.50 – 12.15 Uhr Tag der offenen Tür IMS<br />

Mo. 27. – Di. 28.9.<br />

Oktober<br />

Mo. 11. – Fr. 22.10.<br />

Weiterbildungstagung in Wilen<br />

Unterricht eingestellt<br />

Herbstferien<br />

Achtung: Termine können im Laufe des Semesters ändern.<br />

Massgebend ist der Terminkalender auf der KEN-Homepage: www.ken.ch

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