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Mitteilungen aus der Gemeinde Emmen, Dezember 2008

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4 Thema<br />

Ein Vorzeigeh<strong>aus</strong> ist in die<br />

Jahre gekommen<br />

Das Betagtenzentrum Herdschwand wurde 1976 erbaut und galt damals<br />

in <strong>der</strong> Region Luzern als Vorzeigeh<strong>aus</strong>. Heute ist <strong>der</strong> Bau veraltet<br />

und genügt den Anfor<strong>der</strong>ungen einer mo<strong>der</strong>nen, individuellen Betagtenbetreuung<br />

nicht mehr. Ein Rundgang durch die Gebäude und Gespräche<br />

mit dem Zentrumsleiter, mit Angestellten und Bewohnern.<br />

Mittwochmorgen, kurz nach 9 Uhr in einer<br />

<strong>der</strong> fünf Pflegeabteilungen des Betagtenzentrums<br />

Herdschwand: Der kleine Essund<br />

Wohnraum <strong>der</strong> Abteilung ist um diese<br />

Zeit gut besetzt, einige Bewohner haben<br />

gerade ihr Frühstück beendet, an<strong>der</strong>e sitzen<br />

am Tisch und sprechen miteinan<strong>der</strong>.<br />

Eine Bewohnerin bietet uns einen Keks an,<br />

sie müsse schliesslich darauf achten, dass<br />

sie nicht zu dick werde. Auch auf dem<br />

Gang ist Betrieb: Ein Mann hat es sich auf<br />

dem Sofa gemütlich gemacht, drei Senioren<br />

sind mit ihren Rollstühlen o<strong>der</strong> Gehhilfen<br />

unterwegs. Ein Bewohner trainiert seine<br />

Beweglichkeit an einem Sportgerät. Es<br />

ist eng, sehr eng. Man muss schauen, dass<br />

man aneinan<strong>der</strong> vorbei kommt. «Da <strong>der</strong><br />

Ess- und Wohnraum so klein ist, halten<br />

sich die Bewohnerinnen und Bewohner oft<br />

auf dem Korridor auf», erklärt Ruth Abbühl,<br />

die Leiterin des Pflegedienstes. Es<br />

gibt praktisch keine Rückzugsmöglichkeiten<br />

auf <strong>der</strong> Abteilung. Wer hier wohnt,<br />

hält sich den ganzen Tag im Ess- und<br />

Wohnraum, im Gang o<strong>der</strong> im Schlafzimmer<br />

auf. Einrichtungen wie eine Lesestube<br />

fehlen gänzlich. Man findet kaum einen<br />

ruhigen Ort, wo sich die Betagten in Ruhe<br />

mit ihrem Besuch unterhalten könnten.<br />

Die Intimsphäre fehlt<br />

Das Betagtenzentrum Herdschwand ist<br />

unterteilt in zwei Wohnhäuser und einen<br />

Pflegebereich mit fünf Stationen. In den<br />

Wohnhäusern «Emme» und «Rotbach»<br />

wohnen die Senioren in Einzelzimmern mit<br />

WC und Lavabo. Pflegeleistungen können<br />

aufgrund <strong>der</strong> Infrastruktur (nicht rollstuhlgängig)<br />

im Wohnbereich nur in beschränktem<br />

Mass erbracht werden. Wenn also<br />

eine Bewohnerin o<strong>der</strong> ein Bewohner des<br />

Wohnh<strong>aus</strong>es stärker pflegebedürftig wird,<br />

muss er o<strong>der</strong> sie unweigerlich in die Pflegeabteilung<br />

umziehen. Dies bedeutet für<br />

die meisten ein Leben in Drei- o<strong>der</strong> Vierbettzimmern;<br />

die wenigen Einzelzimmer<br />

sind beliebt und dementsprechend selten<br />

frei. In den Mehrbettzimmern gibt es kaum<br />

Intimsphäre; die Betten können nur mit einem<br />

Vorhang voneinan<strong>der</strong> getrennt werden<br />

und die Bewohner teilen sich ein Lavabo<br />

zur Körperpflege. Der Platz für persönliche<br />

Gegenstände ist rar. Fotos, Bil<strong>der</strong> und<br />

kleine Dekorationsgegenstände müssen<br />

für die Schaffung von ein wenig Individualität<br />

reichen. Neben <strong>der</strong> Intimsphäre ist<br />

auch die Nachtruhe in den Drei- und Vierbettzimmern<br />

eingeschränkt. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

wenn demente Personen in einem Zimmer<br />

sind, kommt es in <strong>der</strong> Nacht oft zu Störungen.<br />

«Ich muss Medikamente nehmen, damit<br />

ich die ganze Nacht schlafen kann»,<br />

erzählt Johann Meier (79), <strong>der</strong> in einem<br />

Dreibettzimmer lebt. Die 14 Bewohner<br />

dieses Stockwerks teilen sich eine rollstuhlgängige<br />

Toilette. «Da kann es schnell einmal<br />

Warteschlangen vor dem WC geben»,<br />

weiss Ruth Abbühl.<br />

Ansprüche haben sich verän<strong>der</strong>t<br />

Richard Kolly, Zentrenleiter <strong>der</strong> «Alp» und<br />

«Herdschwand» weiss, dass die Räumlichkeiten<br />

<strong>der</strong> «Herdschwand» den heutigen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen, die an eine mo<strong>der</strong>ne Betreuung<br />

und Pflege gestellt werden, wirklich<br />

nicht mehr genügen. «Die Leute kommen<br />

mit dem Gefühl: Ich muss in die<br />

‹Herdschwand›», so Kolly. Dies ist natürlich<br />

eine denkbar schlechte Bedingung für eine<br />

Lebensphase, in <strong>der</strong> man auf fremde Betreuung<br />

und Pflege angewiesen ist. Kolly<br />

unterstreicht aber auch, dass das Personal<br />

und die Betreuungsqualität von den Bewohnern<br />

und Angehörigen als sehr gut<br />

beurteilt werden. «Es ist <strong>der</strong> Zustand des<br />

H<strong>aus</strong>es, die Infrastruktur, welche den Leuten<br />

nicht bietet, was sie sich wünschen»,<br />

so <strong>der</strong> Zentrenleiter. Die mo<strong>der</strong>ne Betagtenbetreuung<br />

und -pflege sieht nicht mehr<br />

getrennte Bereiche für das Wohnen und<br />

die Pflege vor, son<strong>der</strong>n favorisiert multifunktionale<br />

Häuser. «Man kommt in einem<br />

gewissen Betreuungs- o<strong>der</strong> Pflegezustand<br />

in ein Betagtenzentrum, bezieht ein Zimmer<br />

und muss nicht mehr umziehen. Man<br />

bekommt dort immer die Betreuung und<br />

Pflege, die man braucht und wünscht», erklärt<br />

Kolly.<br />

«Herdschwand» als Übergangsh<strong>aus</strong>?<br />

Fast alle Emmerinnen und Emmer, die einen<br />

Umzug in ein Betagtenzentrum planen,<br />

melden sich für das Betagtenzentrum<br />

«Alp» an. Richard Kolly sieht hier eine grosse<br />

Schwierigkeit für die «Herdschwand».<br />

«Es besteht die Gefahr, dass die ‹Herdschwand›<br />

ein Übergangsh<strong>aus</strong> wird, wo<br />

man nur hingeht, weil es keine Alternativen<br />

gibt.» Um die Auslastung des Betriebs<br />

<strong>aus</strong> wirtschaftlichen Gründen trotzdem zu<br />

erreichen, nimmt man in <strong>der</strong> «Herdschwand»<br />

auch kurzfristig Leute auf, die<br />

zum Beispiel an ihrem Wohnort keinen Pflegeplatz<br />

finden. So kann zwar die Drucksituation<br />

an<strong>der</strong>er Häuser gelin<strong>der</strong>t werden,<br />

aber das Personal in <strong>der</strong> «Herdschwand»<br />

wird umso mehr belastet. Viele<br />

Leute kommen nur für zwei bis drei Wochen,<br />

diese häufigen Wechsel bedeuten<br />

einen grossen Arbeitsaufwand. «Wir haben<br />

sehr treue und sehr gute Mitarbeitende,<br />

trotzdem ist es zunehmend schwierig,

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