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Plaste und Elaste - Spies Hecker

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ColorNews 01.05<br />

Reportage<br />

21<br />

bracht. Etwas versteckt im hinteren Teil des Hofes erwarten<br />

Karosseriebaumeister Jürgen Zielke <strong>und</strong> seine<br />

Mannschaft die K<strong>und</strong>en in ihrer Werkstatt.<br />

Der Termin für die Instandsetzung am Golf wurde bereits<br />

vor Monaten vereinbart. Denn in Plötzensee ist<br />

die Warteliste lang. „Das Interesse ist in den vergangenen<br />

Jahren stark gestiegen“, betont der Leiter der<br />

Karosserie- <strong>und</strong> Lackierabteilung selbstbewusst.<br />

„Wir reparieren alle Marken, fachgerecht <strong>und</strong> günstig.<br />

Das hat sich in ganz Berlin herumgesprochen.“ Der<br />

Gr<strong>und</strong>: Mit einem günstigen St<strong>und</strong>enverrechnungssatz<br />

ist die Reparatur hier wirklich preiswert. Doch<br />

die Kapazitäten der freien Werkstatt hinter Gittern<br />

sind begrenzt. „In erster Linie warten wir die gesamte<br />

Fahrbereitschaft der Berliner Justizvollzugsanstalten.<br />

Erst danach können wir uns um die Privatk<strong>und</strong>schaft<br />

kümmern“, beschreibt der gelernte Karosseriebaumeister<br />

die Auftragslage.<br />

Trotzdem: An jedem der vier Karosseriearbeitsplätze<br />

in der großen Werkstatthalle wird repariert. Hier stehen<br />

die Fahrzeuge dicht an dicht. Werden von den<br />

Häftlingen Zündkerzen gewechselt, Scheinwerfer<br />

ausgetauscht. Im hinteren Teil kommen Busse <strong>und</strong><br />

Kleintransporter auf den Prüfstand. Die Beamten<br />

behalten ihre Mitarbeiter aus dem gläsernen Büro<br />

ständig im Blick.<br />

Ist der Schaden am VW Golf auf der Arbeitskarte<br />

erfasst, macht sich ein Werkstattmitarbeiter an die<br />

Reparatur. Schraubenschlüssel, Feilen, Zangen <strong>und</strong><br />

moderne Diagnosegeräte. Die Ausrüstung ist professionell.<br />

Hier findet sich alles, was das Mechanikerherz<br />

begehrt. Vielleicht auch das der Gefangenen?<br />

Strenge Sicherheitskontrollen sorgen dafür,<br />

dass das Werkzeug auch an Ort <strong>und</strong> Stelle bleibt.<br />

„Wer die Werkstatt betritt oder verlässt, wird genau<br />

durchsucht“, erklärt Manfred Pachur, Fachbereichsleiter<br />

für das Gefangenenarbeitswesen der Justizvollzugsanstalt.<br />

Morgens, mittags <strong>und</strong> abends.<br />

Mehrmals täglich tasten die Beamten die Häftlinge<br />

ab, suchen mit Detektoren nach verbotenen Gegenständen.<br />

Nichts verlässt die Werkstatt oder gelangt<br />

unbemerkt hinein. Einige „Klienten“ kommen mit<br />

Kommando in die Werkstatt. Das bedeutet: zwei Justizvollzugsbeamte<br />

begleiten den verurteilen Insassen<br />

von seiner Zelle bis zum Arbeitsplatz.<br />

Dort wird dann nach Reparaturanleitung der Hersteller<br />

instand gesetzt. Allerdings: Hinter den<br />

Gefängnismauern herrscht Facharbeitermangel.<br />

„Die Häftlinge kommen <strong>und</strong> gehen. Hier in Plötzensee<br />

sind die Strafgefangenen von 30 Tagen bis zu<br />

drei Jahren im Vollzug. Werden sie aus der Justizvollzugsanstalt<br />

entlassen oder verlegt, müssen wir nach<br />

neuen Mitarbeitern suchen“, beschreibt Manfred<br />

Pachur das Personalmanagement in der Gefängniswerkstatt.<br />

Ständiges Anlernen der Insassen ist die Folge. So<br />

wird auch der dunkelblaue Golf von einem Kfz-Helfer<br />

unter fachmännischer Anleitung des Karosseriebaumeisters<br />

repariert. Auf dem Prüfstand gleich nebenan<br />

sind gelernte Klempner oder Elektriker beschäftigt.<br />

Checken den Motor <strong>und</strong> setzen die Fahrzeugelektronik<br />

wieder in Gang.<br />

Ist der Karosserieschaden am VW beseitigt, öffnet<br />

sich das Werkstatttor. Dann rollt der Wagen über den<br />

Gefängnishof drei Garagen weiter. Hier wird ordentlich<br />

geschliffen, bevor das dunkelblaue Fahrzeug ein<br />

neues Blechkleid erhält. In der benachbarten Kabine<br />

stellt ein junger Strafgefangener sein handwerkliches<br />

Können unter Beweis. Das Ergebnis glänzt. Die<br />

Mitarbeiter strahlen.<br />

Doch bevor der Wagen dem K<strong>und</strong>en übergeben wird,<br />

prüft abschließend Jürgen Zielke noch genau, ob das<br />

Arbeitsergebnis wirklich stimmt. Gibt er grünes Licht,<br />

verlässt der Golf die Gefängniswerkstatt. An der<br />

Sicherheitsschleuse von Tor II versichern sich Hans-<br />

Joachim Stein <strong>und</strong> seine Kollegen, ob nichts hinausgeschmuggelt<br />

wird. Ist der Wagen „clean“ öffnet sich<br />

die Gefängnispforte.

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