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WIRTSCHAFT+MARKT

WIRTSCHAFT+MARKT ist das führende ostdeutsche Wirtschaftsmagazin für den Mittelstand. In dem überregional verbreiteten Magazin kommen regelmäßig Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft zu Wort. Ein ausführlicher Serviceteil, u.a. zu den Themen Steuern, Recht, Geld, Versicherung, Immobilien, Marketing und Kommunikation, ist auf die spezifischen Bedürfnisse der Leser zugeschnitten. Das Magazin verfügt über ein klares, unverwechselbares Profil, welches spezielle Probleme und Bedürfnisse ostdeutscher Unternehmen im hohen Maße berücksichtigt. Es werden konjunkturelle Entwicklungen einzelner Branchen analysiert und erfolgreiche Unternehmer aus Ost und West vorgestellt.

WIRTSCHAFT+MARKT ist das führende ostdeutsche Wirtschaftsmagazin für den Mittelstand. In dem überregional verbreiteten Magazin kommen regelmäßig Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft zu Wort. Ein ausführlicher Serviceteil, u.a. zu den Themen Steuern, Recht, Geld, Versicherung, Immobilien, Marketing und Kommunikation, ist auf die spezifischen Bedürfnisse der Leser zugeschnitten. Das Magazin verfügt über ein klares, unverwechselbares Profil, welches spezielle Probleme und Bedürfnisse ostdeutscher Unternehmen im hohen Maße berücksichtigt.
Es werden konjunkturelle Entwicklungen einzelner Branchen analysiert und erfolgreiche Unternehmer aus Ost und West vorgestellt.

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25. Jahrgang | Heft 4 | August/September 2014 | € 3,50 | ZKZ 84618<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

Gründerzeit<br />

im Osten<br />

Energiewende<br />

auf dem<br />

Prüfstand<br />

Im Interview:<br />

Christine<br />

Lieberknecht


Berlin · Rostock · Leipzig · Dresden · Erfurt · Schwerin · Magdeburg · Potsdam · …<br />

W+M BusinessClub<br />

für Unternehmer<br />

und alle, die<br />

Wirtschaft bewegen<br />

ab Herbst 2014<br />

Miteinander ins Gespräch kommen, Erfahrungen austauschen, Wissen vermitteln,<br />

Ideen entwickeln, Impulse geben, Tipps erhalten, interessante Menschen kennenlernen,<br />

neue Trends erkennen, Gefahren und Probleme früh aufdecken, Unternehmerverantwortung<br />

wahrnehmen, Menschen anspornen, Mitarbeiter motivieren, Zeitmanagement<br />

beherrschen, Entspannung finden, soziales Engagement stärken, …<br />

www.wundm.info/businessclub


W+M Editorial | 3<br />

Energie muss auch in Deutschland bezahlbar bleiben!<br />

Foto: Torsten George, Titelfoto: Susanne Welscher, Titelillustration: Christian Drechsel<br />

In der deutschen Wirtschaft wachsen die Sorgen mit<br />

Blick auf die von der Bundesregierung angeschobene<br />

Energiewende. Um es vorweg zu schicken:<br />

Kaum jemand stellt dabei in Abrede, dass es richtig<br />

war, nach der Reaktorkatastrophe im japanischen<br />

Fukushima die Reißleine für den Ausstieg aus dem<br />

Atomstrom zu ziehen. Auch halten es viele Unternehmer<br />

für alternativlos, neue Quellen erneuerbarer<br />

Energien zu identifizieren und zu erschließen,<br />

um Deutschland perspektivisch unabhängiger von<br />

unkalkulierbaren Importen fossiler Energieträger zu<br />

machen. Schon heute ist unser Land international<br />

führend bei der Entwicklung erneuerbarer und energiesparender<br />

Technologien. Dieser Markt wird sich<br />

in den kommenden zehn Jahren nahezu verdoppeln und bietet dem<br />

heimischen Mittelstand ein überaus interessantes Geschäftsfeld.<br />

Bei aller Zustimmung überwiegt derzeit jedoch die Skepsis. Überall<br />

werden neue Windparks errichtet, sei es auf dem flachen Land oder<br />

auf hoher See. Nicht selten entsteht dabei der Eindruck, dass dies alles<br />

eher unkoordiniert geschieht. Selbst Metropolen wie Berlin wollen<br />

künftig vermehrt eigenen Ökostrom produzieren und streben dafür<br />

die Bildung eines kommunalen Stadtwerkes an. Dabei wird völlig<br />

außer Acht gelassen, dass speziell im nordostdeutschen Raum bereits<br />

heute so viel Strom aus erneuerbarer Herkunft vorhanden ist,<br />

dass er weder in der Bundeshauptstadt noch in ganz Ostdeutschland<br />

verbraucht werden kann und über teure Energietrassen gen Süden<br />

weitergeleitet werden muss. Die Errichtung neuer Anlagen erfolgt<br />

offenkundig nicht im Einklang mit der Bereitstellung praktikabler<br />

Speichersysteme für die aus Sonne und Wind erzeugte Energie.<br />

Impressum<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />

Das ostdeutsche Unternehmermagazin<br />

Ausgabe 4/2014<br />

Redaktionsschluss: 04.07.2014<br />

Verlag: Verlag Frank Nehring GmbH<br />

Zimmerstraße 56, 10117 Berlin<br />

Tel.: 030 479071-0<br />

Fax: 030 479071-20<br />

www.NehringVerlag.DE<br />

Verlagsleiter: Dr. Robert Nehring<br />

Herausgeber/Geschäftsführer: Frank Nehring<br />

Tel.: 030 479071-11, FN@NehringVerlag.DE<br />

(Alleiniger Inhaber und Gesellschafter, Wohnort Berlin)<br />

Chefredakteur: Karsten Hintzmann<br />

Tel.: 030 479071-24, KH@wundm.info<br />

Karsten Hintzmann<br />

Chefredakteur<br />

KH@wundm.info<br />

Redaktion: Janine Pirk-Schenker<br />

Tel.: 030 479071-21, JP@NehringVerlag.DE<br />

Dr. Ulrich Conrad, Harald Lachmann, Tomas<br />

Morgenstern, Matthias Salm, Thomas Schwandt,<br />

Anke Templiner<br />

Abo- und Anzeigenverwaltung; Vertrieb:<br />

Tobias Meier<br />

Tel.: 030 479071-28<br />

TM@NehringVerlag.DE<br />

Daher lautet eine berechtigte Forderung: Erst Speicherkapazitäten<br />

entwickeln und dann neue Solar- und Windkraftanlagen bauen. Ansonsten<br />

droht der Traum von einer grünen Energiewende<br />

zu einem finanziellen Desaster zu werden.<br />

Die Politik ist gehalten, die Rahmenbedingungen<br />

zu schaffen, damit Energie in Deutschland<br />

bezahlbar bleibt. Die Energiekosten sind ein entscheidender<br />

Standortfaktor für die Industrie und<br />

für unternehmerische Investitionsentscheidungen.<br />

Schon jetzt stehen deutsche Unternehmen<br />

im Vergleich mit der internationalen Konkurrenz<br />

schlechter da, weil sie die hohe EEG-Zulage schultern<br />

müssen, die in den kommenden Jahren viele<br />

Milliarden Euro verschlingen wird. Das ist ein klarer<br />

Wettbewerbsnachteil.<br />

Ein deutscher Alleingang in Sachen Energiewende könnte zum Bumerang<br />

werden und die Abwanderung energieintensiver Unternehmen<br />

beschleunigen. Daher braucht es eine Europäisierung der Energiepolitik.<br />

Es kann doch nicht sein, dass hierzulande hohe Preise<br />

für Strom aus erneuerbaren Quellen gezahlt werden müssen, während<br />

die östlichen und westlichen Nachbarn an ihrer konventionellen<br />

Energiepolitik festhalten und sogar neue Atomkraftwerke planen<br />

und bauen.<br />

Das Thema Energiewende treibt zunehmend auch ostdeutsche Politiker<br />

um. Und das nicht nur, weil in Sachsen, Brandenburg und<br />

Thüringen nach der Sommerpause gewählt wird. Durch die Erfahrungen<br />

aus dem Transformationsprozess der vergangenen zwei Jahrzehnte<br />

haben sie eine ausgeprägte Sensibilität in der Frage, was es<br />

finanziell und beschäftigungspolitisch bedeutet, wenn Fehlplanungen<br />

nicht frühzeitig erkannt und korrigiert werden. Lesen Sie<br />

dazu das Interview mit Thüringens Ministerpräsidentin Christine<br />

Lieberknecht (ab Seite 28) und den W+M-Schwerpunkt zur Energiewende<br />

(ab Seite 38).<br />

Erscheinungsweise, Einzelverkaufs- und Abonnementpreis:<br />

Die Zeitschrift <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> erscheint zweimonatlich. Als<br />

Magazin der Interessengemeinschaft der Unternehmerverbände<br />

Ostdeutschlands und Berlin erhalten die Mitglieder die Zeitschrift<br />

im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Einzelpreis: 3,50 €, Jahresabonnement<br />

(Inland): 20 € inkl. MwSt. und Versand, Jahresabonnement<br />

(Ausland): 20 € inkl. MwSt. zzgl. Versand.<br />

Layout & Design: Drechsel Kommunikations-Design,<br />

www.drechsel-berlin.com<br />

Druck: möller Druck und Verlag GmbH, ISSN 0863-5323<br />

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Kopien nur mit vorheriger<br />

schriftlicher Genehmigung des Verlages. Namentlich gekennzeichnete<br />

Beiträge müssen nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos<br />

übernehmen wir keine Haftung.<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


4 | W+M Inhalt<br />

10<br />

Gründerzeit im Osten<br />

22<br />

Schwedt: Leuchtturm<br />

in der Uckermark<br />

28<br />

„Blühende Landschaften”:<br />

Interview mit<br />

Christine Lieberknecht<br />

56<br />

Brandenburger Sommerabend: Pause vom Wahlkampf<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


W+M Inhalt | 5<br />

Foto: Christian Drechsel<br />

20<br />

Streit um<br />

Porzellan-<br />

Manufaktur<br />

Meissen<br />

38<br />

Chancen und<br />

Risiken der<br />

Energiewende<br />

W+M Titelthema<br />

Gründerzeit im Osten 10<br />

W+M Aktuell<br />

Köpfe 6<br />

Nachrichten 8<br />

W+M Titelthema<br />

Brandenburger Gründerklima 10<br />

Die neue Unternehmergeneration 12<br />

Praktische Tipps für Unternehmensgründer 14<br />

Analyse von ifo-Chef Professor Ragnitz 16<br />

W+M Länderreports<br />

Thüringen: Aufschwung am Airport Erfurt 18<br />

Sachsen: Streit um Porzellan-Manufaktur Meissen 20<br />

Brandenburg: Erdölmetropole als Leuchtturm in der Uckermark 22<br />

Mecklenburg-Vorpommern: Auf dem Weg zum führenden Gesundheitsland 24<br />

Sachsen: Flaggschiff auf dem Gasmarkt 26<br />

W+M Politik<br />

Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht im Interview 28<br />

Kolumne: Klaus von Dohnanyi 34<br />

Ifo-Geschäftsklimaindex für Ostdeutschland 35<br />

Mindestlohn schwächt Mittelstand 36<br />

Pro und Contra: Braucht der Mittelstand eine Frauenquote für Führungspositionen? 37<br />

W+M Schwerpunktthema Energiewende<br />

Experten-Umfrage vor dem Ostdeutschen Energieforum 38<br />

Studie: Unternehmen befürworten Energiewende 43<br />

Regionaler Wildwuchs bei Stromnetzentgelten unter der Lupe 44<br />

W+M International<br />

Rostocker Schiffsdesigner erobern den Weltmarkt 46<br />

W+M Ratgeber<br />

Finanzen: Chancen der SEPA-Umstellung werden verkannt 48<br />

Steuern und Management: Liquiditätsreserven im Einkauf heben 50<br />

Büro: Kaffeemaschinen im Vergleich 52<br />

Kultur: Die ostdeutsche Bestsellerliste für Wirtschaftsliteratur 54<br />

Kultur: Die schönsten Konzerte des Sommers 55<br />

W+M Netzwerk<br />

Brandenburger Sommerabend in Potsdam 56<br />

Der Konsum lud zum Fest 57<br />

Handwerkskammer feiert in Berlin 58<br />

Frauenpower am Nordpier des BER 59<br />

VBIW: Aktuelles aus dem Verein 60<br />

Neues aus den Unternehmerverbänden 62<br />

W+M Rückblick<br />

Was macht eigentlich Waldemar Cierpinski, zweifacher Marathon-Olympiasieger? 64<br />

W+M Die letzte Seite<br />

Ausblick und Personenregister 66<br />

W+M Weitere Beiträge<br />

Editorial 3<br />

Impressum 3<br />

Medienpartnerschaften 33, 49<br />

Beilagenhinweis: Teilen der Auflage liegt eine Information der Zentralkonsum eG bei.<br />

Wir bitten um Ihre Aufmerksamkeit.<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


6 | W+M Köpfe<br />

Jürgen Schmidberger (52)<br />

Berlin. Dr. Jürgen Schmidberger wurde durch<br />

den Aufsichtsrat zum neuen Mitglied des Vorstands<br />

bei der Gasag Berliner Gaswerke AG bestellt.<br />

Er ist zuständig für das Ressort Netz und<br />

Finanzen und hat seine Tätigkeit am 1. Juni angetreten.<br />

Schmidberger ist Nachfolger des ruhestandsbedingt<br />

ausgeschiedenen langjährigen<br />

Gasag-Vorstands Olaf Czernomoriez. Nach Funktionen bei Ruhrgas,<br />

Dresden Gas und langjähriger Tätigkeit bei der Gasag war der 1961<br />

in Friedrichshafen am Bodensee geborene Schmidberger zuletzt Finanzvorstand<br />

der Vattenfall Wärme AG in Berlin.<br />

Peter-Michael und Antje Diestel mit ihren Trauzeugen<br />

Lothar de Maizière (l.) und Gregor Gysi (r.).<br />

Peter-Michael Diestel (62)<br />

Zislow. Der prominente Anwalt und letzte DDR-Innenminister hatte rund 200 Unternehmer, Politiker, Künstler und Freunde zur traditionellen<br />

Herrentagsfeier auf sein Anwesen im mecklenburgischen Zislow geladen. Dort staunten die Partygäste nicht schlecht, als ihnen Diestel,<br />

der in den 1990er Jahren den FC Hansa Rostock als Vereinspräsident in der Fußball-Bundesliga etabliert hatte, offenbarte, er habe unmittelbar<br />

vor dem Unternehmertreffen am Himmelfahrtstag seine Lebensgefährtin, die Zahnärztin Antje Langer, geheiratet. Kennengelernt hatten<br />

sich beide in ihrer Potsdamer Praxis, die Diestel wegen akuter Zahnschmerzen aufgesucht hatte. Es ist seine dritte Ehe und soll, so Peter-<br />

Michael Diestel, „in jedem Fall meine letzte Ehe“ sein. Trauzeugen waren übrigens langjährige Freunde und Weggefährten des CDU-Politikers:<br />

Gregor Gysi, Linken-Fraktionschef im Bundestag, und Lothar de Maizière, letzter DDR-Ministerpräsident.<br />

Peter Gebauer (70)<br />

Leipzig. Unter den 23 Mittelständlern und<br />

selbst ständigen Unternehmern, die im Mai in<br />

den neuen Stadtrat von Leipzig gewählt wurden,<br />

ist Peter Gebauer einer der erfahrensten.<br />

Der gelernte Fuhrunternehmer und Verkehrskaufmann,<br />

der bereits 1969 die anno 1896 gegründete<br />

Familienspedition übernahm, kandidierte<br />

für die FDP. Im Rathaus will sich Gebauer, der sich auch im Unternehmerverband<br />

Sachsen engagiert, dafür einsetzen, dass hier die<br />

Interessen des Mittelstandes Gehör finden und die Stadt mehr für<br />

Schulsanierungen und gegen „Buckelpisten“ tut.<br />

Fotos: Inez Bandoly, Staatskanzlei Sachsen-Anhalt/Ines Rosse, Gasag, Harald Lachmann, Jürgen Lösel, Privat, Thomas Schwandt, Nordmetall<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


W+M Köpfe | 7<br />

Anke Lamprecht (39)<br />

Gera. Die selbstständige Landwirtin und Gastronomin<br />

hat nicht nur ein Händchen für die 60<br />

Pferde und 50 Rinder, die sie auf ihrem Pferdehof<br />

im Ort Korbußen bei Gera betreut. Dank der<br />

angehenden Pferdewirte, die sie hier ausbildet,<br />

wurde ihr Unternehmen wiederholt als „Erfolgreicher<br />

Ausbildungsbetrieb“ geehrt. Ihr Betrieb<br />

diente jahrelang als Deckstation für das sächsische Landgestüt Moritzburg.<br />

Den alten Familienhof hatte ihre Mutter erst vor wenigen<br />

Jahren zurückerhalten – seitdem baut ihn Anke Lamprecht zusammen<br />

mit ihrem Mann Sirko Schlegel zu einem Schmuckstück samt<br />

Landgasthof aus.<br />

Markus Kopp (47)<br />

Schkeuditz. Neben seiner Funktion als Alleinvorstand<br />

der Mitteldeutschen Flughafen AG in<br />

Schkeuditz (Landkreis Nordsachsen) ist Markus<br />

Kopp nunmehr in Personalunion auch Geschäftsführer<br />

der beiden sächsischen Flughäfen<br />

Leipzig/Halle und Dresden. Darüber hinaus<br />

agiert er seit 2012 als Honorarkonsul der Republik<br />

Polen in Leipzig. Kopp hat Luftverkehrskaufmann bei der Deutschen<br />

Lufthansa gelernt. Seit er mit zwei Jahren erstmals in einem<br />

Flugzeug – mit seinen Eltern flog er von Düsseldorf nach Klagenfurt<br />

– saß, weiß er, dass er Kerosin im Blut hat, wie er es nennt.<br />

Gerhard Fettweis (52)<br />

Dresden. Der Koordinator des Center for Advancing<br />

Electronics Dresden stellte jüngst in Seoul<br />

die neue Forschungsinitiative „Dresden 5G<br />

Lab“ vor, mit der 16 Professoren der TU Dresden<br />

und 500 Wissenschaftler die fünfte Generation<br />

des Mobilfunks auf den Weg bringen wollen.<br />

Zur Vision seines Teams gehört zum Beispiel<br />

vollautomatisiertes Fahren im Straßenverkehr und robotergestützte<br />

Tele-Chirurgie. Herausforderungen wie extrem kurze Übertragungszeiten,<br />

sehr große Datendurchsätze, hochsensible Sensortechnik,<br />

hohe Ausfallsicherheit und effiziente Datensicherung sind dabei zu<br />

lösen.<br />

Brigitte Schirmer (54)<br />

Strausberg. Es ist ein gutes Jahr für Brigitte<br />

Schirmer – im März wurde die Geschäftsführende<br />

Gesellschafterin der Allresist GmbH in Strausberg<br />

mit dem zweiten Preis als Brandenburger<br />

Unternehmerin des Jahres ausgezeichnet. Im<br />

Mai erhielt Allresist den Brandenburger Innovationspreis<br />

Kunststoffe und Chemie für seinen<br />

Hochtechnologielack CSAR 62. Dieser ermöglicht in der Elektronenstrahllithographie<br />

extrem kleine Strukturen unter zehn Nanometer<br />

für höchst integrierte Schaltkreise von Mikrochips. Grund zur Freude<br />

auch für ihren Mann Matthias, mit dem die 54-Jährige das innovative<br />

Unternehmen führt.<br />

Jens Aurel Scharner (48)<br />

& Gernot Tesch (47)<br />

Rostock. Die Hafen-Entwicklungsgesellschaft<br />

Rostock mbH (Hero)<br />

erhält eine Doppelspitze. Die Fährreederei-Manager<br />

Jens Aurel Scharner<br />

(TT-Line) und Gernot Tesch<br />

(Scandlines) sind vom Aufsichtsrat<br />

des kommunalen Betriebes zu Geschäftsführern bestellt worden.<br />

Scharner und Tesch lösen mit Beginn des Jahres 2015 Geschäftsführer<br />

Dr. Ulrich Bauermeister ab, der in den Ruhestand geht und seit<br />

2000 die Geschicke der Hero lenkt. Gesellschafter der Hero sind das<br />

Land Mecklenburg-Vorpommern (25,1 Prozent) und die Hansestadt<br />

Rostock (74,9 Prozent).<br />

Thomas Lambusch (61)<br />

Schwerin. Die Vereinigung der Unternehmensverbände<br />

für Mecklenburg-Vorpommern<br />

(VUMV) hat einen neuen Präsidenten. Thomas<br />

Lambusch wurde im Juni vom neugewählten<br />

Vorstand als Nachfolger von Hans-Dieter Bremer<br />

bestimmt. Nach einer Managerkarriere bei<br />

Siemens hatte sich der Diplom-Kaufmann 2006<br />

selbstständig gemacht und leitet seitdem als geschäftsführender Gesellschafter<br />

die Rostocker Sear GmbH. Das Unternehmen mit 180 Mitarbeitern<br />

baut unter anderem elektrotechnische Anlagen für Kraftwerke<br />

und Umspannplattformen für die Energiewende. Im November<br />

2013 wurde Lambusch zudem Präsident des Arbeitgeberverbandes<br />

der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie NORDMETALL.<br />

In Memoriam<br />

Reinhard Höppner (65)<br />

Magdeburg. Der ehemalige Ministerpräsident<br />

von Sachsen-Anhalt, Reinhard Höppner<br />

(SPD), ist am 9. Juni nach langer schwerer<br />

Krankheit im Alter von 65 Jahren verstorben.<br />

Der promovierte Mathematiker wurde<br />

1948 in Haldensleben bei Magdeburg geboren<br />

und war von 1972 bis 1994 Mitglied der<br />

Kirchenleitung der Evangelischen Kirche Sachsen. Nach der Wende<br />

trat Höppner den Sozialdemokraten bei und wurde 1990 Vizepräsident<br />

der frei gewählten DDR-Volkskammer. Von 1994 bis<br />

2002 war Höppner Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt.<br />

Nachdem die SPD bei den Landtagswahlen 2002 16 Prozent der<br />

Stimmen verlor, trat Höppner von seinem Amt zurück, blieb aber<br />

noch bis 2006 Mitglied des Landtages. Höppner hinterlässt seine<br />

Ehefrau und drei Kinder.<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


8 | W+M Nachrichten<br />

+ Trends + + + Entwicklungen + + + Zahlen + + + Perspektive<br />

Merkel verspricht Rabatte<br />

Zeitz/Senftenberg. In einem Brief an die<br />

Staatskanzleien von Brandenburg, Sachsen,<br />

Sachsen-Anhalt und Thüringen hat Bundeskanzlerin<br />

Angela Merkel versichert, dass die<br />

ostdeutschen Braunkohleförderer nicht bei<br />

den Ökostromrabatten benachteiligt werden.<br />

Die Unternehmen Mibrag (Zeitz) und<br />

Vattenfall (Senftenberg), die tausende Mitarbeiter<br />

beschäftigen, in Größenordnungen<br />

Lehrlinge ausbilden und für eine Vielzahl regionaler<br />

Mittelstandsfirmen als Auftraggeber<br />

unverzichtbar sind, würden zwar nicht<br />

in eine EU-Liste mit Ausnahmen aufgenommen,<br />

doch sollten sie Bestandsschutz erhalten.<br />

Damit müssten sie nicht mit höheren Abgabenbelastungen<br />

rechnen, stellte die Kanzlerin<br />

klar. Die vier Länder hatten befürchtet,<br />

dass die Braunkohleförderung im Vergleich<br />

zur Steinkohle bei der EEG-Umlage benachteiligt<br />

wird.<br />

Rolls-Royce sucht Ingenieure<br />

Dahlewitz. Für die Flugzeuggetriebeentwicklung<br />

in Dahlewitz bei Berlin sucht der<br />

Triebwerkhersteller Rolls-Royce 200 Ingenieure.<br />

Sie werden nach Unternehmensauskunft<br />

auf der ILA 2014 für die Entwicklung<br />

neuer Triebwerke benötigt, die leichter, sparsamer,<br />

und stärker als bisherige sind. Derzeit<br />

errichtet Rolls-Royce ein neues Prüfzentrum<br />

in Dahlewitz.<br />

Porsche investiert weiter<br />

Leipzig. Porsche wird ab 2016 das viertürige<br />

Sportcoupé Panamera komplett in Leipzig<br />

fertigen. Anfang Mai bestätigte der Konzern<br />

die Investition von nochmals 500 Millionen<br />

Euro unter anderem in eine Karosseriefertigung.<br />

Für die aktuelle Panamera-Version<br />

werden die Karosserien noch aus Hannover<br />

geliefert. Derzeit hat das Leipziger Werk rund<br />

2.500 Mitarbeiter.<br />

Netzwerk im Nordosten<br />

Stralsund. Zum zwölften Mal seit 2003 trafen<br />

sich am 13. Mai dieses Jahres Politiker,<br />

Wissenschaftler, Unternehmer und Studenten<br />

zur Stralsunder Tagung für erfolgreiche<br />

Partnerschaften (STeP). Das von Wirtschaftsstudenten<br />

der Fachhochschule Stralsund organisierte<br />

und gemeinsam mit der Stralsunder<br />

Mittelstandsvereinigung und der Hansestadt<br />

Stralsund initiierte jährliche Treffen<br />

soll dazu dienen, einen Meinungsaustausch<br />

über Potenziale und Chancen des Standortes<br />

Stralsund im nationalen und internationalen<br />

Wettbewerb zu pflegen sowie neue Partnerschaften<br />

zu knüpfen und Netzwerke auszubauen.<br />

2014 stand der STeP-Kongress im<br />

Stralsunder Rathaus unter dem Motto „Zusammenarbeit<br />

als Chance: Visionär denken<br />

– regional handeln“. Zu den Referenten gehörten<br />

der Europaabgeordnete Werner Kuhn<br />

(CDU) und der Manager Thomas Kühmstedt<br />

von der Stralsunder Firma Ostseestaal.<br />

Turbinen für Thüringen<br />

Mühlhausen. Im Gasturbinenkraftwerk Grabe<br />

bei Mühlhausen (Unstrut-Hainich-Kreis)<br />

der Thüringer Energie AG sind zwei neue Gasmotoren<br />

in Betrieb genommen worden. Die<br />

beiden rund 30 Tonnen schweren 16-Zylinder-Kolbenmotoren<br />

ersetzen zwei Gasturbinen,<br />

die bis zum Vorjahr über angeschlossene<br />

Generatoren elektrischen Strom erzeugten.<br />

Der Einbau der neuen Gasmotoren war<br />

notwendig geworden, da sich der Gasdruck<br />

in den natürlichen Erdgasvorkommen rund<br />

um Grabe in jüngster Zeit spürbar verringert<br />

hat. Die aktuellen Berechnungen gehen<br />

davon aus, dass noch genug Erdgas in<br />

der Lagerstätte vorhanden ist, um die jetzt<br />

installierten Motoren die nächsten 20 Jahre<br />

in Betrieb zu halten. Die Motoren mit einer<br />

Leistung von insgesamt rund fünf Megawatt<br />

erzeugen den Jahresstrombedarf von<br />

12.000 Haushalten.<br />

Inbetriebnahme der neuen Gasmotoren in<br />

Mühlhausen.<br />

Abwanderung gestoppt<br />

Köln. Die Abwanderungswelle aus Ostdeutschland<br />

ist aufgrund der guten Wirtschaftslage<br />

fast gestoppt, dagegen stieg sogar<br />

die Zahl der Zuwanderer aus den alten<br />

Bundesländern. So kommen verstärkt Studierende<br />

aus dem Westen in die weniger überlasteten<br />

ostdeutschen Universitäten. Auch<br />

die Binnenwanderung innerhalb Deutschlands<br />

ist in den letzten zehn Jahren deutlich<br />

zurückgegangen. Das besagt eine Studie<br />

des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft.<br />

2002 wanderten noch 141.650 Menschen<br />

in ein anderes Bundesland aus, 2012<br />

waren es nur noch 43.640.<br />

Schweizer Monopol geknackt<br />

Glashütte. Die Uhrenmanufaktur NOMOS<br />

Glashütte hat mit Hilfe des Instituts für Maschinenelemente<br />

und Maschinenkonstrukti-<br />

Fotos: TEAG, LMBV, Rolls-Royce<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


W+M Nachrichten | 9<br />

n + + + Trends + + + Entwicklungen + + + Zahlen + + + Perspe<br />

on der Technischen Universität Dresden ein<br />

eigenes Schwingsystem für mechanische<br />

Uhren entwickelt. Damit wird das sächsische<br />

Traditionsunternehmen unabhängig<br />

von der Swatch-Tochter Nivarox, die bei den<br />

Schwingsystemen einen Marktanteil von 95<br />

Prozent besitzt.<br />

Mit einem Spezialschiff bekämpft die LMBV<br />

die Eisenbelastung in Gewässern in der Lausitz,<br />

wie hier auf dem Lichtenauer See.<br />

Brüssel fördert weniger<br />

Leipzig. Die drei mitteldeutschen Länder<br />

Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen erhalten<br />

aus Brüsseler Fördertöpfen bis zum<br />

Jahr 2020 gut zwei Milliarden Euro weniger.<br />

Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums<br />

umfassen die Zahlungen rund 6,5<br />

Milliarden Euro. Davon gehen etwa 2,7 Milliarden<br />

Euro nach Sachsen, was gut einer Milliarde<br />

Euro Minus gegenüber dem bisherigen<br />

Niveau entspricht. Sachsen-Anhalt soll rund<br />

zwei und Thüringen rund 1,7 Milliarden Euro<br />

bekommen, womit beide Länder je eine halbe<br />

Milliarde Euro einbüßen. Die EU will stattdessen<br />

stärker die neuen Mitglieder in Osteuropa<br />

fördern.<br />

Kaum Vorstandsposten<br />

Frankfurt/Main. Die 30 DAX-Unternehmen<br />

zählen in Summe 182 Vorstände. Unter ihnen<br />

befinden sich unter anderem 17 US-Amerikaner,<br />

fünf Briten, vier Inder – sowie 25 Jahre<br />

nach der Einheit auch gerade einmal vier<br />

gebürtige Ostdeutsche. Konkret handelt es<br />

sich hierbei um Kathrin Menges (Henkel),<br />

Torsten Jeworrek (Munich-Re), Hauke Stars<br />

(Deutsche Börse) und Mike Winkel (Eon). Ermittelt<br />

hatte dies die Personalberatung Korn-<br />

Ferry. Für deren Senior Client Beraterin Berit<br />

Bretthauer – selbst gebürtige Ostberlinerin<br />

und heute als „Headhunterin“ weltweit auf<br />

der Suche nach Top-Führungskräften – rührt<br />

die Unterrepräsentierung Ostdeutscher aus<br />

einer anderen Ausbildung in der DDR. Diese<br />

habe die Menschen „nicht für die Managerebene<br />

qualifiziert. Leistung wurde im dortigen<br />

System nur teilweise belohnt, vieles war<br />

politisch.“ So fehle es ihnen bis heute an „aggressiver<br />

Selbstvermarktung“.<br />

256 Millionen Euro für Braunkohlesanierung<br />

Senftenberg. Die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV)<br />

hat eine positive Bilanz des zurückliegenden Geschäftsjahres gezogen. LMBV-Chef Klaus<br />

Zschiedrich sagte beim Bilanzpressegespräch: „Das Jahr 2013 war zum einen von der planmäßigen<br />

und kontinuierlichen Fortsetzung der Sanierungsprozesse im Lausitzer und im mitteldeutschen<br />

Braunkohlerevier bestimmt, zum anderen durch besondere Herausforderungen<br />

im Sanierungsablauf wie dem Abschluss der Ursachenforschung zum Böschungsunglück in<br />

Nachterstedt, der weiteren Durchdringung der geotechnischen Prozesse der Tagebauinnenkippen<br />

in der Lausitz sowie der Bewältigung neuer drängender Fragen der Gewässergüte in<br />

den Vorflutern geprägt.“ Von den im Jahr 2013 eingesetzten finanziellen Mitteln von etwa<br />

256 Millionen Euro für die Braunkohlesanierung entfielen auf Brandenburg 115, auf Sachsen<br />

97, auf Sachsen-Anhalt 42 und auf Thüringen zwei Millionen Euro.<br />

Mittelstandsgesetz für die Hauptstadt<br />

Berlin. Nach Hessen und Nordrhein-Westfalen<br />

soll auch Berlin ein Mittelstandsgesetz<br />

bekommen. Eine entsprechende Initiative<br />

wurde auf dem 1. Berliner Mittelstandskongress<br />

gestartet, der maßgeblich von der<br />

Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung<br />

der CDU Berlin (MIT) organisiert wurde und<br />

an dem rund 800 Unternehmer teilnahmen.<br />

Christian Gräff, Landesvorsitzender der Berliner<br />

MIT: „Ich gehe davon aus, dass das Mittelstandsgesetz<br />

noch in diesem Jahr vom Berliner<br />

Abgeordnetenhaus verabschiedet wird.“<br />

Zu den zentralen Punkten zählt Gräff eine<br />

zwingende Mittelstandsverträglichkeitsprüfung,<br />

der alle Gesetze und Verordnungen unterzogen<br />

werden müssten. Darüber hinaus<br />

soll jedes neue Gesetzgebungsvorhaben einer<br />

Anhörung der IHK und der Handwerkskammer<br />

unterliegen. Christian Gräff: „Ganz<br />

wichtig ist uns, endlich Chancengleichheit<br />

für den Mittelstand bei der Auftragsvergabe<br />

zu gewährleisten. Das bedeutet, dass künftig<br />

kleinere Lose und Teillose ausgeschrieben<br />

und vergeben werden. Nur so haben<br />

Mittelständler wirklich eine Chance, etwas<br />

von dem Auftragskuchen abzubekommen.“<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


10 | W+M Titelthema<br />

Brandenburger Gründerklima<br />

Laut aktuellem KfW-Gründungsmonitor liegt Brandenburg an der Spitze der neuen Bundesländer.<br />

Über 600 Gründungsberatungen hat die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) im<br />

vergangenen Jahr durchgeführt. Sie bietet passgenaue Unterstützung an. Von Dr. Ulrich Conrad<br />

Einen langen Atem brauchen<br />

Finanzinvestoren<br />

besonders in der Medizintechnik.<br />

Die Branche hat sich<br />

rasant entwickelt im Land,<br />

zu den Newcomern gehört die<br />

Potsdamer Emperra GmbH E-<br />

Health Technologies. „Wir wandeln<br />

uns gerade aus einem reinen<br />

Entwicklerteam zum kommerziellen<br />

Unternehmen“, sagt<br />

Geschäftsführer Dr. Christian<br />

Krey. „Seit 2008 unterstützt uns<br />

die ILB, jetzt endlich bringen<br />

wir unsere Produktentwicklung<br />

ESYSTA® auf den Markt.“ Die ILB<br />

ist die Spezialistin für Risikokapital<br />

im Land. Nach der Frühphasenbeteiligung<br />

durch den<br />

BFB BeteiligungsFonds Brandenburg<br />

und den Risikokapitalfonds<br />

der Sparkassen des Landes<br />

Brandenburg wird Emperra seit 2011<br />

durch den BFB Wachstumsfonds Brandenburg<br />

finanziert.<br />

Hinter dem Kürzel ESYSTA® steckt ein internetgestütztes<br />

Monitoringsystem für Menschen<br />

mit Diabetes, die regelmäßig Insulin<br />

benötigen. Bei nicht gut eingestellten<br />

Patienten steigen die Risiken für Folgeerkrankungen<br />

enorm, so können zum Beispiel<br />

Erblindung, Nierenversagen oder Amputationen<br />

die Folge sein. Eine ständige Betreuung<br />

ist notwendig, doch die wird angesichts<br />

des Ärztemangels in den ländlichen<br />

Räumen für manche Gegenden zunehmend<br />

komplizierter. Telemedizin kann hier Abhilfe<br />

schaffen, wenn geeignete Systeme für Erfassung,<br />

Dokumentation, Übertragung und<br />

Telemedizin: Das Monitoringsystem ESYSTA®<br />

verbessert die Versorgung von insulinpflichtigen Diabetikern.<br />

Auswertung wichtiger Diagnose- und Therapiedaten<br />

der Diabetes-Patienten dem Arzt<br />

zur Verfügung stehen. Emperra hat ein solches<br />

System entwickelt und zur Marktreife<br />

geführt. Aufgrund des hohen Patientennutzens<br />

konnte darüber hinaus auch die AOK<br />

Nordost als langfristiger Partner für ein gemeinsames<br />

Projekt gewonnen werden. Im<br />

März gab es dafür den Industriepreis des<br />

Huber Verlags für neue Medien in der Kategorie<br />

Medizintechnik.<br />

„Emperra ist ein Musterbeispiel für erfolgreiche<br />

Gründungsfinanzierung“, bestätigt<br />

Tillmann Stenger, Vorstandsvorsitzender<br />

der ILB. „Gründung ist ja kein ‚Big-Bang‘,<br />

sondern ein mitunter komplizierter Prozess.<br />

Wir bieten Instrumente an, die in den unterschiedlichen<br />

Entwicklungsphasen junger<br />

Unternehmen passgenau eingesetzt werden.“<br />

Dabei geht es nicht nur um Geld, so<br />

wichtig dies ist. „Für uns war die ILB-Unterstützung<br />

besonders wertvoll, weil wir neben<br />

der Finanzierung auch vom Know-how der<br />

Fachleute im Beteiligungsfonds profitieren<br />

konnten“, erklärt Oliver Thiel, Finanzchef<br />

der castaclip GmbH in Potsdam. Das Unternehmen<br />

betreibt ein Videoclip-Portal im Internet<br />

und nutzte eine Finanzierung durch<br />

den Frühphasenfonds. Mit Venture-Capital<br />

als Nachrangdarlehen wurde die Eigenkapitalausstattung<br />

verbessert, der Fondsmanager<br />

bmp Media Investors AG brachte<br />

Branchen-Know-how ein. Mit Erfolg: Ende<br />

des Jahres soll das Darlehen zurückgezahlt<br />

werden. Von zwei Mitarbeitern ist casta clip<br />

auf 20 gewachsen. „Gründer sind die Arbeitgeber<br />

von morgen“, unterstreicht Till-<br />

Fotos: Emperra, Ulrich Conrad<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


Gründerzeit | 11<br />

mann Stenger.<br />

Deshalb werde<br />

die Existenzgründungsförderung<br />

auch in Zeiten knapper werdender EU-<br />

Fördermittel fester Bestandteil der Brandenburger<br />

Wirtschaftsförderung bleiben. Zwar<br />

sinken die Fördersätze bei der regionalen<br />

Wirtschaftsförderung um zehn bis 20 Prozent.<br />

Zuschüsse, zinsgünstige Darlehen,<br />

Haftungsfreistellungen und Beteiligungskapital<br />

werden jedoch auch in der neuen EU-<br />

Förderperiode bis 2020 bereitstehen.<br />

Tillmann Stenger<br />

Vorstandsvorsitzender<br />

der ILB<br />

„Die Mittel, die wir künftig erhalten, müssen<br />

und werden wir noch zielgenauer einsetzen“,<br />

betont Stenger. Dass die ILB das kann, belegte<br />

er in der Bilanzpressekonferenz Ende<br />

Mai mit Zahlen: Das ILB-Ergebnis nach Risikovorsorge<br />

lag 2013 mit 44,7 Millionen Euro<br />

deutlich über dem Vorjahresniveau. Mit einem<br />

guten Bewertungsergebnis im Wertpapierportfolio<br />

und geringen Wertberichtigungen<br />

konnte die Bank den Auswirkungen der<br />

Niedrigzinsphase trotzen. Dadurch können<br />

dem ILB-Förderfonds zusätzlich 7,5 Millionen<br />

Euro zugeführt werden, aus dem<br />

eigene zinsgünstige Finanzierungsprodukte<br />

– ohne EU- oder Landesmittel –<br />

angeboten werden. Eine Ergänzung, die<br />

Handlungsspielräume erweitert und auch positiv<br />

auf das Gründungsklima im Land ausstrahlt.<br />

deGUT – Treffpunkt für<br />

Gründer und Unternehmer<br />

Bereits zum 30. Mal finden im Oktober<br />

die Deutschen Gründer- und Unternehmertage<br />

deGUT in Berlin statt. Die größte<br />

Existenzgründermesse Deutschlands<br />

wird von der Investitionsbank des Landes<br />

Brandenburg und der Investitionsbank<br />

Berlin gemeinsam veranstaltet.<br />

Gründer und Unternehmer finden bei<br />

rund 130 Ausstellern Informationen und<br />

Beratung sowie Kontaktmöglichkeiten<br />

zu Förderern, Mentoren und Gleichgesinnten.<br />

Am 17. Oktober startet außerdem<br />

der 20. Businessplan-Wettbewerb<br />

Berlin-Brandenburg.<br />

17. und 18. Oktober 2014<br />

10:00 – 18:00 Uhr<br />

Hangar 2, Flughafen Berlin-Tempelhof<br />

Eingang Columbiadamm 10<br />

www.degut.de<br />

Derzeit werden die Programme für die neue<br />

EU-Förderperiode entwickelt. Bewährte sollen<br />

weiterlaufen, zum Beispiel „Gründung<br />

innovativ“ oder „Nachhaltige Stadtentwicklung“,<br />

das von Existenzgründern intensiv genutzt<br />

wurde. Neu ist „Brandenburg Garantie<br />

Innovativ“, ein Angebot, mit dem die ILB<br />

der Hausbank innovativer Firmen eine Haftungsfreistellung<br />

von 60 Prozent, bei Kooperation<br />

mit der Bürgschaftsbank Brandenburg<br />

sogar von bis zu 80 Prozent bei der Kreditvergabe<br />

ermöglicht. Deutlich aufgestockt werden<br />

sollen in der Förderperiode 2014–2020<br />

die Mittel der revolvierenden Fonds für Eigenkapital-<br />

und Darlehensfinanzierungen.<br />

Die Palette der Förderdarlehen soll durch ein<br />

neues „Mikrodarlehen“ erweitert werden, um<br />

den Bedarf vieler Kleinunternehmen an Krediten<br />

bis 25.000 Euro besser decken zu können.<br />

Auch aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds<br />

werden Existenzgründer weiterhin<br />

Unterstützung erhalten, zum Beispiel<br />

durch Qualifizierungs- und Coachingmaßnahmen.<br />

Die dafür zuständige Landesagentur<br />

für Struktur und Arbeit (LASA) ist seit<br />

Jahresbeginn eine Tochter der ILB.<br />

Die größte<br />

Gründermesse<br />

Deutschlands<br />

deGUT findet<br />

im Oktober<br />

2014 zum<br />

30. Mal statt.<br />

Der Banker Stenger mahnt nochmals, nicht<br />

allein auf die monetäre Förderung zu setzen.<br />

„Beratung, Networking und Know-how-<br />

Transfer gehören unbedingt zu einer erfolgreichen<br />

Gründung.“ Herausragend unter den<br />

Angeboten auf diesem Gebiet sind der Businessplan-Wettbewerb<br />

Berlin-Brandenburg<br />

(BPW) und die Deutschen Gründer- und Unternehmertage<br />

deGUT. Die beiden deutschlandweit<br />

bekannten Existenzgründungsinitiativen<br />

werden seit Jahren durch die ILB<br />

gemeinsam mit der Investitionsbank Berlin<br />

und den Unternehmensverbänden Berlin-Brandenburg<br />

(UVB) organisiert. Im Oktober<br />

ist es wieder soweit, dann dürften<br />

auch die Förderprogramme<br />

durch Brüssel bestätigt<br />

sein. Am 17. Oktober<br />

startet in Berlin mit der<br />

deGUT auch der 20. Businessplan-Wettbewerb.<br />

Eine ideale Möglichkeit<br />

für Existenzgründer, um<br />

sich notwendiges Handwerkszeug<br />

anzueignen<br />

und Netzwerke zu knüpfen.<br />

W+M<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


12 | W+M Titelthema<br />

Die neue Unternehmergeneration im Osten<br />

Pfiffige Geschäftsideen und technischer Pioniergeist zeichnen viele ostdeutsche Start-ups aus.<br />

Drei Beispiele von erfolgreichen Existenzgründungen mit großem Marktpotenzial. Von Matthias Salm<br />

Innovativer Sichtschutz hält<br />

unerwünschte Späher ab<br />

Serial Entrepreneur – so heißen Gründer,<br />

die mehrere Geschäftsideen in Folge an den<br />

Start bringen. Der Physiker und Ingenieur<br />

Dr. Markus Klippstein zählt zu dieser raren<br />

Spezies. 2013 hat der 39-Jährige mit der<br />

siOPTICA GmbH schon seine zweite Firma aus<br />

der Taufe gehoben. Die siOPTICA entwickelt<br />

einen innovativen Sichtschutzfilter, der die<br />

Eingabe der PIN an Geldautomaten oder auf<br />

dem Tablet-PC vor Ausspähungen schützt.<br />

Dr. Markus Klippstein<br />

Gründer von siOptica<br />

Den geglückten ersten Anlauf unternahm<br />

Klippstein 2006 als Teil des Gründerteams<br />

der VisuMotion GmbH, einem Anbieter von<br />

Soft- und Hardware für die 3D-Visualisierung.<br />

„Die VisuMotion-Gründung hat mir bei<br />

der Finanzierung der siOPTICA natürlich Türen<br />

geöffnet“, so Seriengründer Klippstein.<br />

Den Anstoß für die Gründung gab der Markt.<br />

Ein Geldautomatenhersteller signalisierte<br />

den Bedarf der Branche an einem dynamischen<br />

Sichtschutzfilter. Solche Filter geben<br />

die Sicht auf die Eingabefelder auf dem<br />

Touchscreen nur für den Benutzer frei. Wer<br />

aus einem anderen Winkel einen Blick erhaschen<br />

will, für den bleibt der Monitor dunkel.<br />

Doch die gebräuchlichen Filter weisen<br />

Nachteile auf: Sie sind permanent aktiv<br />

und verursachen Lichtverluste von bis<br />

zu 40 Prozent. Das treibt die Stromkosten<br />

in die Höhe.<br />

In Jena entwickelt Klippstein nun mit den<br />

Mitgründern Ambrose Peter Nari und Ravi<br />

Srivastava einen dynamischen Filter, der<br />

per Software schaltbar ist und bei dem der<br />

Lichtverlust auf unter zehn Prozent gesenkt<br />

werden kann. Die Kombination aus Software<br />

und Folie ermöglicht es, dass der Filter nicht<br />

mehr durchgängig aktiv sein muss, sondern<br />

nur bei Bedarf in den Privacy-Modus geschaltet<br />

wird.<br />

„Die weltweit jährlich neu installierten<br />

150.000 bis 200.000 Geldautomaten zeigen<br />

das Potenzial dieser Technologie“, erklärt<br />

Klippstein, der in fünf Jahren einen Marktanteil<br />

zwischen zehn und 15 Prozent bei Bezahlterminals<br />

und Geldautomaten erreichen<br />

will. Die zweite Generation des Filters zielt<br />

auf den noch größeren Markt der Tablet-PC<br />

und Smartphones.<br />

Die VisuMotion GmbH wurde 2010 übrigens<br />

von einem malaysischen Investor übernommen.<br />

Für die siOPTICA mag Klippstein ein<br />

ähnliches Szenario langfristig nicht aus-<br />

Fotos: siOptica GmbH, LAREMIA, Pepperbill GmbH, Anna Wasilewski<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014<br />

Anna Mangold (l.) und Claudia von Boeselager,<br />

Gründerinnen von LAREMIA.


Gründerzeit | 13<br />

schließen – doch nun gilt es<br />

erst einmal, das große Marktpotenzial<br />

für den softwaregesteuerten<br />

Privacy-Filter auszuschöpfen<br />

(www.sioptica.com).<br />

Großer Auftritt zum<br />

kleinen Preis<br />

Designerkleider für feierliche Anlässe<br />

stehen bei Frauen hoch im Kurs.<br />

Doch die Anschaffung geht ins Geld<br />

– und selbst die elegantesten Kleider<br />

werden oft nur wenige Male getragen.<br />

Der Online-Verleih für Designerkleider<br />

LAREMIA schafft Abhilfe.<br />

Die Idee entstand beim Feiern und gewissermaßen<br />

aus der Not heraus: Anna<br />

Mangold und Claudia von Boeselager,<br />

Freundinnen seit der Studienzeit, tanzten<br />

einen Sommer lang buchstäblich auf<br />

vielen Hochzeiten. Und da stellte sich<br />

zwangsläufig die Kleiderfrage: „Wir haben<br />

einen ähnlichen Freundeskreis und<br />

konnten nicht zu jedem Anlass das gleiche<br />

Kleid tragen“, erinnert sich Anna Mangold.<br />

Immer aufs Neue für den Kleiderkauf loszuziehen<br />

– das kostet Zeit und schlägt auf den<br />

Geldbeutel. Ein Dilemma, da waren sich die<br />

beiden Gründerinnen schnell sicher, das sie<br />

mit vielen anderen Frauen teilen. LAREMIA<br />

war geboren – ein Internet-Verleih für Designerkleider<br />

und Accessoires, der seit Mitte<br />

Dezember 2013 online ist.<br />

Wenn eine Neugründung auf einer Trendwelle<br />

surfen kann, dann ist dies stets eine gute<br />

Startvoraussetzung. In diesem Falle heißt<br />

das Zauberwort Share-Economy: teilen statt<br />

besitzen. Das Prinzip spricht nicht nur die<br />

Altersgenossinnen der beiden Berlinerinnen<br />

an, wie Anna Mangold zunächst erwartete:<br />

„Wir haben auch Anfragen von älteren<br />

Frauen ebenso wie von jungen Mädchen, die<br />

sich z. B. für den Abi-Ball einen besonderen<br />

Auftritt wünschen.“<br />

Für sie alle gilt: Die Kundin sendet nach einer<br />

Leihfrist von vier oder acht Tagen das<br />

geliehene Designerkleid zurück. Die Reinigung<br />

übernimmt LA-<br />

REMIA. Dafür zahlt<br />

die Kundin eine Leihgebühr,<br />

die bei rund<br />

15 Prozent des Kaufpreises<br />

liegt. Wenn<br />

vorhanden, erhalten<br />

die Kundinnen das<br />

Kleid in zwei Größen<br />

geliefert.<br />

Was LAREMIA von<br />

ähnlichen Konzepten<br />

unterscheidet, ist die<br />

Vision: Anna Mangold<br />

und Claudia von Boeselager<br />

zielen nicht<br />

auf lokale Märkte, sondern<br />

denken europaweit.<br />

Dafür konnten<br />

bereits starke Finanzierungspartner<br />

gewonnen<br />

werden,<br />

die sowohl die Anschaffung<br />

hochwertiger<br />

Outfits als auch die Entwicklung<br />

einer anspruchsvollen technischen Lösung<br />

für den Online-Auftritt ermöglichten (www.<br />

laremia.com).<br />

Moderne Kassensysteme<br />

für die Gastronomie<br />

Es ist ein vertrautes Bild, aber auch ein Anachronismus<br />

in der digitalen Welt: Die Kellnerin,<br />

die im Biergarten die Bestellungen ihrer<br />

Gäste auf einem Papierblock notiert. So<br />

empfand es auch der Thüringer Informatiker<br />

Marcel Mansfeld bei einem abendlichen<br />

Pepperbill im Einsatz.<br />

Kneipenbesuch. Die Erkenntnis, wie veraltet<br />

doch der Stand der IT in der Gastronomie<br />

ist, mündete in eine Geschäftsidee: ein<br />

mobiles Kassensystem für iPad, iPhone und<br />

iPod touch. Aus der Idee entstand die von<br />

Marcel Mansfeld und Andreas Stein 2012 in<br />

Erfurt gegründete pepperbill GmbH.<br />

Marcel Mansfeld<br />

Gründer der<br />

pepperbill GmbH<br />

Mit der von ihnen entwickelten pepperbill-<br />

App können Gastronomen Bestellungen mobil<br />

aufgeben und die wichtigsten Daten finanzamtkonform<br />

aufbereiten. Zusätzlich<br />

speichert pepperbill über eine verschlüsselte<br />

WLAN-Verbindung alle Daten sicher in der<br />

Cloud. Gastronomen können mittels pepperbill<br />

zudem Bewirtungsbelege personalisieren<br />

und Rechnungen direkt ausdrucken oder<br />

per E-Mail verschicken.<br />

Herzstück der App ist laut pepperbill-Gründer<br />

Marcel Mansfeld ein Dashboard, über das<br />

Wirte ortsunabhängig und in Echtzeit ihre<br />

Umsätze einsehen können. Das weckte bereits<br />

das Interesse von Investoren: Mittlerweile<br />

hat der Berliner Company-Builder Sky<br />

& Sand GmbH knapp 60 Prozent der Anteile<br />

erworben, nachdem zuvor bereits die Beteiligungsgesellschaft<br />

bm-t Beteiligungsmanagement<br />

Thüringen GmbH der Thüringer<br />

Aufbaubank in das Potenzial des iOSbasierten<br />

Kassensystems investiert hatte<br />

(www.pepperbill.com).<br />

W+M<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


14 | W+M Titelthema<br />

Praktische Tipps für Unternehmensgründer<br />

Mit guter Planung den Fehlstart<br />

vermeiden<br />

Beratung<br />

Niemand ist allwissend – lassen Sie sich beraten<br />

und nehmen Sie Hilfe an. Profitieren Sie<br />

von Menschen, die auf dem Gebiet der Existenzgründung<br />

bereits Erfahrungen gemacht<br />

haben, informieren Sie sich in Netzwerken<br />

und bei öffentlichen Stellen.<br />

Konzept<br />

Starten Sie nicht planlos. Erstellen Sie einen<br />

ausführlichen Businessplan, in dem Sie<br />

Inhalte, Zielgruppen, Chancen, Risiken und<br />

die Wirtschaftlichkeit Ihrer Geschäftsidee<br />

vorstellen. Analysieren Sie vorher genau das<br />

wirtschaftliche Umfeld und die Mitbewerber.<br />

Was unterscheidet Sie von der Konkurrenz?<br />

Welches Alleinstellungsmerkmal hat Ihre Geschäftsidee?<br />

Und gibt es genug Menschen,<br />

die bereit sind, Geld dafür auszugeben?<br />

Kunden-Orientierung<br />

Seien Sie flexibel und hören Sie darauf, was<br />

Ihre Kunden sagen. Auch wenn Sie der größte<br />

Fan Ihrer Geschäftsidee sind, interessieren<br />

Sie sich für Kritik und überlegen Sie, was<br />

man noch besser machen könnte. Vor allem:<br />

Investieren und wirtschaften Sie nicht am<br />

Kunden vorbei.<br />

Portale für Gründer<br />

Hier finden Sie hilfreiche Informati -<br />

onen rund um das Thema Geschäftsgründung:<br />

www.existenzgruender.de<br />

Existenzgründerportal des Bundesministeriums<br />

für Wirtschaft und Energie mit Behördenwegweiser<br />

und Expertenforum<br />

www.gruenderlexikon.de<br />

Lexikon, Ratgeber und Magazin für Gründer<br />

www.foerderland.de<br />

News- und Wissensportal für Gründer, Mittelstand<br />

und Finanzen<br />

www.junge-gruender.de<br />

Portal für junge Gründer bis 29 Jahre<br />

Bei der Gründung eines Unternehmens lauern unzählige<br />

Fallstricke und können viele Fehler gemacht werden.<br />

Dies belegt nicht nur die Menge an Literatur zu<br />

diesem Thema. W+M hat die elf wichtigsten Tipps für<br />

Sie zusammengefasst.<br />

Finanzierung<br />

Suchen Sie nach geeigneten Gründungsförderungen,<br />

aber planen Sie diese nicht mit<br />

ein. Kalkulieren Sie vor allem Verzögerungen<br />

ein und achten Sie darauf, dass Sie nicht das<br />

gesamte Kapital bis zur Eröffnung des Unternehmens<br />

aufgebraucht haben. In der Regel<br />

benötigt das Unternehmen eine gewisse Zeit,<br />

bis es wirtschaftlich wird.<br />

Rücklagen bilden<br />

Nicht nur für die Anfangsfinanzierung Ihres<br />

Unternehmens sollten Sie Reserven bilden,<br />

auf die Sie zurückgreifen können, bis das Geschäft<br />

angelaufen ist. Schaffen Sie auch danach<br />

genügend Rücklagen für Umsatzsteuer,<br />

Einkommenssteuer und andere mögliche Kosten.<br />

Planen Sie vor allem die gefürchtete Finanzlücke<br />

im dritten Geschäftsjahr mit ein,<br />

wenn erste Steuernachzahlungen mit den laufenden<br />

Vorauszahlungen zusammenkommen.<br />

Preise<br />

Nehmen Sie nicht jedes Geschäft zu jedem<br />

Preis an, auch wenn anfangs die Angst groß<br />

ist, nicht genügend Aufträge zu erhalten.<br />

Ein zu niedriger Preis erweckt den Eindruck,<br />

dass Ihr Produkt nicht von Qualität ist. Zudem<br />

ist es später umso schwerer, höhere Preise<br />

zu verlangen.<br />

Lohn<br />

Berechnen Sie Ihren persönlichen Bedarf und<br />

kalkulieren Sie ihn mit ein – auch wenn es<br />

anfangs schwierig ist, weil Unternehmensgewinne<br />

sich nicht konkret prognostizieren<br />

lassen. Unterschätzen Sie auch Renten- und<br />

Krankenversicherungsbeiträge nicht.<br />

Steuern und Buchführung<br />

Auch wenn es nicht Ihre Lieblingsbeschäftigung<br />

werden wird, führen Sie ab dem ersten<br />

Tag ordentlich Ihre Buchführung. Ein<br />

Steuerberater kann diese Arbeit zwar für<br />

Sie übernehmen, dennoch haften Sie für alle<br />

Fehler. Daher empfiehlt es sich, beim Thema<br />

Finanzen etwas genauer hinzuschauen. Es<br />

geht schließlich um Ihr Geld. Versuchen Sie<br />

außerdem von Anfang an, betriebliche und<br />

private Ausgaben zu trennen. Das erspart Ihnen<br />

viel Ärger mit dem Finanzamt.<br />

Marketing<br />

Gerade bei Kleinunternehmern hapert es oft<br />

am Marketing. Eine Website zu erstellen und<br />

Flyer zu drucken ist auf die Dauer nicht ausreichend.<br />

Erörtern Sie, wer Ihre Zielgruppe<br />

ist und suchen Sie nach Wegen, wie Sie diese<br />

erreichen können. Ziehen Sie auch Kooperationen<br />

mit anderen Unternehmen in<br />

Betracht.<br />

Versicherungen<br />

Vergessen Sie nicht, sich abzusichern. Gerade<br />

am Anfang sind die finanziellen Mittel<br />

oft knapp. Daher informieren Sie sich genau,<br />

welche Versicherungen Sie unbedingt benötigen<br />

und welche vorerst verzichtbar sind.<br />

Privatleben<br />

Denken Sie daran, dass Sie auch noch ein<br />

Privatleben haben. Auch wenn Sie von Ihrer<br />

Geschäftsidee begeistert sind, planen<br />

Sie Phasen ein, in denen Sie abschalten und<br />

die Sie mit Familie und Freunden verbringen<br />

können. Das Arbeitspensum wird hoch bleiben<br />

– teilen Sie sich Ihre Kräfte ein. W+M<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


Gründer | 15<br />

Perfekt für Ihre Firma –<br />

die Sparkassen-Kreditkarte Business<br />

Mehr Spielraum, mehr Leistung –<br />

für gute Geschäfte in allen Branchen.<br />

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16 | W+M Titelthema<br />

Gründerzeit im Osten?<br />

Eine Analyse von Prof. Joachim Ragnitz, Chef des Ifo Dresden<br />

Unternehmensgründungen sind wichtig für den Strukturwandel<br />

in der Wirtschaft: Neue Unternehmen sind dauerhaft<br />

nur dann erfolgreich, wenn sie mit einer neuen Marktidee<br />

an den Start gehen. Dadurch machen sie etablierten<br />

Unternehmen Konkurrenz und zwingen diese im Idealfall zu Innovationen,<br />

die den gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritt<br />

und damit das Wirtschaftswachstum erhöhen. Zudem schaffen erfolgreiche<br />

Gründungen neue Arbeitsplätze. Nicht zuletzt aus diesem<br />

Grund ist die Erhöhung der Zahl der Existenzgründungen ein<br />

wichtiges Ziel der Wirtschaftspolitik sowohl auf Landes- wie auf<br />

Bundesebene.<br />

Prof. Joachim Ragnitz<br />

Geschäftsführer des Ifo Dresden<br />

Ein Blick auf die Zahlen führt allerdings schnell zu Ernüchterung: Die<br />

Zahl der Unternehmensgründungen in Deutschland ist seit Jahren<br />

rückläufig und liegt inzwischen um<br />

mehr als 40<br />

Prozent unter dem bisherigen ig Höchst-<br />

stand des Jahres 2004. In Ost-<br />

deutschland ist die Zahl der Unternehmensgründungen<br />

sogar<br />

noch etwas stärker zurückgegangen.<br />

In den<br />

vergangenen<br />

beidenen Jahren wurden da-<br />

mit mehr<br />

Unternehmen geschlossen<br />

s als zeitgleich neu<br />

gegründet. Die Erneue-<br />

rung<br />

der Wirtschaftsstruk-<br />

tur kommt ganz<br />

offenkun-<br />

dig nicht mehr so<br />

stark voran<br />

wie es wünschenswert wäre.<br />

Vor allem vor dem Hintergrund<br />

der aus demographischen Grün-<br />

den notwendigen Nachfolgepro-<br />

zesse für Unternehmen muss dies<br />

bedenklich erscheinen.<br />

Ein Grund für den Rückgang der Zahl<br />

der Unternehmensgründungen insbe-<br />

sondere in Ostdeutschland könn-<br />

te es natürlich sein, dass auch<br />

die Zahl der potenziellen<br />

Gründer infolge des Bevölkerungsrückgangs<br />

kleiner wird. Aber hier liegt ganz offenbar nicht<br />

der entscheidende Grund; die Gründungsintensität (gemessen an der<br />

Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter) ist in den letzten zehn<br />

Jahren in den ostdeutschen Flächenländern um mehr als 60 Prozent<br />

zurückgegangen. Mit rund 40 Gründungen je 10.000 Einwohner<br />

zwischen 18 und 64 Jahren liegen die ostdeutschen Länder allesamt<br />

auf den hinteren Plätzen der Gründungsstatistik, nachdem<br />

sie zur Mitte des letzten Jahrzehnts noch in der Spitzengruppe zu<br />

finden waren. Dies spricht dafür, dass es sich hierbei eher um ein<br />

strukturelles Problem handelt.<br />

Ein Grund könnte die deutlich verbesserte Arbeitsmarktlage in den<br />

neuen Ländern sein. Wenn Unternehmensgründungen eher „aus der<br />

Not“ geboren sind (um drohender Arbeitslosigkeit zu entgehen), ist<br />

es nicht weiter verwunderlich, wenn Unternehmensgründungen und<br />

Beschäftigungsaufbau sich gegenläufig entwickeln. Da derartige<br />

Notgründungen auch nicht unbedingt viel zur Stärkung der Wirtschaftskraft<br />

beitragen, wäre die zeitliche Entwicklung der Gründungszahlen<br />

insoweit auch kein wirklicher Grund zur Besorgnis. Es<br />

bleibt jedoch der eher pessimistisch stimmende Befund, dass die<br />

Gründungsneigung auch relativ zum Westen deutlich niedriger ist.<br />

Hierfür dürften vor allem zwei Faktoren eine Rolle spielen. Zum einen<br />

sind die regionalen Marktpotenziale im Osten begrenzt, insbesondere<br />

in den wirtschaftlich schwachen Regionen mit niedriger<br />

Kaufkraft und rückläufiger Bevölkerung. Für diese Sichtweise<br />

spricht auch eine stärker räumlich differenzierte Betrachtung des<br />

Gründungsklimas in den neuen Län dern. Gründungen finden besonders<br />

häufig in den Ballungszentren statt, und von diesen gibt es<br />

in Ostdeutschland, sieht man einmal von Berlin ab, bestenfalls eine<br />

Handvoll. Und zum Anderen scheint das Unternehmerbild in den ostdeutschen<br />

Ländern noch immer eher negativ besetzt zu sein, nicht<br />

zuletzt wegen bestimmender Einflüsse durch Elternhaus und Schule.<br />

Hier wirken ganz offenkundig noch entsprechende Prägungen<br />

aus DDR-Zeiten nach. Außerdem mussten viele Menschen in den vergangenen<br />

25 Jahren auch die Erfahrung machen, dass die unternehmerische<br />

Selbstständigkeit mit hohen Risiken verbunden und keineswegs<br />

immer auch von Erfolg gekrönt ist – dies dürfte auch heute<br />

noch viele potenzielle Existenzgründer von einer unternehmerischen<br />

Tätigkeit abschrecken.<br />

Fotos: ifo Dresden<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


Gründerzeit | 17<br />

Von einer echten Gründerzeit im Osten kann insoweit noch keine<br />

Rede sein. Dennoch: Es gibt zahlreiche Beispiele auch für positive<br />

Ausnahmen. Hierzu zählen zum Beispiel die gar nicht so seltenen<br />

technologieorientierten Ausgründungen aus Hochschulen, die vor<br />

allem deshalb bedeutsam sind, weil sie einen positiven Beitrag zur<br />

technologischen Erneuerung der Wirtschaftsstruktur leisten können<br />

und deshalb auch künftig jede nur denkbare Unterstützung<br />

verdienen. Positiv ist zudem, dass nach Ergebnissen des KfW-Gründungsmonitor<br />

immer mehr Gründer eine explizite Geschäftsidee zu<br />

verwirklichen suchen, also zum Beispiel mit Marktneuheiten antreten<br />

oder vorab sorgfältige Marktanalysen vorgenommen haben. Dies<br />

ist insbesondere auch mit Blick auf die Überlebenswahrscheinlichkeit<br />

von neu gegründeten Unternehmen wichtig, denn nach wie vor<br />

scheitert rund ein Drittel der Neugründungen eines Jahres innerhalb<br />

der kommenden 36 Monate. Gut geplante Vorhaben können dieses<br />

Risiko des Scheiterns deutlich vermindern. Insoweit: Eine niedrige<br />

Gründungsneigung ist dann nicht so problematisch, wenn die geringere<br />

Anzahl durch eine höhere Qualität von Unternehmensneugründungen<br />

kompensiert wird.<br />

Unternehmensgründungen benötigen dennoch auch künftig Unterstützung<br />

durch die Politik. Diese dürften sich freilich nicht allein<br />

der Bereitstellung finanzieller Hilfen erschöpfen. Wichtiger<br />

erscheinen vielmehr Beratungs- und Weiterbildungsangebote, ein<br />

Die Niederlassung Dresden des ifo Instituts.<br />

Abbau bürokratischer Hindernisse bei Unternehmensgründungen<br />

und nicht zuletzt Bemühungen um einen gesellschaftlichen Wertewandel,<br />

also eine verstärkte Akzeptanz des Unternehmertums als<br />

Motor wirtschaftlichen Fortschritts. Das alles ist nicht so einfach<br />

umzusetzen wie die Bereitstellung finanzieller Mittel, und es sind<br />

auch nicht unbedingt schnelle Erfolge zu erwarten, zumal es hierzu<br />

im Zweifel auch einer institutionellen Unterfütterung bedarf,<br />

die heute erst in Ansätzen vorhanden ist. Dennoch sollten entsprechende<br />

Initiativen zügig gestartet werden; ansonsten besteht die<br />

Gefahr, dass der Aufbau Ost irgendwann womöglich an einem Mangel<br />

an Unternehmerpersönlichkeiten scheitert.<br />

W+M<br />

LEIDENSCHAFT<br />

FÜR ERDGAS<br />

Gastransport<br />

Exploration & Produktion<br />

© VNG Norge AS/Helge Hansen/Montag<br />

Gashandel & Dienstleistung<br />

Gasspeicherung<br />

Die VNG-Gruppe um die VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft ist in der gesamten Wertschöpfungskette der deutschen<br />

und europäischen Erdgaswirtschaft aktiv und konzentriert sich auf die vier Kerngeschäftsbereiche Exploration & Produktion,<br />

Gashandel & Dienstleistung, Gastransport und Gasspeicherung. Mit dieser Expertise leisten wir einen entscheidenden Beitrag<br />

für ein nachhaltiges Energiesystem.<br />

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VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft | Braunstraße 7 | 04347 Leipzig | Telefon +49 341 443-0 | Fax + 49 341 443-1500 | info@vng.de | www.vng.de


18 | W+M Länderreport<br />

Aufschwung am Airport Erfurt<br />

Leere Rollfelder, missglückte Privatisierungen – den regionalen Flughäfen in Deutschland haftete<br />

zuletzt häufig das Image öffentlicher Fehlinvestitionen an. Zu Unrecht, wehrt sich Uwe Kotzan,<br />

Geschäftsführer der Flughafen Erfurt GmbH. Sein Airport verzeichnet steigende Passagierzahlen.<br />

Von Matthias Salm<br />

Das Flughafengelände in Erfurt.<br />

Es ist Wahlkampfzeit in Thüringen. Bevor<br />

die Bürger am 14. September an die<br />

Urnen gerufen werden, lassen es sich<br />

deshalb die führenden Politiker des Landes<br />

kaum nehmen, gute Nachrichten zu verbreiten.<br />

So auch Mitte Juni am Erfurter Flughafen.<br />

„100 neue qualifizierte Arbeitsplätze in einer<br />

Boombranche sind eine gute Nachricht<br />

für die gesamte Region“, freute sich Thüringens<br />

Wirtschaftsminister Uwe Höhn (SPD)<br />

anlässlich der Ansiedlung des Flugzeugwartungsunternehmens<br />

HAITEC Aircraft Maintenance<br />

GmbH am Erfurter Flughafen. In die<br />

gleiche Kerbe schlug sein christdemokratischer<br />

Kabinettskollege Christian Carius, Thüringer<br />

Minister für Bau, Landesentwicklung<br />

und Verkehr: „Heute ist ein guter Tag für den<br />

Freistaat, denn die Ansiedlung der HAITEC<br />

stärkt den Luftverkehrsstandort Thüringen.“<br />

Insgesamt investiert HAITEC rund drei Millionen<br />

Euro am Erfurter Airport. Hier sollen<br />

künftig im neuen Unternehmensbereich<br />

„VIP Maintenance“ VIP- und Geschäftsreiseflugzeuge<br />

gewartet und repariert werden.<br />

Dazu hat das Unternehmen mit Hauptsitz am<br />

rheinland-pfälzischen Flughafen Hahn einen<br />

Hangar auf dem Flughafengelände in der<br />

Domstadt angemietet. Das Thüringer Wirtschaftsministerium<br />

fördert das Vorhaben mit<br />

knapp 1,2 Millionen Euro.<br />

Trotz der guten Nachrichten aus der Landeshauptstadt:<br />

Die Förderung von Regionalflughäfen<br />

hatte zuletzt einen eher schlechten<br />

Leumund in der Öffentlichkeit. Der Bau des<br />

umstrittenen Flughafens Kassel-Calden und<br />

die Insolvenz des privatisierten Lübecker<br />

Airports sorgten für negative Schlagzeilen.<br />

Zu dicht gestrickt sei das Netz der regionalen<br />

Flughäfen, heißt es, um bei hohen Fixkosten<br />

betriebswirtschaftlich erfolgreich sein<br />

zu können. Die infrastrukturelle Bedeutung<br />

werde hingegen überschätzt.<br />

Die Zahlen geben den Kritikern auf den ersten<br />

Blick Recht. Nur sechs der 22 internationalen<br />

Verkehrsflughäfen, die neben 16 weiteren<br />

Regionalflughäfen und Flugplätzen<br />

im Flughafenverband ADV organisiert sind,<br />

schrieben 2013 schwarze Zahlen.<br />

Fotos: Flughafen Erfurt GmbH, www.fotonikola.de<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


Thüringen | 19<br />

Die Gründe für die schwierige Marktlage der<br />

Flughafenbranche sind vielfältig. Die europäischen<br />

Airlines stehen unter enormem<br />

wirtschaftlichen Druck. Die Folge sind Streckenstreichungen,<br />

Einsparmaßnahmen und<br />

der Rückzug aus der Fläche, die auf das Geschäft<br />

der Flughäfen durchschlagen. Betroffen<br />

sind von der Krise vor allem kleine und<br />

mittelgroße Flughäfen.<br />

Darüber hinaus bleibt die Luftverkehrssteuer<br />

als Wachstumsbremse der Branche ein Dorn<br />

im Auge: So hat der Branchenverband ADV errechnet,<br />

dass fünf Millionen Passagiere 2013<br />

aufgrund der Steuer verlustig gingen, weil<br />

diese zu Ausweichverhalten auf Flughäfen<br />

jenseits der deutschen Grenzen führe.<br />

Uwe Kotzan<br />

Geschäftsführer der<br />

Flughafen Erfurt GmbH<br />

Uwe Kotzan, seit November 2013 Flughafenchef<br />

in Erfurt-Weimar und mit jahrelanger<br />

Erfahrung als Flughafen-Manager ausgestattet,<br />

nimmt die Kritik an den regionalen Airports<br />

gelassen. Dabei hatten gerade seine<br />

Vorgänger im Amt die Folgen des Sparkurses<br />

bei den Airlines zu spüren bekommen. Der<br />

Rückzug von Air Berlin 2011 dezimierte innerhalb<br />

kürzester Zeit die Passagierzahlen<br />

in Erfurt um rund 113.000.<br />

Seit die Fluglinie Germania in der Landeshauptstadt<br />

neue Strecken zu den Stränden<br />

der Türkei, der Kanaren und auf die spanischen<br />

Inseln anbietet, geht es nun langsam<br />

wieder bergauf. 2013 stieg die Zahl der anund<br />

abreisenden Fluggäste in Erfurt um 16,8<br />

Prozent auf rund 215.000.<br />

Doch es sind nicht die Sonnenanbeter, mit<br />

denen Kotzan die infrastrukturelle Bedeutung<br />

des Regionalflughafens begründet.<br />

„Die Verlängerung des Vertrags mit TNT-Express,<br />

einem der führenden Spezialisten für<br />

weltweite Expressdienstleistungen für Geschäftskunden,<br />

ist ein wichtiger Standortfaktor<br />

für die Wirtschaft“, erläutert Kotzan<br />

und betont, dass die Frage der<br />

Anbindung an den Luftverkehr<br />

– ob Fracht oder Geschäftsreisen<br />

– bei vielen Unternehmensansiedlungen<br />

eine Rolle spiele.<br />

Insbesondere die Automobilindustrie<br />

im Land profitiere logistisch<br />

vom Flughafen.<br />

„Der Flughafen steht außerdem<br />

für seine 130 Mitarbeiter und<br />

rund 450 weitere Beschäftigte<br />

in den Unternehmen im Umfeld.“<br />

Von diesen Vorteilen profitieren<br />

nicht nur die Thüringer, das Einzugsgebiet<br />

reiche auch nach Sachsen, Ost-Hessen<br />

und Nord-Franken, so Kotzan.<br />

Brüssel hingegen sieht die Flut von Provinzflughäfen<br />

als regionale Prestigeprojekte<br />

in ganz Europa schon seit längerem mit<br />

gemischten Gefühlen. Mit neuen Leitlinien<br />

für Flughafensubventionen will die EU-Kommission<br />

nun verhindern, dass weitere Steuergelder<br />

in unrentable Landebahnen fließen.<br />

Denn auch bei steigenden Nutzerzahlen wie<br />

in Erfurt, das räumt auch Uwe Kotzan ein,<br />

bleiben die allermeisten Flughäfen auf Subventionen<br />

aus den öffentlichen Kassen angewiesen.<br />

Deshalb fordert Brüssel nun: Zuschüsse<br />

für den laufenden Betrieb von kleinen<br />

und mittleren Airports sollen zwar<br />

möglich sein, aber nur für einen begrenzten<br />

Zeitraum von zehn Jahren. Dann muss<br />

der rentierliche Betrieb des Flughafens sich<br />

Verkehrsflughäfen in<br />

den neuen Ländern<br />

und Berlin<br />

Berlin-Tegel<br />

Berlin-Schönefeld<br />

Dresden<br />

Erfurt-Weimar<br />

Heringsdorf<br />

Leipzig/Halle<br />

Magdeburg/Cochstedt<br />

Neubrandenburg<br />

Rostock-Laage<br />

Schwerin-Parchim<br />

Stralsund-Barth<br />

selbst tragen. Aufwendungen<br />

für hoheitliche Aufgaben<br />

können auch weiterhin<br />

bezuschusst werden.<br />

Flughafen-Chef Kotzan begrüßt<br />

die Brüsseler Regelung:<br />

„Nun herrschen klare<br />

Vorgaben, welche Beträge<br />

ein Flughafen erwirtschaften<br />

muss.“ 3,8 Millionen Euro<br />

erhielt der Erfurter Flughafenbetreiber<br />

zuletzt vom<br />

Freistaat. Weniger als zuvor<br />

erwartet, doch für die Gegner der Regionalflughäfen<br />

immer noch zu viel.<br />

Kotzan hält dagegen: „Die Fixkosten für die<br />

hoheitlichen Aufgaben, etwa Flugsicherheit<br />

oder Luftsicherheit, fließen nicht in<br />

das Brüsseler Berechnungsverfahren ein.“<br />

Ohne diese reduziere sich die operationelle<br />

Deckungslücke, die es beim Erfurter Airport<br />

zu schließen gelte, auf etwa 700.000 Euro.<br />

„Nun müssen wir unsere Hausaufgaben machen.<br />

Die Hauptaufgabe heißt Konsolidierung“,<br />

gibt sich der Chef der Flughafen Erfurt<br />

GmbH optimistisch, dass dem Erfurter<br />

Flughafen langfristig vom Brüsseler Beihilferecht<br />

keine Gefahr drohe. Der „wichtige Meilenstein<br />

zur Erweiterung des Serviceangebotes<br />

am Landesflughafen“ wie Uwe Kotzan<br />

das Millionen-Investment des Dienstleisters<br />

HAITEC nennt, ist dazu der erste gelungene<br />

Schritt.<br />

W+M<br />

Passagierzahlen ausgewählter Flughäfen in den neuen<br />

Bundesländern und Berlin 2013<br />

Berlin-Tegel<br />

Berlin-Schönefeld<br />

Dresden<br />

Erfurt<br />

Leipzig/Halle<br />

- 7 %<br />

+ 16,8 %<br />

- 2,0 %<br />

- 5,2 %<br />

+ 7,9 %<br />

0 5 10 15 20<br />

Quelle: Flughafenverband ADV Jährliche Passagierzahlen in Millionen<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


20 | W+M Länderreport<br />

Figuren aus dem klassischen Schwanenservice und das Ess-Service aus der neuen COSMOPOLTAN-Serie der Porzellan-Manufaktur Meissen.<br />

Die Schlammschlacht<br />

Christian Kurtzke baut die Porzellan-Manufaktur Meissen zum Luxuskonzern um. Der Streit<br />

darum tobt im Lande und ist zu einer regelrechten Schlammschlacht ausgewachsen. Doch<br />

der Eigentümer, der Freistaat Sachsen, schaut bislang tatenlos zu.<br />

Von Steffen Uhlmann<br />

Die mächtige Schlammlawine kam über<br />

Nacht und machte in Meißen erst kurz<br />

vor der Porzellan-Manufaktur in der<br />

Talstraße halt. Glück gehabt: Die altehrwürdige<br />

Manufaktur mit ihren Schätzen aus über<br />

drei Jahrhunderten blieb Anfang Juni von<br />

den Unwetterfolgen verschont. Dafür brach<br />

umso härter die schon seit Monaten anhaltende<br />

Schlammschlacht um die Zukunft von<br />

Europas ältester Porzellanmanufaktur nun<br />

auch öffentlich aus. Das längst formierte<br />

Heer von Leviten-Lesern macht seinem Ärger<br />

über den Kurs von Geschäftsführer Christian<br />

Kurtzke medienöffentlich Luft, Meissen zu<br />

einem global agierenden Luxuskonzern umzubauen.<br />

Ein Sammelsurium von Vorwürfen<br />

haben Manufaktur-Fundamentalisten, Meißner<br />

Bürgerbewegte, sächsische Lokal- und<br />

Landespolitiker zusammengetragen. Ein regelrechtes<br />

Scherbengericht tagt. Hier die Ankläger,<br />

die die Zukunft der über 300 Jahre alten<br />

Meissner Manufaktur ausschließlich mit<br />

dem Porzellan und seiner Kunst verbinden.<br />

Dort der Angeklagte Kurtzke, der die Tradition<br />

genauso bewahren will, aber überzeugt<br />

davon ist, dass sich die Manufaktur dafür<br />

mittels neuer Produkte neue Märkte erschließen<br />

muss, damit die traditionsreiche Porzel-<br />

Geschäftsführer Christian Kurtzke<br />

überreicht Sachsens Ministerpräsident<br />

Stanislaw Tillich einen Füllfederhalter aus<br />

dem Hause Meissen.<br />

Fotos: Meissen, Osaka<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


Sachsen | 21<br />

lanherstellung langfristig finanziell abgesichert werden kann. Mit<br />

seiner Luxusmarken-Strategie rackert Kurtzke dafür, als ginge es<br />

ums Überleben. Geht es jetzt vor dem Scherbengericht auch – für<br />

die Manufaktur, vor allem aber für ihren Chef selbst. Das weiß man<br />

seit der griechischen Antike.<br />

Was sichert Zukunft – Luxus oder Tradition? Die schon 1710 von<br />

Sachsenkönig August dem Starken in Meißen gegründete Manufaktur<br />

hat in den Folgejahrhunderten elf Kriege, Adel, Nazis und<br />

Planwirtschaftler überlebt, ehe sie 1991 in die Hände des Freistaates<br />

Sachsen geriet. Seitdem aber macht ihr der postsozialistische<br />

Niedergang bürgerlicher Tischkultur schwer zu schaffen. Nicht nur<br />

ihr, der ganzen Branche. Die neue Lifestyle- und Coffee-to-go-Generation,<br />

die moderne Single-Haushalt-Bewegung hat mit Zwiebelmuster-<br />

und Goldrand-Tassen, Kerzenhaltern im Barockstil, Tellern<br />

oder Schüsseln im Rosendekor nicht mehr viel am Hut. Mehr mit<br />

streng designten Sushi- oder Müsli-Sets. Und um die gut betuchten<br />

Sammler und Silver-Ager buhlen nicht nur die Manufaktur-Betreiber,<br />

sondern auch unzählige Fundus-Besitzer, die ihre über Jahre<br />

angehäuften Klassiker nun direkt oder per Auktion anbieten. „Der<br />

größte Konkurrent von Meissen“, sagt Kurtzke, „ist Meissen selbst.“<br />

Europaweit, so Schätzungen von Branchenexperten, haben im letzten<br />

Jahrzehnt gut drei Dutzend Porzellanmanufakturen diesen drastischen<br />

Wechsel im Bereich Tisch und Tafel nicht überstanden. Die Not<br />

war und ist groß, auch bei den deutschen Manufakturen. Keine<br />

von ihnen ist in den letzten Jahren allein mit Porzellan wirtschaftlich<br />

erfolgreich gewesen. So sind die öffentliche Hand<br />

oder private Geldgeber gefordert, wenn es um die Bewahrung<br />

von Porzellankunst und Tradition geht.<br />

Als Kurtzke im Oktober 2008 als neuer Geschäftsführer er von<br />

Meissen installiert wurde, wies die Manufaktur im gleichen<br />

Jahr bei 32 Millionen Euro Umsatz satte 21 Millionen<br />

Euro Verluste aus. Kurtzke aber legte los. Wie ein serker und für manche wie ein Elefant im Porzellanladen.<br />

Er baute um, feuerte fast 200 der damals noch 800 Be-<br />

Berschäftigten,<br />

trennte sich von Mitgeschäftsführern und<br />

verschlissenen Lagerbeständen. Der Wandel der Manuefaktur<br />

in ein diversifiziertes Unternehmen, das neben<br />

dem Kerngeschäft Porzellan andere Luxusgüter vertreibt,<br />

nahm Gestalt an. Und damit die Chance, künftig<br />

die verbliebenen über 600 Arbeitsplätze vor Ort zu<br />

sichern, ohne dass Meissen dafür weitere Subventionen<br />

vom Eigner Freistaat benötigt.<br />

Zum feinen Porzellan kamen zunächst Schmuck, Füll-lfederhalter<br />

und Uhren, später Möbel, Stoffe und Accessoires<br />

und zuletzt auch die erste Meissner Modekollektion<br />

– edle Kleider, entworfen von der jungen<br />

Berliner Designerin Frida Weyer. Während Kurtzke<br />

sich damit auf dem Weg wähnt, an dessen Ende in<br />

Ein bis auf die Bücher vollständig mit Produkten der<br />

Firma Meissen eingerichtetes Wohnzimmer.<br />

einigen Jahren aus Meissen eine international bedeutende Luxus-<br />

Gruppe, ein sächsisches Hermés mit Kerngeschäft Porzellan, geworden<br />

ist, rechnen seine Kritiker mit ihm ab: Was bitteschön, fragen sie,<br />

habe die Luxus-Expansion, außer Kosten für die öffentliche Hand<br />

und Gefahren für die Porzelliner, bislang gebracht? Taumelt die Manufaktur<br />

unter Kurtzke jetzt erst recht in eine lebensbedrohliche<br />

Schuldenfalle? Wer sind die Leute hinter ihm, die seinen Kurs stützen?<br />

Vermutet wird ein dubioses Netzwerk an Lieferanten und Abnehmern.<br />

Und über allem die Frage: Steht am Ende des Weges gar die<br />

Verschleuderung von „Sachsens Seele“ an einen privaten Investor?<br />

Antworten darauf müsste der Eigner Freistaat geben. Doch der<br />

hüllt sich in hartnäckiges Schweigen. Sachsens Finanzminis-<br />

ter Georg Unland, dessen Emissär im Aufsichtsrat sitzt, will<br />

sich prinzipiell nicht zu Meissen äußern. Bilanzen, Zah-<br />

len und Strategien seien in Prüfung, heißt es lediglich<br />

aus seinem<br />

Hause. Dauer unbekannt. So muss Kurtz-<br />

ke im Alleingang liefern. Und steht dabei enorm unter<br />

Druck. Für den Aufbau seiner schönen neuen Luxuswelt<br />

benötigt er<br />

frisches Kapital, um die Anlaufinvestitio-<br />

nen in Höhe<br />

von etwa 25 Millionen Euro finanzieren zu<br />

können. Die Manufaktur allein kann das nicht stem-<br />

men, dafür fehlt ihr einfach die Kraft. Zumal der Umsatzsprung<br />

mit Hilfe der Luxusgüter auf sich warten<br />

lässt. 2013 hat Meissen nicht viel mehr als 40 Millio-<br />

ne n Euro umgesetzt und dabei wieder Verluste eingefahren.<br />

Doch für 2017 kündigt Kurtzke den Break<br />

even an, sofern er seine Strategie konsequent umsetzen<br />

kann. 2020 will der Meissen-Chef mit Hil-<br />

fe von Franchisemodellen weltweit 300 Läden<br />

betreiben und beim Umsatz die 100-Millionen-Grenze<br />

überschreiten. Dann wäre das<br />

sächsische Hermés unter seiner Leitung<br />

aufgebaut. Bleibt die Frage, ob es dann<br />

noch im Besitz des Freistaates ist.<br />

Kleid „Grace“ von<br />

W+M<br />

Meissen Couture<br />

(Preis: 8.250 Euro).<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


22 | W+M Länderreport<br />

Erdöl-Metropole<br />

als Leuchtturm in<br />

der Uckermark<br />

Die Stadt Schwedt an der Oder genießt als einer<br />

der regionalen Wachstumskerne Brandenburgs<br />

die besondere Förderung des Landes.<br />

Einst eines der bedeutendsten Zentren des Tabakanbaus<br />

in Deutschland, wird sie seit 50 Jahren<br />

geprägt durch die Petrolchemie. Wichtigster<br />

Arbeitgeber ist seit den 1960er Jahren die<br />

heutige PCK Raffinerie GmbH.<br />

Von Tomas Morgenstern<br />

Die PCK Raffinerie GmbH<br />

ist eine der modernsten<br />

und effizientesten Erdöl-<br />

Raffinerien in Europa.<br />

Annähernd jedes zehnte Auto in Deutschland fährt mit Kraftstoff<br />

aus der Uckermark. Doch die Stadt an der deutsch-polnischen<br />

Grenze hat mit gravierenden Problemen zu kämpfen:<br />

Seit 20 Jahren schrumpft die Bevölkerung, und die Arbeitslosigkeit<br />

ist mit rund 15 Prozent überdurchschnittlich hoch.<br />

Vor allem Ostdeutsche bringen Schwedt mit Erdöl in Verbindung:<br />

Dass in der Oder-Stadt russisches Erdöl verarbeitet wird, das von<br />

den sibirischen Ölfeldern bei Tjumen über die 5.300 Kilometer lange<br />

Fernleitung „Druschba“ (Freundschaft) nach Schwedt fließt,<br />

war in der DDR Allgemeinbildung. Vor genau 50 Jahren floss das<br />

erste Öl durch die Pipeline. Das ab 1960 erbaute und 1970 zum Petrolchemischen<br />

Kombinat (PCK) umgewandelte Werk beschäftigte<br />

einmal mehr als 8.000 Mitarbeiter. In den 1990er Jahren privatisiert,<br />

ist die heutige PCK Raffinerie GmbH eine der größten<br />

und modernsten Raffinerien in Europa. Jährlich bis zu zwölf Millionen<br />

Tonnen Erdöl werden hier zu Otto- und Dieselkraftstoffen<br />

sowie Heizöl verarbeitet. „Wir gelten international als vorbildlich<br />

hinsichtlich der Kosten, der Wirtschaftlichkeit, der Anlagenverfügbarkeit<br />

und der Ausbeute an hellen Erdölprodukten“, erklärt<br />

Pressesprecherin Vica Fajnor. Mit 1.200 Mitarbeitern und einem<br />

Jahresumsatz von 2,1 Milliarden Euro sei PCK der größte Arbeitgeber<br />

in der Uckermark. Weitere 2.000 Arbeitskräfte seien bei Service-Firmen<br />

tätig.<br />

PCK-Geschäftsführer Jos van Winsen hatte sich jüngst nachdrücklich<br />

zu Schwedt bekannt: „Wir werden unseren Standort Stück für<br />

Stück weiter modernisieren und seine Effizienz steigern.“ Und er<br />

betonte, dass angesichts der Tatsache, dass ab 2017 nahezu die<br />

Hälfte der derzeitigen Belegschaft das Rentenalter erreiche, auch<br />

in Zukunft kein Mangel an Arbeitsplätzen herrschen werde.<br />

Fotos: PCK Raffinerie GmbH, Stadt Schwedt/Oder<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


Brandenburg | 23<br />

Fünf Teile hat das längste Wandbild Deutschlands, mit dem der Künstler Hartmut Lindemann das PCK-Gebäude in Schwedt gestaltet hat.<br />

Das vordringlich benötigte Personal lasse<br />

sich nicht durch Umschuldung von Langzeitarbeitslosen<br />

gewinnen, stellt die PCK-<br />

Sprecherin klar. „Wir setzen zum einen auf<br />

die Jugend in der Uckermark“, sagt sie und<br />

verweist auf die langfristige, enge Kooperation<br />

mit den Schulen in der Region. Das Unternehmen<br />

bilde den Großteil seines Personalbedarfs<br />

selber aus und schicke viele junge<br />

Leute zum Studium. „Unsere Ausbildung<br />

genießt einen exzellenten Ruf.“ Doch immer<br />

häufiger wird auch ein Blick über die Grenze<br />

nach Polen geworfen: Allein 40.000 junge<br />

Leute studieren derzeit an der Technischen<br />

Universität von Szczecin (Stettin).<br />

Milliarden wurden investiert<br />

Die Gesellschafter der PCK Raffinerie GmbH<br />

haben in den vergangenen 20 Jahren rund<br />

zwei Milliarden Euro in moderne Technologien<br />

und den Umweltschutz investiert. Doch<br />

nun wächst die Erwartungshaltung gegenüber<br />

dem Land, der Stadt Schwedt und dem<br />

Bund. Die Branche ist international unter<br />

großem Druck. Vor allem die Konkurrenz im<br />

arabischen Raum und in Asien sei enorm gewachsen,<br />

heißt es. Die PCK kämpfe in einem<br />

rückläufigen Markt mit hohen Stromkosten<br />

und wachsenden Überkapazitäten. Daher<br />

müsse mehr unternommen werden, um den<br />

Standort attraktiver zu machen.<br />

Demonstrative Zuversicht äußern alle Akteure<br />

hingegen, wenn es um etwaige Auswirkungen<br />

der aktuellen Krise in der Ukraine<br />

und vor allem auch in den Beziehungen des<br />

Westens zu Russland auf den Standort geht.<br />

Groß ist das in 50 Jahren gewachsene Vertrauen<br />

in Liefertreue der russischen Partner<br />

und in Gesetzeskraft bestehender Verträge,<br />

nicht zuletzt aber auch darin, dass die Vernunft<br />

in dem Konflikt bald wieder die Oberhand<br />

gewinnen wird.<br />

Die Leiterin der Stabsstelle Wirtschaftsförderung<br />

im Rathaus, Annekathrin Hoppe, erklärt:<br />

„PCK ist für uns das absolut wichtigste<br />

Unternehmen in der Region.“ Aber natürlich<br />

gebe es auch andere bedeutsame Unternehmen<br />

in Schwedt. Mit vier Papierfabriken und<br />

-verarbeitungsfirmen zählt die Stadt zu den<br />

größten Papierstandorten Deutschlands. Allein<br />

auf dem PCK-Gelände arbeiten etwa 80<br />

Unternehmen, vor allem Dienstleister. Verbio<br />

betreibt hier sogar Anlagen zur Erzeugung<br />

von Bio-Ethanol und -Diesel. Ein ebenso<br />

wertvoller Standortfaktor ist das Uckermark-Klinikum<br />

der Asklepios-Kette, ein<br />

Krankenhaus der Schwerpunktversorgung<br />

mit 420 Betten und 850 Angestellten.<br />

Ein Schwedter Dauerproblem ist die Verkehrsinfrastruktur.<br />

Zwar ist die Stadt über Bundesstraßen<br />

(B 2 und B 166) an das Autobahnnetz<br />

angebunden, verfügt über einen Bahnanschluss,<br />

einen eigenen Grenzübergang und<br />

einen modernen Binnenhafen mit Ostsee-Zugang<br />

und Verbindung zum europäischen Wasserstraßennetz,<br />

doch es hapert beim Ausbau.<br />

Erst Mitte Mai hatte der Stopp des seit<br />

fast 20 Jahren geplanten Ausbaus der B 198<br />

zwischen der A 11 bei Joachimsthal und der<br />

B 2 bei Herzsprung Schlagzeilen<br />

gemacht.<br />

Die Wirtschaftsförderung<br />

mache Lobbyarbeit auf allen<br />

Ebenen, sagt Annekathrin<br />

Hoppe. Doch bei so<br />

wichtigen Themen, wie der<br />

Ertüchtigung der Hohensaaten-Friedrichsthaler<br />

Wasserstraße<br />

oder der Eisenbahnverbindung<br />

nach Polen<br />

sowie bei der Schaffung eines<br />

neuen Grenzübergangs<br />

außerhalb der Stadt komme<br />

man allein nicht weiter. Hier müssten Land<br />

und Bund mit ihren jeweiligen Partnern in<br />

Polen zu Lösungen kommen. Die Pressesprecherin<br />

von Schwedt, Corinna Müller, ist überzeugt,<br />

dass die wirtschaftliche Zukunft von<br />

der Stadt eng mit dem dynamisch wachsenden<br />

Metropolenraum Szczecin mit seinen<br />

schon heute mehr als 500.000 Einwohnern<br />

verknüpft sein wird. Das frühere Stettin sei<br />

bis 1945 das natürliche Einzugsgebiet der<br />

Schwedter gewesen, erinnert sie.<br />

Auf der Suche nach einem attraktiveren<br />

Image versucht sich Schwedt unter Bürgermeister<br />

Jürgen Polzehl (SPD) vorsichtig<br />

vom Bild der Erdöl-Metropole zu lösen.<br />

Der deutsch-polnische Nationalpark Unteres<br />

Odertal, der in geschützten Naturräumen<br />

zahlreiche seltene Tierarten beherbergt,<br />

reicht bis an die Stadtgrenze. 10.000 Naturfreunde<br />

zählt das Besucherzentrum im Ortsteil<br />

Criewen jedes Jahr. Inzwischen wirbt die<br />

Stadt auf ihrer Website auf grüne Art. „Herzlich<br />

willkommen in der Nationalparkstadt<br />

Schwedt/Oder“ heißt es da. Schwedt hat im<br />

Oktober 2013 als erste Stadt in Deutschland<br />

sogar seine Ortseingangsschilder mit dem Zusatz<br />

„Nationalparkstadt“ versehen.<br />

W+M<br />

Schwedt wurde nach seiner Zerstörung am<br />

Ende des Krieges als Wirtschaftsstandort neu aufgebaut.<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


24 | W+M Länderreport<br />

Auf dem Weg zum führenden Gesundheitsland<br />

Mecklenburg-Vorpommern hat sich zum Ziel gesetzt, Gesundheitsland Nummer eins in<br />

Deutschland zu werden – und bietet dafür beste natürliche Voraussetzungen für Genesung<br />

und Erholung.<br />

Von Steffen Piechullek<br />

Der Hybrid-OP-Saal im Klinikum<br />

Karlsburg ist einer der modernsten<br />

in Norddeutschland.<br />

Die Gesundheitsbranche in Vorpommern<br />

hat sich in den vergangenen<br />

zwei Jahrzehnten überaus dynamisch<br />

entwickelt und zählt inzwischen zu<br />

den wichtigsten Wirtschaftsfeldern der Region.<br />

Etwa 30.000 Beschäftigte arbeiten mittlerweile<br />

in den unterschiedlichen Bereichen<br />

von Forschung über Pflege und Rehabilitation<br />

bis hin zu Wellness – Tendenz steigend.<br />

Der Gesundheits- und Wellness-Sektor zählt<br />

zu den fortschrittlichsten und leistungsfähigsten<br />

in Europa. Eine Vielzahl an Rehaund<br />

Kureinrichtungen sowie Medical-, Wellness-<br />

und Sporthotels mit einem vielfältigen<br />

Angebot, moderner und leistungsorientierter<br />

Infrastruktur und hohen Qualitätsstandards<br />

profitiert von den natürlichen Gegebenheiten<br />

der Region. Es sind vor allem das maritime<br />

Klima, die saubere Luft und die intakte<br />

Natur, vielseitige und abwechslungsreiche<br />

Ausflugsmöglichkeiten wie die einmaligen<br />

Sand- und Naturstrände sowie Küstenlandschaften<br />

oder die traditionsreichen Seebäder,<br />

die das Land so besonders machen.<br />

Ergänzt wird diese Gesundheitsversorgung<br />

durch Spitzenforschung. Schwerpunkte liegen<br />

in den Bereichen Biowissenschaften,<br />

Medizin und Medizintechnik, Molekularbiologie,<br />

Plasmaphysik, Neurowissenschaften<br />

und Onkologie. Hoch qualifizierte Mitarbeiter<br />

und ein innovationsfreundliches Wirtschaftsklima<br />

ziehen Unternehmen der Life<br />

Sciences, Biotechnologien und Gesundheitswirtschaft<br />

an. Vor allem zahlreiche kleine<br />

Unternehmen nutzen die Nähe zur Universität<br />

Greifswald, um sich anzusiedeln.<br />

Die Universitäten und Fachhochschulen<br />

in der Region bieten spezialisierte Ausbildungsmöglichkeiten<br />

für den wachsenden Bedarf<br />

an qualifizierten Fachkräften in allen<br />

Fotos: Klinikum Karlsberg, INP Leibniz-Institut Ehlbeck/Derm<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


Mecklenburg-Vorpommern | 25<br />

Bereichen der Gesundheitswirtschaft und<br />

Life Sciences. Das Medizinstudium an der<br />

Universität Greifswald beispielsweise belegt<br />

seit Jahren Spitzenplätze in bundesweiten<br />

Hochschulrankings und ist äußerst beliebt<br />

und begehrt.<br />

In Greifswald steht das modernste Universitätsklinikum<br />

Deutschlands, das auch international<br />

eine hohe Reputation genießt.<br />

Es versorgt mit seinen 870 Betten und 4.400<br />

Mitarbeitern jährlich etwa 146.000 Patienten,<br />

davon etwa 36.000 stationär, und gliedert<br />

sich in 21 Kliniken und 19 Institute.<br />

Das Klinikum Karlsburg hat sich national<br />

und international als Herz- und Diabeteszentrum<br />

einen guten Ruf erworben und plant<br />

derzeit die Errichtung eines hochmodernen<br />

Diabetes-Innovationszentrums mit integriertem<br />

Klinikbereich. Hier werden die Voraussetzungen<br />

dafür geschaffen, dass auch<br />

zukünftig beste Bedingungen für Spitzenmedizin<br />

und -forschung in Vorpommern vorhanden<br />

sind.<br />

Synergien finden sich ebenfalls mit Forschungsinstituten<br />

und Kompetenzclustern.<br />

Dazu zählt unter anderem die BioCon Valley<br />

GmbH, welche sich als professionell organisiertes<br />

Landesnetzwerk um die interdisziplinäre<br />

Vernetzung von Wirtschafts- und Forschungsaktivitäten<br />

kümmert.<br />

Inkubatoren wie das BioTechnikum in Greifswald<br />

bieten nicht nur günstige Labore und<br />

Büroflächen, sondern entlasten unter anderem<br />

die jungen Unternehmen von administrativen<br />

Arbeiten, unterstützen das Management<br />

und vermitteln die Kontakte für Kooperationen<br />

und Projekte. Mit der beabsichtigten<br />

Erweiterung des BioTechnikums und<br />

dem Neubau eines PlasmaTechnikums wird<br />

bis zum Jahr 2016 die erforderliche Infrastruktur<br />

für die Aufnahme und Erweiterung<br />

von Unternehmen der Branche geschaffen.<br />

Spitzentechnologien vom Labor zum<br />

Patienten – Plasmaforschung am<br />

Leibniz-Institut in Greifswald.<br />

Das Leibniz-Institut für Plasmaforschung<br />

und Technologie e. V. (INP Greifswald) ist<br />

europaweit die größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung<br />

zu Niedertemperaturplasmen.<br />

Hier wurde der erste in Deutschland<br />

zugelassene Plasma-Pen zur Wundheilung<br />

entwickelt.<br />

Im Ergebnis zeigt sich, dass die Region Vorpommern<br />

die besten Voraussetzungen für<br />

Unternehmen aus der Gesundheitswirtschaft,<br />

Medizintechnik, Biotechnologie,<br />

Plasmaforschung und -technologie bietet.<br />

W+M<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014<br />

VOLKSSOLIDARITÄT<br />

Greifswald-Ostvorpommern e.V.


26 | W+M Länderreport<br />

Sächsisches Flaggschiff auf dem Gasmarkt<br />

Die Verbundnetz Gas AG in Leipzig, die über Töchter mittlerweile<br />

in 14 Ländern aktiv ist, zählt zu den führenden Erdgasimporteuren<br />

Deutschlands. Konsequent baut man derzeit die eigene<br />

Fördertätigkeit aus, um die Abhängigkeit von Lieferländern zu<br />

verringern, und verbreitert zugleich die eigene Wertschöpfung<br />

auch auf dem deutschen Markt.<br />

Von Harald Lachmann<br />

Als die Norweger am 17. Mai ihren Nationalfeiertag<br />

begingen, wurde auch<br />

in Leipzig gefeiert. Denn Dr. Karsten<br />

Heuchert, der Vorstandsvorsitzende der Verbundnetz<br />

Gas AG (VNG), ist auch norwegischer<br />

Honorarkonsul für Brandenburg, Sachsen,<br />

Sachsen-Anhalt und Thüringen. Und<br />

diese Nähe des drittgrößten deutschen Erdgasimporteurs<br />

zum nordischen Königreich<br />

kommt nicht von ungefähr. Erst zu Jahresbeginn<br />

beendete VNG mit Erfolg weitere Erdgaserkundungen<br />

auf dem norwegischen Kontinentalschelf.<br />

Mittlerweile ist der einzige deutsche Top-<br />

100-Konzern mit Hauptsitz im Osten über<br />

seine Töchter VNG Norge und VNG Danmark<br />

an über 30 Produktionslizenzen in Nordeuropa<br />

beteiligt. Die Exploration, so Heuchert,<br />

sei ein „wichtiger Teil unserer Unternehmensstrategie“.<br />

Denn mit dem direkten<br />

Zugriff auf eigenes Erdgas stärke man die<br />

Unabhängigkeit des Gashandels gegenüber<br />

Marktschwankungen. Mittel- bis langfristig<br />

soll ein „bedeutender Anteil“ der jährlichen<br />

Erdgasbeschaffung aus eigenen Quellen<br />

sprudeln.<br />

Der Leipziger Konzern will damit seine Position<br />

im Markt festigen, stärker an der gesamten<br />

Energiewertschöpfungskette teilhaben<br />

und nicht zuletzt weniger abhängig von den<br />

großen Lieferländern sein – neben Norwegen<br />

auch Russland. Dennoch spielt der Handel<br />

mit russischem Gas eine wichtige Rolle.<br />

Immerhin hat VNG hier seine Wurzeln: Hervorgegangen<br />

ist man aus einem DDR-Betrieb,<br />

über den bereits seit 1973 russisches Erdgas<br />

in den deutschen Osten floss. VNG – zwei<br />

Tage vor der Währungsunion 1990 als erstes<br />

ostdeutsches Großunternehmen privatisiert<br />

– übernahm diese Lizenzen. Und als Heuchert<br />

mit Gazprom-Vizechef Alexander Medwedjew<br />

2013 in Leipzig den 40. Jahrestag der<br />

russischen Erdgaslieferungen nach Deutschland<br />

feierte, waren bereits über eine Billion<br />

Kubikmeter durch die Pipelines zu VNG<br />

geströmt.<br />

Verdichterstation an der Erdgasleitung<br />

von VNG bei Bobbau (Sachsen-Anhalt).<br />

Fotos: VNG, Harald Lachmann<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


Sachsen | 27<br />

So ist es schon wichtig, wenn der Erdgasgroßhändler<br />

vor dem Hintergrund der Ukraine-<br />

Krise erst wieder im Juni versicherte, auch<br />

weiter auf die Beziehungen zum Staatskonzern<br />

Gazprom zu setzen. „Wir sind sicher und<br />

haben das Vertrauen, dass sich daran nichts<br />

ändert“, so Heuchert. Bestehe doch ein wechselseitiges<br />

Interesse daran: Der russische<br />

Energiegigant hält gut jede zehnte Aktie an<br />

VNG und will dies gar weiter aufstocken.<br />

Dr. Karsten Heuchert<br />

VNG-Vorstandsvorsitzender<br />

Dennoch bezieht die VNG-Gruppe, die heute<br />

1.400 Mitarbeiter beschäftigt und in 14 Ländern<br />

Europas aktiv ist, kaum noch ein Fünftel<br />

des Gases aus dem angestammten Liefergebiet.<br />

Von den 365 Milliarden Kilowattstunden<br />

Erdgas, die sie 2013 einkaufte, basieren<br />

nur noch 18 Prozent auf Langfristverträgen<br />

mit Russland. Das Gros beziehe man nun über<br />

Spotmärkte und nationale sowie internationale<br />

Handelsplattformen, so Heuchert.<br />

Dabei versetzte die etablierte Russland-<br />

Kooperation VNG lange in eine privilegierte<br />

Lage. Denn über jene Langfristverträge<br />

schien man vor schwankenden Weltmarktpreisen<br />

gefeit. Doch seit die USA durch Fracking<br />

eigenes Schiefergas gewinnen, damit<br />

Inspektion eines Erdgasspeichers von<br />

VNG in Bad Lauchstädt. Durch dieses<br />

riesige Ventil strömt Erdgas mit hohem<br />

Druck in die unterirdischen Speicherkavernen<br />

– und auch zurück.<br />

als Abnehmer ausfallen und zudem noch Kohle<br />

günstig nach Europa verschiffen, schwächelte<br />

zuletzt spürbar der Gaspreis. Jene Verträge<br />

und die darin vereinbarten Abnahmemengen<br />

wurden damit zum Bumerang: VNG<br />

rutschte 2011 in die Verlustzone, zahlte zwei<br />

Jahre keine Dividende.<br />

VNG mit Rekordergebnis<br />

Doch das ist Geschichte. Als Heuchert zur Bilanzpressekonferenz<br />

für 2013 bat, herrschte<br />

wieder eitel Sonnenschein in der Leipziger<br />

Braunstraße: Man hatte als VNG-Gruppe<br />

dem bereits positiven Vorjahresergebnis<br />

noch ordentlich etwas draufsetzen können.<br />

Mit einem Jahresüberschuss von 174 Millionen<br />

Euro (Vorjahr: 132 Millionen) verkündete<br />

der Vorstandschef allein für das Mutterhaus,<br />

die VNG AG in Leipzig, ein Rekordergebnis.<br />

Vor allem die Geschäftsbereiche Gastransport<br />

sowie Gashandel – gerade dieses Segment<br />

baut man konsequent aus – hätten hierzu<br />

beigetragen.<br />

Zuvor war es gelungen, die Langfristverträge<br />

mit Russland der neuen Marktsituation anzupassen.<br />

Zudem bietet VNG in nun schon zehn<br />

bundesweiten Verkaufsbüros seinen Kunden<br />

– Stadtwerke, Regionalversorger, Industrieabnehmer<br />

– „maßgeschneiderte Produkte“<br />

an und verschaffe ihnen zugleich Zugang<br />

zu den Großhandelsmärkten, so Heuchert.<br />

Durch den Erwerb der Goldgas-Gruppe im hessischen<br />

Eschborn war VNG überdies 2013 in<br />

das bundesweite Privat- und Gewerbekundengeschäft<br />

eingestiegen.<br />

Unterm Strich erlöste die VNG AG im Vorjahr<br />

mit 8,8 Milliarden Euro rund eine Milliarde<br />

mehr als 2012. Bezogen auf die Gruppe mit<br />

Standorten unter anderem in Litauen, Polen,<br />

Tschechien und der Slowakei betrug der Umsatz<br />

knapp elf Milliarden Euro. Der zum Konzern<br />

gehörende Netzbetreiber Ontras bewirtschaftet<br />

zudem mit über 7.200 Kilometern<br />

das zweitgrößte deutsche Ferngasleitungsnetz.<br />

Es durchzieht alle ostdeutschen Länder.<br />

Mit vier Untergrundgasspeichern in Bad<br />

Lauchstädt, Bernburg, Buchholz und Kirchheilingen<br />

ist die VNG Gasspeicher GmbH auch<br />

der drittgrößte deutsche Speicherbetreiber.<br />

In Summe kann sich der Konzern mit 2,7 Milliarden<br />

Kubikmetern Erdgas bevorraten.<br />

Mithin verkörpern die Leipziger genau das,<br />

was sich Sachsens Ministerpräsident Stanislaw<br />

Tillich (CDU) noch deutlich mehr<br />

wünscht: „Hauptsitze von Konzernen, die<br />

auf dem Weltmarkt die erste Geige spielen“.<br />

Man benötige „sächsische Flaggschiffe, die<br />

andere Firmen mitziehen“. Immerhin kauft<br />

VNG zwei Drittel aller Waren und Dienstleistungen<br />

in Ostdeutschland ein, 2013 für 142<br />

Millionen Euro. Zu 57 Prozent profitieren davon<br />

Firmen aus Sachsen, was einen neuen<br />

Rekord darstellt, gefolgt von Sachsen-Anhalt<br />

(20 Prozent) und Brandenburg (11 Prozent).<br />

Mithin sei man trotz der wachsenden<br />

internationalen Ausrichtung „fest in unserer<br />

Heimatregion Ostdeutschland verwurzelt“,<br />

so Bodo Rodestock, Vorstand für Finanzen<br />

und Personal.<br />

Natürlich erzeugt all das Begehrlichkeiten.<br />

Seit Jahren bereits rangeln große westdeutsche<br />

Energiekonzerne um mehr Einfluss bei<br />

VNG. Erst unlängst gelang es der EWE in Oldenburg,<br />

durch den Zukauf von VNG-Aktien<br />

ihre Mehrheit am Ostkonzern von zuvor<br />

48 auf 63 Prozent zu erhöhen. Die Norddeutschen<br />

stellen mit EWE-Finanzvorstand Heiko<br />

Sanders den Aufsichtsratschef.<br />

Eine Sperrminorität sicherten sich indes<br />

schon vor Jahren Stadtwerke aus Mecklenburg-Vorpommern,<br />

Sachsen, Sachsen-Anhalt<br />

und Thüringen. Sie bündeln ihre Anteile in<br />

einer Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft<br />

(VuB) mit Sitz in Leipzig, die für sie<br />

treuhänderisch 25,79 Prozent der VNG-Anteile<br />

hält. Gemeinsames strategisches Ziel sei es<br />

hierbei, auch künftig Leipzig als Konzernsitz<br />

zu sichern, so Burkhard Jung (SPD), Oberbürgermeister<br />

der Messestadt. Laut Sanders wurde<br />

nun auch jene Standortsicherungszusage<br />

in Form einer Vereinbarung gegeben. W+M<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


28 | W+M Politik<br />

Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht<br />

im W+M-Interview:<br />

„Wir haben blühende Landschaften“<br />

Am 14. September 2014 wird in Thüringen ein neuer Landtag gewählt. In den Umfragen liegt die<br />

CDU deutlich vorn. Allerdings macht sich auch die Linke Hoffnungen, erstmals in einem deutschen<br />

Bundesland den Ministerpräsidenten zu stellen. <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> sprach mit der<br />

christdemokratischen Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht über die politischen Konstellationen<br />

in Erfurt, die Ergebnisse ihrer Wirtschaftspolitik und ihr persönliches Verhältnis zu Bundeskanzlerin<br />

Angela Merkel.<br />

W+M: Frau Lieberknecht, wie steht die thüringische<br />

Wirtschaft ein Vierteljahrhundert<br />

nach der politischen Wende im Osten<br />

Deutschlands da?<br />

Christine Lieberknecht: Ich habe großen<br />

Respekt vor der Aufbauleistung, die hier<br />

über ein Vierteljahrhundert inzwischen erbracht<br />

worden ist. Die thüringische Wirtschaft<br />

startete Anfang der 1990er Jahre aus<br />

einem tiefen Tal der Tränen. Aber sie hat sich<br />

heute robust aufgebaut, mit einer enormen<br />

Branchenvielfalt. Vor allem die kleinen und<br />

mittelständischen Unternehmen, sie sind<br />

das Rückgrat der thüringischen Wirtschaft.<br />

In den bundesweiten Dynamik-Rankings bezüglich<br />

des Wirtschaftswachstums nehmen<br />

wir seit Jahren Spitzenplätze ein. Darüber<br />

hinaus sind wir Investitionsstandort Nummer<br />

eins in Deutschland.<br />

W+M: Wo liegen die Stärken der Wirtschaft<br />

Thüringens?<br />

Christine Lieberknecht: Die thüringische<br />

Wirtschaft ist besonders geprägt durch kleine<br />

Unternehmen und den Mittelstand in den<br />

für unser Land typischen Branchen – allerdings<br />

inzwischen technologisch hochmodern<br />

aufgestellt. Das betrifft beispielsweise<br />

die Automobilindustrie und die Zulieferindustrie,<br />

sie ist der Wirtschaftsfaktor Nummer<br />

eins. Was für Thüringen aber auch sehr<br />

prägend ist, ist die Nahrungsmittelindustrie.<br />

Und natürlich die optische Industrie. Sehr<br />

zukunftsträchtig ist die Kunststoffindustrie<br />

und wir haben Metall-, Elektro-, Maschinen-<br />

und Werkzeugbau, die sich hervorragend<br />

entwickelt haben. Es gibt kaum eine<br />

Branche, die Sie in Thüringen nicht finden.<br />

W+M: Wagen Sie eine Prognose, bis wann<br />

eine Angleichung des wirtschaftlichen Niveaus<br />

etwa an das Nachbarbundesland Hessen<br />

gelingen kann?<br />

Christine Lieberknecht: Wir haben eine topaufgestellte<br />

Wirtschaft. Aber bei einigen signifikanten<br />

Daten gibt es immer noch einen<br />

Unterschied zur gewachsenen Struktur<br />

in den alten Bundesländern. In Hessen oder<br />

Bayern gibt es nicht wenige Hauptsitze von<br />

großen Unternehmen und an einen Bankenplatz<br />

Frankfurt kommen wir natürlich nicht<br />

heran. Wir müssen nach wie vor in die Eigenkapitalausstattung<br />

investieren. Unsere Wirtschaftsförderung<br />

zielt darauf ab, die unverändert<br />

vorhandene Produktivitätslücke zu<br />

schließen. Wir fördern daher zunehmend den<br />

Bestand, damit technische und technologische<br />

Innovationen möglich werden, um mehr<br />

Wertschöpfung und eine höhere Produktivität<br />

zu erreichen. Was die Arbeitnehmer betrifft,<br />

haben wir nach wie vor einen Aufholbedarf<br />

bei den Löhnen. Die Zukunft liegt hier<br />

in der Formel: Gute Arbeit für faire Löhne.<br />

W+M: Braucht es für die Angleichung einen<br />

Solidarpakt III für die neuen Länder<br />

nach 2019?<br />

Christine Lieberknecht: Wir haben bestehende<br />

Verträge, die 2019 auslaufen. Für die<br />

Zeit danach brauchen wir eine Neuordnung<br />

des Länderfinanzausgleichs. Das schließt die<br />

Antworten auf die Frage ein, wie geht man<br />

künftig mit strukturschwächeren Ländern,<br />

unabhängig von der traditionellen Ost-West-<br />

Zuordnung, um. Einen Solidarpakt III schließe<br />

ich von der Begrifflichkeit her aus. Für<br />

temporäre Bedarfe als Hilfe zur Selbsthilfe<br />

habe ich bereits im letzten Jahr die Einrichtung<br />

eines Deutschland-Fonds angeregt.<br />

Künftig ist die Solidarität aller Länder<br />

für jene Regionen erforderlich, die Hilfe zur<br />

Selbsthilfe benötigen.<br />

W+M: Was hat Ihre Regierung in den vergangenen<br />

fünf Jahren konkret getan, um die<br />

heimische Wirtschaft weiter anzukurbeln?<br />

Christine Lieberknecht: Man darf es nicht<br />

vergessen: Wir kamen im Jahr 2009 aus der<br />

tiefsten Wirtschaftskrise, die Deutschland<br />

und Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs<br />

erlebt haben. Daher mussten wir zunächst<br />

die Wirtschaft flankierend unterstützen<br />

– mit Förderpaketen, Kreditprogrammen,<br />

Bürgschaften. Die Thüringer Unternehmen<br />

hatten die Zeit der Krise bereits hervorra-<br />

Foto: Susann Welscher<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


Landtagswahlen 2014 | 29<br />

Zur Person<br />

Christine Lieberknecht wurde am 7.<br />

Mai 1958 in Weimar geboren. Sie<br />

wuchs als ältestes von vier Geschwistern<br />

in Leutenthal auf, wo ihr Vater als<br />

Pfarrer tätig war. Ihre Mutter arbeitete<br />

als Krankenschwester. Nach dem Abitur<br />

studierte sie bis 1984 Evangelische<br />

Theologie an der Friedrich-Schiller-<br />

Universität Jena. Anschließend wirkte<br />

sie bis zum Jahr 1990 als Pastorin im<br />

Kirchenkreis Weimar. Bereits 1981 trat<br />

sie der CDU der DDR bei.<br />

1990 startete ihre politische Karriere –<br />

als Thüringer Kultusministerin. Später<br />

war sie Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten,<br />

Präsidentin des<br />

Thüringer Landtags, CDU-Fraktionsvorsitzende<br />

im Erfurter Landtag sowie<br />

Sozialministerin. Seit 30. Oktober 2009<br />

ist Lieberknecht Thüringer Ministerpräsidentin.<br />

Christine Lieberknecht ist verheiratet<br />

und Mutter zweier Kinder.<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


30 | W+M Politik<br />

gend dafür genutzt, sich auf die Zeit danach<br />

vorzubereiten, mit Planungen, Weiterbildung<br />

und der Entwicklung neuer Patente.<br />

Hier konnten wir mit unserer Förderpolitik<br />

erfolgreich ansetzen. Heute geht es den<br />

Firmen und den Menschen besser als 2009.<br />

Wir haben die Arbeitslosigkeit im Vergleich<br />

zur letzten Dekade nahezu halbiert. Wir liegen<br />

jetzt das erste Mal in einem Monat Mai<br />

bei der Arbeitslosenquote unter acht Prozent<br />

und wir werden insgesamt an die 7-Prozent-<br />

Marke herankommen. In den Landkreisen an<br />

den Grenzen zu Bayern, Hessen und Niedersachsen<br />

haben wir schon heute eine wesentlich<br />

geringere Arbeitslosigkeit, die mit den<br />

benachbarten Alt-Bundesländern vergleichbar<br />

ist. Das heißt: Thüringen als Land in der<br />

Mitte holt auf und in Sachen Arbeitslosigkeit<br />

haben wir uns bereits in die Mitte der Bundesländer<br />

katapultiert. Ein Schlüssel unseres<br />

Erfolgs ist das enge Zusammenspiel vieler<br />

Firmen und Branchen mit der Wissenschaft.<br />

Hier entstehen systemische Lösungen, die<br />

unsere Firmen von ihrem technischen und<br />

handwerklichen Know-how her international<br />

wettbewerbsfähig machen.<br />

W+M: Am 14. September 2014 wählen die<br />

Thüringer einen neuen Landtag. Ihre Partei<br />

liegt derzeit in den Umfragen bei 36 Prozent.<br />

Wie wollen Sie Ihr Wahlziel 40 Prozent<br />

+ x erreichen?<br />

Christine Lieberknecht: Wir stehen ganz<br />

solide da, aber es ist noch Luft nach oben.<br />

Unser Ziel ist es, dass gegen die Thüringer<br />

CDU keine Regierung gebildet werden kann.<br />

Deswegen strengen wir uns in den verbleibenden<br />

Wochen weiter an. Ganz wichtig ist<br />

mir der direkte Kontakt zu den Bürgerinnen<br />

und Bürgern. Es gibt in Thüringen etwa 2,2<br />

Millionen Einwohner. Ich kann nicht jeden<br />

Einzelnen kennen. Aber ich kenne sehr viele<br />

Menschen in unserem Land. Ich habe in den<br />

letzten fünf Jahren etwa 500 Unternehmen<br />

in Thüringen besucht. Habe dort mit den Unternehmern<br />

und Beschäftigten gesprochen.<br />

Es gibt eine Tour, die ich Ende Mai gestartet<br />

habe: „Lieberknecht direkt“. Hier sind die<br />

Menschen eingeladen, auf die Marktplätze<br />

oder zu den Veranstaltungsorten zu kommen.<br />

Dort können sie mir jede Frage stellen. So<br />

kennen mich die Menschen und so ist auch<br />

meine Partei unterwegs.<br />

W+M: Warum sollten Thüringens Unternehmer<br />

Christine Lieberknecht wählen?<br />

Christine Lieberknecht: Damit es den Unternehmen,<br />

den Unternehmern, aber auch<br />

den Beschäftigten nach den kommenden<br />

fünf Jahren besser geht als heute. So wie es<br />

ihnen heute besser geht als im Jahr 2009.<br />

Politik muss ein Ziel haben: Den Menschen<br />

muss es am Ende einer Wahlperiode besser<br />

gehen als zuvor. Dieses Ziel haben wir in dieser<br />

Legislaturperiode erreicht. Und das ist<br />

gelungen – ohne Aufnahme neuer Schulden.<br />

Wir mussten in den Jahren 2010 und 2011<br />

mehr als 600 Millionen Euro Schulden zur<br />

Überwindung der Krisenlasten aufnehmen.<br />

Diese Schulden werden wir zum Ende dieses<br />

Jahres komplett getilgt haben. Wir in Thüringen<br />

machen keine neuen Schulden, das verbietet<br />

sich von selbst. Eine schuldenfreie Legislaturperiode<br />

– so etwas gab es in der Geschichte<br />

des Freistaates noch nie.<br />

W+M: Was wollen Sie in den kommenden<br />

fünf Jahren für die Thüringer Wirtschaft<br />

tun, sollten Sie erneut Ministerpräsidentin<br />

werden?<br />

Christine Lieberknecht: Ich möchte den<br />

2009 eingeschlagenen Weg fortsetzen: Wir<br />

haben blühende Landschaften, es ist sehr<br />

viel entstanden. Wir haben technologisch<br />

hervorragend aufgestellte Betriebe, die<br />

weltmarktfähig sind, ein hervorragendes<br />

Bildungssystem, wir haben mit der Polizeireform<br />

in die innere Sicherheit investiert,<br />

wir betreiben aktiv Landschaftsschutz, unsere<br />

Landwirtschaft steht ausgezeichnet da.<br />

Diesen Kurs wollen wir fortsetzen. Und ich<br />

sage ganz klar, es ist ein realistisches Ziel<br />

für Thüringen, am Ende der kommenden Legislaturperiode<br />

Vollbeschäftigung zu haben<br />

bei fairen Löhnen. Das ist meine Zielstellung.<br />

Und diese Zielstellung ist dank unserer Unternehmer,<br />

die die Ärmel hochkrempeln und<br />

anpacken, auch realistisch.<br />

W+M: Der flächendeckende Mindestlohn in<br />

Höhe von 8,50 Euro wird von vielen Unternehmern<br />

in den neuen Ländern als zu hoch<br />

angesehen. Fürchten Sie, dass dadurch Arbeitsplätze<br />

in Thüringen verloren gehen?<br />

Christine Lieberknecht: Die Koalition in<br />

Berlin hat ein Versprechen abgegeben, in<br />

Sonderheit die Bundeskanzlerin: Es müssen<br />

faire Löhne erzielt werden, aber sie dürfen<br />

keine Arbeitsplätze kosten. Deswegen ist es<br />

wichtig, dass wir eine Übergangsklausel haben<br />

bis Ende 2016 und danach bei vorliegenden<br />

Tarifverträgen überall der Mindestlohn<br />

ab Januar 2017 gilt. Ich denke, dass das für<br />

die Branchen, die betroffen sind, ein hinreichender<br />

Übergangszeitraum ist, sich umzustellen.<br />

Aber es gibt auch viele Betriebe, die<br />

heute schon sagen, dass der Mindestlohn für<br />

sie kein Thema mehr ist, weil sie ein deutlich<br />

Fotos: Susann Welscher<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


Landtagswahlen 2014 | 31<br />

über dem Mindestlohn angesiedeltes Lohngefüge<br />

haben. Wir sind in Thüringen von einem<br />

sehr niedrigen Lohnniveau gekommen,<br />

daher haben wir in der Tat im bundesweiten<br />

Vergleich noch einigen Nachholbedarf.<br />

Allerdings gibt es kein Bundesland, in dem<br />

die Löhne mit einer ähnlichen Dynamik gestiegen<br />

sind wie bei uns in Thüringen. Wir<br />

kommen an der Tatsache nicht vorbei, dass<br />

die Menschen von ihrer Arbeit leben müssen.<br />

Daher bin ich der festen Überzeugung, dass<br />

wir den Mindestlohn auch schultern werden.<br />

W+M: Die von Bundeswirtschaftsminister<br />

Gabriel konzipierte Energiewende sieht unter<br />

anderem die Errichtung zusätzlicher Nord-<br />

Süd-Stromtrassen vor, von denen auch Thüringen<br />

betroffen wäre. Was halten Sie davon?<br />

Christine Lieberknecht: Ich bin ein technologischer<br />

Optimist. Ich habe die Energiewende<br />

von Bundeskanzlerin Angela Merkel<br />

vorbehaltlos unterstützt. Ich gehörte zu<br />

den ersten Ministerpräsidenten, die unmittelbar<br />

nach dem Reaktorunglück in Fukushima<br />

eine Regierungserklärung abgaben.<br />

Darin habe ich energiepolitische Ziele für<br />

Thüringen definiert. Wir haben einen Energiepotenzialatlas<br />

für Thüringen, der alle<br />

Energiearten im Land auflistet. Und somit<br />

leisten wir aktiv unseren Beitrag zur Energiewende.<br />

Diesen Beitrag leisten wir auch<br />

als Land in der Mitte Deutschlands, was den<br />

Transport von Energie betrifft. Hier nenne<br />

ich die Thüringer Strombrücke durch das<br />

sensible Gebiet des Thüringer Waldes. Das<br />

ist uns nicht leicht gefallen. Es hat dazu viele<br />

Bürgergespräche und auch Proteste gegeben.<br />

Aber wir haben eingesehen, dass wir<br />

um diesen Beitrag nicht herum kommen. Ich<br />

sage aber: Das ist der Thüringer Beitrag und<br />

damit reicht es auch.<br />

W+M: Ist die angestrebte Energiewende aus<br />

Ihrer Sicht derzeit ausreichend durchdacht<br />

und geplant?<br />

Zum Interview in der Thüringer Staatskanzlei: Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht<br />

mit W+M-Verleger Frank Nehring (r.) und Chefredakteur Karsten Hintzmann.<br />

Christine Lieberknecht: Es ist etwas gelungen,<br />

was die größten Kritiker anfangs<br />

nicht geglaubt haben: Wir sind heute bereits<br />

technologisch in der Lage, den Energiebedarf<br />

über erneuerbare Energien zu decken.<br />

Das hat noch vor drei Jahren kaum<br />

jemand geglaubt. Wir haben natürlich das<br />

Problem des Energietransports. Hier müssen<br />

die Argumente stimmen und es muss einen<br />

fairen Interessenausgleich geben. Was<br />

ich nicht mache, sind falsche Deals. Die Notwendigkeit<br />

der geplanten Trasse von Sachsen-Anhalt<br />

nach Bayern stellt sich für mich<br />

nach der Novelle des Erneuerbare-Energien-<br />

Gesetzes deutlich anders dar als vorher. Wir<br />

haben inzwischen begrenzte Ausbauziele<br />

und wir haben überall entlang der geplanten<br />

Trasse Menschen, die ihre Energieversorgung<br />

über erneuerbare Energien selbst in<br />

die Hand genommen haben. Ich kann doch<br />

beispielsweise den Bauern in Bayern nicht<br />

untersagen, dass sie ihre eigenen Potenziale<br />

für die Energieversorgung nutzen und ihnen<br />

dann, quasi als Dank, die Energie trasse<br />

vor die Tür stellen. Das nenne ich Entmündigung.<br />

Das würde die Vorzüge der Versorgung<br />

mit erneuerbaren Energien von den Füßen<br />

auf den Kopf stellen. Die Dezentralisierung<br />

bietet jedem Menschen die Möglichkeit, Akteur<br />

dieser Energiewende zu sein. Das war<br />

das Credo der Energiewende in den letzten<br />

drei Jahren. Die Novelle, die wir jetzt auf<br />

dem Tisch haben, führt dieses Credo leider<br />

nicht fort, sondern ist angehaucht von einem<br />

Rest zentralistischen und monopolistischen<br />

Denkens. Das ist nicht mehr zeitgemäß.<br />

Jeder muss von der Energiewende profitieren<br />

können, auch die Betreiber kleinerer<br />

Anlagen, über die beispielsweise auch<br />

unsere Landwirte verfügen. Bevor die Notwendigkeit<br />

für die aktuelle Novelle des Gesetzes<br />

nicht nachgewiesen ist, wird es dazu<br />

aus Thüringen kein Ja geben.<br />

W+M: Kommen wir noch einmal zur Landtagswahl:<br />

Dank Ihrer persönlich guten Kontakte<br />

zu maßgeblichen SPD-Politikern kam<br />

es 2009 trotz der Althaus-Krise zur Bildung<br />

einer schwarz-roten Landesregierung. Setzen<br />

Sie auch diesmal auf diesen engen Draht?<br />

Christine Lieberknecht: Ich bin immer dafür,<br />

die Dinge klar beim Namen zu nennen.<br />

Die Wahrheit ist: Im Thüringer Landtag gibt<br />

es seit September 2009 eine Mehrheit von<br />

SPD und Linken. Und es gibt eine satte Mehr-<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


32 | W+M Politik<br />

W+M: Noch einmal nachgefragt: Was schätzen<br />

Sie an der Bundeskanzlerin besonders?<br />

Christine Lieberknecht: Die Kanzlerschaft<br />

Angela Merkels zeichnet sich aus durch eine<br />

hohe Souveränität. Sie hat eine sehr tiefgehende<br />

Analysefähigkeit, die sie befähigt,<br />

sich niemals treiben zu lassen, sondern dann<br />

zu handeln, wenn sie es für richtig hält. Das<br />

finde ich bemerkenswert und das hat der<br />

deutschen Politik gut getan. Das Vertrauen,<br />

das sie sich dadurch erworben hat, sowohl<br />

bei den Menschen in Deutschland als auch<br />

bei ihren internationalen Aufgaben, hat mit<br />

dafür gesorgt, dass Deutschland gut durch<br />

die vielen Stürme – sei es die internationale<br />

Wirtschaftskrise oder die sich anschließende<br />

Krise der nationalen Finanzmärkte<br />

– gekommen ist.<br />

heit von Rot-Rot-Grün. Dennoch ist die Koalition<br />

unter Federführung der CDU seinerzeit<br />

gebildet worden. Das heißt, Mathematik ist<br />

das eine, aber die Chemie gehört auch dazu.<br />

Aus dieser Mischung ist unsere Koalition gebildet<br />

worden. Mein Ziel ist es, dass an der<br />

CDU vorbei keine Regierung gebildet werden<br />

kann. Nach der Wahl müssen wir sehen,<br />

welche Koalitionsoptionen dann tatsächlich<br />

möglich sind. Was ich ausschließen kann,<br />

ist eine Koalition mit der Linken, da haben<br />

wir diametral entgegengesetzte Programme.<br />

Was ich ferner ausschließe, ist eine Koalition<br />

mit der AfD. Die AfD ist keine Alternative für<br />

Deutschland und auch nicht für Thüringen.<br />

Über alles andere müssen wir reden. Neu ist,<br />

dass die SPD nicht mehr ausschließt, einen<br />

Linken zum Ministerpräsidenten zu wählen.<br />

Ich kann nur sagen, ich verstehe die Sozialdemokraten<br />

mit ihrer mehr als 150-jährigen<br />

Geschichte hier nicht, wie sie als eigentlich<br />

stolze Volkspartei freiwillig die Meinungsführerschaft<br />

im linken Lager abgeben kann.<br />

Ich vermute, alte Kampa-Strategen, die zuletzt<br />

auch in Thüringen im Einsatz waren,<br />

hätten das möglicherweise anders entschieden.<br />

W+M: Können Sie sich wirklich vorstellen,<br />

dass Ihr bisheriger Regierungspartner der<br />

Linken erstmals in einem deutschen Bundesland<br />

zur Übernahme eines Ministerpräsidentenamtes<br />

verhilft?<br />

Christine Lieberknecht: Ob ich mir das vorstellen<br />

kann, ist sicher sekundär. Entscheidend<br />

ist, dass die SPD das nicht mehr ausschließt.<br />

So wie ich vor der Wahl Klarheit<br />

hinsichtlich möglicher Koalitionen schaffe,<br />

täte auch die SPD gut daran, für Klarheit<br />

zu sorgen. Denn der Wähler will wissen, was<br />

ihn nach der Wahl erwartet.<br />

W+M: Sie und Ihr Politikstil werden manchmal<br />

mit Angela Merkel verglichen. Wie eng<br />

ist Ihr Draht zur Kanzlerin und wie sehr hat<br />

sie Sie geprägt?<br />

Christine Lieberknecht: Es wird Sie sicher<br />

nicht überraschen, wenn ich sage, das<br />

ist ein von Sympathie getragenes Verhältnis<br />

seit vielen Jahren. Wir sind Anfang der<br />

1990er Jahre gemeinsam in das CDU-Präsidium<br />

gewählt worden, auf dem Dresdner Parteitag<br />

1991. Seitdem haben wir einen engen<br />

Kontakt. Und Sie wissen ja, wie Angela Merkel<br />

ihre Kontakte pflegt, die Bilder mit dem<br />

Handy sind sprichwörtlich. Und wenn Bedarf<br />

besteht, gibt es jederzeit die Möglichkeit,<br />

miteinander zu sprechen.<br />

W+M: Die Wende in der DDR erlebten Sie<br />

als Pastorin im Kirchenkreis Weimar. Woran<br />

denken Sie speziell, wenn Sie persönlich auf<br />

die Zeit des Umbruchs und Ihre Entwicklung<br />

in den letzten 25 Jahren blicken?<br />

Christine Lieberknecht: Ich war damals<br />

nicht nur Pastorin im Landkreis Weimar. Ich<br />

war DDR-weit in der evangelischen Jugendarbeit<br />

tätig. Unvergessen ist mir der 9. November<br />

1989, als ich in Berlin war. Da hatten<br />

wir gerade im Keller des Berliner Doms den<br />

ersten nichtstaatlichen Jugendverband gegründet<br />

– die CDJ, den Jugendverband der<br />

CDU, aus der dann später die Junge Union<br />

wurde. Ich hielt dort ein recht emotionales<br />

Plädoyer für die Wiederherstellung der Länder.<br />

Bei dieser Konferenz erreichte uns dann<br />

die Kunde, dass die Mauer offen ist.<br />

W+M: Könnten Sie sich vorstellen, nach ihrer<br />

Zeit als Ministerpräsidentin noch einmal<br />

als Pastorin zu arbeiten?<br />

Christine Lieberknecht: Ich kann mir so<br />

vieles vorstellen. Eines weiß ich: Langweilig<br />

wird es mir nie werden.<br />

Interview: Karsten Hintzmann<br />

und Frank Nehring<br />

Foto: Susann Welscher<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


02<br />

4<br />

<br />

<br />

W+M Abo | 33<br />

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sind jetzt unbedingt zu gehen?<br />

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neues Ostprogramm<br />

Thüringer Wirtschaftsminister<br />

im Schattenkabinett der SPD<br />

„Bei Innovationen<br />

wird nicht gekürzt“<br />

Forschungsministerin Wanka zur<br />

Förderung in den neuen Ländern<br />

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1 9 4 0 7 9 9 0 3 5 0 1<br />

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in der Lausitz<br />

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Brüssel – was nun?<br />

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Tourismusmarkt auf<br />

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Interview:<br />

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Lieberknecht<br />

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Energiewende und Länderehe<br />

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www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


34 | W+M Politik<br />

Dohnanyi-Kolumne<br />

Aufholjagd muss fortgesetzt werden<br />

Der 9. November 1989 entblößte eine<br />

DDR-Wirtschaft, die zu schwach<br />

war, um in Freiheit zu überleben.<br />

Ein staatlich getragener „Aufbau Ost“ war<br />

die unvermeidliche Antwort.<br />

Aber anders als Polen und die übrigen mittel-<br />

und osteuropäischen Länder konnte<br />

dies nicht ein Staat mit eigener Währung<br />

sein. Die sofortige Vereinigung mit der alten<br />

BRD war unausweichlich. Denn eine<br />

neue und wiederum künstliche Grenze mit<br />

Pass- und Zollkontrollen mitten in Deutschland<br />

– und mitten in Berlin – war undenkbar<br />

und auch politisch undurchführbar:<br />

Man hätte sie sofort erneut gestürmt.<br />

Doch die Vereinigung unter einer starken<br />

D-Mark und mit dem kostspieligen Sozialsystem<br />

der alten Bundesrepublik verschlang<br />

viel Geld. Die Region der ehemaligen<br />

DDR hätte damals eine Welle mutiger<br />

Unternehmensgründungen gebraucht<br />

– aber da ging man dann eben lieber gleich<br />

nach Polen, die Slowakei, Ungarn oder noch<br />

weiter nach Osten; wegen der niedrigeren<br />

Löhne und günstigeren Gesamtkosten.<br />

In den Industriestandorten der DDR gab es<br />

viele Arbeitnehmer, die oft nur in diesen<br />

Betrieben und auf diesem Technikstand<br />

einsetzbar waren. Eine Erneuerung durch<br />

betriebliche Dezentralisation und unternehmerischen<br />

Gründergeist wäre erforderlich<br />

gewesen, aber das war aus Kostengründen<br />

schwierig.<br />

Außerdem war in jahrzehntelanger Propaganda<br />

das freie Unternehmertum als Klassenfeind<br />

verunglimpft worden. Und bürgerliche<br />

Eigenverantwortung hatte ebenfalls<br />

unter sozialistischem Kollektivismus<br />

gelitten. Dennoch erlebten wir eine Stimmung<br />

des Aufbruchs: Erstickte Freiheit und<br />

individuelle Tatkraft drängten nach vorn.<br />

Aber die Bedingungen waren eben aus Währungs-<br />

und Kostengründen oft erschwert.<br />

Dennoch: Die Aufbruchstimmung zu nutzen<br />

war wichtig. Und wo es gelang, ortsnahe<br />

Unternehmer zu mobilisieren, zeigten<br />

gerade diese oft beachtliche Erfolge im<br />

„Aufbau Ost“.<br />

Heute ist diese erste Aufbruchstimmung<br />

verflogen; wirtschaftlicher Alltag bestimmt<br />

das gesellschaftliche Klima Deutschlands.<br />

Aber die „neuen“ Länder dürfen ihre Aufholjagd<br />

nicht aufgeben. Anders als im Westen<br />

fehlt es ja im Osten nicht an moderner<br />

Infrastruktur. Aber neue Ideen, Unternehmensgründungen,<br />

Wagniskapital und eine<br />

privatwirtschaftlich-orientierte, staatliche<br />

Aufbaustrategie bleiben unerlässlich.<br />

Dazu bedarf es nicht nur guter ökonomischer<br />

Rahmenbedingungen, einer anregenden<br />

Wissenschafts- und Forschungsnähe<br />

und risikobereiter Banken. Die Wirtschaftspolitiker<br />

der neuen Länder wissen<br />

das. Aber auch das politische Klima der<br />

Parteien muss sich danach richten: Marktwirtschaft<br />

segelt nicht gut mit Gegenwind!<br />

Die sinnlose Kapitalismusschelte der Linken<br />

ist keine gute Werbung für den deutschen<br />

Osten.<br />

Unser Kolumnist Klaus von Dohnanyi<br />

ist Wirtschaftsexperte und war von<br />

1972 bis 1974 Bundesminister für Bildung<br />

und Wissenschaft und von 1981<br />

bis 1988 Erster Bürgermeister der Freien<br />

und Hansestadt Hamburg. Von 1990<br />

bis 1994 arbeitete er an der Privatisierung<br />

des Kombinats Tagebau-Ausrüstungen,<br />

Krane und Förderanlagen TAK-<br />

RAF. Von 2003 bis 2004 war er Sprecher<br />

des Gesprächskreises Ost der Schröder-<br />

Regierung.<br />

Das gilt insbesondere deswegen, weil heute<br />

viele gut ausgebildete junge Menschen<br />

nach Deutschland strömen. Hier wäre eine<br />

große Chance für die neuen Länder, ihre<br />

demographischen und Gründerdefizite anzupacken.<br />

Doch die „neuen“ Länder gelten<br />

leider nicht als offen genug gegenüber Migranten;<br />

gelegentlich wird ihnen sogar<br />

Fremdenfeindlichkeit nachgesagt. Migranten<br />

zeigen aber im Westen eine besonders<br />

starke Gründerbereitschaft. Die Frage<br />

der Offenheit für Migration ist deswegen<br />

für die neuen Länder heute besonders<br />

wichtig. Ostdeutschland ist auf Migranten<br />

noch mehr angewiesen als der Westen. Eine<br />

standortbezogene Offensive der „neuen“<br />

Länder für Zuwanderung würde die Gründerchancen<br />

in der neuen Ländern wesentlich<br />

verbessern.<br />

W+M<br />

Foto: Privat<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


W+M Politik | 35<br />

ifo Geschäftsklima Ostdeutschland im Mai 2014<br />

Stabilisierung der ostdeutschen<br />

Wirtschaft auf hohem Niveau<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

-5<br />

-10<br />

-15<br />

-20<br />

-25<br />

-30<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

-10<br />

-20<br />

-30<br />

ifo Geschäftsklima und ifo Beschäftigungsbarometer für<br />

die gewerbliche Wirtschaft* Ostdeutschlands<br />

ifo Geschäftsklima und ifo Beschäftigungsbarometer für die<br />

gewerbliche Wirtschaft a) Ostdeutschlands<br />

ifo Geschäftsklima<br />

ifo Beschäftigungsbarometer<br />

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014<br />

Saisonbereinigte Saldenwerte in Prozentpunkten<br />

Quelle: ifo Konjunkturtest 05/2014 ©<br />

ifo Geschäftsklima für die einzelnen Wirtschaftsbereiche<br />

in Ostdeutschland<br />

ifo Geschäftsklima für die einzelnen Wirtschaftsbereiche in<br />

Ostdeutschland<br />

Bauhauptgewerbe<br />

Verarbeitendes<br />

Gewerbe<br />

Groß- und Einzelhandel<br />

Der ifo Geschäftsklimaindex für die<br />

gewerbliche Wirtschaft* der ostdeutschen<br />

Bundesländer hat sich im<br />

Mai etwas verschlechtert. Die pessimistischen<br />

Stimmen in der ostdeutschen<br />

Wirtschaft werden wieder etwas<br />

lauter. Mit ihrer derzeitigen Geschäftssituation<br />

sind die Befragungsteilnehmer<br />

in Ostdeutschland nicht<br />

so zufrieden wie noch im April 2014.<br />

Auch die Erwartungen an den zukünftigen<br />

Geschäftsverlauf haben sich eingetrübt.<br />

Trotz des Rückgangs des ifo<br />

Geschäftsklimaindex befindet sich<br />

die ostdeutsche Wirtschaft weiter auf<br />

Wachstumskurs. Für den Arbeitsmarkt<br />

in Ostdeutschland hingegen werden<br />

die Wolken am Himmel etwas dunkler:<br />

Das ifo Beschäftigungsbarometer für<br />

die ostdeutsche Wirtschaft ist im Mai<br />

das dritte Mal in Folge gefallen. Die<br />

hiesigen Unternehmen planen insgesamt,<br />

ihren Personalbestand in der nahen<br />

Zukunft zu reduzieren.<br />

In den einzelnen Bereichen zeigt sich,<br />

mit Ausnahme des Bauhauptgewerbes,<br />

eine ähnliche Tendenz. Während<br />

der Klimaindikator im Verarbeitenden<br />

Gewerbe nur minimal zurückging,<br />

trübte sich das Geschäftsklima<br />

im ostdeutschen Handel merklich ein.<br />

Einzig im Bauhauptgewerbe ist eine<br />

Verbesserung zu beobachten.<br />

Robert Lehmann und<br />

Prof. Joachim Ragnitz<br />

-40<br />

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014<br />

Saisonbereinigte Saldenwerte in Prozentpunkten<br />

Quelle: ifo Konjunkturtest 05/2014 ©<br />

*Unter gewerblicher Wirtschaft wird die Aggregation<br />

aus Verarbeitendem Gewerbe, Bauhauptgewerbe<br />

sowie Groß- und Einzelhandel<br />

verstanden.<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


36 | W+M Politik<br />

Mindestlohn schwächt Mittelstand<br />

Trotz vielfacher Kritik hält Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles unbeirrt an der geplanten Einführung<br />

des gesetzlichen Mindestlohns fest. Dies trifft besonders die Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer<br />

Unternehmen in Ostdeutschland. Der Unternehmerverband Sachsen fordert deshalb<br />

Korrekturen.<br />

Von Matthias Salm<br />

Für Jürgen Zeibig steht fest: „Die<br />

meisten kleineren Mittelständler<br />

ahnen noch gar nicht, was auf<br />

sie zukommt.“ Zeibig spricht als Vorstandsmitglied<br />

im Unternehmerverband<br />

Sachsen, mehr noch aber als von<br />

der Mindestlohn-Regelung betroffener<br />

Unternehmer. Aus Gesprächen mit<br />

vielen sächsischen Unternehmerkollegen<br />

hat Zeibig den Eindruck gewonnen,<br />

dass die Folgen des Mindestlohns<br />

insbesondere für ostdeutsche Mittelständler<br />

bislang noch unterschätzt<br />

werden.<br />

Für den Geschäftsführer eines Oberlausitzer<br />

Industrieunternehmens hingegen<br />

sind die Konsequenzen eines<br />

flächendeckenden Mindestlohns von<br />

8,50 Euro für das eigene Unternehmen<br />

bereits jetzt absehbar. „Es wird zu einem<br />

Abbau von Arbeitsplätzen kommen“,<br />

erklärt Zeibig, demzufolge der<br />

Mindestlohn damit gerade die treffen<br />

werde, denen er eigentlich helfen solle.<br />

Im Gegenzug zu anderen Branchen wie etwa<br />

dem Friseurhandwerk, in denen Unternehmen<br />

bereits angekündigt haben, die Kostensteigerungen<br />

an die Verbraucher weiterzureichen,<br />

stehen beispielsweise Zulieferer der<br />

Automobilindustrie in einem starken Wettbewerb<br />

auch mit Unternehmen jenseits der<br />

Grenze mit deutlich geringerem Lohnniveau.<br />

Ähnlich sieht es der Unternehmerverband<br />

Sachsen, der deshalb seine Kritik an der Mindestlohn-Einführung<br />

in einem jüngst veröffentlichten<br />

Positionspapier eindringlich<br />

formuliert. Diese entzündet sich schon am<br />

Begriff des Mindestlohns, „erfasst er doch<br />

weder die Leistungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld<br />

sowie die Leistungszuschläge<br />

und stellt sich als Grundlohn dar“, heißt es<br />

in dem Positionspapier des Unternehmerverbands,<br />

der stattdessen für eine Lohnuntergrenze<br />

plädiert, bei der diese Leistungen mit<br />

einfließen.<br />

Der Unternehmerverband Sachsen fordert<br />

Korrekturen des Gesetzesentwurfs. Diese<br />

sollten berücksichtigen, dass bei der Einführung<br />

einer Lohnuntergrenze<br />

• eine Differenzierung nach Branchen und<br />

Regionen erfolgen müsse,<br />

• eine Ausnahmeregelung für die von der<br />

Lohnuntergrenze gefährdeten Unternehmen<br />

geschaffen werden müsse,<br />

Erntehelfer erhalten häufig Niedriglöhne.<br />

• sonstige Lohn- und Sonderzahlungen einzubeziehen<br />

sind und<br />

• der Anreiz für Jugendliche bestehen bleibe,<br />

eine Ausbildung anzutreten. Eine Altersgrenze<br />

von 18 Jahren erscheint aus<br />

diesem Grund für nicht ausreichend, da<br />

viele die Ausbildung erst deutlich später<br />

antreten.<br />

Der Mindestlohn gilt ab 1. Januar 2015. Ausnahmen<br />

gibt es bis Anfang 2017 für Branchen<br />

mit einem Tarifvertrag, der Stundenlöhne<br />

von weniger als 8,50 Euro vorsieht.<br />

Ausgenommen sind auch Jugendliche bis 18<br />

Jahre, Langzeitarbeitslose und Pflichtpraktikanten.<br />

Auszubildende bekommen keinen<br />

Mindestlohn.<br />

W+M<br />

Fotos: Alexander Spörr/fotolia.com, Inga Haar, Thomas Kierok, pressmaster/fotolia.com<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


W+M Politik | 37<br />

+<br />

Die mittelständischen Unternehmen in Deutschland sind den großen<br />

Konzernen in Sachen Diversity häufig weit voraus. Viele Unternehmen<br />

haben erkannt, dass Frauen in Führungspositionen einen<br />

wichtigen Beitrag leisten: Vielfältig besetzte Management- und<br />

Kontrollgremien sorgen – so das Ergebnis zahlreicher Studien – auch<br />

für bessere Unternehmensergebnisse. Wichtig ist aber vor allem das<br />

Signal nach außen: Wer hoch qualifizierte AbsolventInnen gewinnen<br />

will, muss zeigen, dass Karrierewege im Unternehmen beiden<br />

Geschlechtern offen stehen und<br />

dies mit Frauen in Führungspositionen<br />

als Vorbild auch verdeutlichen.<br />

Bei börsennotierten und öffentlichen<br />

Unternehmen hat die freiwillige<br />

Selbstverpflichtung der<br />

Wirtschaftsverbände aus dem<br />

Jahr 2001 bisher keine nachhaltige<br />

Verbesserung gebracht. Daher ist es erforderlich, mit einer Mindestquote<br />

den im Grundgesetz geregelten Anspruch auf gleichberechtigte<br />

Teilhabe von Frauen und Männern durchzusetzen. Nur so<br />

kann das Ähnlichkeitsprinzip bei der Auswahl der KandidatInnen<br />

für Spitzenpositionen überwunden werden.<br />

Die Bundesregierung setzt beim Gros der Unternehmen weiterhin<br />

auf eine freiwillige Regelung. Sie werden sich künftig an den eigenen<br />

Vorgaben messen lassen müssen. Kleinere Betriebe sind zu Recht<br />

Monika Schulz-<br />

Strelow<br />

Präsidentin<br />

des FidAR<br />

– Frauen in<br />

die Aufsichtsräte<br />

e. V.<br />

Braucht auch der Mittelstand<br />

eine Frauenquote<br />

für Führungspositionen?<br />

ausgespart. Wer dann immer<br />

noch glaubt, null Prozent<br />

Frauen an der Spitze seien<br />

genug, wird gegenüber<br />

Bewerberinnen wie<br />

Kundinnen in Erklärungsnot<br />

geraten.<br />

Unternehmen mit einem<br />

innovativen Selbstverständnis,<br />

die Frauen die<br />

gleichen Chancen<br />

eröffnen<br />

wie Männern,<br />

gehört die<br />

Zukunft.<br />

Mit der Frauenquote von 30 Prozent greift die Politik direkt<br />

in die Personalentscheidungen der Aktionäre großer<br />

Unternehmen ein. Aber als börsennotierte oder mitbestimmte<br />

Unternehmen sind auch viele Mittelständler zumindest<br />

von der sogenannten Flexiquote bei der Auswahl von<br />

Vorständen und anderen<br />

Führungspositionen<br />

betroffen.<br />

Sie dürfen zwar<br />

selbst bestimmen,<br />

welchen Frauenanteil<br />

sie sich zum<br />

Ziel setzen. Viele<br />

in der Wirtschaft<br />

befürchten aber,<br />

dass hier ein Einfallstor für weitergehende Pflichten aufgemacht<br />

wird.<br />

Viel sinnvoller wäre es, sich mit den Gründen zu beschäftigen,<br />

warum weniger Frauen als Männer in Spitzenpositionen gelangen.<br />

Vor allem längere Familienpausen, die Beschäftigung<br />

mit wenigen Wochenstunden, fehlende Vereinbarkeit von Beruf<br />

und Familie und ein zu enges Berufswahlspektrum<br />

sind hier<br />

ausschlaggebend. Ausreichende<br />

Kinderbetreuung<br />

in Kitas und Ganztagsschulen<br />

sind Grundvoraussetzung<br />

dafür, dass<br />

mehr Frauen Führungsjobs<br />

übernehmen können.<br />

Hier sollte der Staat<br />

ansetzen, damit die<br />

Karriere junger Frauen<br />

mit Kindern in<br />

Top-Positionen<br />

zur Selbstverständlichkeit<br />

wird.<br />

Dr. Eric Schweitzer<br />

Präsident des<br />

Deutschen<br />

Industrie- und<br />

Handels kammertages<br />

(DIHK)<br />

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38 | W+M Politik<br />

Die Energiewende darf nicht<br />

zum Standortnachteil werden<br />

Die von der Bundesregierung eingeläutete Energiewende birgt enorme Chancen und Entwicklungsperspektiven<br />

für die heimische Wirtschaft. Aber auch erhebliche Risiken. Über all diese<br />

Aspekte soll auf dem Ostdeutschen Energieforum debattiert werden, das am 3. und 4. September<br />

in Leipzig stattfindet. W+M befragte im Vorfeld wichtige Teilnehmer des Energieforums zu<br />

Ihren Positionen.<br />

Kosten müssen<br />

kalkulierbar sein<br />

Hartmut Bunsen<br />

Präsident des Unternehmerverbandes<br />

Sachsen<br />

Als Chance sehe ich, dass wir uns durch die<br />

Umsetzung der gesteckten Ziele von Rohstofflieferungen<br />

aus dem Ausland unabhängig<br />

machen können. Die Ukraine-Krise zeigt<br />

uns diese Gefahr gerade mehr als deutlich.<br />

Darüber hinaus müssen wir uns immer wieder<br />

die ökologischen Vorteile vor Auge führen.<br />

Hier können wir weltweit eine Vorreiterrolle<br />

einnehmen.<br />

Wir müssen aber aufpassen, dass die Energiewende<br />

für Deutschland nicht zum finanziellen<br />

Desaster wird. Die Kosten müssen<br />

kalkulierbar bleiben und auf alle gleich<br />

verteilt werden. Die kleinen und mittelständischen<br />

Unternehmen in Ostdeutschland<br />

sind von den steigenden Energiepreisen<br />

schon jetzt besonders stark betroffen. Weitere<br />

Investitionen in die benötigen Netze,<br />

die ja regional auf die Preise umgelegt werden,<br />

kann sich die ostdeutsche Wirtschaft<br />

einfach nicht leisten. Hier muss die Bundesregierung<br />

unbedingt nachbessern und bezahlbare<br />

Energie für alle gewährleisten, unabhängig<br />

vom Standort. Für Gesamtdeutschland<br />

muss der Schwerpunkt auf Forschung<br />

und Entwicklung im Bereich der ökonomischen<br />

Speicherung gelegt werden. Nur mit<br />

dieser ist, aus meiner Sicht, die Umsetzung<br />

der Energiewende zu schaffen. Dies werden<br />

wir auf dem 3. Ostdeutschen Energieforum<br />

am 3. und 4. September in Leipzig mit den<br />

Vertretern von Politik, Energiewirtschaft,<br />

Wissenschaft und dem Mittelstand diskutieren<br />

und unsere Forderungen klar artikulieren.<br />

Die neuen Technologien in Bereichen wie<br />

beispielsweise der Solarenergie und -thermie,<br />

Windkraft und Biogas haben tausende<br />

neue Jobs geschaffen und sind mittlerweile<br />

ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Auf den bisherigen<br />

Erfolgen dürfen wir uns aber nicht<br />

ausruhen. Die Forschung und Entwicklung<br />

sowie die Produktion muss in Deutschland<br />

bleiben – dafür haben Politik und Wirtschaft<br />

gemeinsam Sorge zu tragen. Von den steigenden<br />

Energiepreisen sprach ich bereits.<br />

Viele der Mittelständler in Ostdeutschland<br />

stehen im nationalen, europäischen und internationalen<br />

Wettbewerb und weitere Preissteigerungen<br />

sind von den recht knappen<br />

Gewinnen nicht abzufedern. Die Mehrheit in<br />

Deutschland hat die Energiewende gewollt,<br />

jetzt müssen wir sie für alle verträglich umsetzen<br />

und uns gegebenenfalls nicht scheuen,<br />

einzelne Ziele zu korrigieren.<br />

Netzentgelte<br />

zu hoch<br />

Wolfgang Topf<br />

Präsident der IHK<br />

zu Leipzig<br />

Die Auswirkungen der Energiewende sind<br />

differenziert zu betrachten. Je nach Branche<br />

kommt sie den einen Unternehmen zugute,<br />

während andere mit großen Belastungen<br />

konfrontiert werden. Einerseits bietet der<br />

Fokus auf erneuerbare Energien viel Innovationspotenzial.<br />

Neue Geschäftsmodelle mit<br />

g uten Renditeaussichten haben sich entwickelt;<br />

im Forschungsbereich wurde ein Innovationsschub<br />

ausgelöst. Andererseits ist<br />

die Energiewende mit unerwünschten Nebenwirkungen<br />

verbunden: Deutsche Unternehmen<br />

sehen sich innerhalb Europas mit einem<br />

der höchsten Strompreise konfrontiert,<br />

die sächsischen Unternehmen zusätzlich mit<br />

Netzentgelten über dem Bundesdurchschnitt.<br />

Die steigenden Kostenbelastungen aufgrund<br />

staatlicher Abgaben – allen voran die EEG-<br />

Umlage – werden für sie zum Standortnachteil<br />

innerhalb Europas. Für energieintensive<br />

Unternehmen müssen deshalb weiterhin Ausnahmeregelungen<br />

möglich sein, um Abwanderungen<br />

zu vermeiden. Zumindest führt der<br />

Kostendruck bei den Unternehmen immerhin<br />

dazu, mehr für Energieeffizienz zu tun.<br />

Fotos/Graphik: Sächsische Staatskanzlei/Jürgen Jeibmann, Uwe Schossig, angelha/fotolia.com<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


Energiewende | 39<br />

Europäisierung<br />

der Energiepolitik<br />

Günther Oettinger<br />

EU-Kommissar für Energie<br />

Bei der Energiewende ist auf die richtige Reihenfolge zu achten:<br />

Deutschland braucht dringend eine Initiative für den Netzausbau.<br />

Erst müssen leistungsstarke Verbindungen geschaffen und<br />

parallel dazu Speicherkapazitäten entwickelt werden – dann erst<br />

hat es Sinn, neue Solar- und Windanlagen zu fördern. Wichtig ist<br />

auch, dass die Anlagen an Orten errichtet werden, wo das Verhältnis<br />

zwischen Kosten und Nutzen stimmt – also wo die Sonne<br />

zur Genüge scheint, beziehungsweise der Wind auch ausreichend<br />

weht. Das war in der Vergangenheit nicht immer so.<br />

Es bedarf generell einer Europäisierung der Energiepolitik, besonders<br />

auch im Hinblick auf die Erneuerbaren. Die Kommission<br />

hat mit den neuen Leitlinien für die Förderung von Erneuerbaren<br />

und den Vorschlägen im Rahmen des Energie- und Klimapakets<br />

für 2030, die Ende Juni von den Staats- und Regierungschefs<br />

beraten wurden, wichtige Weichenstellungen in diese Richtung<br />

vorgenommen.<br />

Kohleverstromung<br />

mittelfristig unverzichtbar<br />

Stanislaw Tillich<br />

Ministerpräsident Sachsen<br />

Die Energiewende bietet uns die Chance auf eine nachhaltige Energieversorgung,<br />

unabhängig von Rohstoffimporten. Das wird uns aber nur<br />

gelingen, wenn wir die Fehler der Vergangenheit künftig vermeiden.<br />

Die Energiewende gibt es nicht zum Nulltarif – wir dürfen sie aber<br />

auch nicht unnötig weiter verteuern. Deshalb können wir es uns<br />

nicht leisten, mittelfristig aus der Kohleverstromung auszusteigen.<br />

Die Braunkohle ist der Partner der erneuerbaren Energien, denn sie<br />

garantiert als grundlastfähiger und kostengünstiger Energieträger<br />

Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit des Stroms.<br />

Bei der künftigen Förderung der erneuerbaren Energien benötigen<br />

wir zudem mehr marktwirtschaftliche Elemente, um die Kosten vertretbar<br />

zu halten. Die EEG-Novelle ist ein erster Schritt in die richtige<br />

Richtung – weitere, mutigere Schritte müssen folgen. Wenn wir im<br />

Herbst über weitere Bestandteile der Energiewende – wie die Netzentgelte<br />

oder mögliche Kapazitätsmechanismen – entscheiden, wird sich<br />

zeigen, ob am Ende Chancen oder Risiken überwiegen.<br />

Neue Produkte sind gefragt<br />

Jens-Mathias Diener<br />

Leiter Dezentrale Geschäftsmodelle bei envia<br />

Mitteldeutsche Energie AG (enviaM)<br />

Die Energiewende verändert den Vertrieb fundamental. Die Energieversorgung<br />

wird dezentraler, grüner und effizienter. Der Kunde<br />

möchte Strom zunehmend selbst erzeugen, speichern und vermarkten<br />

und angesichts anhaltend hoher Endkundenpreise möglichst intelligent<br />

und energiesparend nutzen. Dies stellt den Vertrieb vor völlig<br />

neue Herausforderungen. Mit dem klassischen Verkauf von Kilowattstunden<br />

ist es da nicht mehr getan. Gefragt sind neue Produkte<br />

und Dienstleistungen, die den veränderten Kundenbedürfnissen<br />

entsprechen. Wer hier nicht rasch handelt, wird gegenüber der Konkurrenz<br />

sehr schnell das Nachsehen haben. Dies gilt insbesondere<br />

in Ostdeutschland, wo die Energiewende an vielen Stellen sehr viel<br />

weiter vorangeschritten ist als in anderen Regionen Deutschlands.<br />

Ausbau der Stromnetze<br />

alternativlos<br />

Dr. Andreas Reichel<br />

Mitglied des Vorstands der E.DIS AG<br />

Die Energiewende stellt für Netzbetreiber in Ostdeutschland eine große<br />

Chance, aber auch eine enorme Herausforderung dar. Im Netzgebiet<br />

der E.DIS in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, treffen<br />

eine hohe Grünstromeinspeisung und ein geringer Stromverbrauch<br />

aufeinander. So lag der Grünstromanteil im Vergleich zum Netzabsatz<br />

der E.DIS in 2013 bei 80 Prozent. Deshalb führt am Ausbau der<br />

Stromnetze – hauptsächlich zum Abtransport des Grünstroms in verbrauchsstarke<br />

Regionen – kein Weg vorbei. Dafür haben wir rund 100<br />

Millionen Euro im Jahr eingesetzt, was sich in den Netzentgelten im<br />

Nordosten niederschlägt. Andererseits sind wir gemeinsam mit einem<br />

Schwesterunternehmen dabei, Speichertechnologien im brandenburgischen<br />

Falkenhagen zu erproben, wo aus überschüssigem Windstrom<br />

Wasserstoff hergestellt wird, der dann in den Gasnetzen gespeichert<br />

und später wieder in Strom oder Wärme umgewandelt wird. So könnten<br />

Grünstrom-Einspeisespitzen beherrscht und gleichzeitig nur soviel<br />

neue Leitungen gebaut werden, wie wirklich erforderlich sind.<br />

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40 | W+M Politik<br />

Ostdeutschland nicht<br />

über Gebühr belasten<br />

Iris Gleicke<br />

Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium<br />

und Ostbeauftragte<br />

bis 2050 und der globale Trend steigender Rohstoffpreise werden<br />

auch in Zukunft eine verlässliche Grundlage für Unternehmen im<br />

Bereich der erneuerbaren und energieeffizienten Technologien sein.<br />

Erdgas hat Zukunft<br />

Ostdeutschland ist bei der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren<br />

Energien führend und damit Vorreiter bei der Umsetzung der Energiewende,<br />

die dem Industriestandort Ostdeutschland neue Perspektiven<br />

eröffnet, etwa bei den Speichertechnologien, bei der Steuerung<br />

von Energienetzen oder bei der Energieeffizienz. Und dennoch ist<br />

auch im Osten bei der Energiewende nicht alles eitel Sonnenschein.<br />

So führt der Bau von Windrädern ebenso wie das Thema Netzausbau<br />

zu Akzeptanzproblemen vor Ort, und an der Entwicklung der Stromkosten<br />

und an den im Osten höheren Netzentgelten gibt es zum Teil<br />

massive Kritik. Die gegenüber Westdeutschland durchschnittlich höheren<br />

Stromkosten dürfen nicht dazu führen, dass die Ostdeutschen<br />

über Gebühr belastet werden. Mit ihrer aktuellen EEG-Reform setzt die<br />

Bundesregierung an, den weiteren Kostenanstieg spürbar zu bremsen<br />

und zugleich die Marktintegration der erneuerbaren Energien voranzutreiben<br />

– der Neustart der Energiewende hat bereits begonnen.<br />

Wachstumspotenziale für<br />

den Mittelstand<br />

Dr. Barbara Hendricks<br />

Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz,<br />

Bau und Reaktorsicherheit<br />

Klimaschutzpolitik und Energiewende haben in Deutschland weitreichende<br />

Anreize für Investitionen, Technologieentwicklung und<br />

Beschäftigung gesetzt. Diese Anreize werden durch global rasant<br />

steigende Rohstoffkosten verstärkt. Erneuerbare und energiesparende<br />

Technologien werden damit weltweit attraktiv. Der Weltmarkt<br />

wird in diesem Bereich bis 2025 um mehr als das Doppelte wachsen.<br />

Deutsche Unternehmen sind hier Weltmarktführer. Insbesondere in<br />

Mittelstand und Handwerk bestehen große Wachstumspotenziale.<br />

Hier entstehen die Arbeitsplätze von morgen. Studien gehen davon<br />

aus, dass die Zahl der Beschäftigten in der Umweltbranche binnen<br />

zehn Jahren um eine Million auf 2,4 Millionen im Jahr 2025 steigen<br />

wird. Die deutschen Energiewendebeschlüsse mit ihren Klimazielen<br />

Dr. Karsten Heuchert<br />

Vorstandsvorsitzender der Verbundnetz Gas AG<br />

(VNG)<br />

Die Diskussionen um die Energiewende haben die Erkenntnis gebracht,<br />

dass diese ohne Erdgas nicht zu schaffen ist. Wir brauchen<br />

auch dann Energie, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht<br />

weht. Hier ist Erdgas noch viele Jahrzehnte wegen seiner Flexibilität,<br />

Sauberkeit und Zuverlässigkeit unverzichtbar. Jedoch ist das Potenzial<br />

von Erdgas noch lange nicht ausgeschöpft. Wenn Deutschland und<br />

die EU die CO 2 -Emissionen kostengünstig reduzieren wollen, kommen<br />

sie an Erdgas nicht vorbei – weder im Wärme- und Strommarkt noch<br />

bei der Mobilität. In Ostdeutschland hat der Energieträger Erdgas in<br />

den 1990er Jahren schon einmal bewiesen, dass eine Energiewende<br />

möglich ist, denn gemeinsam mit unseren kommunalen Partnern<br />

haben wir das mit Hilfe von Kohlevergasung hergestellte Stadtgas<br />

durch das umweltfreundliche Erdgas ersetzt. Auch im anbrechenden<br />

Zeitalter der erneuerbaren Energien wird Erdgas ein nachhaltiger<br />

Bestandteil einer sicheren, klimafreundlichen und bezahlbaren<br />

Energiezukunft in Europa sein.<br />

Transparenz beim Netzausbau<br />

Boris Schucht<br />

Vorsitzender der Geschäftsführung von 50Hertz<br />

Die Energiewende gilt als größtes Transformationsprojekt seit der<br />

Wiedervereinigung. Gerade für die neuen Länder stellt der Systemumbau<br />

hin zu den Erneuerbaren eine große wirtschaftliche Chance<br />

dar. Der Anteil des grünen Stroms am Gesamtstromverbrauch im<br />

50Hertz-Gebiet lag 2013 bereits bei 37 Prozent. Dies ist eine Erfolgsstory,<br />

die fortgeschrieben werden muss!<br />

Größte Herausforderung ist, Gesellschaft und Politik auf diesem Weg<br />

Fotos/Graphik: Bundesregierung/Sandra Steins, VNG AG/Michael Handelmann, angelha/fotolia.com<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


OSTDEUTSCHES ENERGIEFORUM<br />

03./04. SEPTEMBER 2014<br />

ENERGIE FÜR DIE ZUKUNFT<br />

3. SEPTEMBER 2014<br />

ERÖFFNUNGSABEND IM HOTEL<br />

‘THE WESTIN LEIPZIG’ VERANSTALTET<br />

DURCH DIE IHK ZU LEIPZIG<br />

ab 19:00 Uhr<br />

Eintreffen der Gäste / Registrierung<br />

19:30 Uhr<br />

Begrüßung der Gäste durch die Veranstalter<br />

Dr. Thomas Hofmann, Hautgeschäftsführer<br />

der IHK zu Leipzig und Hartmut Bunsen,<br />

Sprecher der IG der Unternehmerverbände<br />

Ostdeutschlands und Berlins<br />

Europa und die Versorgungssicherheit<br />

Günther Oettinger, EU-Kommissar für Energie<br />

(in Anfrage)<br />

Thema in Abstimmung<br />

Christian Lindner, Bundesvorsitzender<br />

der FDP – Die Liberalen<br />

anschließend Get-together<br />

Buffet<br />

4. SEPTEMBER 2014<br />

ab 8:30 Uhr<br />

Eintreffen der Gäste / Registrierung/ Kaffee/Tee<br />

9:00 Uhr<br />

Begrüßung durch Hartmut Bunsen,<br />

Sprecher der IG der Unternehmerverbände<br />

Ostdeutschlands und Berlin<br />

9:15 Uhr<br />

Was macht die Bundesregierung, um die<br />

Ungleichheit zwischen Ost und West bei den<br />

Belastungen der Energiewende mittelfristig<br />

abzubauen?<br />

Iris Gleicke, Parlamentarische Staatssekretärin<br />

beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie<br />

und Beauftragte der Bundesregierung für die<br />

neuen Bundesländer<br />

9:45 Uhr<br />

Welche Rolle spielt der Energiestandort<br />

Ostdeutschland – Fragen und Antworten<br />

aus Sicht der EWE AG<br />

Dr. Werner Brinker, Vorsitzender des<br />

Vorstandes der EWE AG<br />

10:15 Uhr<br />

Die Herausforderungen der<br />

Energieversorgung der Zukunft –<br />

dezentrale Lösungen im Spannungsfeld<br />

zwischen Speichermöglichkeiten und<br />

Versorgungssicherheit<br />

Mike Winkel, Mitglied des Vorstandes<br />

der E.ON SE<br />

10:45 Uhr<br />

Energiewende 2.0 – Herausforderungen<br />

für Ostdeutschland<br />

Tim Hartmann, Vorstandsvorsitzender der<br />

envia Mitteldeutsche Energie AG<br />

11:15 Uhr<br />

Braunkohle als Wirtschaftsfaktor<br />

Ostdeutschlands. Welche Rolle spielt<br />

die Braunkohle bei der Umsetzung der<br />

Energiewende?<br />

Tuomo J. Hatakka, Vorsitzender der<br />

Geschäftsführung der Vattenfall GmbH<br />

11:45 – 13:15 Uhr<br />

Mittagspause<br />

FORUM 1 | 13:15 – 14:15 UHR<br />

ENERGIEEFFIZIENZ<br />

UND BEZAHLBARE ENERGIE<br />

Moderation: Dr. Ralf Neubauer, ehemaliger<br />

stellvertretender Chefredakteur ‘DIE WELT’<br />

Impulsreferat: Dr. Andreas Reichel,<br />

Vorstandsmitglied der E.DIS AG<br />

Podiumsdiskussion mit<br />

Dr. Hubertus Burkhart, Vorstandsvorsitzender<br />

der Kübler & Niethammer Papierfabrik<br />

Kriebstein AG<br />

Christian Pegel, Minister für Energie,<br />

Infrastruktur und Landesentwicklung des Landes<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Dr. Mathias Reuschel, Vorsitzender S&P-Gruppe<br />

Jochen Stotmeister, Vorstandsvorsitzender<br />

der Sto AG<br />

FORUM 2 | 13:15 – 14:15 UHR<br />

VERSORGUNGSSICHERHEIT,<br />

KONVENTIONELLE KRAFTWERKE IM<br />

SPANNUNGSFELD DER PREISE<br />

Moderation: Thilo Boss, Leiter<br />

Wirtschaftsressort der SuperIllu<br />

Impulsreferat: Boris Schucht, Vorsitzender<br />

der Geschäftsführung der 50Hertz Transmission<br />

GmbH<br />

Podiumsdiskussion mit:<br />

Dr. Frank Büchner, Leiter Energy Sector<br />

Siemens Deutschland<br />

Ralf Christoffers, Minister für Wirtschaft<br />

und Europaangelegenheiten des Landes<br />

Brandenburg (in Anfrage)<br />

Dr. Christof Günther, Geschäftsführer der<br />

InfraLeuna GmbH<br />

FORUM 3 | 14:30 – 15:30 UHR<br />

WIRTSCHAFTLICHKEIT VON<br />

SPEICHERMÖGLICHKEITEN – WIE LANG<br />

MUSS DIE BRÜCKE AUS GAS UND<br />

BRAUNKOHLE SEIN?<br />

Moderation: Bernd Hilder, Chefredakteur der<br />

Thüringischen Landeszeitung<br />

Impulsreferat: Dr. Joachim Geisler,<br />

Vorsitzender der Geschäftsführung der MIBRAG<br />

Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH<br />

Podiumsdiskussion mit<br />

Frank Blome, Geschäftsführer der Li-Tec Battery<br />

GmbH (in Anfrage)<br />

Dr. Volker Busack, Geschäftsführer der VNG<br />

Gasspeicher GmbH<br />

Jochen Staschewski, Staatssekretär im<br />

Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und<br />

Technologie<br />

Michael Kretschmer, MdB, Generalssekretär<br />

des CDU-Landesverbandes Sachsen<br />

FORUM 4 | 14:30 – 15:30 UHR<br />

DEZENTRALE GESCHÄFTSMODELLE –<br />

CHANCEN DER ENERGIEWENDE NUTZEN<br />

Moderation: Tobias Frevel, Geschäftsführer der<br />

Energieforen Leipzig GmbH<br />

Impulsreferat: N.N.<br />

Podiumsdiskussion mit:<br />

Jens-Mathias Diener, Leiter Dezentrale<br />

Geschäftsmodelle der envia Mitteldeutsche<br />

Energie AG (enviaM)<br />

Klaus Lellé, Vorstandsvorsitzender der Halloren<br />

Schokoladenfabrik AG<br />

Arnold Vaatz, MdB, stellvertretender<br />

Vorsitzender der CDU/CSUFraktion<br />

15:30 – 16:00 Uhr<br />

Kaffeepause<br />

16:00 Uhr<br />

Thema in Abstimmung<br />

Dr. Karsten Heuchert, Vorstandsvorsitzender<br />

der VNG – Verbundnetz Gas AG<br />

16:30 Uhr<br />

Auswirkungen der Energiepolitik des Bundes<br />

auf Ostdeutschland<br />

Stanislaw Tillich, Ministerpräsident des<br />

Freistaates Sachsen<br />

17:00 Uhr<br />

Ziele und Ausblick / Abschlussbuffet<br />

Interessengemeinschaft der<br />

Unternehmerverbände<br />

www.ostdeutsches-energieforum.de<br />

UV<br />

Ostdeutschlands und Berlin<br />

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42 | W+M Politik<br />

„mitzunehmen“. Die Zauberworte lauten Transparenz‚ Verständnis<br />

und Akzeptanz. Den für das Gelingen der Energiewende nötigen Netzausbau<br />

werden wir nur schaffen, wenn wir in Zivilgesellschaft und<br />

Bundesländern breites Verständnis finden. Deshalb ist die derzeitige<br />

öffentliche Diskussion gut; alle Argumente gehören auf den Tisch.<br />

50Hertz stellt sich diesem Diskurs aktiv. Als Dienstleister an der Gesellschaft<br />

werden wir unsere Leitungen nicht gegen Bürger und Politik<br />

bauen. Aber eines ist klar: Ohne Akzeptanz kein Netzausbau,<br />

und ohne Netzausbau keine Energiewende.<br />

Versorgungsengpässe vermeiden<br />

Dr. Joachim Geisler<br />

Vorsitzender der Geschäftsführung der<br />

Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft mbH<br />

(MIBRAG)<br />

Damit die Energiewende gelingt, muss der Ausbau der Erneuerbaren<br />

besser gesteuert und mittel- bis langfristig ihre Integration in den<br />

Energiemarkt erfolgen. Sonst laufen wir Gefahr, dass die Strompreise<br />

immer weiter steigen. Ich halte es für richtig, dass Deutschland<br />

seine Energieversorgung insgesamt breiter aufstellt. Dafür braucht<br />

es Zeit, Realitätssinn, den Ausbau der Netze und Speichermöglichkeiten.<br />

Nur so können Versorgungsengpässe vermieden werden. Wir<br />

sehen die Erneuerbaren nicht als Konkurrenz zu unserer Braunkohle,<br />

sondern als Partner. Deutschland kann auch in Zukunft nicht auf<br />

die fossilen Energieträger verzichten. Gerade die Braunkohle leistet<br />

zahlreiche Beiträge dazu, dass die Versorgung von Haushalten und<br />

Industrie mit Strom und Wärme sicher und bezahlbar bleibt. In einem<br />

Industrieland wie Deutschland hängen Wohlstand und Arbeitsplätze<br />

an dieser Frage. Die Politik sollte daher darauf achten, diesen<br />

positiven Beitrag der Braunkohle nicht zu gefährden.<br />

Generationenprojekt braucht<br />

Akzeptanz<br />

Dr. Heiko Sanders<br />

Finanzvorstand der EWE AG<br />

Wir sind dabei, die Energieversorgung in Deutschland nachhaltig in<br />

Richtung erneuerbarer Energien umzubauen und uns unabhängiger<br />

von fossilen Brennstoffen zu machen. Dabei gehen wir viele Schritte<br />

früher als andere und zahlen Lehrgeld, gewinnen aber unter dem<br />

Strich einen Vorsprung, der die deutsche Wirtschaft im globalen Wettbewerb<br />

stärkt. Unterschiedliche Schwerpunkte finden sich dabei eher<br />

zwischen Stadt und Land sowie zwischen nördlichen und südlichen<br />

Bundesländern. Auch in Ostdeutschland mit seinem teilweise sehr<br />

hohen Zubau an Erneuerbaren geht es darum, diesen Zuwachs besser<br />

mit dem Netz und den Verbrauch intelligenter mit der Erzeugung zu<br />

harmonisieren, um die Kosten zu begrenzen. Am wichtigsten aber ist,<br />

die Menschen vor Ort in die Entwicklungen einzubeziehen, um nicht<br />

noch mehr Akzeptanz für die Energiewende zu verlieren. Denn davon<br />

würde sich dieses Generationenprojekt vermutlich nicht erholen.<br />

Braunkohle gehört zum<br />

Energiemix<br />

Tuomo J. Hatakka<br />

Vorsitzender der Geschäftsführung der<br />

Vattenfall GmbH<br />

Eine verlässliche und zukunftsfähige Stromversorgung braucht neben<br />

den erneuerbaren Energien eine gesicherte, jederzeit verfügbare<br />

Leistung, wie sie die Braunkohle zur Verfügung stellen kann. Beide<br />

gemeinsam gehören in den Energiemix der nächsten Jahrzehnte.<br />

Die Partnerschaft zwischen der Braunkohle und den erneuerbaren<br />

Energien ist bereits heute gelebte Praxis. Braunkohlekraftwerke sind<br />

der Anker im energiewirtschaftlichen System. Gerade weil sie schon<br />

heute flexibel reagieren können, gelingt es überhaupt, den hohen<br />

Anteil der Erneuerbaren im Netz unterzubringen.<br />

Die Lausitzer Braunkohle ist ein tragender Pfeiler der deutschen Wirtschaft.<br />

Wenn wir über Versorgungssicherheit, Kosteneffizienz und<br />

Wettbewerbsfähigkeit der Energieversorgung sprechen, führt an Kohle<br />

in Deutschland, Europa und weltweit kein Weg vorbei. Nur mit der<br />

heimischen Braunkohle als verlässlichem Partner der Erneuerbaren<br />

haben wir die ökonomische Sicherheit, den ambitionierten Weg in<br />

eine mögliche Vollversorgung durch erneuerbare Energien gehen zu<br />

können, ohne dabei untragbare Risiken einzugehen.<br />

Graphik: angelha/fotolia.com<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


Energiewende | 43<br />

Ostdeutsche Unternehmen befürworten<br />

zunehmend Energiewende<br />

Die Zustimmung der energieintensiven Unternehmen in Ostdeutschland zur Energiewende hat<br />

sich seit 2012 fast verdoppelt. Mittlerweile befürwortet eine Mehrheit die Energiewende und die<br />

damit zusammenhängenden Maßnahmen.<br />

Die Zustimmung der Bevölkerung in Ostdeutschland<br />

zur Energiewende ist unverändert<br />

hoch. 73 Prozent der Bürger aus den<br />

neuen Ländern stehen nach wie vor hinter<br />

dem Umbau der Energieversorgung. Auch die<br />

Kommunen beurteilen die Neuausrichtung<br />

der Energieversorgung mit 74 Prozent ähnlich<br />

positiv. Erstmals befürworten aber auch<br />

die energieintensiven Unternehmen Ostdeutschlands<br />

mehrheitlich die Energiewende<br />

(61 Prozent). Dies ergab eine Studie der<br />

envia Mitteldeutsche Energie AG (enviaM),<br />

für die – gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum<br />

Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur<br />

und Daseinsvorsorge e. V. der Universität<br />

Leipzig – 1.650 Haushalte, 789 Kommunen<br />

und 388 Unternehmen der energieintensiven<br />

Industrie in Ostdeutschland befragt wurden.<br />

Bürger, Kommunen und Unternehmen: Befürworten Sie die<br />

Energiewende und die damit zusammenhängenden Maßnahmen?<br />

Ja<br />

Haushalte 2014<br />

Haushalte 2013<br />

Haushalte 2012<br />

Komunen 2014<br />

Komunen 2013<br />

Komunen 2012<br />

Quelle: Studie „Energiewelt Ost 2014“<br />

37 %<br />

47 %<br />

61 %<br />

Unternehmen 2014<br />

Unternehmen 2013<br />

Unternehmen 2012<br />

73 %<br />

76 %81<br />

%<br />

74 %<br />

71 %<br />

69 %<br />

Unternehmen: Haben Sie im Rahmen der Energiewende Ihr Einkaufsverhalten<br />

bezüglich Gas-/Strombezug angepasst?<br />

ja und Anpassung geplant (2014)<br />

ja (2013)<br />

nein<br />

Wenn ja, in welcher Form?<br />

Langfristverträge mit Preisbindung<br />

Bündelung des Energiebezugs<br />

Ausbau der Eigenerzeugung<br />

Sonstiges<br />

7 %<br />

2014<br />

Quelle: Studie „Energiewelt Ost 2014“<br />

14 %<br />

20 %<br />

18 %<br />

2013<br />

33 %<br />

34 %<br />

40 %<br />

40 %<br />

48 %<br />

47 %<br />

66 %<br />

67 %<br />

Die Bezahlbarkeit von Energie ist für Haushalte,<br />

Kommunen und energieintensive Unternehmen<br />

das beherrschende Thema beim<br />

Umbau der Energieversorgung. Alle Befragten<br />

halten es für wahrscheinlich, dass die<br />

Strompreise weiter erheblich steigen werden<br />

und befürworten angesichts dessen mit großer<br />

Mehrheit Bestrebungen zur Unabhängigkeit<br />

der Stromversorgung. Gemeint ist damit,<br />

Strom selbst zu erzeugen und zu verbrauchen.<br />

Der Großteil der Unternehmen hat zudem<br />

sein Einkaufsverhalten beim Strom- bzw.<br />

Gasbezug in Folge der Energiewende angepasst<br />

oder plant dies für die Zukunft (66 Prozent).<br />

Bevorzugt werden hier vor allem Langfristverträge<br />

mit Preisbindung. Spielten diese<br />

im letzten Jahr noch für 20 Prozent der<br />

Unternehmen eine Rolle, werden sie im laufenden<br />

Jahr bereits von 48 Prozent der Befragten<br />

favorisiert. Hoch im Kurs steht mit<br />

konstanten 40 Prozent weiterhin die Bündelung<br />

des Energiebezugs. Dagegen ist das Interesse<br />

an der Eigenerzeugung deutlich gesunken.<br />

In 2014 treiben nur 18 Prozent der<br />

befragten energieintensiven Unternehmen<br />

den Ausbau der Eigenerzeugung von Energie<br />

voran. Im letzten Jahr waren es noch 47<br />

Prozent und damit knapp die Hälfte der befragten<br />

Unternehmen.<br />

Die gesamte Studie kann unter www.energiezukunft-ostdeutschland.de<br />

eingesehen<br />

werden.<br />

Janine Pirk-Schenker<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


44 | W+M Politik<br />

Regionaler Wildwuchs bei Stromnetzentgelten<br />

weder berechtigt noch wettbewerbsfördernd<br />

Die Diskussion über Chancen und Risiken der Energiewende ist in der Gesellschaft angekommen.<br />

Und dies ist gut so, denn alle Fakten und Argumente gehören öffentlich debattiert, will man für<br />

mehr Verständnis und Akzeptanz in Gesellschaft und Politik werben. Bei dieser vielschichtigen<br />

Diskussion geht es um zahlreiche Themen, wie Versorgungssicherheit, Infrastrukturausbau oder<br />

Standortfragen bei Erzeugungsanlagen. Es geht aber immer auch um die Frage der Kosten, kein<br />

Wunder angesichts steigender Strompreise für Privathaushalte und Wirtschaft in den letzten Jahren.<br />

Von Boris Schucht<br />

Dominierte bislang das Thema EEG-Förderung<br />

und das dazu gehörige Umlageverfahren<br />

die öffentliche Kostendebatte,<br />

scheint nun das Thema Netzentgelte<br />

stärker in den Fokus zu rücken. Hierfür sorgen<br />

nicht zuletzt aktuelle Studien im Auftrag<br />

politischer Akteure. So forderte jüngst<br />

der sächsische Ministerpräsident Stanislaw<br />

Tillich, angesichts deutschlandweit unterschiedlich<br />

hoher regionaler Netzentgelte für<br />

Haushalts-, Gewerbe- und Industriekunden,<br />

ein bundeseinheitliches Netzentgelt. Eine<br />

Studie der Technischen Universität Dresden<br />

im Auftrag der Staatskanzlei Sachsens hatte<br />

erneut klar festgestellt, dass es zum Teil<br />

eine erhebliche Kluft bei den Netzentgelten<br />

gibt zwischen ländlichen Regionen und Städten<br />

einerseits sowie zwischen dem Nordosten<br />

und dem Westen beziehungsweise Süden<br />

Deutschlands andererseits.<br />

Dass dies aus standortpolitischen Gründen<br />

kritisiert und der Ruf nach einem bundesweit<br />

einheitlichen Netzentgelt laut wird, liegt<br />

auf der Hand. Auch für 50Hertz, als Übertragungsnetzbetreiber<br />

(ÜNB) in den neuen<br />

Bundesländern sowie Berlin und Hamburg<br />

tätig, wäre die Schaffung eines bundesweit<br />

einheitlichen Netzentgeltes „bis zur Steckdose“<br />

ein langfristig anzustrebendes Ziel.<br />

Zwar beträgt der Anteil der Netzentgelte des<br />

ÜNB am Strompreis von Haushaltskunden nur<br />

drei bis vier Prozent und der der Verteilnetzbetreiber<br />

(VNB) rund 16 bis 17 Prozent, doch<br />

es sind vor allem diese regional unterschiedlich<br />

hohen Netzentgelte, die für die generellen<br />

Strompreisunterschiede sorgen.<br />

Zusammensetzung des Strompreises für einen Haushaltskunden.<br />

Steuern, Abgaben und Umlagen<br />

Strombeschaffung, Vertrieb<br />

50 %<br />

30 %<br />

16,5 %<br />

3,5 %<br />

Netznutzungsentgelt<br />

Verteilnetzbetreiber<br />

Netznutzungsentgelt<br />

Übertragungsnetzbetreiber<br />

Quelle: 50Hertz<br />

Was sind die Gründe für die großen Netzentgeltdifferenzen?<br />

• Hohe Investitionskosten und hohe betriebliche<br />

Kosten<br />

Netzbetreiber wie 50Hertz, in deren Gebiet<br />

ein hoher Anteil von erneuerbaren Erzeugungsanlagen<br />

installiert ist, weisen nicht<br />

nur hohe Investitionen in den Netzausbau<br />

auf, sondern haben auch höhere betriebliche<br />

Kosten für die Integration des volatilen<br />

grünen Stroms ins elektrische System – hierunter<br />

fallen zum Beispiel Kosten für Redispatch,<br />

also Kosten für Eingriffe in die Fahrweise<br />

von konventionellen Kraftwerken bei<br />

Netzengpässen, und Entschädigungszahlungen<br />

bei Einsenkung von EEG-Anlagen. Obwohl<br />

diese Eingriffe das gesamte elektrische<br />

System stabilisieren, werden deren Kosten,<br />

immerhin jährlich ein dreistelliger Millionenbetrag,<br />

nur vom Nordosten Deutschlands<br />

getragen.<br />

• Historisch bedingte Netzinvestitionen aus<br />

der Nachwendezeit<br />

Nach der Wiedervereinigung mussten die<br />

Netze der DDR gründlich renoviert und umgebaut<br />

werden. Diese historisch bedingten<br />

Investitionen werden noch heute über Abschreibungen<br />

in den ostdeutschen Bundesländern<br />

getragen.<br />

• Geringere Siedlungs- und Verbrauchsdichte<br />

Regionen mit hohem Anteil an Grünstrom<br />

sind meist dünner besiedelt und verfügen<br />

über weniger industrielle Verbraucher. Damit<br />

können die Entgelte dort auf weniger Verbraucher<br />

umgelegt werden – was ebenfalls<br />

zu höheren Netzentgelten für jeden Einzelnen<br />

führt.<br />

• Vermiedene Netzentgelte für volatile Einspeiser<br />

Ein gewichtiger Faktor sind die sogenannten<br />

„vermiedenen Netzentgelte“, ein Relikt<br />

aus der Zeit der ersten dezentralen Anlagen:<br />

Man ging vor einigen Jahren davon aus, dass<br />

der vor Ort erzeugte Strom auch komplett vor<br />

Ort verbraucht werden kann. Deshalb wurde<br />

gesetzlich festgelegt, dass VNB mit vielen<br />

dezentralen Anlagen aus Photovoltaik und<br />

Wind mit zusätzlichen Kosten belegt werden,<br />

Foto: Christian Drechsel, 50Hertz<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


Energiewende | 45<br />

und Marktprozesse effizienter zu gestalten,<br />

sollte langfristig ein bundesweit einheitliches<br />

Netzentgelt bis zur Steckdose (also sowohl<br />

auf ÜNB- wie VNB-Ebene) geschaffen<br />

werden. Als Zwischenschritte und zur Vermeidung<br />

des weiteren Auseinanderdriftens<br />

der Netzentgelte müssten zunächst die auf<br />

der Verteilnetzebene anfallenden „vermiedenen<br />

Netzentgelte“ für volatil einspeisende<br />

Anlagen (also Photovoltaik und Wind) sofort<br />

abgeschafft und Kosten für die Systemintegration<br />

der Erneuerbaren bundesweit gewälzt<br />

werden. Zudem könnten die Netzentgelte der<br />

ÜNB zunächst vereinheitlicht werden. Dabei<br />

ist weiterhin durch hohe Kostenkontrolle<br />

der Regulierungsbehörden auf Effizienz jedes<br />

einzelnen Netzbetreibers genau zu achten.<br />

da die einen geringeren Ausbaubedarf hätten.<br />

Die Erfahrung der letzten Jahre hat allerdings<br />

das Gegenteil gezeigt: Der Ausbau<br />

von Wind und Photovoltaik führt zu einem<br />

höheren Ausbaubedarf, sowohl beim ÜNB<br />

als auch beim VNB – insbesondere durch die<br />

Rückspeisung in die vorgelagerten Netze. Für<br />

VNB in Gegenden mit hohem Anteil an Wind<br />

und Photovoltaik heißt das: Sie bleiben heute<br />

auf Kosten, die ihnen de facto insbesondere<br />

durch die Ein- und Rückspeisung der<br />

Wind- und Sonnenenergie entstehen, sitzen.<br />

Zusätzlicher Druck auf die Netzentgelte entsteht<br />

seit geraumer Zeit durch die Regelungen<br />

zum sogenannten Eigenverbrauch. Eigenversorger<br />

sind derzeit von Netzentgelten<br />

komplett befreit. Hierdurch ist es sowohl für<br />

Industrie- als auch Privatkunden attraktiv,<br />

durch Eigenversorgung die eigenen Kosten<br />

zu reduzieren – zu Lasten der Allgemeinheit.<br />

Quelle:<br />

ene‘t GmbH<br />

Übersicht über die Netzentgelte in Deutschland in Cent pro<br />

Kilowattstunde (kWh) bei einem Abnahmefall von 4.000 kWh im Juli 2014.<br />

Denn die Eigenversorger profitieren immer<br />

noch von der Bereitstellung und der Rundum-<br />

Verfügbarkeit des Netzes, zahlen aber nicht<br />

mehr für diese Dienstleistung. Die Zahl derer,<br />

die Eigenversorgung betreiben, nimmt<br />

bei Unternehmen und Haushalten stetig zu<br />

– die Zahl derer, die die Kosten für einen sicheren<br />

Netzbetrieb tragen, nimmt durch dieses<br />

falsche Anreizsystem hingegen stetig ab.<br />

Um dieser wachsenden Entsolidarisierung an<br />

den Kosten der Bereitstellung eines sicheren<br />

elektrischen Systems entgegen zu wirken,<br />

bietet sich an, bei der Berechnung der Entgelte<br />

künftig stärker die Größe des Netzanschlusses<br />

(Kapazität) in Rechnung zu stellen<br />

und weniger den Verbrauch (Arbeit).<br />

Und was ist darüber hinaus zu tun? Um eine<br />

faire Verteilung der Kosten der Systemintegration<br />

erneuerbarer Energien zu erreichen<br />

Die jetzige Form der Netzentgeltberechnung,<br />

die die regionalen Disparitäten in Deutschland<br />

fördert, ist energie(wende)politisch weder<br />

fair noch standortpolitisch berechtigt.<br />

Sie hemmt zudem den Wettbewerb bei den<br />

Stromvertrieben, wenn diese bundesweit<br />

agieren wollen und mit regional und lokal<br />

unterschiedlichen Netzentgelttarifen von<br />

knapp 900 Netzbetreibern zu tun haben. Dies<br />

macht es kaum möglich, nachhaltige Angebote<br />

für Kunden in verschiedenen Regionen anzubieten.<br />

Von einem wettbewerbsorientierten<br />

„Level Playing Field“ zur bundesweiten<br />

Stromvermarktung kann man so nur bedingt<br />

sprechen. Aus all diesen Gründen wäre ein<br />

bundesweit einheitliches Netzentgelt zielführend.<br />

In welchen Schritten dies politisch<br />

umzusetzen geht, bleibt abzuwarten. W+M<br />

Zur Person<br />

Boris Schucht (47) ist seit<br />

2010 Vorsitzender der Geschäftsführung<br />

von<br />

50Hertz. Zuvor war er<br />

kauf männischer Vorstand<br />

bei der WEMAG AG in<br />

Schwerin und fünf Jahre lang Geschäftsführer<br />

der Vattenfall Europe Venture<br />

GmbH in Berlin.<br />

50Hertz sorgt mit über 800 Mitarbeitern<br />

für den Betrieb und Ausbau des Übertragungsnetzes.<br />

Darüber hinaus ist das Unternehmen<br />

für die Führung des elektrischen<br />

Gesamtsystems auf den Gebieten<br />

der Bundesländer Berlin, Brandenburg,<br />

Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern,<br />

Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen<br />

verantwortlich.<br />

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46 | W+M International<br />

Rostocker Schiffsdesigner erobern<br />

den Weltmarkt<br />

Schiffsprojekte aus einer Hand bietet die Neptun Ship Design GmbH. Vom ersten Entwurf über<br />

das Design und die Detailplanung bis zu den Tests bei der See-Erprobung. Der All-in-one-Service<br />

des Rostocker Ingenieurbüros ist weltweit in der Schiffbaubranche gefragt. Von Thomas Schwandt<br />

Bei der ersten Bordbesichtigung<br />

kann der künftige<br />

Schiffseigner bis in den<br />

letzten Winkel blicken. In Laderäume,<br />

in Maschinenräume,<br />

auf die Brücke. Veränderungswünsche<br />

en détail werden per<br />

Mausklick erledigt. Der virtuelle<br />

Modell-Check in 3D ermöglicht<br />

es dem Reeder, sein Schiff bereits<br />

kennenzulernen, bevor auf<br />

der Werft die erste Stahlplatte<br />

zugeschnitten wird. „Das komplette<br />

Schiff ist im Rechner“,<br />

sagt Helge Sell, Geschäftsführer<br />

von Neptun Ship Design in<br />

Rostock. „Der computeranimierte<br />

Rundgang erlaubt unkompliziert<br />

Modifizierungen und reduziert<br />

aufwendige Nacharbeiten<br />

beim Bau des Schiffes.“<br />

Vor zwei Jahrzehnten haben<br />

im Konstruktionsbereich einer<br />

Werft etwa 120 Mitarbeiter<br />

gut ein Jahr dafür benötigt, ein<br />

neues Schiff zu entwickeln und<br />

die Unterlagen für die Produktion<br />

zu erstellen. Heute schaffen<br />

ebenso viele Mitarbeiter bei<br />

Neptun Ship Design jährlich drei<br />

bis vier Schiffe. Das Ingenieurbüro hat seine Wurzeln in der einst<br />

volkseigenen Neptun Werft, die an der Warnow, unweit der Rostocker<br />

City, Frachtschiffe mit einer Tragfähigkeit von bis zu 17.000 Tonnen<br />

fertigte. Auch Schiffbauingenieur Helge Sell gehörte zu den 7.000<br />

Mit diesem Typ eines 1.200-TEU*-Containerfrachters gelang Neptun<br />

Ship Design der Einstieg in den chinesischen Markt.<br />

Beschäftigen im Stammbetrieb. Als Leiter der Abteilung Schiffbau<br />

stand er zu Beginn der 90er Jahre gemeinsam mit Chefkonstrukteur<br />

Gerald Hadaschik vor der undankbaren Aufgabe, sehr viele Leute entlassen<br />

zu müssen. „In der Privatisierungsphase war politisch ent-<br />

Foto/Graphik: Thomas Schwandt, NSD<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


W+M International | 47<br />

schieden worden, eine der vier großen Werften im<br />

Nordosten dicht zu machen. Es traf Neptun, auch<br />

weil in Warnemünde eine zweite Werft am Standort<br />

Rostock existierte.“<br />

Sell und Hadaschik erkannten in dem Niedergang<br />

aber auch die Chance für einen beruflichen Neustart.<br />

Sie gründeten ihr eigenes Ingenieurbüro<br />

Neptun Stahlkonstruktion. „Mit 16 Ingenieuren<br />

legten wir los“, blickt der heute 54-jährige Sell zurück.<br />

Im vereinten Deutschland habe es damals einen<br />

„wahnsinnigen Überhang an Ingenieuren in<br />

der maritimen Industrie“ gegeben. Aber anders als<br />

im Westen war im DDR-Schiffbaukombinat bereits<br />

Ende der 80er Jahre begonnen worden, Computertechnik<br />

in der Konstruktion einzusetzen. Entsprechend<br />

kostengünstiger konnten die Rostocker ihre Dienstleistungen<br />

anbieten. „Die westdeutschen Werften haben das Preisgefälle bei der<br />

Auftragsvergabe gnadenlos ausgenutzt.“<br />

Neben Neptun Stahlkonstruktion waren mit Neptun Engineering und<br />

der Wismarer Ingenieursgesellschaft zwei weitere, in den 1990er Jahren<br />

gegründete maritime Dienstleister aus der Region unterwegs. Die<br />

drei Büros ergänzten sich in den schiffbaulichen Bereichen Stahlbau/Design,<br />

Maschinentechnik und Ausrüstung/Innenausstattung.<br />

„Wir konnten zwar alle ingenieurtechnischen Felder abdecken, doch<br />

bei der Jagd nach Aufträgen marschierte jedes Büro für sich.“ Das<br />

erschwerte es, größere Projekte zu ordern, bei denen der Kunde „alles<br />

aus einer Hand“ wünscht.<br />

Fokussiert auf den deutschen Markt wehte den Schiffbauingenieuren<br />

von der Warnow wenig später zudem ein kräftiger Ostwind der<br />

Konkurrenz aus Polen, Bulgarien und Kroatien entgegen. Die Büros<br />

dort waren „nur halb so teuer“. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war<br />

klar: „Wir müssen raus aus dem hiesigen Markt, uns internationaler<br />

aufstellen.“ Sell und Hadaschik sowie die Geschäftsführer Roland<br />

Gräber von Neptun Engineering und Stephan Merkel von der Wismarer<br />

Ingenieurgesellschaft rückten enger zusammen. „Ganzheitliche<br />

Projekte“, wie Sell sagt, sollten die Chance erhöhen, in Asien und<br />

anderen aufstrebenden Schiffbaumärkten Fuß zu fassen. Als erste<br />

ganzheitliche Referenz konnten sie zur Jahrtausendwende das Fischereischutzboot<br />

„Seeadler“ vorweisen, das auf der Wolgaster Peene-<br />

Werft gebaut wurde und für das sie das Gesamtdesign erstellt hatten.<br />

Schließlich gelang 2003 der Sprung auf den chinesischen Markt. Im<br />

Bunde mit der Reederei Buss aus dem niedersächsischen Leer. Deutsche<br />

Schifffahrtsunternehmer ließen zu jener Zeit vor allem Containerfrachter<br />

in China bauen. Die Rostocker Spezialisten hatten für<br />

Buss das Schiffsprojekt eines 1.200-TEU*-Frachters realisiert. Damit<br />

im Gepäck beauftragte die Reederei in China die Ouhua-Werft, zwölf<br />

Schiffe dieses Typs zu bauen.<br />

Spezialschiffe für die Offshore-Industrie gehören zu den Schiffstypen,<br />

die bei Neptun Ship Design entwickelt werden.<br />

Als 2008 infolge der globalen Finanzkrise der Containerschiff-Boom<br />

implodierte, waren die Rostocker international bereits gut verankert,<br />

so auch auf dem amerikanischen Kontinent. Das erleichterte den Umstieg<br />

auf Spezialschiffe für die Offshore-Industrie, für Schwerlast-<br />

Projektladung und Rohstofftransporte. Ein Anteil von 20 Prozent internationaler<br />

Fachkräfte im Team, Wissenstransfer mit der Universität<br />

Rostock und ein Forschungsetat in Höhe von zehn Prozent des<br />

Umsatzvolumens (zwölf Millionen Euro) gewährleisten langfristig<br />

das erforderliche Know-how.<br />

Neptun Ship Design hat sich auch auf die Umrüstung vorhandener<br />

Schiffe spezialisiert. So muss auf vielen Frachtern umweltschonende<br />

Technik eingebaut werden, um verschärfte Emissions-Regulierungen<br />

in der Schifffahrt zu erfüllen. An Bord werden die Maschinenräume<br />

visuell erfasst und dann auf das jeweilige Schiff zugeschnittene Lösungsvarianten<br />

entworfen. Auch ist Neptun Ship Design führend in<br />

das Forschungsprojekt „Polar“ integriert. Zehn Firmen und drei Institutionen<br />

aus Mecklenburg-Vorpommern entwickeln technische Lösungen<br />

zur Lagerung und zum Transport von Erdgas aus der Arktis.<br />

Konkret forschen Sell und Co. zu einer schwimmenden Plattform, auf<br />

der unter arktischen Bedingungen Erdgas verflüssigt werden soll.<br />

Das Polargebiet stellt auch an die benötigten Spezialschiffe höchste<br />

Anforderungen. Sie müssen noch bei minus 60 Grad Celsius einwandfrei<br />

funktionieren. Für die Rostocker Experten ist das kein Problem.<br />

„Wir sind in der Lage, jedes erdenkliche Schiff zu projektieren“,<br />

sagt Sell stolz und in der Gewissheit, dass 2010 mit der Fusion<br />

der drei Ingenieurbüros zur Neptun Ship Design GmbH die Basis dafür<br />

geschaffen wurde. Die einstigen vier Firmenchefs bilden heute<br />

das Führungsquartett. Schiffsprojekte aus einer Hand sind längst<br />

Markenzeichen des Shipdesign-Büros, das vom alten Neptun-Werft-<br />

Gelände aus weltweit operiert.<br />

W+M<br />

* TEU = Twenty-foot Equivalent Unit, Einheit zur Zählung von<br />

ISO-Containern und Ladekapazität von Schiffen<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


48 | W+M Ratgeber Finanzen<br />

Pflichten erfüllt – Chancen verkannt<br />

Der deutsche Mittelstand hat die Umstellung auf die SEPA-Verfahren fast vollständig vollzogen.<br />

Doch eine Vielzahl von Unternehmen sieht in der Umstellung mehr Aufwand als Nutzen, wie<br />

eine aktuelle Umfrage der Commerzbank AG belegt.<br />

Von Matthias Salm<br />

Die Überraschung kam im Januar: Statt der<br />

Umstellung des Zahlungsverkehrs auf die SE-<br />

PA-Formate zum 1. Februar gewährte Brüssel<br />

Unternehmen eine zusätzliche sechsmonatige<br />

Übergangsfrist. Aus Sicht des deutschen<br />

Mittelstands hätte es dieser Fristverlängerung<br />

allerdings kaum bedurft: Laut einer im Auftrag<br />

der Commerzbank AG von der Bielefelder<br />

Fachhochschule des Mittelstands (FHM)<br />

durchgeführten Befragung unter mittelständischen<br />

Unternehmen hatten bereits zum 1.<br />

Februar 91,6 Prozent der Unternehmen ihre<br />

SEPA-Vorbereitungen abgeschlossen. Weitere<br />

acht Prozent gingen davon aus, dass sie den<br />

Umstellungsprozess bis zum 1. August vollzogen<br />

haben werden.<br />

Allerdings räumten einige Unternehmen bei<br />

der Umstellung qualitative Abstriche ein. So<br />

konnten 79 Prozent der befragten Mittelständler<br />

bei der SEPA-Einführung alle fachlichen<br />

Gesichtspunkte berücksichtigen. 21 Prozent<br />

beschränkten sich bisher nur auf die Erfüllung<br />

der Mindestanforderungen.<br />

Die Pflicht ist also weitgehend erfüllt – doch<br />

den Nutzen der SEPA-Verfahren können viele<br />

Mittelständler nicht erkennen. 69 Prozent<br />

der Unternehmen gaben an, durch SEPA bisher<br />

keine Vorteile für den eigenen Betrieb verwirklicht<br />

zu haben. Gerade Firmen ohne internationale<br />

Geschäftskontakte scheinen SEPA<br />

kritisch zu sehen. Moniert wurden die Kosten<br />

der SEPA-Einführung und eine hohe Fehleranfälligkeit,<br />

etwa aufgrund unübersichtlicher<br />

und unterschiedlich langer IBAN in Europa<br />

oder wegen der erschwerten Zuordnung<br />

von Zahlungen.<br />

„Es ist bedenklich, dass einem Teil der Mittelständler<br />

noch immer nicht bewusst ist, was<br />

die neuen SEPA-Verfahren überhaupt leisten<br />

können“, urteilt Volker Wittberg, verantwortlicher<br />

Leiter der Umfrage. Sein Fazit: „Die Chancen<br />

von SEPA sind unentdeckt.“<br />

Frank-Oliver Wolf, Global Head Cash Management<br />

& International Business bei der Commerzbank<br />

AG und SEPA-Experte des Kreditinstituts,<br />

rät Mittelständlern deshalb, sich mit<br />

den Möglichkeiten von SEPA intensiver auseinanderzusetzen:<br />

„SEPA bietet Chance und<br />

Impuls gleichermaßen, den Zahlungsverkehr<br />

zu vereinheitlichen und das Clearing zu beschleunigen.<br />

Wir empfehlen deshalb insbesondere<br />

unseren Firmenkunden, die noch<br />

‚Restarbeiten‘ erkannt haben, generelle Optimierungsoptionen<br />

zu prüfen.“ Eine solche<br />

Optimierung der Abläufe kann dazu genutzt<br />

werden, den Zahlungsverkehr im Unternehmen<br />

einfacher und billiger zu gestalten und<br />

von einem schnelleren Zahlungsfluss zu profitieren.<br />

W+M<br />

33 Länder vereint<br />

SEPA ist das Kürzel für die 33 Länder<br />

umfassende „Single Euro Payments<br />

Area“. Neben den 28 EU-Staaten gehören<br />

dazu auch die Schweiz, Liechtenstein,<br />

Island, Norwegen, Monaco<br />

und San Marino. Mit SEPA werden in<br />

Deutschland europaweit einheitliche<br />

Verfahren für den bargeldlosen Zahlungsverkehr<br />

eingeführt. Zu den Vorteilen<br />

der SEPA-Verfahren zählt beispielsweise,<br />

dass grenzüberschreitende<br />

Bankgeschäfte innerhalb eines<br />

Arbeitstages abgewickelt werden<br />

können. Auslandsüberweisungen sollen<br />

künftig nicht mehr teurer sein als<br />

Geldtransfers im Inland.<br />

Anteil von SEPA-Zahlungen an allen<br />

Überweisungen in Deutschland in Prozent<br />

2013 – Q1<br />

2013 – Q2<br />

2013 – Q3<br />

2013 – Q4<br />

2014 – Januar<br />

2014 – Februar<br />

2014 – März<br />

2014 – April<br />

8,7 %<br />

10,6 %<br />

13,9 %<br />

33,2 %<br />

58,5 %<br />

77,9 %<br />

80,3 %<br />

86,5 %<br />

Quelle: Commerzbank AG, EZB<br />

Foto: Rainer Sturm/pixelio.de, Joachim Kloock<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


W+M Medienpartnerschaft | 49<br />

Lübzer Pils-Ostsee-Meeting<br />

14. – 17. August 2014, Traditionsrennbahn Bad Doberan–Heiligendamm<br />

Programm:<br />

14.08.: Eröffnungsrenntag um den Glashäger Cup<br />

15.08.: Renntag und Ladies Day/Hutwettbewerb<br />

16.08.: Großer Lübzer Pils Ostseepreis/Goldene Peitsche von<br />

Bad Doberan<br />

17.08.: Lotto Mecklenburg-Vorpommern-Renntag<br />

Preise:<br />

Eintrittskarten: 4 – 8 €<br />

Tribünenkarten: 8 – 11 €<br />

VIP-Karten: 60 – 105 €<br />

Vorbestellung VIP-Karten telefonisch unter 0381 6438062 oder per E-Mail unter info.treffpunkt@ospa.de.<br />

Kartenvorverkauf ab Mitte Juli: Tourist-Information Doberan-Heiligendamm, Severinstraße 6, 18209 Bad<br />

Doberan, www.bad-doberan-heiligendamm.de.<br />

www.doberaner-renntage.de<br />

22. August 2014<br />

12:00 – 18:30 Uhr<br />

ab 19:00 Uhr Abendveranstaltung<br />

Golfpark Strelasund<br />

Kaschow 14, 18516 Süderholz<br />

Preise: 55 € Turnier, 30 € Schnupperkurs<br />

Anmeldung bis 8. August 2014<br />

per E-Mail an info@uv-vorpommern.de<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


50 | W+M Ratgeber<br />

Unterschätztes Risiko<br />

Der Vertrieb verdient das Geld, die Produktion realisiert<br />

die Aufträge – so wird das Unternehmen am Leben erhalten,<br />

wächst und gedeiht. Der Einkauf und die Lieferantenbeziehungen<br />

werden dagegen oft vernachlässigt.<br />

Der kürzlich aufgedeckte Korruptionsskandal am Berliner<br />

Flughafen BER im Zusammenhang mit dem Inhaber<br />

eines sächsischen Projektierungsbüros und BER-Technikmanagers<br />

in Personalunion hat deutlich gezeigt, welche<br />

Risiken für Unternehmer gerade in Einkaufs- und Lieferantenbeziehungen<br />

liegen.<br />

Ein externer Blick in die Abläufe in diesem Bereich bringt<br />

nicht nur zusätzliche Liquidität, sondern bewahrt auch<br />

vor nachhaltigen Imageschäden. Und nicht zuletzt: Auch<br />

die Banken und Finanzierungspartner sind Lieferanten<br />

fürs Unternehmen und sollten vom Unternehmer ab und<br />

an einem Rentabilitätscheck unterzogen werden.<br />

Die Sozietät bdp Bormann, Demant & Partner mit ihren<br />

Büros in Berlin und Dresden begleitet die Leser von<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> in diesem Jahr bei Finanzierungsund<br />

Steuerthemen. Scheuen Sie sich nicht, uns zu fragen,<br />

was Sie bewegt. Wir freuen uns auf Sie.<br />

Ihr Michael Bormann<br />

bdp.Berlin@bdp-team.de<br />

Liquiditätsreserven<br />

Unternehmen jeder Größenordnung können<br />

Der Einkauf ist insbesondere in produzierenden Unternehmen regelmäßig,<br />

noch vor dem Personal, der größte Kostenblock in der Firma.<br />

In manchen Unternehmen macht der Materialeinsatz bis zu 75<br />

Prozent der Umsatzerlöse aus. Dennoch wird er oft wie das fünfte<br />

Rad am Wagen behandelt. „Mitarbeiter fristen ihr Dasein als einfache<br />

Disponenten, vielfach führen die Einkäufer neben dem Einkauf<br />

noch weitere Nebentätigkeiten aus, die IT-Infrastruktur ist veraltet,<br />

kurzum, der gesamte Beschaffungsprozess ist unproduktiv und<br />

ineffizient organisiert“, berichtet Steffen Russ von der bdp Venturis<br />

Management Consultants GmbH und rät, den Einkauf als strategische<br />

Komponente zu betrachten. „Der Einkaufsvorgang darf sich<br />

nicht in der klassischen Erfüllung von Bedarfsmeldungen erschöpfen“,<br />

so Russ. „Regelmäßig liegen im Einkauf die meisten Reserven.<br />

Fünf bis zehn Prozent lassen sich nach der Reorganisation im<br />

Einkauf immer sparen und schaffen so frische Liquidität im Unternehmen.“<br />

Beim Restrukturierungsprozess können externe Berater<br />

oft hilfreich sein.<br />

Einkaufsvolumina werden üblicherweise in A-, B- und C-Kategorien<br />

unterteilt: Dabei machen die Kategorien A und B mit einer kleinen<br />

Anzahl, manchmal nur von fünf bis 15 Artikeln oder Komponenten,<br />

bis zu 95 Prozent des Einkaufsvolumens aus. Das restliche Umsatzvolumen<br />

in der Kategorie C macht wiederum 70 bis 80 Prozent aller<br />

Artikel aus, die in einem Unternehmen geordert werden. Dies sind<br />

meist so genannte Pfennigartikel, wie Gegenstände für den Instandhaltungsbedarf,<br />

Arbeitsschutz oder Bürobedarf.<br />

Es empfiehlt sich, den Einkauf als Ganzes im Blick zu behalten,<br />

in die Fertigungssteuerung einzubinden und das Lieferantenmanagement<br />

zu professionalisieren. Für klein- und mittelständische<br />

Foto: Brenda Carson/shutterstock<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


Steuern und Management | 51<br />

Versteuerung<br />

des Chef-Gehalts<br />

im Einkauf heben<br />

ihr Beschaffungsmanagement optimieren<br />

Unternehmen bieten sich der Zusammenschluss zu Einkaufsgemeinschaften und die<br />

Nutzung moderner, so genannter e-Procurement-Einkaufsplattformen an. Diese offerieren<br />

nicht nur die Bestellabwicklung, sondern vereinfachen und reduzieren durch<br />

monatliche Sammelrechnungen den Buchungsaufwand erheblich. So können die monatlichen<br />

Rechnungen bei Vorhandensein entsprechender Schnittstellen auch direkt<br />

in das Buchhaltungssystem des Unternehmens eingespeist werden. Auch Zahlungskonditionen<br />

sollten möglichst vereinheitlicht und Skontozahlungen genutzt werden.<br />

„Je größer die Firma oder je schneller sie gewachsen ist, desto mehr unterschiedliche<br />

Zahlungskonditionen gibt es hier“, so Russ. Dabei müssen die Lieferanten nicht immer<br />

die preiswertesten Anbieter sein. Über höhere Einkaufsvolumen können durchaus<br />

bessere Konditionen erreicht werden. Mehr und mehr geht der Trend auch dahin,<br />

dass komplette Lieferketten aufgebaut werden, etwa für vorgefertigte Komponenten<br />

(Supply-Chain-Management). Dies wird vor allem von Automobilzulieferern oder auch<br />

Maschinenbauern genutzt.<br />

Ebenfalls erhebliche Liquiditätsreserven lassen sich durch die Optimierung von Lagerbeständen<br />

heben. In vielen Unternehmen werden über längere Zeit Lagerbestände angehäuft,<br />

ohne diese regelmäßig einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Hier kann<br />

die Analyse des Verbrauchsverhaltens für die einzelnen Artikel und eine darauf abgestimmte<br />

Optimierung des Bestellverhaltens beträchtliche Liquiditätsreserven freisetzen.<br />

Kritisch – und richtig teuer – wird es, wenn Schutzmaßnahmen gegen Betrug und Korruption<br />

im Unternehmen vernachlässigt werden. Folgende Aspekte gilt es hier zu beherzigen:<br />

So sollte das Vier-Augen-Prinzip bei Bestellvorgängen gelten, Nebentätigkeiten<br />

oder indirekte finanzielle Beteiligung bei Geschäftspartnern angezeigt werden.<br />

Das „Anfüttern“ der Mitarbeiter durch Einladungen, Geschenke und Ähnliches ist<br />

tunlichst zu vermeiden oder sollte zumindest nachvollziehbar sein. Festgeschriebene<br />

Richtlinien für die Mitarbeiter im Einkauf und für Lieferanten sind daher unerlässlich.<br />

Sind mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer<br />

Lohnvereinbarungen getroffen worden, fließt<br />

der Lohn – unabhängig von der tatsächlichen<br />

Zahlung – bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit<br />

zu. Dann muss er lohnversteuert werden. Mit<br />

Schreiben vom 12. Mai 2014 hat das Bundesministerium<br />

der Finanzen (BMF) zur Frage Stellung<br />

genommen, wann ein Zufluss bei einem<br />

Verzicht auf Lohnbestandteile vorliegt. Das BMF<br />

macht den Lohnzufluss von der wirtschaftlichen<br />

Passivierungspflicht abhängig. Wäre demnach<br />

bereits eine Lohnverbindlichkeit einzustellen,<br />

egal ob es gemacht wurde oder nicht,<br />

führt der Verzicht zu Lohnzufluss und verdeckter<br />

Einlage. Erfolgt der Verzicht vorher, liegt<br />

kein Lohnzufluss vor. Der ganze Vorgang hat<br />

bei der Gesellschaft keinerlei Ergebnisauswirkung.<br />

Somit bleibt es dabei, dass ein rückwirkender<br />

Verzicht grundsätzlich zu zu versteuerndem<br />

Arbeitslohn führt (BMF VI R 24/12).<br />

Buchung von<br />

Forderungen<br />

Bezahlt eine GmbH Ausgaben, die eigentlich<br />

dem Gesellschafter zuzurechnen sind, oder erhält<br />

der Gesellschafter Gelder, die eigentlich der<br />

GmbH gehören, müsste die GmbH eine Forderung<br />

einbuchen. Unterbleibt diese Forderungsbuchung,<br />

kann diese später nur noch sehr eingeschränkt<br />

im Rahmen einer Bilanzberichtigung<br />

korrigiert werden. Mit zwei aktuellen Urteilen<br />

hat der Bundesfinanzhof (BFH) dies noch<br />

einmal bekräftigt. Nur bei einer wirklich versehentlichen<br />

Nichteinbuchung kann eine spätere<br />

Korrektur erfolgen. Ansonsten liegt eine<br />

verdeckte Gewinnausschüttung vor (BFH VB<br />

33/13).<br />

Für den redaktionellen Inhalt der Seiten 50/51 zeichnet die Sozietät bdp Bormann, Demant & Partner Berlin verantwortlich.<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


52 | W+M Ratgeber<br />

Exzellente Kaffeespezialitäten sind mit einem<br />

Kaffeevollautomaten im Büro ein Kinderspiel.<br />

Auf Knopfdruck diverse Kaffeespezialitäten<br />

Auch im Büro wird inzwischen ein breites Angebot an Kaffeespezialitäten erwartet. Um Gästen<br />

und Mitarbeitern ohne großen Aufwand einen Espresso oder Cappuccino anbieten zu können,<br />

empfiehlt sich ein moderner Vollautomat. Ein Überblick über Auswahlkriterien und aktuelle<br />

Modelle.<br />

Von Anke Templiner<br />

Auch wenn in vielen Büros immer noch Filterkaffeemaschinen genutzt<br />

werden, gibt es eine zunehmende Nachfrage nach Kaffeevollautomaten.<br />

Denn diese bieten viele Vorteile im Büroalltag – selbst<br />

in kleineren Bürogemeinschaften. Zum Beispiel macht es einen guten<br />

Eindruck, Gästen eine Vielzahl an Kaffeespezialitäten anbieten zu<br />

können. Außerdem muss so niemand mehr das Kaffeekochen für alle<br />

übernehmen. Und Betrieb und Reinigung des Gerätes laufen größtenteils<br />

von selbst.<br />

Grundausstattung<br />

Kaffeevollautomaten, die im Büro genutzt werden, verfügen in der<br />

Regel über ein Mahlwerk, um jede Tasse Kaffee mit frisch gemahlenen<br />

Bohnen zubereiten zu können, sowie über eine Aufschäumdüse<br />

für Milchschaum. Egal ob der Milchschaum mit Frischmilch oder<br />

Milchpulver zubereitet wird, eine tägliche Reinigung des Milchwegs<br />

ist ein Muss, um die Keimbildung zu verhindern. Ein Automat sollte<br />

deshalb über ein integriertes Spül-/Reinigungs-/Entkalkungsprogramm<br />

verfügen, das auch unerfahrene Nutzer nicht überfordert.<br />

Für eine einfache Reinigung ist zudem ein entnehmbares Brühelement<br />

empfehlenswert.<br />

Wie viele Tassen pro Tag?<br />

Eines der wichtigsten Kriterien für die Wahl des Kaffeeautomaten<br />

ist die Anzahl der täglichen Tassenbezüge. Denn wenn dieser unterschätzt<br />

wird, kann es zur dauerhaften Überforderung des Gerätes<br />

kommen. Die 20-Tassen-Marke ist bei vielen Herstellern der Grenzwert<br />

zwischen Vollautomaten für den Heimbedarf und solchen, die<br />

für Büro oder Gewerbe geeignet sind. Viele Kaffeevollautomaten besitzen<br />

einen internen Zähler, um diesen Wert zu ermitteln. Wird die<br />

Maschine häufiger genutzt als empfohlen, kann sich die Garantiezeit<br />

(in der Regel zwölf Monate) deutlich verkürzen.<br />

Wichtige Features<br />

Um verschiedenste Trinkvorlieben bedienen zu können, sollte der Automat<br />

mindestens fünf unterschiedliche Kaffeespezialitäten anbieten<br />

und es auch erlauben, die Kaffeestärke individuell einzustellen. Wichtig<br />

ist außerdem die Möglichkeit des Heißwasserbezugs für Teetrinker,<br />

um einen zusätzlichen Wasserkocher zu sparen. Ein nettes Extra,<br />

jedoch nicht zur Grundausstattung eines Automaten für die Büronutzung<br />

gehörend, ist die Einstellbarkeit von Temperatur und Druck.<br />

Ein großer Wassertank spart häufiges Nachfüllen, ist aber bei einigen<br />

Armaturen in der Büroküche manchmal schwer zu füllen. Praktisch ist<br />

ein Festwasseranschluss, den viele Hersteller zumindest als Option<br />

anbieten. Wer die Kaffeebohnen nicht so häufig nachfüllen möchte,<br />

sollte auf die Größe des Bohnenbehälters achten.<br />

Gute Bedienung<br />

Damit die Kaffeeversorgung bei jedem Mitarbeiter problemlos funktioniert,<br />

sollte der Kaffeeautomat leicht zu bedienen und zu warten<br />

sein. Empfehlenswert sind deshalb ein übersichtliches Display und<br />

leicht verständliche Bedienelemente. Für eine angenehme Arbeitsatmosphäre<br />

sollte die Nutzungslautstärke nicht über 70 Dezibel liegen.<br />

Finanzierung/Beschaffung<br />

Kaffeevollautomaten können entweder gekauft – die Preise liegen<br />

zwischen rund 450 und 4.700 Euro je nach Ausstattung – oder gemietet<br />

bzw. geleast werden. Fast alle Hersteller bieten die Geräte zum<br />

Kauf, viele entweder die Miet- oder die Leasingmöglichkeit. Letztere<br />

werden meist zusammen mit einer Telemetrielösung angeboten.<br />

Diese ermittelt den tatsächlichen Tassenverbrauch und berechnet<br />

danach den Tassenpreis.<br />

W+M<br />

Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit der Redaktion des<br />

Magazins Das Büro.<br />

Foto: WMF<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


Büro | 53<br />

Kaffeemaschinen für fünf bis sieben Nutzer im Vergleich<br />

Hersteller/Anbieter<br />

Modell<br />

Empfohlene Tassenbezüge<br />

pro Tag<br />

Dauer der Zubereitung<br />

einer Tasse in Sekunde<br />

Milchzubereitung mit<br />

Frischmilch (F) oder<br />

Milchpulver (P)<br />

Automatische<br />

Abschaltfunktion<br />

(ja/nein)<br />

Höhenverstellbarer<br />

Kaffee-Milchauslauf<br />

(ja/nein)<br />

Füllmenge des Bohnenbehälters<br />

in Gramm<br />

Anzahl der möglichen<br />

Kaffeespezialitäten<br />

Einstellbare<br />

Kaffeestärke (ja/nein)<br />

Möglichkeit des<br />

Heißwasserbezugs für<br />

Tee etc. (ja/nein)<br />

Volumen des Wassertanks<br />

in Liter<br />

Festwasseranschluss<br />

(ja/nein/optional)<br />

Integriertes Spül-/Reinigungs-/Entkalkungsprogramm<br />

(ja/nein)<br />

Lautstärke in<br />

Dezibel<br />

Wartungsverträge<br />

möglich (ja/nein),<br />

Mindestdauer und<br />

Kosten<br />

Beschaffungsmodelle<br />

(Kauf, Miete,<br />

Leasing, etc.)<br />

Coffenco<br />

(Douwe Egberts<br />

Professional)<br />

Cafitesse Excellence<br />

Compact<br />

CUP&CINO<br />

Kaffeesystem-<br />

Vertrieb<br />

Chicco<br />

Jura Kaffee Partner Schaerer<br />

Deutschland<br />

IMPRESSA XJ5<br />

Professional<br />

miniBona<br />

Schaerer Coffee<br />

Joy<br />

SEVERIN<br />

Piccola Classica<br />

KV 8055<br />

Tchibo Coffee<br />

Service<br />

Coffea Compact<br />

WMF<br />

WMF 1200S<br />

50 max. 60 60 max. 100 ca. 40 max. 30 max. 50 max. 100<br />

Kaffee: 15,<br />

Cappuccino: 17,<br />

Latte macchiato:<br />

22<br />

30 Café Crème: 35 ab 15 Durchschnitt: 30 k. A. k. A., abhängig von<br />

Getränk<br />

F (Konzentrat) P F F und P F F P F und P<br />

nein (ECO-Stand<br />

By Modus)<br />

ja ja ja ja ja nein ja<br />

nein nein ja nein ja ja nein ja<br />

1.250 500 500 ca. 500 max. 500 140 500 500<br />

6 9 10 8 6 5 6 12<br />

ja ja ja ja ja ja nein ja<br />

ja ja ja ja ja nein ja ja<br />

4 2,1 4 extern: 15 2,2 1,35 7 4<br />

ja optional optional ja optional nein optional optional<br />

ja ja ja ja ja (Milchschlauchreinigung)<br />

49 k. A. k. A. (andere<br />

Messmethode)<br />

ja, 12 Monate,<br />

ab 265 €<br />

Preis (inkl. MwSt.) 1.795 €<br />

(Kauf)<br />

ja, je nach Mietlaufzeit,<br />

bei Kauf<br />

60 Monate,<br />

mtl. 19 €<br />

ja, individuell<br />

vereinbar<br />

Kauf, Miete Miete, Kauf Kauf, Miete,<br />

Leasing<br />

3.201,10 €<br />

(Kauf)<br />

3.186,22 €<br />

(Kauf)<br />

ja ja ja<br />

< 70 k. A. k. A. < 70 < 70<br />

ja, jederzeit kündbar,<br />

9,95 €pro Woche<br />

(Funktionsgarantie<br />

inklusive aller<br />

Wartungs- und<br />

Materialkosten)<br />

Kauf, Miete,<br />

Leasing, tassengenaue<br />

Abrechnung<br />

per Telemetrie<br />

ab 14 Cent pro<br />

Tasse, monatliche<br />

Miete 99 €<br />

ja, 60 Monate, ab<br />

350 €<br />

Kauf, Miete,<br />

Leasing<br />

1.820 €<br />

(Kauf mit Trinkwassertank)<br />

k. A.<br />

nein nein ja, 36 Monate<br />

Kauf Miete Kauf, Leasing,<br />

Finanzierung<br />

über Röster<br />

3.250 €<br />

(Kauf)<br />

Webadresse www.coffenco.de www.cupcino.de www.jura.com www.kaffeepartner.de<br />

www.schaerergmbh.de<br />

449 € 117,80 €(mtl. Miete,<br />

inklusive Wartung),<br />

36 Monate<br />

Mietlaufaufzeit<br />

www.severin.de www.tchibocoffeeservice.de<br />

www.wmf-kaffeemaschinen.de<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


54 | W+M Ratgeber<br />

W+M präsentiert:<br />

Die ostdeutsche Bestsellerliste für<br />

Wirtschaftsliteratur<br />

Die ostdeutsche Bestsellerliste für Wirtschaftsliteratur wird aus<br />

den Verkaufszahlen der größten Buchhandlungen in Brandenburg,<br />

Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen<br />

erstellt. Beteiligt haben sich:<br />

Hugendubel Cottbus, Mauerstraße 8, 03046 Cottbus<br />

Hugendubel Erfurt, Anger 62, 99084 Erfurt<br />

Hugendubel Greifswald, Markt 20–21, 17489 Greifswald<br />

Hugendubel Leipzig, Petersstraße 12–14, 04109 Leipzig<br />

Hugendubel Potsdam, Stern-Center 1, 14480 Potsdam<br />

Hugendubel Schwerin, Marienplatz 3, 19053 Schwerin<br />

Ulrich-von-Hutten-Buchhandlung, Logenstraße 8, 15230 Frankfurt/O.<br />

Die Teilnahme steht weiteren Buchhandlungen offen. Schreiben Sie<br />

bei Interesse eine E-Mail an JP@NehringVerlag.DE.<br />

Foto: Silke Kaiser/pixelio.de<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


Kultur | 55<br />

Highlights in diesem Sommer<br />

Die schönsten Konzerte<br />

zwischen Rostock und Weimar<br />

Brandenburgische Sommerkonzerte<br />

Die Brandenburgischen Sommerkonzerte<br />

sind ein Musikfestival, das jährlich von Juni<br />

bis September an historischen Spielstätten<br />

im Land Brandenburg stattfindet. Seit 1990<br />

bietet die Konzertreihe „Klassiker auf Landpartie”<br />

über das klassische Konzertereignis<br />

hinaus ein Beiprogramm, das zur Erkundung<br />

des jeweiligen Konzertortes einlädt.<br />

07.06. – 07.09.2014, verschiedene Orte in<br />

Brandenburg,<br />

Karten: 16 – 49 €<br />

www.brandenburgische-sommerkonzerte.de<br />

Festspiele Mecklenburg-Vorpommern<br />

Seit dem Gründungskonzert im Jahr 1990<br />

haben sich die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern<br />

zum drittgrößten Klassikfestival<br />

Deutschlands entwickelt. Rund 120 Konzerte<br />

an über 80 Spielstätten im gesamten Land<br />

sowie das „Kleine Fest im großen Park” locken<br />

von Juni bis September nach Mecklenburg-<br />

Vorpommern.<br />

20.06. – 21.09.2014, verschiedene Orte in<br />

Mecklenburg-Vorpommern,<br />

Karten: 5 – 125 €<br />

www.festspiele-mv.de<br />

MDR Musiksommer<br />

Der MDR Musiksommer, das Klassik-Festival<br />

für Mitteldeutschland, bietet insgesamt<br />

46 Konzerte an 35 verschiedenen<br />

Orten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und<br />

Thüringen und holt namhafte Klassik-Stars<br />

in Konzerthallen, Kirchen, Museen, Schlösser<br />

und Burgen.<br />

27.06. – 24.08.2014, verschiedene Orte in<br />

Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen,<br />

Karten: 12 – 85 €<br />

www.mdr.de/musiksommer<br />

Literaturtipps der Redaktion<br />

Entspannter arbeiten: Das geht mit Computer, Tablets<br />

oder Smartphones – wenn man weiß, wie.<br />

Jürgen Kurz liefert leicht umsetzbare Ideen für den<br />

eigenen Arbeitsplatz und für die flüssige Zusammenarbeit<br />

mit anderen.<br />

Sieben einfache Schritte werden im Buch anschaulich<br />

vorgestellt und mit zahlreichen Tipps, Beispielen<br />

und Praxis-Fotos für Themen wie „Effizientes Verarbeiten<br />

von E-Mails“, „Sicherer Umgang mit der Infoflut“,<br />

„Intelligentes Speichern und Finden von Dateien“,<br />

„Erleichterung des Miteinanders im Team“,<br />

„Souveräner Umgang mit Terminen und Aufgaben“<br />

sowie „Anregungen für weitere Herausforderungen“<br />

angereichert. Das Buch liefert erprobte Schritt-für-<br />

Schritt-Anleitungen, nützliche Checklisten, ergänzende<br />

Gratis-Downloads, erhellende Selbsttests und<br />

hilfreiche Videoclips.<br />

Jürgen Kurz:<br />

„Für immer aufgeräumt – auch digital.<br />

So meistern Sie E-Mail-Flut und Datenchaos“,<br />

Gabal 2014, 128 S., 19,90 €.<br />

Gudrun Happich:<br />

„Ärmel hoch!“,<br />

Orell Füssli 2011, 4. Aufl., 208 S., 24,95 €.<br />

Wie überstehe ich die ersten 100 Tage? Wie bilde<br />

ich ein schlagkräftiges Team? Wie gehe ich<br />

mit High- und Low-Performern um? Eine Führungskraft<br />

hat es nicht leicht. Entweder mischt sich der<br />

CEO ein oder das Team macht, was es will. Die Wahrscheinlichkeit,<br />

zwischen den Hierarchien zermahlen<br />

zu werden, ist groß. Die Konflikte auf das Minimum zu<br />

reduzieren, ist Ziel dieses Handbuchs. Gudrun Happich<br />

ist Diplom-Biologin und Executive Coach. Sie erklärt<br />

in ihrem Buch, wie man mit den Anforderungen<br />

des Führungsalltags umgeht. Dabei stellt sie die<br />

20 wichtigsten Führungsthemen vor, gibt konkrete<br />

Handlungsempfehlungen, erläutert Best-Practice-<br />

Beispiele und einfache Tricks, die helfen, auf scheinbar<br />

unlösbare Anforderungen zu reagieren.<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


56 | W+M Netzwerk<br />

15. Brandenburger Sommerabend<br />

Wirtschaft trifft Kultur in Potsdam<br />

3.500 Gäste folgten gut gelaunt der Einladung<br />

von Dietmar Woidke, Ministerpräsident Brandenburgs,<br />

Tina Fischer, Staatssekretärin und Beauftragte<br />

des Landes Brandenburg beim Bund, sowie<br />

Miloš Stefanovic ´, Präsident des Wirtschafts-<br />

Forums Brandenburg, zum Brandenburger Sommerabend<br />

am 2. Juli 2014 in Potsdam.<br />

Das Sommerhighlight im Land jährte sich in diesem<br />

Jahr bereits zum 15. Mal. Erstmals wurde<br />

der Kunst- und Kulturstandort Schiffbauergasse<br />

gewählt. Eine sehr gute Wahl, wenngleich mancher<br />

dem Bornstedter Krongut, Veranstaltungsort<br />

des Vorjahres, nachtrauerte. Dem Motto des<br />

Abends „Wirtschaft trifft Kultur“ wurde mit dem<br />

Veranstaltungsort aber in bester Weise entsprochen.<br />

Die geladenen Gäste erlebten einen abwechslungsreichen<br />

Abend mit viel Musik und<br />

guter Unterhaltung. Zu den zahlreichen Höhepunkten<br />

zählten die „Ladies Night“ des Hans-<br />

Otto-Theaters, die Swing-Tanzshow und natürlich<br />

die Kochbühne, wo es neudeutsch Live-Cooking<br />

vom Netzwerk der besten Köche der Mark<br />

„Brandenburg unter Dampf“ gab. Und natürlich<br />

das traditionelle Abschluss-Feuerwerk an diesem<br />

auch wettertechnisch makellosen Sommerabend.<br />

W+M<br />

Der Höhepunkt des Abends:<br />

ein spektakuläres Feuerwerk.<br />

Der ehemalige brandenburgische<br />

Ministerpräsident Matthias Platzeck,<br />

Wiktor A. Subkow (Aufsichtsratsvorsitzender<br />

Gazprom), SAP-Gründer Hasso Plattner und<br />

der amtierende Ministerpräsident Brandenburgs<br />

Dietmar Woidke (v. l. n. r.).<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014<br />

„Supertalent“-Gewinner<br />

Michael Hirte (l.)<br />

mit Brandenburgs<br />

Ministerpräsident und<br />

Gastgeber des Abends<br />

Dietmar Woidke.<br />

Nachdem der Brandenburger<br />

Sommerabend die letzten<br />

Jahre auf dem Krongut<br />

Bornstedt stattfand, wurde<br />

dieses Jahr die Schiffbauergasse<br />

in Potsdam als Location<br />

gewählt.<br />

Fotos: CHLietzmann, Torsten George


Gesellschaft | 57<br />

Sommerfest von Zentralkonsum und Genossenschaftsverband<br />

Mode aus dem Konsum<br />

Für ihr gemeinsames Sommerfest hatten sich Zentralkonsum und Genossenschaftsverband eine<br />

der angesagtesten Feierlokalitäten Berlins ausgesucht – das „ewerk“ an der Wilhelmstraße. Die<br />

Gäste konnten sich von der Leistungsfähigkeit etlicher Verbandsmitglieder überzeugen, die mit<br />

eigenen Ständen präsent waren. Die Meißener Winzer schenkten Wein und Sekt aus, die Magdeburger<br />

Traditionsfirma „Röstfein“ spendierte Kaffee und Espresso, mitten im Sommer offerierte<br />

die erzgebirgische Bäckerei „Bärenhecke“ Christstollen, während in der Nachbarschaft Salzwedeler<br />

Baumkuchen verkostet werden konnte.<br />

Gerd Billen, Staatssekretär im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz, würdigte<br />

das Engagement der zumeist mittelständischen Unternehmen: „Die Genossenschaften spielen<br />

im deutschen Wirtschaftssystem eine ganz entscheidende Rolle.“<br />

Zentralkonsum-Vorstandssprecher Martin Bergner nahm die Vorlage<br />

Billens auf und sagte: „Wofür steht Konsum heute? Konsum<br />

steht für Lebensmitteleinzelhandel, in Dresden und Leipzig sind<br />

wir Marktführer. Konsum steht aber zugleich für Immobilien, Industrie<br />

und Mode.“<br />

In der Tat, auch für Mode. Das demonstrierte die Konsumgenossenschaft<br />

Weimar eindrucksvoll mit einer Modenschau, die den<br />

Höhepunkt des sommerlichen Abends bildete.<br />

W+M<br />

Dr. Henning Ehlers (Deutscher Raiffeisenverband<br />

e. V. ), Gerd Billen (Staatssekretär<br />

im Bundesministerium der Justiz), René<br />

Rothe (Verbandsdirektor Genossenschaftsverband<br />

e. V.) (v. l. n. r.).<br />

Besonderes Highlight des Abends: die Modenschau der Konsumgenossenschaft<br />

Weimar eG.<br />

Sigrid Hebestreit (Vorstandsvorsitzende Konsumgenossenschaft<br />

Weimar eG) und Martin Bergner<br />

(Vorstandssprecher Zentralkonsum eG).<br />

Am Stand der Sächsischen<br />

Winzergenossenschaft Meißen:<br />

Jürgen Kotschi (Zentralkonsum),<br />

Frank Heisinger (Deutsche Bank),<br />

Nico Stehr (Marsh GmbH),<br />

Eike-Jens König (Röstfein Kaffee) und<br />

Oliver Fern (Sachsen Bank) (v. l. n. r).<br />

Clemens Weber (l.) und Jens<br />

Oliva präsentieren Bewegungsspielgeräte<br />

der Basisgemeinschaft<br />

Wulfshagener Hütte eG.<br />

Gute Stimmung<br />

am Stand der Bitburger<br />

Brauerei.<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


58 | W+M Netzwerk<br />

7. Sommerfest des Berliner Handwerks<br />

Netzwerk mit Seeblick<br />

Rund 450 Teilnehmer feierten Anfang Juli das 7. Sommerfest des Berliner Handwerks im<br />

Seehotel am Dämeritzsee. Der Präsident der Handwerkskammer Berlin Stephan Schwarz<br />

sowie Geschäftsführer Jürgen Wittke empfingen die Gäste aus Innungen und Politik zu<br />

Musik, kulinarischen Köstlichkeiten und Gesprächen. Neben vielen Obermeistern der einzelnen<br />

Innungen, Handwerksunternehmern und Vertretern von befreundeten Handwerkskammern<br />

und Partnerorganisationen waren auch Peter Wollseifer (Präsident des Zentralverbands<br />

des Deutschen Handwerks), Dr. Holger Hatje (Vorstandsvorsitzender der Berliner<br />

Volksbank), Dr. Ralf Brauksiepe (Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium) sowie<br />

Stefan Evers und Jürn Jakob Schultze-Berndt (Abgeordnete CDU-Fraktion Berliner Abgeordnetenhaus)<br />

gekommen.<br />

Die geladenen Gäste konnten sich bei herrlichem Sommerwetter in zwangloser Atmosphäre<br />

bei Live-Musik der Band „Walk Act“ austauschen und neue Kontakte knüpfen.<br />

W+M<br />

Jürgen Wittke (l., Geschäftsführer der Handwerkskammer<br />

Berlin) und Stephan Schwarz<br />

(Präsident der Handwerkskammer Berlin).<br />

Birgit Schultz und<br />

Wolfgang Weber,<br />

Ausbilderin und<br />

Leiter der Akademie<br />

Deutsches<br />

Bäckerhandwerk.<br />

Stimmungsmacher:<br />

Die Musiker der Band „Walk Act“.<br />

Gregor Schöning (Leiter<br />

Bildungszentrum BIZWA),<br />

Ronald Warmbier und<br />

Wolfgang Karnath (Ingenieurbüro<br />

Eberswalde), Jean<br />

Liebing (BTZ der Handwerkskammer).<br />

Die Gäste konnten<br />

kleine Mosaike<br />

legen, aufkleben<br />

und als Andenken<br />

mitnehmen.<br />

Ausbilder und Azubis<br />

vom Lehrbauhof der<br />

Fachgemeinschaft Bau.<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014<br />

Das Sommerfest der Handwerkskammer<br />

Berlin fand im<br />

Seehotel am Dämeritzsee statt.<br />

Fotos: Fritsch, Sarkandy, Wolf


Gesellschaft | 59<br />

Auftaktveranstaltung der Unternehmerinnen im UV Brandenburg-Berlin<br />

Die Initiatorinnen der Interessengemeinschaft der<br />

Unternehmerinnen (v. l.): Birgit Rohde-Göhring (Flussweg-<br />

Coaching), Andrea Grandjean (Audita) und Iris Friederici<br />

(Organisationsberatung).<br />

Frauenpower am Nordpier<br />

Die Interessengemeinschaft der Unternehmerinnen im Unternehmerverband<br />

Brandenburg-Berlin (UVBB) lud im Juni zu ihrer Auftaktveranstaltung<br />

ins ansonsten nicht öffentlich zugängliche Nordpier des neuen Flughafens<br />

Berlin-Brandenburg. Eine doppelte Premiere: Es war nicht nur die erste Veranstaltung<br />

im Flughafengebäude, sondern auch die erste Veranstaltung der<br />

Unternehmerinnen im Verband. Die Initiatorinnen der Interessengemeinschaft,<br />

Iris Friederici, Andrea Grandjean und Birgit Rohde-Göhring, wollen<br />

die Interessen der Frauen im Verband stärker sichtbar machen, Kräfte bündeln<br />

und eine Plattform bieten. Sie wollen die Unternehmerinnen ermutigen,<br />

sich in einem starken Netzwerk zu engagieren und enger zu kooperieren.<br />

Zahlreiche Gäste waren der Einladung in den Flughafen gefolgt. Neben<br />

einführenden Worten von Sabine Hübner (Gleichstellungsbeauftragte<br />

im Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie Brandenburgs),<br />

Dr. Joachim Feske (UVBB), Dr. Udo Haase (Bürgermeister Schönefeld) und<br />

Hartmut Mehdorn (Geschäftsführer des Flughafens Berlin-Brandenburg)<br />

genossen die Gäste bei eindrucksvoller<br />

Kulisse anregende Gespräche und kulinarische Köstlichkeiten.<br />

W+M<br />

Nadine Dillinger (VCAT Consulting, l.) und Annette<br />

Mücke (Mercedes Airport Center Schönefeld).<br />

Im Gespräch am Gate B30: Sabrina Seifert (DZ Bank), Michael Goldschmidt<br />

(GSW Protect), Andreas Gröschl und Peter Krienelke (beide Teltower Stadtblatt)<br />

sowie Petra Bode (Internetmarketingakademie) (v. l. n. r.).<br />

Peter Weißenberg (Bereichsleiter<br />

Regionalentwicklung Stadt Teltow),<br />

Steffen Heller (Geschäftsführer<br />

UVBB) und Dr. Burkhardt Greiff<br />

(Vize-Präsident UVBB) (v. l.).<br />

Netzwerken im<br />

zukünftigen Boarding-Bereich.<br />

Initiatorin Andrea Grandjean (r.) im Gespräch mit Simone<br />

Lipski und Anke Politz (l.) vom Chamäleon Theater Berlin.<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


60 | W+M Netzwerk<br />

Die Gemeinde Feldheim<br />

feiert im Oktober 2010 mit<br />

Gästen aus Politik, Wirtschaft<br />

und umliegenden Kommunen<br />

die Einweihung des<br />

„Energieautarken Dorfs<br />

Feldheim“.<br />

Feldheim versorgt sich komplett aus lokalen Energiequellen<br />

2013 wurden 23 Prozent des Stroms in Deutschland regenerativ erzeugt. Ist gar eine Steigerung auf<br />

hundert Prozent möglich? Zumindest die kleine brandenburgische Gemeinde Feldheim, ein Ortsteil<br />

von Treuenbrietzen, hat das bewerkstelligt. Experten und Politiker aus fernen Ländern strömen dorthin,<br />

um sich das Projekt anzusehen. Auch der VBIW nahm die Feldheimer Lösung unter die Lupe.<br />

Von Rudolf Miethig (VBIW)<br />

Feldheim. Siegfried Kappert, Mitglied des Fördervereins des Neue<br />

Energien Forums Feldheim e. V., empfing die Gäste des VBIW und<br />

beschrieb ihnen die Anlagen und wie es dazu kam, dass sich die<br />

Gemeinde eine eigene Energieversorgung aufbaute. Zunächst habe<br />

alles mit den 6.000 Ferkeln der Feldheimer Agrargesellschaft angefangen.<br />

Die brauchten nach dem Absetzen von der Mutter auch im<br />

Aufzuchtstall noch viel Wärme. Um sie zu erzeugen, errichtete die<br />

Agrargesellschaft eine Biogasanlage mit einem Blockheizkraftwerk.<br />

Bald fragten die Bewohner des Dorfes, ob nicht auch ihre Haushalte<br />

mit Wärme aus der Anlage versorgt werden könnten. Und dann<br />

wollten sie auch noch den Strom aus dem Windpark beziehen, den<br />

die Energiequelle GmbH aus Kallinchen (Teltow-Fläming) in Feldheim<br />

errichtet hatte und betreibt. Zusammen mit der Energiequelle<br />

GmbH gründeten sie die Feldheim Energie GmbH & Co. KG, die Wärme<br />

aus der Biogasanlage und Strom aus dem Windpark aufkauft und<br />

an die Kommanditisten (Gewerbebetriebe und 37 Haushalte) weiterleitet.<br />

Mit 3.000 Euro konnte sich jeder Feldheimer an der KG beteiligen<br />

und Wärme und/<br />

oder Strom aus den Energiequellen<br />

vor Ort beziehen.<br />

Dafür musste die KG<br />

ein eigenes Wärme- und<br />

Stromnetz aufbauen, da<br />

Braucht<br />

viel Wärme:<br />

zu Beginn<br />

der Aufzucht<br />

etwa<br />

28 Grad.<br />

der bisherige Betreiber<br />

des örtlichen Stromnetzes<br />

E.ON Edis den Verkauf des<br />

Stromnetzes an die Kommanditgesellschaft<br />

verweigerte.<br />

Feldheim wurde<br />

zur bundesweit ersten Gemeinde, die Strom und Wärme zu 100<br />

Prozent aus erneuerbaren Energien bezieht.<br />

Auf dem Rundgang erfuhren die Teilnehmer weitere interessante Details.<br />

Zunächst führte der Weg an einer E-Tankstelle vorbei. Nein,<br />

leider hat bisher kein Einwohner ein Elektro-Auto. Im Windpark mit<br />

einer Gesamtleistung von 74 Megawatt betrachteten die Teilnehmer<br />

den Turm einer der 43 Windkraftanlagen von innen.<br />

Letzte Station: die Biogasanlage. Das angeschlossene Blockheizkraftwerk<br />

leistet 500 Kilowatt. Es erzeugt Strom auch bei Flaute<br />

und fehlender Sonneneinstrahlung, der in das öffentliche Netz eingespeist<br />

und gemäß Erneuerbare-Energien-Gesetz vergütet wird.<br />

Gleichzeitig liefert es die Wärme (Heizung und Warmwasser) an die<br />

Einwohner und Gewerbebetriebe der Kommanditgesellschaft. Die<br />

Anlage wird beschickt mit Schweinegülle, Rindergülle, Maissilage<br />

und Roggenschrot. Die Rückstände werden noch als Dünger verwendet.<br />

An kalten Tagen wird eine zusätzliche Holzhackschnitzelheizung<br />

zugeschaltet.<br />

Die Besucher des VBIW zogen folgendes Fazit: Die Gemeinde ist unabhängig<br />

von den großen Energielieferanten und von fossilen Rohstoffen.<br />

Sie bezieht zwar den Strom von einem nicht-ortsansässigen<br />

Energieerzeuger, der erzeugt ihn aber vor Ort in Feldheim, er<br />

braucht ihn nicht über Fernleitungen zuzuführen. Die pflanzlichen<br />

Rohstoffe, welche in der Biogasanlage vergoren oder als Hackschnitzel<br />

verbrannt werden, gelten als klimaneutral, da sie bei ihrem Aufwuchs<br />

soviel Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre binden wie sie<br />

bei der Verbrennung abgeben. Daher nennt sich die Gemeinde völlig<br />

zu Recht „energieautark“. Überdies scheint das Geschäftsmodell stabile<br />

Energielieferungen zu langfristig verlässlichen Preisen zu gewährleisten.<br />

In Feldheim kostet Strom 17 Cent pro Kilowattstunde.<br />

Fotos: Wolfgang Lorenz, Petr Kratochvil/Wikimedia Commons, BASF/Rasche, Bernd Geller (VBIW)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


VBIW | 61<br />

VBIW-Sonderpreise für „Jugend forscht“<br />

Den Sonderpreis des Regionalwettbewerbs Brandenburg/Ost des<br />

Wettbewerbs „Jugend forscht“ übergab Manfred Kochan (VBIW) an<br />

Richard Tambor, Merima Biogradlija und Merle Malou Tim vom Paulus-Praetorius-Gymnasiums<br />

Bernau für ihr Projekt „Kein Interesse<br />

an naturwissenschaftlichen und technischen Berufen! Kann ‚Schule’<br />

gegensteuern?“. Die 18-jährigen Gymnasiasten wollten herausfinden,<br />

was an den Schulen getan werden kann, um dem mangelnden<br />

Interesse am Ingenieurberuf entgegenzuwirken.<br />

Auf dem Regionalwettbewerb Brandenburg/West übergab Manfred<br />

Fladrich (VBIW) drei 17-jährigen Schülern des Emil-Fischer-Gymnasiums<br />

im SeeCampus Niederlausitz den VBIW-Sonderpreis. Anja<br />

Hühne, Stefan Lehmann und Marco Oelmann begannen bereits 2012,<br />

Informationen über Passivhäuser und deren Sparpotenzial zu sammeln.<br />

Dabei standen zunächst Energieverbrauch und -kosten auf ihrem<br />

Programm. Jetzt beschäftigten sie sich mit dem Wohlbefinden<br />

der Nutzer des Schulgebäudes. In einem ersten Fazit optimierten sie<br />

mit dem Haustechniker das Lüftungssystem, um Beschwerden wie<br />

Kopfschmerzen, Kreislaufprobleme und Müdigkeit zu minimieren.<br />

Dieses Projekt wurde anschließend auf dem Landeswettbewerb erster<br />

Preisträger im Fachgebiet Arbeitswelt.<br />

Auf dem Landeswettbewerb in Schwarzheide erhielten Lukas Wogirz<br />

und Markus Helbig (beide 17, Foto) vom Gauß-Gymnasium in Frankfurt<br />

(Oder) den Sonderpreis des VBIW. Sie wurden auch zweiter Preisträger<br />

im Fachgebiet Technik in der offiziellen Wertung. Ihr Projekt<br />

heißt „Bau eines nachführbaren Photovoltaiksystems“. Dabei entwickelten<br />

sie ein Panel, das um zwei Achsen, nämlich in Richtung<br />

(Azimut) und Höhe (Elevation) der Sonne nachgeführt wird, um dessen<br />

Effektivität zu steigern. Sie erkannten, dass dadurch der Flächenbedarf<br />

eines Solarparks minimiert werden kann. Der VBIW unterstützte<br />

die Schüler auch nachträglich durch die Vermittlung eines<br />

Statikers, der die Standsicherheit eines solch schweren Gebildes<br />

auf einem Dach überprüft. Auf der Festveranstaltung zum 20-jährigen<br />

Bestehen des VBIW am 29. August 2014 werden Lukas Wogirz<br />

und Markus Helbig ihr Projekt vorstellen. Jutta Scheer (VBIW)<br />

VBIW besichtigt PCK Raffinerie Schwedt<br />

Schwedt. Nach einer eindrucksvollen Rundfahrt durch die ausgedehnten<br />

Betriebsanlagen informierte Verena Leschke aus dem Bereich<br />

Standortentwicklung/Unternehmenskommunikation des PCK<br />

die VBIW-Mitglieder über die Entwicklung des Unternehmens.<br />

Es wurde 1958 als Erdölverarbeitungswerk Schwedt gegründet. Im<br />

Dezember 1963 wurde die Rohöl-Pipeline aus der Sowjetunion angeschlossen.<br />

1968 begann die Versorgung West-Berlins mit PCK-Kraftstoffen.<br />

Ab 1970 wurde das Werk zum Petrolchemischen Kombinat<br />

Schwedt erweitert. 1991 wurde es privatisiert. Heute gehört es der<br />

Ruhr Oel GmbH, an der BP beteiligt ist, und dem russischen Staatskonzern<br />

Rosneft. Daneben sind auch Shell, Eni (Agip) und Total beteiligt.<br />

Das PCK ist das bedeutendste Unternehmen der Uckermark<br />

und zählt zu den führenden Raffinerien in Europa.<br />

In Schwedt werden jährlich rund zwölf Millionen Tonnen Rohöl verarbeitet.<br />

Dieses ist ein Gemisch aus Stoffen, das in Benzin, Dieselkraftstoff,<br />

Kerosin, Flüssiggas, Heizöle und Bitumen aufgespaltet<br />

wird. Dafür werden neben Destillationsanlagen unter anderem eine<br />

FCC-Anlage (Fluid Catalytic Cracking), eine Visbreaker-Anlage (thermisches<br />

Crackverfahren) und die weltweit einzige HSC-Anlage (High<br />

Conversion Soaker Cracking) betrieben. Weiterhin dient eine Leichtbenzin-Veretherungsanlage<br />

zur chemischen Einbindung von Bioethanol<br />

in Benzin.<br />

Bernd Geller (VBIW)<br />

VBIW – Verein Brandenburgischer<br />

Ingenieure und Wirtschaftler e. V.<br />

Landesgeschäftsstelle: Fürstenwalder Str. 46,<br />

15234 Frankfurt (Oder), Tel.: 0335 8692151<br />

E-Mail: buero.vbiw@t-online.de<br />

Internet: www.vbiw-ev.de<br />

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62 | W+M Netzwerk<br />

UV Norddeutschland Mecklenburg-Schwerin<br />

Lernen von der „Smart City“ Santander<br />

UV Sachsen<br />

Erfolgreiche Premiere<br />

Der erste Sonntagsrenntag der<br />

Sächsischen Wirtschaft auf der<br />

Galopprennbahn Scheibenholz<br />

in Leipzig war ein voller Erfolg.<br />

Leipzigs Wirtschaftsbürgermeister<br />

Uwe Albrecht, der Präsident<br />

des Vereins „Gemeinsam für<br />

Leipzig“, Dr. Mathias Reuschel,<br />

und der Präsident des UV Sachsen,<br />

Hartmut Bunsen, unterstützten<br />

das Vorhaben, das Kulturdenkmal<br />

im Herzen der Stadt<br />

als einen Ort des gesellschaftlichen<br />

Lebens zu etablieren.<br />

Die Hafenstadt Santander liegt im Norden<br />

Spaniens am Atlantik und zählt etwa<br />

180.000 Einwohner. Das Besondere an der<br />

Stadt sind nicht nur ihre touristischen Attraktionen<br />

wie weitläufige Sandstrände,<br />

Segel- und Surfreviere, sondern ihre Vernetzung<br />

zur sogenannten „Smart City“.<br />

Im Rahmen des gleichnamigen Projekts<br />

hat die Stadt in den letzten Jahren rund<br />

100 Kilometer Glasfaserkabel im Stadtgebiet<br />

verlegt. Tausende von Sensoren,<br />

in allen Ecken der Stadt, auf Laternen,<br />

an Masten, Hauswänden und im Asphalt<br />

messen tagein, tagaus<br />

Licht, Druck, Temperatur,<br />

Feuchtigkeit, Lärm und<br />

Bewegung. Die unzähligen<br />

gesammelten Daten<br />

werden in einem dazu geschaffenen<br />

Labor an der<br />

Universität der Stadt gespeichert<br />

und ausgewertet.<br />

So lassen sich zeitnah<br />

nicht nur Verkehrsströme<br />

erfassen und lenken,<br />

sondern auch Busse,<br />

Taxis und Fahrzeuge zur<br />

Ver- und Entsorgung zielgenau<br />

einsetzen. Mittels einer eigenen<br />

App werden für die Einwohner der City<br />

zudem Verwaltungsprozesse, statistische<br />

oder demografische Daten sowie Immobilienpreise<br />

transparent. Im Rahmen der<br />

jährlichen Study Visit des Projekts „Brücken<br />

für Vielfalt und Beschäftigung in MV“<br />

konnten sich Präsident Rolf Paukstat, Vizepräsident<br />

Karl-Heinz Garbe, Geschäftsführer<br />

Wolfgang Schröder und Projektmitarbeiterin<br />

Anika Zahlmann bei einem Besuch<br />

vor Ort ein Bild von der „Smart City“<br />

machen.<br />

Wir lieben Montage<br />

Im Gespräch mit dem<br />

Bürgermeister von Santander<br />

Iñigo de la Serna (2. v. r.).<br />

Das Unternehmergespräch des Verbands mit der<br />

Deutsche Werkstätten Lebensräume GmbH in Dresden<br />

stieß auf große Resonanz. Im Mittelpunkt des<br />

Treffens unter dem Motto „We love Mondays – Personalmarketing<br />

und Arbeitswelten“ stand die Frage,<br />

wie in Zeiten von Fachkräftemängel und geburtenschwachen<br />

Jahrgängen Mitarbeiter gewonnen<br />

und gehalten werden können. Die Vermarktung des<br />

Unternehmens bei potenziellen Mitarbeitern sowie<br />

die Gestaltung der Arbeitswelt wurden dabei<br />

als wichtige Ansätze ausgemacht. Einblick in das<br />

spannende Thema gaben Katharina Kratsch (Deutsche<br />

Werkstätten Lebensräume), Guido Rottkämper<br />

(design2sense) und Ruben Hacker (FREYLER).<br />

Termine<br />

22.08.2014: 10:00 Uhr UV Business-Challenge, Golfpark<br />

Strelasund, Kaschow 14, 18516 Süderholz<br />

UV Brandenburg-Berlin<br />

02.09.2014: 16:00 – 20:00 Uhr Landesarbeitskreis<br />

Innovative Technologien: „Durch Innovationen in<br />

Materialien und Fertigungsverfahren erfolgreich auf<br />

dem Weltmarkt“, Gestamp Umformtechnik, August-<br />

Thyssen-Straße 1, 14974 Ludwigsfelde<br />

12.09.2014: 09:00 – 16:00 Uhr LogistikTag 2014,<br />

Technische Hochschule Wildau, Bahnhofstraße 1,<br />

15745 Wildau<br />

24.09.2014: 18:30 – 20:30 Uhr BER Business Club<br />

UV Norddeutschland<br />

Mecklenburg-Schwerin<br />

11.09.2014: 18:00 – 21:00 Uhr 22. Dampferrunde auf<br />

dem Schweriner See, Weiße Flotte, Werderstraße 140,<br />

19055 Schwerin<br />

12.09.2014: 09:00 – 11:00 Uhr Unternehmerfrühstück<br />

Nordwestmecklenburg, Stadtwerke Grevesmühlen,<br />

Grüner Weg 26, 23936 Grevesmühlen<br />

UV Rostock-Mittleres Mecklenburg<br />

07.08.2014: 10:00 Uhr Hanse Sail Business Forum zum<br />

Thema: „Grüne Technologien aus M-V für die Energiewende<br />

in Europa“, Steigenberger Hotel Sonne, Neuer<br />

Markt 2, 18055 Rostock<br />

29.08.2014: 17:00 Uhr Sommerfest, Rostocker Freizeitzentrum,<br />

Kuphalstraße 77, 18069 Rostock<br />

03.09.2014: 18:00 Uhr Unternehmerlounge Rostock,<br />

Hotel Sportforum, Kopernikusstraße 17A, 18057<br />

Rostock<br />

03.09.2014: 19:00 Uhr Stammtisch Güstrow, Weinhaus<br />

„Im Hof”, Hageböcker Straße 4, 18273 Güstrow<br />

UV Sachsen<br />

26.08.2014: Sachsen Sail, Amsterdam, Edinburgh,<br />

London<br />

04.09.2014: 8:30 Uhr 3. Ostdeutsches Energieforum,<br />

Hotel The Westin, Gerberstraße 15, 04105 Leipzig<br />

06.09.2014: Myelin Projekt: „Olympisches Familienfest“,<br />

SV Taper 06 e. V., Torgauer Straße 106, 04318<br />

Leipzig<br />

15.09.2014: Wirtschaftspolitischer Arbeitskreis der<br />

Region Dresden, Restaurant Schillergarten, Schillerplatz<br />

9, 01309 Dresden<br />

UV Thüringen<br />

25.09.2014: Betriebsbesichtigung N3 Engine Overhaul<br />

Services GmbH & Co. KG, Gerhard-Höltje-Straße<br />

1, 99310 Arnstadt<br />

Veränderungen von Themen, Terminen und Ver anstaltungsorten<br />

können nicht ausgeschlossen werden.<br />

Foto: RegioVision Schwerin<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


Unternehmerverbände | 63<br />

UV Rostock-Mittleres Mecklenburg<br />

Kein Anlass zur Euphorie<br />

Im Mai fanden sich die Mitglieder des Unternehmerverbands<br />

Rostock-Mittleres<br />

Mecklenburg zur ordentlichen Mitgliederversammlung<br />

in der Sol Lounge in Rostock<br />

ein. Verbandspräsident Frank Haacker eröffnete<br />

die Veranstaltung mit einer Rede. Dabei<br />

betonte er, dass trotz wirtschaftlichen<br />

Aufschwungs und einer relativ niedrigen<br />

Arbeitslosenquote kein Anlass zur Euphorie<br />

besteht, da Bürokratieabbau, Mindestlohn,<br />

Bildungspolitik und Wirtschaftsför-<br />

UV Brandenburg-Berlin<br />

Landtagsführung<br />

70 Mitglieder und Gäste des Unternehmerverbands<br />

nahmen an einer exklusiven<br />

Führung durch den neuen Brandenburger<br />

Landtag teil. Der Abgeordnete Hans-Peter<br />

Goetz (FDP) zeigte den Besuchern das Gebäude.<br />

Diese nutzten die Chance, einen<br />

Blick hinter die barocke Fassade zu werfen<br />

und auf den Stühlen des Plenarsaals Platz<br />

zu nehmen. Zu den Geschäftszeiten ist der<br />

Landtag für jedermann zugänglich, Ausstellungen<br />

und Architektur können besichtigt<br />

sowie der Blick von der Dachterrasse genossen<br />

werden. Die Gäste der exklusiven Führung<br />

des Unternehmerverbands konnten<br />

zudem den Plenarsaal besichtigen und mit<br />

dem Abgeordneten Goetz über die Landespolitik<br />

diskutieren.<br />

derung Themen sind, die noch nicht zufriedenstellend<br />

gelöst wurden. Nachdem<br />

Schatzmeisterin Anja Hausmann im Anschluss<br />

die wirtschaftlichen und finanziellen<br />

Verhältnisse des Verbandes vorgestellt<br />

hatte, gab es Raum für Fragen und Diskussionen,<br />

den die Mitglieder ausgiebig nutzten.<br />

In den Abendstunden konnten dann<br />

in gemütlicher Atmosphäre Gespräche geführt,<br />

neue Kontakte geknüpft und das Buffet<br />

genossen werden.<br />

Zu Gast bei Siemens<br />

Der Landesarbeitskreis Innovative Technologien<br />

des Unternehmerverbands Brandenburg-Berlin<br />

informierte sich über innovative<br />

Lösungen für eine sichere Stromversorgung<br />

im Schaltwerk Berlin der Siemens<br />

AG. 1847 wurde Siemens in Berlin gegründet,<br />

das Schaltwerk in Siemensstadt bereits<br />

1918 erbaut. Die Grundlage für die<br />

Erfolgsgeschichte des Schaltwerkes liegt<br />

in der Forschung und Entwicklung. Moderne<br />

Labore und Versuchsfelder sorgen<br />

dafür, dass immer wieder neue Maßstäbe<br />

für Effizienz und Wirtschaftlichkeit gesetzt<br />

werden können. Das Schaltwerk hat rund<br />

3.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete im<br />

letzten Jahr einen Umsatz von über 700<br />

Millionen Euro.<br />

GESCHÄFTSSTELLEN<br />

Unternehmerverband Berlin e. V.<br />

Präsident: Armin Pempe<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Hauptgeschäftsführer: Andreas Jonderko<br />

Frankfurter Allee 202, 10365 Berlin<br />

Tel.: +49 30 9818500<br />

Fax: +49 30 9827239<br />

E-Mail: mail@uv-berlin.de<br />

Internet: www.uv-berlin.de<br />

Unternehmerverband Brandenburg-Berlin e. V.<br />

Präsident: Eberhard Walter<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Geschäftsführer: Steffen Heller<br />

Schillerstraße 71, 03046 Cottbus<br />

Tel.: +49 355 22658<br />

Fax: +49 355 22659<br />

E-Mail: cottbus@uv-brandenburg-berlin.de<br />

Internet: www.uv-brandenburg-berlin.de<br />

Bezirksgeschäftsstelle Potsdam<br />

Jägerstraße 18, 14467 Potsdam<br />

Tel.: +49 331 810306<br />

Fax: +49 331 8170835<br />

E-Mail: potsdam@uv-brandenburg-berlin.de<br />

Repräsentanz Frankfurt Oder<br />

Repräsentant: Detlef Rennspieß<br />

Perleberger Straße 2, 15234 Frankfurt Oder<br />

Tel.: +49 335 4007458<br />

Fax: +49 335 4007457<br />

E-Mail: detlef.rennspiess@signal-iduna.net<br />

Unternehmerverband Norddeutschland Mecklenburg-<br />

Schwerin e. V.<br />

Präsident: Rolf Paukstat<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Hauptgeschäftsführer: Wolfgang Schröder<br />

Gutenbergstraße 1, 19061 Schwerin<br />

Tel.: +49 385 569333<br />

Fax: +49 385 568501<br />

E-Mail: mecklenburg@uv-mv.de<br />

Internet: mecklenburg.uv-mv.de<br />

Unternehmerverband Rostock-Mittleres Mecklenburg e. V.<br />

Präsident: Frank Haacker<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Geschäftsführerin: Manuela Balan<br />

Wilhelm-Külz-Platz 4<br />

18055 Rostock<br />

Tel.: +49 381 242580<br />

Fax: +49 381 2425818<br />

E-Mail: info@rostock.uv-mv.de<br />

Internet: www.uv-mv.de<br />

Unternehmerverband Sachsen e. V.<br />

Präsident: Hartmut Bunsen<br />

Geschäftsführer: Lars Schaller<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Bergweg 7, 04356 Leipzig<br />

Tel.: +49 341 52625844<br />

Fax: +49 341 52625833<br />

E-Mail: info@uv-sachsen.org<br />

Internet: www.uv-sachsen.de<br />

Geschäftsstelle Chemnitz<br />

Repräsentantin: Gabriele Hofmann-Hunger<br />

Marianne-Brandt-Str. 4, 09112 Chemnitz<br />

Tel.: +49 371 49512912<br />

Fax: +49 371 49512916<br />

E-Mail: chemnitz@uv-sachsen.org<br />

Geschäftsstelle Dresden<br />

Repräsentant: Klaus-Dieter Lindeck<br />

Semperstraße 2b, 01069 Dresden<br />

Tel.: +49 351 8996467<br />

Fax: +49 351 8996749<br />

E-Mail: dresden@uv-sachsen.org<br />

Unternehmerverband Sachsen-Anhalt e. V.<br />

Präsident: Jürgen Sperlich<br />

Geschäftsstelle Halle/Saale<br />

Berliner Straße 130, 06258 Schkopau<br />

Tel.: +49 345 78230924<br />

Fax: +49 345 7823467<br />

Unternehmerverband Thüringen e. V.<br />

Präsident: Jens Wenzke<br />

c/o IHK Erfurt – Abteilung Standortpolitik<br />

Arnstädter Str. 34, 99096 Erfurt<br />

Tel.: +49 361 4930811<br />

Fax: +49 361 4930826<br />

E-Mail: info@uv-thueringen.de<br />

Internet: www.uv-thueringen.de<br />

Unternehmerverband Vorpommern e. V.<br />

Präsident: Gerold Jürgens<br />

Geschäftsstelle<br />

Geschäftsstellenleiter: Steffen Hellmuth<br />

Am Koppelberg 10, 17489 Greifswald<br />

Tel.: +49 3834 835823<br />

Fax: +49 3834 835825<br />

E-Mail: uv-vorpommern@t-online.de<br />

Internet: vorpommern.uv-mv.de<br />

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64 | W+M Rückblick<br />

Was macht eigentlich Waldemar Cierpinski, Doppelolympiasieger im<br />

Marathonlauf 1976 und 1980?<br />

Noch immer ein Marathonmann<br />

Irgendwie hat es etwas Symbolisches, dass<br />

es recht steil hinauf geht in das exklusive<br />

Reich, in dem sich Lauffreaks aus ganz<br />

Deutschland beraten lassen. Doch eine Rolltreppe,<br />

wie sie dem ganzen Einkaufskomplex<br />

an der Großen Ulrichstraße in Halle auch ihren<br />

Namen gab, macht den Aufstieg erträglich.<br />

Zudem heftet sich das Auge schnell<br />

auf die beiden opulenten Fotoposter an der<br />

Wand: Waldemar Cierpinski in Jubelpose –<br />

einmal nach seinem olympischen Marathonsieg<br />

1976 in Montreal, das andere Mal vier<br />

Jahre später in Moskau. Neben ihm schaffte<br />

dieses Husarenstück nur noch der Äthiopier<br />

Abebe Bikila.<br />

„Cierpinski Sport“ steht groß über dem<br />

Ende der Rolltreppe. Oben angekommen, eröffnet<br />

sich eine helle, weitläufige, behagliche<br />

Sportartikelwelt, wie man sie von unten<br />

so gar nicht vermutet. 1.300 Quadratmeter<br />

materialisiertes Insiderwissen. Und<br />

schon kommt einem auch der Chef entgegen:<br />

schlank und leichtfüßig wie zu besten Marathonzeiten.<br />

Natürlich trägt er Sportschuhe<br />

zu den lässigen Jeans. „Ich bin ja auch noch<br />

wenigstens viermal die Woche aktiv“, lacht<br />

der Mann, der in seinem Läuferleben fast<br />

sechseinhalb Mal den Äquator umrundet hat.<br />

Schon seit 1989 ist Waldemar Cierpinski Unternehmer.<br />

Zehn Mitarbeiter beschäftigt er<br />

allein in seiner Cierpinski Sport GmbH in Halle<br />

und Quedlinburg. Hinzu kommt ein zweites<br />

Büro bei der Mitteldeutschen Marathon<br />

GmbH, einer von ihm gegründeten und lange<br />

geführten Marketingagentur, in der er nun<br />

aber die Geschäftsführung an seinen ältesten<br />

Sohn André übertrug. Denn der nun<br />

auch schon 63-jährige Doppelolympiasieger<br />

erschließt sich noch immer neue Aktionsfelder.<br />

So betreut er trainingsmethodisch neben<br />

weiteren Langstreckenassen auch seinen<br />

mittleren Sohn Falk, der mit einer Bestzeit<br />

von 2:13:30 h einer der talentiertesten deutschen<br />

Marathonläufer ist. Er leitet in Halle<br />

einen Lauftreff mit 150 Aktiven. Und er<br />

kümmert sich als Organisator und Sponsorengeldeinwerber<br />

um mittlerweile vier läuferische<br />

Großereignisse im Großraum Halle-Naumburg-Bitterfeld-Leipzig.<br />

Neben dem<br />

Waldemar Cierpinski in seiner aktiven Läuferzeit.<br />

Mitteldeutschen Marathon, der im September<br />

bereits seine 13. Auflage erlebt, zählen<br />

hierzu der Harz-Gebirgslauf im Oktober, der<br />

Goitzsche-Marathon sowie der Himmelswege-Lauf<br />

im Juni, benannt nach den steinzeitlichen<br />

Fundstätten in Goseck und Nebra.<br />

Letzterer scheint Cierpinski momentan am<br />

meisten ans Herz gewachsen, wohl auch,<br />

Fotos: Ralf Lehmann, Harald Lachmann, Privat<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


W+M Rückblick | 65<br />

weil er als sein jüngstes Kind – erst 2012<br />

ins Leben gerufen – noch der meisten Zuwendung<br />

bedarf. Wegen der 100-Kilometer-<br />

Strecke, über die es hierbei auf der längsten<br />

von mehreren Distanzen geht, spricht er<br />

auch von einem „Lauf der Heroen“. Zugleich<br />

sieht er den Himmelswege-Lauf als wichtige<br />

Plattform zur Förderung der regionalen<br />

Wirtschaft. Denn begleitet wird dieser von<br />

einer Sportartikelfachmesse. Auch er selbst<br />

ist dann wieder mit auserwählten Produkten<br />

präsent. Immerhin verdient er mit seinem<br />

Sportfachunternehmen sein täglich‘ Brot,<br />

derweil er zu den Laufevents eher noch zuschießt:<br />

Zeit, Kraft und auch Geld.<br />

Vom Trainer zum Geschäftsmann<br />

Dabei stand diese geschäftliche Schiene nie<br />

auf seiner Agenda, als Waldemar Cierpinski<br />

1984 abzutrainieren begann. Er hatte an<br />

der Deutschen Hochschule für Körperkultur<br />

(DHfK) in Leipzig sein Diplom als Sportlehrer<br />

gemacht, liebäugelte mit einer Karriere<br />

als Trainer – und wurde zunächst auch einer<br />

bei seinem Heimatklub SC Chemie Halle.<br />

Vor Olympia 1988 betreute er zudem noch<br />

die Marathonläufer anderer DDR-Klubs mit.<br />

Das Angebot, Vorsitzender beim SC Chemie<br />

zu werden, schlug er indes aus: „Ich wollte<br />

keinen Sesseljob.“<br />

Dann kam die Wende und für Cierpinski,<br />

der da bereits in 35 Ländern die Struktur<br />

von Leistungssport begutachtet hatte, die<br />

schnelle Einsicht: Jetzt braucht es in den<br />

Vereinen deutlich weniger Trainer. So verzichtete<br />

er zugunsten von Walter Schmidt,<br />

der ihn einst zu seinen Triumphen geführt<br />

hatte, und orientierte sich entschlossen<br />

gen Wirtschaft. Das Sportberatungszentrum,<br />

das er nun nach dem Beispiel anderer<br />

Spitzensportler im Westen aufbaute, war das<br />

erste Sportfachgeschäft im Osten. Und es<br />

lief gut, wuchs beständig. Der erste Standort<br />

war mit 70 Quadratmetern schnell zu klein.<br />

Waldemar Cierpinski greift in ein kleines Regal<br />

neben einer Vitrine mit Hightech-Produkten<br />

einer Weltmarke und holt einen japanischen<br />

Laufschuh heraus. Erkennbar ist er<br />

schon angejahrt. „Das war der erste Schuh,<br />

den ich verkauft habe – und zwar genau einmal“,<br />

schmunzelt er. Doch das änderte sich<br />

schnell. Denn neben dem immer breiter und<br />

differenzierter werdenden Angebot brachte<br />

er etwas ein, was ihn von jedem Sportartikelverkäufer<br />

meilenweit unterscheidet: Er<br />

weiß wirklich, was Sache ist, wenn er seinen<br />

Kunden Schuhe, Trikots oder sonstige Laufutensilien<br />

empfiehlt und sie dazu gleich<br />

noch zu richtiger Atemtechnik, Körperhaltung<br />

oder Laufintervallen berät.<br />

Und all das längst nicht nur in puncto Laufen.<br />

Der Marathonmann ist auch temperamentvoller<br />

Alpinskiläufer, leidenschaftlicher<br />

Fußballer, erfahrener Tennisspieler.<br />

Er besitzt eine europäische Trainerlizenz<br />

in Nordic Walking und langjährige<br />

Erfahrung in einem halben Dutzend weiterer<br />

Sportarten. Und dort, wo er nicht so<br />

tief drin steckt, etwa im Schwimmen („Das<br />

mag ich nicht so“), hat er seine Mitarbeiter,<br />

die dann entsprechend vom Fach sind. „Das<br />

ist eben unser Markenzeichen: Wir wissen<br />

aus tiefer Insiderkenntnis, wovon wir reden“,<br />

so der Chef.<br />

Auch hierbei glaubt Cierpinski, sich einiges<br />

von seiner Leistungssportkarriere erhalten<br />

zu haben: Neben Mut und Beharrlichkeit,<br />

sich durchzubeißen und solch ein florierendes<br />

Unternehmen aufzubauen (übrigens mit<br />

Gattin Marita, die 1972 unter ihrem Mädchennamen<br />

Politz bei Olympia über die 800<br />

Meter startete), nennt er „rückhaltlose Ehrlichkeit“:<br />

gegenüber dem Kunden wie gegenüber<br />

sich selbst. „Man muss wissen, was<br />

man kann, wo man steht und was man noch<br />

verbessern muss“, sagt er. So arbeitete er<br />

sich autodidaktisch in die Buchhaltung ein,<br />

lernte mit der Zeit, „wirtschaftlich sauber“<br />

einzukaufen. „Jeder sollte sich Zeit lassen,<br />

aus anfänglichen Fehlern, die hierbei eben<br />

passieren, zu lernen“, ist er sicher.<br />

Eine Frage sei zum Schluss noch gestattet:<br />

Benannten je junge Eltern ihren Sohn<br />

Mit Stolz blickt Cierpinski auf seine erfolgreiche<br />

Karriere zurück.<br />

Cierpinski in seinem Sportfachgeschäft.<br />

Waldemar“, wie es Heinz Florian Oertel 1980<br />

im Reporterüberschwang geraten hatte?<br />

Der Marathonmann lächelt: „Ja, von zwei<br />

1981 geborenen Waldemars weiß ich es definitiv<br />

... “<br />

Harald Lachmann<br />

www.wundm.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


66 | W+M Die letzte Seite<br />

Ausblick auf die nächste Ausgabe<br />

Wende und Aufbruch vor 25 Jahren<br />

Die friedliche Revolution im Herbst des Jahres<br />

1989 brachte das politische System in der<br />

damaligen DDR zum Einsturz. Während die<br />

Protestierenden, die sich vielerorts zu den<br />

Montagsdemonstrationen trafen, anfangs<br />

dafür eintraten, die Verhältnisse im „sozialistischen<br />

Arbeiter-und Bauernstaat“ zu reformieren,<br />

wurde schnell klar, dass dies aus<br />

wirtschaftlich-finanzieller Sicht unmöglich<br />

war. Und so wurde ein Jahr nach der politischen<br />

Wende in der DDR die deutsche Wiedervereinigung<br />

vollzogen. Für viele der 16<br />

Millionen Ostdeutschen ging die deutsche<br />

Einheit mit einem Bruch ihrer Berufsbiografie<br />

einher. Die ehemals volkseigenen Betriebe<br />

und Kombinate wurden abgewickelt, ganze<br />

Branchen starben und große Teile der DDR-<br />

Elite landeten auf dem beruflichen Abstellgleis.<br />

Viele Ostdeutsche nutzten den Karriereknick,<br />

um völlig neu durchzustarten. Sie<br />

machten sich selbständig, wurden Unternehmer,<br />

investierten in Ideen, Technologien<br />

und Anlagen. Die kommende Ausgabe von<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> widmet sich schwerpunktmäßig<br />

dem Thema „25 Jahre Wende in<br />

der DDR“ und stellt stellvertretend für viele<br />

tausend Neu-Unternehmer 25 Persönlichkeiten<br />

vor, die die Ärmel hochgekrempelt und<br />

mit ihrer Geschäftsidee Erfolg haben oder<br />

sich mit ihrem Wirken für die Entwicklung<br />

der Wirtschaft in den neuen Bundesländern<br />

eingesetzt haben.<br />

Die nächste Ausgabe von<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> erscheint am<br />

25. September 2014.<br />

Personenregister<br />

Albrecht, Uwe 62<br />

Arnold, Frank 54<br />

Bauermeister, Ulrich 7<br />

Baumeister, Roy 54<br />

Belfort, Jordan 54<br />

Bergner, Martin 57<br />

Bikila, Abebe 64<br />

Billen, Gerd 57<br />

Biogradlija, Merima 61<br />

Bode, Petra 59<br />

Bormann, Michael 50<br />

Brauksiepe, Ralf 58<br />

Bremer, Hans-Dieter 7<br />

Bretthauer, Berit 9<br />

Bunsen, Hartmut 38, 62<br />

Carius, Christian 18<br />

Cierpinski, André 65<br />

Cierpinski, Falk 64<br />

Cierpinski, Marita 65<br />

Cierpinski, Waldemar 64/65<br />

Czernomoriez, Olaf 6<br />

de la Serna, Iñigo 62<br />

de Maizière, Lothar 6<br />

Diener, Jens-Mathias 39<br />

Diestel, Antje 6<br />

Diestel, Peter-Michael 6<br />

Dillinger, Nadine 59<br />

Ehlers, Henning 57<br />

Evers, Stefan 58<br />

Fajnor, Vica 22/23<br />

Fern, Oliver 57<br />

Ferris, Timothy 54<br />

Feske, Joachim 59<br />

Fettweis, Gerhard 7<br />

Fischer, Tina 56<br />

Fladrich, Manfred 61<br />

Friederici, Iris 59<br />

Friedrich, Marc 54<br />

Garbe, Karl-Heinz 62<br />

Gebauer, Peter 6<br />

Geisler, Joachim 42<br />

Gleicke, Iris 40<br />

Goetz, Hans-Peter 63<br />

Goldschmidt, Michael 59<br />

Gräber, Roland 47<br />

Gräff, Christian 9<br />

Grandjean, Andrea 59<br />

Greiff, Burkhardt 59<br />

Gröschl, Andreas 59<br />

Gysi, Gregor 6<br />

Haacker, Frank 63<br />

Haase, Udo 59<br />

Hacker, Ruben 62<br />

Hadaschik, Gerald 46/47<br />

Happich, Gudrun 55<br />

Hatakka, Tuomo J. 42<br />

Hatje, Holger 58<br />

Hausmann, Anja 63<br />

Hebestreit, Sigrid 57<br />

Heisinger, Frank 57<br />

Helbig, Markus 61<br />

Heller, Steffen 59<br />

Hendricks, Barbara 40<br />

Heuchert, Karsten 26/27, 40<br />

Hirte, Michael 56<br />

Höhn, Uwe 18<br />

Hoppe, Annekathrin 23<br />

Höppner, Reinhard 7<br />

Hübner, Sabine 59<br />

Hühne, Anja 61<br />

Jeworrek, Torsten 9<br />

Jung, Burkhard 27<br />

Kahnemann, Daniel 54<br />

Kappert, Siegfried 60<br />

Karnath, Wolfgang 58<br />

Klippstein, Markus 12<br />

Kochan, Manfred 61<br />

König, Eike-Jens 57<br />

Kopp, Markus 7<br />

Kotschi, Jürgen 57<br />

Kotzan, Uwe 18/19<br />

Kratsch, Katharina 62<br />

Krey, Christian 10<br />

Krienelke, Peter 59<br />

Kühmstedt, Thomas 8<br />

Kuhn, Werner 8<br />

Kurtzke, Christian 20/21<br />

Kurz, Jürgen 55<br />

Lambusch, Thomas 7<br />

Lamprecht, Anke 7<br />

Lehmann, Robert 35<br />

Lehmann, Stefan 61<br />

Leschke, Verena 61<br />

Lewis, Michael 54<br />

Lieberknecht,<br />

Christine 3, 28-32<br />

Liebing, Jean 58<br />

Lindemann, Hartmut 23<br />

Lipski, Simone 59<br />

Mangold, Anna 12/13<br />

Mansfeld, Marcel 13<br />

Medwedjew, Alexander 26<br />

Mehdorn, Hartmut 59<br />

Menges, Kathrin 9<br />

Merkel, Angela 8, 28, 31/32<br />

Merkel, Stephan 47<br />

Mücke, Annette 59<br />

Müller, Corinna 23<br />

Nahles, Andrea 36<br />

Nari, Ambrose Peter 12<br />

Oelmann, Marco 61<br />

Oertel, Heinz Florian 65<br />

Oettinger, Günther 42<br />

Oliva, Jens 57<br />

Paukstat, Rolf 62<br />

Piketty, Thomas 54<br />

Plattner, Hasso 56<br />

Platzeck, Matthias 56<br />

Politz, Anke 59<br />

Ragnitz, Joachim 16/17, 35<br />

Reichel, Andreas 39<br />

Reuschel, Matthias 62<br />

Rodestock, Bodo 27<br />

Rohde-Göhring, Birgit 59<br />

Rothe, René 57<br />

Rottkämper, Guido 62<br />

Russ, Steffen 50/51<br />

Sanders, Heiko 27, 42<br />

Scharner, Jens Aurel 7<br />

Schirmer, Brigitte 7<br />

Schirmer, Matthias 7<br />

Schlegel, Sirko 7<br />

Schmidberger, Jürgen 6<br />

Schmidt, Walter 65<br />

Schöning, Gregor 58<br />

Schröder, Wolfgang 62<br />

Schucht, Boris 40, 42, 44/45<br />

Schultz, Birgit 58<br />

Schultze-Berndt,<br />

Jürn Jakob 58<br />

Schulz-Strelow, Monika 37<br />

Schwarz, Stephan 58<br />

Schweitzer, Eric 37<br />

Seifert, Sabrina 59<br />

Sell, Helge 46/47<br />

Srivastava, Ravi 12<br />

Stars, Hauke 9<br />

Stefanovic ´ , Miloš 56<br />

Stehr, Nico 57<br />

Stein, Andreas 13<br />

Stenger, Tillmann 10/11<br />

Subkow, Wiktor A. 56<br />

Tambor, Richard 61<br />

Tesch, Gernot 7<br />

Thiel, Oliver 10<br />

Tierney, John 54<br />

Tillich, Stanislaw 20, 27, 39, 44<br />

Tim, Merle Malou 61<br />

Topf, Wolfgang 38<br />

Unland, Georg 21<br />

van Winsen, Jos 22<br />

von Boeselager,<br />

Claudia 12/13<br />

von Dohnanyi, Klaus 34<br />

Walkenhorst, Ralf 54<br />

Warmbier, Ronald 58<br />

Weber, Clemens 57<br />

Weber, Wolfgang 58<br />

Wehrle, Martin 54<br />

Weik, Matthias 54<br />

Weißenberg, Peter 59<br />

Weyer, Frieda 21<br />

Winkel, Mike 9<br />

Wittberg, Volker 48<br />

Wittke, Jürgen 58<br />

Wogirz, Lukas 61<br />

Woidke, Dietmar 56<br />

Wolf, Frank-Oliver 48<br />

Wollseifer, Peter 58<br />

Zahlmann, Anika 62<br />

Zeibig, Jürgen 36<br />

Zschiedrich, Klaus 9<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014


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68 | W+M Länderreport<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 4 / 2014

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