Ausgabe vom 13. 05. 2012 - beim SonntagsWochenBlatt
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<strong>13.</strong> Mai <strong>2012</strong> <strong>SonntagsWochenBlatt</strong> – Unsere Bauern<br />
– Anzeigen – Seite 3<br />
„Wenn die Bauern weichen,<br />
kommen die Konzerne”<br />
Torsten Krawczyk ist Geschäftsführer<br />
des Landgutes Westewitz<br />
GbR und Vorstandsvorsitzender<br />
des Regionalen Bauernverbandes<br />
Döbeln-Oschatz.<br />
<br />
Foto: SMUL<br />
Oschatz (SWB). Herr Krawczyk,<br />
die Bauern schlagen<br />
Alarm. Die einst von den Bauern<br />
selbst geforderten Biogasanlagen<br />
würden Boden- und<br />
Pachtpreise für die Bauern unbezahlbar<br />
machen, behaupten<br />
sie.<br />
Torsten Krawaczyk: Die Sache<br />
ist viel komplizierter. Die<br />
Neufassung des Erneuerbare Energien<br />
Gesetzes (eeg) <strong>vom</strong> Januar<br />
dieses Jahres verstärkt Entwicklungen<br />
in den Dörfen, die<br />
weder von den Bauern gewollt<br />
noch für die ländlichen Regionen<br />
von Vorteil wären.<br />
Was ist des Pudels Kern im<br />
neuen EEG?<br />
Erst mal zum Ausgangspunkt.<br />
Biogasanlagen, also die Erzeugung<br />
von Strom aus Produkten<br />
Nachgefragt<br />
Torsten Krawczyk über Segen und Fluch von biogasanlagen<br />
und Abprodukten der Landwirtschaft,<br />
hat den hiesigen Bauern<br />
ein weiteres wirtschaftliches<br />
Standbein verschafft und ihnen<br />
sein gewisses Maß mehr Unabhängigkeit<br />
<strong>vom</strong> steten Auf und<br />
Ab der Erzeugerpreise gebracht.<br />
Zur Energieerzeugung werden<br />
Gülle, Abrodukte aus dem landwirtschaftlichen<br />
Kreislauf und<br />
Feldfrüchte eingesetzt, so wie es<br />
der Bauer, für seinen Hof zugeschnitten,<br />
sinnvoll und verantwortungsbewusst<br />
organisiert.<br />
Mais, Zuckerrüben, Getreide:<br />
alles Produkte, die der<br />
Fleisch- und Milchproduktion<br />
entzogen wurden.<br />
Nein! Marktfrüchte und/oder<br />
Futterproduktion sind die<br />
Hauptstandbeine der „Energiebauern“<br />
geblieben. Nur wenn<br />
hier Überschüsse oder nicht verwertbare<br />
Qualitäten anfallen,<br />
setzen wir diese zur Stromerzeugung<br />
ein.<br />
Was genau wird sich durch<br />
das neue EEG Ihrer Meinung<br />
nach ändern?<br />
Es bevorteilt die industriellen<br />
Stromerzeuger: Stromkonzerne,<br />
Stadtwerke, Konsortien, Aktiengesellschaften.<br />
Stromerzeugung<br />
ist deren Geschäftsmodell zur<br />
Gewinnmaximierung, und das<br />
in Größenodnungen, die uns<br />
Bauern weit in den Schatten<br />
stellen. Mit neben- und Abprodukten<br />
von Feld und Stall planen<br />
die nicht. Stattdessen große<br />
Schlageinheiten mit Hochleistungspflanzen,<br />
also Industrie auf<br />
dem Lande in reinster Form.<br />
Sie werfen diesen industriellen<br />
Akteuren Preistreiberei<br />
auf dem Boden- und Pachtmarkt<br />
vor?<br />
Das ist kein Vorwurf, das ist die<br />
Realität. Der seit Beginn der Finanzkrise<br />
zu konstatierende<br />
Run von Anlegern in Immobilien,<br />
damit auch in den Kauf von<br />
akzeptiert und Bestandteil des<br />
Dorfbildes geworden. Alle Protestler<br />
möchte ich aufrufen, falls<br />
sie undifferenziert gegen jede<br />
Biogasanlage zu Felde ziehen,<br />
über die Alternativen nachzudenken.<br />
Mit den Bauern kann<br />
man noch verhandeln, ihnen<br />
diese oder jene Unterstützung<br />
für das Dorffest, die Kirche und<br />
den Kindergarten abringen. Ob<br />
das noch mit dem Konzern gelingt?<br />
Sie meinen, die Konzerne<br />
könnten den Platz der Bauern<br />
einnehmen?<br />
Industrielle Energieerzeuger gehen<br />
ganz anders zu Werke. Haben<br />
diese die behördliche Genehmigung<br />
in der Tasche, wird<br />
gebaut mit oder ohne Proteste<br />
im Dorf. Vieleicht schicken die<br />
Großunternehmen ihre Rechtsabteilung<br />
zur Einwohnerversammlung,<br />
um dort höflich,<br />
aber bestimmt ihre Stärke zu dokumentieren.<br />
Herr Krawczyk, es klingt, als<br />
ob Sie den Schulterschluss<br />
mit allen Bewohnern im Dorf<br />
gegen eine durchgehende Industralisierung<br />
der Landwirtschaft<br />
suchen?<br />
Wir Bauern und alle, die ihr<br />
Dorf lieben, haben doch die<br />
gleichen Interessen: ein lebendiges<br />
Dorfleben mit einer umweltverträglichen<br />
Landwirtschaft<br />
in einer gesunden Natur.<br />
Gespräch: E. Baumbach<br />
Regionalbauernverband<br />
Döbeln-Oschatz e. V.<br />
Hainstraße 3, 04720 Döbeln<br />
Tel.: 03431 622843,<br />
Fax:60 57 29<br />
SonntagSWochenBlatt – Unsere Bauern<br />
landwirtschaftlichen Nutzflächen,<br />
treibt die Preise. Die Energieerzeuger<br />
verschärfen die Entwicklung<br />
weiter.<br />
Pachtvertäge sind langfristig<br />
geschlossen, so leicht kommen<br />
die industriellen Stromerzeuger<br />
wohl nicht rein.<br />
Unsere Warnung geht mit Blick<br />
zehn Jahre voraus. Der Einstieg<br />
in die Veränderung der Besitzund<br />
Pachtverhältnisse hat begonnen,<br />
mehr in Meck-Pom<br />
und Sachsen-Anhalt als bei uns<br />
in Mittel- und Nordsachen. Wir,<br />
die Politik, die Bürger müssen<br />
uns jetzt verständigen, welche<br />
landwirtschaftliche Infrastruktur<br />
wir wollen: Eine Landwirtschaft,<br />
wo man den Bauern im Dorf<br />
noch <strong>vom</strong> Angesicht und mit<br />
Namen kennt oder ob es eine<br />
gesichtlose Geschäftsadresse in<br />
Dresden oder Amsterdam wird.<br />
Das neue EEG wurde in Berlin<br />
bestimmt, mit einem klaren<br />
Ziel beschlossen.<br />
Sicherlich ist der Ansatz seit Fukushima<br />
richtig, aus der Kernenergie<br />
auszusteigen. Das sollte<br />
mit Augenmaß, Weitblick und<br />
Sachverstand geschehen und<br />
nicht auf dem Rücken der ländlichen<br />
Regionen.<br />
In den ländlichen Regionen<br />
rührt sich Widerstand gegen<br />
Biogasanlagen im Allgemeinen.<br />
Den ich im eigenen Unternehmen<br />
verspürte. Unsere bäuerli-<br />
27 März 2011 chen Anlagen, so um die 500 E-Mail: Bauernverband.Doebeln-Oschatz@t-online.de<br />
schaftliche Flächen werden auch teln und nachwachsenden – anzeigen – Seite Roh-<br />
3<br />
kW, sind zumeist in den Dörfern<br />
für die Erzeugung erneuerbarer stoffen<br />
dienen.<br />
Milchhof Kötitz GmbH & Co. KG und EAG Borna<br />
Flächenschutz<br />
und Flächennutzung<br />
Landfraß hat zugenommen<br />
Landwirt schaftliche Fläche wird zu Bauland. <br />
(lps/Cb). Das sind erschreckende<br />
Zahlen: In Deutsch land gehen<br />
fast täglich 90 Hektar Acker- und<br />
Grünlandflächen durch Überbauung<br />
verloren. In nur 20 Jahren bis<br />
<strong>2012</strong> sind der Nahrungsmittelerzeugung<br />
durch Überbauung und<br />
Versiegelung über 800 000 Hektar<br />
entzogen worden. Von Nachhaltigkeit<br />
in der Flächenplanung<br />
kann also keine Rede sein. Der<br />
Deutsche Bauernverband versucht<br />
jetzt, mit einer Petition, in<br />
Verbindung mit einer Unterschriftenaktion,<br />
die Politiker in Berlin<br />
wachzurütteln.<br />
Um den ungeheuren Flächenverbrauch<br />
in einem im globalen<br />
Vergleich eher kleinen Land wie<br />
Deutschland zu reduzieren, müssen<br />
endlich wirksame Maßnahmen<br />
getroffen werden. Landwirt-<br />
Eine holländisch-deutsche Erfolgsgeschichte<br />
wie die eag borna e.g. und die Milchhof Kötitz gmbh&co. Kg zu einem gemeinsamen geschäftsführer kamen<br />
Foto: Busche<br />
Energie gebraucht. Andererseits<br />
will man im Rahmen der sogenannten<br />
Energiewende noch mehr<br />
Trassen für Freileitungen durch die<br />
Landschaft treiben. Auch das wird<br />
zulasten landwirtschaftlicher Flächen<br />
gehen, von den langwierigen<br />
Entschädigungsverfahren ganz zu<br />
schweigen.<br />
Jahrzehntelang sind große Flächen<br />
an Ortsrändern zur Ansiedlung<br />
von Groß märkten und<br />
Betrieben verschwendet worden.<br />
Dabei ist die Innenentwicklung<br />
von Dörfern und Städten auf<br />
der Strecke geblieben. Industriebrachflächen<br />
könnten besser genutzt<br />
werden. Naturschutzrechtliche<br />
Aus gleichs maßnahmen sind<br />
zwar sinnvoll, sollten aber nicht<br />
auf Kosten von Flächen gehen, die<br />
zur Erzeugung von Nahrungsmit-<br />
Milchhof Kötitz GmbH<br />
& Co. KG<br />
Inh. roel van den hengel<br />
böhlaer Straße 22<br />
04779 wermsdorf Ot Kötitz<br />
tel. 034361 63523<br />
Kötitz (cS). roel van den hengel<br />
ist schon lange kein Unbekannter<br />
mehr in der landwirtschaft der<br />
region. wenn man einen termin<br />
mit ihm hat, merkt man schnell,<br />
dass er gerne von befreundeten<br />
landwirten um fachlichen rat<br />
gefragt wird oder sich Menschen<br />
um seine Unterstützung bemühen.<br />
Das telefon klingelt oft.<br />
Diese Position hat sich der Familienvater<br />
unter landwirtschaftsunternehmer<br />
aus leidenschaft hart<br />
erarbeitet. In den niederlanden<br />
geboren und auf dem väterlichen<br />
hof (ebenfalls agrarbetrieb) aufgewachsen,<br />
mit viel ehrgeiz und<br />
Zahlen & Fakten<br />
• 10 beschäftigte +<br />
2 lehrlinge<br />
• Fläche: 430 ha<br />
• davon<br />
205 Mais<br />
225 grünland<br />
• 600 Kühe<br />
• 540 nachzucht<br />
Roel van den Hengel mit Frau Leonie, Tochter Femke und den Söhnen<br />
Luuk und Roy vor den Kälberboxen. Der Rückhalt der Familie ist dem<br />
Landwirt extrem wichtig.<br />
Foto: CS<br />
einer gehörigen Portion wissenshunger<br />
ausgestattet, machte<br />
er sich an ein Studium an einer<br />
landwirtschaftlichen Fachhochschule<br />
und schrieb seine Diplomarbeit<br />
über landwirtschaftliches<br />
Marketing im internationalen<br />
agrarhandel.<br />
Dahinter steckte die Frage „wo<br />
landen eigentlich die Produkte?“<br />
Danach kam viel Praxis als betriebsleiter<br />
in verschiedenen<br />
ostdeutschen Milchviehanlagen<br />
dazu. Schließlich reifte in dem<br />
sympathischen Familienvater der<br />
entschluss, eine eigene anlage zu<br />
eröffnen.<br />
Die gelegenheit dazu ergab<br />
sich 2005 mit der Übernahme<br />
der Milchviehanlage in Kötitz.<br />
Der Start erfolgte mit sieben<br />
Mitarbeitern.<br />
Einsatzbereitschaft & Tierliebe<br />
anpacken ist für den diplomierten<br />
landwirt enorm wichtig – „theorie<br />
alleine reicht eben nicht“, erörtert<br />
van den hengel. Für ihn ist es einfach<br />
wichtig, sämtliche arbeitsabläufe<br />
selber zu beherrschen, um<br />
bei der Optimierung der täglichen<br />
arbeit die richtigen entscheidungen<br />
treffen zu können. <strong>beim</strong> rundgang<br />
durch die erst kürzlich aufwendig<br />
renovierte Milchvieh-Stallanlage in<br />
Kötitz, aber auch in den anlagen<br />
der ehemaligen eag borna, jetzt<br />
agrar gmbh borna, kann man<br />
das hauptcredo des Unternehmers<br />
sehen: nur einem gesunden<br />
und glücklichen tier kann man<br />
höchstleistungen abverlangen!<br />
Immer wieder Sorgen bereitet der<br />
oft unterbewertete Milchpreis. „es<br />
Der Melkvorgang wird in beiden Unternehmen mittels modernster<br />
Technologie durchgeführt. Das ist effektiv und belastet die Tiere nicht.<br />
Foto: EAG<br />
kann nicht sein, dass eine Flasche<br />
wasser im Supermarkt mehr kostet<br />
als ein liter Milch. Da kann etwas<br />
nicht stimmen!“, stellt herr van den<br />
hengel fest.<br />
Verantwortung<br />
Schnell wird deutlich, dass der<br />
sympathische niederländer sich<br />
nicht nur viele gedanken um seine<br />
tiere und Pflanzen macht, sondern<br />
ihm auch die Menschen wichtig<br />
sind. Die Mitarbeiter seines Stammsitzes<br />
in Kötitz können davon<br />
zeugnis ablegen: In der Milchhof<br />
Kötitz gmbh & co. Kg herrscht<br />
ein fairer Umgang miteinander.<br />
Die Mitarbeiter sollen jeden Monat<br />
ihr geld pünktlich bekommen.<br />
Verantwortung, die nicht überall so<br />
vorbildlich wahrgenommen wird!<br />
Eine neue Chance<br />
als im letzten Jahr die nachricht<br />
umging, das die eag borna kurz<br />
vor der Insolvenz stand, machten<br />
sich nicht nur die Mitarbeiter riesige<br />
Sorgen um die zukunft. grund für<br />
den wirtschaftlichen Kollaps war<br />
der völlig abgewertete eierpreis,<br />
mit dem die gesamte geflügelwirtschaft<br />
zu kämpfen hatte. Die erlöse<br />
aus dem geflügelbereich waren im<br />
Firmenverbund die tragende Säule,<br />
welche plötzlich gekippt war. Das<br />
hatte einen enormen einfluss auf das<br />
gesamtergebnis des Unternehmens<br />
– so groß, dass eine völlige Umstrukturierung<br />
unausweichlich war.<br />
während die betriebseigene Fleischerei<br />
und der hofladen in private<br />
hände gegangen sind, freute sich<br />
die eag ab 15. Dezember 2011, mit<br />
Erzeuger- und<br />
Absatzgemeinschaft<br />
Borna e. G.<br />
bornaer Straße 6<br />
04758 liebeschützberg Ot bornitz<br />
tel. 03435 622171<br />
roel von der hengel einen neuen<br />
und kompetenten geschäftsführer<br />
zu haben. Mit seiner anpackenden<br />
art machter er sich sofort daran,<br />
die vielen Unternehmensbestandteile<br />
neu zu ordnen. So wurden<br />
zum beispiel die komplette Milchviehhaltung<br />
und der Feldbau neu in<br />
der agrar gmbh borna organisiert.<br />
weitere Unternehmensbestandteile,<br />
wie zum beispiel die geflügel<br />
gmbh bornitz oder die leckwitzer<br />
geflügelhof gmbh, blieben als<br />
tochterunternehmen der erzeugerund<br />
absatzgemeinschaft borna e.<br />
g. erhalten. Mittlerweile freut sich<br />
roel van der hengel sehr darüber,<br />
dass man viele arbeitsplätze retten<br />
konnte und gute Fortschritte dabei<br />
macht, den gesamtbetrieb weiter<br />
zu optimieren.<br />
Zahlen & Fakten<br />
• 50 beschäftigte<br />
• 950 ha landwirtschaftliche<br />
nutzfläche<br />
• 550 zuchtsauen<br />
• 600 rinder<br />
• 165 000 legehennen<br />
SWB Torgau /Oschatz_Bauernzeitung ausgabe 19 <strong>13.</strong> Mai <strong>2012</strong> S.3/S.3/S.3/S.3<br />
▼<br />
Schwarz/Cyan/Magenta/Gelb Farbcode: 4c