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Replik auf Gro<strong>de</strong>: NS-Euthanasie und ‚Bioethik’<br />
<strong>de</strong>n Nazis genommen hat. Nach seiner Deutung hat das Naziregime<br />
die biologische Regulierung bisher am straffsten und nachdrücklichsten<br />
aufgenommen und zum Ausdruck gebracht. Es ist aber<br />
durchaus nicht <strong>de</strong>r einzige, und schon gar nicht ein isolierter<br />
Exponent dieser Herrschaftstechnik. Vielmehr ist sie <strong>de</strong>r radikalisierte<br />
Ausdruck einer Politik, von <strong>de</strong>r die gegenwärtigen Entwicklungen<br />
im Bereich <strong>de</strong>r sog. ‚Lebenswissenschaften’ keineswegs frei<br />
sind. Zwar gibt es gegenwärtig in Deutschland keine staatliche,<br />
zentral gesteuerte Geburten- und Bevölkerungspolitik – gleichwohl<br />
hat sich ein engmaschiges Netz vorgeburtlicher Beratung und<br />
Diagnostik etabliert, das darauf abzielt, genetische, chromosomale<br />
o<strong>de</strong>r körperliche Abnormitäten frühzeitig zu erkennen, und das<br />
auch in <strong>de</strong>njenigen Fällen, in <strong>de</strong>nen gar keine Therapie möglich ist.<br />
Man muss daher die vorgeburtliche Diagnostik im Kontext eines<br />
Entwicklungsprozesses sehen, <strong>de</strong>n HABERMAS (2001) treffend als<br />
Herausbildung einer ‚liberalen Eugenik’ bezeichnet. Das Beunruhigen<strong>de</strong><br />
hieran ist laut HABERMAS „das Verschwimmen <strong>de</strong>r Grenze<br />
zwischen <strong>de</strong>r Natur, die wir sind, und <strong>de</strong>r organischen Ausstattung,<br />
die wir uns geben“ (44). Zwar hat sich <strong>de</strong>r Nationalsozialismus zur<br />
Durchsetzung seiner Bevölkerungspolitik auch <strong>de</strong>r Instrumente <strong>de</strong>s<br />
Massenmor<strong>de</strong>s bedient. Dennoch steht, wie oben ange<strong>de</strong>utet,<br />
außer Zweifel, daß diese Politik von ihrer Intention her keine Politik<br />
<strong>de</strong>r Zerstörung war, son<strong>de</strong>rn eine, die sich das Ziel gesetzt hat,<br />
Leben zu machen. Und eben dies: die Eingriffe in das Leben und<br />
das Machen von Leben, verweist auf die grundlegen<strong>de</strong> Problematik<br />
<strong>de</strong>r Biomedizin und <strong>de</strong>r ‚Lebenswissenschaften’.<br />
Vor diesem Hintergrund scheint mir die komplexe Theorie von<br />
FOUCAULT ein Instrument <strong>de</strong>r Analyse bereitzustellen, das einen<br />
skeptischen und kritischen Kontrapunkt zu ‚lebenswissenschaftlichen’<br />
Be<strong>de</strong>nkenlosigkeiten o<strong>de</strong>r gar Euphorien bereitstellt.<br />
Sicherlich ist <strong>de</strong>r Rückgriff auf FOUCAULT nicht frei von <strong>de</strong>r Gefahr,<br />
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Heilpädagogik <strong>online</strong> 03/ 03