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Gestützte Kommunikation. Mythos oder Realität? Zeit lässt. Auch hält sie es generell für möglich, dass die Schriftsprache ohne Kopplung an die Lautsprache erlernt werden kann. Richtig an Rosemary CROSSLEYS Behauptung ist, dass die geistigen Fähigkeiten von Menschen ohne Lautsprache, die gleichzeitig schwer körperbehindert sind, in der Vergangenheit außerordentlich häufig falsch eingeschätzt worden sind. In dem Maße, wie ihnen Talker und andere Kommunikationshilfen zu Verfügung gestellt wurden, konnten sie ihre Fähigkeiten zeigen. Einer meiner Studenten hat 1990 eine Examensarbeit über einen schwerstmehrfach behinderten jungen Mann geschrieben. Er wollte ihm einfache Computerspiele beibringen, um ihm eine altersgemäße Freizeitbeschäftigung zu eröffnen. Der junge Mann konnte nur einen großen Zeh willkürlich bewegen. Die Computertastatur wurde so angebracht, dass die Bedienung mit dem Fuß möglich wurde. Der junge Mann hat die Spiele auch gelernt, war aber nicht so begeistert wie der Student es erwartet hatte. Immer wenn er ein Spiel verstanden hatte, wollte er ein neues haben. Schließlich sind dem Studenten die Spiele ausgegangen. Da die Stunde noch nicht zuende war, hat er ihn an einem Textverarbeitungsprogramm arbeiten lassen. Der junge Mann schien nur auf diesen Augenblick gewartet zu haben. Zur größten Überraschung des Studenten tippte er die Namen aller seiner Klassenkameraden in den Computer. Auch bei diesem Schüler hatte niemand gewusst, in welchem Umfang er über eine innere Sprache verfügte und dass er bereits lesen und schreiben konnte. Rückblickend wurde klar, dass er dem Leseunterricht seiner Klasse aufmerksam gefolgt ist. Die Namen der Schüler sind in der Regel in Schulen für Geistigbehinderte an den Kleiderhaken, auf Tischen, Stühlen, Tassen und dem Ämterplan gut sichtbar angebracht. Der junge Mann hatte also viele - 9 - Heilpädagogik online 03/ 03
Gestützte Kommunikation. Mythos oder Realität? Jahre Gelegenheit gehabt, sich gerade die Namen der Klassenkameraden gut einzuprägen. Der Unterschied zwischen diesem Fall und FC-Schreiben liegt im Grad der Selbstständigkeit. Der hier beschriebene junge Mann konnte einen Zeh willentlich bewegen. Er hat die Namen getippt, ohne dabei gestützt zu werden. Ergebnisse von empirischen Untersuchungen Empirische Überprüfungen zur Wirksamkeit der gestützten Kommunikation waren zunächst deshalb kaum durchführbar, weil FC-VertreterInnen die Methoden herkömmlicher empirischen Forschung für unangemessen hielten. Äußere Anlässe, vor allem gerichtlich angeordnete Überprüfungen der Urheberschaft bei Anklagen wegen sexuellen Missbrauchs, übten einen deutlichen Druck aus, empirische Untersuchungen durchzuführen. BLIGH und KUPPERMAN (1993: ‘Facilitated communication evaluation procedure accepted in a court case’) haben eine Studie vorgelegt, die zeigt, wie man experimentell vorgegangen ist. Es ging um die Frage, ob die FC-Kommunikationen von der stützenden Person inhaltlich beeinflusst waren. Bei der von BLIGH und KUPPERMAN beschriebenen Probandin handelte sich um ein zehnjähriges, stark sehbehindertes Mädchen. Die Entwicklung war sehr verlangsamt verlaufen und sie zeigte autistische Verhaltensweisen. Stützerin war die Lehrerin des Kindes, die eine FC-Schulung absolviert hatte. Im Rahmen des FC- Trainings hatte die Lehrerin jeweils eine Frage in den Computer eingegeben. Die Schülerin hatte diese vom Bildschirm abgelesen und mit Hilfe ihrer Lehrerin eine Antwort in den Computer eingetippt. - 10 - Heilpädagogik online 03/ 03
- Seite 1 und 2: Ausgabe 03|03 ISSN 1610-613X / Jg.
- Seite 3 und 4: Editorial Editorial Liebe Leserinne
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- Seite 23 und 24: American Pragmatism, Sociology and
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- Seite 53 und 54: Die Last der NS-Geschichte der Kons
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Gestützte Kommunikation. Mythos o<strong>de</strong>r Realität?<br />
Zeit lässt. Auch hält sie es generell für möglich, dass die Schriftsprache<br />
ohne Kopplung an die Lautsprache erlernt wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Richtig an Rosemary CROSSLEYS Behauptung ist, dass die<br />
geistigen Fähigkeiten von Menschen ohne Lautsprache, die<br />
gleichzeitig schwer körperbehin<strong>de</strong>rt sind, in <strong>de</strong>r Vergangenheit<br />
außeror<strong>de</strong>ntlich häufig falsch eingeschätzt wor<strong>de</strong>n sind. In <strong>de</strong>m<br />
Maße, wie ihnen Talker und an<strong>de</strong>re Kommunikationshilfen zu<br />
Verfügung gestellt wur<strong>de</strong>n, konnten sie ihre Fähigkeiten zeigen.<br />
Einer meiner Stu<strong>de</strong>nten hat 1990 eine Examensarbeit über einen<br />
schwerstmehrfach behin<strong>de</strong>rten jungen Mann geschrieben. Er wollte<br />
ihm einfache Computerspiele beibringen, um ihm eine altersgemäße<br />
Freizeitbeschäftigung zu eröffnen. Der junge Mann konnte nur<br />
einen großen Zeh willkürlich bewegen. Die Computertastatur wur<strong>de</strong><br />
so angebracht, dass die Bedienung mit <strong>de</strong>m Fuß möglich wur<strong>de</strong>.<br />
Der junge Mann hat die Spiele auch gelernt, war aber nicht so<br />
begeistert wie <strong>de</strong>r Stu<strong>de</strong>nt es erwartet hatte. Immer wenn er ein<br />
Spiel verstan<strong>de</strong>n hatte, wollte er ein neues haben. Schließlich sind<br />
<strong>de</strong>m Stu<strong>de</strong>nten die Spiele ausgegangen. Da die Stun<strong>de</strong> noch nicht<br />
zuen<strong>de</strong> war, hat er ihn an einem Textverarbeitungsprogramm<br />
arbeiten lassen. Der junge Mann schien nur auf diesen Augenblick<br />
gewartet zu haben. Zur größten Überraschung <strong>de</strong>s Stu<strong>de</strong>nten<br />
tippte er die Namen aller seiner Klassenkamera<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n<br />
Computer.<br />
Auch bei diesem Schüler hatte niemand gewusst, in welchem<br />
Umfang er über eine innere Sprache verfügte und dass er bereits<br />
lesen und schreiben konnte. Rückblickend wur<strong>de</strong> klar, dass er <strong>de</strong>m<br />
Leseunterricht seiner Klasse aufmerksam gefolgt ist. Die Namen<br />
<strong>de</strong>r Schüler sind in <strong>de</strong>r Regel in Schulen für Geistigbehin<strong>de</strong>rte an<br />
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gut sichtbar angebracht. Der junge Mann hatte also viele<br />
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