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Humanistische Psychologie

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<strong>Humanistische</strong> <strong>Psychologie</strong><br />

Überblick, Grundsätze<br />

G.Fohrer, Würzburg 2011


Nach der Psychoanalyse<br />

eine neue Form der Gesprächstherapie


Einführungs-Zitat<br />

• Wir <strong>Humanistische</strong>n Psychologen sind es leid,<br />

Psychologen zu sein, wenn <strong>Psychologie</strong> darin<br />

besteht, den Menschen als eine größere weiße<br />

Ratte oder einen lang-sameren Computer zu<br />

betrachten<br />

J. Bugenthal 1967<br />

(nach Gröschke 1999, 145)


3rd force (3.Kraft)<br />

aus Völker 1980 (in Gröschke 1999, 145)


Geschichte<br />

• 1962 American Association of Humanistic<br />

Psychology (Vors. Abraham Maslow)<br />

• Einfluss : deutsche Emigranten wie Kurt<br />

Goldstein,<br />

• Erich Fromm, Fritz Perls, Charlotte Bühler<br />

• Ruth Cohn<br />

• Gegenposition zu<br />

• 1. Kraft: Behaviorismus<br />

• 2. Kraft: Psychoanalyse


Vorläufer und<br />

Strömungen<br />

humanistischer<br />

<strong>Psychologie</strong><br />

Quelle: Quitmann 1996<br />

(in Quitmann 2000, S.165)


Grundauffassungen<br />

1. Angst und Freiheit<br />

existentielle Bedingungen des Menschen<br />

dem Menschen innewohnendes Potential bzw. Wert auf dem<br />

Wachstum und Selbstverwirklichung<br />

Weg zu<br />

2. Wahl, Entscheidung und Verantwortlichkeit<br />

Freiheit des Menschen als Grundthese, Wahl und Entscheidung als<br />

Ausdrucksform, Verantwortlichkeit für die Konsequenzen der Entscheidungen,<br />

gegenüber sich selbst und den Mitmenschen


Grundauffassungen<br />

3. Hier-Und-Jetzt<br />

existentialistischer Aspekt der „Gegenwärtigkeit“; Wahrneh- mung<br />

und Bewußtheit (awareness) der subjektiven Realität ist Ausgangspunkt aller<br />

Konzepte<br />

4. Intentionalität – Gerichtetsein auf Sinn und<br />

Werte<br />

eher indirekter Aspekt.<br />

2 Formen: konservativ (Bestand der Werte-Persönlichkeit erhalten) und<br />

progressiv (Grenzen der Persönlichkeit aktiv auf- suchen und erweitern


5. Ganzheitlichkeit<br />

Grundauffassungen<br />

Existenzmerkmal des Menschen und alsm phänomenologischer<br />

des In-der-Welt-Seins.<br />

Mensch in seiner Einzigartigkeit als Individuelle Ganzheit von<br />

, Seele und Geist.<br />

Aspekt<br />

Körper<br />

6. Selbstverwirklichung<br />

Bestreben des Organismus sich auf Sinnhaftes, Werte hin zu<br />

bewegen, Grenzen zu schützen und zu überschreiten<br />

2 zugrundeliegende Annahmen:<br />

1. Menschliche Potentiale liegen zum größten Teil brach (BUGENTAL: 75-<br />

90%), streben zur Entfaltung<br />

2. Mit Entfaltung einhergehende Probleme u. Spannungen können als<br />

lustvoll erlebt werden<br />

(aus Quitmann 2000, S.164-169)


Angewandte Existenzphilosophie<br />

• Wirklichkeit besteht nur in dem Maße, als ein<br />

lebender Mensch an ihr teilnimmt, sie<br />

bewusst erlebt und eine Beziehung zu ihr hat.<br />

Das Unbewusste sind jene Möglichkeiten des<br />

Wissens und Erlebens, welche das Individuum<br />

nicht verwirklichen kann oder nicht<br />

verwirklichen wird. Verdrängung ist kein<br />

einfacher Mechanismus, sondern ein<br />

komplizierter Kampf des Seins gegen das<br />

Nicht-Sein. Auch Begriffe wie Es, Ich und


Fortsetzung<br />

• die er unwillkürlich zu bewahren trachtet. Der<br />

Mensch ist seines Seins als eines „Subjektes,<br />

das eine Welt hat“ bewusst. Drohungen von<br />

der Welt implizie-ren, dass der Mensch sich<br />

als Bedrohten miterlebt. Auch in der Angst sei<br />

er frei und könne sich ent-scheiden. Er könne<br />

sich sogar gegen sich selbst wenden. Seine<br />

Freiheit sei auf seiner Fähigkeit des Erlebens<br />

und Bewusstseins begründet.<br />

• Rollo MAY


• Theoriedefizit<br />

Kritische Anmerkungen<br />

1. Fehlen klarer und eindeutig definierter<br />

Grundbegriffe<br />

2. Fehlen systematischer Ausführungen<br />

persönlichkeits-und<br />

entwicklungspsychologischer Überlegungen<br />

3. Metatheoretischer Hintergrund vieler Konzepte<br />

unklar (Vorwurf: Psychologisieren<br />

philosophischer Probleme)


Therapiekonzeption<br />

• Einfühlendes und nicht-wertendes Verstehen<br />

(Empathie, die „Fähigkeit den anderen und<br />

seine Welt mit seinen Augen zu sehen“, seinen<br />

„inneren Bezugsrahmen“ wahrnehmen)<br />

• Achtung und Wohlwollen (emotionale Wärme,<br />

„Achten, Wärme, Sorgen“)<br />

• Nicht-Direktivität (keine Lenkung oder<br />

Kontrolle, da jede Person ihrem „inneren<br />

Leitstern“ folgen kann)<br />

• Echtheit und Selbstkongruenz (Authentizität,


Beispiel<br />

• Klient: Eigentlich sollte ich wirklich sofort nach<br />

der Arbeit nach Hause gehen und meiner Frau<br />

mit den Kindern helfen, aber nach einem vollen<br />

Arbeitstag im Büro, da…ach, ich weiß nicht.<br />

• Therapeut: Das klingt, als ob sie sagen wollten,<br />

dass sie manchmal nicht gerade gerne nach<br />

Hause gehen.<br />

• Klient: Ja so ist es. Ich fühl‘ mich wie ein Schwein,<br />

wenn ich das sage, aber manchmal wünsche ich


Beispiel<br />

• Therapeut: Es wäre schön, mal nichts davon<br />

um die Ohren zu haben, nicht wahr?<br />

• Klient: Oh ja , das wär‘ wirklich schön, aber es<br />

tut auch schon ziemlich gut, dieses enge<br />

Gefühl aus der Brust loszuwerden.<br />

in : Bourne/Ekstrand 1992 Einführung in die <strong>Psychologie</strong>, S. 509


Abraham MASLOW (1908-1970)


• 1908<br />

City);<br />

Kurzbiografie<br />

Geboren in Brooklyn (New York<br />

Eltern: jüd.-russ. Immigranten<br />

• Studium University of Wisconsin-<br />

Madison<br />

• 1934<br />

Promotion im Fach <strong>Psychologie</strong><br />

• 1937 Professur Brooklyn College der<br />

Columbia University<br />

• 1951<br />

Boston<br />

Wechsel zur Brandeis University in


Klassifikation der<br />

menschlichen Motive<br />

Maslow


Bedürfnishierarchie


Bedürfnisse und Entwicklung


OPERATIONALISIERUNGEN VON<br />

SELBSTVERWIRKLICHUNG<br />

aus : BOURNE/EKSTRAND 1992, S. 386 und 387


• Was können die Betreuer zur<br />

Bedürfnisbefriedigung beitragen?<br />

Fragestellungen<br />

• Wie ist die Maslowsche Bedürfnishierachie<br />

auf Menschen mit geistiger Behinderung<br />

anwendbar ?<br />

• Wie sehen einzelne Motivklassen aus ?<br />

• Beispiele bei Thomas ?


Carl Ransom Rogers (1902-1987)<br />

• 1902 geb. in Oak Park (Vorort<br />

Chicago) in streng protestant. Familie<br />

• Studium der Agrarwissen-schaften,<br />

dann Theologie (bdes.abgebr.)<br />

• Studium der <strong>Psychologie</strong><br />

(behavioristisch orientiert)<br />

• 1931 Promotion Columbia University<br />

• 1940 Professor Ohio State University<br />

• 1945 Professor University of Chicago<br />

• 1957 Professor University of<br />

Wisconsin<br />

• 1964 Umzug nach Südkalifornien<br />

• 1968 Gründung des Centers for Study<br />

of the Person<br />

• 1987 Nominiert für Friedensnobel-


Gründung<br />

• Neben der 1. Kraft der <strong>Psychologie</strong>, dem<br />

„Behaviorismus“ und der 2. Kraft ,der“<br />

Psychoanalyse“, hat sich als 3.Kraft die<br />

„<strong>Humanistische</strong> <strong>Psychologie</strong>“ entwickelt (nach<br />

Maslow).<br />

• 1957,1958 Treffen in Detroit<br />

• 1961 Gründung der American Association for<br />

Humanistic Psychology<br />

• 1963 1. Ausgabe des Journal of Humanistic<br />

Psychology<br />

• 1964 1.Konferenz in Saybrook, Conn. mit


Grundfragen nach Charlotte Bühler<br />

Grundfragen:“daß die menschliche Motivation<br />

von dem im menschlichen Leben angelegten<br />

Grundgesetzen her verstanden werden muß: Was<br />

will der Mensch als Mensch? Was sind die Dinge,<br />

deren er als Mensch spezifisch fähig ist und die zu<br />

tun ihm wichtig sind? Beide (Existentialisten und<br />

Humanist.Psychologen) erkennen, dass der<br />

Mensch dauernd damit beschäftigt ist, etwas aus<br />

sich herauszustellen, über den Augenblick hinaus<br />

wirksam zu sein.(…) <strong>Humanistische</strong> Psychologen<br />

betonen, dass dieses Schaffen in einem Prozeß<br />

stattfindet, den das Individuum als


„<strong>Humanistische</strong>“ <strong>Psychologie</strong><br />

•<br />

• „Humanistisch“, ein Begriff aus der<br />

Renaissance, ihn hat Erich FROMM in die<br />

<strong>Psychologie</strong> eingeführt u. meinte damit<br />

das„wahrhaft Menschliche, dem Menschen im<br />

besten Sinne Eigenste“ (BÜHLER, S.116)<br />


Rogers - Anfang<br />

• 11.12.1940 Geburtsstunde seines Ansatzes:<br />

Vortrag an der University of Minnesota<br />

• Hauptthese:<br />

• In der Psychotherapie solle es nicht um<br />

Problem-lösung, sondern um persönliche<br />

Entwicklung gehen, wobei der Therapeut<br />

Begleiter und Förderer dieser Entwicklung<br />

statt Experte für psychische Probleme und<br />

deren Lösung zu sein habe. (nach Schmid


Annahmen Rogers<br />

• Menschenbild:<br />

• „Der Mensch ist von Anfang an Person als<br />

eigenständiges,<br />

unverwechselbares<br />

Individuum(er ist der, der er ist) und er ist von<br />

Anfang an auf die personale Gemeinschaft mit<br />

anderen bezogen, ja auf solche Beziehungen<br />

angewiesen…erst durch die Beziehung zu<br />

anderen Personen entfaltet und verwirklicht er<br />

sein Person-Sein: er wird Persönlichkeit“<br />

(Schmid 1999, S.182).<br />

•<br />

• Dieser Personbegriff steht im Kontrast zu einem


Grundbegriffe bei ROGERS<br />

• „Zur Person gehören<br />

• Selbstständigkeit wie Selbstbestimmung und<br />

• Beziehungsoffenheit wie<br />

Beziehungsangewiesenheit und<br />

• Erfahrung und Begegnung<br />

• Souveränität und<br />

Engagement<br />

• Autonomie und<br />

Solidarität


Grundbegriffe bei ROGERS<br />

• Aktualisierungstendenz<br />

• Eine dem Menschen innewohnende Tendenz<br />

sich selbst zu verwirklichen, d.h. seine<br />

Möglichkeiten konstruktiv in die Wirklichkeit<br />

umzusetzen.<br />

• Die individuelle Entwicklungstendenz ist auch<br />

eine sozial konstruktive, was für die Person<br />

selbst förderlich ist, ist auch für für die<br />

Gruppe o. Gesellschaft förderlich u.<br />

umgekehrt.


Grundbegriffe bei ROGERS<br />

• Erfahrung und Symbolisierung<br />

• E. ist alles was sich innerhalb des Organismus<br />

in einem bestimmten Moment abspielt und<br />

prinzipiell gewahr, d.h. bewusst werden<br />

kann. Gemeinhin Leben und Erleben. Wird<br />

eine E. bewusst, spricht man von<br />

Symbolisierung, d.h.symbolische<br />

repräsentation eines Teils der E. im<br />

Bewusstsein. Kann verbal sein o. sich anderer<br />

Symbole (z.B.Körperempfindungen)


Grundbegriffe bei ROGERS<br />

• Selbst und Selbstaktualisierungstendenzen<br />

• Mensch hat die Fähigkeit zur Reflexion der<br />

eigenen Person, dadurch entsteht eine<br />

Vorstellung von sich selbst, ein Selbstbild.<br />

Wie sich eine Person sieht, bewertet etc. ist<br />

vom Betroffenen her sein Selbstkonzept, von<br />

außen her seine Selbststruktur o. Selbst.<br />

Entsteht, entwickelt, verändert sich, nichts<br />

fixes, Ganzheit der Wahrnehmungen des Ich,<br />

kann bewusst , nicht bewusst sein. Die<br />

Entwickluns und Veränderung des Selbst liegt


Grundbegriffe bei ROGERS<br />

• Kongruenz und Inkongruenz zwischen Selbst und Erfahrung<br />

• Person ist dann kongruent (=integriert, echt, authentisch), wenn das<br />

Selbst mit dem Erleben übereinstimmt, d.h. neue Erfahrungen werden<br />

zugelassen, in das Selbst integriert, Selbst wird flexibler<br />

•<br />

• Je rigider das Selbst umso stärker die Tendenz neue Erfahrungen<br />

abzuwehren. Im Gegensatz zu Offenheit defensive Reaktion auf<br />

Erfahrungen die das Selbst bedrohen. Methoden. Verzerrung<br />

(Abänderung der Erfahrungen, selektive Aufnahme ins Bew.),<br />

Verleugnung (Wahrnehmung für bedeutungslos erklären), Verneinung<br />

(überhaupt verweigern).<br />


Grundbegriffe bei ROGERS<br />

• Beispiel: Selbstwahrnehmung als hilfreich,<br />

liebevoll, besorgt , andere sehen ihn als<br />

egoistisch, auf Macht aus. Würde er seine<br />

Erfahrung möglichst exakt symbolisieren,<br />

würde sich vielleicht herausstellen, dass er<br />

durch große Sorge um andere auch die<br />

eigene Befürchtung überdeckt, in eine<br />

schwache Position zu geraten, heißt gewisse<br />

Machtmotive hat. Dieser Widerspruch schafft<br />

beständige<br />

•<br />


Grundbegriffe bei ROGERS<br />

• Begegnung<br />

• „personale Begegnung“ : wechselseitige<br />

Anerkennung als Person. Den anderen so<br />

nehmen wie er ist und in seinem So-Sein<br />

respektieren und andererseits sich selbst als<br />

Person ins Spiel bringen, statt neutrale Distanz<br />

zu halten.<br />

•<br />

• Gegenwärtigkeit(Präsenz)<br />

• Unmittelbares Erleben mit dem anderen im<br />

jeweiligen Augenblick. Im existentiellen Sinne<br />

(nicht ideolog. Hier-Und-Jetzt)


• Unmittelbarkeit<br />

Grundbegriffe bei ROGERS<br />

• Herausforderung, den fruchtbaren<br />

Augenblick zu ergreifen. „Denn Begegnung<br />

geschieht immer jetzt und sie ereignet sich<br />

direkt zwischen den Personen: in Un-Mittelbarkeit,<br />

jenseits aller Mittel, Methoden und<br />

Techniken“ (S.190)<br />


Therapiesituation


Stichworte<br />

• Non-direktiv: nicht manipulativ, lenkend<br />

• Klientenzentriert: Focus auf Erlebniswelt des Klienten<br />

• Personzentriert: Beachten, dass Person des<br />

Therapeuten und Person des Klienten<br />

aufeinandertreffen. Ziel ist nicht be-schränkt auf<br />

Verhaltensänderung des Klienten, sondern Entwicklung<br />

der Person/Persönlichkeit des Klienten<br />

• Kindzentriert<br />

• Gesprächstherapie (GT)


Literatur<br />

• Bourne, Lyle/Ekstrand, Bruce Einführung in<br />

die <strong>Psychologie</strong> Eschborn: Klotz, 1992<br />

• Gröschke, Dieter Psychologische Grundlagen<br />

der Heilpädagogik. Bad Heilbrunn:<br />

Klinkhardt, 1999²<br />

• Heckhausen, Hans Motivation und Handeln.<br />

Berlin u.a.: Springer, 1980<br />

• Kriz, Jürgen Grundkonzepte der<br />

Psychotherapie. Weinheim: PVU, 2001,<br />

5.Auflage


Literatur<br />

• Quitmann, Helmut Humanistischpsychologische<br />

Ansätze. In: Borchert, Johann<br />

(Hrsg.) Handbuch der Sonderpädagogischen<br />

<strong>Psychologie</strong>. Göttingen u.a.: Hogrefe, 2000, S.<br />

159 – 169<br />

• Slunecko, Thomas Psychotherapie. Eine<br />

Einführung. Wien: facultas, 2009<br />

• Toman, Walter Tiefenpsychologie. Stuttgart<br />

u.a.: Kohlhammer 1978

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