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Lebenswertes Zusammenleben mit schwerstbehinderten Menschen

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<strong>Menschen</strong>bild 6<br />

Weiterhin ist die Achtung vor jeglichem menschlichen Dasein für mich apodiktisch.<br />

In Anlehnung an FROMM meine ich <strong>mit</strong> Achtung „die Fähigkeit, jemanden so zu<br />

sehen, wie er ist, und seine einzigartige Individualität wahrzunehmen“ (FROMM 1998,<br />

51). „Diese sich selbst gehörende Individualität, durch die sich jedes humane Dasein<br />

als einmalige Persönlichkeit erfahren kann, bedeutet den nicht bestreitbaren Wert<br />

jedes menschlichen Lebens - als auch z.B. des schwer geistig Behinderten“ (SAAL<br />

1990b, 37). Unter Individualität ist die Besonderheit jedes einzelnen zu verstehen,<br />

die ihn von anderen unterscheidet und so<strong>mit</strong> unverwechselbar macht. Welcher Art<br />

diese Unterschiede sind, ist dabei nicht von Bedeutung. Ob ein Mensch<br />

beispielsweise eine Behinderung hat oder nicht, ist so<strong>mit</strong> gleichgültig im Sinn von<br />

gleichrangig oder gleichwertig, denn auch eine Behinderung macht einen Teil der<br />

eigenen Persönlichkeit aus. Man hat sie nicht, sondern man ist sie. SAAL macht dies<br />

deutlich, indem er sagt: „Sie gehört zu mir und ergibt zusammen <strong>mit</strong> anderem meine<br />

spezifische Identität“ (SAAL 1990b, 38). Eine Behinderung stellt so<strong>mit</strong> ein<br />

Wesensmerkmal dar, das es zu achten und zu akzeptieren gilt, wie jedes andere auch.<br />

Man kann nicht einerseits respektieren, daß jemand Mann oder Frau, faul oder<br />

strebsam und so weiter ist, und sich andererseits intolerant gegenüber seiner Spastik<br />

oder seinem Down-Syndrom verhalten. Selbst wenn die Behinderung von der<br />

Umwelt als Defizit wahrgenommen wird, so sind doch „die ‘Defizite’, unser aller<br />

Unzulänglichkeiten, [...] zur Person zugehörig wie Kompetenzen auch, und wer sie<br />

nicht akzeptiert, lehnt zugleich Teile der Person ab“ (WALTHER 1998 2 , 74). Anders<br />

ausgedrückt kann man den <strong>Menschen</strong> nur in seiner Ganzheit vollständig annehmen,<br />

oder man lehnt ihn als solchen ab. Wenn man sich dafür entschieden hat, ihn <strong>mit</strong> all<br />

seinen ihm wesenhaft zugehörigen Eigenschaften bedingungslos anzunehmen und in<br />

seiner jeweiligen Seinsweise zu achten, so beinhaltet dies die Anerkennung der<br />

menschlichen Würde als unantastbar, wie dies in Artikel 1 Absatz 1 unseres<br />

Grundgesetzes geschrieben steht (vgl. DÖRR 2000, 22) und theoretisch von Rechts<br />

wegen abgesichert ist. Ebenso wie das Menschsein an sich ist auch die<br />

<strong>Menschen</strong>würde unteilbar und „der Disposition durch <strong>Menschen</strong> entzogen; sie muß<br />

nicht verdient oder erarbeitet oder bestätigt werden“ (DÖRR 2000, 23).

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