Lebenswertes Zusammenleben mit schwerstbehinderten Menschen

Was ist Heilpädagogik ? 52
entscheidend für die Qualität der zu leistenden Arbeit und beinhaltet meines
Erachtens eine gewisse Bereitschaft, die Eigenarten, das ‘Anderssein’ der Bewohner
zu tolerieren und zu akzeptieren und sie in ihrem So-sein bedingungslos
anzunehmen. Diese Bereitschaft impliziert für mich einen respektvollen, würdevollen
und achtenden Umgang. Mitarbeiter, die ihr Handeln nach diesen Kriterien
ausrichten, kommen nicht um die heilpädagogischen Leitideen der Normalisierung,
Integration und Selbstbestimmung (vgl. Kapitel 5.1.1 - 5.1.3) herum, denn wer nicht
‘normal’, das heißt wie jeder andere auch, behandelt wird, wer segregiert und
fremdbestimmt wird, dem wird ganz offenkundig nicht viel Respekt und Achtung
entgegengebracht, man behandelt ihn würdelos.
Zusammenfassend kann somit gesagt werden, daß der Personenkreis der
‘heilpädagogisch Handelnden’ nicht zwangsläufig und ausschließlich identisch ist
mit der Berufsgruppe der Heilpädagogen. Von letzteren wird ein Handeln nach
heilpädagogischen Grundsätzen zwar vorausgesetzt, doch erfüllen sie diese
Erwartung nicht immer selbstredend. Andererseits gibt es Mitarbeiter, die auch ohne
dementsprechende Ausbildung heilpädagogisch handeln, da sie Erfahrungen
mitbringen oder intuitiv ‘aus dem Bauch heraus’ ihre Arbeit an den Prinzipien der
Normalisierung, Integration und Selbstbestimmung orientieren. Der Personenkreis
der ‘heilpädagogisch Handelnden’ läßt sich also keineswegs festlegen, er variiert von
einer Einrichtung zur nächsten. Im extremsten Fall handelt die Putzfrau eher
heilpädagogisch als der Heilpädagoge, der die Einrichtung leitet.