Lebenswertes Zusammenleben mit schwerstbehinderten Menschen

Lebenswertes Zusammenleben mit schwerstbehinderten Menschen Lebenswertes Zusammenleben mit schwerstbehinderten Menschen

sonderpaedagoge.de
von sonderpaedagoge.de Mehr von diesem Publisher
16.07.2014 Aufrufe

Der Bereich Wohnen 26 Des weiteren ist zu unterscheiden zwischen quantitativen Ansätzen, die „bestimmte Kriterien klar vorgeben“ (ebd., 54) und qualitativen Ansätzen, die „sich stärker auf den Einzelfall einlassen und die besondere Situation entsprechend würdigen“ (ebd.); eine Kombination beider Ansätze ist nach KLICPERA /GASTEIGER-KLICPERA sinnvoll. Auch wird grundsätzlich unterschieden zwischen Ansätzen, die auf Selbstkontrolle, das heißt eine interne Prüfung der Qualität abzielen und solchen, die Fremdkontrolle vorziehen, das heißt extern prüfen lassen (vgl. FRÜHAUF 1996, 100). Auch hier erscheint eine Verbindung beider Ansätze zweckmäßig. Über die bisher genannten Unterscheidungskriterien hinaus gibt es noch zahlreiche weitere, die innerhalb der einzelnen Instrumentarien zur Qualitätsbeurteilung und -bemessung unterschiedlich bewertet werden. Diese alle vorzustellen ist im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich. Auch eine ausführliche Darstellung der einzelnen Instrumentarien kann hier nicht gegeben werden, daher werden im folgenden nur die drei in Deutschland meist diskutierten kurz vorgestellt. Allen Verfahren gemeinsam ist die Orientierung an „Qualitätskriterien, die aus den Leitlinien der Normalisierung und der sozialen Integration abgeleitet sind“ (SEIFERT 1997a, 91). Sie unterscheiden sich hingegen „hinsichtlich der Auswahl der Qualitätsstandards, der Beurteilungsperspektive (Einrichtung oder Bewohner), der Wahl der Methode (Fremd- oder Selbstevaluation) und der in die Qualitätsbeurteilung einbezogenen Personen (Leitung, Mitarbeiter, Bewohner, Angehörige) sowie der Folgerungen der Qualitätsanalyse (Beratung oder Kontrolle)“ (SEIFERT 1997a, 91). Zunächst sei das Anfang der 80er Jahre in Nordamerika entwickelte PASSING (‘Program Assessment of Service Systems Implementing Normalization Goals’; dt.: Verfahren zur Erfassung von Normalisierungszielen in Einrichtungen und Diensten) genannt. Es wurde von WOLFENSBERGER und THOMAS entwickelt und orientiert sich an der ‘Aufwertung der sozialen Rolle’, einem Aspekt des Normalisierungsprinzips

Der Bereich Wohnen 27 nach WOLFENSBERGER (vgl. SEIFERT 1997b, 93). Der wohl bemerkenswerteste Vorzug dieses Instrumentes ist sicherlich, daß durch diese Schwerpunktsetzung die Lebensqualität unter Einbeziehung des sozialen Beziehungsgeflechtes des einzelnen in den Vordergrund rückt (vgl. BUNDESVEREINIGUNG LEBENSHILFE 1996, 53). Andererseits besteht ein großer Nachteil darin, daß zugunsten des übergeordneten Ziels der Aufwertung der sozialen Rolle unter Umständen die Gefahr der Fremdbestimmung gegeben ist (vgl. SEIFERT 1997b, 95). Außerdem handelt es sich um eine „aufwendige und kostenintensive Durchführung durch externe Experten“ (ebd.) Dies sind jedoch lediglich zwei Kernargumente neben zahllosen weiteren für beziehungsweise gegen PASSING, eine differenzierte Beurteilung ist hier wie gesagt nicht möglich. LOCO (‘Learning Opportunities Coordination’; dt.: Analyse koordinierter Lerngelegenheiten im Wohnstättenbereich für Menschen mit Behinderung) wurde Ende der 80er Jahre in England von GÜNZBURG und GÜNZBURG als System für die Analyse der Struktur, Führung und Ausstattung von Wohnstätten entwickelt (vgl. SEIFERT 1997b, 96). Ziel dieses Beurteilungsverfahrens ist es, festzustellen, „ob und in welchem Maß die Wohneinheit geeignet ist, persönliche und soziale Entwicklung der Bewohner/- innen zu ermöglichen und das Erreichen eines höheren Grades persönlicher Unabhängigkeit zu fördern“ (BUNDESVEREINIGUNG LEBENSHILFE 1996, 54). Zu kritisieren ist hier vor allem die Tatsache, daß der Schwerpunkt auf den materiellen Voraussetzungen für „eine an den Leitlinien ‘Normalisierung’ und ‘Integration’ orientierte Entwicklung lebenspraktischer und sozialer Kompetenzen im Kontext des Wohnens“ (SEIFERT 1997b, 97) liegt. Wenn die Ergebnisse nicht mit den Mittelschichtsnormen übereinstimmen, an denen sich LOCO orientiert, besagt dies jedoch nichts über die Lebenszufriedenheit der Bewohner, denn es besteht die Möglichkeit, daß diese Normen bewußt von ihnen mißachtet werden. Darüber hinaus fehlt eine „qualitative Gewichtung der Indikatoren“ (ebd.). LEWO (‘Lebens- und Wohnqualität erwachsener Menschen mit geistiger Behinderung’) ist ein von der ‘Bundesvereinigung Lebenshilfe’ entwickeltes

Der Bereich Wohnen 27<br />

nach WOLFENSBERGER (vgl. SEIFERT 1997b, 93). Der wohl bemerkenswerteste<br />

Vorzug dieses Instrumentes ist sicherlich, daß durch diese Schwerpunktsetzung die<br />

Lebensqualität unter Einbeziehung des sozialen Beziehungsgeflechtes des einzelnen<br />

in den Vordergrund rückt (vgl. BUNDESVEREINIGUNG LEBENSHILFE 1996, 53).<br />

Andererseits besteht ein großer Nachteil darin, daß zugunsten des übergeordneten<br />

Ziels der Aufwertung der sozialen Rolle unter Umständen die Gefahr der<br />

Fremdbestimmung gegeben ist (vgl. SEIFERT 1997b, 95). Außerdem handelt es sich<br />

um eine „aufwendige und kostenintensive Durchführung durch externe Experten“<br />

(ebd.) Dies sind jedoch lediglich zwei Kernargumente neben zahllosen weiteren für<br />

beziehungsweise gegen PASSING, eine differenzierte Beurteilung ist hier wie gesagt<br />

nicht möglich.<br />

LOCO (‘Learning Opportunities Coordination’; dt.: Analyse koordinierter Lerngelegenheiten<br />

im Wohnstättenbereich für <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> Behinderung) wurde Ende der<br />

80er Jahre in England von GÜNZBURG und GÜNZBURG als System für die Analyse der<br />

Struktur, Führung und Ausstattung von Wohnstätten entwickelt (vgl. SEIFERT 1997b,<br />

96). Ziel dieses Beurteilungsverfahrens ist es, festzustellen, „ob und in welchem Maß<br />

die Wohneinheit geeignet ist, persönliche und soziale Entwicklung der Bewohner/-<br />

innen zu ermöglichen und das Erreichen eines höheren Grades persönlicher<br />

Unabhängigkeit zu fördern“ (BUNDESVEREINIGUNG LEBENSHILFE 1996, 54). Zu<br />

kritisieren ist hier vor allem die Tatsache, daß der Schwerpunkt auf den materiellen<br />

Voraussetzungen für „eine an den Leitlinien ‘Normalisierung’ und ‘Integration’<br />

orientierte Entwicklung lebenspraktischer und sozialer Kompetenzen im Kontext des<br />

Wohnens“ (SEIFERT 1997b, 97) liegt. Wenn die Ergebnisse nicht <strong>mit</strong> den<br />

Mittelschichtsnormen übereinstimmen, an denen sich LOCO orientiert, besagt dies<br />

jedoch nichts über die Lebenszufriedenheit der Bewohner, denn es besteht die<br />

Möglichkeit, daß diese Normen bewußt von ihnen mißachtet werden. Darüber<br />

hinaus fehlt eine „qualitative Gewichtung der Indikatoren“ (ebd.).<br />

LEWO (‘Lebens- und Wohnqualität erwachsener <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> geistiger<br />

Behinderung’) ist ein von der ‘Bundesvereinigung Lebenshilfe’ entwickeltes

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!