Lebenswertes Zusammenleben mit schwerstbehinderten Menschen
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Der Bereich Wohnen 23<br />
Das Individuum als ‘alleinige Datenquelle’ zu akzeptieren, gestaltet sich nicht immer<br />
einfach. Auch <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> einer sogenannten leichten Behinderung können sich<br />
zumeist verbal zu ihrer Lebenssituation äußern. Eine schwer(st)e Behinderung<br />
hingegen geht häufig <strong>mit</strong> einer starken Einschränkung der verbalen Kommunikation<br />
einher. Das heißt allerdings nicht, daß der Mensch, der sich nicht oder kaum verbal<br />
auszudrücken vermag, nichts ‘zu sagen’ hat, denn im Prinzip muß alles, was jemand<br />
tut oder auch nicht tut, als Meinungsäußerung angesehen werden. WATZLAWICK<br />
begründet dies, indem er sagt: „Man kann sich nicht nicht verhalten. Wenn man also<br />
akzeptiert, daß alles Verhalten in einer zwischenpersönlichen Situation Mitteilungscharakter<br />
hat, d.h. Kommunikation ist, so folgt daraus, daß man, wie immer man es<br />
auch versuchen mag, nicht nicht kommunizieren kann“ (WATZLAWICK 2000 10 , 51).<br />
So<strong>mit</strong> ist in einer Wohngruppe für <strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> einer schwer(st)en geistigen<br />
Behinderung die Bereitschaft der Mitarbeiter unerläßlich, auch die nonverbalen<br />
Kommunikationsmöglichkeiten der Bewohner als solche zu erkennen und zu<br />
akzeptieren, und sich <strong>mit</strong> ihnen auseinanderzusetzen. Diese beginnen bei Kopfnicken<br />
bzw. -schütteln, gehen über Gesten, Gebärden und gezieltes Zeigen auf etwas<br />
(beispielsweise vorgefertigte Bildkarten), bis hin zu „somatischen Erscheinungen“<br />
(FORNEFELD 1998 2 , 119) des Leibes, wo<strong>mit</strong> zum Beispiel Speichelfluß, Körpergeruch<br />
und -temperatur, Muskeltonus und vieles andere mehr gemint ist. Dieses und<br />
ähnliches Verhalten als Kommunikation wahrzunehmen und zu verstehen, setzt<br />
primär ein hohes Maß an Offenheit, Sensibilität und Geduld seitens der Fachkraft<br />
voraus, sowie die Grundannahme, daß jegliches Verhalten der Bewohner subjektiv<br />
sinnvoll und daher in jedem Fall ernstzunehmen ist. Ebenso ist eine gute Beziehung<br />
zwischen ‘Betreuer’ und dem jeweiligen Bewohner vorauszusetzen, ohne die es<br />
schwerfallen wird, dessen Mitteilungen zu deuten.<br />
Wenn also geklärt wurde, daß das Individuum - in diesem Fall der Bewohner - die<br />
einzig zulässige Datenquelle für das eigene, subjektive Empfinden der aktuellen<br />
Lebenslage ist, und alle Möglichkeiten der Kommunikation ausgeschöpft werden, um<br />
diese ‘Daten’ zu erfahren, so besteht der nächste Schritt darin, diese subjektive