Heilpädagogik online 01/06
Heilpädagogik online 01/06
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Leserbriefe<br />
können, benötigen sie - wie grundsätzlich alle anderen Menschen<br />
auch - Unterstützung. Zwischen Exotik und Vermeidung ist Behinderung<br />
also zugleich (auch) ein gesellschaftliches Versprechen<br />
(GRODE 20<strong>01</strong>b).<br />
Behinderte als Kristallisationskern einer humanen<br />
Gesellschaft<br />
Damit aber üben Behinderte eine durchweg positive Wirkung auf<br />
ein Gemeinwesen aus, das von humanitären und christlichen<br />
Werten geprägt ist. Gerade auch geistig behinderte Menschen,<br />
bringen allein durch ihre pure Existenz das unbewußte Bedürfnis<br />
nach Gemeinsamkeit, Humanität und Solidarität in die Welt, das in<br />
jedem von uns steckt: „Ich bin glücklich, wenn ich verstanden<br />
werde, wenn ich auf andere zählen kann“. „Der Mensch soll des<br />
anderen Helfer sein“ könnte eine humane Lebensmaxime lauten.<br />
Behinderte Menschen bilden einen Kristallisationskern, um den herum<br />
sich (bewusst oder unbewusst) der potentielle Widerpart zum<br />
Sozialdarwinismus bildet. Sie mindern allein dadurch, dass man sie<br />
gesellschaftlich trägt und/oder erträgt und nicht zuletzt dadurch,<br />
dass sie sich selbst und ihre eigenen Unzulänglichkeiten ertragen,<br />
den Normierungs- und Selbstanpassungsdruck, der auf der ganzen<br />
Gesellschaft lastet.<br />
Und zwar sowohl im direkt anschaulichen Sinne als auch im abstrakt-normativen<br />
Sinne. Jede moderne, rationale Konkurrenzgesellschaft<br />
bringt - weil sie die „Normalität“ als allgemeinen Maßstab<br />
benötigt - ganz automatisch auch das Nicht-Normale, das Nicht-<br />
Angepaßte, das Behinderte hervor. Würde dies - zum Beispiel<br />
durch die aktuell avisierten Fortschritte der Humangenetik - beseitigt,<br />
so würden zukünftig ganz neue, heute noch völlig „normale“<br />
Menschen an ihre Stelle treten, die dann als „unnormal“ gelten<br />
würden.<br />
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Heilpädagogik <strong>online</strong> <strong>01</strong>/ <strong>06</strong>