16.07.2014 Aufrufe

Heilpädagogik online 01/06

Heilpädagogik online 01/06

Heilpädagogik online 01/06

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Leserbriefe<br />

Die PID führt nicht zur Diskriminierung Behinderter<br />

Die Präimplantationsdiagnostik (PID), schreibt Wolfgang van den<br />

DAELE (2002) vom Wissenschaftszentrum Berlin, zur nächsten<br />

Bioethik-Debatte, sei Selektion, aber sie führe nicht zur<br />

Diskriminierung Behinderter. Und er hat für diese These ein sehr<br />

einleuchtendes Beispiel: Der Anteil derjenigen, die für Kinder mit<br />

Down-Syndrom einfache Anstaltsunterbringung ohne besonderen<br />

Aufwand befürworten, so das Mitglied des Nationalen Ethikrates, ist<br />

zwischen 1969 und 2000 auf null gefallen. Gleichzeitig stieg der<br />

Anteil der Befürworter besonderer individueller Fördermaßnahmen<br />

von 59 auf 90 Prozent. 1969 hielten es nur 18 Prozent für richtig,<br />

die betroffenen Kinder im Elternhaus zu betreuen, 2000 waren es<br />

90 Prozent. Diese Entwicklung ist vor allem deshalb von Bedeutung,<br />

weil parallel dazu die vorgeburtliche Selektion von Föten mit<br />

Down-Syndrom ständig zugenommen hat und überwiegend akzeptiert<br />

worden ist. Diese Parallelität, so van den DAELE, belegt, dass<br />

Selektion vor der Geburt und Diskriminierung nach der Geburt unabhängige<br />

Phänomene sind und das eine nicht auf das andere abfärbt.<br />

In Deutschland nährt sich die beträchtliche Zustimmung der Bevölkerung<br />

zur zur Pränatalen Diagnostik und zur PID vorläufig noch<br />

einzig und allein aus der Angst vor Behinderung. Einer Angst, die<br />

(um es zu wiederholen) individuell überaus berechtigt ist und nicht<br />

bagatellisiert werden sollte. Gesellschaftlich aber ist diese Angst,<br />

und damit die Bereitschaft ethische Grenzen zu überschreiten, jedoch<br />

zumindest ambivalent, wenn nicht gar töricht.<br />

Denn was ist das für eine Gesellschaft, die Stärke, Schönheit und<br />

Reichtum auf ihre Fahnen geschrieben hat, deren neue<br />

Gesetzestafeln die Idee des aggressiven Wettbewerbs feiern? Überall<br />

wird der Eindruck vermittelt, als ginge es ums Überleben: „Ihr<br />

- 96 -<br />

Heilpädagogik <strong>online</strong> <strong>01</strong>/ <strong>06</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!