Heilpädagogik online 01/06
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Leserbriefe<br />
tenförderung, (k)eine Herausforderung für die Pädagogik ist resp.<br />
sein soll.<br />
Aber auch dieses gedankliche Angebot von „Heilpädagogik-<strong>online</strong>“<br />
ist von den Lesern dieses hochwichtigen Artikels nicht genutzt<br />
worden. Dabei wäre eine Diskussion über die „Sonder-Klasse“, nur<br />
ein Einstieg in diejenige über den „Club der Vollkommenen“. Denn<br />
nicht nur Elitebildung, sondern auch genetische Makellosigkeit<br />
könnte bald ein Privileg der Reichen und Mächtigen werden (GRO<br />
DE 20<strong>01</strong>a).<br />
Zu diesem „Club der genetisch Vollkommenen“ werden nur verhältnismäßig<br />
wenige Zutritt haben. Man kann davon ausgehen, schreibt<br />
der Soziologe Zygmunt BAUMAN (2000), dass die enormen Kosten<br />
der Mitgliedschaft in diesem Kreis, keine Kinderkrankheit einer<br />
neuen Technologie darstellen, sondern ihr ständiges Merkmal<br />
bleiben werden.<br />
Es wird immer wieder neue, unvermutet auftauchende Leiden zu<br />
kurieren geben, immer wieder neue Gene, denen die Gunst entzogen<br />
wird und die ersetzt werden müssen. Man kann sich dieses<br />
Privilegs also sicher sein - während die meisten traditionellen<br />
Privilegien von Tag zu Tag wackliger und zweifelhafter werden.<br />
Das neue Privileg scheint lohnender zu sein als jedes andere. Die<br />
Distinktion wird nämlich nicht mehr so fragwürdige und umstrittene<br />
Begriffe wie mindere Intelligenz, geringeren Schneid, oder Fleiß der<br />
rangniederen Sterblichen bemühen müssen.<br />
Gegen Statusüberlegenheit der Höhergestellten läßt sich Protest<br />
anmelden, wenn ihr sozialer Rang eine Klassenfrage, glücklicher<br />
Zufall oder einfach nur Skrupellosigkeit war. Aber wer will schon<br />
gegen die Gene protestieren?, fragt Bauman.<br />
Auch deshalb (und weil sie tatsächlich für viele Betroffene ein<br />
Segen sein kann) finde ich die pauschale Verteufelung der Bioethik<br />
(DEDERICH 2003) so kontraproduktiv und enttäuschend. Für den<br />
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