Heilpädagogik online 01/06

Heilpädagogik online 01/06 Heilpädagogik online 01/06

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16.07.2014 Aufrufe

Leserbriefe vertretbar, auf der Basis dieses „magischen Rituals“ sog. „individuelle Fördermaßnahmen“ herzuleiten. Ganz offensichtlich mangelt es vielen an der notwendigen kausalen Denkfähigkeit. Allein schon die unzulässige Gleichsetzung der Begriffe „individuell“ und „subjektiv“ vernebelt die Tatsache, dass jeder Lernprozess immer nur als interner subjektiver Prozess ablaufen kann. Dieser ist von „außen“ uneinsehbar. Schon rein formal-sachlogisch kann es folgerichtig eine „vermeintlich gezielte individuelle Förderung“ (von außen) prinzipiell gar nicht geben. Die Neurowissenschaften sprechen ehrlicherweise sogar davon, dass „wir mit der Erforschung des (subjektiven) Lernprozesses noch nicht einmal begonnen haben!“ - Der vorläufige Höhepunkt dieses pädagogischen Dilemmas wird markiert durch die zweifelhafte Aussage des PISA-03-Berichts. In der Kurzzusammenfassung (aus: Internet IPN/Kiel vom 3.11.2005) ist zu lesen, dass alle Schüler individuell zu fördern seien. Also werden zukünftig Papiertiger riesigen Ausmaßes produziert werden - zum Nachteil der Kinder und als überflüssige Belastung der Lehrkräfte. Die von der Heilpädagogik online angesprochene Notwendigkeit für eine angemessene Streitkultur in der Pädagogik ist bitter notwendig. - 87 - Heilpädagogik online 01/ 06

Leserbriefe Aus unserem Forum Mario Gieske: Als Student der Rehabilitationspädagogik in Dortmund kann ich die aufgezeigten Beispiele und ihre damit einhergehenden Problematiken nur zu gut nachvollziehen. Im Laufe meines Studiums hat mich oft die Eindimensionalität der Themengebiete und der Wille zur Abgrenzung von den Nachbargebieten gestört. Unser Fachbereich besteht erst seit einigen Jahren, nach Abspaltung von den Erziehungswissenschaften. Mit meinen Fragen zur Bildung einer Rehabilitation als Wissenschaft, die auch empirisch zur Theoriebildung beiträgt und Reha-, Heil- und Sonderpädagogik nicht weiter isoliert dastehen lässt, von den anderen Nachbardisziplinen nicht weiter als „Kuschel- oder Lalapädagogik“ belächelt wird und schlimmer, im Laufe der Zeit wissenschaftlich überflüssig macht, habe ich mich mit einigen Mitstudenten oft allein gefühlt. Wissenschaftliches Arbeiten, wissenschaftsgeleitete Theorie, die auch einmal über den Tellerrand (die Erziehungswissenschaften) hinausblickt, wird eher weniger Beachtung im Studium geschenkt. Ich hoffe, dass eine weitaus größere Diskussion zu diesem Thema entsteht. Vielen Dank für den aufschlussreichen Artikel. - 88 - Heilpädagogik online 01/ 06

Leserbriefe<br />

vertretbar, auf der Basis dieses „magischen Rituals“ sog. „individuelle<br />

Fördermaßnahmen“ herzuleiten.<br />

Ganz offensichtlich mangelt es vielen an der notwendigen kausalen<br />

Denkfähigkeit. Allein schon die unzulässige Gleichsetzung der Begriffe<br />

„individuell“ und „subjektiv“ vernebelt die Tatsache, dass jeder<br />

Lernprozess immer nur als interner subjektiver Prozess ablaufen<br />

kann. Dieser ist von „außen“ uneinsehbar. Schon rein<br />

formal-sachlogisch kann es folgerichtig eine „vermeintlich gezielte<br />

individuelle Förderung“ (von außen) prinzipiell gar nicht geben. Die<br />

Neurowissenschaften sprechen ehrlicherweise sogar davon, dass<br />

„wir mit der Erforschung des (subjektiven) Lernprozesses noch<br />

nicht einmal begonnen haben!“ -<br />

Der vorläufige Höhepunkt dieses pädagogischen Dilemmas wird<br />

markiert durch die zweifelhafte Aussage des PISA-03-Berichts. In<br />

der Kurzzusammenfassung (aus: Internet IPN/Kiel vom 3.11.2005)<br />

ist zu lesen, dass alle Schüler individuell zu fördern seien. Also<br />

werden zukünftig Papiertiger riesigen Ausmaßes produziert werden<br />

- zum Nachteil der Kinder und als überflüssige Belastung der Lehrkräfte.<br />

Die von der Heilpädagogik <strong>online</strong> angesprochene Notwendigkeit für<br />

eine angemessene Streitkultur in der Pädagogik ist bitter notwendig.<br />

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