Heilpädagogik online 01/06
Heilpädagogik online 01/06 Heilpädagogik online 01/06
Lernen für das Leben nicht allein in ökonomischer Effizienzsteigerung erschöpft, sondern um der Zukunftsfähigkeit willen für ihr Leitbild weitere Lebens- und Sinnhorizonte bildungsmäßig zu erschließen sucht. Anders als der pädagogische Skandal um die Rechtschreibreform sind die durchaus vorhandenen pragmatischen Aktivitäten der Bildungspolitik, die sich in Deutschland und auf europäischer Ebene finden, ein ernsthafter Versuch, die Zukunftsfähigkeit unseres Kontinents in den Blick zu nehmen und auf die sich abzeichnenden Veränderungen zu reagieren. Zwar kann das Bildungssystem - und hier insbesondere die Schule - nicht alle Probleme der Menschheit lösen, auch wenn dies immer wieder erwartet wird. Aber die Bildungspolitik kann dazu beitragen, den gesellschaftspolitischen Diskurs über die sich abzeichnenden Risiken und Chancen der vorhersehbaren Entwicklungen zu intensivieren. Auf der Grundlage einer politisch forcierten Verständigung darüber, wie wir leben wollen und wie wir nicht leben wollen, könnten jedoch Zielvorstellungen entwickelt werden, wie das Erziehungs- und Bildungssystem auf die sich verändernden Lebensbedingungen zu reagieren hätte. Als unerlässlich wird sich dabei in individueller wie gesellschaftlicher Hinsicht die Bereitschaft erweisen, in Erziehung und Bildung mehr als bislang zu ‚investieren’. Angesichts der Auswirkungen der aktuellen dynamischen Transformationsprozesse benötigen Kinder und Jugendliche um psychisch stabil heranzuwachsen eine Erziehung und Bildung, die auf der Grundlage einer zukunftsorientierten, „vorausschauenden Pädagogik“ (OPASCHOWSKI 2004, 439) eine Sinngebung für das eigene gegenwärtige und zukünftige Leben eröffnet. „Sie brauchen so etwas wie ein fernes Ziel, eine Vorstellung oder wenigstens eine Vision davon, weshalb sie auf der Welt sind, wofür - 9 - Heilpädagogik online 01/ 06
Lernen für das Leben es lohnt, sich anzustrengen, eigene Erfahrungen zu sammeln, sich möglichst viel Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten anzueignen. Wer keine Ahnung davon hat, wohin die Reise gehen soll, weiß auch nicht, was er sich besorgen und in seinen Koffer packen müsste“ (HÜTHER 2003, 42). Bildungspolitisch wird in Deutschland versucht, auf die skizzierten Herausforderungen in formaler Hinsicht mit einer allseitigen Intensivierung der Erziehungs- und Bildungsbestrebungen zu reagieren. Zielführend ist dabei im Blick auf die Eltern und das Familiengefüge, zu einer günstigeren Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu gelangen, u. a. durch ausreichend differenzierte vorschulische und schulische Organisationsstrukturen. Im Blick auf die Schüler soll es zu einer intensiveren Berufsorientierung durch eine stärkere curriculare Berücksichtigung beruflicher Erfordernisse kommen (vgl. BAETHGE 2000) sowie zu einer Anpassung der Abiturientenquote an europäische Standards. Bei gleichzeitiger Verkürzung der gymnasialen Schulzeit von neun auf acht Jahre soll dies realisiert werden mittels einer didaktischen Komprimierung der Unterrichtsinhalte auf ein Kerncurriculum und durch eine Zunahme des Nachmittagsunterrichts. Lehrpläne werden „entschlackt“. Statt eines „weit verzweigten Spezialwissens“ soll eine „Grundwissensbasis“ mit Kernkompetenzen in Deutsch, Mathematik und einer Fremdsprache vermittelt werden. Als „beste Garantie für späteren Erfolg in Studium und Beruf“ wird die Beherrschung von „Methodenkompetenzen“ angesehen, die befähigen, sich rasch in neue Gebiete einzuarbeiten sowie die Entwicklung von „Selbstkompetenzen“, die es ermöglichen sollen, die „eigenen Lernerfolge zu planen“ - so das bayerische Kultusministerium (HOHLMEIER 2004, 270 f.). - 10 - Heilpädagogik online 01/ 06
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- Seite 59 und 60: Den Ruhestand gestalten Helmut Mair
Lernen für das Leben<br />
nicht allein in ökonomischer Effizienzsteigerung erschöpft, sondern<br />
um der Zukunftsfähigkeit willen für ihr Leitbild weitere Lebens- und<br />
Sinnhorizonte bildungsmäßig zu erschließen sucht.<br />
Anders als der pädagogische Skandal um die Rechtschreibreform<br />
sind die durchaus vorhandenen pragmatischen Aktivitäten der Bildungspolitik,<br />
die sich in Deutschland und auf europäischer Ebene<br />
finden, ein ernsthafter Versuch, die Zukunftsfähigkeit unseres Kontinents<br />
in den Blick zu nehmen und auf die sich abzeichnenden Veränderungen<br />
zu reagieren.<br />
Zwar kann das Bildungssystem - und hier insbesondere die Schule<br />
- nicht alle Probleme der Menschheit lösen, auch wenn dies immer<br />
wieder erwartet wird. Aber die Bildungspolitik kann dazu beitragen,<br />
den gesellschaftspolitischen Diskurs über die sich abzeichnenden<br />
Risiken und Chancen der vorhersehbaren Entwicklungen zu intensivieren.<br />
Auf der Grundlage einer politisch forcierten Verständigung darüber,<br />
wie wir leben wollen und wie wir nicht leben wollen, könnten jedoch<br />
Zielvorstellungen entwickelt werden, wie das Erziehungs- und Bildungssystem<br />
auf die sich verändernden Lebensbedingungen zu<br />
reagieren hätte.<br />
Als unerlässlich wird sich dabei in individueller wie gesellschaftlicher<br />
Hinsicht die Bereitschaft erweisen, in Erziehung und Bildung mehr<br />
als bislang zu ‚investieren’.<br />
Angesichts der Auswirkungen der aktuellen dynamischen Transformationsprozesse<br />
benötigen Kinder und Jugendliche um psychisch<br />
stabil heranzuwachsen eine Erziehung und Bildung, die auf<br />
der Grundlage einer zukunftsorientierten, „vorausschauenden Pädagogik“<br />
(OPASCHOWSKI 2004, 439) eine Sinngebung für das<br />
eigene gegenwärtige und zukünftige Leben eröffnet.<br />
„Sie brauchen so etwas wie ein fernes Ziel, eine Vorstellung oder<br />
wenigstens eine Vision davon, weshalb sie auf der Welt sind, wofür<br />
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