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Kickbike Magazin Sommer 2014.pdf

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Der Tuning-Wahn reduzierte sich bei<br />

meinem neuen „Spielgerät“ auf ein<br />

Minimum. Auch musste ich keine Schaltungen<br />

mehr einstellen, keine Ketten<br />

mehr reinigen und mein Allerwertester<br />

tat mir auch nicht mehr weh. Die Einfachheit<br />

dieses Gerätes faszinierte mich. Die<br />

Geschwindigkeit war nicht mehr vom<br />

Material abhängig. Zuerst rollte ich ein<br />

wenig vor mich hin, dann lernte ich<br />

Berge fahren, meine Tritttechnik wurde<br />

wie mein Gleichgewichtssinn immer<br />

besser. Nach wenigen Kilometern gelang<br />

es mir unterwegs, auf dem Roller, ein Eis<br />

zu essen oder einen Kaffee zu trinken. Ich<br />

lernte Muskelgruppen kennen, von<br />

denen ich zuvor nur gelesen habe.<br />

Dieses „Spielgerät“ hielt mir unerbittlich<br />

den Spiegel vor, das gefiel mir. Meine<br />

Touren wurden immer länger und es<br />

fühlte sich gut an anders zu sein. Glücklicherweise<br />

war die Erinnerung an die<br />

Kindheit bei meinen Gesprächspartnern<br />

immer positiv, es hat nie jemand gewagt<br />

darüber auch nur ein böses Wort zu<br />

verlieren. Die Begegnungen unterwegs<br />

waren oft sehr interessant. Tretroller<br />

scheinen selbst dem grimmigsten<br />

Passanten ein Lächeln auf die Lippen zu<br />

zaubern. Manchmal kommen sie mir vor<br />

wie eine Art „PeaceZeichen“. An Wochenenden<br />

drehe ich öfters eine Runde mit<br />

den Rennradfahrern. Deren RTF’s (Rad<br />

Touristik Fahrten) sind für mich eine<br />

willkommene Abwechslung um nicht<br />

immer alleine zu fahren. Ich halte mich<br />

dabei an die kleinere Runde. So komme<br />

ich nach 70-80 Kilometern meist<br />

zeitgleich mit den Rennradfahrern der<br />

100er Tour zurück ins Ziel. Mit der kürzeren<br />

Strecke steigt meine Chance noch ein<br />

Stück Kuchen vom Buffet zu erhaschen<br />

ungemein.<br />

Bin ich zu langsam oder fahre die größeren<br />

Touren, ist oft kein Kuchen mehr da<br />

und ich muss mich mit einer Tasse Kaffee<br />

zufrieden geben.<br />

Meine Neugierde die Landschaft zu<br />

erkunden, wurde auf meiner ersten Tour<br />

nach Bremen geweckt. Es ist ein unbeschreibliches<br />

Gefühl, wenn man sein Ziel<br />

erreicht hat. Oft benötige ich mehr Zeit<br />

die Tour zu verarbeiten als die Strecke zu<br />

bewältigen. Häufig entstehen diese<br />

Reisen bei mir durch einen nicht ganz<br />

ernst gemeinten Gedanken. Wie z.B. die<br />

Frage, wie sehr sich Deutschland entlang<br />

der A7 verändert. Um das zu erfahren,<br />

startete ich im <strong>Sommer</strong> 2012 in Füssen<br />

um nach Flensburg zu fahren. In den<br />

neun Tagen habe ich gelernt, dass Bayern<br />

gar nicht so hohe Berge hat, es in Thüringen<br />

viele Schwalben gibt und das<br />

Bundesland noch viele fast unbefahrbare<br />

Straßen hat, das in der Gegend um Nordheim<br />

riesige Schnecken leben, der Boden<br />

um Celle ganz besonders duftet und<br />

Flensburg fiese Berge hat. Die Langsamkeit<br />

des Tretrollers bringt eine andere Art<br />

von Genuss mit sich. Inzwischen sind<br />

Tretroller Reisen ein fester Bestandteil in<br />

meinem Leben geworden. In dem letzten<br />

Jahr habe ich versucht Österreich zu<br />

durchqueren. Leider ist es mir nicht ganz<br />

gelungen und ich musste die Tour nach<br />

etwa der Hälfte meiner geplanten<br />

Strecke abbrechen. Geblieben sind ca.<br />

460km mit ungefähr 10.000 Höhenmetern<br />

und ein ganz besonderes Gefühl,<br />

wenn man die Berge mit dem Tretroller<br />

bezwungen hat. Auf der Strecke<br />

zwischen Bodensee und Bischofshofen<br />

lagen immerhin die Silvretta Hochalpenstraße<br />

(2.073m), Kühtai (2.017m) und der<br />

Großglockner (2.571m).<br />

<strong>Kickbike</strong><br />

<strong>Magazin</strong> 7

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