Zwischenbericht Evaluation - Kanton Solothurn
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Fallbeispiel Laura<br />
Die 16jährige Laura zählt zu den Jugendlichen mit inneren Konflikten. Wie die anderen Jugendlichen und<br />
jungen Erwachsenen dieser Gruppe, blickt auch sie auf eine wechselhafte Vergangenheit zurück. Brüche und<br />
Konflikte kennzeichnen insbesondere die Familiengeschichte und die Wohnsituation. Nach der Trennung ihrer<br />
Eltern lebte sie zeitweise bei der Mutter und zeitweise bei einer Pflegefamilie. Heute wohnt sie in einem Jugendheim.<br />
Auch die Schulzeit verlief unglücklich. Sie berichtet von Konflikten mit Lehrpersonen und Mobbingerfahrungen.<br />
Dass sie von ihren Eltern kaum Unterstützung erhält, macht die Situation nicht einfacher. Während<br />
sie vom Vater Ablehnung erfährt, kann sie von ihrer Mutter keine Hilfe erwarten, weil diese psychisch<br />
krank ist.<br />
Die aktuelle Situation von Laura ist kritisch. Sie steht kurz vor Abschluss des 9. Schuljahres und es ist keine<br />
Anschlusslösung in Sicht. Diese Situation führt sie einerseits auf ihre schwierige Kindheit und ihre schwierige<br />
Jugend zurück, andererseits auf ihre Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen. Diese hindern sie daran,<br />
ihre Vorstellungen und Ziele umzusetzen. Trotz dieser Belastungen verfügt sie über bestimmte Ressourcen:<br />
sie hat ein intaktes soziales Netz (Freund, Kollegen), vielfältige Interessen (z.B. Malen) und ein starkes<br />
Streben nach Unabhängigkeit. Im folgenden Zitat kommen die Unsicherheiten von Laura zum Ausdruck, aber<br />
auch ihr Wille, diese zu überwinden:<br />
„Was soll ich sagen, ich habe momentan recht zu kämpfen. Nicht zu wissen, was, wie, wo. Ich versuche es<br />
irgendwie. Ich sehe das Ziel, das ich habe und ich versuche es zu erreichen. Dafür stehe ich halt jeden Tag<br />
wieder auf und fange wieder von vorne an.“<br />
Wie die folgende Passage zeigt, kann sie ihre Stärke auch aus schwierigen Lebenserfahrungen ziehen. Sie<br />
helfen ihr, einen realistischen Blick auf das Leben zu werfen:<br />
„Ja, ich versuche, positiv zu sein, aber ich versuche auch, realistisch zu sein. Es ist nicht so, dass ich einfach<br />
nur Blümchen sehe (Lachen) […] Ich habe genug in meinem Leben erlebt, dass ich mein Leben nicht nur<br />
blümchenhaft sehe.“<br />
Jugendliche mit zerbrochenem Lebensentwurf<br />
Bei diesen Jugendlichen ist der Lebensentwurf die prägende Ressourcen- bzw. Defizitdimension. Der Lebensentwurf,<br />
den sie sich erarbeitet und über längere Zeit verfolgt haben, ist bei Eintritt ins CM BB gescheitert.<br />
Das Scheitern ist typischerweise mit dem Abbruch der Berufsausbildung verbunden. Zurückzuführen ist<br />
es in erster Linie auf körperliche Probleme (z.B. Rückenbeschwerden, Fussverletzung), die die Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen daran hindern, den Anforderungen ihrer Ausbildung gerecht zu werden. Die Betroffenen<br />
sind dadurch verunsichert und ihre Psyche ist angeschlagen. Zudem stehen sie vor der Herausforderung,<br />
einen neuen Lebensentwurf zu entwickeln oder ihren bestehenden Lebensentwurf anzupassen. Das<br />
stabile soziale Netz (insb. Freundschaftsbeziehungen) und aktive Freizeitbeschäftigungen helfen ihnen und<br />
strukturieren ihren Alltag.<br />
Vom zweiten Ressourcentyp – Jugendliche mit inneren Konflikten – unterscheiden sie sich insofern, als dass<br />
ihr Leben zuvor kaum von Brüchen gekennzeichnet war. Ihre Biographie und der Berufsfindungsprozess<br />
verliefen bis zum Auftreten der geschilderten Probleme und dem Abbruch der Ausbildung relativ konstant.<br />
Zurückgezogene Jugendliche<br />
Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen des letzten Typus verfügen über geringe Ressourcen bei gleichzeitiger<br />
Mehrfachproblematik. Im Zentrum stehen schwere psychische Beeinträchtigungen (u.a. Depressionen,<br />
Angststörungen) und damit verbundene Einschränkungen (z.B. Antriebslosigkeit). Diese wirken sich negativ<br />
auf die übrigen Lebensbereiche aus – und die übrigen Lebensbereiche wirken sich wiederum negativ auf<br />
die psychische Gesundheit aus. Wie die Bezeichnung des Typus bereits andeutet, ist der soziale Rückzug<br />
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