Zwischenbericht Evaluation - Kanton Solothurn
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Berner Fachhochschule<br />
Soziale Arbeit<br />
Case Management Berufsbildung (CM BB) <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong><br />
<strong>Evaluation</strong><br />
<strong>Zwischenbericht</strong> zur Periode März 2010 bis Mai 2013<br />
Definitive Version<br />
30. September 2013<br />
Bearbeitung<br />
Berner Fachhochschule<br />
Hallerstrasse 10, 3012 Bern<br />
Prof. Dr. Dieter Haller<br />
Barbara Erzinger, MA<br />
Florentin Jäggi, MA<br />
Marianne Glanzmann, BA
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einführung 4<br />
1.1 <strong>Evaluation</strong>sgegenstand und <strong>Evaluation</strong>sziele 4<br />
1.2 Untersuchungsschritte 6<br />
1.3 Theoretische Verankerung – Modell des Unterstützungsprozesses 7<br />
2 Merkmale der Jugendlichen und jungen Erwachsenen im CM BB 9<br />
2.1 Ressourcentypen der CM BB -Klientel 9<br />
Jugendliche mit Kompetenzlücken 9<br />
Jugendliche mit inneren Konflikten 10<br />
Jugendliche mit zerbrochenem Lebensentwurf 11<br />
Zurückgezogene Jugendliche 11<br />
Zwischenfazit: Ressourcentypen 12<br />
2.2 Soziodemografische Merkmale der CM BB -Klientel 13<br />
Ausbildungssituation 13<br />
Alter, Geschlecht, Nationalität, Wohnort 14<br />
Zwischenfazit: Soziodemografische Merkmale der Klientel 17<br />
2.3 Ressourcen- und Defizite-Lage der CM BB-Klientel 18<br />
Ressourcenlage in zehn Lebensbereichen 18<br />
Unterschiedliche Ressourcenlagen 19<br />
Zwischenfazit: Ressourcen- und Defizite-Lage der CM BB -Klientel 20<br />
3 Merkmale des CM-Unterstützungsprozesses 21<br />
3.1 Unterstützungskategorien im CM BB 21<br />
Anleiten 21<br />
Arbeiten am beruflichen Entwurf 22<br />
Beziehungsarbeit 22<br />
Strukturieren 23<br />
Lotsen 23<br />
Zwischenfazit: Unterstützungskategorien im CM BB 24<br />
3.2 Merkmale des Prozessverlaufs 26<br />
Zuweisende Institutionen 26<br />
Aufnahme ins CM BB 27<br />
Fallstatus am Stichtag 29<br />
Dauer der abgeschlossenen Fälle 29<br />
Vorzeitige Abschlüsse 30<br />
Anschlusslösungen 31<br />
Zwischenfazit: Merkmale des Prozessverlaufs 31<br />
4 Akteure im Unterstützungsnetz 33<br />
4.1 Unterstützungsnetz der Jugendlichen und jungen 33<br />
Erwachsenen 33<br />
Einführung 33<br />
Häufig genannte institutionelle Akteure, Kontaktintensität und Bedeutung der Kontakte 35<br />
Akteursdichte 37<br />
Unterstützung durch Privatpersonen 38<br />
Zwischenfazit: Das Unterstützungsnetzwerk der Jugendlichen und jungen Erwachsenen 39<br />
2
4.2 CM BB im Unterstützungsnetz 40<br />
Leistungen des institutionellen Unterstützungsnetzes 40<br />
Zielsetzung, Vorgehen und Auswahl der interviewten Akteure 43<br />
Schriftliche Einschätzung der Akteure 43<br />
CM BB im Institutionennetz 43<br />
Kooperationen im Unterstützungsnetz 44<br />
Individuelle Fallarbeit im CM BB 47<br />
Lücken im System 48<br />
Zwischenfazit: CM BB im Unterstützungsnetz 49<br />
5 Wirkungen des CM BB 51<br />
5.1 Wirkungskategorien im CM BB 51<br />
Kompetenzzuwachs 51<br />
Konkretisierung der Berufsvorstellung 51<br />
Stabilisierung 52<br />
Stagnation 52<br />
Zwischenfazit: Wirkungskategorien 53<br />
5.2 Berufsbildungsstatus 54<br />
Zwischenfazit: Berufsbildungsstatus 57<br />
6 Zusammenfassung, Folgerungen und Ausblick 58<br />
6.1 Merkmale der Jugendlichen und jungen Erwachsenen 58<br />
6.2 Merkmale des Unterstützungsprozesses 59<br />
6.3 Unterstützungsnetz 61<br />
6.4 Wirkungen 62<br />
6.5 Fazit 63<br />
6.6 Empfehlungen 64<br />
Strategische Positionierung 64<br />
Aufnahmekriterien 64<br />
Informations- und Sensibilisierungsarbeit 64<br />
Fallarbeit 65<br />
6.7 Ausblick 65<br />
7 Tabellenverzeichnis 66<br />
8 Abbildungsverzeichnis 66<br />
9 Literaturverzeichnis 67<br />
10 Anhang 68<br />
Untersuchungsfragen der <strong>Evaluation</strong> 68<br />
Detaillierte tabellarische Darstellungen 70<br />
Befragte Akteure 73<br />
3
1 Einführung<br />
Der Fachbereich Soziale Arbeit der Berner Fachhochschule führt die <strong>Evaluation</strong> des Case Management Berufsbildung<br />
(CM BB 1 ) im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> durch. Im hier vorliegenden <strong>Zwischenbericht</strong> werden die Resultate<br />
zu folgenden Themenbereichen dargestellt:<br />
- Merkmale der erreichten Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
- Ressourcentypen bzw. Ressourcen-/Defizitelage der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
- Merkmale des Unterstützungsprozesses (Aufnahmeprozess ins CM BB und Dauer der Unterstützung)<br />
- Institutionelle Unterstützungsnetze der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
- Bedeutung des CM BB im Institutionennetz aus Sicht der institutionellen Akteure<br />
- Veränderung des Berufsbildungsstatus der Jugendlichen und jungen Erwachsenen als erste Hinweise<br />
auf die Wirkung des CM BB<br />
- Detailerkenntnisse zum Unterstützungsprozess und den Wirkungen im CM BB anhand der Fallstudien<br />
1.1 <strong>Evaluation</strong>sgegenstand und <strong>Evaluation</strong>sziele<br />
Im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> wurden in den Jahren 2005 bis 2009 jeweils zwischen 170 und 220 Jugendliche ohne<br />
Anschlusslösung nach der Volksschule registriert. Weiter brechen jährlich 100 bis 150 Jugendliche eine Zwischenlösung<br />
oder eine Ausbildung auf Sekundarstufe II ab (ABMH 2010). Verschiedene Studien belegen,<br />
dass Jugendliche, die den Einstieg in die Berufsausbildung nicht schaffen, öfters über mehrere Jahre ohne<br />
Ausbildungsabschluss bleiben. Gleichzeitig sind Menschen ohne Ausbildung auf Sekundarstufe II überdurchschnittlich<br />
hoch gefährdet, längerfristig auf staatliche Unterstützungsleistungen angewiesen zu sein.<br />
Der <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> verstärkte bereits 2004 die Massnahmen zur Linderung der Jugendarbeitslosigkeit.<br />
2007 war <strong>Solothurn</strong> einer der ersten <strong>Kanton</strong>e, dessen Regierung die Ausarbeitung eines Konzeptes zur Umsetzung<br />
des CM BB beschloss (<strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> 2007). Die operative Umsetzung des CM BB erfolgte ab<br />
dem Frühjahr 2010. Die Leitplanken dieser Umsetzung sind im kantonalen Umsetzungskonzept vom 12.<br />
März 2010 beschrieben (ABMH 2010).<br />
Das CM BB wird als Fachstelle des Amtes für Berufsbildung, Mittel- und Hochschulen betrieben. Zurzeit<br />
stehen drei Case Manager/innen im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> im Einsatz. Das Angebot richtet sich an Jugendliche<br />
ab dem 7. Schuljahr und an junge Erwachsene bis zum vollendeten 24. Altersjahr. Die Teilnahme am Angebot<br />
ist freiwillig. Im Fokus stehen insbesondere junge Menschen in mehrfach problematischen Situationen.<br />
Neben den drohenden Ausbildungslücken sind die Jugendlichen und jungen Erwachsenen von sozialen,<br />
psychischen und/oder gesundheitlichen Problemen betroffen. Die inhaltlichen Zielsetzungen des CM BB<br />
können wie folgt zusammengefasst werden:<br />
1. Die Identifikation, Beratung und Begleitung von Jugendlichen in komplexen Situationen, wenn der Ausbildungserfolg<br />
gefährdet ist; insbesondere auch die Begleitung der Jugendlichen während der Übergänge<br />
(z.B. Übergang Volksschule – Berufsausbildung).<br />
2. Vernetzung und Koordination der bestehenden Unterstützungsaktivitäten der Schulen und Lehrbetriebe<br />
sowie der bestehenden Institutionen und Projekte der Sektoren Bildung, Soziales und Gesundheit, welche<br />
die Jugendlichen und jungen Erwachsenen informieren, begleiten und beraten.<br />
1 Wird in diesem Bericht vom Case Management Berufsbildung als Angebot gesprochen, wird der Begriff CM BB verwendet. Bezieht sich eine Aussage auf<br />
das Case Management als Methode, wird der Begriff CM verwendet.<br />
4
Das Amt für Berufsbildung, Mittel- und Hochschulen des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> beauftragte die Berner Fachhochschule<br />
(BFH) mit der Durchführung der <strong>Evaluation</strong>. Das <strong>Evaluation</strong>sprojekt nimmt auf die oben zusammengefassten<br />
Zielsetzungen des CM BB Bezug, indem die Untersuchungsschritte zum einen die Fallebene,<br />
das heisst die Ebene der individuellen Unterstützung, und zum andern die institutionelle Ebene, die Ebene<br />
der Kooperation der unterstützenden Institutionen, fokussieren. Das <strong>Evaluation</strong>sprojekt wird in den Jahren<br />
2012 bis 2014 bearbeitet. Die Berichterstattung erfolgt in einem <strong>Zwischenbericht</strong>en per 30. September 2013<br />
sowie dem Schlussbericht per Mitte 2014.<br />
Übergeordnete Zielsetzungen der <strong>Evaluation</strong><br />
I. Erarbeiten von Erkenntnissen als Grundlage für die Diskussionen und die Entscheidung über die Weiterführung<br />
des CM BB im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong><br />
II. Erarbeiten von Erkenntnissen, die der laufenden Weiterentwicklung des CM BB in Zukunft dienen<br />
Teilziele Ebene Zielgruppe (Jugendliche/junge Erwachsene)<br />
I. Darstellen und Quantifizieren der Merkmale der erreichten Jugendlichen und jungen Erwachsenen, insbesondere<br />
der bisherigen Bildungskarriere<br />
II. Darstellen der Verlaufsmuster der Unterstützungs- und der Berufsbildungsprozesse der Jugendlichen/jungen<br />
Erwachsenen nach Eintritt ins CM BB mit besonderem Fokus auf Interventionen und Wirkungen<br />
III. Bewerten der Leistungen des CM BB im Hinblick auf die Akzeptanz bei den Klient/innen und Mitarbeitenden<br />
IV. Exemplarische Berechnung fallbezogener Kostenersparnisse<br />
Teilziele Ebene Unterstützungssystem<br />
I. Überprüfen der Prozesse zur Aufnahme von Jugendlichen/jungen Erwachsenen ins CM BB<br />
II. Darstellen der Leistungen, des Nutzens und der Innovation des CM BB aus der Perspektive des Gesamtunterstützungssystems<br />
im Bereich der Berufsbildung und sozialen Sicherung Jugendlicher und<br />
junger Erwachsener. Insbesondere das Untersuchen von den, mit dem CM BB ausgelösten, Entwicklungsschritten<br />
bzgl. der Kooperation und des Informationsaustausches der beteiligten Institutionen<br />
sowie das Untersuchen möglicher Synergie-Effekte in der Leistungserbringung bzw. der Vermeidung<br />
von „Doppelspurigkeiten“.<br />
III. Überprüfen der organisatorischen Einbettung des CM BB im kantonalen Gefüge der Institutionen, die in<br />
den Bereichen Bildung, Soziales und Gesundheit Leistungen an Jugendliche und junge Erwachsene erbringen.<br />
5
1.2 Untersuchungsschritte<br />
Die <strong>Evaluation</strong> umfasst die in Tabelle 1 aufgezeigten Untersuchungsschritte, welche nachfolgend kurz erläutert<br />
werden:<br />
Tabelle 1: <strong>Evaluation</strong>sschritte<br />
Anzahl<br />
Fälle<br />
Erhebungszeitraum<br />
CaseNet-Daten<br />
303 1.3.2010 –<br />
(Fallsystem CM BB)<br />
31.5.2013<br />
Schriftliche und Online 31 1.6.2012 –<br />
Befragung<br />
31.5.2013<br />
Interviews Jugendliche 7 Sept. 2012 –<br />
Mai 2013<br />
Interviews Akteure 13 Mai – Juni<br />
2013<br />
Merkmale<br />
Jugendliche<br />
Merkmale<br />
Unterstützung<br />
Unterstützungsnetz<br />
Wirkungen<br />
x x x<br />
x<br />
X<br />
x x x<br />
X<br />
- Ein Teil der für die <strong>Evaluation</strong> notwendigen Grundlagen-Daten werden mit dem Fallführungssystem<br />
CaseNet erhoben. Diese beinhalten soziodemographische und bildungsbiographische Daten, Angaben<br />
zu den Merkmalen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, zur Art und Menge der im<br />
CM BB erbrachten Leistungen sowie zu den erreichten Entwicklungsschritten. Für den vorliegenden<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> liegen Daten zu 303 Fällen vor, welche von März 2010 bis 31. Mai 2013 ins CM BB<br />
eingetreten sind (vgl. Kapitel 2.2, 3.2 und 5.2).<br />
- Mit einer Teilgruppe der CM BB-Klientel wurden schriftliche und Online-Befragungen durchgeführt.<br />
Themen sind die Ressourcen/Defizite der Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie Merkmale<br />
des CM BB-Unterstützungsprozesses und des institutionellen Unterstützungsnetzes. Die schriftliche<br />
Befragung (Ressource-Defizit-Profil im Kapitel 2.3) und die Online-Befragung (Unterstützungsnetz im<br />
Kapitel 4.1) fanden zwischen dem 1. Juni 2012 und 31. Mai 2013 statt. Sie erfolgten mit jedem bzw.<br />
jeder seither ins CM BB eintretenden Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen, welche/r nach Einschätzung<br />
der CM-Fachpersonen längerfristig im CM BB verbleibt. Die Befragungen fanden jeweils<br />
nach den ersten Gesprächen mit den Case Managenden statt. Inwiefern die 31 Befragten die Gesamtpopulation<br />
repräsentieren, zeigt sich in Tabelle 26 im Anhang. So ist die Repräsentativität der<br />
befragten Teilgruppe teilweise eingeschränkt. Es zeigt sich, dass sich unter den 31 Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen deutlich weniger Personen finden, welche in keiner Ausbildung sind oder<br />
einen Lehrabbruch zu verzeichnen haben, als in der Gesamtpopulation (25.9% vs. 44.6%). Dagegen<br />
ist ein deutlich grösserer Teil der Befragten (48.3% vs. 23.5%) in einer Ausbildung 2 . Ausserdem ist<br />
die Fallzahl noch relativ klein. Die Resultate in den hier genannten beiden Kapiteln sind daher unter<br />
Einbezug dieses Aspektes der Repräsentativität zu betrachten und lassen somit Aussagen über eine<br />
Teilgruppe der CM BB-Klientel zu.<br />
- Die qualitativen Fallstudien erlauben Detailerkenntnisse zu Strukturen des Unterstützungssettings, zu<br />
Leistungen der Beteiligten sowie zu Verlaufsmustern und Wirkungen zu generieren. Dafür wurden<br />
2 Zwischen dem 1. Juni 2012 und 31. Mai 2013 wurden insgesamt 94 Jugendliche und junge Erwachsene ins CM BB aufgenommen. Davon wurden 13<br />
Personen bereits nach wenigen Monaten aufgrund mangelnder Kooperationsbereitschaft, mangelnder Mehrfachproblematik oder Zuständigkeit durch eine<br />
andere Stelle wieder abgelöst und daher keine Befragung durchgeführt. Ausserdem wurden rund 30 Personen erst in den letzten zwei Monaten vor dem<br />
Stichtag neu beim CM BB angemeldet und konnten daher noch nicht befragt werden. Weitere 20 Jugendliche und junge Erwachsene konnten aus unterschiedlichen<br />
Gründen (noch) nicht befragt werden; so befinden sich die Personen noch in der Triage-Phase, es ist noch nicht abschätzbar, ob es sich um<br />
eine längerfristige Begleitung handeln wird oder aber die Personen können nicht mehr erreicht werden, weil das CM BB während einer beruflichen Massnahme<br />
eher im Hintergrund ist.<br />
6
zwischen September 2012 und Mai 2013 sieben Interviews mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
des CM BB durchgeführt (vgl. Kapitel 2.1, 3.1 und 5.1).<br />
- Zur Erfassung der Sichtweisen des Unterstützungssystems, also der Akteure des Bildungs-, Sozialund<br />
Gesundheitswesens, die als Zuweiser oder Leistungserbringer im Unterstützungsnetz der Klient/innen<br />
beteiligt sind, wurden neun Einzel- und Gruppeninterviews durchgeführt. Die Schlüsselpersonen<br />
wurden nach ihrer Einschätzung der Leistungen und Wirkungen des CM BB befragt (vgl.<br />
Kapitel 4.2).<br />
Die Berner Fachhochschule hat auch die <strong>Evaluation</strong>en der CM BB in den <strong>Kanton</strong>en Basel-Stadt und Zürich<br />
durchgeführt, wovon ein Schlussbericht (Haller & Hümbelin 2011) bzw. ein <strong>Zwischenbericht</strong> (Haller et al.<br />
2012) vorliegen. Daher werden die Resultate des CM BB <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> mit den Erkenntnissen aus diesen<br />
beiden <strong>Kanton</strong>en in Verbindung gebracht, um die Resultate besser einzuordnen. Wichtig ist zu bedenken,<br />
dass es sich bei den beigezogenen Erkenntnissen aus dem <strong>Kanton</strong> Basel-Stadt um die Resultate der<br />
ersten drei CM BB-Jahre mit Stand Mitte August 2011 handelt. Für den <strong>Kanton</strong> Zürich betreffen die Erkenntnisse<br />
lediglich das erste Beobachtungsjahr des CM BB mit Stand Anfangs 2012. Die Situation in diesen<br />
beiden <strong>Kanton</strong>en hat sich seither weiterentwickelt und würde aktuell mit Sicherheit anders aussehen.<br />
In Absprache mit den <strong>Kanton</strong>en <strong>Solothurn</strong> und Zürich wurden diese beiden <strong>Kanton</strong>e für die Fallstudienteile<br />
miteinander in Verbindung gebracht. So bildet die Datengrundlage der Fallstudien für den vorliegenden <strong>Zwischenbericht</strong><br />
15 Interviews mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus den <strong>Kanton</strong>en <strong>Solothurn</strong> und<br />
Zürich. Dank des Zusammenlegens der beiden Untersuchungsräume sind die Datenlage dichter und die<br />
Ergebnisse besser abgestützt. Gleichwohl wird in diesem Bericht die Spezifität des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> berücksichtigt.<br />
1.3 Theoretische Verankerung – Modell des Unterstützungsprozesses<br />
Die Zielsetzungen und Untersuchungsfragen legen nahe, dass die <strong>Evaluation</strong> des CM BB in einer Theorie<br />
verankert werden muss, welche sowohl die Situation der Klientinnen und Klienten (in diesem Fall die Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen) als auch die CM-Unterstützungsprozesse und die damit erreichten Ergebnisse<br />
erfasst. Das hier zugrunde gelegte Verständnis von Unterstützungsprozessen bezieht sich auf Konzepte<br />
der Interaktionistischen Soziologie, die in verschiedenen Forschungen zur Situation von Klientengruppen<br />
des Sozial- und Gesundheitswesens in der Schweiz weiter entwickelt worden sind (Haller 2006, 2007).<br />
Wie in Abbildung 1 dargestellt, wird das Interesse auf die Art und Weise gerichtet, wie die an einem Unterstützungsprozess<br />
Beteiligten als Handlungsgemeinschaft die Prozesse ausgestalten. Im CM BB besteht<br />
diese Handlungsgemeinschaft aus der/m Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen, den wichtigen Bezugspersonen<br />
aus Familie, Schule und Freizeit sowie verschiedenen Fachpersonen und Institutionen, des Bildungs-,<br />
Gesundheits- und Sozialwesens. Dazu kommt die CM-Fachperson.<br />
Der Unterstützungsprozess selbst lässt sich durch Merkmale wie Kontakthäufigkeit, Aufwand (z.B. Zeitaufwand<br />
von Fachkräften oder materielle Leistungen) Strukturiertheit, Zielorientierung und Beziehungsqualität<br />
charakterisieren. Forschungsergebnisse zeigen, dass in Unterstützungsprozessen Wirkungen verschiedener<br />
Art generiert werden: Zum einen sind dies sogenannte Statuswechsel, die einen Integrationsschritt mit<br />
Tragweite darstellen (z.B. Beginn einer EFZ- oder einer EBA-Ausbildung nach dem 10. Schuljahr oder einem<br />
Praktikum). Zum andern geht es um lebensweltliche Wirkungen, um kleinere Entwicklungsschritte der Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen (Haller 2011).<br />
7
Abbildung 1: CM BB - Modell des Unterstützungsprozesses<br />
Soziale und<br />
wirtschaftliche<br />
Bedingungen<br />
Klient/in<br />
(Jugendliche/r,<br />
junge/r<br />
Erwachsene/r)<br />
Ressourcen-/Defizitelage<br />
· Schul- und Berufsbildung<br />
· Lebensentwurf<br />
· Psychische und somatische<br />
Gesundheit<br />
· Soziale und kulturelle<br />
Vernetzung<br />
· Materielle Situation, Wohnen<br />
Anforderungen<br />
Z.B. Perspektive<br />
entwickeln; Cannabis-Konsum<br />
stoppen<br />
Strategien,<br />
Beiträge<br />
Z.B. Sich<br />
informieren,<br />
„Compliance“<br />
Schulbildungsund<br />
Berufsbildungs<br />
Prozess<br />
Prozessmerkmale<br />
· Häufigkeit der Kontakte mit CM BB und anderen Institutionen der Berufsbildung,<br />
sozialen Sicherung und Justiz<br />
· Strukturiertheit, Grad der Koordination<br />
· Zielorientierung<br />
· Beziehung Klient/in- Unterstützer: Prägung durch Verstehen und Vertrauen<br />
Wirkungen<br />
(Fallebene)<br />
Änderungen<br />
Ausbildungs- und<br />
Berufsstatus<br />
Lebensweltliche<br />
Wirkungen<br />
Soziale und<br />
wirtschaftliche<br />
Bedingungen<br />
Institutionen<br />
des Bildungs- und<br />
Sozialwesens<br />
Leistungen Z.B. der<br />
· Volksschule<br />
· Schulsozialarbeit<br />
· Brückenangebote<br />
· Berufsberatung<br />
· Arbeitsintegration,<br />
· Sozialhilfe usw.<br />
Leistungen CM<br />
Berufsbildung<br />
Kooperationsstrukturen im Unterstützungsnetzwerk<br />
Wirkungen<br />
(Systemebene)<br />
Unterstützung aus einer<br />
Hand, Vermiedene<br />
Doppelspurigkeiten,<br />
usw.<br />
Die Ausgangssituation der Klientel wird in diesem Model primär als Ressourcen-/Defizitlage der Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen konzeptualisiert. Abgestützt auf Theorien der Lebenswelt (Schütz 2003:<br />
200f, 327) und des Case Managements (Hofstetter 2007) werden Ressourcen und Defizite inhaltlich entlang<br />
der Dimensionen Schul- und Berufsbildung, Gesundheit, soziale und kulturelle Vernetzung, materielle Situation<br />
und Wohnen ausdifferenziert. Nebst diesen Lebensbereichen wird der Frage, inwiefern es den Klientinnen<br />
und Klienten gelingt, einen Lebensentwurf zu entwickeln, grosse Bedeutung beigemessen. Forschungsergebnisse<br />
zeigen, dass die „Sinndimension“, die sich durch die Präsenz unterschiedlich ausgeprägter Lebensentwürfe<br />
manifestiert, eine zentrale Grösse darstellt, wenn der Verlauf und der Erfolg von Unterstützungsprozessen<br />
analysiert werden (Haller 2007). Je nach Ressource-/Defizitelage stellen sich den Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen spezifische Anforderungen, zu deren Bearbeitung sie entsprechende Strategien<br />
entwickeln.<br />
Insgesamt bildet diese handlungsorientierte Konzeption von Unterstützungsprozessen eine geeignete begriffliche<br />
Grundlage, um das CM BB zu evaluieren – um die Prozesse und Wirkungen sowohl auf der Fallebene<br />
als auch auf der Ebene des Unterstützungssystems zu untersuchen.<br />
8
2 Merkmale der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
im CM BB<br />
Zur Darstellung der Merkmale der Jugendlichen und jungen Erwachsenen im CM BB werden in einem ersten<br />
Schritt die aus den Fallstudien erarbeiteten Ergebnisse zu den Ressourcen und Defiziten der Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen beschrieben. In einem zweiten Schritt werden die soziodemographischen Daten<br />
aller zwischen März 2010 und Mai 2013 ins CM BB Eingetretenen dargestellt. Das dritte Unterkapitel zeigt<br />
das Ressourcen-/Defizite-Profil von 31 befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen des CM BB auf.<br />
2.1 Ressourcentypen der CM BB -Klientel<br />
Die Ressourcenlage der Jugendlichen und jungen Erwachsenen lässt sich anhand der Situation in fünf Lebensbereichen<br />
bestimmen:<br />
- Schule/Ausbildung/Arbeit<br />
- somatische und psychische Gesundheit<br />
- kognitive und emotionale Kompetenzen (inkl. Lebensentwurf)<br />
- soziale Kompetenzen<br />
- existenzielle Lebensbedingungen<br />
Die Daten lassen auf vier unterschiedliche Konstellationen schliessen, wobei jeweils ein Lebensbereich oder<br />
eine Dynamik aus verschiedenen Lebensbereichen im Mittelpunkt steht. Diese Konstellationen werden im<br />
Folgenden als Ressourcentypen bezeichnet. Zur Klientel des CM BB gehören „Jugendliche mit Kompetenzlücken“,<br />
„Jugendliche mit inneren Konflikten“, „Jugendliche mit zerbrochenem Lebensentwurf“ sowie „zurückgezogene<br />
Jugendliche“. Von den sieben interviewten Personen in <strong>Solothurn</strong> ist eine Mehrheit den Jugendlichen<br />
mit Kompetenzlücken und eine Minderheit den Jugendlichen mit inneren Konflikten zuzuordnen. Jugendliche<br />
des dritten und vierten Typus finden sich hingegen ausschliesslich in der Zürcher Stichprobe. Es ist<br />
jedoch zu vermuten – und dies wurde im Gespräch mit den Case Managerinnen und Case Managern bestätigt<br />
–, dass auch in <strong>Solothurn</strong> Jugendliche des dritten und vierten Typus unterstützt werden. Jedoch konnten<br />
diese für ein Interview nicht erreicht werden.<br />
Jugendliche mit Kompetenzlücken<br />
Der Begriff der Kompetenzlücke weist darauf hin, dass diesen Jugendlichen Wissen und Fähigkeiten fehlen,<br />
um den Übergang in die Berufswelt zu schaffen. Bei den einzelnen Jugendlichen ist diese Lücke unterschiedlich<br />
gross. Viele haben zunächst Mühe, sich im Ausbildungssystem der Schweiz zurechtzufinden. Sie wissen<br />
wenig über die einzelnen Berufe, sind sich der Anforderungen der Berufe nicht bewusst und wissen kaum,<br />
wie und wo sie die nötigen Informationen einholen könnten. Zwar haben sie oft eine Vorstellung davon, welchen<br />
Beruf sie ergreifen möchten, doch ist diese vielfach wenig realistisch, weil sie nicht mit den eigenen<br />
Fähigkeiten abgeglichen wurde. Im Vergleich zu den Gleichaltrigen weisen sie zudem einen Rückstand hinsichtlich<br />
schulischen Wissens, Selbstkompetenzen und Reife auf. Beispiele dafür sind fehlende Deutschkompetenzen<br />
(Ausdruck, Wortschatz etc.) und eine gewisse Hilflosigkeit im Bewerbungsprozess (Telefonate, Erstellen<br />
von Bewerbungsdossiers, Bewerbungsgespräche). Erschwerend kommt hinzu, dass die Eltern sie in<br />
diesen Bereichen nicht unterstützen können. Allgemein ist das soziale Netz der Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen eher klein. Auch mit Gleichaltrigen haben sie wenig Kontakt. Förderlich sind demgegenüber die<br />
gute Gesundheit sowie die hohe Motivation und der starke Wille.<br />
Die Kompetenzlücken werden mit Blick auf die Biographie der Jugendlichen und jungen Erwachsenen verständlich.<br />
Für viele verlief die Schullaufbahn wenig erfolgreich. Ihre schulischen Leistungen waren eher unter<br />
9
dem Durchschnitt und entsprechend oft besuchten sie einen niedrigen Schultypus. Eine Ursache für diese<br />
Defizite liegt oftmals in der Bildungsferne des Elternhauses. Viele Jugendliche stammen aus Migrantenfamilien,<br />
die erst spät – oft in der Phase der Berufsfindung – in die Schweiz kamen. Die Betroffenen beklagen sich<br />
zudem darüber, dass sie aufgrund ihres Migrationshintergrunds, ihres niedrigen Schultypus und der durchlaufenen<br />
Integrationskurse diskriminiert werden. So haben sich die genannten Kompetenzlücken häufig während<br />
des Werdegangs der Jugendlichen und jungen Erwachsenen verfestigt und im Übergang in eine Berufsausbildung<br />
ein hinderliches Ausmass angenommen.<br />
Fallbeispiel Malik<br />
Die Kompetenzlücken von Malik sind während der Migrationsodyssee entstanden, die ihn und seine Familie<br />
nach der Emigration aus einem arabischen Staat durch verschiedene europäische Länder führte. Weil er erst<br />
als Jugendlicher in die Schweiz kam, kann er sich auf Deutsch weniger gut ausdrücken als seine gleichaltrigen<br />
Kolleginnen und Kollegen. Auch fehlen ihm Wissen und Kompetenzen, um sich auf dem Lehrstellenmarkt<br />
zurechtzufinden. Insbesondere das Schreiben von Bewerbungen und das Führen von Telefon- und Bewerbungsgesprächen<br />
bereiten ihm Schwierigkeiten. Diese Kompetenzlücken kommen beispielhaft in einem Zitat<br />
des Jugendlichen zum Ausdruck:<br />
„Wenn ich spreche, merken sie, dass ich nicht so lange hier bin. Wenn ich per Telefon anrufe, versuche ich<br />
manchmal, Schweizerdeutsch zu reden. Ich rede doch Schweizerdeutsch, aber dann reden die mit mir<br />
Hochdeutsch.“<br />
Dass ihn seine Eltern im Bereich der Berufsbildung nicht unterstützen können, kommt erschwerend hinzu.<br />
Und so sind seine Versuche, eine Lehrstelle zu finden, bisher gescheitert. Die vielen Misserfolgserlebnisse und<br />
die damit verbundenen Enttäuschungen haben bei Malik zu einer gewissen Resignation geführt. Auch fühlt er<br />
sich aufgrund seines Migrationshintergrunds diskriminiert.<br />
Jugendliche mit inneren Konflikten<br />
Dass die Berufsfindung bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen des zweiten Typus wenig fortgeschritten<br />
ist, hat mit ihren „inneren Konflikten“ zu tun. Diese entstehen aus dem Zusammenspiel verschiedener<br />
Lebensbereiche. In erster Linie fehlen ihnen bestimmte emotionale und kognitive Kompetenzen. So haben<br />
die Betroffenen zwar gewisse Vorstellungen davon, welchen Beruf sie ergreifen und was sie in ihrem Leben<br />
erreichen möchten, doch fällt es ihnen schwer, sich zu fokussieren und diese Vorstellungen umzusetzen. Ein<br />
junger Erwachsener erzählt bspw., dass er oft mit „sich selbst zu kämpfen“ habe und sich „durchbeissen“<br />
müsse. Die Umsetzungsschwierigkeiten und der fehlende Durchhaltewille sind auch dafür verantwortlich,<br />
dass die betreffenden Jugendlichen bestimmte Wissens- und Kompetenzlücken aufweisen. Hinzu kommen<br />
psychosomatische Symptome, die ihren Ursprung möglicherweise in ihrer wechselhaften Vergangenheit haben.<br />
Bei der Bewältigung der Probleme können sie dabei nicht auf die Unterstützung der Eltern zählen. Oft<br />
sind die Eltern-Kind-Beziehungen von Konflikten oder Distanz gekennzeichnet. Deutlich mehr Halt finden die<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Gruppe der Gleichaltrigen, d.h. bei ihren Peers und ihren Partnerinnen<br />
und Partner. Die starke Freizeit- und Peer-Orientierung kann im Berufsbildungsprozess aber auch<br />
zum Problem werden.<br />
Es ist zu vermuten, dass die inneren Konflikte und die Krisenhaftigkeit dieser Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
eine biographische Komponente haben. Zahlreiche Brüche charakterisieren ihren Lebenslauf.<br />
Dazu gehören Wechsel der Wohnform und des Wohnortes – von Heim zu Heim, vom Heim zu den Eltern und<br />
wieder zurück – sowie Schulwechsel und Schulabbrüche. Typisch ist gleichzeitig, dass sie ihre Erfahrungen<br />
auch als Ressourcen nutzen können. Einerseits sind sie persönlich gereift, andererseits haben sie ein starkes<br />
Unabhängigkeitsstreben entwickelt.<br />
10
Fallbeispiel Laura<br />
Die 16jährige Laura zählt zu den Jugendlichen mit inneren Konflikten. Wie die anderen Jugendlichen und<br />
jungen Erwachsenen dieser Gruppe, blickt auch sie auf eine wechselhafte Vergangenheit zurück. Brüche und<br />
Konflikte kennzeichnen insbesondere die Familiengeschichte und die Wohnsituation. Nach der Trennung ihrer<br />
Eltern lebte sie zeitweise bei der Mutter und zeitweise bei einer Pflegefamilie. Heute wohnt sie in einem Jugendheim.<br />
Auch die Schulzeit verlief unglücklich. Sie berichtet von Konflikten mit Lehrpersonen und Mobbingerfahrungen.<br />
Dass sie von ihren Eltern kaum Unterstützung erhält, macht die Situation nicht einfacher. Während<br />
sie vom Vater Ablehnung erfährt, kann sie von ihrer Mutter keine Hilfe erwarten, weil diese psychisch<br />
krank ist.<br />
Die aktuelle Situation von Laura ist kritisch. Sie steht kurz vor Abschluss des 9. Schuljahres und es ist keine<br />
Anschlusslösung in Sicht. Diese Situation führt sie einerseits auf ihre schwierige Kindheit und ihre schwierige<br />
Jugend zurück, andererseits auf ihre Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen. Diese hindern sie daran,<br />
ihre Vorstellungen und Ziele umzusetzen. Trotz dieser Belastungen verfügt sie über bestimmte Ressourcen:<br />
sie hat ein intaktes soziales Netz (Freund, Kollegen), vielfältige Interessen (z.B. Malen) und ein starkes<br />
Streben nach Unabhängigkeit. Im folgenden Zitat kommen die Unsicherheiten von Laura zum Ausdruck, aber<br />
auch ihr Wille, diese zu überwinden:<br />
„Was soll ich sagen, ich habe momentan recht zu kämpfen. Nicht zu wissen, was, wie, wo. Ich versuche es<br />
irgendwie. Ich sehe das Ziel, das ich habe und ich versuche es zu erreichen. Dafür stehe ich halt jeden Tag<br />
wieder auf und fange wieder von vorne an.“<br />
Wie die folgende Passage zeigt, kann sie ihre Stärke auch aus schwierigen Lebenserfahrungen ziehen. Sie<br />
helfen ihr, einen realistischen Blick auf das Leben zu werfen:<br />
„Ja, ich versuche, positiv zu sein, aber ich versuche auch, realistisch zu sein. Es ist nicht so, dass ich einfach<br />
nur Blümchen sehe (Lachen) […] Ich habe genug in meinem Leben erlebt, dass ich mein Leben nicht nur<br />
blümchenhaft sehe.“<br />
Jugendliche mit zerbrochenem Lebensentwurf<br />
Bei diesen Jugendlichen ist der Lebensentwurf die prägende Ressourcen- bzw. Defizitdimension. Der Lebensentwurf,<br />
den sie sich erarbeitet und über längere Zeit verfolgt haben, ist bei Eintritt ins CM BB gescheitert.<br />
Das Scheitern ist typischerweise mit dem Abbruch der Berufsausbildung verbunden. Zurückzuführen ist<br />
es in erster Linie auf körperliche Probleme (z.B. Rückenbeschwerden, Fussverletzung), die die Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen daran hindern, den Anforderungen ihrer Ausbildung gerecht zu werden. Die Betroffenen<br />
sind dadurch verunsichert und ihre Psyche ist angeschlagen. Zudem stehen sie vor der Herausforderung,<br />
einen neuen Lebensentwurf zu entwickeln oder ihren bestehenden Lebensentwurf anzupassen. Das<br />
stabile soziale Netz (insb. Freundschaftsbeziehungen) und aktive Freizeitbeschäftigungen helfen ihnen und<br />
strukturieren ihren Alltag.<br />
Vom zweiten Ressourcentyp – Jugendliche mit inneren Konflikten – unterscheiden sie sich insofern, als dass<br />
ihr Leben zuvor kaum von Brüchen gekennzeichnet war. Ihre Biographie und der Berufsfindungsprozess<br />
verliefen bis zum Auftreten der geschilderten Probleme und dem Abbruch der Ausbildung relativ konstant.<br />
Zurückgezogene Jugendliche<br />
Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen des letzten Typus verfügen über geringe Ressourcen bei gleichzeitiger<br />
Mehrfachproblematik. Im Zentrum stehen schwere psychische Beeinträchtigungen (u.a. Depressionen,<br />
Angststörungen) und damit verbundene Einschränkungen (z.B. Antriebslosigkeit). Diese wirken sich negativ<br />
auf die übrigen Lebensbereiche aus – und die übrigen Lebensbereiche wirken sich wiederum negativ auf<br />
die psychische Gesundheit aus. Wie die Bezeichnung des Typus bereits andeutet, ist der soziale Rückzug<br />
11
eine Folge bzw. eine Ursache der Erkrankung. Die Betroffenen haben kaum Kontakte zu Gleichaltrigen, üben<br />
keine Aussenaktivitäten aus und verbringen einen Grossteil ihrer Zeit vor dem Computer und dem Fernseher.<br />
Es fehlen eine feste Tagesstruktur und ein realistischer Lebensentwurf, so dass die Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen in einer „eigenen Welt“ leben.<br />
Die hochproblematische Situation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen bahnt sich bereits während der<br />
obligatorischen Schulzeit an. Einerseits sind ihre schulischen Noten unterdurchschnittlich, andererseits werden<br />
sie häufig Opfer von Mobbing. Die Betroffenen geben an, dass sie infolgedessen „schulmüde“ geworden<br />
sind und den Unterricht oft „geschwänzt“ haben. Auch mit anderen staatlichen bzw. sozialen Institutionen<br />
haben sie schlechte Erfahrungen gemacht (z.B. mit Brückenangeboten, Beiständen, Ärzten, Psychologen).<br />
Gleichzeitig äussern sie Reue über verpasste Chancen und nicht genutzte Hilfsangebote. Dem CM BB stehen<br />
sie zunächst skeptisch gegenüber.<br />
Zwischenfazit: Ressourcentypen<br />
Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die im Rahmen der Fallstudien befragt wurden, lassen sich in vier<br />
Gruppen einteilen: „Jugendliche mit Kompetenzlücken“, „Jugendliche mit inneren Konflikten“, „Jugendliche<br />
mit zerbrochenem Lebensentwurf“ und „zurückgezogene Jugendliche“. Die Bezeichnung des ersten Typs<br />
legt nahe, dass die betreffenden Jugendlichen im Vergleich mit ihren gleichaltrigen Kolleginnen und Kollegen<br />
im Rückstand sind. Die Kompetenzlücken (z.B. sprachliche Ausdrucksfähigkeit) erschweren ihnen den Übergang<br />
in eine nachobligatorische Ausbildung. Auch den Jugendlichen des zweiten Typus – „innere Konflikte“ –<br />
fehlen bestimmte Kompetenzen. Ihre Defizite liegen im Bereich des kognitiven und emotionalen. Sie haben<br />
Mühe, sich zu konzentrieren und zu fokussieren, so dass sie ihre Vorstellungen nicht umsetzen können. Bei<br />
den Jugendlichen und jungen Erwachsenen des dritten Typus ist der Entwurf das Hauptproblem. Weil sie<br />
ihren eingeschlagenen Weg abbrechen mussten (z.B. aufgrund eines Lehrabbruchs), müssen sie sich neu<br />
orientieren und einen neuen Entwurf entwickeln. Bei den „zurückgezogenen Jugendlichen“ sind mehrere Lebensbereiche<br />
defizitär, wobei psychische Erkrankungen prägend sind. Sie führen dazu, dass sich die Betroffenen<br />
aus dem sozialen Leben zurückziehen und die meiste Zeit vor dem PC oder Fernseher verbringen.<br />
Die sieben Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die in <strong>Solothurn</strong> befragt wurden, lassen sich zwei dieser<br />
Typen zuordnen. Die Mehrheit (5 Personen) bilden „Jugendliche mit Kompetenzlücken“. Diese Jugendlichen<br />
sind nicht von einer ausgeprägten Mehrfachproblematik in verschiedenen Lebensbereichen betroffen. Aufgrund<br />
ihrer Biographie (oft Migration, Bildungsferne) fehlen ihnen jedoch wichtige Kompetenzen, um den<br />
Sprung in die Berufswelt zu schaffen. Diese Erkenntnis, dass die Jugendlichen im CM BB <strong>Solothurn</strong> im Allgemeinen<br />
eher ressourcenstärker sind, aber Defizite in den Berufsbildungskompetenzen aufweisen, wird von<br />
anderen Untersuchungsergebnissen bestätigt. Die Auswertung der schriftlichen Befragungen zeigt, dass die<br />
durchschnittliche Ressourcenlage der Jugendlichen in <strong>Solothurn</strong> höher ist als diejenige der Jugendlichen in<br />
Zürich (vgl. Kapitel 2.3). Auch die Aussagen der Akteure im Unterstützungsnetz weisen darauf hin, dass neben<br />
den Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einer ausgeprägten Mehrfachproblematik Personen ein<br />
CM BB bedürfen, deren Bedarf sich eher auf spezifische Kompetenzlücken konzentrieren, welche sich im<br />
Verlauf des biographischen Werdegangs der Betroffenen verfestigt haben. Oft seien dies Jugendliche und<br />
junge Erwachsene, die mit schulischen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, von einer gewissen Orientierungslosigkeit<br />
und Unreife betroffen sind und in beruflichen Fragen von ihren Eltern nicht unterstützt werden können<br />
(vgl. Kapitel 4.2).<br />
Neben den fünf Jugendlichen mit „Kompetenzlücken“ finden sich unter den Interviewten auch zwei Personen<br />
mit „inneren Konflikten“. Diese Jugendlichen blicken einerseits auf eine schwierige Kindheit zurück (Ablehnung<br />
durch Eltern, Konflikte mit Lehrpersonen), andererseits haben sie aufgrund psychischer Labilität Schwierigkeiten,<br />
ihre Berufsvorstellungen umzusetzen. Obschon sich die sieben befragten Jugendlichen aus <strong>Solothurn</strong><br />
diesen zwei Typen zuordnen lassen, ist davon auszugehen, dass im CM BB auch Jugendliche anderer Typen<br />
begleitet werden.<br />
12
2.2 Soziodemografische Merkmale der CM BB -Klientel<br />
In diesem Kapitel wird auf die Merkmale der Jugendlichen und jungen Erwachsenen eingegangen. Die vorliegenden<br />
Auswertungen erfolgten auf der Datenbasis von 303 im Falldokumentationssystem CaseNet erfassten<br />
Personen, welche von März 2010 bis 31. Mai 2013 durch das CM BB im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> begleitet wurden.<br />
Ausbildungssituation<br />
Die Ausbildungssituation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei der Anmeldung für das CM BB zeigt,<br />
dass fast die Hälfte in keiner Ausbildung ist (24.3%) oder eine Lehre abgebrochen hat (20.3%). Somit kann<br />
festgehalten werden, dass sich 44.6% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei der Anmeldung in einer<br />
schwierigen Ausbildungssituation befinden. Diese Ausbildungssituation betrifft vor allem über 16-jährige Jugendliche<br />
und junge Erwachsene und steigt mit zunehmendem Alter.<br />
Tabelle 2: Ausbildung zum Zeitpunkt der CM BB -Anmeldung<br />
Anzahl In %<br />
Sekundarstufe I; besonderer Lehrplan 28 9.3<br />
Sekundarstufe I Normallehrplan; Grundansprüche 47 15.6<br />
Sekundarstufe I Normallehrplan; erweiterte Ansprüche 16 5.3<br />
Sekundarstufe I Normallehrplan; integrierte und<br />
kooperative Schulformen<br />
5 1.7<br />
Allgemeinbildende Schulen (v.a. Brückenangebote) 19 6.3<br />
Motivationssemester 6 2.0<br />
Praktika 6 2.0<br />
Sekundarstufe II; Eidg. Fähigkeitszeugnis EFZ 27 9.0<br />
Sekundarstufe II; Anlehre/Vorlehre 6 2.0<br />
Sekundarstufe II; Eidg. Berufsattest EBA 3 1.0<br />
Sekundarstufe II; Maturitätsschule, Fachmittelschulen (FMS) 2 0.7<br />
Lehrabbruch 61 20.3<br />
Nicht in Ausbildung 73 24.3<br />
31.9%<br />
10.3 %<br />
12.7%<br />
44.6%<br />
Anderes 2 0.7<br />
Total 301 100.0<br />
Fehlende Werte 2<br />
N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />
Rund ein Drittel besucht noch die Sekundarstufe I (31.9%), welche unterschiedliche Anspruchsstufen umfasst.<br />
Die Meisten besuchen die Sekundarschule mit Grundansprüchen (15.6%), wie die Werkklasse, Oberschule<br />
oder Sek B bzw. die Sekundarschule mit besonderem Lehrplan (9.3%). Ein kleinerer Anteil absolviert<br />
die Sekundarstufe mit erweiterten Ansprüchen (5.3%) wie die Sek E oder P (Progymnasium). Vereinzelt<br />
kommt die Anspruchsstufe von integrierten und kooperativen Schulformen (1.7%) wie der Rudolf Steiner<br />
Schule vor. Diese Ergebnisse zeigen, dass häufig Jugendliche und junge Erwachsene mit einem eher geringen<br />
Ausbildungsniveau das CM BB beanspruchen (vgl. auch Anhang Tabelle 25).<br />
13
Knapp ein Fünftel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen befindet sich beim Eintritt ins CM BB in einer<br />
Ausbildung auf Sekundarstufe II (12.7%). Darunter fällt vor allem ein Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis EFZ<br />
(9.0%), die Anlehre/Vorlehre (2.0%) bzw. ein Eidgenössisches Berufsattest EBA (1.0%) oder die Maturitätsbzw.<br />
Fachmittelschule (0.7%).<br />
Der Anteil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, welche bei der Anmeldung für das CM BB eine Übergangslösung<br />
wie eine allgemeinbildende Schule (v.a. Brückenangebot mit 6.3%), ein Motivationssemester<br />
oder ein Praktikum (je 2.0%) besuchen, ist mit 10.3% gering.<br />
Es ist zu erkennen, dass 2010 als das CM BB startete der Anteil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
mit Lehrabbruch bzw. in keiner Ausbildung nur bei einem Drittel lag. Am meisten befanden sich dann noch in<br />
der obligatorischen Schule (42.6%). 2011 stieg der Anteil Jugendlicher und junger Erwachsenen, welche sich<br />
bei Eintritt ins CM BB in einer schwierigen Ausbildungssituation befanden auf 50.5% und pendelte sich in den<br />
zwei darauffolgenden Jahren bei rund 40% ein.<br />
Wird die Ausbildungssituation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen im CM BB <strong>Solothurn</strong> mit jenen in<br />
den <strong>Kanton</strong>en Basel-Stadt und Zürich verglichen, so zeigt sich, dass im <strong>Kanton</strong> Zürich mit 25.9% weniger<br />
und in Basel mit 47.7% deutlich mehr Personen bei Eintritt ins CM BB in der obligatorischen Schule sind als<br />
im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong>. Im <strong>Kanton</strong> Basel wird sehr stark auf die Früherfassung 3 der Jugendlichen in der Volksschule<br />
gesetzt, während im <strong>Kanton</strong> Zürich bisher vor allem Jugendliche und junge Erwachsene ans CM BB<br />
gelangten, welche vom bestehenden Institutionennetz nicht aufgefangen werden konnten. Der <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong><br />
liegt in der Mitte (mit 31.9.%). Dies verdeutlicht sich auch beim Blick auf Jugendliche und junge Erwachsene,<br />
welche bei Eintritt ins CM BB keiner Ausbildung nachgehen oder eine Lehre abgebrochen haben.<br />
Während dieser Anteil im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> bei 44.6% liegt, ist dieser im <strong>Kanton</strong> Zürich bei 60.6%, in Basel<br />
bei 32.0% (vgl. Haller & Hümbelin 2011 bzw. Haller et al. 2012).<br />
Alter, Geschlecht, Nationalität, Wohnort<br />
Werden die Jugendlichen und jungen Erwachsenen im CM BB nach Alter gruppiert, machen die 16- bis 19-<br />
Jährigen mit 60.7% den grössten Anteil aus. Diese Gruppe befindet sich bei Eintritt ins CM BB zwischen dem<br />
Abschluss auf Sekundarstufe I und einer Ausbildung auf Sekundarstufe II. Jugendliche, welche 15-jährig und<br />
jünger sind sowie junge Erwachsene über 19-jährig machen jeweils einen geringeren Anteil aus (je ca. 20%).<br />
Die jüngste Person im CM BB ist 12 und die älteste 27 Jahre alt. Die oben gewonnenen Erkenntnisse zur<br />
Ausbildungssituation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei Eintritt ins CM BB widerspiegeln sich<br />
auch im Alter. So liegt der Anteil unter 16-Jähriger in Zürich tiefer, in Basel deutlich höher als im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong><br />
(vgl. Haller & Hümbelin 2011 bzw. Haller et al. 2012).<br />
Die Mehrheit der Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben ihre Eltern als gesetzliche Vertreter (67.3%)<br />
bzw. sind bereits volljährig und haben daher keine gesetzliche Vertretung mehr (30.3%). Einzelne Jugendliche<br />
sind bevormundet (2.4%).<br />
3 Unter Früherfassung wird das Erreichen der Jugendlichen in der 7./8. Klasse der obligatorischen Schulzeit verstanden.<br />
14
Tabelle 3: Alter<br />
Anzahl In %<br />
12-jährig 1 0.3<br />
13-jährig 3 1.0<br />
14-jährig 12 4.0<br />
15-jährig 48 15.8<br />
16-jährig 59 19.5<br />
17-jährig 54 17.8<br />
18-jährig 47 15.5<br />
19-jährig 24 7.9<br />
20-jährig 17 5.6<br />
21-jährig 16 5.3<br />
22-jährig 10 3.3<br />
23-jährig 5 1.7<br />
24-jährig 2 0.7<br />
25-jährig 4 1.3<br />
27-jährig 1 0.3<br />
Total 303 100.0<br />
N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />
21.1%<br />
%<br />
60.7%<br />
18.2%<br />
%<br />
Die Mehrheit der begleiteten Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind männlich (54.5%), womit die jungen<br />
Frauen etwas weniger als die Hälfte ausmachen (45.5%).<br />
Rund zwei Drittel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen im CM BB sind Schweizer Staatsangehörige<br />
(62.4%). Mit 37.6% liegt der Anteil an ausländischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen im CM BB deutlich<br />
über dem Anteil der <strong>Solothurn</strong>er Bevölkerung im Alter von 15 bis 24 Jahren (21.3%) (BFS 2011). 11.9%<br />
der Jugendlichen und jungen Erwachsenen stammen aus aussereuropäischen Staaten. Die übrigen Personen<br />
mit ausländischer Nationalität verteilen sich mit kleineren Anteilen auf die europäischen Einwanderungsländer<br />
Türkei, Ex-Jugoslawiens (Kosovo, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Serbien), Italien, übriges<br />
Osteuropa (Albanien, Polen, Bulgarien, Rumänien und Ungarn) und Deutschland (vgl. auch Tabelle 24).<br />
Tabelle 4: Nationalität<br />
Anzahl In %<br />
Schweiz 189 62.4<br />
Aussereuropäische Staaten 36 11.9<br />
Türkei 29 9.6<br />
Ex-jugoslawische Staaten 23 7.6<br />
Italien 13 4.3<br />
Übriges Osteuropa 8 2.6<br />
Deutschland 5 1.7<br />
Total 303 100.0<br />
N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />
15
Die 114 Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit verfügen zu<br />
67.6% über eine Niederlassungsbewilligung C. 21 Jugendliche haben eine Jahresaufenthaltsbewilligung B<br />
(18.9%) und 11 begleitete Jugendliche sind vorläufig aufgenommen (Ausweis F, 9.9%). Einzelne Personen<br />
zählen zu den Kurzaufenthalter bzw. Asylsuchenden (2.7%).<br />
Eine grosse Mehrheit der Jugendlichen und jungen Erwachsenen lebt seit der Geburt in der Schweiz (78.1%).<br />
7.3% sind vor dem fünften Lebensjahr in die Schweiz gekommen und wurden von Beginn an hier eingeschult.<br />
8.0% zogen im Primarschulalter zwischen fünf und elf Jahren in die Schweiz. Bei den 6.6%, welche<br />
bei der Einreise in die Schweiz älter als 11 Jahre waren, dürfte die Integration in das Schweizer Schulsystem<br />
mit besonders grossen Herausforderungen verbunden gewesen sein.<br />
Tabelle 5: Alter bei Einreise in die Schweiz<br />
Anzahl In %<br />
Seit Geburt 225 78.1<br />
< 5 Jahre alt 21 7.3<br />
5-11 Jahre alt 23 8.0<br />
> 11 Jahre alt 19 6.6<br />
Total 288 100.0<br />
Fehlende Werte 15<br />
N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />
Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen verteilen sich wie in Tabelle 6 ersichtlich auf die zehn Bezirke des<br />
<strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> (98.3%) und einzelne nahe Gemeinden im <strong>Kanton</strong> Bern (1.7%). Ein Viertel der Klientel<br />
wohnt im Bezirk Wasseramt (24.8%). Aus den Bezirken Olten (19.8%) und Lebern (18.5%) werden ebenfalls<br />
häufig Jugendliche und junge Erwachsene begleitet. Etwa halb so viele sind jeweils in den Bezirken Gösgen<br />
(7.9%), Dorneck (6.6%), <strong>Solothurn</strong> (6.3%) und Gäu (5.6%) wohnhaft. Die übrigen Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen verteilen sich auf die Bezirke Thierstein (4.3%), Thal (3.3%) und Bucheggberg (1.3%).<br />
Tabelle 6: Wohnorte nach Bezirken<br />
Bezirk Anzahl In %<br />
Wasseramt 75 24.8<br />
Olten 60 19.8<br />
Lebern 56 18.5<br />
Gösgen 24 7.9<br />
Dorneck 20 6.6<br />
<strong>Solothurn</strong> 19 6.3<br />
Gäu 17 5.6<br />
Thierstein 13 4.3<br />
Thal 10 3.3<br />
<strong>Kanton</strong> Bern 5 1.7<br />
Bucheggberg 4 1.3<br />
Total 303 100.0<br />
N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />
16
Zwischenfazit: Soziodemografische Merkmale der Klientel<br />
Die Ausbildungssituation der 303 erfassten Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei Eintritt ins CM BB<br />
zeigt, dass sich zu diesem Zeitpunkt knapp die Hälfte in einer schwierigen Lage oder Krise befinden, da sie<br />
keine Ausbildung absolvieren oder eine Lehre abgebrochen haben (44.6%). Ein weiterer Drittel der Begleiteten<br />
besucht noch die Sekundarstufe I (31.9%), 12.7% befinden sich bereits in einer Ausbildung der Sekundarstufe<br />
II. Personen in einer Übergangslösung (Brückenangebot, Motivationssemester, Praktikum) machen<br />
einen geringen Anteil aus. Dieses Bild zeigt, dass einerseits mit der Früherfassung der Jugendlichen am Ende<br />
der Volksschule und andererseits der Erfassung von jungen Erwachsenen zu einem späteren Zeitpunkt im<br />
Übergang in eine Berufsausbildung, eine grosse Spannbreite an Jugendlichen und jungen Erwachsenen erreicht<br />
wird.<br />
Die erfassten Jugendlichen sind grösstenteils im Alter zwischen einem Abschluss auf Sekundarstufe I und<br />
einer Ausbildung auf Sekundarstufe II, also zwischen 16 und 19 Jahren alt. Die gesamte Spannbreite der<br />
Klientel reicht von 12- bis 27-jährig. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind mehrheitlich männlichen<br />
Geschlechts (54.5%) und Schweizer Staatsangehörige (62.4%). Der Anteil ausländischer Nationalitäten liegt<br />
damit über jenem der 15- bis 24-jährigen Wohnbevölkerung des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> (BFS 2011), wobei<br />
85.4% der Klientel bereits seit der Geburt oder im Vorschulalter in der Schweiz leben. 14.6% reisten erst<br />
während der Schulzeit ein. Der relativ hohe Anteil Jugendlicher aus einer Sekundarstufe mit Grundansprüchen<br />
(vgl. auch Tabelle 22 im Anhang) und Jugendlicher mit Migrationshintergrund zeigt die Wichtigkeit des<br />
CM BB für diese Klientengruppe auf.<br />
Der grösste Teil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind in Gemeinden der Bezirke Wasseramt, Olten<br />
und Lebern wohnhaft. Jugendliche und junge Erwachsene aus den städtischen Zentren des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong><br />
(<strong>Solothurn</strong>, Olten, Grenchen) und deren Agglomeration machen einen grösseren Anteil aus beim CM<br />
BB als die Personen aus den ländlichen Gebieten.<br />
17
2.3 Ressourcen- und Defizite-Lage der CM BB-Klientel<br />
Die Ergebnisse in diesem Abschnitt basieren auf Selbsteinschätzungen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen.<br />
Für die Auswertung liegen am Stichtag (31.5.2013) Angaben von 31 Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen vor. Bei den 31 Befragten handelt es sich um eine Teilgruppe der seit dem 1. Juni 2012 ins CM<br />
BB aufgenommenen Personen (vgl. auch Kapitel 1.2). Aufgrund der Repräsentativitätsproblematik dürfte die<br />
hier dargestellte Ressourenlage besser ausfallen, als dies für die gesamte CM BB -Population der Fall wäre,<br />
da die Ausbildungssituation der Befragten bei Eintritt ins CM BB besser ist als von der Gesamtpopulation.<br />
Ressourcenlage in zehn Lebensbereichen<br />
Das CM BB zeichnet sich durch eine mehrdimensionale Herangehensweise an die Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen aus. Daher ist es von Interesse, von den Betroffenen zu erfahren, welche Bereiche eher als<br />
Ressourcen bzw. eher als Defizite wahrgenommen werden. Dafür wurden den Befragten 24 kurze Aussagen<br />
zu verschiedenen Lebensbereichen vorgelegt, die auf einer sechsstufigen Skala beurteilt wurden. Je höher<br />
der Wert, desto besser wird der entsprechende Lebensbereich im Mittel von allen Befragten bewertet.<br />
Die Ergebnisse werden verdichtet und anhand der folgenden elf Ressourcendimensionen beschrieben: Kultur,<br />
Gesundheit, Erleben von Sinn im Alltag, Familie, Peers, Regionale Verbundenheit, Wohnen, Finanzen,<br />
Freizeit, Berufsbildung und Selbstkompetenzen. Der Tabelle 27 im Anhang können die 24 vorgelegten Aussagen<br />
zu den elf Dimensionen und einige Kennzahlen dazu entnommen werden.<br />
Wie sich in Abbildung 2 zeigt, wird der Bereich Wohnen (5.6) besonders hoch bewertet, womit sich die Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen in ihrer Wohnumgebung besonders wohl fühlen. Ebenfalls über einer<br />
mittleren Bewertung von 5 liegen der Umgang mit und das Verständnis anderer Kulturen (5.2), die regionale<br />
Verbundenheit (5.2), die Familie (5.2) und die Leidenschaft für eine Freizeitbeschäftigung (5.1).<br />
Betreffend die Familie sollen die einzelnen Items differenziert betrachtet werden: So bedeutet den Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen die Familie viel (5.7), die Bewertung der familiären Unterstützung hinsichtlich<br />
der Berufsbildung fällt jedoch tiefer aus (5.0). Ebenfalls von Bedeutung sind die Peers (5.0). Diesen wird allgemein<br />
eine grosse Bedeutung beigemessen (5.6) und die Befragten fühlen sich von ihnen bei Problemen<br />
unterstützt (5.3). Hinsichtlich der Unterstützung der Peers bei der Berufsfindung fällt die Bewertung jedoch<br />
deutlich tiefer aus (4.1). Die Bewertung der Gesundheit liegt knapp unter 5, wobei die körperliche Gesundheit<br />
etwas besser eingeschätzt wird als die psychische.<br />
Die Selbstkompetenzen (Zuverlässigkeit, Verantwortungsübernahme, Stärken und Gelingen) (4.8) und das<br />
Erleben von Arbeitssinn (4.6) werden tiefer bewertet. Dies deutet darauf hin, dass das Vertrauen in die eigenen<br />
Fähigkeiten und das Konstruieren von Perspektiven bei der CM BB-Klientel beeinträchtigter ist als andere<br />
Lebensbereiche. Besonders tief fällt die Bewertung der vorhandenen Finanzen aus (3.7).<br />
Unter dem Bereich Berufsbildung werden fünf Items zur Berufswahlbereitschaft gefasst. Dabei geht es einerseits<br />
um die Exploration von Alternativen bei der Berufswahl durch das sich Informieren und Auseinandersetzen<br />
mit verschiedenen Berufen und andererseits um die Vorstellungen und Entschiedenheit – also der erlebten<br />
Sicherheit – bei der Berufswahl. Dies wiederum kann mehr oder weniger eine Ressource darstellen. Dieser<br />
Bereich wird mit 4.4 relativ tief eingeschätzt, wobei die Sicherheit der Berufswahl etwas besser bewertet<br />
wird als die Exploration von Alternativen.<br />
18
Abbildung 2: Mittlere Bewertung der Ressourcenlage unterschieden nach Lebensbereichen<br />
Kultur<br />
Selbstkompetenzen<br />
5.3<br />
Gesundheit<br />
4.8<br />
4.9<br />
Berufsbildung<br />
4.4<br />
Erleben von Sinn im Alltag<br />
4.6<br />
Freizeit<br />
5.1<br />
Finanzen<br />
3.7<br />
5.6<br />
Wohnen<br />
5.2<br />
Familie<br />
5<br />
Peers<br />
5.2<br />
Regionale Verbundenheit<br />
n=31, dargestellt sind Mittelwerte (Wertebereich: 1-6)<br />
Die durchschnittliche Ressourcenlage der befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong><br />
ist vergleichbar mit jener im <strong>Kanton</strong> Basel-Stadt und liegt somit höher als im <strong>Kanton</strong> Zürich. Insbesondere<br />
in den Bereichen Familie (4.1) und Wohnen (4.5) wie auch dem Erleben von Sinn im Alltag (3.9) liegt die<br />
Einschätzung im <strong>Kanton</strong> Zürich deutlich tiefer (Haller et al. 2012) als im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> (vgl. Abbildung 2).<br />
Diese Erkenntnisse decken sich wiederum mit den in den vorhergehenden Kapiteln konstatierten Ergebnissen<br />
der grösseren Bedeutung der Früherfassung in den <strong>Kanton</strong>en <strong>Solothurn</strong> und Basel-Stadt.<br />
Unterschiedliche Ressourcenlagen<br />
Bei der Bewertung der eigenen Ressourcen gibt es eine gewisse Spannbreite. Daher sollen in einem weiteren<br />
Schritt die Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach ihrer Ressourcenstärke unterschieden werden. Dafür<br />
wurde pro Person anhand des jeweiligen Mittelwertes aller 24 Frageitems ein Ressourcenscore gebildet.<br />
Theoretisch umfasst dieser den Wertebereich 1 (sehr tiefe Ressourcenlage) bis 6 (sehr hohe Ressourcenlage).<br />
Zur Differenzierung der Ressourcenlage werden die Ressourcenscores folgendermassen zugeteilt:<br />
- Tragfähige Ressourcenlage: Ressourcenscore > 5.5<br />
- Ressourcenlücken in mehreren Bereichen: Ressourcenscore = 4.0 - 5.49<br />
- Stark begrenzte Ressourcenlage: Ressourcenscore < 4.0<br />
19
Häufigkeiten<br />
Abbildung 3: Differenzierung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen anhand der Ressourcenlage (n=31)<br />
16.1% 9.7%<br />
Stark begrenzte<br />
Ressourcenlage<br />
74.2%<br />
Ressourcenlage<br />
mit Lücken<br />
Tragfähige<br />
Ressourcenlage<br />
18<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
3<br />
2<br />
5<br />
16<br />
1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 5.0 5.5 6.0<br />
Ressourcenlage (Wertebereich 1-6)<br />
5<br />
0<br />
Aus Abbildung 3 ist ersichtlich, dass knapp 10% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine stark begrenzte<br />
Ressourcenlage in mehreren Lebensbereichen aufweist. Dabei sind die Beeinträchtigungen bei diesen<br />
Personen vor allem im Bereich der Gesundheit, den Finanzen und der Freizeit zu finden. Häufig betrifft<br />
dies junge Erwachsene.<br />
16.1% der begleiteten Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben eine tragfähige Ressourcenlage und<br />
verfügen somit in allen Lebensbereichen über relativ starke Ressourcen. Eine Ausnahme bildet auch bei diesen<br />
Personen der Bereich Berufsbildung, welcher tiefer bewertet wird.<br />
Der grösste Anteil macht mit 74.2% der Anteil jener Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus, welche eine<br />
Ressourcenlage mit Lücken aufweisen. Bei diesen Personen werden vor allem die Selbstkompetenzen, das<br />
Erleben von Sinn im Alltag, die Berufsbildung und die Finanzen tiefer bewertet.<br />
Zwischenfazit: Ressourcen- und Defizite-Lage der CM BB -Klientel<br />
Bei den hier befragten 31 Jugendlichen und jungen Erwachsenen handelt es sich um eine relativ ressourcenstarke<br />
Teilgruppe der CM BB-Klientel. Insbesondere die Bereiche Wohnen, Umgang mit Kulturen, regionale<br />
Verbundenheit, Freizeit, Familie und Peers werden hoch eingeschätzt. Dabei sind gerade in Bezug auf die<br />
Berufsbildung die Unterstützungsmöglichkeiten der Familie und Peers eingeschränkt. Die Gesundheit und die<br />
eigenen Fähigkeiten und Perspektiven (Selbstkompetenzen und Alltagssinn) werden tiefer bewertet. Deutlich<br />
tiefer werden der Bereich Berufsbildung und somit die Sicherheit und Auseinandersetzung mit der Berufswahl<br />
eingeschätzt. Vor allem auch die finanzielle Situation wird schlecht bewertet.<br />
Die Ausdifferenzierung der Ressourcenlage zeigt, dass zwei kleinere Teilgruppen mit stark begrenzter bzw.<br />
tragfähiger Ressourcenlage im CM BB sind. Die grösste Teilgruppe macht jene mit lückenhafter Ressourcenlage<br />
in den oben genannten tiefer bewerteten Lebensbereichen aus. Das CM BB erreicht folglich eine grosse<br />
Spannbreite von Jugendlichen und jungen Erwachsenen.<br />
20
3 Merkmale des CM-Unterstützungsprozesses<br />
Dieses Kapitel geht auf den CM-Unterstützungsprozess ein, indem in einem ersten Schritte anhand der Erkenntnisse<br />
aus den Fallstudien die Unterstützungskategorien und somit das Handeln im CM BB detailliert<br />
aufgezeigt wird. Im zweiten Teil dieses Kapitels werden die Kennzahlen zum Aufnahme- und Unterstützungsprozess<br />
im CM BB für alle 303 zwischen März 2010 und Mai 2013 eingetretenen Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen dargestellt.<br />
3.1 Unterstützungskategorien im CM BB<br />
Ein weiterer Schwerpunkt der Fallstudien liegt bei der Unterstützung, die das CM BB leistet. Unterstützungskategorien<br />
beschreiben in erster Linie die Interventionen der Case Managerinnen und Case Manager. Die<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen tragen mit ihrem Handeln aber ebenso zum Gelingen der Prozesse<br />
bei. Oft erfolgt die Unterstützung auch in der Interaktion.<br />
Analog zu den Ressourcentypen werden im Folgenden die verschiedenen Unterstützungskategorien beschrieben.<br />
Aus dem Analyseprozess geht hervor, dass sich die Unterstützung im CM BB mit fünf Kategorien<br />
beschreiben lässt: „Anleiten“, „Arbeiten am beruflichen Entwurf“, „Beziehungsarbeit“, „Strukturieren“ und<br />
Lotsen“. Meist bestehen Unterstützungsprozesse aus mehr als nur einer dieser Kategorien. Sie können nacheinander<br />
auftreten – im Sinne von Phasen – oder gleichzeitig auftreten – im Sinne von verschiedenen Leistungen.<br />
Dass die Hilfeprozesse mehrere Phasen und Unterstützungsarten enthalten können, hat verschiedene<br />
Ursachen. So ist die Jugendphase oft dynamisch. Auch haben einige Jugendliche Probleme in mehreren<br />
Lebensbereichen. Deswegen ist je nach Situation der Betroffenen eine oder mehrere Formen der Unterstützung<br />
gefragt.<br />
Anleiten<br />
Bei dieser Form der Unterstützung steht die Entwicklung von Kompetenzen im Bereich der Berufsbildung im<br />
Mittelpunkt. Die Rolle der Case Managerin bzw. des Case Managers ist mit derjenigen eines Coaches zu<br />
vergleichen. Ein wichtiger Bestandteil der Unterstützung ist das gemeinsame Üben. In den Gesprächen werden<br />
Bewerbungsbriefe und Lebensläufe verfasst und korrigiert, Bewerbungsdossiers erstellt sowie Telefonund<br />
Bewerbungsgespräche nachgespielt. Auch erhalten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen konkrete<br />
Tipps (z.B. Kleiderwahl bei Bewerbungsgesprächen, persönliches Überreichen der Bewerbung). Gleichzeitig<br />
wird von ihnen ein hohes Ausmass an Selbständigkeit und Eigeninitiative verlangt. Einen Grossteil der Arbeit<br />
müssen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen selbständig zuhause erledigen. Während der Gespräche<br />
wird vereinbart, welche Themen beim nächsten Mal angesprochen werden und welche Aufgaben sie bis<br />
dahin zu erledigen haben. Zu den Hausaufgaben gehören kleinere wie grössere Leistungen: das Suchen<br />
eines Bildes für die Titelseite der Bewerbung, das telefonische Vereinbaren von Schnupperlehren oder das<br />
Zusammenstellen des Bewerbungsdossiers. Auch erwarten die Case Managerinnen und Case Manager<br />
Rückmeldungen von den Jugendlichen, z.B. wie ein Bewerbungsgespräch verlaufen ist oder wie ihnen eine<br />
Schnupperlehre gefallen hat. Wenn sich die Jugendlichen nicht von sich aus melden, haken die Case Managerinnen<br />
und Case Manager nach. Die Kategorie des Anleitens enthält also auch Aspekte von Kontrolle. Der<br />
verpflichtende Charakter wird von den Jugendlichen durchaus geschätzt, weil es ihnen dadurch eher gelingt,<br />
ihre Ziele umzusetzen.<br />
21
Fallbeispiel Malik<br />
Aufgrund der Kompetenzlücken von Malik liegt ein Schwerpunkt der Unterstützung im Anleiten. Seine geringen<br />
Deutschkompetenzen beeinträchtigen das Schreiben von Bewerbungen. Wie das folgende Zitat zeigt,<br />
setzt sein Case Manager genau dort an:<br />
„Es läuft oft gleich ab. Lehrstellen suchen, Bewerbungen schreiben. Ich schicke sie dem Case Manager per<br />
E-Mail und er korrigiert sie. Dann schicke ich sie dem Betrieb.“<br />
Dadurch, dass der Case Manager die Bewerbungen gegenliest und Korrekturen anbringt, verbessert sich<br />
einerseits die Qualität der Bewerbungen, und andererseits erwirbt der Jugendliche zusätzliche Kompetenzen.<br />
Im Beispiel von Malik wird zudem der verpflichtende Charakter des Anleitens ersichtlich. Der Case Manager<br />
erwartet von Malik, dass er ihn darüber informiert, wie ihm eine Schnupperlehre gefallen hat, ob er Antwort<br />
auf eine Bewerbung erhalten hat oder wie ein Bewerbungsgespräch verlaufen ist. Wenn dies nicht geschieht,<br />
hakt er nach:<br />
„Ja, er erwartet den Anruf. Dann muss ich ihn zurückrufen. Wenn ich manchmal nicht angerufen habe, hat er<br />
mich zurückgerufen und gefragt, wie es gewesen ist.“<br />
Arbeiten am beruflichen Entwurf<br />
Eine weitere Kategorie, die die Unterstützung durch die Case Managerinnen und Case Manager auszeichnet,<br />
ist das gemeinsame Arbeiten am beruflichen Entwurf der Jugendlichen. Zwar werden vereinzelt auch Zukunftsvorstellungen<br />
in anderen Lebensbereichen – z.B. Familie – thematisiert, doch liegt der Fokus des CM<br />
BB klar auf der Berufsbildung. In den Gesprächen geht es zunächst um die aktuelle Situation der Jugendlichen<br />
und um ihre Berufsvorstellungen. Entwurfsarbeit ist einerseits dann gefragt, wenn Jugendliche keine<br />
oder unrealistische Berufsvorstellungen haben, und andererseits, wenn sie eine Ausbildung abbrechen mussten<br />
und einen neuen Weg finden müssen. Oft ist Entwurfsarbeit pragmatisch, weil es darum geht, die Wünsche<br />
und Potentiale der Jugendlichen mit den Anforderungen der Berufe und der aktuellen Situation auf dem<br />
Arbeitsmarkt abzustimmen. Dabei werden die Berufsvorstellungen teilweise stark angepasst. Ein Jugendlicher<br />
spricht etwa davon, dass er „auf den Boden geholt wurde“. Im Prozess des Abstimmens und Anpassens<br />
werden einerseits die Interessen eingegrenzt, andererseits werden realistische Wege gesucht. Je nach Ressourcenlage<br />
der Jugendlichen und jungen Erwachsenen bieten sich unterschiedliche Lösungen an. Dazu<br />
gehören Praktika, Haushaltslehrjahre, Motivationssemester, IV-Ausbildungen und andere. Das Pragmatische<br />
an der Entwurfsarbeit äussert sich weiter in der Umsetzung des entwickelten Entwurfs. In den Gesprächen<br />
werden Ziele vereinbart und die Schritte zur Zielerreichung festgelegt. Ein Jugendlicher erwähnt, dass sein<br />
Case Manager symbolisch das Bild des „Treppenhaus“ verwendet. In einigen Fällen wird zudem ein „Plan B“<br />
entwickelt, falls es mit dem eingeschlagenen Weg nicht klappen sollte.<br />
Beziehungsarbeit<br />
Der Aufbau einer Vertrauensbeziehung ist in vielen Fällen die Basis für einen wirkungsvollen Unterstützungsprozess.<br />
Beziehungsarbeit zeichnet sich zunächst dadurch aus, dass die Case Managerinnen und Case Manager<br />
in den Gesprächen auf die Bedürfnisse, Wünsche und Vorstellungen der Jugendlichen eingehen. Sie<br />
hören ihnen aufmerksam zu und zeigen Interesse an ihrer Lebensgeschichte. Die Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen sehen sich dadurch als Personen und Menschen respektiert. Ein Jugendlicher hat besonders<br />
geschätzt, dass seine „Ticks“ und „Macken“ akzeptiert wurden. Allgemein werden die Case Managerinnen<br />
und Case Manager als „nett“ und „freundlich“ wahrgenommen. Sie versuchen die Jugendlichen in ihren Bemühungen<br />
zu bestärken und ihnen Mut zuzusprechen. Die Beziehung wird durch die Niederschwelligkeit des<br />
CM BB zusätzlich gestärkt. Die Case Managerinnen und Case Manager stellen sich für Fragen zur Verfügung<br />
22
und sind gut erreichbar. Dieses Angebot wird von den Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch genutzt.<br />
Sie melden sich nicht nur bei beruflichen, sondern auch bei persönlichen Problemen. So werden das CM BB<br />
zu einer wichtigen Anlaufstelle und die Case Managerinnen und Case Manager zu wichtigen Vertrauenspersonen.<br />
Bspw. begleitet eine Case Managerin ihre Klientin gar stellvertretend zu einem Elterngespräch. Da<br />
Beziehungsarbeit sehr persönlich und eng sein kann, hat sie auch eine emotionale Komponente. Die Case<br />
Managerinnen und Case Manager werden als Personen wahrgenommen, die „stützen“ und „hinter einem“<br />
stehen. Die Jugendlichen bringen ihren Betreuerinnen und Betreuern im Gegenzug Dankbarkeit entgegen.<br />
Strukturieren<br />
Die Kategorie des Strukturierens ist für die Unterstützung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in instabilen<br />
und mehrfachproblematischen Situationen typisch. Entsprechend oft kommt sie bei den „zurückgezogenen<br />
Jugendlichen“ und den „Jugendlichen mit inneren Konflikten“ vor. Um das Durcheinander, die Konflikte<br />
und die Krisen zu stabilisieren, erfolgt zunächst eine umfassende Situationsanalyse. Typische Themen<br />
sind neben den Berufsvorstellungen das psychische Befinden, das Verhältnis zu den Eltern und Geschwistern<br />
sowie die Zufriedenheit mit der aktuellen Wohnsituation. Auch sind zu Beginn kurzfristige Interventionen nötig.<br />
Nach Aussage der Jugendlichen und jungen Erwachsenen wurden zunächst „Dinge aus dem Weg geräumt“<br />
und „das Leben geregelt“. Gemeint ist insbesondere das Erledigen von administrativen Aufgaben (z.B. Steuererklärung,<br />
Rechnungen). Ein weiterer wichtiger Schritt ist der Aufbau einer Tagesstruktur. Einige Personen –<br />
im Besonderen die „zurückgezogenen Jugendlichen“ – verbringen einen Grossteil ihres Lebens vor dem<br />
Fernseher oder dem Computer. Ein Jugendlicher verlässt das Haus bspw. nur für die Termine beim CM BB.<br />
Ziel der Case Managerinnen und Case Manager ist es, die Jugendlichen für eine Beschäftigung ausserhalb<br />
der eigenen vier Wände zu motivieren. Erst wenn dieses „Fundament“ gelegt ist – wie es eine Jugendliche<br />
ausdrückt – wird auf weite Sicht geplant und unterstützt. Ziele wie das Finden der idealen Wohnform und des<br />
idealen Berufs können erst jetzt angegangen werden. Auch beim Strukturieren verläuft das Planen und Umsetzen<br />
in kleinen Schritten. Es werden Abmachungen getroffen und Aufgaben vereinbart (z.B. frühes Aufstehen).<br />
Die Case Managerinnen und Case Manager begleiten und kontrollieren die Jugendlichen bei der Umsetzung<br />
der Ziele. Die meisten von ihnen sind froh darüber, weil sie dadurch einen wichtigen Rahmen erhalten.<br />
Es hilft ihnen, „sich zu fokussieren“ und „sich durchzubeissen“.<br />
Lotsen<br />
Oft übernehmen die Case Managerinnen und Case Manager auch eine Lotsenfunktion. Sie begleiten und<br />
führen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf dem Weg in die Berufswelt. In den Interviewdaten aus<br />
dem <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> kommt das Lotsen weniger deutlich zum Ausdruck als im <strong>Kanton</strong> Zürich. In <strong>Solothurn</strong><br />
hat das CM BB vor allem eine Vermittlungsfunktion. Das Vermitteln kann als erster Schritt des Lotsens bezeichnet<br />
werden. Die Case Managerinnen und Case Manager geben den Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
Adressen von Unterstützungsangeboten im Bereich der Berufsbildung (Motivationssemester, Schnupperangebote,<br />
Haushaltslehrjahr, Praktika etc.) und informieren sie über Sinn und Zweck dieser Angebote. Bei<br />
Interesse der Jugendlichen und jungen Erwachsenen füllen sie gemeinsam mit ihnen die Anmeldeunterlagen<br />
aus. Zudem nehmen die Case Managerinnen und Case Manager Kontakt mit den betreffenden Institutionen<br />
auf, erkundigen sich nach freien Plätzen und setzen sich dafür ein, dass die Jugendlichen aufgenommen<br />
werden.<br />
Die Breite der Lotsenfunktion zeigt sich vor allem in den Fällen aus Zürich. Dies hat unterschiedliche Gründe:<br />
erstens scheinen Zürcher Jugendliche häufiger von Mehrfachproblematiken (insb. mit psychischen Erkrankungen)<br />
betroffen; zweitens ist das Unterstützungsnetz in Zürich grösser und ausdifferenzierter; drittens sind<br />
die befragten Jugendlichen aus Zürich länger im CM BB als die Jugendlichen aus <strong>Solothurn</strong>. Dadurch steigt<br />
der Bedarf an einer längerfristigen, alle Lebensbereiche umfassenden Unterstützung, die die Jugendlichen<br />
23
durch das Netz der Institutionen führt. Um die mehrfachbelastete Situation der Betroffenen zu stabilisieren<br />
und sie näher an die Berufswelt heranzuführen, bauen die Case Managerinnen und Case Manager aus Zürich<br />
ein Unterstützungsnetz mit Akteuren aus verschiedenen Lebensbereichen auf. Im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> ist auch<br />
die Koordinationsfunktion des CM BB weniger klar ersichtlich. Dazu müssten – wie einige Akteure im Unterstützungsnetz<br />
betonen – die Zuständigkeiten besser geklärt und die Rolle des CM BB als fallführende Institution<br />
gestärkt werden (vgl. Kapitel 4.2).<br />
Fallbeispiel Laura<br />
Wie bereits beschrieben wurde, befindet sich Laura in einer heiklen Lage. Sie steht kurz vor Abschluss der<br />
obligatorischen Schulzeit und hat noch keine Anschlusslösung gefunden. Zudem wird sie nach Konflikten in<br />
der Pflegefamilie in ein Jugendheim eingewiesen. Die problematischen Entwicklungen sowie die drängenden<br />
beruflichen Fragen führen dazu, dass das CM BB eingeschaltet wird. Der Case Manager von Laura interveniert<br />
umgehend. Die Unterstützung ist in erster Linie ein Lotsen bzw. Vermitteln. Es geht darum, rasch eine<br />
Übergangslösung zu finden. Laura und ihr Case Manager fassen insbesondere ein 10. Schuljahr ins Auge.<br />
Dieses bietet ihr einerseits Möglichkeiten, zu erkennen, wo sie steht und wie es längerfristig weitergehen<br />
könnte, andererseits kann sie zusätzliche Kompetenzen erwerben. Wie das nächste Zitat verdeutlicht, macht<br />
sich der Case Manager sofort daran, ein passendes Angebot zu finden:<br />
„Dann hat er mir so schnell wie möglich [...] noch eine Schule gefunden. Das ist die einzige gewesen, die<br />
mich noch genommen hat. In der Ortschaft A. hat's keine Plätze mehr gehabt und dann haben sie auch keine<br />
Schüler mehr genommen. Und dann hat er dort einen Antrag gestellt für mich. Also, mit mir zusammen. Und<br />
ich habe dann in der letzten Ferienwoche die Rückmeldung erhalten, dass sie mich annehmen.“<br />
Nach der Vermittlung des 10. Schuljahres bricht der Kontakt zwischen Laura und ihrem Case Manager nicht<br />
ab. Er erkundigt sich nach ihrem Befinden und bietet seine Hilfe an. Auch mit den beteiligten Akteuren steht<br />
er in Kontakt. Wichtige Partner sind die Verantwortlichen des 10. Schuljahres sowie die Behörden.<br />
Zwischenfazit: Unterstützungskategorien im CM BB<br />
Aus den Datenanalysen wurden fünf Unterstützungskategorien gebildet, die das Geschehen im CM BB abbilden.<br />
Diese können nacheinander auftreten – im Sinne von Phasen – oder gleichzeitig auftreten – im Sinne von<br />
verschiedenen Unterstützungsleistungen. Die erste Kategorie – das „Anleiten“ – zielt auf die Entwicklung von<br />
Kompetenzen ab. Sie beinhaltet das gemeinsame Üben (z.B. Bewerbungen schreiben, Telefonieren), das<br />
Vereinbaren von Aufgaben und das Kontrollieren der Aufgaben durch die Case Managerinnen und Case Manager.<br />
In der Arbeit mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen steht oft auch der berufliche Entwurf im<br />
Mittelpunkt. Diese zweite Art der Unterstützung ist in vielen Fällen pragmatisch, weil es darum geht, die Vorstellungen<br />
der Jugendlichen auf die Anforderungen der Berufe abzustimmen. Dass die Case Managerinnen<br />
und Case Manager auch in die Beziehung zu den Jugendlichen und jungen Erwachsenen investieren, zeigt<br />
die dritte Kategorie („Beziehungsarbeit“). Die Case Manager gehen auf die Jugendlichen ein, bestärken sie<br />
und bieten sich als Ansprechpersonen an. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die von Mehrfachproblematiken<br />
betroffen sind und/oder sich in Krisensituationen befinden, wird die vierte Kategorie – das<br />
„Strukturieren“ – wichtig. Diese beinhaltet u.a. das Erledigen von Pendenzen und das Aufbauen einer Tagesstruktur.<br />
Die letzte Unterstützungskategorie hebt die „Lotsenfunktion“ des CM BB hervor. Diese kann unterschiedlich<br />
stark ausgeprägt sein. Bei einigen Jugendlichen beschränkt sie sich auf das Vermitteln von Adressen,<br />
in anderen Fällen werden die Jugendlichen kontinuierlich durch das Unterstützungsnetz begleitet.<br />
Da in <strong>Solothurn</strong> vor allem Jugendliche mit „Kompetenzlücken“ befragt wurden, ist das „Anleiten“ ein besonders<br />
wichtiger Aspekt der Unterstützung. Um die Deutschkompetenzen im Allgemeinen und die Bewerbungskompetenzen<br />
im Spezifischen zu verbessern, steht das Üben – alleine oder gemeinsam mit dem Case<br />
24
Manager – im Vordergrund. Neben dem „Anleiten“ ist bei diesen Jugendlichen auch die zweite Kategorie –<br />
das „Arbeiten am beruflichen Entwurf – wichtig, weil ihnen oft die Orientierung fehlt und ihre Berufsvorstellungen<br />
wenig ausgereift sind. An diesen Unterstützungsleistungen zeigt sich, dass das CM BB den Bedarf einer<br />
intensiven Begleitung, die von verschiedenen Akteuren im Unterstützungsnetz geäussert wird (vgl. Kapitel<br />
4.2), abdeckt. Bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit „inneren Konflikten“, die in der Stichprobe<br />
ebenfalls vertreten sind, ist die letzte Unterstützungskategorie – das „Lotsen“ – besonders wichtig. Das Bedürfnis<br />
nach einer Person, die sie auf dem Weg in die Berufswelt begleitet und sie durch das Netz der Institution<br />
führt, ist deswegen so hoch, weil ihr Leben krisenhaft ist und sie Schwierigkeiten haben, ihre Ziele umzusetzen.<br />
Die Analysen weisen darauf hin, dass die „Lotsenfunktion“ in <strong>Solothurn</strong> weniger stark ausgeprägt ist als in<br />
Zürich. Mit Blick auf die Befragungen der Akteure im Unterstützungsnetz ist dies möglicherweise darauf zurückzuführen,<br />
dass einerseits die Zuständigkeiten und Kooperationsabläufe noch zu wenig geklärt sind, und<br />
andererseits, die Rolle des CM BB als fallführende Institution noch nicht von allen Akteuren des Unterstützungsnetzes<br />
akzeptiert wird. Die Basis für eine gelingende Zusammenarbeit bildet in diesen Fällen oft die<br />
dritte Unterstützungskategorie, die „Beziehungsarbeit“. Ohne Vertrauen sind die Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen kaum bereit, sich helfen zu lassen.<br />
25
3.2 Merkmale des Prozessverlaufs<br />
In diesem Kapitel wird die geleistete Unterstützung durch das CM BB anhand diverser Merkmale im Prozessverlauf<br />
beschrieben. Zunächst werden die zuweisenden Institutionen und die Anfangsphase des CM-<br />
Unterstützungsprozesses genauer betrachtet. Die Dauer der Begleitung beziehungsweise auch Gründe für<br />
einen Abschluss der Unterstützung zählen ebenfalls zu den hier dargestellten Merkmalen. Die vorliegenden<br />
Auswertungen erfolgten wiederum auf der Datenbasis von 303 im Falldokumentationssystem CaseNet erfassten<br />
Personen, welche von März 2010 bis Ende Mai 2013 durch das CM BB im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> begleitet<br />
wurden.<br />
Zuweisende Institutionen<br />
Dem CM BB werden am häufigsten Jugendliche und junge Erwachsene aus der Volksschule (21.3%, inkl.<br />
Schulsozialarbeit), der Berufsberatung (13.7%) oder dem Amt für Berufsbildung (v.a. Lehraufsicht) (13.0%)<br />
zugewiesen. Insbesondere 2010 – dem ersten CM BB-Jahr, kamen die meisten Zuweisungen durch die<br />
Volksschule (23%). In den darauffolgenden Jahren pendelten sich die Zuweisungen jeweils bei rund 20% ein,<br />
mit einem Einbruch im Jahr 2012 mit 13.2% Zuweisungen durch die Volksschule.<br />
Die übrigen Institutionen weisen weniger häufig eine/n Jugendliche/n oder junge/n Erwachsene/n dem CM<br />
BB zu, wobei in Tabelle 7 die breite Palette an Zuweiser aus den Bereichen Bildung (59.1%; Sek I-Stufe<br />
21.3%, Sek II-Stufe 24.1%, Berufsberatung 13.7%), Beratung (9.0%), Existenzsicherung (12.3%), Recht<br />
(2.0%) oder Wohnen (1.3%) ersichtlich ist. Einen bemerklichen Anteil machen auch Privatpersonen bzw. die<br />
Jugendliche und junge Erwachsene selbst aus (15.0%).<br />
26
Tabelle 7: Zuweisende Institutionen<br />
Anzahl In %<br />
Volksschule 57 19.0<br />
Berufsberatung 41 13.7<br />
Amt für Berufsbildung (v.a. Lehraufsicht) 39 13.0<br />
Brückenangebot 12 4.0<br />
Lehrbetrieb 11 3.7<br />
Berufsfachschule 8 2.7<br />
Schulsozialarbeit 7 2.3<br />
10.Schuljahr 2 0.7<br />
Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst 15 5.0<br />
Andere Beratungsstelle (Familie, Sucht, Behinderung) 4 1.3<br />
Kirchliche Anlaufstelle 3 1.0<br />
CM BB 3 1.0<br />
Arzt/Psychiater 2 0.7<br />
Sozialdienst 21 7.0<br />
RAV 12 4.0<br />
IV-Stelle 2 0.7<br />
Gemeinde(-verwaltung) 1 0.3<br />
Amt für Soziales (Integrationsvereinbarung) 1 0.3<br />
59.1% Bildung<br />
9.0% Beratung<br />
12.3% Existenzsicherung<br />
Private (Eltern, Verwandte, etc.) 34 11.3<br />
Jugendliche/r selbst 11 3.7<br />
Jugendanwaltschaft 6 2.0<br />
(Wohn-) Heim 4 1.3<br />
Anderes 4 1.3<br />
Total 300 100.0<br />
Fehlende Werte 3<br />
N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />
Aufnahme ins CM BB<br />
Das CM BB folgt in der Anfangsphase modellhaft den in Abbildung 4 dargestellten Prozessschritten. In der<br />
Triagephase werden ein umfassendes Assessment gemacht und Abklärungen getroffen, welche entweder zu<br />
einem positiven oder negativen Entscheid über eine Aufnahme ins CM BB führen. Erfolgt die Aufnahme nach<br />
der Triage, beginnt der reguläre Verlauf einer CM-Begleitung. Jederzeit kann ein vorzeitiger Austritt erfolgen,<br />
wobei aus diversen Gründen die vereinbarten Ziele (noch) nicht erreicht worden sind.<br />
27
Abbildung 4: Modellhafte Darstellung der Anfangsphase der CM-Begleitung<br />
Triage<br />
(Assessment)<br />
Beginn des CM<br />
(Aufnahme nach Triage)<br />
Keine Aufnahme ins CM<br />
(Ablehnung in Triage)<br />
Vorzeitige Austritte<br />
Bis zum Triage-Entscheid dauert es in beinahe allen Fällen maximal ein halbes Jahr, lediglich in Einzelfällen ist<br />
die Triage-Phase länger. Auch die 41 Jugendlichen und jungen Erwachsenen, welche sich zurzeit in der Triage-Phase<br />
befinden, sind seit weniger als 5 Monaten in diesem Prozess. Bei den 216 definitiv ins CM BB aufgenommenen<br />
Fällen wurde dieser Entscheid je zur Hälfte aufgrund einer Mehrfachproblematik und einer Gefährdung<br />
beim Einstieg in eine nachobligatorische Ausbildung bzw. aufgrund einer erforderlichen vertieften<br />
Abklärung gefällt.<br />
Tabelle 8: Triage-Entscheid<br />
Anzahl In %<br />
Aufgenommen 216 82.4<br />
Abgelehnt 46 17.6<br />
Total 262 100.0<br />
Laufende Triage 41<br />
N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />
Geht man den 46 abgelehnten und somit nicht im CM BB aufgenommenen Personen nach, haben unterschiedliche<br />
Gründe zu diesem Entscheid geführt (vgl. Tabelle 9). Fast in der Hälfte der Fälle wollten die Jugendlichen,<br />
jungen Erwachsenen oder deren gesetzliche Vertretung kein CM BB (41.3%) bzw. die Kooperationsbereitschaft<br />
fehlte (26.1%). Bei 28.3% hat sich eine andere Institution/Stelle als zuständig erwiesen, was<br />
die wichtige Triagefunktion des CM BB verdeutlicht. Ebenfalls zu einer Ablehnung haben Situationen geführt,<br />
wie dass keine Mehrfachproblematik (15.2%), keine Gefährdung oder genügend Eigen- bzw. Fremdressourcen<br />
vorliegen (21.7%), um den Übergang in die nachobligatorische Ausbildung zu meistern.<br />
28
Tabelle 9: Gründe für ablehnenden Triage-Entscheid<br />
Anzahl<br />
% der % der<br />
Nennungen Jugendlichen<br />
Jugendliche/r / gesetzliche Vertretung will kein CM BB 19 31.1 41.3<br />
Eine andere Institution/Stelle ist zuständig 4 13 21.3 28.3<br />
Keine Kooperationsbereitschaft 12 19.7 26.1<br />
Keine Gefährdung/genügend Eigen- bzw.<br />
Fremdressourcen<br />
10 16.4 21.7<br />
Keine Mehrfachproblematik 7 11.5 15.2<br />
Total 61 100.0<br />
N= 46 (Anzahl Jugendliche mit Ablehnung in Triage; mehrere Nennungen pro Jugendliche/r möglich)<br />
Fallstatus am Stichtag<br />
Wie oben erwähnt, wurden bisher 46 Fälle in der Triage-Phase abgelehnt und 41 Fälle befinden sich noch in<br />
der Triage-Phase. Wie in Tabelle 10 ersichtlich ist, zählen am Stichdatum (31. Mai 2013) von den 216 definitiv<br />
in den CM-Prozess aufgenommenen Fällen gut die Hälfte zu den laufenden Fällen (52.8%), die andere Hälfte<br />
der Fälle wurde abgeschlossen. Bei 43 Jugendlichen und jungen Erwachsenen konnte das CM BB abgeschlossen<br />
werden, da das Ziel erreicht wurde (18.5%) oder ein anderer Grund vorlag (1.4%). Das Ziel ist erreicht,<br />
wenn die/der Jugendliche bzw. junge Erwachsene eine Lehre bzw. eine konkrete Massnahme zur<br />
Integration in den 1. Arbeitsmarkt angetreten hat.<br />
Tabelle 10: Übersicht über Fälle am Stichtag (31. Mai 2013)<br />
Anzahl In %<br />
Laufende CM-Fälle 114 52.8<br />
Vorzeitiger Abschluss des CM 59 27.3<br />
Abschluss, da Ziel erreicht 40 18.5<br />
Abschluss, anderer Grund 3 1.4<br />
Total 216 100.0<br />
Ablehnung nach Triage 46<br />
Laufende Triage 41<br />
N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />
Dauer der abgeschlossenen Fälle<br />
In den 40 abgeschlossenen Fällen dauerte das CM unterschiedlich lange (vgl. Tabelle 11). Über die Hälfte der<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen wurde 13 bis 24 Monate durch das CM BB begleitet (55%). In 25%<br />
der abgeschlossenen Fälle dauerte die Unterstützung 7 bis 12 Monate. Weniger häufig waren Begleitungen<br />
unter sechs Monaten (12.5%) oder länger als 24 Monate (7.5%).<br />
Tabelle 11: Dauer der Unterstützung bei abgeschlossenen Fällen<br />
Anzahl In %<br />
0-6 Monate 5 12.5<br />
7-12 Monate 10 25.0<br />
13-24 Monate 22 55.0<br />
> 24 Monate 3 7.5<br />
Total 40 100.0<br />
N= 40 (Anzahl Jugendliche mit abgeschlossenem CM)<br />
4 Am häufigsten wird ein Fall durch die IV übernommen, in einzelnen Fällen ist ein Sozialdienst, das RAV oder die Berufsberatung zuständig.<br />
29
Mit Blick auf die 102 Fälle (vgl. Tabelle 10), welche nach der definitiven Aufnahme ins CM BB wieder abgelöst<br />
wurden, zeigt sich, dass 57.8% abgelöste Fälle als vorzeitiger Abschluss (59 Fälle) taxiert wurden, während<br />
es bei den anderen 42.2% durch Zielerreichung (40 Fälle) bzw. in drei Fällen aus einem anderen Grund zu<br />
einem Abschluss durch Zielerreichung kam.<br />
Vorzeitige Abschlüsse<br />
Betrachtet man die 59 Fälle genauer, in denen das CM vorzeitig abgeschlossen wurde, zeigt sich ein differenziertes<br />
Bild (vgl. Tabelle 12). Der häufigste Grund für einen vorzeitigen Abschluss ist die fehlende Kooperationsbereitschaft<br />
(42.4%), die Jugendlichen und jungen Erwachsenen (27.1%) bzw. ihre Erziehungsberechtigten<br />
(16.9%) wollen kein CM BB mehr oder der Kontakt konnte nicht mehr hergestellt werden (11.9%). Des<br />
Weiteren fehlt 11.9% der Jugendlichen die Bereitschaft, eine Ausbildung zu absolvieren. Die Herstellung der<br />
Verbindlichkeit für die CM-Begleitung stellt also eine zentrale Herausforderung dar. Neben dieser mangelnden<br />
Bereitschaft seitens der Jugendlichen und jungen Erwachsenen führt die Feststellung, dass eine andere Stelle<br />
zuständig ist (37.3%) zu einem vorzeitigen Abschluss. Bei 16.9% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
waren die Voraussetzungen für eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt aufgrund psychischer Probleme<br />
nicht gegeben. Seltener führen folgende Situationen zu einem vorzeitigen Abschluss der Begleitung: 8.5%<br />
ziehen weg, die Voraussetzungen für eine nachobligatorische Ausbildung ist in 5.1% nicht gegeben und in je<br />
einem Fall war der Grund eine Suchtproblematik, die Familiengründung oder ein Freiheitsentzug (je 1.7%).<br />
Tabelle 12: Gründe für vorzeitigen Abschluss<br />
Anzahl % der Nennungen % der Jugendlichen<br />
Fehlende Kooperationsbereitschaft 25 23.1 42.4<br />
Eine andere Stelle ist zuständig 22 20.4 37.3<br />
Jugendliche/r will kein CM BB mehr 16 14.8 27.1<br />
Erziehungsberechtigte wollen kein CM BB 10 9.3 16.9<br />
Psychische Probleme 10 9.3 16.9<br />
Keine Kontaktaufnahme möglich 7 6.5 11.9<br />
Fehlende Bereitschaft der/des Jugendlichen,<br />
eine Ausbildung zu absolvieren<br />
7 6.5 11.9<br />
Wegzug/Abreise ins Ausland 5 4.6 8.5<br />
Voraussetzungen für nachobligatorische<br />
Ausbildung nicht gegeben<br />
3 2.8 5.1<br />
Suchtproblematik 1 0.9 1.7<br />
Familiengründung 1 0.9 1.7<br />
Freiheitsentzug 1 0.9 1.7<br />
Total 108 100.0<br />
N= 59 (Anzahl Jugendliche mit vorzeitigem Abschluss des CM, mehrere Nennungen pro Jugendliche/r möglich)<br />
Im gleichen Ausmass wie im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> zeigt sich auch in den <strong>Kanton</strong>en Basel-Stadt und Zürich, dass<br />
die mangelnde (Kooperations-) Bereitschaft für ein CM BB seitens der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
häufig zu einem vorzeitigen Abschluss führt (vgl. Tabelle 12). Auch der Anteil Jugendlicher und junger<br />
Erwachsener, welche in der Triage aufgrund mangelnder Mehrfachproblematik oder Gefährdung abgelehnt<br />
werden, ist in allen drei untersuchten <strong>Kanton</strong>en etwa gleich hoch (vgl. Haller & Hümbelin 2011 bzw. Haller et<br />
al. 2012). Höher ist im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> der Anteil der vorzeitigen Abschlüsse, weil eine andere Institution<br />
zuständig ist. Dies verdeutlicht die Triagefunktion des CM BB.<br />
30
Die Unterstützung durch das CM BB in den 59 vorzeitig abgeschlossenen Fällen dauerte zum grossen Teil<br />
zwischen sieben und zwölf Monaten (42.4%) oder zwischen 13 und 24 Monaten (33.9%). Bei 23.7% wurde<br />
die Begleitung bereits nach weniger als sechs Monaten abgeschlossen. In keinem Fall dauerte das CM mehr<br />
als 24 Monate.<br />
Tabelle 13: Dauer der Unterstützung bei vorzeitig abgeschlossenen Fällen<br />
Anzahl In %<br />
0-6 Monate 14 23.7<br />
7-12 Monate 25 42.4<br />
13-24 Monate 20 33.9<br />
> 24 Monate 0 0.0<br />
Total 59 100.0<br />
N= 59 (Anzahl Jugendliche mit vorzeitigem Abschluss des CM)<br />
Anschlusslösungen<br />
Tabelle 14 zeigt die Anschlusslösungen, welche nach vorzeitigem Abschluss des CMs von den 59 Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen gefunden wurden. Bei einem Drittel konnte keine Anschlusslösung gefunden<br />
werden oder diese ist nicht bekannt (32.1%). Rund die Hälfte fand eine Anschlusslösung bei der IV-Stelle<br />
(26.4%), dem RAV (13.2%) oder dem Sozialdienst (9.4%). 13.2% stiegt direkt in den ersten Arbeitsmarkt ein,<br />
was bei fehlender Berufsbildung nicht im Sinne des CM BB ist. Je in einem Fall ist der/die Jugendliche in<br />
Verwahrung, einem Zwischenjahr oder er/sie wurde von einem anderen CM aufgenommen (je 1.9%).<br />
Tabelle 14: Anschlusslösung nach vorzeitigem CM-Abschluss<br />
Anzahl In %<br />
Kein Anschluss/ unbekannt 17 32.1<br />
IV-Stelle 14 26.4<br />
RAV/SEMO 7 13.2<br />
Einstieg in ersten Arbeitsmarkt 7 13.2<br />
Sozialdienst 5 9.4<br />
Verwahrung 1 1.9<br />
Zwischenjahr 1 1.9<br />
Anderes CM 1 1.9<br />
Total 53 100.0<br />
Fehlende Werte 6<br />
N= 59 (Anzahl Jugendliche mit vorzeitigem Abschluss des CM)<br />
Zwischenfazit: Merkmale des Prozessverlaufs<br />
Die gefährdeten Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden von unterschiedlichen Institutionen an das<br />
CM BB zugewiesen. Dabei stechen insbesondere die Volksschule, die Berufsberatung und die Lehraufsicht<br />
als wichtige Zuweiser hervor. Am häufigsten sind zuweisende Institutionen dem Bereich Bildung (59.1%) zuzuordnen.<br />
Weniger häufig stammen diese aus andersartigen Beratungsangeboten in den Bereichen Familie,<br />
Sucht oder Behinderung (9.0%) und der Existenzsicherung (12.3%). Nicht selten melden sich auch Angehörige<br />
bzw. Jugendliche selbst beim CM BB. Diese Zahlen lassen erkennen, dass die Früherfassung greift und<br />
gleichzeitig der Zugang zu den Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach der obligatorischen Schulzeit<br />
gewährleistet ist.<br />
31
Im Erhebungszeitraum von März 2010 und 31. Mai 2013 wurden im CM BB 303 Jugendliche und junge Erwachsene<br />
erfasst. Bei 41 Personen läuft die Triage noch, womit der Entscheid über die Aufnahme noch aussteht.<br />
Bei 46 kam es bereits zu einer Ablehnung in der Triage-Phase. Über 80% wurden nach der Triagephase<br />
definitiv ins CM BB aufgenommen. Bei den 216 definitiv aufgenommenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
waren am Stichdatum (31. Mai 2013) 114 Fälle noch am Laufen. 40 Fälle wurden bereits wieder<br />
abgeschlossen, weil die Jugendlichen eine Lehre oder konkrete Massnahme des ersten Arbeitsmarktes aufnahmen<br />
bzw. in drei Fällen aus einem anderen Grund (42.2% der abgeschlossenen Fälle). Diese Begleitungen<br />
dauerten mehrheitlich zwischen 13 und 24 Monaten. Dies verdeutlicht, dass für einen erfolgreichen CM-<br />
Abschluss meist eine längerfristige Begleitung nötig ist, um das Ziel einer Lehre erreichen zu können.<br />
Bei 59 Personen wurde die Unterstützung aus unterschiedlichen Gründen vorzeitig abgeschlossenen (57.8%<br />
der abgeschlossenen Fälle). Grösstenteils wurden die Abbrüche mit der fehlenden (Kooperation) Bereitschaft<br />
für ein CM BB begründet oder es erwies sich eine andere Stelle als zuständig. Dies sind auch in der Triagephase<br />
häufige Gründe einer Ablehnung für eine definitive Aufnahme ins CM BB. Die Herstellung der Verbindlichkeit<br />
für eine CM-Begleitung stellt somit eine zentrale Herausforderung dar. Bei einem vorzeitig abgeschlossenen<br />
CM konnten nicht immer Anschlusslösungen gefunden werden oder diese sind nicht bekannt<br />
(32.1% der vorzeitigen Abschlüsse). Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen finden vorwiegend in Angeboten<br />
der IV-Stelle, des RAV und des Sozialdienstes Anschluss. Insbesondere die Triage zur IV ist aufgrund<br />
der häufigen psychischen Erkrankungen von Bedeutung. Einige gelangten direkt in den ersten Arbeitsmarkt.<br />
Dies macht einerseits die Triagefunktion und andererseits die Grenzen des CM BB deutlich, welche in Zusammenhang<br />
mit der Tatsache stehen, dass die Teilnahme am Angebot freiwillig ist.<br />
32
4 Akteure im Unterstützungsnetz<br />
Das vorliegende Kapitel zu den Akteuren im Unterstützungsnetz fasst einerseits die Erkenntnisse zum institutionellen<br />
und privaten Unterstützungsnetz einer Teilgruppe von 31 befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen.<br />
Andererseits werden hier die Erkenntnisse aus den Interviews mit Schlüsselpersonen aus dem<br />
institutionellen Netzwerk des CM BB präsentiert.<br />
4.1 Unterstützungsnetz der Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen<br />
Einführung<br />
Die an einem Unterstützungsprozess beteiligten Akteure werden als Handlungsgemeinschaft untersucht, die<br />
sich aus den betroffenen Jugendlichen/jungen Erwachsenen, ihren wichtigen Bezugspersonen aus Familie,<br />
Freizeit sowie verschiedenen Fachpersonen des Volksschulbereichs und/oder Institutionen der Berufsbildung,<br />
der sozialen Sicherung und eventuell der Gesundheitsversorgung konstituiert. Die Unterstützungen können<br />
nach folgenden inhaltlichen Bereichen unterschieden werden:<br />
- Schule/Beruf/Beschäftigung<br />
- Freizeit<br />
- Finanzen/materielle Situation<br />
- Wohnen<br />
- Gesundheit<br />
- Rechtliches<br />
Für jeden dieser Bereiche interessieren sowohl öffentliche Institutionen als auch Privatpersonen, die innerhalb<br />
der letzten sechs Monate vor der Zuweisung zum CM BB Unterstützungen für die Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen erbracht haben. Als Unterstützung werden folgende Tätigkeiten aufgeführt:<br />
- Beraten<br />
- Informieren<br />
- Weitervermitteln<br />
- Anleiten<br />
- Unterrichten<br />
- Freizeitgestaltung<br />
- somatische/medizinische Unterstützung (auch Physiotherapie)<br />
- Psychotherapie, Gesprächstherapie<br />
- materielle Unterstützung<br />
- Wohnen<br />
Die nachfolgenden Ergebnisse basieren auf Angaben von 31 Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die mit<br />
Hilfe einer eigens für diese Forschung eingerichteten Online-Plattform erhoben wurden. Es handelt sich somit<br />
um eine Teilgruppe der gesamten CM BB-Population 5 (vgl. auch Kapitel 1.2).<br />
5 Die Befragten machten die Angaben teilweise alleine, was zur Folge haben könnte, dass gewisse stigmatisierende Angaben (z.B. Psychotherapie, Polizei,<br />
Justiz) nicht gemacht wurden oder aufgrund mangelnden Bewusstseins über die Involvierung der Angebote Lücken in den Angaben bestehen.<br />
33
Die Darstellung der Ergebnisse beginnt mit einem Überblick über das Unterstützungssetting der institutionellen<br />
Akteure, welches sich aus den Kontakten der Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Institutionen<br />
ergibt. Ferner werden die am häufigsten genannten Akteure aufgelistet und die erbrachten Unterstützungsleistungen<br />
thematisiert. Danach wird aufgezeigt, wie hoch die Anzahl der involvierten Institutionen pro Person<br />
ausfällt. Weiter wird untersucht, welche Ressourcen im privaten Umfeld vorhanden sind.<br />
Abbildung 5: Visualisierung des gesamten Unterstützungssettings<br />
Farblegende dunkelblau = Jugendliche<br />
rot = Akteure aus dem Bereich Schule/Beruf<br />
blau = Gesundheit<br />
orange = Recht<br />
grün = Finanzen<br />
lila = Freizeit<br />
gelb = Wohnen<br />
34
Das Netzwerk in Abbildung 5 zeigt das gesamte Umfeld, in welchem sich das CM BB bewegt. Die Darstellung<br />
setzt sich aus den Kontakten zwischen 31 Jugendlichen und 34 unterschiedlichen Institutionen in den<br />
letzten sechs Monaten vor dem Eintritt ins CM BB zusammen. In der Visualisierung repräsentieren die Punkte<br />
auf dem äussersten Kreis die Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Linien stehen für 139 Kontakte mit<br />
den 34 Institutionen. Je häufiger eine Institution genannt wurde, desto grösser erscheint der Kreis in der Abbildung.<br />
Entsprechend sind Jugendliche und junge Erwachsene, die stärker institutionell vernetzt sind, grösser<br />
gezeichnet.<br />
Mit dieser Darstellung kann ein erster Eindruck der Komplexität und Vielfältigkeit des Unterstützungssettings<br />
vermittelt werden. Ferner kann bereits optisch anhand der Farben erkannt werden, dass in gewissen Lebensbereichen<br />
häufiger institutionelle Kontakte bestehen. Dies betrifft v.a. die Bereiche Schule/Beruf, Freizeit und<br />
Gesundheit. Deutlich wird zudem, dass einzelne institutionelle Akteure – der Häufigkeit ihrer Nennung und der<br />
Grösse der Punkte nach – von zentraler Bedeutung sind; wie etwa der Hausarzt, die Sekundarschule und<br />
Sportangebote/Sportvereine.<br />
Ergänzend zu Abbildung 5 zeigt Tabelle 15 die institutionellen Kontakte nach Lebensbereichen. Es wird ersichtlich,<br />
dass fast alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen Kontakt mit Institutionen aus den Bereichen<br />
Schule/Beruf (96.8%) und häufig auf der Gesundheit (83.9%) haben. Mehr als die Hälfte ist auch in einem<br />
Freizeitangebot (58.1%) eingebunden. Insgesamt machen diese drei Bereiche 84.2% aller institutionellen<br />
Kontakte aus, während die Anteile in den übrigen drei Bereichen tiefer ausfallen. Immerhin knapp die Hälfte<br />
der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist für finanzielle Unterstützung mit einer Institution im Kontakt.<br />
Tabelle 15: institutioneller Kontakte unterschieden nach Lebensbereichen<br />
Anteil an Jugendlichen mit<br />
institutionellen Kontakten<br />
Summe aller institutioneller<br />
Kontakte<br />
% aller Kontakte<br />
Schule/Beruf 96.8 50 36.0<br />
Gesundheit 83.9 45 32.4<br />
Freizeit 58.1 22 15.8<br />
Finanzen 48.4 15 10.8<br />
Recht 19.4 6 4.3<br />
Wohnen 3.2 1 0.7<br />
Alle Bereiche 139 100.0<br />
N= 31 (Anzahl Jugendliche und junge Erwachsene; mehrere Nennungen pro Person möglich)<br />
Auch beim Blick auf die institutionellen Kontakte verdeutlicht sich die allgemein stärkere Ressourcenlage der<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong>, verglichen mit dem <strong>Kanton</strong> Zürich. Dies ist auf<br />
die Tatsache zurückzuführen, dass im <strong>Kanton</strong> Zürich häufiger ältere Jugendliche und junge Erwachsene,<br />
welche den schulischen Angeboten schon länger ferngeblieben sind und sich in einem prekären Status befinden,<br />
begleitet werden. Jugendliche und junge Erwachsene sind im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> häufiger in einem Freizeitangebot<br />
eingebunden (23.5% in Zürich), während im <strong>Kanton</strong> Zürich deutlich häufiger Institutionen aus den<br />
Bereichen Finanzen (bei 72% der Jugendlichen), Recht (bei 50%) und Wohnen (bei 31%) wie auch Psychotherapeuten<br />
(bei 25%) involviert sind (Haller et al. 2012).<br />
Häufig genannte institutionelle Akteure, Kontaktintensität und Bedeutung der Kontakte<br />
In Tabelle 16 sind die von den Jugendlichen und jungen Erwachsenen am häufigsten genannten institutionellen<br />
Akteure aufgelistet. Es sind dies mit Abstand am Häufigsten Hausärzte (71.0%) vor Sportvereinen oder<br />
Sportangeboten (38.7%). Des Weiteren ist ersichtlich, welchem Lebensbereich die jeweilige Institution zuzuordnen<br />
ist und wie intensiv die Kontakte durchschnittlich ausfallen. Die Bedeutung der genannten institutionellen<br />
Kontakte wird im Folgenden für jeden Lebensbereich erläutert.<br />
35
Tabelle 16: Häufig genannte institutionelle Akteure<br />
Institution % der Kl. Bereich Kontaktintensität<br />
Hausarzt 71.0 Gesundheit unregelmässiger Kontakt<br />
Sportverein/Sportangebot 38.7 Freizeit regelmässiger Kontakt<br />
Sekundarschule (Bezirk-, Sekundar-, Oberschule<br />
32.3 Schule regelmässiger Kontakt<br />
und Werkklassen)<br />
Berufs- und Studienberatung 29.0 Schule unregelmässiger Kontakt<br />
Andere Vereine 25.8 Freizeit regelmässiger Kontakt<br />
Lehrbetrieb 19.4 Schule regelmässiger Kontakt<br />
Andere Ärzte (Frauenärzte, Spezialisten etc.) 19.4 Gesundheit regelmässiger Kontakt<br />
N= 31 (Anzahl Jugendliche und junge Erwachsene; mehrere Nennungen pro Person möglich)<br />
Schule/Beruf<br />
Dem Angebot CM BB entsprechend stehen bis auf eine Person alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
mit Institutionen im Bereich Schule/Beruf in Kontakt (96.8%). Gleichzeitig ist dies der heterogenste Lebensbereich<br />
mit 14 unterschiedlichen Akteuren. Die Kontakte fallen mehrheitlich regelmässig aus. Die am häufigsten<br />
genannten Akteure sind die Sekundarschule bzw. deren Lehrpersonen (32.3% aller Befragten), die Berufsberatung<br />
(29.0%) oder - falls bereits vorhanden - der Lehrbetrieb (19.4%). Die Antworten auf die Frage nach der<br />
konkreten Unterstützung, welche der Akteur für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen erbringt, fallen<br />
unterschiedlich aus. Im Kontakt mit der Sekundarschule steht die Unterstützung für die Bewerbungsunterlagen<br />
und Bewerbungen allgemein im Vordergrund. Der Lehrbetrieb stärkt mehr die persönlichen und sozialen<br />
Kompetenzen der Befragten. In der Berufsberatung steht die Unterstützung bei konkreten Einzelschritten im<br />
Bewerbungsverfahren im Zentrum des Kontakts. Weitere Unterstützung aus dem Bereich Schule/Beruf erhalten<br />
die Jugendlichen und jungen Erwachsenen von Angeboten, wie dem 10. Schuljahr (12.9%), der Berufsfachschule<br />
(9.7%), der Vorlehre oder dem SEMO (6.5%) oder einem geschützten Arbeitsplatz (6.5%). Vereinzelt<br />
wurden das Berufsvorbereitungsjahr BVJ, der Wallierhof, Jugendarbeitslosenprogramme, die Sozial- und<br />
Familienberatung, Perspektive Region <strong>Solothurn</strong> oder ein Schul- und Berufsbildungsheim (je 3.2%) genannt.<br />
Gesundheit<br />
83.9% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben mit institutionellen Akteuren im Gesundheitswesen<br />
zu tun. Am häufigsten wird in diesem Bereich der Hausarzt genannt (71.0%), wobei die Kontaktintensität in<br />
den erfassten sechs Monaten stark variiert und keine konkreten Angaben zu den unterschiedlichen Besuchsgründen<br />
gemacht werden. Auch andere Ärzte wurden von sechs Personen genannt (19.4%). In den offenen<br />
Nennungen ist zu erkennen, dass es sich um Zahn- oder Augenärzte, Physiotherapie und Akupunktur handelt,<br />
was auf temporäre gesundheitliche Einschränkungen oder reguläre Kontrollen hindeutet. Immerhin je vier<br />
Mal wurden der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst oder ein Krankenhaus und drei Mal ein anderes<br />
CM genannt. Nur je zwei Jugendliche und junge Erwachsene geben an, mit einem Psychiater, Psychologen<br />
oder der Beratungsstellte Perspektive in Kontakt zu stehen (je 6.5%).<br />
Freizeit<br />
Direkte Unterstützung zur Verbesserung der beruflichen Situation erhalten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
von Institutionen in der Freizeit selten. Ebenso handelt es sich dabei überwiegend um Institutionen,<br />
die im Rahmen eines CMs nicht in den Unterstützungsprozess integriert werden können, wie etwa Aktivitäten<br />
in einem Sportverein/Sportangebot (38.7%) oder andere Vereine (25.8%). Nichtsdestotrotz veranschaulicht<br />
die grosse Anzahl Nennungen, die Bedeutung dieser Angebote nach Ansicht der Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen. In den offenen Nennungen fallen Stichworte wie Ablenkung, Bewegung und Geselligkeit.<br />
Nur je eine Person wird von einem Jugendtreff bzw. der Jugendarbeit einer Kirche erreicht (je 3.2%).<br />
36
Finanzen<br />
Im Lebensbereich Finanzen verfügen knapp die Hälfte über institutionelle Kontakte (48.4%). Zu den häufigsten<br />
Akteuren zählen der Sozialdienst, das RAV und die Krankenversicherungen mit je vier Nennungen<br />
(12.9%). Während beim Sozialdienst der finanzielle Beitrag im Vordergrund steht, wird beim RAV in den offenen<br />
Nennungen auch die Unterstützung bei der Stellensuche erwähnt. Eher wenig stehen die Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen für Unterstützung im finanziellen Bereich mit der Schuldenberatung (3.2%) in Kontakt,<br />
welche dem/der Jugendlichen hilft, sein Budget zu erstellen.<br />
Recht<br />
Nur 19.4% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen stehen mit Institutionen aus dem Bereich Recht in<br />
Kontakt. Drei Personen haben Kontakt zur Polizei (9.7%), wobei es um Bussen, Diebstahl und Drogenkonsum<br />
ging. Je einmal wurden die Jugendanwaltschaft und Gerichte ebenfalls in Zusammenhang mit dem<br />
Diebstahl sowie eine Begleitung durch den Beistand genannt (3.2%).<br />
Wohnen<br />
Im Lebensbereich Wohnen sind institutionelle Akteure für die befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
nicht relevant, da die Mehrheit bei den Eltern oder einem Elternteil wohnt (vgl. nächster Abschnitt „Unterstützung<br />
durch Privatpersonen“). Lediglich eine/r der 31 befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
gibt an, in einer Wohngemeinschaft zu leben.<br />
Akteursdichte 6<br />
Die meisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen stehen mit mehr als einer Institution in Kontakt, was einen<br />
gewissen Koordinationsbedarf erfordert. Die Case Managenden können die Fallführung übernehmen und<br />
damit gewährleisten, dass die Unterstützungsleistungen zielgerichtet ablaufen. Demnach begründet eine<br />
hohe Akteursdichte unter anderem den Einsatz eines CMs. Die Akteursdichte der 31 befragten Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen im CM BB ist in Abbildung 6 mit der Häufigkeitsverteilung der Anzahl involvierter<br />
Institutionen pro Person dargestellt.<br />
6 Unter Akteursdichte verstehen wir im Folgenden die Anzahl involvierter Institutionen pro Person.<br />
37
Häufigkeiten<br />
Abbildung 6: Anzahl involvierte Institutionen pro Person (n=31)<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12<br />
Anzahl involvierte Institutionen<br />
(Anzahl involvierte Institutionen pro Person im Durchschnitt: 4.9)<br />
Auf den ersten Blick scheint die Akteursdichte eher hoch. Es ist jedoch zu beachten, dass die involvierten<br />
Institutionen der letzten sechs Monate vor Eintritt ins CM BB erfasst wurden, die Kontakte zeitlich gestaffelt<br />
erfolgen können und nicht alle Akteure Teil des CMs sein müssen. Ebenfalls variiert die Anzahl involvierter<br />
Institutionen pro Person stark. Die durchschnittliche Akteursdichte liegt bei 4.9 Institutionen pro Person, wobei<br />
die Spannweite von einem bis zwölf Akteuren pro Person reicht. Die mittleren 50% der Befragten stehen<br />
mit vier oder fünf Akteuren in Kontakt. Da die Mehrheit mit Akteuren aus den Bereichen Schule/Beruf, Gesundheit<br />
und Freizeit vernetzt ist, erklären sich die höheren Akteursdichten durch eine stärkere Thematisierung<br />
der Bereiche Gesundheit oder mit zusätzlichen Institutionen aus dem Bereich Recht. Der Bereich Wohnen<br />
fällt an dieser Stelle wie oben erwähnt, nicht ins Gewicht.<br />
Unterstützung durch Privatpersonen<br />
Tabelle 17 zeigt die Anteile der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, welche in den verschiedenen Lebensbereichen<br />
Unterstützung von privaten Personen erhalten. Die Privatpersonen mit dem höchsten Anteil<br />
bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind jeweils pro Lebensbereich hervorgehoben.<br />
Tabelle 17: Jugendliche und junge Erwachsene mit privater Unterstützung nach Lebensbereichen (in %)<br />
Mit privater<br />
Unterstützung<br />
Eltern<br />
Geschwister<br />
Andere<br />
Verwandte<br />
Freund/innen/<br />
Kolleg/innen<br />
Lebenspartner/In<br />
Finanzen 96.8 90.3 6.5 9.7 16.1 6.5<br />
Wohnen 90.3 83.9 6.5 0.0 12.9 6.5<br />
Schule/Beruf 87.1 80.6 19.4 12.9 41.9 3.2<br />
Freizeit 83.9 67.7 51.6 22.6 90.3 19.4<br />
Gesundheit 58.1 58.1 9.7 9.7 16.1 3.2<br />
Recht 6.5 6.5 0.0 0.0 0.0 0.0<br />
38
In der Tabelle ist ersichtlich, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen in fast allen Lebensbereichen<br />
auf die Unterstützung von Privatpersonen zählen können. Die grosse Mehrheit der Befragten hat mindestens<br />
einen privaten Akteur in den Bereichen Finanzen (96.8% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen), Wohnen<br />
(90.3%), Schule/Beruf (87.1%) und Freizeit (83.9) genannt. Lediglich in den Bereichen Gesundheit<br />
(58.1%) und Recht (6.5%) fallen die Anteile tiefer aus, was sich damit begründen lässt, dass nicht in jedem<br />
Fall auch ein Unterstützungsbedarf in diesem Bereich vorhanden ist. Grundsätzlich werden in jedem Lebensbereich<br />
die Eltern am häufigsten genannt, besonders für finanzielle Unterstützung fast ausschliesslich<br />
(90.3%). Bei Anliegen im Bereich Schule/Beruf wenden sich die Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben<br />
den Eltern (80.6%) auch häufig an Freund/innen oder Kolleg/innen (41.9%) und Geschwister (19.4%).<br />
Dieses Resultat zeigt gleichzeitig, dass rund 20% auf keine elterliche Unterstützung in Bezug auf Schule und<br />
Beruf setzen können. Zwar erfährt über die Hälfte der Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch bei der<br />
Freizeitgestaltung Unterstützung durch die Eltern (67.7%) und Geschwister (51.6%), den grössten Anteil machen<br />
jedoch eindeutig Freund/innen und Kolleg/innen aus (90.3%). Soziale Isolation scheint somit ein eher<br />
wenig auftretendes Phänomen zu sein.<br />
Ein Vergleich mit dem <strong>Kanton</strong> Zürich zeigt, dass die dort Befragten vor allem in den Bereichen Finanzen<br />
(76.5%) und Schule/Beruf (51.5%) deutlich seltener auf Unterstützung durch die Eltern setzen können (Haller<br />
et al. 2012).<br />
Zwischenfazit: Das Unterstützungsnetzwerk der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
Das vielfältige Unterstützungsnetzwerk basierend auf 139 relevanten institutionellen Kontakten zu 34 Institutionen<br />
in unterschiedlichen Handlungsfeldern konnte für 31 befragte Jugendliche und junge Erwachsene visualisiert<br />
werden. Es zeigt das - nicht abschliessende Bild - des Settings, in welchem sich das CM BB bewegt.<br />
Die Befragten sind häufig mit Akteuren aus den Bereichen Schule/Beruf, Gesundheit, Freizeit und Finanzen<br />
vernetzt. Geringer scheint die Vernetzung in den Bereichen Wohnen und Recht zu sein. Diese Einschätzung<br />
ist jedoch situationsabhängig. So verteilen sich die Anteile aller Nennungen unterschiedlich auf die sechs<br />
Lebensbereiche: je zu einem Drittel auf die Bereiche Schule/Beruf und Gesundheit sowie der übrige Drittel auf<br />
die Bereiche Freizeit, Finanzen, Recht und Wohnen. Dies lässt einerseits auf eine relativ gute Einbindung in<br />
Schule und Freizeit schliessen. Andererseits scheinen auch häufig gesundheitliche Problematiken aufzutreten.<br />
Zu den häufigsten genannten Akteuren in den unterschiedlichen Bereichen zählen gesamthaft der Hausarzt<br />
(71.0% der Klientel) oder Sportvereine oder -angebote (38.7%) in der Freizeit und die Sekundarschule<br />
(32.3%). Dies zeigt, dass viele Befragte am Ende der obligatorischen Schulzeit für das CM BB gewonnen<br />
werden.<br />
Je mehr unterschiedliche Akteure um einen Jugendlichen und jungen Erwachsenen involviert sind, umso<br />
grösser ist der Koordinationsbedarf, die Person zielorientiert zu unterstützen. Die durchschnittliche Akteursdichte<br />
liegt mit 4.9 pro Person relativ hoch, wobei die Spannweite von einem bis zwölf involvierten Akteuren<br />
reicht. So kann festgehalten werden, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen im CM BB das bestehende<br />
Unterstützungsangebot des „Regelsystems“ nutzen und auf die Unterstützung und Koordination unterschiedlicher<br />
Akteure angewiesen sind.<br />
Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen können grösstenteils auch auf Unterstützung aus ihrem privaten<br />
Umfeld zählen. In fünf von sechs Lebensbereichen werden die Eltern neben den Geschwistern, anderen Verwandten,<br />
Freund/innen oder Kolleg/innen und Lebenspartner/in mit Abstand am häufigsten genannt. So stellen<br />
die Eltern insbesondere bezüglich Finanzen und Wohnen eine wichtige Absicherung dar. Einzig bei der<br />
Freizeitgestaltung machen Freund/innen oder Kolleg/innen den grössten Anteil aus. Die häufig noch umfassende<br />
Unterstützung durch die Eltern deckt sich mit dem Alter der Jugendlichen und jungen Erwachsenen,<br />
welche oftmals am Ende der obligatorischen Schulzeit bzw. kurz danach ins CM BB gelangen.<br />
39
4.2 CM BB im Unterstützungsnetz<br />
Leistungen des institutionellen Unterstützungsnetzes<br />
Um das CM BB im bestehenden Institutionennetz des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> situieren zu können, soll in diesem<br />
Abschnitt und anhand nachfolgender Abbildung in einem ersten Schritt inventarmässig dargestellt werden,<br />
welche Institution sich wo und wie positioniert.<br />
Abbildung 7: Institutionen-Netz 7<br />
Schulsozialarbeit: An verschiedenen Schulen des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> wird Schulsozialarbeit angeboten. Diese<br />
stellt eine niederschwellige Beratungs-, Anlauf- und Triagestelle für Lernende, Lehrende und Bezugspersonen<br />
in schwierigen Lebens- und Schulsituationen dar und arbeitet bei Schulentwicklungsprojekten mit. Das Angebot<br />
ist auf die Zeit während der obligatorischen Schulzeit begrenzt. Die Schulsozialarbeit macht mit 2.3% der<br />
Zuweisungen an das CM BB (noch) einen sehr geringen Anteil unter den zuweisenden Institutionen aus.<br />
Schulpsychologischer Dienst (SPD): Der Schulpsychologische Dienst ist eine kantonale Fachstelle für schulische<br />
und erzieherische Fragen und wendet sich an die verschiedenen schulischen Akteure. Der SPD ist im<br />
<strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> vor allem auf Vor- und Primarschule Ebene tätig und somit im Zusammenhang mit dem CM<br />
BB weniger relevant.<br />
7 Mit den in der Abbildung schwarz geschriebenen Institutionen wurde ein Interview durchgeführt. Die grau geschriebenen Institutionen sollen teilweise in<br />
einem nächsten Schritt noch befragt werden.<br />
40
Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst (KJPD): Der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst bietet ambulante<br />
Abklärungen und Behandlungen an, welche von Kindern und Jugendliche mit ihren Bezugspersonen<br />
niederschwellig in Anspruch genommen werden können. Die Bezirke Dorneck und Thierstein werden durch<br />
den KJPD Basel-Landschaft versorgt. Der KJPD ist in den Schulen des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> laut verschiedener<br />
befragter Akteure im Unterstützungsnetz gut verankert und nimmt eine Triagefunktion ein. Rund 5% der Zuweisung<br />
an das CM BB laufen über den KJPD.<br />
Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung: Die Berufsberatung setzt im 2. Schuljahr der Oberstufe durch Klassenbesprechungen<br />
ein und kann darauf individuell in Anspruch genommen werden. Sie unterstützt die Jugendlichen<br />
bei der Berufswahl bzw. macht spezifische Interessensabklärungen. Die Berufsberatung steht in<br />
dieser Zeit auch im Kontakt mit den Lehrpersonen. Schulabgänger/innen ohne Anschlusslösung werden systematisch<br />
durch die Berufsberatung erfasst. Bei der Berufsberatung handelt es sich um eine punktuelle Beratung<br />
über einen kurzen Zeitraum und geringer Intensität mit einzelnen Beratungen. Während ihrer beruflichen<br />
Laufbahn hat eine Person immer wieder die Möglichkeit eine Berufsberatung in Anspruch zu nehmen.<br />
Die Berufsberatung ist ein wichtiger Zuweiser (13.7%). Sobald die Jugendlichen und jungen Erwachsenen an<br />
das CM BB gelangen, wird die Berufsberatung abgeschlossen und allenfalls für spezifische Interessensabklärungen<br />
zur Berufswahl wieder punktuell involviert.<br />
Motivationssemester Step4: Das Step4 Kompetenzzentrum Berufsausbildung ist ein Motivationssemester der<br />
Arbeitslosenversicherung, welches arbeitslose Jugendliche nach der obligatorischen Schulzeit und Erwachsene<br />
ohne Grundausbildung im Übergang in eine Berufsausbildung begleitet. Die Zuweisung an Step4 geschieht<br />
immer über die Regionale Arbeitsvermittlung (RAV), wobei alle Schulabgänger/innen ohne Anschlusslösung<br />
dem RAV gemeldet werden. Die Begleitung durch Step4 ist einmalig und beinhaltet schulischen Unterricht,<br />
Schnupper- und Arbeitseinsätze sowie ein persönliches und berufliches Coaching und dauert sechs<br />
Monate. Die Elternarbeit, wie auch die punktuelle Zusammenarbeit mit anderen involvierten Stellen (Betriebe,<br />
KJPD, Sozialregionen, etc.) ist Teil der Arbeit von Step4.<br />
Aus der Sicht von Step4 ist es wichtig, dass in der Zeit ihrer Begleitung des Jugendlichen die Fallführung bei<br />
ihnen liegt, da Step4 im Auftrag des RAV die Fallführung übernimmt. Dies führt dazu, dass, sofern das CM<br />
BB bereits involviert ist, das CM BB während der Step4-Begleitung im Hintergrund bleibt. Ist nach der 6-<br />
monatigen Begleitung durch Step4 (weiterhin) eine CM BB-Begleitung nötig, wird der/die Jugendliche (wiederum)<br />
an das CM BB weitergegeben und Step4 schliesst ab. Durch diese Handhabung kommt es zu einer<br />
geringen Zusammenarbeit zwischen Step4 und CM BB und aus der Sicht von Step4 teilweise zu Doppelspurigkeiten.<br />
Berufsbildungszentrum (BBZ): Beim BBZ handelt es sich um ein Kompetenzzentrum für Aus- und Weiterbildung<br />
mit einem diversen Angebot im Bereich der Berufsbildung. So werden neben den Berufsschulen Brückenangebote<br />
wie das Integrationsjahr, die Vorlehre, das Berufsvorbereitungsjahr und das Hauswirtschaftsjahr<br />
angeboten. Die Berufsbildungszentren Olten und <strong>Solothurn</strong>-Grenchen bieten somit für Jugendliche am<br />
Übergang von der obligatorischen Schule in die Berufsbildung während eines Jahres je nach Bedürfnissen<br />
unterschiedliche Zwischenlösungen zur Förderung der schulischen, sozialen und beruflichen Kompetenzen.<br />
Zwei weitere Brückenangebote im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> von anderen Anbietern sind der Startpunkt Wallierhof<br />
und das 10. Schuljahr, welche als mögliche Zwischenlösungen hier erwähnt werden sollen.<br />
Die Berufsfachschule bzw. Zwischenlösungen (inkl. Step4) machen unter 10% der zuweisenden Institutionen<br />
aus. Sie sind in der Zusammenarbeit mit dem CM BB jedoch von Bedeutung, wenn dieses bei einem/einer<br />
Schüler/in bereits involviert ist. Falls eine Person beim Eintritt in ein Angebot des Berufsbildungszentrums<br />
bereits vom CM BB betreut wird, erhalten die involvierten Coaches bzw. Klassenlehrpersonen diese Information<br />
vom CM BB.<br />
41
Lehraufsicht: Die Lehraufsicht ist zuständig für die Ausbildungsbewilligung von Lehrbetrieben und die Beaufsichtigung<br />
der Lehrverhältnisse, was auch die individuelle Beratung, Vermittlung und Information der Vertragsparteien<br />
beinhaltet. Sie ist insbesondere mit den Lehrbetrieben und Berufsverbänden, dem Amt für Wirtschaft<br />
und Arbeit und den Berufsfachschulen vernetzt. Diese individuelle Beratung – v.a. der Jugendlichen –<br />
konzentriert sich auf die Zeit während der Lehre, ist aufgrund der grossen Anzahl begleiteter Lehrverhältnisse<br />
in eingeschränkter Intensität möglich und endet im Falle eines Lehrabbruchs nach drei Monaten.<br />
Falls eine Person bereits bei Lehreintritt vom CM BB betreut wird, erhält die Lehraufsicht diese Information<br />
vom CM BB. Solange ein Lehrvertrag läuft und ein/e Lernende/r beim CM BB ist, sind Lehraufsicht und CM<br />
gleichzeitig involviert. Es handelt sich um eine Zusammenarbeit, wobei der Lead beim CM BB liegt. Wird der<br />
Lehrvertrag aufgelöst, ist die Lehraufsicht nicht mehr involviert. Die Lehraufsicht stellt mit knapp 15% eine<br />
wichtige zuweisende Instanz des CM BB dar.<br />
RAV: An die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) kann jede arbeitslos gemeldete Person gelangen.<br />
Im Verlauf des Erwerbsalters kann das RAV bei Arbeitslosigkeit unter klar definierten Voraussetzungen immer<br />
wieder in Anspruch genommen werden. Die Art und Dauer der Begleitung bzw. Massnahmen unterscheiden<br />
sich je nach Alter und Situation der Person. Im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> ist es unter 18-jährigen Schulabgänger/innen<br />
ohne Anschlusslösung möglich an das RAV zu gelangen und das Motivationssemester Step4 zu<br />
besuchen. Für 18- bis 25-Jährige besteht ein spezifisches Integrationsprogramm. 4% der Zuweisungen an<br />
das CM BB laufen über das RAV.<br />
Sozialregionen: Die Sozialregionen sind im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> zuständig für die wirtschaftliche Sozialhilfe und<br />
Beratung von Sozialhilfe berechtigten Personen. Ausserdem sind im Rahmen der Kindes- und Erwachsenenschutzmassnahmen<br />
Beistandschaften bei den Sozialregionen angegliedert. Alle Einwohner/innen einer Sozialregion<br />
können unter klar definierten Voraussetzungen (immer wieder) Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen.<br />
Die Art und Dauer der Begleitung bzw. Massnahmen unterscheiden sich je nach Alter und Situation der<br />
Person. Für 18- bis 25-Jährige besteht ein spezifisches Integrationsprogramm. 7% der Zuweisungen an das<br />
CM BB laufen über eine Sozialregion des <strong>Kanton</strong>s.<br />
Invalidenversicherung (IV): Unter klar definierten Voraussetzungen, welche einer Person eine (Teil-) Invalidität<br />
zusprechen, hat jede in der Schweiz wohnhafte Person Anrecht Unterstützung und Massnahmen der Invalidenversicherung<br />
in Anspruch zu nehmen. Bei der IV-Stelle <strong>Solothurn</strong> bestehen im Zusammenhang mit der<br />
beruflichen Eingliederung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen Berührungspunkte mit dem CM BB. So<br />
werden seitens des CM BB Jugendliche und junge Erwachsene an die IV vermittelt, wenn die gesundheitliche<br />
– vorwiegend psychische – Situation der Person dies bedarf. Somit hat das CM BB für die IV eine wichtige<br />
Triagefunktion inne. Durch diese Funktion des CM BB, welches alle Lebensbereiche im Blickwinkel hat, wird<br />
die Möglichkeit gesehen, einer Invalidisierung entgegen zu wirken. Es bestehen klare Trennlinien zwischen IV<br />
und CM BB und eine unterschiedliche Rechtsgrundlage, so dass diese beiden Institutionen meist nicht<br />
gleichzeitig in einen Fall involviert sind. Die IV wir nur bei vorliegender Invalidität involviert und folglich wird der<br />
Fall beim CM BB abgelöst.<br />
CM Stelle <strong>Solothurn</strong>: Die CM Stelle <strong>Solothurn</strong> ist eine Fachstelle für eine langfristig orientierte Begleitung von<br />
Personen mit Mehrfachproblematiken im Erwerbsalter mit dem Ziel der beruflichen Eingliederung. Es handelt<br />
sich um einen Zusammenschluss von Sozialhilfe, Arbeitslosen- und Invalidenversicherung, wobei die in Anspruch<br />
nehmende Person nicht bei einer dieser Institution anhängig sein muss. Aus den geführten Interviews<br />
mit den Akteuren im Unterstützungsnetz zeigt sich, dass die diffuse Abgrenzung zwischen der CM Stelle und<br />
dem CM BB sowohl bei den Akteuren wie auch den betroffenen Klient/innen oftmals Unklarheiten mit sich<br />
bringt.<br />
42
Zielsetzung, Vorgehen und Auswahl der interviewten Akteure<br />
Zur Ergänzung der standardisierten Daten und Fallstudien wurden Interviews mit Schlüsselpersonen aus dem<br />
institutionellen Netzwerk des CM BB durchgeführt, um aus der Perspektive dieser Akteure eine Einschätzung<br />
der Möglichkeiten und Herausforderungen des CM BB zu gewinnen. Für den vorliegenden <strong>Zwischenbericht</strong><br />
wurden 13 Akteuren aus den Bereichen Berufsberatung, den Berufsbildungsangeboten (Lehraufsicht, Berufsbildungszentren,<br />
Motivationssemester), den Sozialregionen und der IV-Stelle in Einzel- und Gruppengesprächen<br />
interviewt, welche mit dem CM BB in Kontakt stehen 8 .<br />
Schriftliche Einschätzung der Akteure<br />
In einem ersten Schritt wurde den Akteuren ein schriftlicher Kurzfragebogen mit 11 Frageitems zu ihrer Einschätzung<br />
des CM BB vorgelegt. Die Befragten wurden bei jedem Frageitems nach ihrer Einschätzung auf<br />
einer Skala zwischen 1 (überhaupt nicht zutreffend) und 6 (völlig zutreffend) gefragt. Je näher die nachfolgenden<br />
Angaben der mittleren Bewertung aller Befragten bei 6 liegen, desto grösser ist die Zustimmung.<br />
Die Erkenntnisse aus dieser Kurzbefragung lassen sich in zwei Aspekte fassen. So ist die Zustimmung für das<br />
CM BB und dessen konkrete Vorgehensweise in der Fallarbeit gross. Etwas kritischer werden die Position<br />
des CM BB in der bestehenden Institutionenlandschaft und die individuelle Wirkung des CM BB betrachtet.<br />
So findet die Initiative des Bundes zur Unterstützung der <strong>Kanton</strong>e bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit<br />
bei den Befragten eine sehr hohe Zustimmung (mittlere Bewertung aller Befragten = 5.58). Daher findet<br />
die Mehrheit zusätzliche spezifische Angebote zur Unterstützung der Risikogruppe gerechtfertigt (5.46).<br />
Dabei wird insbesondere der Früherfassung der Risikogruppe im 8./9. Schuljahr der Volksschule eine grosse<br />
Bedeutung beigemessen (5.54). Demgegenüber ist es für viele Befragte nicht einzuschätzen, ob das CM BB<br />
für Jugendliche und junge Erwachsene nach der Volksschule ein passendes Selektionsverfahren aufgebaut<br />
hat. Einzelne Personen stimmen dem eher zu. Eine etwas weniger hohe, aber dennoch grosse Zustimmung<br />
findet auch die Vorgehensweise des CM BB. So wird es als wichtig erachtet, dass im CM BB mit den Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen Ziele formuliert werden, die für die beteiligten Institutionen richtungsweisend<br />
sind (mittlere Bewertung = 5.15). Auch die fallbezogene Steuerung und Koordination durch das CM BB<br />
über die institutionellen Grenzen hinweg wird als eher sinnvoll (4.75) und die Abstimmung der Aktivitäten aller<br />
Beteiligten als Effizienz steigernd erachtet (4.82). Die individuelle Fallarbeit und die Koordination auf institutionelle<br />
Ebene – zwei zentrale CM-Elemente – werden somit als wichtig betrachtet.<br />
Des Weiteren findet zwar die Mehrheit, dass es eher zusätzlicher Angebote bedarf, um die Risikogruppe angemessen<br />
zu unterstützen (4.69), wobei die Bewertung auf einer grossen Spannbreite zwischen 2 und 6 liegt.<br />
Die Einschätzung, ob das CM BB Leistungen erbringt, welche von anderen Versorgungsinstitutionen nicht<br />
erbracht werden (4.38), und das CM der richtige Ansatz ist um die Risikogruppe angemessen zu unterstützen<br />
(4.31), liegt im Durchschnitt knapp über 4. Dabei liegen die Bewertungen wiederum zwischen 2 und 6. Die<br />
mittlere Bewertung, ob das CM BB die Betroffenen bei ihren Bedürfnissen abholen und die nötige Verbindlichkeit<br />
herstellen kann, liegt bei 3.90. Somit stellen das Gewinnen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
und das Herstellen der Verbindlichkeit für das Angebot eine zentrale Herausforderung dar.<br />
CM BB im Institutionennetz<br />
Das aufgezeigte Institutionennetz verdeutlicht, dass einerseits ein breites Angebot existiert, um Jugendliche<br />
und junge Erwachsene in unterschiedlichen Lebenslagen im Übergang in eine Erwerbstätigkeit zu unterstützen.<br />
Andererseits zeigt sich, dass die bestehenden Angebote jeweils punktuell auf einen Lebensbereich fokussieren<br />
und über einen kürzeren, vordefinierten Zeitraum agieren bzw. an ein gewisses Alter (Schulzeit,<br />
Kindes- und Jugendalter, Erwerbsalter) gebunden sind. So kann das CM BB eine Lücke im Institutionennetz<br />
füllen, indem der Bogen vom Oberstufenalter bis zum Abschluss einer Berufsausbildung gespannt wird. Dies<br />
8 In Abbildung 7 sind die interviewten Institutionen schwarz geschrieben, zudem werden die beigezogenen Akteure im Anhang genannt.<br />
43
im Gegensatz zum bestehenden Angebot, welches mit dem Schulaustritt endet (Schulsozialarbeit, SPD), erst<br />
durch den Eintritt in eine Lehre in Anspruch genommen werden kann (Berufsschule, Lehraufsicht), nur über<br />
einen kürzeren Zeitraum an der Schnittstelle zur Berufsausbildung besucht werden kann (Brückenangebote,<br />
inkl. Step4, Berufsberatung), an klare Voraussetzungen gebunden ist (Sozialhilfe, IV, RAV) bzw. mit der Volljährigkeit<br />
endet oder dann erst beginnt (KJPD, CM Stelle). So können durch das CM BB eine längerfristige<br />
Begleitung stattfinden und Herausforderungen in verschiedenen Lebensbereichen als Ganzes angegangen<br />
werden.<br />
Merkmale der Klientel<br />
Die oben dargestellten Erkenntnisse verdeutlichen, dass das institutionelle Unterstützungsnetz insbesondere<br />
bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, welche in mehreren Lebensbereichen benachteiligt sind, Unterstützung<br />
verschiedener Leistungserbringer erhalten und daher für eine erfolgreiche Integration in eine Berufsbildung<br />
oftmals einer längerfristigen Begleitung bedürfen, an Grenzen stösst. Dabei handelt es sich laut den<br />
befragten Akteuren häufig um Jugendliche und junge Erwachsene mit schulischen Schwierigkeiten, eingeschränkter<br />
familiärer Unterstützung insbesondere in Bezug auf die Berufsbildung, einer gewissen Orientierungslosigkeit<br />
und Unreife die Herausforderungen im Übergang in die Berufsausbildung bzw. Erwerbstätigkeit<br />
zu meistern bis hin zu diffusen psychischen Erkrankungen, welche sich erst an diesem Übergang herauskristallisieren.<br />
Ein weiteres genanntes Segment betrifft junge Erwachsene, deren Schulabschluss bereits länger<br />
zurückliegt, keine Berufsausbildung abgeschlossen haben und über Jahre hinweg keiner geregelten längerfristigen<br />
Erwerbstätigkeit nachgingen. Die Strukturen und Ressourcen der bestehenden Angebote (exkl. CM<br />
BB) – so zeigt sich in den Interviews mit den Akteuren – lassen eine solch längerfristige Begleitung für die<br />
beschriebene Klientengruppe über die in der obigen Abbildung ersichtlichen Übergänge hinweg (Schule -<br />
Brückenangebot – Berufsbildung - Erwerbstätigkeit) nicht zu. Daher wird für die Begleitung von mehrfachbelasteten<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen durch das CM BB die Möglichkeit gesehen, dass ein Auffangnetz<br />
für diese Zielgruppe besteht, welches vom 12. bis 25. Lebensjahr die Übergange begleiten kann.<br />
„Wenn ein Lehrverhältnis aufgelöst wird, dann haben wir die Möglichkeit, diese Leute noch eine gewisse Zeit zu begleiten<br />
für eine Anschlusslösung. Das sind so in der Regel noch Maximum drei Monate (…) und so lange versuchen wir die noch<br />
am Radar zu behalten und zu schauen, wie’s läuft und dann wenn’s länger dauert ist‘s so, dass wir dann die nicht mehr<br />
weiterbegleiten könnten. Dann macht’s natürlich Sinn, dass wir das ganz sicher dem CM BB weitergeben können.“<br />
(Lehraufsicht).<br />
„Ihr Vorteil ist immer, dass es bei ihnen keinen Handwechsel geben muss. Sie können den Bogen schlagen von der Sek I-<br />
Stufe nachher in ein Zwischenjahr, in eine Lehre bis zu einem Anstellungsverhältnis, wo sie drin bleiben können. (…) Das<br />
ist ihr Vorteil, wenn’s eine langfristige Begleitung braucht“ (IV).<br />
Kooperationen im Unterstützungsnetz<br />
Strategische Positionierung<br />
Besondere Notwendigkeit wird von interviewten Akteuren darin gesehen, das CM BB auf übergeordneter,<br />
strategischer Ebene – also der Ebene der involvierten Ämter – klarer zu positionieren und zu verankern. Eine<br />
klare strategische Positionierung und Stützung des CM BB hat sich auch im <strong>Kanton</strong> Basel-Stadt als besonders<br />
zentrales Rückgrat zur die Implementierung und Weiterentwicklung dieses Angebots erwiesen (Haller &<br />
Hümbelin 2011). Durch den strategischen Rückhalt und die Klärung des Aufgabenbereichs bzw. der Handlungsspielräume<br />
des CM BB kann auch die Klarheit über das Angebot gegen aussen verbessert, der Informationsfluss<br />
zwischen den involvierten Stellen gefördert und so Doppelspurigkeiten verhindert werden. Dies wird<br />
bisher als mangelhaft wahrgenommen:<br />
44
„Das gemeinsame Ziel von dieser Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit. Von dem müssten alle ausgehen und dort<br />
müsste wie das CM BB auch in meinen Augen vom <strong>Kanton</strong> mehr gestärkt werden. Jetzt hat’s, so nehme ich’s wahr,<br />
einfach noch so ein bisschen den Projektcharakter.“ (IV)<br />
Somit stellt die strategische Positionierung ein zentrales Element dar, um die nachfolgend in den Interviews<br />
mit den Akteuren erwähnten Herausforderungen des CM BB anzugehen.<br />
Zuweisung<br />
Erkennen die Akteure bei der Arbeit mit einem bzw. einer Jugendlichen oder jungen Erwachsenen die Grenzen<br />
ihrer Unterstützungsmöglichkeiten so besteht eine zentrale Herausforderung darin, zu erkennen, zu welchem<br />
konkreten Zeitpunkt eine Zuweisung zum CM BB angebracht ist. In der Zusammenarbeit mit der Berufsberatung<br />
ist ein Kriterienraster zur Auswahl der Zielgruppe entstanden. Oftmals bleibt jedoch unklar inwieweit<br />
eine Mehrfachproblematik und mehrere involvierte institutionelle Akteure – zwei zentrale Indikationen<br />
für ein CM BB – vorhanden sein müssen, um eine Zuweisung in die Wege zu leiten. Daher wird von den zuweisenden<br />
Stellen die Möglichkeit der direkten, unkomplizierten Kontaktaufnahme mit dem CM BB im individuellen<br />
Fall und der Entscheid einer Weiterleitung durch eine kurze Fallbesprechung sehr geschätzt.<br />
Erfassung am Ende der Volksschule / Früherfassung 9<br />
Die Berufsberatung erfasst in Zusammenarbeit mit den Schulen am Ende der obligatorischen Schulzeit flächendeckend<br />
alle Schulabgänger/innen, welche noch keine Anschlusslösung haben. Diese Jugendlichen<br />
werden systematisch mit dem RAV vernetzt und haben dort die Möglichkeit Leistungen zu beziehen bzw. im<br />
Step4 ein Motivationssemester zur beruflichen Integrationsförderung zu besuchen. Somit besteht ein Instrument<br />
zur Erfassung der am Übergang in die Berufsausbildung gefährdeten Jugendlichen, welche auch zur<br />
Zielgruppe des CM BB gehören können.<br />
Die Früherfassung der Jugendlichen ab der 7./8./9. Klasse, welche am Übergang von der obligatorischen<br />
Schule in die Berufsausbildung gefährdet sind, stellt aus der Sicht aller befragten Akteure ein zentraler Aspekt<br />
dar. Gelingt es dem CM BB die gefährdeten Jugendlichen bereits während der letzten Klassen der obligatorischen<br />
Schulzeit zu erreichen, kann der Bogen zwischen Volksschule und Berufsbildung gespannt werden,<br />
ohne dass die Betroffenen durch das Unterstützungsnetz fallen. Gerade in Bezug auf die Früherfassung sehen<br />
die Befragten noch grosses Verbesserungspotenzial. Dabei wird die Schwierigkeit und Notwendigkeit<br />
darin gesehen, die Akteure der Schule soweit über das Angebot zu informieren und für die Zuweisung gefährdeter<br />
Jugendlicher an das CM BB zu sensibilisieren, dass eine Kooperation zu Stande kommen kann.<br />
Oftmals – so wird festgestellt – erreicht die Information zum CM BB die Lehrkräfte und somit die Jugendlichen<br />
und ihre Eltern zu wenig und/oder es besteht eine Hemmschwelle die Betroffenen an dieses Angebot<br />
weiterzuleiten. So zeigt sich, dass das CM BB in vielen Schulen des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> noch zu wenig verankert<br />
ist. Gleichzeitig zeigen die standardisierten Daten (vgl. Kapitel 3.2), dass in knapp 20% der Fälle, die Zuweisung<br />
über die Volksschule (v.a. Lehrpersonen) geschieht. Dies lässt die Folgerung zu, dass die Früherfassung<br />
in gewissen Schulen bereits greift.<br />
Im Gegensatz zum CM BB ist der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst (KJPD) seit Jahren in der Schule<br />
institutionalisiert und ein/e Schüler/in wird bei Auffälligkeiten häufig an diesen Dienst weitergeleitet. Von einzelnen<br />
Akteuren wird dabei die Gefahr gesehen, auf psychische Erkrankungen zu fokussieren. Daher sei das<br />
CM BB als Triageinstanz, welche einen mehrdimensionalen Blick auf die Situation des/r Jugendlichen und<br />
jungen Erwachsenen wirft und dadurch die nötigen Massnahmen aufgleist, zu fördern.<br />
9 Bisher wurden noch keine Akteure der Sek I-Stufe befragt, dies ist für den Schlussbericht geplant. Die befragten Akteure aus den Bereichen Berufsbildung<br />
und Existenzsicherung äusserten ihre Sicht auf die Volksschule als Akteur. Diese Sichtweisen werden in diesem Kapitel dargestellt.<br />
45
Information/Bekanntheit<br />
Aus den Gesprächen mit den Akteuren wird – neben der festgestellten Hemmschwelle der schulischen Akteure<br />
Jugendliche an das CM BB weiterzuleiten – die mangelnde Information und Bekanntheit des Inhaltes<br />
und der Rolle des CM BB als Schwierigkeit hervorgehoben. Oftmals ist es aufgrund der verschiedenen Angebote,<br />
welche sich an eine ähnliche Zielgruppe wenden für Zuweiser/innen nicht einfach den Überblick über<br />
die einzelnen Angebote und deren Inhalte zu haben. Die schleichende Einführung des CM BB scheint auf den<br />
Informationsprozess einen weiterhin bestehenden negativen Einfluss zu haben. So zeigt sich zwar einerseits<br />
in den standardisierten Daten, dass eine breite Palette an zuweisenden Institutionen aus verschiedenen Bereichen<br />
und in rund 15% der Fälle die Jugendlichen bzw. deren Eltern oder Verwandte selber eine Anmeldung<br />
beim CM BB vornehmen (vgl. Kapitel 3.2), womit das CM BB bei verschiedenen Akteuren bekannt ist.<br />
Gleichzeitig zeigt sich in den Interviews mit den Akteuren, dass trotz dem Wissen über die Existenz des Angebotes,<br />
häufig keine klare Vorstellung über den Inhalt, die Rolle und die Vorgehensweise des CM BB besteht.<br />
Dies wiederum führt bei den involvierten Stellen einerseits zu Unklarheiten über die Aufnahmekriterien<br />
an das CM BB (siehe auch oben Zuweisung) und andererseits zu Unklarheiten über die Abgrenzung zwischen<br />
den verschiedenen an dieser Schnittstelle tätigen Angeboten. Informationsveranstaltungen unterschiedlicher<br />
Form oder ein Tag der offenen Türen zum CM BB werden dafür von den Befragten als notwendig erachtet.<br />
Um neben der Fallarbeit eine intensive Sensibilisierungsarbeit voranzutreiben, werden zusätzliche Ressourcen<br />
als nötig empfunden.<br />
Klärung der Zuständigkeiten und Kooperationsabläufe<br />
Seitens verschiedener Akteure wird erwähnt, dass es einer Klärung der Zuständigkeiten und Kooperationsabläufe<br />
insbesondere dort bedarf, wo es zu Überschneidungen zwischen den Aufgaben des CM BB und anderen<br />
Institutionen kommt. Diese Herausforderung wird vor allem in Zusammenarbeit mit dem KJPD, der Lehraufsicht<br />
und dem Motivationssemester Step4 gesehen. Durch die Klärung der unterschiedlichen Handlungsbereiche<br />
und die Abstimmung der verschiedenen Hilfeleistungen soll erreicht werden, dass das CM BB vermehrt<br />
als ergänzendes – und nicht als konkurrenzierendes – Angebot erlebt wird. Dabei müssen insbesondere<br />
institutionelle Hürden auf übergeordneter Ebene abgebaut werden. Die Tatsache, dass jede Institution auf<br />
die eigenen Finanzen achten muss, beeinträchtigt die Möglichkeiten zu Gunsten der Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen interinstitutionelle Kooperationen einzugehen. Dabei wird von einigen Seiten auch die Schwierigkeit<br />
erwähnt, dass das CM BB über keine eigenen Finanzen verfügt, um Massnahmen zu sprechen. Das<br />
CM BB ist daher auf die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen angewiesen, was je nach zu involvierender<br />
Institution und der jeweiligen Rechtsgrundlage (z.B. der IV, ALV, Sozialhilfe) nicht immer klappt.<br />
Fallführung<br />
Des Weiteren besteht im Zusammenhang mit den Zuständigkeiten und Kooperationsabläufen aus Sicht der<br />
Akteure Unklarheit darüber, bei wem bei der Beteiligung verschiedener Akteure die Fallführung liegt. Nach der<br />
Idee des CM BB fungieren die Case Managenden als Vermittler/innen und Lotsen im Unterstützungsnetz und<br />
haben dabei den Lead über den geführten Fall (ABMH 2010: 9). Die Möglichkeit des CM BB, die Übersicht<br />
über die involvierten Stellen zu haben, die Vernetzung voranzutreiben und aus einer Vogelperspektive zu koordinieren,<br />
wird denn auch von den interviewten Akteuren aus dem institutionellen Netzwerk als besonders<br />
positiven Aspekt hervorgehoben. Das CM BB wird als eine sehr hilfreiche Instanz angesehen, wo die Fäden<br />
zusammenlaufen und bei Bedarf verschiedene involvierte Fachkräfte an einen Tisch gebracht werden. Dies<br />
ermöglicht aus der Sicht vieler Akteure durch den Informationsaustausch und das Vermeiden von Doppelspurigkeiten<br />
mit den begleiteten Jugendlichen und jungen Erwachsenen die definierten Ziele effizienter anzugehen.<br />
Gleichzeitig zeigt sich, dass die Umsetzung dieser Rolle nicht selbstverständlich ist. So ist in der Zusammenarbeit<br />
mit gewissen Akteuren nicht immer klar, wer die Fallführung hat bzw. die Fallführung möchte<br />
nicht dem CM BB abgegeben werden, was Doppelspurigkeiten nicht verhindert, sondern vielmehr fördert.<br />
Zur Regelung der Zuständigkeiten gehört somit auch die Klärung der Frage, bei wem die Fallführung liegt.<br />
46
CM BB als Koordinatoren und Vermittler<br />
Die Koordinations- und Vernetzungsaufgaben des CM BB, um den/die Jugendliche/n oder junge/n Erwachsene/n<br />
im Unterstützungsnetz zu leiten, wird von den interviewten Akteuren häufig als sehr zentraler Aspekt<br />
hervorgehoben. So wird geschätzt, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen an eine Stelle vermittelt<br />
werden können, wo das Fachwissen zur Berufsbildung, ein institutionelles Netzwerk über verschiedene Lebensbereiche<br />
hinweg und die Vernetzung in verschiedenen Gremien vorhanden ist, um die Betroffenen adäquat<br />
zu begleiten.<br />
„Eine übergeordnete Stelle so aus der Vogelperspektive, wo dann einfach koordiniert, vergrössert für mich die Chance,<br />
dass am Schluss auch das Ganze verhebt oder wenn’s dann irgendwo anfängt brüchig zu werden, dass dann die übergeordnete<br />
Stelle rechtzeitig bereits intervenieren kann und nicht erst wenn’s bereits verschachtelt ist. Für mich ist das<br />
eine zusätzliche Absicherung.“ (Sozialregion)<br />
Auch die Tatsache, dass die Betroffenen „vor Ort“ begleitet werden, die Case Managenden also mit den Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen zu den involvierten Institutionen gehen, wird als sehr positiv wahrgenommen.<br />
Ausserdem wird dem CM BB eine wichtige Triagefunktion zugesprochen, welches die Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen je nach individuellem Bedarf an die zuständigen Stellen weiterleitet. Die Triagefunktion<br />
des CM BB zeigt sich auch in den quantitativen Daten als bedeutend (vgl. Kapitel 3.2). Diese<br />
Funktionen können in diesem Umfang von keiner anderen Institution übernommen werden, wodurch das CM<br />
BB von vielen befragten Akteuren als Entlastung angesehen wird. So kann das CM BB die Jugendlichen und<br />
jungen Erwachsenen auch weiterbetreuen, wenn andere Institutionen nicht mehr involviert sind, indem der<br />
Bogen von der obligatorischen Schulzeit bis zum Abschluss einer Berufsausbildung gezogen wird.<br />
Die Case Managenden als Koordinator/innen im Unterstützungsnetz bringt auch für die involvierten Institutionen<br />
eine Absicherung, dadurch dass diese beim CM BB eine Ansprechperson finden. Der intensive, unkomplizierte<br />
(Informations-) Austausch mit dem CM BB wird dabei von den meisten Interviewten als sehr hilfreich<br />
erachtet. Durch die Weitergabe von Informationen werden Synergie geschaffen, um die Jugendlichen und<br />
jungen Erwachsenen effizienter unterstützen zu können. Gewisse Personen finden, dass dieser Austausch<br />
intensiviert werden sollte, insbesondere, damit Kenntnis darüber besteht, welche Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen bereits beim CM BB anhängig sind. Gleichzeitig sind gerade in Bezug auf den Informationsaustausch<br />
auch kritische Stimmen zu hören und die Gefahr zu leichtsinnig mit heiklen Daten umzugehen.<br />
Individuelle Fallarbeit im CM BB<br />
Enge Begleitung durch das CM BB<br />
Auf der Ebene der individuellen Arbeit mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird der Vorteil des<br />
CM BB insbesondere in der sehr engen, längerfristigen Begleitung über verschiedene Schul- bzw. Ausbildungsstufen<br />
hinweg, gesehen. Das CM BB „bleibt dran“ und „doppelt nach“.<br />
„Es ist ein Angebot, wo sie über diese Stufen hinaus begleitet und dran bleibt, nachdoppelt (…) solange dass die Jugendlichen<br />
irgendwie auch dranbleiben, und motivieren.“ (Berufsberatung)<br />
Viele interviewte Akteure nennen die wichtige Aufgabe des CM BB zusammen mit den Jugendlichen und<br />
jungen Erwachsenen, die jeweilige Situation in seiner Komplexität zu verstehen, indem systematische und<br />
umfassende Abklärungen getroffen, verschiedene Möglichkeiten durchdiskutiert und so Klarheit geschaffen<br />
und Massnahmen aufgegleist werden.<br />
47
„Wenn man nicht mehr davon ausgeht, dass man Angebote hat, wo Leute reinpassen müssen, sondern Leute, wo Angebote<br />
brauchen, dann fängt man anders an. Das ist von dem her, warum ich das CM BB sehr befürworte, weil sie diese<br />
Art von Denken unterstützen.“ (IV)<br />
So wird auf die individuellen Bedürfnisse der Jugendlichen und jungen Erwachsenen eingegangen, die Betroffenen<br />
werden „an der Hand genommen“ und haben durch die enge Begleitung „jemanden an der Seite“.<br />
Das CM BB wird als Stütze dargestellt. Häufig kann so die nötige Vertrauensbeziehung aufgebaut werden, so<br />
dass sich die Jugendlichen und jungen Erwachsenen ernst genommen fühlen. Auch diese Aufgaben können<br />
in diesem Umfang und über eine längerfristige Dauer aufgrund mangelnder Ressourcen von keiner anderen<br />
Institution übernommen werden. Durch die enge Begleitung - erwähnen viele Interviewte – bekommen die<br />
Betroffenen eine Struktur, es finden Lernprozesse statt, die Selbständigkeit wird gefördert und es wird an<br />
Selbstwert gewonnen.<br />
„Ich denke dort gibt’s auch gute Lösungen, das geht aber auch nicht so schnell. Eine gute Lösung heisst nicht, dass man<br />
in zwei Wochen einen Abschluss hat oder eine gute Lösung hat, sondern man ist einfach auf dem richtigen Weg. Sie<br />
machen mit und man ist bemüht da irgendwie den richtigen Weg oder die richtigen Weichen zu stellen.“ (Lehraufsicht)<br />
Der Aspekt, dass eine nachhaltige Integration in eine Berufsausbildung Zeit benötigt, zeigt sich auch in den<br />
Daten zum Berufsbildung-Status und dessen Veränderung während der CM BB-Begleitung (vgl. Kapitel 5.2).<br />
So bedarf es einer längerfristigen Unterstützung, um einen erfolgsversprechenden Status zu erreichen.<br />
In den Interviews mit den Akteuren wird des Weiteren hervorgehoben, dass unbedingt genügend zeitliche<br />
Ressourcen zur Verfügung stehen müssen, um diese enge Begleitung aufrechthalten zu können. Denn gerade<br />
auch die nach einer Zuweisung schnelle Kontaktaufnahme des CM BB mit der angemeldeten Person wird<br />
als sehr zentral erachtet. Daher finden einige Akteure die Aufstockung der Ressourcen notwendig. Dabei wird<br />
auch die Möglichkeit, bei Bedarf das Geschlecht der CM-Person zu wählen, als wichtig erachtet.<br />
Freiwilligkeit<br />
Eine grosse Herausforderung wird bei der Freiwilligkeit, das CM BB in Anspruch zu nehmen gesehen. So wird<br />
einerseits eine Hemmschwelle der Jugendlichen und deren Eltern bzw. der jungen Erwachsenen gesehen,<br />
das Angebot in Anspruch zu nehmen und sich dadurch einer weiteren Person öffnen zu müssen. Andererseits<br />
besteht auch eine grosse Schwierigkeit darin, das Angebot für die gewonnenen Jugendlichen längerfristig<br />
verbindlich zu gestalten. Es besteht die Gefahr, dass die begleiteten Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
sich nach den ersten erfolgreichen Schritten wieder vom CM BB distanzieren und keinen Bedarf an längerfristiger<br />
Begleitung bei allfälligen erneuten Schwierigkeiten sehen. Diese Herausforderung zeigt sich auch<br />
in den quantitativen Daten deutlich, zumal viele Begleitungen aufgrund mangelnder (Kooperations-) Bereitschaft<br />
in der Triage-Phase oder im regulären CM vorzeitig abgeschlossen werden müssen (vgl. Kapitel 3.2).<br />
Die interviewten Personen messen daher der Informations- und Beziehungsarbeit einen wichtigen Stellenwert<br />
bei. Eine wertschätzende, ressourcenorientierte und unterstützende Haltung gegenüber den Jugendlichen<br />
wird als sehr wichtig erachtet. Auch eine engere Begleitung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis<br />
zur Einbindung beim CM BB durch die zuweisende Stelle wird als notwendig gesehen, um den Zugang besser<br />
zu gewährleisten.<br />
Lücken im System<br />
Unter den befragten Akteuren herrscht der Grundtenor, dass das CM BB eine wichtige Aufgabe erfüllt, unter<br />
dem Einbezug der oben dargestellten Herausforderungen und Verbesserungspunkte. Dabei müssen die personellen<br />
Ressourcen beim CM BB erlauben, neben der Fallarbeit auch intensive Netzwerkarbeit betreiben zu<br />
können. Die Vertreterinnen der Region Dorneck-Thierstein erwähnen die Schwierigkeit für die dort wohnhaf-<br />
48
ten Jugendlichen aufgrund der geografischen Distanz für ein in Olten und <strong>Solothurn</strong> zentralisiertes Angebot<br />
gewonnen zu werden. Eine Zweigstelle in der dortigen Region ermöglichte, dass eine grössere Verbindlichkeit<br />
für die Inanspruchnahme des Angebots geschaffen werden könnte.<br />
Der Bedarf an klarerer Positionierung und Verankerung des Angebots und somit die Abgrenzung von anderen<br />
Angeboten, deren Unterstützungsbereich sich mit dem CM BB überschneiden, bringt für einige Akteure die<br />
Frage mit sich, wie die Weiterentwicklung des CM BB aussehen könnte. Eine Idee wäre, gewisse Angebote<br />
wie beispielsweise das CM BB, Step4, die Berufsberatung und allenfalls auch die Lehraufsicht, welche den<br />
Fokus auf die Schnittstelle „obligatorische Schulzeit – Berufsausbildung“ legen, in einem Kompetenzzentrum<br />
Berufsbildung zusammenzubringen. Die damit verfolgte Idee ist eine koordiniertere auf die Bedürfnisse der<br />
Jugendlichen abgestimmte Begleitung.<br />
Aufgehend vom oben und in der Darstellung aufgezeigten Institutionennetz erwähnen gewisse Akteure – insbesondere<br />
aus dem Bereich der Berufsberatung – den mehrfach beobachteten Bedarf an einem Coaching-<br />
Pool. Es wird vermehrt eine Gruppe von Jugendlichen aus dem tieferen schulischen Segment beobachtet,<br />
welche keine Mehrfachproblematik aufweisen, aufgrund von gewissen schulischen Schwierigkeiten, „mangelnder<br />
Reife“ und Orientierungslosigkeit bezüglich der Berufswahl und dem Übertritt in eine Berufsausbildung<br />
aber einer engen Coaching-Begleitung für den beruflichen Werdegang bedürfen. Dieses Coaching soll<br />
die genannten Jugendlichen über längere Zeit eng begleiten können, indem Verhaltensweisen, Strategien und<br />
Techniken geübt werden, um die Entwicklungsaufgaben in Angriff zu nehmen. Gleichzeitig sollten auch in<br />
Zusammenarbeit mit den Akteuren des Arbeitsmarktes Möglichkeiten ausgearbeitet werden, dass diese Jugendlichen<br />
Zugang zu Ausbildungsplätzen finden.<br />
Ausserdem wird das Angebot an Zwischenlösungen vom Umfang her bemängelt. Die bestehenden Strukturen<br />
mit 10. Schuljahr (nur noch bis 2016), Berufsvorbereitungsjahr, Hauswirtschaftsjahr, Integrationsjahr,<br />
Startpunkt Wallierhof und Motivationssemester Step4 entsprechen nicht immer den Bedürfnissen der Jugendlichen<br />
und die Anzahl Plätze ist beschränkt.<br />
Zwischenfazit: CM BB im Unterstützungsnetz<br />
Die Erkenntnisse aus den Gesprächen mit Schlüsselpersonen aus dem Institutionennetz des CM BB zeigen,<br />
dass insbesondere die Möglichkeit einer längerfristigen, engen Begleitung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
über verschiedene Übergänge hinweg sowie die Koordinations- und Lotsenfunktion im Unterstützungsnetz,<br />
das CM BB zu einem wichtigen neuen Akteur in der Institutionenlandschaft macht. Das CM<br />
BB wird in der individuellen Begleitung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in mehrfachproblematischen<br />
Situationen als eine wichtige Stütze erachtet, indem die Situation und Bedürfnisse der Person umfassend<br />
abklärt und verschiedene Möglichkeiten durchdiskutiert werden, um die nächsten Schritte in Richtung<br />
einer Berufsausbildung in die Wege zu leiten. So steht den Betroffenen jemand zur Seite, der/die über eine<br />
längere Zeitdauer von Ende der obligatorischen Schulzeit bis zum Abschluss einer Berufsausbildung dran<br />
bleibt und Unterstützung in verschiedenen Lebensbereichen bietet. Die Unterstützung in verschiedenen Lebensbereichen<br />
durch das CM BB wird insbesondere dann als besonders bereichernd gesehen, wenn dieses<br />
die Übersicht über die involvierten Stellen hat, die Vernetzung vorantreiben, die involvierten Akteure an einem<br />
Tisch zusammengebracht werden und so aus der Vogelperspektive koordinieren kann. Dabei wird dem CM<br />
BB eine wichtige Triagefunktion in Richtung andere – in verschiedenen Lebensbereichen – zu involvierende<br />
Institutionen zugesprochen. Durch diese Koordinationsfunktion und den intensiven Informationsaustausch<br />
können laut verschiedener Akteure Doppelspurigkeiten vermieden, Synergien geschaffen und das institutionelle<br />
System entlastet werden, um die mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen definierten Ziele effizienter<br />
anzugehen. Die bisherigen Institutionen (exkl. CM BB) decken zwar ein breites Angebot ab, können eine<br />
solch umfassende und längerfristige Begleitung jedoch aufgrund mangelnder Ressourcen bzw. klarer definiertem<br />
Handlungsspielraum (bezüglich Alterspanne, Zeitraum, Unterstützungsbereich und zu erfüllende Voraussetzungen)<br />
nicht bieten.<br />
49
Neben diesen Möglichkeiten des CM BB bestehen weiterhin Herausforderungen und Verbesserungspotenzial<br />
zur Weiterentwicklung dieses Angebotes. Der Klärung der Frage, zu welchem Zeitpunkt die Zuweisung an<br />
das CM BB angebracht ist und welche konkreten Bedingungen dafür erfüllt werden müssen (v.a. bezüglich<br />
vorliegender Mehrfachproblematik und Anzahl involvierter Akteure), stellt ein zentrales Anliegen dar. So wird<br />
neben den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in mehrfachproblematischen Situationen ein vermehrter<br />
Bedarf an Unterstützungsmöglichkeiten von Jugendlichen aus dem tieferen schulischen Segment ohne Mehrfachproblematik<br />
beobachtet, welche zur individuellen Entwicklung eines intensiven Coachings bedürfen. In<br />
diesem Zusammenhang gilt ein besonderes Augenmerk der Information über den Inhalt und die Rolle des CM<br />
BB und der Klärung der Zuständigkeiten und Kooperationsabläufe mit den involvierten Akteuren. Durch die<br />
Informations- und Sensibilisierungsarbeit soll einerseits der Bekanntheitsgrad dieses Angebots gefördert werden<br />
und andererseits die Hilfeleistungen durch die Definition der Handlungsspielräume und Fallführung aufeinander<br />
abgestimmt werden, um die Hemmschwelle zur Zusammenarbeit mit dem CM BB sowohl bei den<br />
Betroffenen wie auch den involvierten Institutionen abzubauen. Besonderes Potenzial sehen die Akteure dabei<br />
vor allem bei der Verbesserung der Zusammenarbeit mit der Volksschule zur Früherfassung der Jugendlichen<br />
auf der Oberstufe sowie bei der klareren Positionierung und Verankerung des CM BB auf übergeordneter,<br />
strategischer Ebene. Ausserdem zeigt sich, dass eine besondere Schwierigkeit darin besteht, die Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen für eine CM BB-Begleitung zu gewinnen und die Verbindlichkeit für eine<br />
längerfristige Unterstützung herzustellen.<br />
Diese Herausforderungen sollen durch genügend (personelle) Ressourcen zukünftig angegangen werden<br />
können, um das Angebot weiterentwickeln zu können. Die daraus hergeleiteten Empfehlungen werden in<br />
Kapitel 6 dargestellt.<br />
50
5 Wirkungen des CM BB<br />
In den nachfolgenden zwei Kapiteln werden die in den Fallstudien ersichtlichen Entwicklungsschritte anhand<br />
der erarbeiteten Wirkungskategorien und die zeitliche Entwicklung des Berufsbildungsstatus der begleiteten<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen dargestellt.<br />
5.1 Wirkungskategorien im CM BB<br />
Aufgrund der unterschiedlichen Ressourcenlagen und Unterstützungsleistungen hat das CM BB auch unterschiedliche<br />
Effekte. Die Wirkungen, die im Folgenden beschrieben werden, unterscheiden sich zunächst vom<br />
Wechsel des Berufsbildungsstatus. Letzterer markiert einen grossen Schritt in der Biographie eines Jugendlichen.<br />
Mit Hilfe der Fallstudien lassen sich kleinschrittige Veränderungen nachweisen, die sich im Alltag der<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen manifestieren. Die Wirkungskategorien „Kompetenzzuwachs“, „Konkretisierung<br />
der Berufsvorstellung“, „Stabilisierung“ und „Stagnation“ können die Basis für einen Statuswechsel<br />
in der Berufsbildung bilden.<br />
Kompetenzzuwachs<br />
Wichtige Veränderungen erreicht das CM BB im Bereich der Kompetenzen der Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen. Diese gehen meist aus dem Anleiten hervor. Im Zuge des gemeinsamen Übens erwerben die<br />
Jugendlichen Know-How und Kompetenzen im Bereich der Berufsbildung. Zum einen wissen sie, wie man<br />
Bewerbungen und Lebensläufe schreibt, zum anderen, wie man sich in Telefon- und Bewerbungsgesprächen<br />
verhält. Dadurch, dass sie das Gelernte umsetzen, werden sie im Sprechen und Schreiben geübter, sicherer<br />
und lockerer. Gleichzeitig sind sie produktiver und effizienter. Darüber hinaus entwickeln sie Selbstkompetenzen.<br />
Weil die Jugendlichen und jungen Erwachsenen aktiv handeln und kleine Erfolge erzielen, werden sie<br />
selbständiger, selbstbewusster und mutiger. Auch der Rahmen des CM BB begünstigt die Lernprozesse.<br />
Das kleinschrittige Vorgehen sowie die Kontrolle durch die Case Managerinnen und Case Manager können<br />
dazu führen, dass sich die Jugendlichen besser konzentrieren und fokussiert bleiben. Eine Person gibt gar an,<br />
dass sie „verantwortungsvoller“ und „reifer“ geworden sei. In der Regel erfolgt der Kompetenzzuwachs in der<br />
direkten Zusammenarbeit mit den Case Managerinnen und Case Managern. Da diese aber auch an andere<br />
Stellen vermitteln, können sich die Jugendlichen auch dort Kompetenzen aneignen. Bspw. holen sie in Zwischenlösungen<br />
Schulstoff nach.<br />
Konkretisierung der Berufsvorstellung<br />
Die nächste Wirkungskategorie ist in erster Linie eine Folge der Arbeit am beruflichen Entwurf, die in den Unterstützungsprozessen<br />
geleistet wird. Infolge der Informationen der Case Managerinnen und Case Manager<br />
sowie aufgrund der eigenen Auseinandersetzungen und Reflexionen verfügen die Jugendlichen über ein erweitertes<br />
Wissen. Sowohl haben sie bessere Kenntnis der Berufe und des Arbeitsmarktes als auch der eigenen<br />
Möglichkeiten. Die Jugendlichen wissen wo sie stehen, wo sie hin wollen und wie sie dorthin gelangen<br />
können. Sie haben eine konkrete Vorstellung davon, welchen Beruf sie ergreifen möchten und kennen auch<br />
die Schritte, um diese Vorstellung zu verwirklichen. Eine Jugendliche erklärt, dass sie früher „durcheinandergestöbert“<br />
gewesen sei und erst dank dem CM BB auf einen Beruf „zusteuere“. Einige Personen haben mit<br />
ihrer Case Managerin oder ihrem Case Manager einen „Plan B“ entwickelt, falls es mit dem eingeschlagenen<br />
Weg nicht klappen sollte. Die Jugendlichen erhalten im CM BB Empfehlungen und Ideen, jedoch betonen sie,<br />
dass sie sich selbst oder gemeinsam mit ihrer Case Managerin oder ihrem Case Manager für eine Ausbildung<br />
entschieden haben. Nur wenige Jugendliche fühlen sich unter Druck gesetzt. Die Konkretisierung der Berufsvorstellungen<br />
erfolgt auch aufgrund der praktischen Erfahrungen, die die Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
sammeln. Dadurch, dass sie Schnupperlehren absolvieren und verschiede Berufe ausprobieren, er-<br />
51
kennen sie, ob ihnen Berufe tatsächlich gefallen oder nicht. Unter den Befragten gibt es zudem Jugendliche,<br />
die nicht nur eine konkrete Berufsvorstellung haben, sondern bereits an der Umsetzung arbeiten. Bspw. befindet<br />
sich eine Jugendliche in einem Praktikum, das später in eine Lehrstelle umgewandelt wird.<br />
Stabilisierung<br />
Mit der Kategorie der Stabilisierung sind mehrere Dinge gemeint. So gibt es verschiedene Arten von Stabilisierungen:<br />
kognitive Stabilisierungen, Stabilisierungen der Tagesstruktur oder Stabilisierungen der Gesamtsituation.<br />
Diese Wirkungen sind typisch für Personen des zweiten oder vierten Typus – Jugendliche mit inneren<br />
Konflikten und zurückgezogene Jugendliche. Bei den anderen Gruppen ist eine Stabilisierung oft nicht nötig,<br />
da keine Krisen vorliegen. Kognitive Strukturierungen bzw. Stabilisierungen erfolgen oft auf der Basis einer<br />
Situationsanalyse, die alle Lebensbereiche und selbst heikle Themen umfasst. Dadurch sind sich die Jugendlichen<br />
ihrer problematischen Lage sowie deren Ursachen besser bewusst. Um die Situation zu stabilisieren,<br />
ist es aber ebenso wichtig, dass diese Probleme in einem nächsten Schritt angegangen und gelöst werden.<br />
Stabilisierungen können sich in mehreren Lebensbereichen ergeben. Beispiele sind die Finanzierung des Lebensunterhalts<br />
oder einer Ausbildung, das Finden der richtigen Wohnform und das Erledigen administrativer<br />
Aufgaben. Oft braucht es zur Stabilisierung die Hilfe zusätzlicher Institutionen und Akteure (z.B. Sozialhilfe,<br />
Beistand, Psychologen/Psychotherapeuten). Eine weitere Wirkung betrifft die Tagesstruktur. Im Rahmen des<br />
CM BB gelingt es in einigen Fällen, den Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Anschlusslösung zu<br />
vermitteln (z.B. 10. Schuljahr, Haushaltslehrjahr, Praktikum). Dies ist nicht nur mit einem Wechsel des Berufsbildungsstatus<br />
verbunden, sondern gibt den Jugendlichen auch eine Tagesstruktur. Selbst kurzfristigere Angebote<br />
wie Schnupperlehren oder Nachhilfeunterricht können diesbezüglich förderlich sein. Und letztlich ist<br />
es die kontinuierliche Begleitung im CM BB selbst, die einigen Jugendlichen eine Struktur oder zumindest<br />
bestimmte Fixpunkte gibt.<br />
Fallbeispiel Laura<br />
Eine Jugendliche, die Dank des CM BB eine Stabilisierung erlebt, ist Laura. Das vermittelte 10. Schuljahr<br />
erweist sich als passende Lösung. Wie das folgende Zitat zeigt, findet sie in der neuen Schule eine Tagesstruktur.<br />
Dass das 10. Schuljahr eine gute Wahl war, äussert sich daran, dass Laura bestrebt ist, immer<br />
pünktlich zu sein und nie zu schwänzen. Dabei muss sie auch ihre „inneren“ Konflikte überwinden:<br />
„Es fällt mir je nachdem schon schwer, aus dem Bett zu kommen. Aber ich stehe auf. Ich bin bis jetzt jedes<br />
Mal selbstständig aufgestanden. Sie haben mich noch nie geweckt seit diesem Sommer. Ich bin jedes Mal<br />
pünktlich in der Schule erschienen. Ich habe noch keine unentschuldigte oder fehlende Lektion [...] Ich mache<br />
meine Hausaufgaben, soweit ich es schaffe. Ich gebe mir Mühe und versuche es durchzuziehen.“<br />
Stagnation<br />
Das CM BB erzielt nicht immer die erhofften Wirkungen. Diese Situationen können als Stagnation bezeichnet<br />
werden. Der fehlende Erfolg ist nicht direkt auf die Arbeit im CM BB zurückzuführen. Wie im Folgenden zu<br />
sehen sein wird, hat das Scheitern in erster Linie mit den fehlenden Ressourcen der Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen zu tun. Von Stagnationen betroffen sind vor allem Jugendliche und junge Erwachsene mit<br />
Mehrfachproblematik – meist Personen aus der Gruppe der zurückgezogenen Jugendlichen. Dass sie selbst<br />
mit Hilfe des CM BB kaum Fortschritte erzielen, ist zu einem grossen Teil auf ihre psychischen Erkrankungen<br />
zurückzuführen. Die Betroffenen berichten von „Antriebslosigkeit“ und „inneren Blockaden“, die sie daran<br />
hindern, die Abmachungen im CM BB einzuhalten. Ihre Versuche, eine Tagesstruktur aufzubauen, Bewerbungen<br />
zu schreiben, Nachhilfeunterricht zu besuchen und Schnupperlehren zu organisieren, scheitern<br />
grösstenteils. Auch misslingen die Bemühungen der Case Managerinnen und Case Manager, die Betroffenen<br />
52
einer kontinuierlichen psychologischen/psychotherapeutischen Begleitung zuzuführen. Dass die Jugendlichen<br />
die gesetzten Ziele nicht umsetzen können, belastet sie zusätzlich. Sie erleben Misserfolge und Enttäuschungen,<br />
so dass sich ein Gefühl der Chancen- und Hoffnungslosigkeit bemerkbar macht. Ihr Scheitern begründen<br />
sie mit ihrer Situation auf dem Arbeitsmarkt. Einerseits gäbe es zu wenig Schnupper- und Lehrstellen,<br />
andererseits würden sie wegen ihrer geringen Schulbildung und/oder ihres Migrationshintergrundes diskriminiert.<br />
Weil das CM BB keine entscheidenden Fortschritte erzielt, stellen die Jugendlichen Sinn und Zweck des<br />
Angebots in Frage. Auch nehmen sie das CM BB zunehmend als Zwang wahr. Die Case Managerinnen und<br />
Case Manager reduzieren infolgedessen ihre Interventionen.<br />
Zwischenfazit: Wirkungskategorien<br />
Aus den verschiedenen Unterstützungsleistungen gehen unterschiedliche Wirkungen hervor. Eine erste positive<br />
Veränderung, die das CM BB erreichen kann, ist der „Kompetenzzuwachs“. Im Zuge des „Anleitens“<br />
erwerben die Jugendlichen und jungen Erwachsenen Kompetenzen im Bereich der Berufsbildung (z.B. Bewerbungen<br />
schreiben, Telefonieren) und im Bereich der Selbstkompetenzen (z.B. Selbständigkeit, Selbstbewusstsein).<br />
Die zweite Wirkungskategorie – die Konkretisierung der Berufsvorstellung – beschreibt Veränderungen<br />
am Entwurf der Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Im Rahmen des CM BB werden die Berufsvorstellungen<br />
der Jugendlichen mit den Anforderungen des Arbeitsmarktes abgeglichen. So kommt es zu<br />
einer Anpassung Berufsvorstellungen in Richtung eines realistischen Entwurfs. Die dritte Wirkungskategorie<br />
beinhaltet verschiedene Arten der „Stabilisierung“: Kognitive Stabilisierungen, Stabilisierungen der Tagestruktur<br />
oder Stabilisierungen der Gesamtsituation. Bei einigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen (v.a. bei<br />
„zurückgezogenen Jugendlichen“) erzielt das CM BB – zumindest phasenweise – nicht die erhofften Wirkungen.<br />
Die vierte Unterstützungskategorie beschreibt „Stagnationen“, d.h. Unterstützungsprozess, die nicht<br />
greifen und bei den Jugendlichen gar Misserfolgserlebnisse auslösen können.<br />
Im CM BB des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> sind die „Jugendlichen mit Kompetenzlücken“ eine wichtige Zielgruppe.<br />
Infolge des „Anleitens“ und des „Arbeitens am beruflichen Entwurf“ erwerben diese Jugendlichen einerseits<br />
wichtige Berufsbildungskompetenzen und Selbstkompetenzen („Kompetenzzuwachs“), andererseits sind ihre<br />
Berufsvorstellungen deutlicher und realistischer („Konkretisierung der Berufsvorstellung“). Die Bewerbungen<br />
werden besser und die Berufsvorstellungen entsprechen eher den vorhandenen Fähigkeiten. Das CM BB<br />
erzielt bei diesen Jugendlichen also wichtige Erfolge. Dank des „Kompetenzzuwachs“ und der „Konkretisierung<br />
der Berufsvorstellung“ steigen ihre Chancen, eine Ausbildung zu finden. Infolge der Unterstützung durch<br />
das CM BB kommt es bei einigen Jugendlichen auch zu „Stabilisierungen“. Durch die Vermittlung einer passenden<br />
Anschlusslösung können die Betroffenen in eine stabile Tagesstruktur eingebunden werden.<br />
53
5.2 Berufsbildungsstatus<br />
Der Berufsfindungsprozess eines Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen und der Weg in eine nachobligatorische<br />
Ausbildung verlaufen meist in verschiedenen Etappen. Um diese Zwischenschritte zu berücksichtigen,<br />
wurde das Konzept des „Berufsbildungsstatus“ entwickelt. Es geht von drei Statusformen aus: dem „prekären<br />
Status“, dem „Übergangsstatus“ und dem „erfolgsversprechenden Status“. Im Zentrum des Interessens<br />
stehen die Wechsel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen den verschiedenen Statusarten.<br />
Diese Entwicklungsschritte können positiv, neutral oder negativ sein. Nachfolgend werden der Berufsbildungsstatus<br />
bei Eintritt ins CM BB sowie dessen Verlauf während der CM BB-Begleitung nach 6 Monaten,<br />
einem Jahr und zwei Jahren dargestellt.<br />
Zu Beginn der CM BB-Unterstützung befindet sich knapp die Hälfte der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
in einem Übergangsstatus. Das heisst sie sind noch in der obligatorischen Schule (31.3%) oder sind in<br />
einer Zwischenlösung wie einem Brückenangebot, 10. Schuljahr, Vorlehre oder Semo (total 10.7%). Einzelne<br />
Personen sind im Rahmen eines Praktikums, eines Beschäftigungsprogramms oder einer Erwerbstätigkeit<br />
von mehr als 50% im Arbeitsmarkt tätig (5.4%).<br />
Mehr als ein Drittel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist bei Eintritt ins CM BB in einem prekären<br />
Status und befindet sich somit in Arbeitslosigkeit (12.8%) oder es ist keine Tagesstruktur vorhanden (24.9%).<br />
Ein kleiner Anteil von Jugendlichen und jungen Erwachsenen (12.4%) befindet sich bei Beginn des CM BB<br />
bereits in einer EFZ- (11.4%) oder EBA-Ausbildung (0.7%) und somit in einem erfolgsversprechenden Status.<br />
Tabelle 18: Berufsbildungsstatus bei Eintritt ins CM BB<br />
Prekärer Status<br />
- Keine Tagesstruktur vorhanden (Floater)<br />
- Arbeitslosigkeit<br />
- Erwerbstätigkeit
im Mittelfeld. Der Anteil Jugendlicher und junger Erwachsener, welche sich bereits bei Beginn des CM BB in<br />
einem erfolgsversprechenden Status befinden, liegt in Basel und Zürich etwas tiefer (6.2%) (vgl. Haller &<br />
Hümbelin 2011 bzw. Haller et al. 2012).<br />
Wird die Entwicklung des Berufsbildungsstatus während der CM BB-Begleitung nach einem halben Jahr,<br />
einem Jahr bzw. zwei Jahren angeschaut, zeigt sich das in unterstehenden Tabellen ersichtliche Bild. So sinkt<br />
der Anteil Jugendlicher und junger Erwachsener in einem prekären Status von anfänglich 38% auf 29.4%<br />
nach einem halben Jahr und 13.3% nach zwei Jahren.<br />
Gleichzeitig nimmt der Anteil Jugendlicher und junger Erwachsener in einem erfolgsversprechenden Status<br />
von 12.4% auf 45.3% nach zwei Jahren zu. Nach einem halben Jahr bewegt sich dieser Anteil bei 21%, nach<br />
einem Jahr CM BB-Begleitung bei 27.8%.<br />
Der Anteil Jugendlicher und junger Erwachsenen in einem Übergangsstatus bleibt während des ersten Jahres<br />
der CM-Begleitung bei rund 45% und sinkt nach zwei Jahren auf 37.3%.<br />
Tabelle 19: Berufsbildungsstatus nach sechs Monaten<br />
Anzahl In %<br />
Prekärer Status 70 29.4<br />
Übergangsstatus 112 47.1<br />
Erfolgsversprechender Status 50 21.0<br />
Anderes 10 6 2.5<br />
Total 238 100.0<br />
Fehlende Werte 5<br />
N= 243 (Anzahl Jugendliche, welche während den ersten 6 Monaten beobachtet werden können 11 )<br />
Tabelle 20: Berufsbildungsstatus nach einem Jahr<br />
Anzahl In %<br />
Prekärer Status 36 22.8<br />
Übergangsstatus 71 44.9<br />
Erfolgsversprechender Status 44 27.8<br />
Anderes 13 7 4.4<br />
Total 158 100.0<br />
Fehlende Werte 4<br />
N= 162 (Anzahl Jugendliche, welche während dem ersten Jahr beobachtet werden können 12 )<br />
Tabelle 21: Berufsbildungsstatus nach zwei Jahren<br />
Anzahl In %<br />
Prekärer Status 10 13.3<br />
Übergangsstatus 28 37.3<br />
Erfolgsversprechender Status 34 45.3<br />
Anderes 13 3 4.0<br />
Total 75 100.0<br />
Fehlende Werte 1<br />
N= 76 (Anzahl Jugendliche, welche während den ersten zwei Jahren beobachtet werden können 13 )<br />
10 Bei der Kategorie Anderes handelt es sich oft um IV-Abklärungsmassnahmen, stationäre Klinikaufenthalte, Zivildienst oder Haft.<br />
11 Es kann sein, dass sich darunter Fälle befinden, welche während des ersten halben Jahres der Begleitung wieder abgeschlossen wurden.<br />
12 Personen, welche innerhalb der ersten 6 Monate der CM-Begleitung wieder abgeschlossen wurden (häufig Triagephase), wurden hier ausgeschlossen.<br />
55
Ein vertiefter Blick auf die Veränderung des Berufsbildungsstatus zeigt (vgl. Abbildung 8), dass knapp 40%<br />
der Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach einem Jahr ihren Berufsbildungsstatus in Richtung eines<br />
erfolgsversprechenden Status verbessern, in einem solchen verbleiben oder aber von einem prekären in einen<br />
Übergangsstatus (10.7%) wechseln konnten. Nach zwei Jahren im CM BB ist dies bei mehr als der Hälfte<br />
der Fall.<br />
Demgegenüber verschlechtert sich der Berufsbildungsstatus in Richtung Übergangs- oder prekären Status in<br />
24.9% nach einem Jahr oder aber die Jugendlichen und jungen Erwachsenen verbleiben weiterhin in einem<br />
prekären Status. Nach zwei Jahren sinkt dieser Anteil auf 16.7%. Auch der Anteil Jugendlicher und junger<br />
Erwachsenen, welche in einem Übergangsstatus verbleiben sinkt mit der Dauer der CM BB-Begleitung stetig.<br />
Abbildung 8: Veränderung des Berufsbildungsstatus nach 12 und 24 Monaten<br />
Wird die Veränderung des Berufsbildungsstatus nach Altersgruppe unterschieden (vgl. Abbildung 9), so zeigt<br />
sich dass der Verbleib im Übergangsstatus vor allem Jugendliche unter 16 Jahren bzw. etwas über 16-jährig<br />
betrifft, welche die letzten Jahre der obligatorischen Schule bzw. direkt nach dem Schulabschluss eine<br />
Zwischenlösung absolvieren. Eine Verbesserung des Berufsbildungsstatus kommt hauptsächlich bei über 16-<br />
Jährigen vor und dies insbesondere bei längerer CM BB-Begleitung. Der Anteil an Personen mit einer<br />
Verschlechterung des Berufsbildungsstatus betrifft eher über 19-jährige junge Erwachsene. Vor allem bei den<br />
jungen Erwachsenen ist einerseits der Anteil erfolgreicher Verläufe in Richtung erfolgsversprechenden Status<br />
hoch, andererseits ist in dieser Altersgruppe eine Gruppe von Personen zu finden (25%), welche auch nach<br />
zwei Jahren (weiterhin) in einer prekären Situation sind. Dies zeigen auch die Erkenntnisse im <strong>Kanton</strong> Basel-<br />
Stadt (Haller & Hümbelin 2011).<br />
13 Personen, welche innerhalb des ersten Jahres der CM-Begleitung wieder abgeschlossen wurden, wurden hier ausgeschlossen.<br />
56
Abbildung 9: Veränderung des Berufsbildungsstatus nach Altersgruppen<br />
Zwischenfazit: Berufsbildungsstatus<br />
Der Berufsbildungsstatus der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu Beginn der CM BB-Unterstützung<br />
zeigt, dass sich fast die Hälfte in einem Übergangsstatus (47.4%) und darunter v.a. ein grosser Teil (31.3%)<br />
noch in der obligatorischen Schule befindet. Ein guter Drittel der Klientel befindet sich in einem prekären Status,<br />
also in Arbeitslosigkeit oder ohne Tagesstrukturen. Somit kann auch eine Gruppe von Jugendlichen und<br />
jungen Erwachsenen erreicht werden, bei welchen das bisherige Unterstützungsnetz nicht genügend griff. Ein<br />
kleiner Anteil an Personen ist bereits in einer Lehre angelangt und braucht Unterstützung um diesen Status<br />
nicht zu gefährden.<br />
Der Berufsbildungsstaus kann im Allgemeinen während der CM BB-Begleitung verbessert werden. Bei fast<br />
40% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen kommt es bereits nach einem Jahr zur Verbesserung des<br />
Berufsbildungsstatus bzw. der erfolgsversprechende Status kann erhalten bleiben. Bei einem grossen Teil der<br />
betroffenen braucht die Verbesserung mehr Zeit. So können 55.5% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
nach zwei Jahren ihren Berufsbildungsstatus in Richtung erfolgsversprechenden Status verbessern. Es<br />
werden also realistischerweise mindestens zwei Jahre benötigt, damit der/die Jugendliche bzw. junge Erwachsene<br />
Schritte in Richtung erfolgsversprechenden Status machen kann. Diese Erkenntnis zeigt sich auch<br />
im <strong>Kanton</strong> Basel-Stadt (Haller & Hümbelin 2011). Gleichzeitig lässt sich erkennen, dass auch nach zwei Jahren<br />
weiterhin eine Teilgruppe besteht, die einer längeren Unterstützung bedarf und besondere Schwierigkeiten<br />
hat, einem prekären Status zu entkommen (nach 20%). Dies betrifft vor allem junge Erwachsene, was<br />
wiederum die Wichtigkeit der Früherfassung verdeutlicht.<br />
57
6 Zusammenfassung, Folgerungen und Ausblick<br />
In diesem abschliessenden Kapitel werden die Erkenntnisse zu den Merkmalen der Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen im CM BB, dem Aufnahme- und Unterstützungsprozess, dem Unterstützungsnetzwerk sowie<br />
zu den Wirkungen des CM BB zusammengefasst und daraus hervorgehend Empfehlungen für die Weiterentwicklung<br />
des Angebots formuliert. Abschliessend wird ein Ausblick auf die weitere <strong>Evaluation</strong>sphase und<br />
den Schlussbericht gemacht.<br />
6.1 Merkmale der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
Die Ausbildungssituation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen beim Eintritt ins CM BB lässt erkennen,<br />
dass eine grosse Spannbreite an Klient/innen erreicht wird. So finden einerseits Jugendliche, welche die<br />
letzten Klassen der obligatorischen Schulzeit absolvieren (31.9%), den Zugang zum CM BB. Andererseits<br />
sind viele Jugendliche und junge Erwachsene bei Eintritt ins CM BB in einer schwierigen Ausbildungssituation,<br />
da sie eine Lehre abgebrochen haben (20.3%) bzw. zurzeit in keiner Ausbildung sind (24.3%). 12% befinden<br />
sich bereits in einer Lehre und bedürfen zu deren Weiterführung der Unterstützung (vgl. Tabelle 22).<br />
Tabelle 22: Ausbildung zum Zeitpunkt der Anmeldung ins CM BB<br />
Anzahl In %<br />
Sekundarstufe I; obligatorische Schule 96 31.9<br />
Brückenangebote, Motivationssemester, Praktika 31 10.3<br />
Sekundarstufe II; Eidg. Fähigkeitszeugnis EFZ 27 9.0<br />
Sekundarstufe II; Eidg. Berufsattest EBA 9 3.0<br />
Lehrabbruch 61 20.3<br />
Nicht in Ausbildung 73 24.3<br />
Anderes 4 1.3<br />
Total 301 100.0<br />
Fehlende Werte 2<br />
N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />
Der Anteil ausländischer Jugendlicher und junger Erwachsenen im CM BB liegt deutlich über dem Gesamtanteil<br />
der 15- bis 24-jährigen Ausländer/innen in der Bevölkerung des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> (37.6% vs.<br />
21.3%). Auch der Anteil Jugendlicher, welche eine Schulstufe mit Grundansprüchen bzw. einen niedrigeren<br />
Schultypus absolviert haben, ist grösser als der Anteil jener aus höheren Schulstufen. Aufgrund des Migrationshintergrundes<br />
und des absolvierten Schultypus entstehen für viele dieser Jugendlichen und junger Erwachsenen<br />
Kompetenzlücken im Übergang in eine Berufsausbildung. Diese Problematik zeigt sich auch in<br />
den im Rahmen der <strong>Evaluation</strong> durchgeführten Fallstudien. So sind die sieben befragten Jugendlichen mehrheitlich<br />
dem Typ der „Jugendlichen mit Kompetenzlücken“ zuzuordnen, welche sich durch mangelnde<br />
Fähigkeiten auszeichnen, um den Übergang in eine Berufsausbildung zu meistern. Häufig liegt die Hauptproblematik<br />
bei diesen Personen bei den Lücken im schulischen Wissen, der Orientierungslosigkeit, den<br />
Selbstkompetenzen und der Reife. Gleichzeitig können sie gerade in Bezug auf die Berufsbildung aufgrund<br />
des geringen sozialen Netzes und des bildungsfernen Elternhauses auf wenig Unterstützung zurückgreifen.<br />
Die genannten Kompetenzlücken haben sich während des biographischen Werdegangs verfestigt und stellen<br />
am Übergang in eine Berufsausbildung ein gravierendes Hindernis dar.<br />
Die Resultate zur Ressourcen-/Defizite-Lage stützen die Erkenntnis, dass sich eine Teilgruppe an Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen im CM BB befindet, welche auf relativ starke Ressourcen in den Bereichen<br />
Wohnen, Freizeit, Familie und Peers zurückgreifen können. Allerdings sind die Unterstützungsmöglich-<br />
58
keiten der Familie und Peers in Bezug auf die Berufsausbildung eingeschränkt. Hinzu kommt, dass der Glaube<br />
in die eigenen Fähigkeiten und Perspektiven sowie die Sicherheit und Auseinandersetzung mit der Berufswahl<br />
relativ tief eingeschätzt werden, womit sich wiederum verfestigte Kompetenzlücken manifestieren.<br />
Gemäss den Erkenntnissen aus den Fallstudien und den Aussagen der Case Managenden werden im CM BB<br />
auch Jugendliche und junge Erwachsene begleitet, welche den Typen „Jugendliche mit inneren Konflikten“,<br />
„Jugendliche mit zerbrochenem Lebensentwurf“ und „Zurückgezogene Jugendliche“<br />
zuzuordnen sind. Im Gegensatz zum erstgenannten Typus liegt die Herausforderung bei diesen Personen<br />
nicht hauptsächlich auf den schulischen und verhaltensbezogenen Kompetenzlücken. Vielmehr erschweren<br />
biographische Brüche in der Familie, in der Schule und im Freundeskreis sowie psychische Instabilität und<br />
körperliche Beeinträchtigungen den Übergang in die Berufsausbildung. Dass sich im CM BB nicht nur Jugendliche<br />
und junge Erwachsene mit spezifischen Kompetenzlücken bezüglich Berufsausbildung befinden,<br />
sondern auch ältere Personen mit umfassenderen Mehrfachproblematiken, zeigt sich auch in den<br />
Befragungen zur Ressourcen-Defizitlage. Unter den 31 Befragten findet sich eine kleinere Teilgruppe mit stark<br />
begrenzter Ressourcenlage und besonders tiefen Bewertungen in den Bereichen Gesundheit, Freizeit und<br />
Finanzen.<br />
Diese Resultate zeigen, dass es dem CM BB gelingt, zwei Zielgruppen – Jugendliche mit Kompetenzlücken<br />
und Jugendliche mit Mehrfachproblematik – zu erreichen, die am Übergang in die Berufswelt Unterstützung<br />
benötigen. Dass diese Gruppen erreicht werden, lässt erstens darauf schliessen, dass die Früherfassung in<br />
der Volksschule gelingt, und zweitens, dass das CM BB auch zu späteren Zeitpunkten Zugang zu den<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen findet. Früherfasste Jugendliche verfügen häufig noch über mehr<br />
Ressourcen, werden noch stärker vom Elternhaus unterstützt und das CM BB kann somit präventiver agieren.<br />
Bei älteren Jugendlichen und jungen Erwachsenen, bei welchen die obligatorische Schulzeit schon länger<br />
zurückliegt und das bisherige Unterstützungsnetz nicht genügend griff, ist die Ressourcenlage oftmals<br />
prekärer.<br />
6.2 Merkmale des Unterstützungsprozesses<br />
Die genannte Erkenntnis der grossen Spannbreite an Jugendlichen und jungen Erwachsenen im CM BB bestätigt<br />
sich auch beim Blick auf die zuweisenden Institutionen. So weisen einerseits diverse Institutionen<br />
aus dem schulischen Bereich (Volksschule, Berufsschulen, Lehrbetriebe und Berufsberatung) Jugendliche<br />
und junge Erwachsene dem CM BB zu. Andererseits vermitteln auch Akteure der Existenzsicherung und<br />
anderweitigen Beratungsangeboten (wie KJPD, Sucht- und Familienberatung) Klient/innen an das CM BB.<br />
Rund ein Sechstel der Jugendlichen meldet sich selber oder wird durch Angehörige beim CM BB angemeldet.<br />
Dies zeigt die Breite des Bekanntheitsgrades auf, den das CM BB erreicht hat.<br />
Über 80% der beim CM BB gemeldeten Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden nach einer rund<br />
sechsmonatigen Triage-Phase definitiv ins CM BB aufgenommen. Dabei kommen die Case Managenden<br />
zum Schluss, dass aufgrund einer Mehrfachproblematik bzw. Gefährdung im Übergang in eine Berufsausbildung<br />
eine Begleitung durch das CM BB oder eine vertiefte Abklärung im Sinne eines Assessments nötig ist.<br />
Wie der Tabelle 23 zu entnehmen ist, sind zurzeit 41 Fälle in der Triage-Phase und 114 CM BB-Fälle am<br />
Laufen. Unter den 102 abgeschlossenen Fällen wurden 42.2% durch Zielerreichung, also infolge Aufnahme<br />
in eine Lehre bzw. Integration in den 1. Arbeitsmarkt abgeschlossen und 57.8% wurden frühzeitig<br />
abgeschlossen. Sowohl die in der Triage-Phase abgelehnten Fälle wie auch die vorzeitigen Abbrüche sind<br />
häufig auf fehlende Kooperationsbereitschaft der Jugendlichen bzw. deren Eltern mit dem CM BB zurückzuführen<br />
oder aber weil sich eine andere Stelle als für den Fall zuständig erweist.<br />
59
Tabelle 23: Übersicht über Fälle am Stichtag (31. Mai 2013)<br />
Anzahl In %<br />
Laufende CM BB-Fälle 114 52.8<br />
Vorzeitiger Abschluss CM BB 59 27.3<br />
Abschluss, da Ziel erreicht 40 18.5<br />
Abschluss, anderer Grund 3 1.4<br />
Total 216 100.0<br />
Ablehnung nach Triage 46<br />
Laufende Triage 41<br />
N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />
Diese Ergebnisse weisen auf zwei zentrale Punkte des CM BB hin. So besteht einerseits eine grosse Herausforderung<br />
darin, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen für das Angebot zu gewinnen und dieses längerfristig<br />
verbindlich zu gestalten. Andererseits wird auch die Triagefunktion des CM BB deutlich, welches die<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach umfassenden Abklärungen bei Bedarf an eine andere Stelle<br />
weiterleitet.<br />
Die Funktion und das konkrete Handeln des CM BB in der Zusammenarbeit mit den Jugendlichen und<br />
jungen Erwachsenen verdeutlichen sich in den durchgeführten Fallstudien. Das „Anleiten“ und „Arbeiten<br />
am beruflichen Entwurf“ nehmen eine wichtige Rolle ein. So ist die enge Begleitung mit einer klaren zeitlichen<br />
Rahmung zur Erarbeitung eines beruflichen Entwurfs, der Abstimmung mit den realen Möglichkeiten<br />
auf dem Arbeitsmarkt, dem Zusammenstellen von Dossiers und dem konkreten Üben von Verhaltensweisen<br />
von grosser Bedeutung. Dies deckt sich mit den oben genannten Ressourcenmerkmalen der Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen. Das häufige Auftreten des Typus „Jugendlicher mit Kompetenzlücken“, deren Unsicherheiten<br />
in Bezug auf die Berufswahl und die geringe Unterstützung des Elternhauses führen dazu, dass<br />
das „Anleiten“ und „Arbeiten am beruflichen Entwurf“ zu einer zentralen Aufgabe des CM BB wird. Auch die<br />
„Beziehungsarbeit“ und somit das Zeigen von Interesse, ernst nehmen und Mut zusprechen durch die<br />
Case Managenden ist ausgesprochen wichtig. In den Fallstudien zeigt sich, dass die CM BB-Fachpersonen<br />
dadurch häufig zu einer wichtigen Vertrauensperson der Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden. Die<br />
Beziehungsarbeit ist bedeutsam, da die Jugendlichen ihre Selbstkompetenzen, den Alltagssinn und ihre psychische<br />
Gesundheit schlechter einschätzen als andere Lebensbereiche. Dadurch können das Selbstvertrauen<br />
und Selbstbewusstsein gestärkt werden. Ausserdem ist die Beziehungsarbeit hinsichtlich der oben genannten<br />
Herausforderung, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen für das CM BB zu gewinnen und dieses<br />
verbindlich zu gestalten von grosser Bedeutung.<br />
Demgegenüber zeigen sich in den Fallstudien im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> das „Strukturieren“ und das „Lotsen“<br />
weniger ausgeprägt als das oben beschriebene Handeln. Während das „Strukturieren“ das Klären von organisatorischen<br />
Angelegenheiten und der Aufbau von Strukturen beinhaltet, bezieht sich das „Lotsen“ auf das<br />
Informieren, Vermitteln und das Koordinieren von diversen Leistungen im Unterstützungsnetz. Diese Erkenntnisse<br />
sind im Zusammenhang mit der Tatsache zu verstehen, dass im Rahmen der Fallstudien vor allem „Jugendliche<br />
mit Kompetenzlücken“ und somit weniger mit ausgeprägter Mehrfachproblematik in verschiedenen<br />
Lebensbereichen befragt wurden. Zudem findet sich im CM BB eine ressourcenstärkere Teilgruppe mit schulischen<br />
und verhaltensbezogenen Kompetenzlücken, bei welcher der Koordination diverser Unterstützungsangebote<br />
eine geringere Bedeutung zukommt. Gleichzeitig zeigen die obigen Erkenntnisse zu den Merkmalen<br />
der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, dass die Bandbreite der Ressourcenlage der erreichten Personen<br />
breit ist und somit auch dem „Strukturieren“ und „Lotsen“ eine wichtige Bedeutung einnehmen kann.<br />
60
6.3 Unterstützungsnetz<br />
In diesem Kapitel wird aufgezeigt, wie das Handeln und die Handlungsspielräume durch die befragten Akteure<br />
im Institutionennetz wahrgenommen werden. Gemäss der Grundidee des CM BB ist das Agieren im<br />
Unterstützungsnetz zentral. Das Unterstützungsnetz der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zeigt,<br />
dass diese häufig mit einer Institution des Bereichs Schule/Beruf (96.8% der Jugendlichen) und/oder der<br />
Gesundheit (83.9%) in Kontakt sind. Relativ häufig sind die Befragten auch in eine Freizeitbeschäftigung<br />
eingebunden (58.1%) bzw. können sich dort auf einen Freundeskreis bzw. die Geschwister stützen. Knapp<br />
die Hälfte erhält zudem finanzielle Hilfe, v.a. vom RAV, der Kranken- und Unfallversicherung oder eines Sozialdienstes.<br />
Gleichzeitig stellen die Eltern für viele befragte Jugendliche vor allem bezüglich Finanzen und<br />
Wohnen eine wichtige Stütze dar, was auch mit dem Alter der Jugendlichen in Zusammenhang steht. Im<br />
Durchschnitt sind pro Jugendliche/r bzw. junge/r Erwachsene/r 5 Institutionen involviert.<br />
Diese Erkenntnisse zum Unterstützungsnetz lassen einerseits auf die schulische Einbindung, die Einbindung<br />
in der Freizeit und die familiäre Stütze schliessen. Andererseits weist die häufige Nennung von Institutionen<br />
aus dem Bereich der Gesundheit auf eine gewisse gesundheitliche Instabilität der Befragten hin. Die<br />
Anzahl involvierter Institutionen lässt zudem einerseits auf einen Koordinationsbedarf – eine Indikation für<br />
ein CM BB – schliessen. Andererseits kann die relativ gute institutionelle und private Einbindung auch wiederum<br />
eine Erklärung dafür sein, dass das „Anleiten“ und „Arbeiten am beruflichen Entwurf“ stärker im Zentrum<br />
steht als das „Lotsen“.<br />
Die Rolle des CM BB im Unterstützungsnetz der Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird in den Interviews<br />
mit den Akteuren aus dem Institutionennetz deutlich. So wird die Möglichkeit des CM BB eine längerfristige,<br />
enge Begleitung über verschiedene Übergänge hinweg sowie die Koordinationsfunktion im<br />
Unterstützungsnetz zu gewährleisten, als besonderen Gewinn gesehen. Die Tatsache, jemanden an der Seite<br />
zu haben, mit welchem umfassende Abklärungen in verschiedenen Lebensbereichen gemacht, Möglichkeiten<br />
durchdiskutiert und schliesslich schrittweise Entwicklungen angegangen werden können, wird als Bereicherung<br />
für die Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen gesehen. Zudem wird das CM BB von den Akteuren<br />
des Institutionennetzes als Entlastung erlebt, da es sich um ein Angebot handelt, welches den Überblick<br />
über die involvierten Stellen hat, die Vernetzung vorantreibt, die Akteure an einen Tisch holt und so Synergien<br />
schaffen bzw. Doppelspurigkeiten verhindern kann.<br />
Die Interviews im Institutionennetz geben Aufschluss über die Herausforderungen des CM BB. So erkennen<br />
die Akteure im Unterstützungsnetz gerade im Hinblick auf den Bekanntheitsgrad und die Zuweisung<br />
Herausforderungen und Verbesserungspotenzial. So besteht oftmals Unklarheit über den Inhalt und die Rolle<br />
des CM BB. Dies hat zur Folge, dass nicht immer klar ist, zu welchem Zeitpunkt eine Zuweisung angebracht<br />
ist bzw. welche konkreten Bedingungen dafür erfüllt sein müssen. Die sich auch in den Fallstudien und teilweise<br />
standardisierten Daten manifestierte Tatsache, dass sich im CM BB nicht nur Jugendliche und junge<br />
Erwachsenen mit einer ausgeprägten Mehrfachproblematik, sondern auch Personen mit spezifischen Kompetenzlücken<br />
im schulischen und verhaltensbezogenen Bereich befinden, lässt die Frage nach den konkreten<br />
Voraussetzungen für die Aufnahme ins CM BB aufkommen. So ist zu klären, inwieweit eine Mehrfachproblematik<br />
für die Aufnahme ins CM BB vorliegen muss bzw. inwiefern auch Personen, welche vorwiegend<br />
ein intensives Coaching bedürfen ins CM BB aufgenommen werden sollen bzw. ob für diese Personen ein<br />
anderes Gefäss bestehen sollte.<br />
61
Des Weiteren sind aus Sicht der Akteure die Zuständigkeiten der verschiedenen involvierten Akteure und<br />
die Kooperationsabläufe sowie die Handlungsspielräume des CM BB und dabei insbesondere die<br />
Frage bei wem die Fallführung liegt, teilweise ungenügend geklärt. Daher klappt das gewünschte Schaffen<br />
von Synergien und Verhindern von Doppelspurigkeiten nicht immer. Zur Verbesserung dieser Umstände wird<br />
einerseits die Informations- und Sensibilisierungsarbeit bei den zuweisenden Instanzen und den Betroffenen<br />
als wichtig erachtet. Insbesondere die Schulen sollen im Sinne einer verstärkten Früherfassung intensiv<br />
in den Fokus dieser Sensibilisierungsarbeit genommen werden. Andererseits wird ein besonders grosser<br />
Bedarf in der klareren strategischen Positionierung und Verankerung des CM BB auf der übergeordneten<br />
Ebene der Ämter gesehen.<br />
Diese Herausforderungen des CM BB zeigen auch die Gründe auf, warum in den bisherigen Daten die Bedeutung<br />
des „Lotsen“ im CM BB gering ausfiel. So ist das Lotsen – also das nach einer Vermittlung weitere<br />
Dranbleiben und im Unterstützungsnetz Koordinieren – durch die ungeklärten Kooperationsabläufe zwischen<br />
den Akteuren und die damit noch nicht austarierten Handlungsspielräume des CM BB in gewissen Fällen nur<br />
eingeschränkt möglich.<br />
Eine weitere auf der individuellen Fallebene konstatierte Herausforderung, welche ebenfalls von den eben<br />
genannten Herausforderungen im Institutionennetz tangiert ist, stellt die Freiwilligkeit der Teilnahme am<br />
CM BB dar. So sehen die Akteure das Gewinnen der Jugendlichen und Herstellen einer (längerfristigen) Verbindlichkeit<br />
für das Angebot als Schwierigkeit. Dafür ist die Beziehungsarbeit wie auch ein näheres Begleiten<br />
von der zuweisenden Institution zum CM BB zentral, was wiederum eine gut funktionierende Zusammenarbeit<br />
im Institutionennetz bedingt.<br />
6.4 Wirkungen<br />
Wie insbesondere den Fallstudien zu entnehmen ist, werden im CM BB verschiedene Entwicklungsschritte<br />
erreicht, welche längerfristig zu einer Berufsausbildung führen können. So kann ein „Kompetenzzuwachs“<br />
durch Aneignen von Know-How und Selbstkompetenzen in Bezug auf die Berufsbildung erreicht<br />
werden. Auch die „Konkretisierung der Berufsvorstellungen“ durch die bessere Kenntnis der Berufe,<br />
der Anforderungen des Arbeitsmarktes und der eigenen Möglichkeiten kann im CM BB erreicht werden. Eine<br />
weitere Wirkung stellt die „Stabilisierung“ der Situation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen dar.<br />
Dabei geht es um das Aufgleisen von Unterstützungen bzw. Erledigen von Aufgaben in den Lebensbereichen,<br />
in welchen Instabilitäten erkannt wurden. Dies stellen Zwischenschritte in Richtung des Ziels der Aufnahme<br />
und des Abschlusses einer Berufsausbildung dar.<br />
Bis die Jugendlichen und jungen Erwachsenen das Ziel des CM BB erreicht haben – d.h. die Aufnahme einer<br />
Ausbildung und die nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt – brauchen sie die Unterstützung des CM BB<br />
unterschiedlich lange. Wird die Dauer bei den abgeschlossenen Fällen angeschaut, so zeigt sich, dass die<br />
Mehrheit (55.0%) zwischen einem und zwei Jahren begleitet wurde bis eine erfolgreiche Ablösung in eine<br />
Lehre erreicht wurde. Bei 25% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen gelang dies bereits nach sechs bis<br />
zwölf Monaten. Bei einzelnen Jugendlichen nach mehr als zwei Jahren (7.5%).<br />
Die positiven Veränderungen, die das CM BB bewirken kann, zeigen sich auch bei der Entwicklung<br />
des Berufsbildungsstatus (vgl. Abbildung 10). Nach einem Jahr erfolgt bei knapp 40% der Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen eine positive Veränderung – vom Übergangsstatus in den erfolgversprechenden<br />
Status bzw. vom prekären Status in den Übergangsstatus – oder sie verbleiben im erfolgversprechenden<br />
Status. Nach zwei Jahren kann diese positive Entwicklung bei mehr als der Hälfte der Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen festgestellt werden (55.5%). Auch an diesen Resultaten lässt sich ablesen, dass eine Verbesserung<br />
in Richtung eines erfolgsversprechenden Status unterschiedlich lange dauert. Die Möglichkeit,<br />
dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen längerfristig begleiten werden, ist dennoch eminent wichtig.<br />
62
Negative Veränderungen im Berufsbildungsstatus sind demgegenüber deutlich seltener. Dass sich der Berufsbildungsstatus<br />
nach einem Jahr verschlechtert – Übergang in Richtung Übergangsstatus oder prekärer<br />
Status bzw. Verbleib im prekären Status – trifft in 24.9% der Fälle zu. Nach zwei Jahren sinkt dieser Anteil auf<br />
16.7%. Auch der Anteil Jugendlicher und junger Erwachsenen, welche im Übergangsstatus verbleiben – also<br />
in der obligatorischen Volksschule oder einer Zwischenlösung im Übergang in eine Berufsausbildung sind –<br />
sinkt mit der Dauer der CM BB-Begleitung stetig. Dennoch verbleibt eine Teilgruppe von Jugendlichen und<br />
jungen Erwachsenen auch nach zweijähriger CM BB-Begleitung weiterhin in einem prekären Status (16.7%)<br />
und sind somit weiterhin arbeitslos bzw. ohne Tagesstruktur. In den Fallstudien zeigt sich dies anhand einer<br />
„Stagnation“ und der Schwierigkeit – häufig aufgrund psychischer Erkrankungen – Fortschritte zu erzielen.<br />
Abbildung 10: Veränderung des Berufsbildungsstatus nach 12 und 24 Monaten<br />
6.5 Fazit<br />
Die hier dargestellten Ergebnisse lassen erkennen, dass das CM BB eine grosse Bandbreite an Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen erreicht. Auf dem Weg in die Berufsausbildung stehen diese Personen an unterschiedlichen<br />
Punkten. Dank des CM BB ist es möglich, die Betroffenen an den Übergängen von obligatorischer<br />
Schule bis Integration in den Arbeitsmarkt längerfristig und eng zu begleiten. Dadurch können kleinere<br />
und grössere Entwicklungsschritte hin zu einer Berufsausbildung erreicht werden.<br />
Im folgenden Kapitel werden Empfehlungen formuliert, die die Entwicklungsmöglichkeiten des Angebots aufzeigen<br />
und Stärken des CM BB auch in Zukunft garantieren sollen.<br />
63
6.6 Empfehlungen<br />
Folgende zwei Grundideen des CM BB hebt Landert (2011) im Bericht der nationalen Umsetzungsevaluation<br />
hervor:<br />
· Die Koordination der Leistungen im Unterstützungsnetz aus einer Hand durch die Fallführung<br />
des/der Case Manager/in<br />
· Die längerfristige Begleitung über die Nahtstellen des Ausbildungssystems hinweg<br />
Durch diese beiden Leistungen unterscheidet sich das CM BB von anderen Institutionen. Ausgehend von<br />
diesen Grundideen und den gewonnenen Erkenntnisse werden nachfolgend Empfehlungen für die Weiterentwicklung<br />
des CM BB formuliert:<br />
Strategische Positionierung<br />
Eine klarere strategische Verankerung des CM BB auf der Ebene der Führung der kantonalen<br />
Verwaltung erweist sich als zentral, um die genannten zwei Grundideen umsetzen zu können. Diese Positionierung<br />
beinhaltet das Schaffen von Klarheit über den Zuständigkeitsbereich und die Handlungsspielräume<br />
des CM BB und das Klären der Kooperationsabläufe zwischen den verschiedenen involvierten<br />
Institutionen. So kann die Triage-, Koordinations- und Lotsenfunktion dieses Angebots im institutionellen Unterstützungsnetz<br />
der begleiteten Jugendlichen und jungen Erwachsenen gestärkt werden.<br />
Aufnahmekriterien<br />
Die Konkretisierung der Aufnahmekriterien von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ins CM BB<br />
kristallisiert sich als Anliegen heraus. Ein detaillierter Kriterienraster für alle zuweisenden Institutionen stellte<br />
eine Orientierungshilfe dar, um einfacher über eine Zuweisung zu entscheiden. Gleichzeitig soll bei Unklarheiten<br />
über eine Zuweisung weiterhin eine individuelle Fallbesprechung mit den Case Managenden möglich sein.<br />
In den Daten zeigen sich zwei Segmente der Zielgruppe; „Fällen mit Kompetenzlücken“ und „Fällen<br />
mit Mehrfachproblematik“. Bei Erstgenannten konzentrieren sich die Problematiken eher auf einen Bereich<br />
– häufig spezifische schulische und verhaltensbezogene Kompetenzlücken – welche ein einschneidendes<br />
Ausmass angenommen haben. Diese Personen bedürfen einer engen, längerfristigen Begleitung zur<br />
Entwicklung von Verhaltensweisen, Strategien und Techniken, um den Übergang in eine Berufsausbildung<br />
bewältigen zu können. Dabei ist das Bewahren eines mehrdimensionalen Blickwinkels von grosser Bedeutung.<br />
Zweitgenannte charakterisieren sich durch angetroffene Schwierigkeiten in mehreren Lebensbereichen<br />
wie dem sozialen Netz sowie dem schulischen, materiellen und/oder gesundheitlichen Bereich, wodurch<br />
auch ein grösserer Koordinationsbedarf im Unterstützungsnetz besteht. Für die beiden Segmente der Zielgruppe<br />
ist aus Sicht der <strong>Evaluation</strong> ein CM BB angebracht, weil dieses einen mehrdimensionalen Blickwinkel<br />
und den Bedarf an längerfristiger Begleitung abdecken kann.<br />
Die Klärung der Aufnahmekriterien der Jugendlichen und jungen Erwachsenen erweist sich auch aufgrund der<br />
vorhandenen personellen Ressourcen beim CM BB als relevant. 150 aktuell laufende Fälle verteilt auf drei<br />
teilweise Teilzeit arbeitende Case Managende ist bei einem umfangreichen CM BB eine zu hohe Fallzahl. Eine<br />
klare Abgrenzung der Zielgruppe ist unter dem Aspekt der begrenzten Kapazitäten des CM BB unabdingbar.<br />
Die bestehenden Ressourcen bedingen, dass Kriterien formuliert werden, welche Klient/innen prioritär aufgenommen<br />
werden.<br />
Informations- und Sensibilisierungsarbeit<br />
Der Informations- und Sensibilisierungsarbeit soll sowohl in den Schulen der Sek-I-Stufe wie auch anderen<br />
relevanten Institutionen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Durch die genaue Information über<br />
64
den Inhalt des CM BB, die Rolle der Case Managenden und die Handlungsfelder dieses Angebots soll sowohl<br />
bei den zuweisenden Instanzen wie auch den Betroffenen der Bekanntheitsgrad gefördert und die<br />
Hemmschwelle für die Inanspruchnahme des Angebots gesenkt werden. Die bisherigen Bemühungen des<br />
CM BB in den verschiedenen Regionen des <strong>Kanton</strong>s (v.a. auch in Dorneck-Thierstein) aktiv zu sein, sollen<br />
weitergeführt werden.<br />
Insbesondere die Früherfassung in der Volksschule soll ein zentrales Ziel sein, um das CM BB als präventiv<br />
einsetzendes Angebot zu fördern. So ist zu überdenken, wie mit den vorhandenen personellen Ressourcen<br />
im heterogenen <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> ein Früherfassungssystem aufgebaut werden kann, damit gefährdete<br />
Schüler/innen ab der 8. Klasse Zugang zum CM BB finden.<br />
Fallarbeit<br />
Die intensive individuelle Begleitung wird auch in Zukunft ein entscheidender Faktor für den Erfolg des CM BB<br />
sein. Letztlich sind die positiven Veränderungen, die bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen erreicht<br />
werden können – von der Kompetenzerweiterung bis zur Verbesserung des Berufsbildungsstatus – insbesondere<br />
auch eine Folge der intensiven Fallarbeit. Auf Grund der Freiwilligkeit des Angebots ist die Beziehungsarbeit<br />
ein besonders wichtiger Aspekt. Nur so können die Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
über einen längeren Zeitraum ins CM BB eingebunden werden. Demnach müssen die Kapazitäten beim CM<br />
BB eine solch enge Begleitung auch in Zukunft gewährleisten können.<br />
6.7 Ausblick<br />
Auf Mitte 2014 ist der Schlussbericht der <strong>Evaluation</strong> des CM BB geplant. Ziel ist es, bis zu diesem Zeitpunkt<br />
gewisse Punkte zu vertiefen:<br />
· Im Rahmen der Fallstudien sollen die zeitlichen Verläufe und Entwicklungen der bisher interviewten<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen und somit die Effekte des CM BB konkreter nachgezeichnet<br />
werden.<br />
· Die standardisierten Auswertungen und insbesondere die schriftlichen und Online-Befragungen zur<br />
Ressourcenlage und dem Unterstützungsnetz der Jugendlichen und jungen Erwachsenen sollen auf<br />
einer breiteren – und repräsentativeren – Datenbasis abgestützt werden können, um v.a. vertieftere<br />
Resultate zur Ressourcenlage der Personen zu gewinnen. Dabei werden die bestehenden Daten<br />
durch Einschätzungen des Falls durch die Case Managenden und Einschätzungen des CM BB durch<br />
die Jugendlichen ergänzt.<br />
· Daten zur Art und dem Umfang der vom CM BB erbrachten Leistungen sowie zur Nachhaltigkeitsprüfung<br />
sollen ausgewertet und weitere Erkenntnisse bringen.<br />
· Es sollen weitere Stimmen aus dem institutionellen Netzwerk – namentlich von schulischen Akteuren<br />
der Sek I-Stufe – beigezogen werden, um insbesondere den Aspekt der Früherfassung genauer unter<br />
die Lupe zu nehmen. Darauf wurde bisher verzichtet, da das CM BB noch mit Pilotprojekten zur<br />
Sensibilisierung in den Schulen beschäftigt ist.<br />
· Durch die Abstützung der Resultate auf eine grössere Datenbasis sollen die bisherigen Erkenntnisse<br />
zur Unterscheidung „Fällen mit Kompetenzlücken“ und „Fällen mit Mehrfachproblematik“ näher beobachtet<br />
und weitere Schlüsse für die Arbeit im CM BB gezogen werden.<br />
65
7 Tabellenverzeichnis<br />
Tabelle 1: <strong>Evaluation</strong>sschritte ........................................................................................................................... 6<br />
Tabelle 2: Ausbildung zum Zeitpunkt der CM BB -Anmeldung ...................................................................... 13<br />
Tabelle 3: Alter ............................................................................................................................................... 15<br />
Tabelle 4: Nationalität .................................................................................................................................... 15<br />
Tabelle 5: Alter bei Einreise in die Schweiz ..................................................................................................... 16<br />
Tabelle 6: Wohnorte nach Bezirken ............................................................................................................... 16<br />
Tabelle 7: Zuweisende Institutionen ............................................................................................................... 27<br />
Tabelle 8: Triage-Entscheid ........................................................................................................................... 28<br />
Tabelle 9: Gründe für ablehnenden Triage-Entscheid .................................................................................... 29<br />
Tabelle 10: Übersicht über Fälle am Stichtag (31. Mai 2013) ......................................................................... 29<br />
Tabelle 11: Dauer der Unterstützung bei abgeschlossenen Fällen ................................................................. 29<br />
Tabelle 12: Gründe für vorzeitigen Abschluss ................................................................................................ 30<br />
Tabelle 13: Dauer der Unterstützung bei vorzeitig abgeschlossenen Fällen.................................................... 31<br />
Tabelle 14: Anschlusslösung nach vorzeitigem CM-Abschluss ...................................................................... 31<br />
Tabelle 15: institutioneller Kontakte unterschieden nach Lebensbereichen .................................................... 35<br />
Tabelle 16: Häufig genannte institutionelle Akteure ........................................................................................ 36<br />
Tabelle 17: Jugendliche und junge Erwachsene mit privater Unterstützung nach Lebensbereichen (in %) ..... 38<br />
Tabelle 18: Berufsbildungsstatus bei Eintritt ins CM BB ................................................................................. 54<br />
Tabelle 19: Berufsbildungsstatus nach sechs Monaten ................................................................................. 55<br />
Tabelle 20: Berufsbildungsstatus nach einem Jahr ........................................................................................ 55<br />
Tabelle 21: Berufsbildungsstatus nach zwei Jahren ....................................................................................... 55<br />
Tabelle 22: Ausbildung zum Zeitpunkt der Anmeldung ins CM BB ................................................................ 58<br />
Tabelle 23: Übersicht über Fälle am Stichtag (31. Mai 2013) ......................................................................... 60<br />
Tabelle 24: Nationalität detailliert .................................................................................................................... 70<br />
Tabelle 25: Höchste abgeschlossene Ausbildung .......................................................................................... 71<br />
Tabelle 26: Repräsentativitätsprüfung nach Ausbildungssituation bei der Zuweisung, Geschlecht, Nationalität<br />
und Alter (Anteile in %) ................................................................................................................................... 71<br />
Tabelle 27: Ressourcen und Defizite - Frageitems mit Mittelwert, Streuung und Dimensionszugehörigkeit .... 72<br />
8 Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildung 1: CM BB - Modell des Unterstützungsprozesses .......................................................................... 8<br />
Abbildung 2: Mittlere Bewertung der Ressourcenlage unterschieden nach Lebensbereichen ........................ 19<br />
Abbildung 3: Differenzierung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen anhand der Ressourcenlage (n=31)<br />
...................................................................................................................................................................... 20<br />
Abbildung 4: Modellhafte Darstellung der Anfangsphase der CM-Begleitung................................................. 28<br />
Abbildung 5: Visualisierung des gesamten Unterstützungssettings ................................................................ 34<br />
Abbildung 6: Anzahl involvierte Institutionen pro Person (n=31) ..................................................................... 38<br />
Abbildung 7: Institutionen-Netz ...................................................................................................................... 40<br />
Abbildung 8: Veränderung des Berufsbildungsstatus nach 12 und 24 Monaten ............................................ 56<br />
Abbildung 9: Veränderung des Berufsbildungsstatus nach Altersgruppen ..................................................... 57<br />
Abbildung 10: Veränderung des Berufsbildungsstatus nach 12 und 24 Monaten .......................................... 63<br />
66
9 Literaturverzeichnis<br />
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BFS (2011): STAT-TAB: Die interaktive Statistikdatenbank. Migration und Integration. Zugriff am 10.07.2013<br />
auf http://www.pxweb.bfs.admin.ch/Dialog/statfile.asp?lang=1&prod=01.<br />
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in beruflichen, familiären und politisch-weltanschaulichen Bereichen. Bern: Hans Huber.<br />
Haller, D. (2007): Sozialräumliche Prozesse und Wirkungen aus Sicht der Klient/innen. Eine theoretische und<br />
empirische Analyse. S. 126-139 in: Haller D., Hinte W. und Kummer B. (Hrsg.), Jenseits von Tradition und<br />
Postmoderne. Sozialraumorientierung in der Schweiz, Österreich und Deutschland. Weinheim und München:<br />
Juventa.<br />
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Bern, Berner Fachhochschule, Fachbereich Soziale Arbeit. Im Auftrag der Sozialhilfe der Stadt Basel.<br />
Haller, Dieter (2011): Wirkungsforschung zur Entwicklung der Professionalität, Identität und Legitimation Sozialer<br />
Arbeit. S. S. 235-254 in: Eppler Natalie, Miethe Ingrid & Schneider Armin (Hg.): Quantitative und Qualitative<br />
Wirkungsforschung. Ansätze, Beispiele, Perspektiven. Opladen: Verlag Barbara Budrich.<br />
Haller, Dieter und Hümbelin, Oliver (2011): <strong>Evaluation</strong> des Projektes GAP, Case Management Berufsbildung<br />
des <strong>Kanton</strong>s Basel-Stadt. Bern: Berner Fachhochschule BFH.<br />
Haller, Dieter / Hümbelin, Oliver / Erzinger, Barbara und Marianne Glanzmann (2012): Netz2, Case Management<br />
Berufsbildung <strong>Kanton</strong> Zürich. <strong>Evaluation</strong>. <strong>Zwischenbericht</strong> zur Periode Oktober 2010 bis Februar 2012.<br />
Bern: Berner Fachhochschule BFH.<br />
Hofstetter Rogger, Yvonne (2007): Ressourcen- und sozialraumorientiertes Case Management (116-125). in:<br />
Haller, Dieter, Wolfgang Hinte & Bernhard Kummer (Hg): Jenseits von Tradition und Postmoderne. Sozialraumorientierung<br />
in der Schweiz, Österreich und Deutschland. Weinheim und München: Juventa.<br />
<strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> (2007). Case Management Berufsbildung / Prävention Jugendarbeitslosigkeit. Regierungsratsbeschluss<br />
Nr. 2007/1202 vom 3. Juli 2007. Typoskript.<br />
Landert, Charles (2011). Nationales Projekt Case Management Berufsbildung. Bericht zur Umsetzungsevaluation.<br />
Bern: BBT.<br />
Marcia, J. E. (1966): Development and validation of ego identity status. Journal of Personality and Social Psychology<br />
3, S.551-558.<br />
Schütz, Alfred (2003): Theorie der Lebenswelt 1. Die pragmatische Schichtung der Lebenswelt. Herausgegeben<br />
von Endress, Martin & Ilja Srubar. Konstanz: UVK.<br />
67
10 Anhang<br />
Untersuchungsfragen der <strong>Evaluation</strong><br />
Merkmale der erreichten Jugendlichen/jungen Erwachsenen (Zielgruppe)<br />
- Wie viele Jugendliche/junge Erwachsene werden erreicht?<br />
- Wie ist das soziodemographische Profil und wie ist die Ressourcen-/Defizitelage der Jugendlichen/jungen<br />
Erwachsenen?<br />
- An welchem Punkt der Bildungskarriere stehen die Jugendlichen/jungen Erwachsenen, wenn das CM BB<br />
sie erreicht?<br />
Phase der Aufnahme ins CM BB<br />
- Welche Faktoren in der Organisation und Gestaltung des Aufnahmeprozesses sind förderlich bzw. hinderlich?<br />
- Wer tritt ins CM BB ein? Welches sind andere Anschlusslösungen?<br />
Unterstützungsverläufe während des CM BB<br />
- Gelingt der Fallführungsprozess im Sinne der Verfahrensschritte des CMs? Wie hoch ist die Haltequote<br />
der Jugendlichen/jungen Erwachsenen während der einzelnen CM-Phasen?<br />
- Gelingt es die Klient/innen in die zielorientierte Behandlung einzubinden? In welchen Lebensbereichen<br />
(Bildung/Erwerbsarbeit, Gesundheit, materielle Existenz, Soziale Beziehungen, Entwicklung Zukunftsperspektive)<br />
wird im CM an Zielen gearbeitet?<br />
- Gelingt es dem CM (wenn sinnvoll) die Familie des Jugendlichen bzw. andere Angehörige in die Bearbeitung<br />
der Ziele betr. Ausbildung und Erwerbsarbeit einzubinden?<br />
- Welche Einflüsse haben demografische, psychosoziale und bildungsbiographische Merkmale der Jugendlichen<br />
auf den Verlauf der CM-Sequenzen?<br />
- Welches sind die Leistungen des CM BB aufgeteilt auf Kategorien wie Beraten, Informieren, oder Vernetzen/Koordinieren?<br />
Welche Leistungen erhöhen die Haltequote?<br />
Wirkungen betreffend Zielgruppe<br />
- Welche Entwicklungsschritte in Ausbildung und Beruf erreichen und realisieren die Jugendlichen/jungen<br />
Erwachsenen? Konkret: Welche bildungs- und/oder berufsbezogenen Statuswechsel realisieren die Klient/innen?<br />
Inwiefern entwickelt sich ihre persönliche Ressourcenlage?<br />
- Welche mit dem CM BB induzierten Prozesse begünstigen bzw. behindern das Erreichen von Wirkungen?<br />
Sind Prozessmuster erkennbar, die zu positiven bzw. negativen Wirkungen führen?<br />
- Wie beurteilen die betroffenen Jugendlichen/jungen Erwachsenen das CM BB?<br />
Entwicklungen und Wirkungen im Unterstützungssystem<br />
- Gelingt es dem CM BB, die Partnerinstitutionen für seine Anliegen zu sensibilisieren? Nehmen Fachpersonen<br />
der Partnerinstitutionen die „Case Maker-Rolle“ wahr? Welches sind dabei fördernde und hindernde<br />
Faktoren?<br />
- Gelingt es während des CM, die Jugendlichen/jungen Erwachsenen mit der Berufsberatung und weiteren<br />
erforderlichen Institutionen zu vernetzen? Erhalten die Klient/innen die passenden Leistungen von den<br />
passenden Institutionen?<br />
- Gelingt es dem CM, die am Fall arbeitenden Institutionen in die Zielorientierung einzubinden?<br />
- Welche Muster sind in den Strukturen der institutionellen Vernetzung der Klient/innen erkennbar? Können<br />
mit CM „Doppelspurigkeiten“ in der Fallbearbeitung vermieden werden? Welche Elemente in der Organisation<br />
des CM tragen dazu bei?<br />
68
- Wie beurteilen die am CM beteiligten externen Fach- und Führungspersonen das CM BB?<br />
- Wie hoch sind der Zeitaufwand und die Kosten für die erbrachten Leistungen mit CM (betriebswirtschaftlicher<br />
Aufwand seitens Institution)?<br />
- Welche Verlaufsszenarien wären wahrscheinlich, wenn die Jugendlichen/jungen Erwachsenen keine CM-<br />
Leistungen erhalten würden?<br />
69
Detaillierte tabellarische Darstellungen<br />
Tabelle 24: Nationalität detailliert<br />
Anzahl In %<br />
Schweiz 189 62.4<br />
Türkei 29 9.6<br />
Italien 13 4.3<br />
Sri Lanka 8 2.6<br />
Kosovo 7 2.3<br />
Serbien 6 2.0<br />
Brasilien 5 1.7<br />
Deutschland 5 1.7<br />
Albanien 4 1.3<br />
Irak 4 1.3<br />
Kroatien 4 1.3<br />
Mazedonien 4 1.3<br />
Dominikanische Republik 3 1.0<br />
Angola 2 0.7<br />
Bosnien und Herzegowina 2 0.7<br />
Eritrea 2 0.7<br />
Kongo 2 0.7<br />
Somalia 2 0.7<br />
Bulgarien 1 0.3<br />
China 1 0.3<br />
Djibouti 1 0.3<br />
Indien 1 0.3<br />
Iran 1 0.3<br />
Kenia 1 0.3<br />
Polen 1 0.3<br />
Rumänien 1 0.3<br />
Tibet 1 0.3<br />
Tschetschenien 1 0.3<br />
Ungarn 1 0.3<br />
USA 1 0.3<br />
Total 303 100.0<br />
N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />
70
Tabelle 25: Höchste abgeschlossene Ausbildung<br />
Anzahl In %<br />
Sekundarstufe I Normallehrplan; Grundansprüche 96 32.2<br />
Sekundarstufe I Normallehrplan; erweiterte Ansprüche 66 22.1<br />
Sekundarstufe I; besonderer Lehrplan 27 9.1<br />
Sekundarstufe I Normallehrplan; integrierte und<br />
kooperative Schulformen<br />
14 4.7<br />
Sekundarstufe II; andere Allgemeinbildende Schulen 5 1.7<br />
Sekundarstufe II; Maturitätsschule, Fachmittelschulen (FMS) 4 1.3<br />
Sekundarstufe II; Eidg. Berufsattest EBA 2 0.7<br />
Sekundarstufe II; Eidg. Fähigkeitszeugnis EFZ 1 0.3<br />
68.1%<br />
4.0%<br />
Derzeit noch in obligatorischer Schulausbildung 71 23.8<br />
Kein obligatorischer Schulabschluss 11 3.7<br />
Anderes 1 0.3<br />
Total 298 100.0<br />
Fehlende Werte 5<br />
N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />
Tabelle 26: Repräsentativitätsprüfung nach Ausbildungssituation bei der Zuweisung, Geschlecht, Nationalität<br />
und Alter (Anteile in %)<br />
Ausbildungssituation:<br />
Schriftliche<br />
& Online-<br />
Befragung<br />
(n=31)<br />
Zwischen<br />
1.6.2012 und<br />
31.5.2013 Eingetretene<br />
(n=94)<br />
Definitive<br />
Aufnahme<br />
CM BB<br />
(n=216)<br />
Alle<br />
gemeldeten<br />
Personen<br />
(n=303)<br />
Nicht in Ausbildung/<br />
Lehrabbruch<br />
25.9 43.6 44.0 44.6<br />
In obligatorischer Schule 25.8 30.8 30.0 31.9<br />
In Ausbildung 48.3 25.6 26.0 23.5<br />
Geschlecht: weiblich 41.9 47.9 45.8 45.5<br />
männlich 58.1 52.1 54.2 54.5<br />
Nationalität: Schweiz 64.5 60.6 64.4 62.4<br />
Ausland 35.5 39.4 35.6 37.6<br />
Alter: Unter 16 12.9 19.2 20.8 21.1<br />
16-19 74.2 59.4 62.5 60.7<br />
20 und älter 12.9 21.4 16.7 18.2<br />
71
Tabelle 27: Ressourcen und Defizite - Frageitems mit Mittelwert, Streuung und Dimensionszugehörigkeit<br />
Frageitem<br />
Gültige<br />
Werte<br />
Mittelwert<br />
Standardabweichung<br />
Zugehörig zur<br />
Dimension<br />
Mein Alltag gibt mir Lebenssinn. 31 4.7 1.1<br />
Erleben von Sinn<br />
im Alltag<br />
Meine Familie bedeutet mir viel. 31 5.7 0.7 Familie<br />
Meine Familie unterstützt mich bei der Berufsfindung.<br />
31 5.0 1.4 Familie<br />
Ich habe mit meinen Eltern ausführliche<br />
Gespräche über die Berufsfindung geführt.<br />
31 5.0 1.2 Familie<br />
Ich habe genug Geld, um Dinge zu kaufen,<br />
die ich gerne hätte.<br />
31 3.7 1.6 Finanzen<br />
Es gibt eine Freizeittätigkeit, bei welcher ich mit<br />
Leidenschaft dabei bin.<br />
31 5.1 1.3 Freizeit<br />
Ich fühle mich körperlich gesund. 31 4.9 1.0 Gesundheit<br />
Ich fühle mich psychisch gesund. 31 4.8 1.4 Gesundheit<br />
Meine Kollegen und Freunde bedeuten mir viel. 31 5.6 0.7 Peers<br />
Wenn ich Probleme habe, gibt es jemanden,<br />
der mir hilft.<br />
31 5.3 1.0 Peers<br />
Meine Kollegen und Freunde unterstützen mich<br />
bei meiner Berufsfindung.<br />
31 4.1 1.4 Peers<br />
Mir gefällt es in der Stadt/im Dorf, wo ich wohne. 31 5.2 1.2<br />
Regionale<br />
Verbundenheit<br />
Ich erledige mir gestellte Aufträge mit hoher Zuverlässigkeitkompetenzen<br />
Selbst-<br />
31 5.0 0.8<br />
Ich denke, dass ich viele Stärken habe. 31 4.7 1.1<br />
Selbstkompetenzen<br />
Ich übernehme gerne Verantwortung. 31 4.8 1.0<br />
Selbstkompetenzen<br />
Ich bin überzeugt, dass mir wichtige Sachen,<br />
Selbstkompetenzen<br />
31 4.8 1.1<br />
die ich anpacke, gut gelingen.<br />
Ich kann gut mit Leuten aus anderen Kulturen<br />
Umgang mit<br />
31 5.5 0.7<br />
umgehen.<br />
fremden Kulturen<br />
Ich habe keine Mühe, andere Kulturen zu verstehen.<br />
fremden Kulturen<br />
Umgang mit<br />
31 5.2 1.1<br />
Ich fühle mich in der Wohnung/dem Haus wohl,<br />
in welcher/m ich wohne.<br />
31 5.6 0.8 Wohnen<br />
Ich weiss, welchen Beruf ich einmal ausüben will. 31 4.6 1.5<br />
Berufsbildung<br />
(Sicherheit)<br />
Ich weiss nicht so recht, was ich tun soll, um den<br />
Berufsbildung<br />
31 4.3 1.7<br />
richtigen Beruf zu finden.<br />
(Sicherheit)<br />
Ich habe eine klare Vorstellung, welche Berufe<br />
Berufsbildung<br />
31 4.6 1.6<br />
ich erfolgreich ausüben könnte.<br />
(Sicherheit)<br />
Ich denke oft darüber nach, welchen Beruf ich<br />
Berufsbildung<br />
31 4.0 1.9<br />
einmal ausüben könnte.<br />
(Exploration)<br />
Ich habe mich bereits über mehrere Berufe<br />
Berufsbildung<br />
31 4.7 1.4<br />
informiert.<br />
(Exploration)<br />
72
Befragte Akteure<br />
Andrea Brunner, Teamleiterin und Berufsberaterin, Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung Breitenbach.<br />
Damaris Bussmann, Berufsberaterin, Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung <strong>Solothurn</strong>.<br />
Sybille Haberthür, Berufsberaterin, Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung Olten.<br />
Ruedi Zimmerli, Leiter, Lehraufsicht <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong><br />
Dominik Studer, Berufsinspektor, Lehraufsicht <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong><br />
Beat Pahud, Abteilungsleiter und Berufsschullehrer, Berufsbildungszentrum <strong>Solothurn</strong>-Grenchen<br />
Heinz Flück, Koordinator Brückenangebote, Berufsbildungszentrum Olten<br />
Roland Kohler, Geschäftsleiter, Step4 Motivationssemester<br />
Sämi Minder, Coach, Step4 Motivationssemester<br />
Fanny Schläppi, Sozialarbeiterin, Sozialregion Wasseramt Süd<br />
Beatrice Zürcher, Sozialarbeiterin, Sozialregion Dorneck<br />
Sandra Reichen, Teamleiterin berufliche Eingliederung, IV-Stelle <strong>Solothurn</strong><br />
Denise Aeschimann, Eingliederungsfachfrau, IV-Stelle <strong>Solothurn</strong><br />
73