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Zwischenbericht Evaluation - Kanton Solothurn

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Berner Fachhochschule<br />

Soziale Arbeit<br />

Case Management Berufsbildung (CM BB) <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong><br />

<strong>Evaluation</strong><br />

<strong>Zwischenbericht</strong> zur Periode März 2010 bis Mai 2013<br />

Definitive Version<br />

30. September 2013<br />

Bearbeitung<br />

Berner Fachhochschule<br />

Hallerstrasse 10, 3012 Bern<br />

Prof. Dr. Dieter Haller<br />

Barbara Erzinger, MA<br />

Florentin Jäggi, MA<br />

Marianne Glanzmann, BA


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einführung 4<br />

1.1 <strong>Evaluation</strong>sgegenstand und <strong>Evaluation</strong>sziele 4<br />

1.2 Untersuchungsschritte 6<br />

1.3 Theoretische Verankerung – Modell des Unterstützungsprozesses 7<br />

2 Merkmale der Jugendlichen und jungen Erwachsenen im CM BB 9<br />

2.1 Ressourcentypen der CM BB -Klientel 9<br />

Jugendliche mit Kompetenzlücken 9<br />

Jugendliche mit inneren Konflikten 10<br />

Jugendliche mit zerbrochenem Lebensentwurf 11<br />

Zurückgezogene Jugendliche 11<br />

Zwischenfazit: Ressourcentypen 12<br />

2.2 Soziodemografische Merkmale der CM BB -Klientel 13<br />

Ausbildungssituation 13<br />

Alter, Geschlecht, Nationalität, Wohnort 14<br />

Zwischenfazit: Soziodemografische Merkmale der Klientel 17<br />

2.3 Ressourcen- und Defizite-Lage der CM BB-Klientel 18<br />

Ressourcenlage in zehn Lebensbereichen 18<br />

Unterschiedliche Ressourcenlagen 19<br />

Zwischenfazit: Ressourcen- und Defizite-Lage der CM BB -Klientel 20<br />

3 Merkmale des CM-Unterstützungsprozesses 21<br />

3.1 Unterstützungskategorien im CM BB 21<br />

Anleiten 21<br />

Arbeiten am beruflichen Entwurf 22<br />

Beziehungsarbeit 22<br />

Strukturieren 23<br />

Lotsen 23<br />

Zwischenfazit: Unterstützungskategorien im CM BB 24<br />

3.2 Merkmale des Prozessverlaufs 26<br />

Zuweisende Institutionen 26<br />

Aufnahme ins CM BB 27<br />

Fallstatus am Stichtag 29<br />

Dauer der abgeschlossenen Fälle 29<br />

Vorzeitige Abschlüsse 30<br />

Anschlusslösungen 31<br />

Zwischenfazit: Merkmale des Prozessverlaufs 31<br />

4 Akteure im Unterstützungsnetz 33<br />

4.1 Unterstützungsnetz der Jugendlichen und jungen 33<br />

Erwachsenen 33<br />

Einführung 33<br />

Häufig genannte institutionelle Akteure, Kontaktintensität und Bedeutung der Kontakte 35<br />

Akteursdichte 37<br />

Unterstützung durch Privatpersonen 38<br />

Zwischenfazit: Das Unterstützungsnetzwerk der Jugendlichen und jungen Erwachsenen 39<br />

2


4.2 CM BB im Unterstützungsnetz 40<br />

Leistungen des institutionellen Unterstützungsnetzes 40<br />

Zielsetzung, Vorgehen und Auswahl der interviewten Akteure 43<br />

Schriftliche Einschätzung der Akteure 43<br />

CM BB im Institutionennetz 43<br />

Kooperationen im Unterstützungsnetz 44<br />

Individuelle Fallarbeit im CM BB 47<br />

Lücken im System 48<br />

Zwischenfazit: CM BB im Unterstützungsnetz 49<br />

5 Wirkungen des CM BB 51<br />

5.1 Wirkungskategorien im CM BB 51<br />

Kompetenzzuwachs 51<br />

Konkretisierung der Berufsvorstellung 51<br />

Stabilisierung 52<br />

Stagnation 52<br />

Zwischenfazit: Wirkungskategorien 53<br />

5.2 Berufsbildungsstatus 54<br />

Zwischenfazit: Berufsbildungsstatus 57<br />

6 Zusammenfassung, Folgerungen und Ausblick 58<br />

6.1 Merkmale der Jugendlichen und jungen Erwachsenen 58<br />

6.2 Merkmale des Unterstützungsprozesses 59<br />

6.3 Unterstützungsnetz 61<br />

6.4 Wirkungen 62<br />

6.5 Fazit 63<br />

6.6 Empfehlungen 64<br />

Strategische Positionierung 64<br />

Aufnahmekriterien 64<br />

Informations- und Sensibilisierungsarbeit 64<br />

Fallarbeit 65<br />

6.7 Ausblick 65<br />

7 Tabellenverzeichnis 66<br />

8 Abbildungsverzeichnis 66<br />

9 Literaturverzeichnis 67<br />

10 Anhang 68<br />

Untersuchungsfragen der <strong>Evaluation</strong> 68<br />

Detaillierte tabellarische Darstellungen 70<br />

Befragte Akteure 73<br />

3


1 Einführung<br />

Der Fachbereich Soziale Arbeit der Berner Fachhochschule führt die <strong>Evaluation</strong> des Case Management Berufsbildung<br />

(CM BB 1 ) im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> durch. Im hier vorliegenden <strong>Zwischenbericht</strong> werden die Resultate<br />

zu folgenden Themenbereichen dargestellt:<br />

- Merkmale der erreichten Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

- Ressourcentypen bzw. Ressourcen-/Defizitelage der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

- Merkmale des Unterstützungsprozesses (Aufnahmeprozess ins CM BB und Dauer der Unterstützung)<br />

- Institutionelle Unterstützungsnetze der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

- Bedeutung des CM BB im Institutionennetz aus Sicht der institutionellen Akteure<br />

- Veränderung des Berufsbildungsstatus der Jugendlichen und jungen Erwachsenen als erste Hinweise<br />

auf die Wirkung des CM BB<br />

- Detailerkenntnisse zum Unterstützungsprozess und den Wirkungen im CM BB anhand der Fallstudien<br />

1.1 <strong>Evaluation</strong>sgegenstand und <strong>Evaluation</strong>sziele<br />

Im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> wurden in den Jahren 2005 bis 2009 jeweils zwischen 170 und 220 Jugendliche ohne<br />

Anschlusslösung nach der Volksschule registriert. Weiter brechen jährlich 100 bis 150 Jugendliche eine Zwischenlösung<br />

oder eine Ausbildung auf Sekundarstufe II ab (ABMH 2010). Verschiedene Studien belegen,<br />

dass Jugendliche, die den Einstieg in die Berufsausbildung nicht schaffen, öfters über mehrere Jahre ohne<br />

Ausbildungsabschluss bleiben. Gleichzeitig sind Menschen ohne Ausbildung auf Sekundarstufe II überdurchschnittlich<br />

hoch gefährdet, längerfristig auf staatliche Unterstützungsleistungen angewiesen zu sein.<br />

Der <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> verstärkte bereits 2004 die Massnahmen zur Linderung der Jugendarbeitslosigkeit.<br />

2007 war <strong>Solothurn</strong> einer der ersten <strong>Kanton</strong>e, dessen Regierung die Ausarbeitung eines Konzeptes zur Umsetzung<br />

des CM BB beschloss (<strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> 2007). Die operative Umsetzung des CM BB erfolgte ab<br />

dem Frühjahr 2010. Die Leitplanken dieser Umsetzung sind im kantonalen Umsetzungskonzept vom 12.<br />

März 2010 beschrieben (ABMH 2010).<br />

Das CM BB wird als Fachstelle des Amtes für Berufsbildung, Mittel- und Hochschulen betrieben. Zurzeit<br />

stehen drei Case Manager/innen im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> im Einsatz. Das Angebot richtet sich an Jugendliche<br />

ab dem 7. Schuljahr und an junge Erwachsene bis zum vollendeten 24. Altersjahr. Die Teilnahme am Angebot<br />

ist freiwillig. Im Fokus stehen insbesondere junge Menschen in mehrfach problematischen Situationen.<br />

Neben den drohenden Ausbildungslücken sind die Jugendlichen und jungen Erwachsenen von sozialen,<br />

psychischen und/oder gesundheitlichen Problemen betroffen. Die inhaltlichen Zielsetzungen des CM BB<br />

können wie folgt zusammengefasst werden:<br />

1. Die Identifikation, Beratung und Begleitung von Jugendlichen in komplexen Situationen, wenn der Ausbildungserfolg<br />

gefährdet ist; insbesondere auch die Begleitung der Jugendlichen während der Übergänge<br />

(z.B. Übergang Volksschule – Berufsausbildung).<br />

2. Vernetzung und Koordination der bestehenden Unterstützungsaktivitäten der Schulen und Lehrbetriebe<br />

sowie der bestehenden Institutionen und Projekte der Sektoren Bildung, Soziales und Gesundheit, welche<br />

die Jugendlichen und jungen Erwachsenen informieren, begleiten und beraten.<br />

1 Wird in diesem Bericht vom Case Management Berufsbildung als Angebot gesprochen, wird der Begriff CM BB verwendet. Bezieht sich eine Aussage auf<br />

das Case Management als Methode, wird der Begriff CM verwendet.<br />

4


Das Amt für Berufsbildung, Mittel- und Hochschulen des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> beauftragte die Berner Fachhochschule<br />

(BFH) mit der Durchführung der <strong>Evaluation</strong>. Das <strong>Evaluation</strong>sprojekt nimmt auf die oben zusammengefassten<br />

Zielsetzungen des CM BB Bezug, indem die Untersuchungsschritte zum einen die Fallebene,<br />

das heisst die Ebene der individuellen Unterstützung, und zum andern die institutionelle Ebene, die Ebene<br />

der Kooperation der unterstützenden Institutionen, fokussieren. Das <strong>Evaluation</strong>sprojekt wird in den Jahren<br />

2012 bis 2014 bearbeitet. Die Berichterstattung erfolgt in einem <strong>Zwischenbericht</strong>en per 30. September 2013<br />

sowie dem Schlussbericht per Mitte 2014.<br />

Übergeordnete Zielsetzungen der <strong>Evaluation</strong><br />

I. Erarbeiten von Erkenntnissen als Grundlage für die Diskussionen und die Entscheidung über die Weiterführung<br />

des CM BB im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong><br />

II. Erarbeiten von Erkenntnissen, die der laufenden Weiterentwicklung des CM BB in Zukunft dienen<br />

Teilziele Ebene Zielgruppe (Jugendliche/junge Erwachsene)<br />

I. Darstellen und Quantifizieren der Merkmale der erreichten Jugendlichen und jungen Erwachsenen, insbesondere<br />

der bisherigen Bildungskarriere<br />

II. Darstellen der Verlaufsmuster der Unterstützungs- und der Berufsbildungsprozesse der Jugendlichen/jungen<br />

Erwachsenen nach Eintritt ins CM BB mit besonderem Fokus auf Interventionen und Wirkungen<br />

III. Bewerten der Leistungen des CM BB im Hinblick auf die Akzeptanz bei den Klient/innen und Mitarbeitenden<br />

IV. Exemplarische Berechnung fallbezogener Kostenersparnisse<br />

Teilziele Ebene Unterstützungssystem<br />

I. Überprüfen der Prozesse zur Aufnahme von Jugendlichen/jungen Erwachsenen ins CM BB<br />

II. Darstellen der Leistungen, des Nutzens und der Innovation des CM BB aus der Perspektive des Gesamtunterstützungssystems<br />

im Bereich der Berufsbildung und sozialen Sicherung Jugendlicher und<br />

junger Erwachsener. Insbesondere das Untersuchen von den, mit dem CM BB ausgelösten, Entwicklungsschritten<br />

bzgl. der Kooperation und des Informationsaustausches der beteiligten Institutionen<br />

sowie das Untersuchen möglicher Synergie-Effekte in der Leistungserbringung bzw. der Vermeidung<br />

von „Doppelspurigkeiten“.<br />

III. Überprüfen der organisatorischen Einbettung des CM BB im kantonalen Gefüge der Institutionen, die in<br />

den Bereichen Bildung, Soziales und Gesundheit Leistungen an Jugendliche und junge Erwachsene erbringen.<br />

5


1.2 Untersuchungsschritte<br />

Die <strong>Evaluation</strong> umfasst die in Tabelle 1 aufgezeigten Untersuchungsschritte, welche nachfolgend kurz erläutert<br />

werden:<br />

Tabelle 1: <strong>Evaluation</strong>sschritte<br />

Anzahl<br />

Fälle<br />

Erhebungszeitraum<br />

CaseNet-Daten<br />

303 1.3.2010 –<br />

(Fallsystem CM BB)<br />

31.5.2013<br />

Schriftliche und Online 31 1.6.2012 –<br />

Befragung<br />

31.5.2013<br />

Interviews Jugendliche 7 Sept. 2012 –<br />

Mai 2013<br />

Interviews Akteure 13 Mai – Juni<br />

2013<br />

Merkmale<br />

Jugendliche<br />

Merkmale<br />

Unterstützung<br />

Unterstützungsnetz<br />

Wirkungen<br />

x x x<br />

x<br />

X<br />

x x x<br />

X<br />

- Ein Teil der für die <strong>Evaluation</strong> notwendigen Grundlagen-Daten werden mit dem Fallführungssystem<br />

CaseNet erhoben. Diese beinhalten soziodemographische und bildungsbiographische Daten, Angaben<br />

zu den Merkmalen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, zur Art und Menge der im<br />

CM BB erbrachten Leistungen sowie zu den erreichten Entwicklungsschritten. Für den vorliegenden<br />

<strong>Zwischenbericht</strong> liegen Daten zu 303 Fällen vor, welche von März 2010 bis 31. Mai 2013 ins CM BB<br />

eingetreten sind (vgl. Kapitel 2.2, 3.2 und 5.2).<br />

- Mit einer Teilgruppe der CM BB-Klientel wurden schriftliche und Online-Befragungen durchgeführt.<br />

Themen sind die Ressourcen/Defizite der Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie Merkmale<br />

des CM BB-Unterstützungsprozesses und des institutionellen Unterstützungsnetzes. Die schriftliche<br />

Befragung (Ressource-Defizit-Profil im Kapitel 2.3) und die Online-Befragung (Unterstützungsnetz im<br />

Kapitel 4.1) fanden zwischen dem 1. Juni 2012 und 31. Mai 2013 statt. Sie erfolgten mit jedem bzw.<br />

jeder seither ins CM BB eintretenden Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen, welche/r nach Einschätzung<br />

der CM-Fachpersonen längerfristig im CM BB verbleibt. Die Befragungen fanden jeweils<br />

nach den ersten Gesprächen mit den Case Managenden statt. Inwiefern die 31 Befragten die Gesamtpopulation<br />

repräsentieren, zeigt sich in Tabelle 26 im Anhang. So ist die Repräsentativität der<br />

befragten Teilgruppe teilweise eingeschränkt. Es zeigt sich, dass sich unter den 31 Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen deutlich weniger Personen finden, welche in keiner Ausbildung sind oder<br />

einen Lehrabbruch zu verzeichnen haben, als in der Gesamtpopulation (25.9% vs. 44.6%). Dagegen<br />

ist ein deutlich grösserer Teil der Befragten (48.3% vs. 23.5%) in einer Ausbildung 2 . Ausserdem ist<br />

die Fallzahl noch relativ klein. Die Resultate in den hier genannten beiden Kapiteln sind daher unter<br />

Einbezug dieses Aspektes der Repräsentativität zu betrachten und lassen somit Aussagen über eine<br />

Teilgruppe der CM BB-Klientel zu.<br />

- Die qualitativen Fallstudien erlauben Detailerkenntnisse zu Strukturen des Unterstützungssettings, zu<br />

Leistungen der Beteiligten sowie zu Verlaufsmustern und Wirkungen zu generieren. Dafür wurden<br />

2 Zwischen dem 1. Juni 2012 und 31. Mai 2013 wurden insgesamt 94 Jugendliche und junge Erwachsene ins CM BB aufgenommen. Davon wurden 13<br />

Personen bereits nach wenigen Monaten aufgrund mangelnder Kooperationsbereitschaft, mangelnder Mehrfachproblematik oder Zuständigkeit durch eine<br />

andere Stelle wieder abgelöst und daher keine Befragung durchgeführt. Ausserdem wurden rund 30 Personen erst in den letzten zwei Monaten vor dem<br />

Stichtag neu beim CM BB angemeldet und konnten daher noch nicht befragt werden. Weitere 20 Jugendliche und junge Erwachsene konnten aus unterschiedlichen<br />

Gründen (noch) nicht befragt werden; so befinden sich die Personen noch in der Triage-Phase, es ist noch nicht abschätzbar, ob es sich um<br />

eine längerfristige Begleitung handeln wird oder aber die Personen können nicht mehr erreicht werden, weil das CM BB während einer beruflichen Massnahme<br />

eher im Hintergrund ist.<br />

6


zwischen September 2012 und Mai 2013 sieben Interviews mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

des CM BB durchgeführt (vgl. Kapitel 2.1, 3.1 und 5.1).<br />

- Zur Erfassung der Sichtweisen des Unterstützungssystems, also der Akteure des Bildungs-, Sozialund<br />

Gesundheitswesens, die als Zuweiser oder Leistungserbringer im Unterstützungsnetz der Klient/innen<br />

beteiligt sind, wurden neun Einzel- und Gruppeninterviews durchgeführt. Die Schlüsselpersonen<br />

wurden nach ihrer Einschätzung der Leistungen und Wirkungen des CM BB befragt (vgl.<br />

Kapitel 4.2).<br />

Die Berner Fachhochschule hat auch die <strong>Evaluation</strong>en der CM BB in den <strong>Kanton</strong>en Basel-Stadt und Zürich<br />

durchgeführt, wovon ein Schlussbericht (Haller & Hümbelin 2011) bzw. ein <strong>Zwischenbericht</strong> (Haller et al.<br />

2012) vorliegen. Daher werden die Resultate des CM BB <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> mit den Erkenntnissen aus diesen<br />

beiden <strong>Kanton</strong>en in Verbindung gebracht, um die Resultate besser einzuordnen. Wichtig ist zu bedenken,<br />

dass es sich bei den beigezogenen Erkenntnissen aus dem <strong>Kanton</strong> Basel-Stadt um die Resultate der<br />

ersten drei CM BB-Jahre mit Stand Mitte August 2011 handelt. Für den <strong>Kanton</strong> Zürich betreffen die Erkenntnisse<br />

lediglich das erste Beobachtungsjahr des CM BB mit Stand Anfangs 2012. Die Situation in diesen<br />

beiden <strong>Kanton</strong>en hat sich seither weiterentwickelt und würde aktuell mit Sicherheit anders aussehen.<br />

In Absprache mit den <strong>Kanton</strong>en <strong>Solothurn</strong> und Zürich wurden diese beiden <strong>Kanton</strong>e für die Fallstudienteile<br />

miteinander in Verbindung gebracht. So bildet die Datengrundlage der Fallstudien für den vorliegenden <strong>Zwischenbericht</strong><br />

15 Interviews mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus den <strong>Kanton</strong>en <strong>Solothurn</strong> und<br />

Zürich. Dank des Zusammenlegens der beiden Untersuchungsräume sind die Datenlage dichter und die<br />

Ergebnisse besser abgestützt. Gleichwohl wird in diesem Bericht die Spezifität des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> berücksichtigt.<br />

1.3 Theoretische Verankerung – Modell des Unterstützungsprozesses<br />

Die Zielsetzungen und Untersuchungsfragen legen nahe, dass die <strong>Evaluation</strong> des CM BB in einer Theorie<br />

verankert werden muss, welche sowohl die Situation der Klientinnen und Klienten (in diesem Fall die Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen) als auch die CM-Unterstützungsprozesse und die damit erreichten Ergebnisse<br />

erfasst. Das hier zugrunde gelegte Verständnis von Unterstützungsprozessen bezieht sich auf Konzepte<br />

der Interaktionistischen Soziologie, die in verschiedenen Forschungen zur Situation von Klientengruppen<br />

des Sozial- und Gesundheitswesens in der Schweiz weiter entwickelt worden sind (Haller 2006, 2007).<br />

Wie in Abbildung 1 dargestellt, wird das Interesse auf die Art und Weise gerichtet, wie die an einem Unterstützungsprozess<br />

Beteiligten als Handlungsgemeinschaft die Prozesse ausgestalten. Im CM BB besteht<br />

diese Handlungsgemeinschaft aus der/m Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen, den wichtigen Bezugspersonen<br />

aus Familie, Schule und Freizeit sowie verschiedenen Fachpersonen und Institutionen, des Bildungs-,<br />

Gesundheits- und Sozialwesens. Dazu kommt die CM-Fachperson.<br />

Der Unterstützungsprozess selbst lässt sich durch Merkmale wie Kontakthäufigkeit, Aufwand (z.B. Zeitaufwand<br />

von Fachkräften oder materielle Leistungen) Strukturiertheit, Zielorientierung und Beziehungsqualität<br />

charakterisieren. Forschungsergebnisse zeigen, dass in Unterstützungsprozessen Wirkungen verschiedener<br />

Art generiert werden: Zum einen sind dies sogenannte Statuswechsel, die einen Integrationsschritt mit<br />

Tragweite darstellen (z.B. Beginn einer EFZ- oder einer EBA-Ausbildung nach dem 10. Schuljahr oder einem<br />

Praktikum). Zum andern geht es um lebensweltliche Wirkungen, um kleinere Entwicklungsschritte der Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen (Haller 2011).<br />

7


Abbildung 1: CM BB - Modell des Unterstützungsprozesses<br />

Soziale und<br />

wirtschaftliche<br />

Bedingungen<br />

Klient/in<br />

(Jugendliche/r,<br />

junge/r<br />

Erwachsene/r)<br />

Ressourcen-/Defizitelage<br />

· Schul- und Berufsbildung<br />

· Lebensentwurf<br />

· Psychische und somatische<br />

Gesundheit<br />

· Soziale und kulturelle<br />

Vernetzung<br />

· Materielle Situation, Wohnen<br />

Anforderungen<br />

Z.B. Perspektive<br />

entwickeln; Cannabis-Konsum<br />

stoppen<br />

Strategien,<br />

Beiträge<br />

Z.B. Sich<br />

informieren,<br />

„Compliance“<br />

Schulbildungsund<br />

Berufsbildungs<br />

Prozess<br />

Prozessmerkmale<br />

· Häufigkeit der Kontakte mit CM BB und anderen Institutionen der Berufsbildung,<br />

sozialen Sicherung und Justiz<br />

· Strukturiertheit, Grad der Koordination<br />

· Zielorientierung<br />

· Beziehung Klient/in- Unterstützer: Prägung durch Verstehen und Vertrauen<br />

Wirkungen<br />

(Fallebene)<br />

Änderungen<br />

Ausbildungs- und<br />

Berufsstatus<br />

Lebensweltliche<br />

Wirkungen<br />

Soziale und<br />

wirtschaftliche<br />

Bedingungen<br />

Institutionen<br />

des Bildungs- und<br />

Sozialwesens<br />

Leistungen Z.B. der<br />

· Volksschule<br />

· Schulsozialarbeit<br />

· Brückenangebote<br />

· Berufsberatung<br />

· Arbeitsintegration,<br />

· Sozialhilfe usw.<br />

Leistungen CM<br />

Berufsbildung<br />

Kooperationsstrukturen im Unterstützungsnetzwerk<br />

Wirkungen<br />

(Systemebene)<br />

Unterstützung aus einer<br />

Hand, Vermiedene<br />

Doppelspurigkeiten,<br />

usw.<br />

Die Ausgangssituation der Klientel wird in diesem Model primär als Ressourcen-/Defizitlage der Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen konzeptualisiert. Abgestützt auf Theorien der Lebenswelt (Schütz 2003:<br />

200f, 327) und des Case Managements (Hofstetter 2007) werden Ressourcen und Defizite inhaltlich entlang<br />

der Dimensionen Schul- und Berufsbildung, Gesundheit, soziale und kulturelle Vernetzung, materielle Situation<br />

und Wohnen ausdifferenziert. Nebst diesen Lebensbereichen wird der Frage, inwiefern es den Klientinnen<br />

und Klienten gelingt, einen Lebensentwurf zu entwickeln, grosse Bedeutung beigemessen. Forschungsergebnisse<br />

zeigen, dass die „Sinndimension“, die sich durch die Präsenz unterschiedlich ausgeprägter Lebensentwürfe<br />

manifestiert, eine zentrale Grösse darstellt, wenn der Verlauf und der Erfolg von Unterstützungsprozessen<br />

analysiert werden (Haller 2007). Je nach Ressource-/Defizitelage stellen sich den Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen spezifische Anforderungen, zu deren Bearbeitung sie entsprechende Strategien<br />

entwickeln.<br />

Insgesamt bildet diese handlungsorientierte Konzeption von Unterstützungsprozessen eine geeignete begriffliche<br />

Grundlage, um das CM BB zu evaluieren – um die Prozesse und Wirkungen sowohl auf der Fallebene<br />

als auch auf der Ebene des Unterstützungssystems zu untersuchen.<br />

8


2 Merkmale der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

im CM BB<br />

Zur Darstellung der Merkmale der Jugendlichen und jungen Erwachsenen im CM BB werden in einem ersten<br />

Schritt die aus den Fallstudien erarbeiteten Ergebnisse zu den Ressourcen und Defiziten der Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen beschrieben. In einem zweiten Schritt werden die soziodemographischen Daten<br />

aller zwischen März 2010 und Mai 2013 ins CM BB Eingetretenen dargestellt. Das dritte Unterkapitel zeigt<br />

das Ressourcen-/Defizite-Profil von 31 befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen des CM BB auf.<br />

2.1 Ressourcentypen der CM BB -Klientel<br />

Die Ressourcenlage der Jugendlichen und jungen Erwachsenen lässt sich anhand der Situation in fünf Lebensbereichen<br />

bestimmen:<br />

- Schule/Ausbildung/Arbeit<br />

- somatische und psychische Gesundheit<br />

- kognitive und emotionale Kompetenzen (inkl. Lebensentwurf)<br />

- soziale Kompetenzen<br />

- existenzielle Lebensbedingungen<br />

Die Daten lassen auf vier unterschiedliche Konstellationen schliessen, wobei jeweils ein Lebensbereich oder<br />

eine Dynamik aus verschiedenen Lebensbereichen im Mittelpunkt steht. Diese Konstellationen werden im<br />

Folgenden als Ressourcentypen bezeichnet. Zur Klientel des CM BB gehören „Jugendliche mit Kompetenzlücken“,<br />

„Jugendliche mit inneren Konflikten“, „Jugendliche mit zerbrochenem Lebensentwurf“ sowie „zurückgezogene<br />

Jugendliche“. Von den sieben interviewten Personen in <strong>Solothurn</strong> ist eine Mehrheit den Jugendlichen<br />

mit Kompetenzlücken und eine Minderheit den Jugendlichen mit inneren Konflikten zuzuordnen. Jugendliche<br />

des dritten und vierten Typus finden sich hingegen ausschliesslich in der Zürcher Stichprobe. Es ist<br />

jedoch zu vermuten – und dies wurde im Gespräch mit den Case Managerinnen und Case Managern bestätigt<br />

–, dass auch in <strong>Solothurn</strong> Jugendliche des dritten und vierten Typus unterstützt werden. Jedoch konnten<br />

diese für ein Interview nicht erreicht werden.<br />

Jugendliche mit Kompetenzlücken<br />

Der Begriff der Kompetenzlücke weist darauf hin, dass diesen Jugendlichen Wissen und Fähigkeiten fehlen,<br />

um den Übergang in die Berufswelt zu schaffen. Bei den einzelnen Jugendlichen ist diese Lücke unterschiedlich<br />

gross. Viele haben zunächst Mühe, sich im Ausbildungssystem der Schweiz zurechtzufinden. Sie wissen<br />

wenig über die einzelnen Berufe, sind sich der Anforderungen der Berufe nicht bewusst und wissen kaum,<br />

wie und wo sie die nötigen Informationen einholen könnten. Zwar haben sie oft eine Vorstellung davon, welchen<br />

Beruf sie ergreifen möchten, doch ist diese vielfach wenig realistisch, weil sie nicht mit den eigenen<br />

Fähigkeiten abgeglichen wurde. Im Vergleich zu den Gleichaltrigen weisen sie zudem einen Rückstand hinsichtlich<br />

schulischen Wissens, Selbstkompetenzen und Reife auf. Beispiele dafür sind fehlende Deutschkompetenzen<br />

(Ausdruck, Wortschatz etc.) und eine gewisse Hilflosigkeit im Bewerbungsprozess (Telefonate, Erstellen<br />

von Bewerbungsdossiers, Bewerbungsgespräche). Erschwerend kommt hinzu, dass die Eltern sie in<br />

diesen Bereichen nicht unterstützen können. Allgemein ist das soziale Netz der Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen eher klein. Auch mit Gleichaltrigen haben sie wenig Kontakt. Förderlich sind demgegenüber die<br />

gute Gesundheit sowie die hohe Motivation und der starke Wille.<br />

Die Kompetenzlücken werden mit Blick auf die Biographie der Jugendlichen und jungen Erwachsenen verständlich.<br />

Für viele verlief die Schullaufbahn wenig erfolgreich. Ihre schulischen Leistungen waren eher unter<br />

9


dem Durchschnitt und entsprechend oft besuchten sie einen niedrigen Schultypus. Eine Ursache für diese<br />

Defizite liegt oftmals in der Bildungsferne des Elternhauses. Viele Jugendliche stammen aus Migrantenfamilien,<br />

die erst spät – oft in der Phase der Berufsfindung – in die Schweiz kamen. Die Betroffenen beklagen sich<br />

zudem darüber, dass sie aufgrund ihres Migrationshintergrunds, ihres niedrigen Schultypus und der durchlaufenen<br />

Integrationskurse diskriminiert werden. So haben sich die genannten Kompetenzlücken häufig während<br />

des Werdegangs der Jugendlichen und jungen Erwachsenen verfestigt und im Übergang in eine Berufsausbildung<br />

ein hinderliches Ausmass angenommen.<br />

Fallbeispiel Malik<br />

Die Kompetenzlücken von Malik sind während der Migrationsodyssee entstanden, die ihn und seine Familie<br />

nach der Emigration aus einem arabischen Staat durch verschiedene europäische Länder führte. Weil er erst<br />

als Jugendlicher in die Schweiz kam, kann er sich auf Deutsch weniger gut ausdrücken als seine gleichaltrigen<br />

Kolleginnen und Kollegen. Auch fehlen ihm Wissen und Kompetenzen, um sich auf dem Lehrstellenmarkt<br />

zurechtzufinden. Insbesondere das Schreiben von Bewerbungen und das Führen von Telefon- und Bewerbungsgesprächen<br />

bereiten ihm Schwierigkeiten. Diese Kompetenzlücken kommen beispielhaft in einem Zitat<br />

des Jugendlichen zum Ausdruck:<br />

„Wenn ich spreche, merken sie, dass ich nicht so lange hier bin. Wenn ich per Telefon anrufe, versuche ich<br />

manchmal, Schweizerdeutsch zu reden. Ich rede doch Schweizerdeutsch, aber dann reden die mit mir<br />

Hochdeutsch.“<br />

Dass ihn seine Eltern im Bereich der Berufsbildung nicht unterstützen können, kommt erschwerend hinzu.<br />

Und so sind seine Versuche, eine Lehrstelle zu finden, bisher gescheitert. Die vielen Misserfolgserlebnisse und<br />

die damit verbundenen Enttäuschungen haben bei Malik zu einer gewissen Resignation geführt. Auch fühlt er<br />

sich aufgrund seines Migrationshintergrunds diskriminiert.<br />

Jugendliche mit inneren Konflikten<br />

Dass die Berufsfindung bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen des zweiten Typus wenig fortgeschritten<br />

ist, hat mit ihren „inneren Konflikten“ zu tun. Diese entstehen aus dem Zusammenspiel verschiedener<br />

Lebensbereiche. In erster Linie fehlen ihnen bestimmte emotionale und kognitive Kompetenzen. So haben<br />

die Betroffenen zwar gewisse Vorstellungen davon, welchen Beruf sie ergreifen und was sie in ihrem Leben<br />

erreichen möchten, doch fällt es ihnen schwer, sich zu fokussieren und diese Vorstellungen umzusetzen. Ein<br />

junger Erwachsener erzählt bspw., dass er oft mit „sich selbst zu kämpfen“ habe und sich „durchbeissen“<br />

müsse. Die Umsetzungsschwierigkeiten und der fehlende Durchhaltewille sind auch dafür verantwortlich,<br />

dass die betreffenden Jugendlichen bestimmte Wissens- und Kompetenzlücken aufweisen. Hinzu kommen<br />

psychosomatische Symptome, die ihren Ursprung möglicherweise in ihrer wechselhaften Vergangenheit haben.<br />

Bei der Bewältigung der Probleme können sie dabei nicht auf die Unterstützung der Eltern zählen. Oft<br />

sind die Eltern-Kind-Beziehungen von Konflikten oder Distanz gekennzeichnet. Deutlich mehr Halt finden die<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Gruppe der Gleichaltrigen, d.h. bei ihren Peers und ihren Partnerinnen<br />

und Partner. Die starke Freizeit- und Peer-Orientierung kann im Berufsbildungsprozess aber auch<br />

zum Problem werden.<br />

Es ist zu vermuten, dass die inneren Konflikte und die Krisenhaftigkeit dieser Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

eine biographische Komponente haben. Zahlreiche Brüche charakterisieren ihren Lebenslauf.<br />

Dazu gehören Wechsel der Wohnform und des Wohnortes – von Heim zu Heim, vom Heim zu den Eltern und<br />

wieder zurück – sowie Schulwechsel und Schulabbrüche. Typisch ist gleichzeitig, dass sie ihre Erfahrungen<br />

auch als Ressourcen nutzen können. Einerseits sind sie persönlich gereift, andererseits haben sie ein starkes<br />

Unabhängigkeitsstreben entwickelt.<br />

10


Fallbeispiel Laura<br />

Die 16jährige Laura zählt zu den Jugendlichen mit inneren Konflikten. Wie die anderen Jugendlichen und<br />

jungen Erwachsenen dieser Gruppe, blickt auch sie auf eine wechselhafte Vergangenheit zurück. Brüche und<br />

Konflikte kennzeichnen insbesondere die Familiengeschichte und die Wohnsituation. Nach der Trennung ihrer<br />

Eltern lebte sie zeitweise bei der Mutter und zeitweise bei einer Pflegefamilie. Heute wohnt sie in einem Jugendheim.<br />

Auch die Schulzeit verlief unglücklich. Sie berichtet von Konflikten mit Lehrpersonen und Mobbingerfahrungen.<br />

Dass sie von ihren Eltern kaum Unterstützung erhält, macht die Situation nicht einfacher. Während<br />

sie vom Vater Ablehnung erfährt, kann sie von ihrer Mutter keine Hilfe erwarten, weil diese psychisch<br />

krank ist.<br />

Die aktuelle Situation von Laura ist kritisch. Sie steht kurz vor Abschluss des 9. Schuljahres und es ist keine<br />

Anschlusslösung in Sicht. Diese Situation führt sie einerseits auf ihre schwierige Kindheit und ihre schwierige<br />

Jugend zurück, andererseits auf ihre Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen. Diese hindern sie daran,<br />

ihre Vorstellungen und Ziele umzusetzen. Trotz dieser Belastungen verfügt sie über bestimmte Ressourcen:<br />

sie hat ein intaktes soziales Netz (Freund, Kollegen), vielfältige Interessen (z.B. Malen) und ein starkes<br />

Streben nach Unabhängigkeit. Im folgenden Zitat kommen die Unsicherheiten von Laura zum Ausdruck, aber<br />

auch ihr Wille, diese zu überwinden:<br />

„Was soll ich sagen, ich habe momentan recht zu kämpfen. Nicht zu wissen, was, wie, wo. Ich versuche es<br />

irgendwie. Ich sehe das Ziel, das ich habe und ich versuche es zu erreichen. Dafür stehe ich halt jeden Tag<br />

wieder auf und fange wieder von vorne an.“<br />

Wie die folgende Passage zeigt, kann sie ihre Stärke auch aus schwierigen Lebenserfahrungen ziehen. Sie<br />

helfen ihr, einen realistischen Blick auf das Leben zu werfen:<br />

„Ja, ich versuche, positiv zu sein, aber ich versuche auch, realistisch zu sein. Es ist nicht so, dass ich einfach<br />

nur Blümchen sehe (Lachen) […] Ich habe genug in meinem Leben erlebt, dass ich mein Leben nicht nur<br />

blümchenhaft sehe.“<br />

Jugendliche mit zerbrochenem Lebensentwurf<br />

Bei diesen Jugendlichen ist der Lebensentwurf die prägende Ressourcen- bzw. Defizitdimension. Der Lebensentwurf,<br />

den sie sich erarbeitet und über längere Zeit verfolgt haben, ist bei Eintritt ins CM BB gescheitert.<br />

Das Scheitern ist typischerweise mit dem Abbruch der Berufsausbildung verbunden. Zurückzuführen ist<br />

es in erster Linie auf körperliche Probleme (z.B. Rückenbeschwerden, Fussverletzung), die die Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen daran hindern, den Anforderungen ihrer Ausbildung gerecht zu werden. Die Betroffenen<br />

sind dadurch verunsichert und ihre Psyche ist angeschlagen. Zudem stehen sie vor der Herausforderung,<br />

einen neuen Lebensentwurf zu entwickeln oder ihren bestehenden Lebensentwurf anzupassen. Das<br />

stabile soziale Netz (insb. Freundschaftsbeziehungen) und aktive Freizeitbeschäftigungen helfen ihnen und<br />

strukturieren ihren Alltag.<br />

Vom zweiten Ressourcentyp – Jugendliche mit inneren Konflikten – unterscheiden sie sich insofern, als dass<br />

ihr Leben zuvor kaum von Brüchen gekennzeichnet war. Ihre Biographie und der Berufsfindungsprozess<br />

verliefen bis zum Auftreten der geschilderten Probleme und dem Abbruch der Ausbildung relativ konstant.<br />

Zurückgezogene Jugendliche<br />

Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen des letzten Typus verfügen über geringe Ressourcen bei gleichzeitiger<br />

Mehrfachproblematik. Im Zentrum stehen schwere psychische Beeinträchtigungen (u.a. Depressionen,<br />

Angststörungen) und damit verbundene Einschränkungen (z.B. Antriebslosigkeit). Diese wirken sich negativ<br />

auf die übrigen Lebensbereiche aus – und die übrigen Lebensbereiche wirken sich wiederum negativ auf<br />

die psychische Gesundheit aus. Wie die Bezeichnung des Typus bereits andeutet, ist der soziale Rückzug<br />

11


eine Folge bzw. eine Ursache der Erkrankung. Die Betroffenen haben kaum Kontakte zu Gleichaltrigen, üben<br />

keine Aussenaktivitäten aus und verbringen einen Grossteil ihrer Zeit vor dem Computer und dem Fernseher.<br />

Es fehlen eine feste Tagesstruktur und ein realistischer Lebensentwurf, so dass die Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen in einer „eigenen Welt“ leben.<br />

Die hochproblematische Situation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen bahnt sich bereits während der<br />

obligatorischen Schulzeit an. Einerseits sind ihre schulischen Noten unterdurchschnittlich, andererseits werden<br />

sie häufig Opfer von Mobbing. Die Betroffenen geben an, dass sie infolgedessen „schulmüde“ geworden<br />

sind und den Unterricht oft „geschwänzt“ haben. Auch mit anderen staatlichen bzw. sozialen Institutionen<br />

haben sie schlechte Erfahrungen gemacht (z.B. mit Brückenangeboten, Beiständen, Ärzten, Psychologen).<br />

Gleichzeitig äussern sie Reue über verpasste Chancen und nicht genutzte Hilfsangebote. Dem CM BB stehen<br />

sie zunächst skeptisch gegenüber.<br />

Zwischenfazit: Ressourcentypen<br />

Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die im Rahmen der Fallstudien befragt wurden, lassen sich in vier<br />

Gruppen einteilen: „Jugendliche mit Kompetenzlücken“, „Jugendliche mit inneren Konflikten“, „Jugendliche<br />

mit zerbrochenem Lebensentwurf“ und „zurückgezogene Jugendliche“. Die Bezeichnung des ersten Typs<br />

legt nahe, dass die betreffenden Jugendlichen im Vergleich mit ihren gleichaltrigen Kolleginnen und Kollegen<br />

im Rückstand sind. Die Kompetenzlücken (z.B. sprachliche Ausdrucksfähigkeit) erschweren ihnen den Übergang<br />

in eine nachobligatorische Ausbildung. Auch den Jugendlichen des zweiten Typus – „innere Konflikte“ –<br />

fehlen bestimmte Kompetenzen. Ihre Defizite liegen im Bereich des kognitiven und emotionalen. Sie haben<br />

Mühe, sich zu konzentrieren und zu fokussieren, so dass sie ihre Vorstellungen nicht umsetzen können. Bei<br />

den Jugendlichen und jungen Erwachsenen des dritten Typus ist der Entwurf das Hauptproblem. Weil sie<br />

ihren eingeschlagenen Weg abbrechen mussten (z.B. aufgrund eines Lehrabbruchs), müssen sie sich neu<br />

orientieren und einen neuen Entwurf entwickeln. Bei den „zurückgezogenen Jugendlichen“ sind mehrere Lebensbereiche<br />

defizitär, wobei psychische Erkrankungen prägend sind. Sie führen dazu, dass sich die Betroffenen<br />

aus dem sozialen Leben zurückziehen und die meiste Zeit vor dem PC oder Fernseher verbringen.<br />

Die sieben Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die in <strong>Solothurn</strong> befragt wurden, lassen sich zwei dieser<br />

Typen zuordnen. Die Mehrheit (5 Personen) bilden „Jugendliche mit Kompetenzlücken“. Diese Jugendlichen<br />

sind nicht von einer ausgeprägten Mehrfachproblematik in verschiedenen Lebensbereichen betroffen. Aufgrund<br />

ihrer Biographie (oft Migration, Bildungsferne) fehlen ihnen jedoch wichtige Kompetenzen, um den<br />

Sprung in die Berufswelt zu schaffen. Diese Erkenntnis, dass die Jugendlichen im CM BB <strong>Solothurn</strong> im Allgemeinen<br />

eher ressourcenstärker sind, aber Defizite in den Berufsbildungskompetenzen aufweisen, wird von<br />

anderen Untersuchungsergebnissen bestätigt. Die Auswertung der schriftlichen Befragungen zeigt, dass die<br />

durchschnittliche Ressourcenlage der Jugendlichen in <strong>Solothurn</strong> höher ist als diejenige der Jugendlichen in<br />

Zürich (vgl. Kapitel 2.3). Auch die Aussagen der Akteure im Unterstützungsnetz weisen darauf hin, dass neben<br />

den Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einer ausgeprägten Mehrfachproblematik Personen ein<br />

CM BB bedürfen, deren Bedarf sich eher auf spezifische Kompetenzlücken konzentrieren, welche sich im<br />

Verlauf des biographischen Werdegangs der Betroffenen verfestigt haben. Oft seien dies Jugendliche und<br />

junge Erwachsene, die mit schulischen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, von einer gewissen Orientierungslosigkeit<br />

und Unreife betroffen sind und in beruflichen Fragen von ihren Eltern nicht unterstützt werden können<br />

(vgl. Kapitel 4.2).<br />

Neben den fünf Jugendlichen mit „Kompetenzlücken“ finden sich unter den Interviewten auch zwei Personen<br />

mit „inneren Konflikten“. Diese Jugendlichen blicken einerseits auf eine schwierige Kindheit zurück (Ablehnung<br />

durch Eltern, Konflikte mit Lehrpersonen), andererseits haben sie aufgrund psychischer Labilität Schwierigkeiten,<br />

ihre Berufsvorstellungen umzusetzen. Obschon sich die sieben befragten Jugendlichen aus <strong>Solothurn</strong><br />

diesen zwei Typen zuordnen lassen, ist davon auszugehen, dass im CM BB auch Jugendliche anderer Typen<br />

begleitet werden.<br />

12


2.2 Soziodemografische Merkmale der CM BB -Klientel<br />

In diesem Kapitel wird auf die Merkmale der Jugendlichen und jungen Erwachsenen eingegangen. Die vorliegenden<br />

Auswertungen erfolgten auf der Datenbasis von 303 im Falldokumentationssystem CaseNet erfassten<br />

Personen, welche von März 2010 bis 31. Mai 2013 durch das CM BB im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> begleitet wurden.<br />

Ausbildungssituation<br />

Die Ausbildungssituation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei der Anmeldung für das CM BB zeigt,<br />

dass fast die Hälfte in keiner Ausbildung ist (24.3%) oder eine Lehre abgebrochen hat (20.3%). Somit kann<br />

festgehalten werden, dass sich 44.6% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei der Anmeldung in einer<br />

schwierigen Ausbildungssituation befinden. Diese Ausbildungssituation betrifft vor allem über 16-jährige Jugendliche<br />

und junge Erwachsene und steigt mit zunehmendem Alter.<br />

Tabelle 2: Ausbildung zum Zeitpunkt der CM BB -Anmeldung<br />

Anzahl In %<br />

Sekundarstufe I; besonderer Lehrplan 28 9.3<br />

Sekundarstufe I Normallehrplan; Grundansprüche 47 15.6<br />

Sekundarstufe I Normallehrplan; erweiterte Ansprüche 16 5.3<br />

Sekundarstufe I Normallehrplan; integrierte und<br />

kooperative Schulformen<br />

5 1.7<br />

Allgemeinbildende Schulen (v.a. Brückenangebote) 19 6.3<br />

Motivationssemester 6 2.0<br />

Praktika 6 2.0<br />

Sekundarstufe II; Eidg. Fähigkeitszeugnis EFZ 27 9.0<br />

Sekundarstufe II; Anlehre/Vorlehre 6 2.0<br />

Sekundarstufe II; Eidg. Berufsattest EBA 3 1.0<br />

Sekundarstufe II; Maturitätsschule, Fachmittelschulen (FMS) 2 0.7<br />

Lehrabbruch 61 20.3<br />

Nicht in Ausbildung 73 24.3<br />

31.9%<br />

10.3 %<br />

12.7%<br />

44.6%<br />

Anderes 2 0.7<br />

Total 301 100.0<br />

Fehlende Werte 2<br />

N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />

Rund ein Drittel besucht noch die Sekundarstufe I (31.9%), welche unterschiedliche Anspruchsstufen umfasst.<br />

Die Meisten besuchen die Sekundarschule mit Grundansprüchen (15.6%), wie die Werkklasse, Oberschule<br />

oder Sek B bzw. die Sekundarschule mit besonderem Lehrplan (9.3%). Ein kleinerer Anteil absolviert<br />

die Sekundarstufe mit erweiterten Ansprüchen (5.3%) wie die Sek E oder P (Progymnasium). Vereinzelt<br />

kommt die Anspruchsstufe von integrierten und kooperativen Schulformen (1.7%) wie der Rudolf Steiner<br />

Schule vor. Diese Ergebnisse zeigen, dass häufig Jugendliche und junge Erwachsene mit einem eher geringen<br />

Ausbildungsniveau das CM BB beanspruchen (vgl. auch Anhang Tabelle 25).<br />

13


Knapp ein Fünftel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen befindet sich beim Eintritt ins CM BB in einer<br />

Ausbildung auf Sekundarstufe II (12.7%). Darunter fällt vor allem ein Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis EFZ<br />

(9.0%), die Anlehre/Vorlehre (2.0%) bzw. ein Eidgenössisches Berufsattest EBA (1.0%) oder die Maturitätsbzw.<br />

Fachmittelschule (0.7%).<br />

Der Anteil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, welche bei der Anmeldung für das CM BB eine Übergangslösung<br />

wie eine allgemeinbildende Schule (v.a. Brückenangebot mit 6.3%), ein Motivationssemester<br />

oder ein Praktikum (je 2.0%) besuchen, ist mit 10.3% gering.<br />

Es ist zu erkennen, dass 2010 als das CM BB startete der Anteil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

mit Lehrabbruch bzw. in keiner Ausbildung nur bei einem Drittel lag. Am meisten befanden sich dann noch in<br />

der obligatorischen Schule (42.6%). 2011 stieg der Anteil Jugendlicher und junger Erwachsenen, welche sich<br />

bei Eintritt ins CM BB in einer schwierigen Ausbildungssituation befanden auf 50.5% und pendelte sich in den<br />

zwei darauffolgenden Jahren bei rund 40% ein.<br />

Wird die Ausbildungssituation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen im CM BB <strong>Solothurn</strong> mit jenen in<br />

den <strong>Kanton</strong>en Basel-Stadt und Zürich verglichen, so zeigt sich, dass im <strong>Kanton</strong> Zürich mit 25.9% weniger<br />

und in Basel mit 47.7% deutlich mehr Personen bei Eintritt ins CM BB in der obligatorischen Schule sind als<br />

im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong>. Im <strong>Kanton</strong> Basel wird sehr stark auf die Früherfassung 3 der Jugendlichen in der Volksschule<br />

gesetzt, während im <strong>Kanton</strong> Zürich bisher vor allem Jugendliche und junge Erwachsene ans CM BB<br />

gelangten, welche vom bestehenden Institutionennetz nicht aufgefangen werden konnten. Der <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong><br />

liegt in der Mitte (mit 31.9.%). Dies verdeutlicht sich auch beim Blick auf Jugendliche und junge Erwachsene,<br />

welche bei Eintritt ins CM BB keiner Ausbildung nachgehen oder eine Lehre abgebrochen haben.<br />

Während dieser Anteil im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> bei 44.6% liegt, ist dieser im <strong>Kanton</strong> Zürich bei 60.6%, in Basel<br />

bei 32.0% (vgl. Haller & Hümbelin 2011 bzw. Haller et al. 2012).<br />

Alter, Geschlecht, Nationalität, Wohnort<br />

Werden die Jugendlichen und jungen Erwachsenen im CM BB nach Alter gruppiert, machen die 16- bis 19-<br />

Jährigen mit 60.7% den grössten Anteil aus. Diese Gruppe befindet sich bei Eintritt ins CM BB zwischen dem<br />

Abschluss auf Sekundarstufe I und einer Ausbildung auf Sekundarstufe II. Jugendliche, welche 15-jährig und<br />

jünger sind sowie junge Erwachsene über 19-jährig machen jeweils einen geringeren Anteil aus (je ca. 20%).<br />

Die jüngste Person im CM BB ist 12 und die älteste 27 Jahre alt. Die oben gewonnenen Erkenntnisse zur<br />

Ausbildungssituation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei Eintritt ins CM BB widerspiegeln sich<br />

auch im Alter. So liegt der Anteil unter 16-Jähriger in Zürich tiefer, in Basel deutlich höher als im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong><br />

(vgl. Haller & Hümbelin 2011 bzw. Haller et al. 2012).<br />

Die Mehrheit der Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben ihre Eltern als gesetzliche Vertreter (67.3%)<br />

bzw. sind bereits volljährig und haben daher keine gesetzliche Vertretung mehr (30.3%). Einzelne Jugendliche<br />

sind bevormundet (2.4%).<br />

3 Unter Früherfassung wird das Erreichen der Jugendlichen in der 7./8. Klasse der obligatorischen Schulzeit verstanden.<br />

14


Tabelle 3: Alter<br />

Anzahl In %<br />

12-jährig 1 0.3<br />

13-jährig 3 1.0<br />

14-jährig 12 4.0<br />

15-jährig 48 15.8<br />

16-jährig 59 19.5<br />

17-jährig 54 17.8<br />

18-jährig 47 15.5<br />

19-jährig 24 7.9<br />

20-jährig 17 5.6<br />

21-jährig 16 5.3<br />

22-jährig 10 3.3<br />

23-jährig 5 1.7<br />

24-jährig 2 0.7<br />

25-jährig 4 1.3<br />

27-jährig 1 0.3<br />

Total 303 100.0<br />

N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />

21.1%<br />

%<br />

60.7%<br />

18.2%<br />

%<br />

Die Mehrheit der begleiteten Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind männlich (54.5%), womit die jungen<br />

Frauen etwas weniger als die Hälfte ausmachen (45.5%).<br />

Rund zwei Drittel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen im CM BB sind Schweizer Staatsangehörige<br />

(62.4%). Mit 37.6% liegt der Anteil an ausländischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen im CM BB deutlich<br />

über dem Anteil der <strong>Solothurn</strong>er Bevölkerung im Alter von 15 bis 24 Jahren (21.3%) (BFS 2011). 11.9%<br />

der Jugendlichen und jungen Erwachsenen stammen aus aussereuropäischen Staaten. Die übrigen Personen<br />

mit ausländischer Nationalität verteilen sich mit kleineren Anteilen auf die europäischen Einwanderungsländer<br />

Türkei, Ex-Jugoslawiens (Kosovo, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Serbien), Italien, übriges<br />

Osteuropa (Albanien, Polen, Bulgarien, Rumänien und Ungarn) und Deutschland (vgl. auch Tabelle 24).<br />

Tabelle 4: Nationalität<br />

Anzahl In %<br />

Schweiz 189 62.4<br />

Aussereuropäische Staaten 36 11.9<br />

Türkei 29 9.6<br />

Ex-jugoslawische Staaten 23 7.6<br />

Italien 13 4.3<br />

Übriges Osteuropa 8 2.6<br />

Deutschland 5 1.7<br />

Total 303 100.0<br />

N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />

15


Die 114 Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit verfügen zu<br />

67.6% über eine Niederlassungsbewilligung C. 21 Jugendliche haben eine Jahresaufenthaltsbewilligung B<br />

(18.9%) und 11 begleitete Jugendliche sind vorläufig aufgenommen (Ausweis F, 9.9%). Einzelne Personen<br />

zählen zu den Kurzaufenthalter bzw. Asylsuchenden (2.7%).<br />

Eine grosse Mehrheit der Jugendlichen und jungen Erwachsenen lebt seit der Geburt in der Schweiz (78.1%).<br />

7.3% sind vor dem fünften Lebensjahr in die Schweiz gekommen und wurden von Beginn an hier eingeschult.<br />

8.0% zogen im Primarschulalter zwischen fünf und elf Jahren in die Schweiz. Bei den 6.6%, welche<br />

bei der Einreise in die Schweiz älter als 11 Jahre waren, dürfte die Integration in das Schweizer Schulsystem<br />

mit besonders grossen Herausforderungen verbunden gewesen sein.<br />

Tabelle 5: Alter bei Einreise in die Schweiz<br />

Anzahl In %<br />

Seit Geburt 225 78.1<br />

< 5 Jahre alt 21 7.3<br />

5-11 Jahre alt 23 8.0<br />

> 11 Jahre alt 19 6.6<br />

Total 288 100.0<br />

Fehlende Werte 15<br />

N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />

Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen verteilen sich wie in Tabelle 6 ersichtlich auf die zehn Bezirke des<br />

<strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> (98.3%) und einzelne nahe Gemeinden im <strong>Kanton</strong> Bern (1.7%). Ein Viertel der Klientel<br />

wohnt im Bezirk Wasseramt (24.8%). Aus den Bezirken Olten (19.8%) und Lebern (18.5%) werden ebenfalls<br />

häufig Jugendliche und junge Erwachsene begleitet. Etwa halb so viele sind jeweils in den Bezirken Gösgen<br />

(7.9%), Dorneck (6.6%), <strong>Solothurn</strong> (6.3%) und Gäu (5.6%) wohnhaft. Die übrigen Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen verteilen sich auf die Bezirke Thierstein (4.3%), Thal (3.3%) und Bucheggberg (1.3%).<br />

Tabelle 6: Wohnorte nach Bezirken<br />

Bezirk Anzahl In %<br />

Wasseramt 75 24.8<br />

Olten 60 19.8<br />

Lebern 56 18.5<br />

Gösgen 24 7.9<br />

Dorneck 20 6.6<br />

<strong>Solothurn</strong> 19 6.3<br />

Gäu 17 5.6<br />

Thierstein 13 4.3<br />

Thal 10 3.3<br />

<strong>Kanton</strong> Bern 5 1.7<br />

Bucheggberg 4 1.3<br />

Total 303 100.0<br />

N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />

16


Zwischenfazit: Soziodemografische Merkmale der Klientel<br />

Die Ausbildungssituation der 303 erfassten Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei Eintritt ins CM BB<br />

zeigt, dass sich zu diesem Zeitpunkt knapp die Hälfte in einer schwierigen Lage oder Krise befinden, da sie<br />

keine Ausbildung absolvieren oder eine Lehre abgebrochen haben (44.6%). Ein weiterer Drittel der Begleiteten<br />

besucht noch die Sekundarstufe I (31.9%), 12.7% befinden sich bereits in einer Ausbildung der Sekundarstufe<br />

II. Personen in einer Übergangslösung (Brückenangebot, Motivationssemester, Praktikum) machen<br />

einen geringen Anteil aus. Dieses Bild zeigt, dass einerseits mit der Früherfassung der Jugendlichen am Ende<br />

der Volksschule und andererseits der Erfassung von jungen Erwachsenen zu einem späteren Zeitpunkt im<br />

Übergang in eine Berufsausbildung, eine grosse Spannbreite an Jugendlichen und jungen Erwachsenen erreicht<br />

wird.<br />

Die erfassten Jugendlichen sind grösstenteils im Alter zwischen einem Abschluss auf Sekundarstufe I und<br />

einer Ausbildung auf Sekundarstufe II, also zwischen 16 und 19 Jahren alt. Die gesamte Spannbreite der<br />

Klientel reicht von 12- bis 27-jährig. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind mehrheitlich männlichen<br />

Geschlechts (54.5%) und Schweizer Staatsangehörige (62.4%). Der Anteil ausländischer Nationalitäten liegt<br />

damit über jenem der 15- bis 24-jährigen Wohnbevölkerung des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> (BFS 2011), wobei<br />

85.4% der Klientel bereits seit der Geburt oder im Vorschulalter in der Schweiz leben. 14.6% reisten erst<br />

während der Schulzeit ein. Der relativ hohe Anteil Jugendlicher aus einer Sekundarstufe mit Grundansprüchen<br />

(vgl. auch Tabelle 22 im Anhang) und Jugendlicher mit Migrationshintergrund zeigt die Wichtigkeit des<br />

CM BB für diese Klientengruppe auf.<br />

Der grösste Teil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind in Gemeinden der Bezirke Wasseramt, Olten<br />

und Lebern wohnhaft. Jugendliche und junge Erwachsene aus den städtischen Zentren des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong><br />

(<strong>Solothurn</strong>, Olten, Grenchen) und deren Agglomeration machen einen grösseren Anteil aus beim CM<br />

BB als die Personen aus den ländlichen Gebieten.<br />

17


2.3 Ressourcen- und Defizite-Lage der CM BB-Klientel<br />

Die Ergebnisse in diesem Abschnitt basieren auf Selbsteinschätzungen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen.<br />

Für die Auswertung liegen am Stichtag (31.5.2013) Angaben von 31 Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen vor. Bei den 31 Befragten handelt es sich um eine Teilgruppe der seit dem 1. Juni 2012 ins CM<br />

BB aufgenommenen Personen (vgl. auch Kapitel 1.2). Aufgrund der Repräsentativitätsproblematik dürfte die<br />

hier dargestellte Ressourenlage besser ausfallen, als dies für die gesamte CM BB -Population der Fall wäre,<br />

da die Ausbildungssituation der Befragten bei Eintritt ins CM BB besser ist als von der Gesamtpopulation.<br />

Ressourcenlage in zehn Lebensbereichen<br />

Das CM BB zeichnet sich durch eine mehrdimensionale Herangehensweise an die Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen aus. Daher ist es von Interesse, von den Betroffenen zu erfahren, welche Bereiche eher als<br />

Ressourcen bzw. eher als Defizite wahrgenommen werden. Dafür wurden den Befragten 24 kurze Aussagen<br />

zu verschiedenen Lebensbereichen vorgelegt, die auf einer sechsstufigen Skala beurteilt wurden. Je höher<br />

der Wert, desto besser wird der entsprechende Lebensbereich im Mittel von allen Befragten bewertet.<br />

Die Ergebnisse werden verdichtet und anhand der folgenden elf Ressourcendimensionen beschrieben: Kultur,<br />

Gesundheit, Erleben von Sinn im Alltag, Familie, Peers, Regionale Verbundenheit, Wohnen, Finanzen,<br />

Freizeit, Berufsbildung und Selbstkompetenzen. Der Tabelle 27 im Anhang können die 24 vorgelegten Aussagen<br />

zu den elf Dimensionen und einige Kennzahlen dazu entnommen werden.<br />

Wie sich in Abbildung 2 zeigt, wird der Bereich Wohnen (5.6) besonders hoch bewertet, womit sich die Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen in ihrer Wohnumgebung besonders wohl fühlen. Ebenfalls über einer<br />

mittleren Bewertung von 5 liegen der Umgang mit und das Verständnis anderer Kulturen (5.2), die regionale<br />

Verbundenheit (5.2), die Familie (5.2) und die Leidenschaft für eine Freizeitbeschäftigung (5.1).<br />

Betreffend die Familie sollen die einzelnen Items differenziert betrachtet werden: So bedeutet den Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen die Familie viel (5.7), die Bewertung der familiären Unterstützung hinsichtlich<br />

der Berufsbildung fällt jedoch tiefer aus (5.0). Ebenfalls von Bedeutung sind die Peers (5.0). Diesen wird allgemein<br />

eine grosse Bedeutung beigemessen (5.6) und die Befragten fühlen sich von ihnen bei Problemen<br />

unterstützt (5.3). Hinsichtlich der Unterstützung der Peers bei der Berufsfindung fällt die Bewertung jedoch<br />

deutlich tiefer aus (4.1). Die Bewertung der Gesundheit liegt knapp unter 5, wobei die körperliche Gesundheit<br />

etwas besser eingeschätzt wird als die psychische.<br />

Die Selbstkompetenzen (Zuverlässigkeit, Verantwortungsübernahme, Stärken und Gelingen) (4.8) und das<br />

Erleben von Arbeitssinn (4.6) werden tiefer bewertet. Dies deutet darauf hin, dass das Vertrauen in die eigenen<br />

Fähigkeiten und das Konstruieren von Perspektiven bei der CM BB-Klientel beeinträchtigter ist als andere<br />

Lebensbereiche. Besonders tief fällt die Bewertung der vorhandenen Finanzen aus (3.7).<br />

Unter dem Bereich Berufsbildung werden fünf Items zur Berufswahlbereitschaft gefasst. Dabei geht es einerseits<br />

um die Exploration von Alternativen bei der Berufswahl durch das sich Informieren und Auseinandersetzen<br />

mit verschiedenen Berufen und andererseits um die Vorstellungen und Entschiedenheit – also der erlebten<br />

Sicherheit – bei der Berufswahl. Dies wiederum kann mehr oder weniger eine Ressource darstellen. Dieser<br />

Bereich wird mit 4.4 relativ tief eingeschätzt, wobei die Sicherheit der Berufswahl etwas besser bewertet<br />

wird als die Exploration von Alternativen.<br />

18


Abbildung 2: Mittlere Bewertung der Ressourcenlage unterschieden nach Lebensbereichen<br />

Kultur<br />

Selbstkompetenzen<br />

5.3<br />

Gesundheit<br />

4.8<br />

4.9<br />

Berufsbildung<br />

4.4<br />

Erleben von Sinn im Alltag<br />

4.6<br />

Freizeit<br />

5.1<br />

Finanzen<br />

3.7<br />

5.6<br />

Wohnen<br />

5.2<br />

Familie<br />

5<br />

Peers<br />

5.2<br />

Regionale Verbundenheit<br />

n=31, dargestellt sind Mittelwerte (Wertebereich: 1-6)<br />

Die durchschnittliche Ressourcenlage der befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong><br />

ist vergleichbar mit jener im <strong>Kanton</strong> Basel-Stadt und liegt somit höher als im <strong>Kanton</strong> Zürich. Insbesondere<br />

in den Bereichen Familie (4.1) und Wohnen (4.5) wie auch dem Erleben von Sinn im Alltag (3.9) liegt die<br />

Einschätzung im <strong>Kanton</strong> Zürich deutlich tiefer (Haller et al. 2012) als im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> (vgl. Abbildung 2).<br />

Diese Erkenntnisse decken sich wiederum mit den in den vorhergehenden Kapiteln konstatierten Ergebnissen<br />

der grösseren Bedeutung der Früherfassung in den <strong>Kanton</strong>en <strong>Solothurn</strong> und Basel-Stadt.<br />

Unterschiedliche Ressourcenlagen<br />

Bei der Bewertung der eigenen Ressourcen gibt es eine gewisse Spannbreite. Daher sollen in einem weiteren<br />

Schritt die Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach ihrer Ressourcenstärke unterschieden werden. Dafür<br />

wurde pro Person anhand des jeweiligen Mittelwertes aller 24 Frageitems ein Ressourcenscore gebildet.<br />

Theoretisch umfasst dieser den Wertebereich 1 (sehr tiefe Ressourcenlage) bis 6 (sehr hohe Ressourcenlage).<br />

Zur Differenzierung der Ressourcenlage werden die Ressourcenscores folgendermassen zugeteilt:<br />

- Tragfähige Ressourcenlage: Ressourcenscore > 5.5<br />

- Ressourcenlücken in mehreren Bereichen: Ressourcenscore = 4.0 - 5.49<br />

- Stark begrenzte Ressourcenlage: Ressourcenscore < 4.0<br />

19


Häufigkeiten<br />

Abbildung 3: Differenzierung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen anhand der Ressourcenlage (n=31)<br />

16.1% 9.7%<br />

Stark begrenzte<br />

Ressourcenlage<br />

74.2%<br />

Ressourcenlage<br />

mit Lücken<br />

Tragfähige<br />

Ressourcenlage<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

3<br />

2<br />

5<br />

16<br />

1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 5.0 5.5 6.0<br />

Ressourcenlage (Wertebereich 1-6)<br />

5<br />

0<br />

Aus Abbildung 3 ist ersichtlich, dass knapp 10% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine stark begrenzte<br />

Ressourcenlage in mehreren Lebensbereichen aufweist. Dabei sind die Beeinträchtigungen bei diesen<br />

Personen vor allem im Bereich der Gesundheit, den Finanzen und der Freizeit zu finden. Häufig betrifft<br />

dies junge Erwachsene.<br />

16.1% der begleiteten Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben eine tragfähige Ressourcenlage und<br />

verfügen somit in allen Lebensbereichen über relativ starke Ressourcen. Eine Ausnahme bildet auch bei diesen<br />

Personen der Bereich Berufsbildung, welcher tiefer bewertet wird.<br />

Der grösste Anteil macht mit 74.2% der Anteil jener Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus, welche eine<br />

Ressourcenlage mit Lücken aufweisen. Bei diesen Personen werden vor allem die Selbstkompetenzen, das<br />

Erleben von Sinn im Alltag, die Berufsbildung und die Finanzen tiefer bewertet.<br />

Zwischenfazit: Ressourcen- und Defizite-Lage der CM BB -Klientel<br />

Bei den hier befragten 31 Jugendlichen und jungen Erwachsenen handelt es sich um eine relativ ressourcenstarke<br />

Teilgruppe der CM BB-Klientel. Insbesondere die Bereiche Wohnen, Umgang mit Kulturen, regionale<br />

Verbundenheit, Freizeit, Familie und Peers werden hoch eingeschätzt. Dabei sind gerade in Bezug auf die<br />

Berufsbildung die Unterstützungsmöglichkeiten der Familie und Peers eingeschränkt. Die Gesundheit und die<br />

eigenen Fähigkeiten und Perspektiven (Selbstkompetenzen und Alltagssinn) werden tiefer bewertet. Deutlich<br />

tiefer werden der Bereich Berufsbildung und somit die Sicherheit und Auseinandersetzung mit der Berufswahl<br />

eingeschätzt. Vor allem auch die finanzielle Situation wird schlecht bewertet.<br />

Die Ausdifferenzierung der Ressourcenlage zeigt, dass zwei kleinere Teilgruppen mit stark begrenzter bzw.<br />

tragfähiger Ressourcenlage im CM BB sind. Die grösste Teilgruppe macht jene mit lückenhafter Ressourcenlage<br />

in den oben genannten tiefer bewerteten Lebensbereichen aus. Das CM BB erreicht folglich eine grosse<br />

Spannbreite von Jugendlichen und jungen Erwachsenen.<br />

20


3 Merkmale des CM-Unterstützungsprozesses<br />

Dieses Kapitel geht auf den CM-Unterstützungsprozess ein, indem in einem ersten Schritte anhand der Erkenntnisse<br />

aus den Fallstudien die Unterstützungskategorien und somit das Handeln im CM BB detailliert<br />

aufgezeigt wird. Im zweiten Teil dieses Kapitels werden die Kennzahlen zum Aufnahme- und Unterstützungsprozess<br />

im CM BB für alle 303 zwischen März 2010 und Mai 2013 eingetretenen Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen dargestellt.<br />

3.1 Unterstützungskategorien im CM BB<br />

Ein weiterer Schwerpunkt der Fallstudien liegt bei der Unterstützung, die das CM BB leistet. Unterstützungskategorien<br />

beschreiben in erster Linie die Interventionen der Case Managerinnen und Case Manager. Die<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen tragen mit ihrem Handeln aber ebenso zum Gelingen der Prozesse<br />

bei. Oft erfolgt die Unterstützung auch in der Interaktion.<br />

Analog zu den Ressourcentypen werden im Folgenden die verschiedenen Unterstützungskategorien beschrieben.<br />

Aus dem Analyseprozess geht hervor, dass sich die Unterstützung im CM BB mit fünf Kategorien<br />

beschreiben lässt: „Anleiten“, „Arbeiten am beruflichen Entwurf“, „Beziehungsarbeit“, „Strukturieren“ und<br />

Lotsen“. Meist bestehen Unterstützungsprozesse aus mehr als nur einer dieser Kategorien. Sie können nacheinander<br />

auftreten – im Sinne von Phasen – oder gleichzeitig auftreten – im Sinne von verschiedenen Leistungen.<br />

Dass die Hilfeprozesse mehrere Phasen und Unterstützungsarten enthalten können, hat verschiedene<br />

Ursachen. So ist die Jugendphase oft dynamisch. Auch haben einige Jugendliche Probleme in mehreren<br />

Lebensbereichen. Deswegen ist je nach Situation der Betroffenen eine oder mehrere Formen der Unterstützung<br />

gefragt.<br />

Anleiten<br />

Bei dieser Form der Unterstützung steht die Entwicklung von Kompetenzen im Bereich der Berufsbildung im<br />

Mittelpunkt. Die Rolle der Case Managerin bzw. des Case Managers ist mit derjenigen eines Coaches zu<br />

vergleichen. Ein wichtiger Bestandteil der Unterstützung ist das gemeinsame Üben. In den Gesprächen werden<br />

Bewerbungsbriefe und Lebensläufe verfasst und korrigiert, Bewerbungsdossiers erstellt sowie Telefonund<br />

Bewerbungsgespräche nachgespielt. Auch erhalten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen konkrete<br />

Tipps (z.B. Kleiderwahl bei Bewerbungsgesprächen, persönliches Überreichen der Bewerbung). Gleichzeitig<br />

wird von ihnen ein hohes Ausmass an Selbständigkeit und Eigeninitiative verlangt. Einen Grossteil der Arbeit<br />

müssen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen selbständig zuhause erledigen. Während der Gespräche<br />

wird vereinbart, welche Themen beim nächsten Mal angesprochen werden und welche Aufgaben sie bis<br />

dahin zu erledigen haben. Zu den Hausaufgaben gehören kleinere wie grössere Leistungen: das Suchen<br />

eines Bildes für die Titelseite der Bewerbung, das telefonische Vereinbaren von Schnupperlehren oder das<br />

Zusammenstellen des Bewerbungsdossiers. Auch erwarten die Case Managerinnen und Case Manager<br />

Rückmeldungen von den Jugendlichen, z.B. wie ein Bewerbungsgespräch verlaufen ist oder wie ihnen eine<br />

Schnupperlehre gefallen hat. Wenn sich die Jugendlichen nicht von sich aus melden, haken die Case Managerinnen<br />

und Case Manager nach. Die Kategorie des Anleitens enthält also auch Aspekte von Kontrolle. Der<br />

verpflichtende Charakter wird von den Jugendlichen durchaus geschätzt, weil es ihnen dadurch eher gelingt,<br />

ihre Ziele umzusetzen.<br />

21


Fallbeispiel Malik<br />

Aufgrund der Kompetenzlücken von Malik liegt ein Schwerpunkt der Unterstützung im Anleiten. Seine geringen<br />

Deutschkompetenzen beeinträchtigen das Schreiben von Bewerbungen. Wie das folgende Zitat zeigt,<br />

setzt sein Case Manager genau dort an:<br />

„Es läuft oft gleich ab. Lehrstellen suchen, Bewerbungen schreiben. Ich schicke sie dem Case Manager per<br />

E-Mail und er korrigiert sie. Dann schicke ich sie dem Betrieb.“<br />

Dadurch, dass der Case Manager die Bewerbungen gegenliest und Korrekturen anbringt, verbessert sich<br />

einerseits die Qualität der Bewerbungen, und andererseits erwirbt der Jugendliche zusätzliche Kompetenzen.<br />

Im Beispiel von Malik wird zudem der verpflichtende Charakter des Anleitens ersichtlich. Der Case Manager<br />

erwartet von Malik, dass er ihn darüber informiert, wie ihm eine Schnupperlehre gefallen hat, ob er Antwort<br />

auf eine Bewerbung erhalten hat oder wie ein Bewerbungsgespräch verlaufen ist. Wenn dies nicht geschieht,<br />

hakt er nach:<br />

„Ja, er erwartet den Anruf. Dann muss ich ihn zurückrufen. Wenn ich manchmal nicht angerufen habe, hat er<br />

mich zurückgerufen und gefragt, wie es gewesen ist.“<br />

Arbeiten am beruflichen Entwurf<br />

Eine weitere Kategorie, die die Unterstützung durch die Case Managerinnen und Case Manager auszeichnet,<br />

ist das gemeinsame Arbeiten am beruflichen Entwurf der Jugendlichen. Zwar werden vereinzelt auch Zukunftsvorstellungen<br />

in anderen Lebensbereichen – z.B. Familie – thematisiert, doch liegt der Fokus des CM<br />

BB klar auf der Berufsbildung. In den Gesprächen geht es zunächst um die aktuelle Situation der Jugendlichen<br />

und um ihre Berufsvorstellungen. Entwurfsarbeit ist einerseits dann gefragt, wenn Jugendliche keine<br />

oder unrealistische Berufsvorstellungen haben, und andererseits, wenn sie eine Ausbildung abbrechen mussten<br />

und einen neuen Weg finden müssen. Oft ist Entwurfsarbeit pragmatisch, weil es darum geht, die Wünsche<br />

und Potentiale der Jugendlichen mit den Anforderungen der Berufe und der aktuellen Situation auf dem<br />

Arbeitsmarkt abzustimmen. Dabei werden die Berufsvorstellungen teilweise stark angepasst. Ein Jugendlicher<br />

spricht etwa davon, dass er „auf den Boden geholt wurde“. Im Prozess des Abstimmens und Anpassens<br />

werden einerseits die Interessen eingegrenzt, andererseits werden realistische Wege gesucht. Je nach Ressourcenlage<br />

der Jugendlichen und jungen Erwachsenen bieten sich unterschiedliche Lösungen an. Dazu<br />

gehören Praktika, Haushaltslehrjahre, Motivationssemester, IV-Ausbildungen und andere. Das Pragmatische<br />

an der Entwurfsarbeit äussert sich weiter in der Umsetzung des entwickelten Entwurfs. In den Gesprächen<br />

werden Ziele vereinbart und die Schritte zur Zielerreichung festgelegt. Ein Jugendlicher erwähnt, dass sein<br />

Case Manager symbolisch das Bild des „Treppenhaus“ verwendet. In einigen Fällen wird zudem ein „Plan B“<br />

entwickelt, falls es mit dem eingeschlagenen Weg nicht klappen sollte.<br />

Beziehungsarbeit<br />

Der Aufbau einer Vertrauensbeziehung ist in vielen Fällen die Basis für einen wirkungsvollen Unterstützungsprozess.<br />

Beziehungsarbeit zeichnet sich zunächst dadurch aus, dass die Case Managerinnen und Case Manager<br />

in den Gesprächen auf die Bedürfnisse, Wünsche und Vorstellungen der Jugendlichen eingehen. Sie<br />

hören ihnen aufmerksam zu und zeigen Interesse an ihrer Lebensgeschichte. Die Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen sehen sich dadurch als Personen und Menschen respektiert. Ein Jugendlicher hat besonders<br />

geschätzt, dass seine „Ticks“ und „Macken“ akzeptiert wurden. Allgemein werden die Case Managerinnen<br />

und Case Manager als „nett“ und „freundlich“ wahrgenommen. Sie versuchen die Jugendlichen in ihren Bemühungen<br />

zu bestärken und ihnen Mut zuzusprechen. Die Beziehung wird durch die Niederschwelligkeit des<br />

CM BB zusätzlich gestärkt. Die Case Managerinnen und Case Manager stellen sich für Fragen zur Verfügung<br />

22


und sind gut erreichbar. Dieses Angebot wird von den Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch genutzt.<br />

Sie melden sich nicht nur bei beruflichen, sondern auch bei persönlichen Problemen. So werden das CM BB<br />

zu einer wichtigen Anlaufstelle und die Case Managerinnen und Case Manager zu wichtigen Vertrauenspersonen.<br />

Bspw. begleitet eine Case Managerin ihre Klientin gar stellvertretend zu einem Elterngespräch. Da<br />

Beziehungsarbeit sehr persönlich und eng sein kann, hat sie auch eine emotionale Komponente. Die Case<br />

Managerinnen und Case Manager werden als Personen wahrgenommen, die „stützen“ und „hinter einem“<br />

stehen. Die Jugendlichen bringen ihren Betreuerinnen und Betreuern im Gegenzug Dankbarkeit entgegen.<br />

Strukturieren<br />

Die Kategorie des Strukturierens ist für die Unterstützung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in instabilen<br />

und mehrfachproblematischen Situationen typisch. Entsprechend oft kommt sie bei den „zurückgezogenen<br />

Jugendlichen“ und den „Jugendlichen mit inneren Konflikten“ vor. Um das Durcheinander, die Konflikte<br />

und die Krisen zu stabilisieren, erfolgt zunächst eine umfassende Situationsanalyse. Typische Themen<br />

sind neben den Berufsvorstellungen das psychische Befinden, das Verhältnis zu den Eltern und Geschwistern<br />

sowie die Zufriedenheit mit der aktuellen Wohnsituation. Auch sind zu Beginn kurzfristige Interventionen nötig.<br />

Nach Aussage der Jugendlichen und jungen Erwachsenen wurden zunächst „Dinge aus dem Weg geräumt“<br />

und „das Leben geregelt“. Gemeint ist insbesondere das Erledigen von administrativen Aufgaben (z.B. Steuererklärung,<br />

Rechnungen). Ein weiterer wichtiger Schritt ist der Aufbau einer Tagesstruktur. Einige Personen –<br />

im Besonderen die „zurückgezogenen Jugendlichen“ – verbringen einen Grossteil ihres Lebens vor dem<br />

Fernseher oder dem Computer. Ein Jugendlicher verlässt das Haus bspw. nur für die Termine beim CM BB.<br />

Ziel der Case Managerinnen und Case Manager ist es, die Jugendlichen für eine Beschäftigung ausserhalb<br />

der eigenen vier Wände zu motivieren. Erst wenn dieses „Fundament“ gelegt ist – wie es eine Jugendliche<br />

ausdrückt – wird auf weite Sicht geplant und unterstützt. Ziele wie das Finden der idealen Wohnform und des<br />

idealen Berufs können erst jetzt angegangen werden. Auch beim Strukturieren verläuft das Planen und Umsetzen<br />

in kleinen Schritten. Es werden Abmachungen getroffen und Aufgaben vereinbart (z.B. frühes Aufstehen).<br />

Die Case Managerinnen und Case Manager begleiten und kontrollieren die Jugendlichen bei der Umsetzung<br />

der Ziele. Die meisten von ihnen sind froh darüber, weil sie dadurch einen wichtigen Rahmen erhalten.<br />

Es hilft ihnen, „sich zu fokussieren“ und „sich durchzubeissen“.<br />

Lotsen<br />

Oft übernehmen die Case Managerinnen und Case Manager auch eine Lotsenfunktion. Sie begleiten und<br />

führen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf dem Weg in die Berufswelt. In den Interviewdaten aus<br />

dem <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> kommt das Lotsen weniger deutlich zum Ausdruck als im <strong>Kanton</strong> Zürich. In <strong>Solothurn</strong><br />

hat das CM BB vor allem eine Vermittlungsfunktion. Das Vermitteln kann als erster Schritt des Lotsens bezeichnet<br />

werden. Die Case Managerinnen und Case Manager geben den Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

Adressen von Unterstützungsangeboten im Bereich der Berufsbildung (Motivationssemester, Schnupperangebote,<br />

Haushaltslehrjahr, Praktika etc.) und informieren sie über Sinn und Zweck dieser Angebote. Bei<br />

Interesse der Jugendlichen und jungen Erwachsenen füllen sie gemeinsam mit ihnen die Anmeldeunterlagen<br />

aus. Zudem nehmen die Case Managerinnen und Case Manager Kontakt mit den betreffenden Institutionen<br />

auf, erkundigen sich nach freien Plätzen und setzen sich dafür ein, dass die Jugendlichen aufgenommen<br />

werden.<br />

Die Breite der Lotsenfunktion zeigt sich vor allem in den Fällen aus Zürich. Dies hat unterschiedliche Gründe:<br />

erstens scheinen Zürcher Jugendliche häufiger von Mehrfachproblematiken (insb. mit psychischen Erkrankungen)<br />

betroffen; zweitens ist das Unterstützungsnetz in Zürich grösser und ausdifferenzierter; drittens sind<br />

die befragten Jugendlichen aus Zürich länger im CM BB als die Jugendlichen aus <strong>Solothurn</strong>. Dadurch steigt<br />

der Bedarf an einer längerfristigen, alle Lebensbereiche umfassenden Unterstützung, die die Jugendlichen<br />

23


durch das Netz der Institutionen führt. Um die mehrfachbelastete Situation der Betroffenen zu stabilisieren<br />

und sie näher an die Berufswelt heranzuführen, bauen die Case Managerinnen und Case Manager aus Zürich<br />

ein Unterstützungsnetz mit Akteuren aus verschiedenen Lebensbereichen auf. Im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> ist auch<br />

die Koordinationsfunktion des CM BB weniger klar ersichtlich. Dazu müssten – wie einige Akteure im Unterstützungsnetz<br />

betonen – die Zuständigkeiten besser geklärt und die Rolle des CM BB als fallführende Institution<br />

gestärkt werden (vgl. Kapitel 4.2).<br />

Fallbeispiel Laura<br />

Wie bereits beschrieben wurde, befindet sich Laura in einer heiklen Lage. Sie steht kurz vor Abschluss der<br />

obligatorischen Schulzeit und hat noch keine Anschlusslösung gefunden. Zudem wird sie nach Konflikten in<br />

der Pflegefamilie in ein Jugendheim eingewiesen. Die problematischen Entwicklungen sowie die drängenden<br />

beruflichen Fragen führen dazu, dass das CM BB eingeschaltet wird. Der Case Manager von Laura interveniert<br />

umgehend. Die Unterstützung ist in erster Linie ein Lotsen bzw. Vermitteln. Es geht darum, rasch eine<br />

Übergangslösung zu finden. Laura und ihr Case Manager fassen insbesondere ein 10. Schuljahr ins Auge.<br />

Dieses bietet ihr einerseits Möglichkeiten, zu erkennen, wo sie steht und wie es längerfristig weitergehen<br />

könnte, andererseits kann sie zusätzliche Kompetenzen erwerben. Wie das nächste Zitat verdeutlicht, macht<br />

sich der Case Manager sofort daran, ein passendes Angebot zu finden:<br />

„Dann hat er mir so schnell wie möglich [...] noch eine Schule gefunden. Das ist die einzige gewesen, die<br />

mich noch genommen hat. In der Ortschaft A. hat's keine Plätze mehr gehabt und dann haben sie auch keine<br />

Schüler mehr genommen. Und dann hat er dort einen Antrag gestellt für mich. Also, mit mir zusammen. Und<br />

ich habe dann in der letzten Ferienwoche die Rückmeldung erhalten, dass sie mich annehmen.“<br />

Nach der Vermittlung des 10. Schuljahres bricht der Kontakt zwischen Laura und ihrem Case Manager nicht<br />

ab. Er erkundigt sich nach ihrem Befinden und bietet seine Hilfe an. Auch mit den beteiligten Akteuren steht<br />

er in Kontakt. Wichtige Partner sind die Verantwortlichen des 10. Schuljahres sowie die Behörden.<br />

Zwischenfazit: Unterstützungskategorien im CM BB<br />

Aus den Datenanalysen wurden fünf Unterstützungskategorien gebildet, die das Geschehen im CM BB abbilden.<br />

Diese können nacheinander auftreten – im Sinne von Phasen – oder gleichzeitig auftreten – im Sinne von<br />

verschiedenen Unterstützungsleistungen. Die erste Kategorie – das „Anleiten“ – zielt auf die Entwicklung von<br />

Kompetenzen ab. Sie beinhaltet das gemeinsame Üben (z.B. Bewerbungen schreiben, Telefonieren), das<br />

Vereinbaren von Aufgaben und das Kontrollieren der Aufgaben durch die Case Managerinnen und Case Manager.<br />

In der Arbeit mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen steht oft auch der berufliche Entwurf im<br />

Mittelpunkt. Diese zweite Art der Unterstützung ist in vielen Fällen pragmatisch, weil es darum geht, die Vorstellungen<br />

der Jugendlichen auf die Anforderungen der Berufe abzustimmen. Dass die Case Managerinnen<br />

und Case Manager auch in die Beziehung zu den Jugendlichen und jungen Erwachsenen investieren, zeigt<br />

die dritte Kategorie („Beziehungsarbeit“). Die Case Manager gehen auf die Jugendlichen ein, bestärken sie<br />

und bieten sich als Ansprechpersonen an. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die von Mehrfachproblematiken<br />

betroffen sind und/oder sich in Krisensituationen befinden, wird die vierte Kategorie – das<br />

„Strukturieren“ – wichtig. Diese beinhaltet u.a. das Erledigen von Pendenzen und das Aufbauen einer Tagesstruktur.<br />

Die letzte Unterstützungskategorie hebt die „Lotsenfunktion“ des CM BB hervor. Diese kann unterschiedlich<br />

stark ausgeprägt sein. Bei einigen Jugendlichen beschränkt sie sich auf das Vermitteln von Adressen,<br />

in anderen Fällen werden die Jugendlichen kontinuierlich durch das Unterstützungsnetz begleitet.<br />

Da in <strong>Solothurn</strong> vor allem Jugendliche mit „Kompetenzlücken“ befragt wurden, ist das „Anleiten“ ein besonders<br />

wichtiger Aspekt der Unterstützung. Um die Deutschkompetenzen im Allgemeinen und die Bewerbungskompetenzen<br />

im Spezifischen zu verbessern, steht das Üben – alleine oder gemeinsam mit dem Case<br />

24


Manager – im Vordergrund. Neben dem „Anleiten“ ist bei diesen Jugendlichen auch die zweite Kategorie –<br />

das „Arbeiten am beruflichen Entwurf – wichtig, weil ihnen oft die Orientierung fehlt und ihre Berufsvorstellungen<br />

wenig ausgereift sind. An diesen Unterstützungsleistungen zeigt sich, dass das CM BB den Bedarf einer<br />

intensiven Begleitung, die von verschiedenen Akteuren im Unterstützungsnetz geäussert wird (vgl. Kapitel<br />

4.2), abdeckt. Bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit „inneren Konflikten“, die in der Stichprobe<br />

ebenfalls vertreten sind, ist die letzte Unterstützungskategorie – das „Lotsen“ – besonders wichtig. Das Bedürfnis<br />

nach einer Person, die sie auf dem Weg in die Berufswelt begleitet und sie durch das Netz der Institution<br />

führt, ist deswegen so hoch, weil ihr Leben krisenhaft ist und sie Schwierigkeiten haben, ihre Ziele umzusetzen.<br />

Die Analysen weisen darauf hin, dass die „Lotsenfunktion“ in <strong>Solothurn</strong> weniger stark ausgeprägt ist als in<br />

Zürich. Mit Blick auf die Befragungen der Akteure im Unterstützungsnetz ist dies möglicherweise darauf zurückzuführen,<br />

dass einerseits die Zuständigkeiten und Kooperationsabläufe noch zu wenig geklärt sind, und<br />

andererseits, die Rolle des CM BB als fallführende Institution noch nicht von allen Akteuren des Unterstützungsnetzes<br />

akzeptiert wird. Die Basis für eine gelingende Zusammenarbeit bildet in diesen Fällen oft die<br />

dritte Unterstützungskategorie, die „Beziehungsarbeit“. Ohne Vertrauen sind die Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen kaum bereit, sich helfen zu lassen.<br />

25


3.2 Merkmale des Prozessverlaufs<br />

In diesem Kapitel wird die geleistete Unterstützung durch das CM BB anhand diverser Merkmale im Prozessverlauf<br />

beschrieben. Zunächst werden die zuweisenden Institutionen und die Anfangsphase des CM-<br />

Unterstützungsprozesses genauer betrachtet. Die Dauer der Begleitung beziehungsweise auch Gründe für<br />

einen Abschluss der Unterstützung zählen ebenfalls zu den hier dargestellten Merkmalen. Die vorliegenden<br />

Auswertungen erfolgten wiederum auf der Datenbasis von 303 im Falldokumentationssystem CaseNet erfassten<br />

Personen, welche von März 2010 bis Ende Mai 2013 durch das CM BB im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> begleitet<br />

wurden.<br />

Zuweisende Institutionen<br />

Dem CM BB werden am häufigsten Jugendliche und junge Erwachsene aus der Volksschule (21.3%, inkl.<br />

Schulsozialarbeit), der Berufsberatung (13.7%) oder dem Amt für Berufsbildung (v.a. Lehraufsicht) (13.0%)<br />

zugewiesen. Insbesondere 2010 – dem ersten CM BB-Jahr, kamen die meisten Zuweisungen durch die<br />

Volksschule (23%). In den darauffolgenden Jahren pendelten sich die Zuweisungen jeweils bei rund 20% ein,<br />

mit einem Einbruch im Jahr 2012 mit 13.2% Zuweisungen durch die Volksschule.<br />

Die übrigen Institutionen weisen weniger häufig eine/n Jugendliche/n oder junge/n Erwachsene/n dem CM<br />

BB zu, wobei in Tabelle 7 die breite Palette an Zuweiser aus den Bereichen Bildung (59.1%; Sek I-Stufe<br />

21.3%, Sek II-Stufe 24.1%, Berufsberatung 13.7%), Beratung (9.0%), Existenzsicherung (12.3%), Recht<br />

(2.0%) oder Wohnen (1.3%) ersichtlich ist. Einen bemerklichen Anteil machen auch Privatpersonen bzw. die<br />

Jugendliche und junge Erwachsene selbst aus (15.0%).<br />

26


Tabelle 7: Zuweisende Institutionen<br />

Anzahl In %<br />

Volksschule 57 19.0<br />

Berufsberatung 41 13.7<br />

Amt für Berufsbildung (v.a. Lehraufsicht) 39 13.0<br />

Brückenangebot 12 4.0<br />

Lehrbetrieb 11 3.7<br />

Berufsfachschule 8 2.7<br />

Schulsozialarbeit 7 2.3<br />

10.Schuljahr 2 0.7<br />

Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst 15 5.0<br />

Andere Beratungsstelle (Familie, Sucht, Behinderung) 4 1.3<br />

Kirchliche Anlaufstelle 3 1.0<br />

CM BB 3 1.0<br />

Arzt/Psychiater 2 0.7<br />

Sozialdienst 21 7.0<br />

RAV 12 4.0<br />

IV-Stelle 2 0.7<br />

Gemeinde(-verwaltung) 1 0.3<br />

Amt für Soziales (Integrationsvereinbarung) 1 0.3<br />

59.1% Bildung<br />

9.0% Beratung<br />

12.3% Existenzsicherung<br />

Private (Eltern, Verwandte, etc.) 34 11.3<br />

Jugendliche/r selbst 11 3.7<br />

Jugendanwaltschaft 6 2.0<br />

(Wohn-) Heim 4 1.3<br />

Anderes 4 1.3<br />

Total 300 100.0<br />

Fehlende Werte 3<br />

N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />

Aufnahme ins CM BB<br />

Das CM BB folgt in der Anfangsphase modellhaft den in Abbildung 4 dargestellten Prozessschritten. In der<br />

Triagephase werden ein umfassendes Assessment gemacht und Abklärungen getroffen, welche entweder zu<br />

einem positiven oder negativen Entscheid über eine Aufnahme ins CM BB führen. Erfolgt die Aufnahme nach<br />

der Triage, beginnt der reguläre Verlauf einer CM-Begleitung. Jederzeit kann ein vorzeitiger Austritt erfolgen,<br />

wobei aus diversen Gründen die vereinbarten Ziele (noch) nicht erreicht worden sind.<br />

27


Abbildung 4: Modellhafte Darstellung der Anfangsphase der CM-Begleitung<br />

Triage<br />

(Assessment)<br />

Beginn des CM<br />

(Aufnahme nach Triage)<br />

Keine Aufnahme ins CM<br />

(Ablehnung in Triage)<br />

Vorzeitige Austritte<br />

Bis zum Triage-Entscheid dauert es in beinahe allen Fällen maximal ein halbes Jahr, lediglich in Einzelfällen ist<br />

die Triage-Phase länger. Auch die 41 Jugendlichen und jungen Erwachsenen, welche sich zurzeit in der Triage-Phase<br />

befinden, sind seit weniger als 5 Monaten in diesem Prozess. Bei den 216 definitiv ins CM BB aufgenommenen<br />

Fällen wurde dieser Entscheid je zur Hälfte aufgrund einer Mehrfachproblematik und einer Gefährdung<br />

beim Einstieg in eine nachobligatorische Ausbildung bzw. aufgrund einer erforderlichen vertieften<br />

Abklärung gefällt.<br />

Tabelle 8: Triage-Entscheid<br />

Anzahl In %<br />

Aufgenommen 216 82.4<br />

Abgelehnt 46 17.6<br />

Total 262 100.0<br />

Laufende Triage 41<br />

N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />

Geht man den 46 abgelehnten und somit nicht im CM BB aufgenommenen Personen nach, haben unterschiedliche<br />

Gründe zu diesem Entscheid geführt (vgl. Tabelle 9). Fast in der Hälfte der Fälle wollten die Jugendlichen,<br />

jungen Erwachsenen oder deren gesetzliche Vertretung kein CM BB (41.3%) bzw. die Kooperationsbereitschaft<br />

fehlte (26.1%). Bei 28.3% hat sich eine andere Institution/Stelle als zuständig erwiesen, was<br />

die wichtige Triagefunktion des CM BB verdeutlicht. Ebenfalls zu einer Ablehnung haben Situationen geführt,<br />

wie dass keine Mehrfachproblematik (15.2%), keine Gefährdung oder genügend Eigen- bzw. Fremdressourcen<br />

vorliegen (21.7%), um den Übergang in die nachobligatorische Ausbildung zu meistern.<br />

28


Tabelle 9: Gründe für ablehnenden Triage-Entscheid<br />

Anzahl<br />

% der % der<br />

Nennungen Jugendlichen<br />

Jugendliche/r / gesetzliche Vertretung will kein CM BB 19 31.1 41.3<br />

Eine andere Institution/Stelle ist zuständig 4 13 21.3 28.3<br />

Keine Kooperationsbereitschaft 12 19.7 26.1<br />

Keine Gefährdung/genügend Eigen- bzw.<br />

Fremdressourcen<br />

10 16.4 21.7<br />

Keine Mehrfachproblematik 7 11.5 15.2<br />

Total 61 100.0<br />

N= 46 (Anzahl Jugendliche mit Ablehnung in Triage; mehrere Nennungen pro Jugendliche/r möglich)<br />

Fallstatus am Stichtag<br />

Wie oben erwähnt, wurden bisher 46 Fälle in der Triage-Phase abgelehnt und 41 Fälle befinden sich noch in<br />

der Triage-Phase. Wie in Tabelle 10 ersichtlich ist, zählen am Stichdatum (31. Mai 2013) von den 216 definitiv<br />

in den CM-Prozess aufgenommenen Fällen gut die Hälfte zu den laufenden Fällen (52.8%), die andere Hälfte<br />

der Fälle wurde abgeschlossen. Bei 43 Jugendlichen und jungen Erwachsenen konnte das CM BB abgeschlossen<br />

werden, da das Ziel erreicht wurde (18.5%) oder ein anderer Grund vorlag (1.4%). Das Ziel ist erreicht,<br />

wenn die/der Jugendliche bzw. junge Erwachsene eine Lehre bzw. eine konkrete Massnahme zur<br />

Integration in den 1. Arbeitsmarkt angetreten hat.<br />

Tabelle 10: Übersicht über Fälle am Stichtag (31. Mai 2013)<br />

Anzahl In %<br />

Laufende CM-Fälle 114 52.8<br />

Vorzeitiger Abschluss des CM 59 27.3<br />

Abschluss, da Ziel erreicht 40 18.5<br />

Abschluss, anderer Grund 3 1.4<br />

Total 216 100.0<br />

Ablehnung nach Triage 46<br />

Laufende Triage 41<br />

N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />

Dauer der abgeschlossenen Fälle<br />

In den 40 abgeschlossenen Fällen dauerte das CM unterschiedlich lange (vgl. Tabelle 11). Über die Hälfte der<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen wurde 13 bis 24 Monate durch das CM BB begleitet (55%). In 25%<br />

der abgeschlossenen Fälle dauerte die Unterstützung 7 bis 12 Monate. Weniger häufig waren Begleitungen<br />

unter sechs Monaten (12.5%) oder länger als 24 Monate (7.5%).<br />

Tabelle 11: Dauer der Unterstützung bei abgeschlossenen Fällen<br />

Anzahl In %<br />

0-6 Monate 5 12.5<br />

7-12 Monate 10 25.0<br />

13-24 Monate 22 55.0<br />

> 24 Monate 3 7.5<br />

Total 40 100.0<br />

N= 40 (Anzahl Jugendliche mit abgeschlossenem CM)<br />

4 Am häufigsten wird ein Fall durch die IV übernommen, in einzelnen Fällen ist ein Sozialdienst, das RAV oder die Berufsberatung zuständig.<br />

29


Mit Blick auf die 102 Fälle (vgl. Tabelle 10), welche nach der definitiven Aufnahme ins CM BB wieder abgelöst<br />

wurden, zeigt sich, dass 57.8% abgelöste Fälle als vorzeitiger Abschluss (59 Fälle) taxiert wurden, während<br />

es bei den anderen 42.2% durch Zielerreichung (40 Fälle) bzw. in drei Fällen aus einem anderen Grund zu<br />

einem Abschluss durch Zielerreichung kam.<br />

Vorzeitige Abschlüsse<br />

Betrachtet man die 59 Fälle genauer, in denen das CM vorzeitig abgeschlossen wurde, zeigt sich ein differenziertes<br />

Bild (vgl. Tabelle 12). Der häufigste Grund für einen vorzeitigen Abschluss ist die fehlende Kooperationsbereitschaft<br />

(42.4%), die Jugendlichen und jungen Erwachsenen (27.1%) bzw. ihre Erziehungsberechtigten<br />

(16.9%) wollen kein CM BB mehr oder der Kontakt konnte nicht mehr hergestellt werden (11.9%). Des<br />

Weiteren fehlt 11.9% der Jugendlichen die Bereitschaft, eine Ausbildung zu absolvieren. Die Herstellung der<br />

Verbindlichkeit für die CM-Begleitung stellt also eine zentrale Herausforderung dar. Neben dieser mangelnden<br />

Bereitschaft seitens der Jugendlichen und jungen Erwachsenen führt die Feststellung, dass eine andere Stelle<br />

zuständig ist (37.3%) zu einem vorzeitigen Abschluss. Bei 16.9% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

waren die Voraussetzungen für eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt aufgrund psychischer Probleme<br />

nicht gegeben. Seltener führen folgende Situationen zu einem vorzeitigen Abschluss der Begleitung: 8.5%<br />

ziehen weg, die Voraussetzungen für eine nachobligatorische Ausbildung ist in 5.1% nicht gegeben und in je<br />

einem Fall war der Grund eine Suchtproblematik, die Familiengründung oder ein Freiheitsentzug (je 1.7%).<br />

Tabelle 12: Gründe für vorzeitigen Abschluss<br />

Anzahl % der Nennungen % der Jugendlichen<br />

Fehlende Kooperationsbereitschaft 25 23.1 42.4<br />

Eine andere Stelle ist zuständig 22 20.4 37.3<br />

Jugendliche/r will kein CM BB mehr 16 14.8 27.1<br />

Erziehungsberechtigte wollen kein CM BB 10 9.3 16.9<br />

Psychische Probleme 10 9.3 16.9<br />

Keine Kontaktaufnahme möglich 7 6.5 11.9<br />

Fehlende Bereitschaft der/des Jugendlichen,<br />

eine Ausbildung zu absolvieren<br />

7 6.5 11.9<br />

Wegzug/Abreise ins Ausland 5 4.6 8.5<br />

Voraussetzungen für nachobligatorische<br />

Ausbildung nicht gegeben<br />

3 2.8 5.1<br />

Suchtproblematik 1 0.9 1.7<br />

Familiengründung 1 0.9 1.7<br />

Freiheitsentzug 1 0.9 1.7<br />

Total 108 100.0<br />

N= 59 (Anzahl Jugendliche mit vorzeitigem Abschluss des CM, mehrere Nennungen pro Jugendliche/r möglich)<br />

Im gleichen Ausmass wie im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> zeigt sich auch in den <strong>Kanton</strong>en Basel-Stadt und Zürich, dass<br />

die mangelnde (Kooperations-) Bereitschaft für ein CM BB seitens der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

häufig zu einem vorzeitigen Abschluss führt (vgl. Tabelle 12). Auch der Anteil Jugendlicher und junger<br />

Erwachsener, welche in der Triage aufgrund mangelnder Mehrfachproblematik oder Gefährdung abgelehnt<br />

werden, ist in allen drei untersuchten <strong>Kanton</strong>en etwa gleich hoch (vgl. Haller & Hümbelin 2011 bzw. Haller et<br />

al. 2012). Höher ist im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> der Anteil der vorzeitigen Abschlüsse, weil eine andere Institution<br />

zuständig ist. Dies verdeutlicht die Triagefunktion des CM BB.<br />

30


Die Unterstützung durch das CM BB in den 59 vorzeitig abgeschlossenen Fällen dauerte zum grossen Teil<br />

zwischen sieben und zwölf Monaten (42.4%) oder zwischen 13 und 24 Monaten (33.9%). Bei 23.7% wurde<br />

die Begleitung bereits nach weniger als sechs Monaten abgeschlossen. In keinem Fall dauerte das CM mehr<br />

als 24 Monate.<br />

Tabelle 13: Dauer der Unterstützung bei vorzeitig abgeschlossenen Fällen<br />

Anzahl In %<br />

0-6 Monate 14 23.7<br />

7-12 Monate 25 42.4<br />

13-24 Monate 20 33.9<br />

> 24 Monate 0 0.0<br />

Total 59 100.0<br />

N= 59 (Anzahl Jugendliche mit vorzeitigem Abschluss des CM)<br />

Anschlusslösungen<br />

Tabelle 14 zeigt die Anschlusslösungen, welche nach vorzeitigem Abschluss des CMs von den 59 Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen gefunden wurden. Bei einem Drittel konnte keine Anschlusslösung gefunden<br />

werden oder diese ist nicht bekannt (32.1%). Rund die Hälfte fand eine Anschlusslösung bei der IV-Stelle<br />

(26.4%), dem RAV (13.2%) oder dem Sozialdienst (9.4%). 13.2% stiegt direkt in den ersten Arbeitsmarkt ein,<br />

was bei fehlender Berufsbildung nicht im Sinne des CM BB ist. Je in einem Fall ist der/die Jugendliche in<br />

Verwahrung, einem Zwischenjahr oder er/sie wurde von einem anderen CM aufgenommen (je 1.9%).<br />

Tabelle 14: Anschlusslösung nach vorzeitigem CM-Abschluss<br />

Anzahl In %<br />

Kein Anschluss/ unbekannt 17 32.1<br />

IV-Stelle 14 26.4<br />

RAV/SEMO 7 13.2<br />

Einstieg in ersten Arbeitsmarkt 7 13.2<br />

Sozialdienst 5 9.4<br />

Verwahrung 1 1.9<br />

Zwischenjahr 1 1.9<br />

Anderes CM 1 1.9<br />

Total 53 100.0<br />

Fehlende Werte 6<br />

N= 59 (Anzahl Jugendliche mit vorzeitigem Abschluss des CM)<br />

Zwischenfazit: Merkmale des Prozessverlaufs<br />

Die gefährdeten Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden von unterschiedlichen Institutionen an das<br />

CM BB zugewiesen. Dabei stechen insbesondere die Volksschule, die Berufsberatung und die Lehraufsicht<br />

als wichtige Zuweiser hervor. Am häufigsten sind zuweisende Institutionen dem Bereich Bildung (59.1%) zuzuordnen.<br />

Weniger häufig stammen diese aus andersartigen Beratungsangeboten in den Bereichen Familie,<br />

Sucht oder Behinderung (9.0%) und der Existenzsicherung (12.3%). Nicht selten melden sich auch Angehörige<br />

bzw. Jugendliche selbst beim CM BB. Diese Zahlen lassen erkennen, dass die Früherfassung greift und<br />

gleichzeitig der Zugang zu den Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach der obligatorischen Schulzeit<br />

gewährleistet ist.<br />

31


Im Erhebungszeitraum von März 2010 und 31. Mai 2013 wurden im CM BB 303 Jugendliche und junge Erwachsene<br />

erfasst. Bei 41 Personen läuft die Triage noch, womit der Entscheid über die Aufnahme noch aussteht.<br />

Bei 46 kam es bereits zu einer Ablehnung in der Triage-Phase. Über 80% wurden nach der Triagephase<br />

definitiv ins CM BB aufgenommen. Bei den 216 definitiv aufgenommenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

waren am Stichdatum (31. Mai 2013) 114 Fälle noch am Laufen. 40 Fälle wurden bereits wieder<br />

abgeschlossen, weil die Jugendlichen eine Lehre oder konkrete Massnahme des ersten Arbeitsmarktes aufnahmen<br />

bzw. in drei Fällen aus einem anderen Grund (42.2% der abgeschlossenen Fälle). Diese Begleitungen<br />

dauerten mehrheitlich zwischen 13 und 24 Monaten. Dies verdeutlicht, dass für einen erfolgreichen CM-<br />

Abschluss meist eine längerfristige Begleitung nötig ist, um das Ziel einer Lehre erreichen zu können.<br />

Bei 59 Personen wurde die Unterstützung aus unterschiedlichen Gründen vorzeitig abgeschlossenen (57.8%<br />

der abgeschlossenen Fälle). Grösstenteils wurden die Abbrüche mit der fehlenden (Kooperation) Bereitschaft<br />

für ein CM BB begründet oder es erwies sich eine andere Stelle als zuständig. Dies sind auch in der Triagephase<br />

häufige Gründe einer Ablehnung für eine definitive Aufnahme ins CM BB. Die Herstellung der Verbindlichkeit<br />

für eine CM-Begleitung stellt somit eine zentrale Herausforderung dar. Bei einem vorzeitig abgeschlossenen<br />

CM konnten nicht immer Anschlusslösungen gefunden werden oder diese sind nicht bekannt<br />

(32.1% der vorzeitigen Abschlüsse). Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen finden vorwiegend in Angeboten<br />

der IV-Stelle, des RAV und des Sozialdienstes Anschluss. Insbesondere die Triage zur IV ist aufgrund<br />

der häufigen psychischen Erkrankungen von Bedeutung. Einige gelangten direkt in den ersten Arbeitsmarkt.<br />

Dies macht einerseits die Triagefunktion und andererseits die Grenzen des CM BB deutlich, welche in Zusammenhang<br />

mit der Tatsache stehen, dass die Teilnahme am Angebot freiwillig ist.<br />

32


4 Akteure im Unterstützungsnetz<br />

Das vorliegende Kapitel zu den Akteuren im Unterstützungsnetz fasst einerseits die Erkenntnisse zum institutionellen<br />

und privaten Unterstützungsnetz einer Teilgruppe von 31 befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen.<br />

Andererseits werden hier die Erkenntnisse aus den Interviews mit Schlüsselpersonen aus dem<br />

institutionellen Netzwerk des CM BB präsentiert.<br />

4.1 Unterstützungsnetz der Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen<br />

Einführung<br />

Die an einem Unterstützungsprozess beteiligten Akteure werden als Handlungsgemeinschaft untersucht, die<br />

sich aus den betroffenen Jugendlichen/jungen Erwachsenen, ihren wichtigen Bezugspersonen aus Familie,<br />

Freizeit sowie verschiedenen Fachpersonen des Volksschulbereichs und/oder Institutionen der Berufsbildung,<br />

der sozialen Sicherung und eventuell der Gesundheitsversorgung konstituiert. Die Unterstützungen können<br />

nach folgenden inhaltlichen Bereichen unterschieden werden:<br />

- Schule/Beruf/Beschäftigung<br />

- Freizeit<br />

- Finanzen/materielle Situation<br />

- Wohnen<br />

- Gesundheit<br />

- Rechtliches<br />

Für jeden dieser Bereiche interessieren sowohl öffentliche Institutionen als auch Privatpersonen, die innerhalb<br />

der letzten sechs Monate vor der Zuweisung zum CM BB Unterstützungen für die Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen erbracht haben. Als Unterstützung werden folgende Tätigkeiten aufgeführt:<br />

- Beraten<br />

- Informieren<br />

- Weitervermitteln<br />

- Anleiten<br />

- Unterrichten<br />

- Freizeitgestaltung<br />

- somatische/medizinische Unterstützung (auch Physiotherapie)<br />

- Psychotherapie, Gesprächstherapie<br />

- materielle Unterstützung<br />

- Wohnen<br />

Die nachfolgenden Ergebnisse basieren auf Angaben von 31 Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die mit<br />

Hilfe einer eigens für diese Forschung eingerichteten Online-Plattform erhoben wurden. Es handelt sich somit<br />

um eine Teilgruppe der gesamten CM BB-Population 5 (vgl. auch Kapitel 1.2).<br />

5 Die Befragten machten die Angaben teilweise alleine, was zur Folge haben könnte, dass gewisse stigmatisierende Angaben (z.B. Psychotherapie, Polizei,<br />

Justiz) nicht gemacht wurden oder aufgrund mangelnden Bewusstseins über die Involvierung der Angebote Lücken in den Angaben bestehen.<br />

33


Die Darstellung der Ergebnisse beginnt mit einem Überblick über das Unterstützungssetting der institutionellen<br />

Akteure, welches sich aus den Kontakten der Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Institutionen<br />

ergibt. Ferner werden die am häufigsten genannten Akteure aufgelistet und die erbrachten Unterstützungsleistungen<br />

thematisiert. Danach wird aufgezeigt, wie hoch die Anzahl der involvierten Institutionen pro Person<br />

ausfällt. Weiter wird untersucht, welche Ressourcen im privaten Umfeld vorhanden sind.<br />

Abbildung 5: Visualisierung des gesamten Unterstützungssettings<br />

Farblegende dunkelblau = Jugendliche<br />

rot = Akteure aus dem Bereich Schule/Beruf<br />

blau = Gesundheit<br />

orange = Recht<br />

grün = Finanzen<br />

lila = Freizeit<br />

gelb = Wohnen<br />

34


Das Netzwerk in Abbildung 5 zeigt das gesamte Umfeld, in welchem sich das CM BB bewegt. Die Darstellung<br />

setzt sich aus den Kontakten zwischen 31 Jugendlichen und 34 unterschiedlichen Institutionen in den<br />

letzten sechs Monaten vor dem Eintritt ins CM BB zusammen. In der Visualisierung repräsentieren die Punkte<br />

auf dem äussersten Kreis die Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Linien stehen für 139 Kontakte mit<br />

den 34 Institutionen. Je häufiger eine Institution genannt wurde, desto grösser erscheint der Kreis in der Abbildung.<br />

Entsprechend sind Jugendliche und junge Erwachsene, die stärker institutionell vernetzt sind, grösser<br />

gezeichnet.<br />

Mit dieser Darstellung kann ein erster Eindruck der Komplexität und Vielfältigkeit des Unterstützungssettings<br />

vermittelt werden. Ferner kann bereits optisch anhand der Farben erkannt werden, dass in gewissen Lebensbereichen<br />

häufiger institutionelle Kontakte bestehen. Dies betrifft v.a. die Bereiche Schule/Beruf, Freizeit und<br />

Gesundheit. Deutlich wird zudem, dass einzelne institutionelle Akteure – der Häufigkeit ihrer Nennung und der<br />

Grösse der Punkte nach – von zentraler Bedeutung sind; wie etwa der Hausarzt, die Sekundarschule und<br />

Sportangebote/Sportvereine.<br />

Ergänzend zu Abbildung 5 zeigt Tabelle 15 die institutionellen Kontakte nach Lebensbereichen. Es wird ersichtlich,<br />

dass fast alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen Kontakt mit Institutionen aus den Bereichen<br />

Schule/Beruf (96.8%) und häufig auf der Gesundheit (83.9%) haben. Mehr als die Hälfte ist auch in einem<br />

Freizeitangebot (58.1%) eingebunden. Insgesamt machen diese drei Bereiche 84.2% aller institutionellen<br />

Kontakte aus, während die Anteile in den übrigen drei Bereichen tiefer ausfallen. Immerhin knapp die Hälfte<br />

der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist für finanzielle Unterstützung mit einer Institution im Kontakt.<br />

Tabelle 15: institutioneller Kontakte unterschieden nach Lebensbereichen<br />

Anteil an Jugendlichen mit<br />

institutionellen Kontakten<br />

Summe aller institutioneller<br />

Kontakte<br />

% aller Kontakte<br />

Schule/Beruf 96.8 50 36.0<br />

Gesundheit 83.9 45 32.4<br />

Freizeit 58.1 22 15.8<br />

Finanzen 48.4 15 10.8<br />

Recht 19.4 6 4.3<br />

Wohnen 3.2 1 0.7<br />

Alle Bereiche 139 100.0<br />

N= 31 (Anzahl Jugendliche und junge Erwachsene; mehrere Nennungen pro Person möglich)<br />

Auch beim Blick auf die institutionellen Kontakte verdeutlicht sich die allgemein stärkere Ressourcenlage der<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong>, verglichen mit dem <strong>Kanton</strong> Zürich. Dies ist auf<br />

die Tatsache zurückzuführen, dass im <strong>Kanton</strong> Zürich häufiger ältere Jugendliche und junge Erwachsene,<br />

welche den schulischen Angeboten schon länger ferngeblieben sind und sich in einem prekären Status befinden,<br />

begleitet werden. Jugendliche und junge Erwachsene sind im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> häufiger in einem Freizeitangebot<br />

eingebunden (23.5% in Zürich), während im <strong>Kanton</strong> Zürich deutlich häufiger Institutionen aus den<br />

Bereichen Finanzen (bei 72% der Jugendlichen), Recht (bei 50%) und Wohnen (bei 31%) wie auch Psychotherapeuten<br />

(bei 25%) involviert sind (Haller et al. 2012).<br />

Häufig genannte institutionelle Akteure, Kontaktintensität und Bedeutung der Kontakte<br />

In Tabelle 16 sind die von den Jugendlichen und jungen Erwachsenen am häufigsten genannten institutionellen<br />

Akteure aufgelistet. Es sind dies mit Abstand am Häufigsten Hausärzte (71.0%) vor Sportvereinen oder<br />

Sportangeboten (38.7%). Des Weiteren ist ersichtlich, welchem Lebensbereich die jeweilige Institution zuzuordnen<br />

ist und wie intensiv die Kontakte durchschnittlich ausfallen. Die Bedeutung der genannten institutionellen<br />

Kontakte wird im Folgenden für jeden Lebensbereich erläutert.<br />

35


Tabelle 16: Häufig genannte institutionelle Akteure<br />

Institution % der Kl. Bereich Kontaktintensität<br />

Hausarzt 71.0 Gesundheit unregelmässiger Kontakt<br />

Sportverein/Sportangebot 38.7 Freizeit regelmässiger Kontakt<br />

Sekundarschule (Bezirk-, Sekundar-, Oberschule<br />

32.3 Schule regelmässiger Kontakt<br />

und Werkklassen)<br />

Berufs- und Studienberatung 29.0 Schule unregelmässiger Kontakt<br />

Andere Vereine 25.8 Freizeit regelmässiger Kontakt<br />

Lehrbetrieb 19.4 Schule regelmässiger Kontakt<br />

Andere Ärzte (Frauenärzte, Spezialisten etc.) 19.4 Gesundheit regelmässiger Kontakt<br />

N= 31 (Anzahl Jugendliche und junge Erwachsene; mehrere Nennungen pro Person möglich)<br />

Schule/Beruf<br />

Dem Angebot CM BB entsprechend stehen bis auf eine Person alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

mit Institutionen im Bereich Schule/Beruf in Kontakt (96.8%). Gleichzeitig ist dies der heterogenste Lebensbereich<br />

mit 14 unterschiedlichen Akteuren. Die Kontakte fallen mehrheitlich regelmässig aus. Die am häufigsten<br />

genannten Akteure sind die Sekundarschule bzw. deren Lehrpersonen (32.3% aller Befragten), die Berufsberatung<br />

(29.0%) oder - falls bereits vorhanden - der Lehrbetrieb (19.4%). Die Antworten auf die Frage nach der<br />

konkreten Unterstützung, welche der Akteur für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen erbringt, fallen<br />

unterschiedlich aus. Im Kontakt mit der Sekundarschule steht die Unterstützung für die Bewerbungsunterlagen<br />

und Bewerbungen allgemein im Vordergrund. Der Lehrbetrieb stärkt mehr die persönlichen und sozialen<br />

Kompetenzen der Befragten. In der Berufsberatung steht die Unterstützung bei konkreten Einzelschritten im<br />

Bewerbungsverfahren im Zentrum des Kontakts. Weitere Unterstützung aus dem Bereich Schule/Beruf erhalten<br />

die Jugendlichen und jungen Erwachsenen von Angeboten, wie dem 10. Schuljahr (12.9%), der Berufsfachschule<br />

(9.7%), der Vorlehre oder dem SEMO (6.5%) oder einem geschützten Arbeitsplatz (6.5%). Vereinzelt<br />

wurden das Berufsvorbereitungsjahr BVJ, der Wallierhof, Jugendarbeitslosenprogramme, die Sozial- und<br />

Familienberatung, Perspektive Region <strong>Solothurn</strong> oder ein Schul- und Berufsbildungsheim (je 3.2%) genannt.<br />

Gesundheit<br />

83.9% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben mit institutionellen Akteuren im Gesundheitswesen<br />

zu tun. Am häufigsten wird in diesem Bereich der Hausarzt genannt (71.0%), wobei die Kontaktintensität in<br />

den erfassten sechs Monaten stark variiert und keine konkreten Angaben zu den unterschiedlichen Besuchsgründen<br />

gemacht werden. Auch andere Ärzte wurden von sechs Personen genannt (19.4%). In den offenen<br />

Nennungen ist zu erkennen, dass es sich um Zahn- oder Augenärzte, Physiotherapie und Akupunktur handelt,<br />

was auf temporäre gesundheitliche Einschränkungen oder reguläre Kontrollen hindeutet. Immerhin je vier<br />

Mal wurden der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst oder ein Krankenhaus und drei Mal ein anderes<br />

CM genannt. Nur je zwei Jugendliche und junge Erwachsene geben an, mit einem Psychiater, Psychologen<br />

oder der Beratungsstellte Perspektive in Kontakt zu stehen (je 6.5%).<br />

Freizeit<br />

Direkte Unterstützung zur Verbesserung der beruflichen Situation erhalten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

von Institutionen in der Freizeit selten. Ebenso handelt es sich dabei überwiegend um Institutionen,<br />

die im Rahmen eines CMs nicht in den Unterstützungsprozess integriert werden können, wie etwa Aktivitäten<br />

in einem Sportverein/Sportangebot (38.7%) oder andere Vereine (25.8%). Nichtsdestotrotz veranschaulicht<br />

die grosse Anzahl Nennungen, die Bedeutung dieser Angebote nach Ansicht der Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen. In den offenen Nennungen fallen Stichworte wie Ablenkung, Bewegung und Geselligkeit.<br />

Nur je eine Person wird von einem Jugendtreff bzw. der Jugendarbeit einer Kirche erreicht (je 3.2%).<br />

36


Finanzen<br />

Im Lebensbereich Finanzen verfügen knapp die Hälfte über institutionelle Kontakte (48.4%). Zu den häufigsten<br />

Akteuren zählen der Sozialdienst, das RAV und die Krankenversicherungen mit je vier Nennungen<br />

(12.9%). Während beim Sozialdienst der finanzielle Beitrag im Vordergrund steht, wird beim RAV in den offenen<br />

Nennungen auch die Unterstützung bei der Stellensuche erwähnt. Eher wenig stehen die Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen für Unterstützung im finanziellen Bereich mit der Schuldenberatung (3.2%) in Kontakt,<br />

welche dem/der Jugendlichen hilft, sein Budget zu erstellen.<br />

Recht<br />

Nur 19.4% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen stehen mit Institutionen aus dem Bereich Recht in<br />

Kontakt. Drei Personen haben Kontakt zur Polizei (9.7%), wobei es um Bussen, Diebstahl und Drogenkonsum<br />

ging. Je einmal wurden die Jugendanwaltschaft und Gerichte ebenfalls in Zusammenhang mit dem<br />

Diebstahl sowie eine Begleitung durch den Beistand genannt (3.2%).<br />

Wohnen<br />

Im Lebensbereich Wohnen sind institutionelle Akteure für die befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

nicht relevant, da die Mehrheit bei den Eltern oder einem Elternteil wohnt (vgl. nächster Abschnitt „Unterstützung<br />

durch Privatpersonen“). Lediglich eine/r der 31 befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

gibt an, in einer Wohngemeinschaft zu leben.<br />

Akteursdichte 6<br />

Die meisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen stehen mit mehr als einer Institution in Kontakt, was einen<br />

gewissen Koordinationsbedarf erfordert. Die Case Managenden können die Fallführung übernehmen und<br />

damit gewährleisten, dass die Unterstützungsleistungen zielgerichtet ablaufen. Demnach begründet eine<br />

hohe Akteursdichte unter anderem den Einsatz eines CMs. Die Akteursdichte der 31 befragten Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen im CM BB ist in Abbildung 6 mit der Häufigkeitsverteilung der Anzahl involvierter<br />

Institutionen pro Person dargestellt.<br />

6 Unter Akteursdichte verstehen wir im Folgenden die Anzahl involvierter Institutionen pro Person.<br />

37


Häufigkeiten<br />

Abbildung 6: Anzahl involvierte Institutionen pro Person (n=31)<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12<br />

Anzahl involvierte Institutionen<br />

(Anzahl involvierte Institutionen pro Person im Durchschnitt: 4.9)<br />

Auf den ersten Blick scheint die Akteursdichte eher hoch. Es ist jedoch zu beachten, dass die involvierten<br />

Institutionen der letzten sechs Monate vor Eintritt ins CM BB erfasst wurden, die Kontakte zeitlich gestaffelt<br />

erfolgen können und nicht alle Akteure Teil des CMs sein müssen. Ebenfalls variiert die Anzahl involvierter<br />

Institutionen pro Person stark. Die durchschnittliche Akteursdichte liegt bei 4.9 Institutionen pro Person, wobei<br />

die Spannweite von einem bis zwölf Akteuren pro Person reicht. Die mittleren 50% der Befragten stehen<br />

mit vier oder fünf Akteuren in Kontakt. Da die Mehrheit mit Akteuren aus den Bereichen Schule/Beruf, Gesundheit<br />

und Freizeit vernetzt ist, erklären sich die höheren Akteursdichten durch eine stärkere Thematisierung<br />

der Bereiche Gesundheit oder mit zusätzlichen Institutionen aus dem Bereich Recht. Der Bereich Wohnen<br />

fällt an dieser Stelle wie oben erwähnt, nicht ins Gewicht.<br />

Unterstützung durch Privatpersonen<br />

Tabelle 17 zeigt die Anteile der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, welche in den verschiedenen Lebensbereichen<br />

Unterstützung von privaten Personen erhalten. Die Privatpersonen mit dem höchsten Anteil<br />

bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind jeweils pro Lebensbereich hervorgehoben.<br />

Tabelle 17: Jugendliche und junge Erwachsene mit privater Unterstützung nach Lebensbereichen (in %)<br />

Mit privater<br />

Unterstützung<br />

Eltern<br />

Geschwister<br />

Andere<br />

Verwandte<br />

Freund/innen/<br />

Kolleg/innen<br />

Lebenspartner/In<br />

Finanzen 96.8 90.3 6.5 9.7 16.1 6.5<br />

Wohnen 90.3 83.9 6.5 0.0 12.9 6.5<br />

Schule/Beruf 87.1 80.6 19.4 12.9 41.9 3.2<br />

Freizeit 83.9 67.7 51.6 22.6 90.3 19.4<br />

Gesundheit 58.1 58.1 9.7 9.7 16.1 3.2<br />

Recht 6.5 6.5 0.0 0.0 0.0 0.0<br />

38


In der Tabelle ist ersichtlich, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen in fast allen Lebensbereichen<br />

auf die Unterstützung von Privatpersonen zählen können. Die grosse Mehrheit der Befragten hat mindestens<br />

einen privaten Akteur in den Bereichen Finanzen (96.8% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen), Wohnen<br />

(90.3%), Schule/Beruf (87.1%) und Freizeit (83.9) genannt. Lediglich in den Bereichen Gesundheit<br />

(58.1%) und Recht (6.5%) fallen die Anteile tiefer aus, was sich damit begründen lässt, dass nicht in jedem<br />

Fall auch ein Unterstützungsbedarf in diesem Bereich vorhanden ist. Grundsätzlich werden in jedem Lebensbereich<br />

die Eltern am häufigsten genannt, besonders für finanzielle Unterstützung fast ausschliesslich<br />

(90.3%). Bei Anliegen im Bereich Schule/Beruf wenden sich die Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben<br />

den Eltern (80.6%) auch häufig an Freund/innen oder Kolleg/innen (41.9%) und Geschwister (19.4%).<br />

Dieses Resultat zeigt gleichzeitig, dass rund 20% auf keine elterliche Unterstützung in Bezug auf Schule und<br />

Beruf setzen können. Zwar erfährt über die Hälfte der Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch bei der<br />

Freizeitgestaltung Unterstützung durch die Eltern (67.7%) und Geschwister (51.6%), den grössten Anteil machen<br />

jedoch eindeutig Freund/innen und Kolleg/innen aus (90.3%). Soziale Isolation scheint somit ein eher<br />

wenig auftretendes Phänomen zu sein.<br />

Ein Vergleich mit dem <strong>Kanton</strong> Zürich zeigt, dass die dort Befragten vor allem in den Bereichen Finanzen<br />

(76.5%) und Schule/Beruf (51.5%) deutlich seltener auf Unterstützung durch die Eltern setzen können (Haller<br />

et al. 2012).<br />

Zwischenfazit: Das Unterstützungsnetzwerk der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

Das vielfältige Unterstützungsnetzwerk basierend auf 139 relevanten institutionellen Kontakten zu 34 Institutionen<br />

in unterschiedlichen Handlungsfeldern konnte für 31 befragte Jugendliche und junge Erwachsene visualisiert<br />

werden. Es zeigt das - nicht abschliessende Bild - des Settings, in welchem sich das CM BB bewegt.<br />

Die Befragten sind häufig mit Akteuren aus den Bereichen Schule/Beruf, Gesundheit, Freizeit und Finanzen<br />

vernetzt. Geringer scheint die Vernetzung in den Bereichen Wohnen und Recht zu sein. Diese Einschätzung<br />

ist jedoch situationsabhängig. So verteilen sich die Anteile aller Nennungen unterschiedlich auf die sechs<br />

Lebensbereiche: je zu einem Drittel auf die Bereiche Schule/Beruf und Gesundheit sowie der übrige Drittel auf<br />

die Bereiche Freizeit, Finanzen, Recht und Wohnen. Dies lässt einerseits auf eine relativ gute Einbindung in<br />

Schule und Freizeit schliessen. Andererseits scheinen auch häufig gesundheitliche Problematiken aufzutreten.<br />

Zu den häufigsten genannten Akteuren in den unterschiedlichen Bereichen zählen gesamthaft der Hausarzt<br />

(71.0% der Klientel) oder Sportvereine oder -angebote (38.7%) in der Freizeit und die Sekundarschule<br />

(32.3%). Dies zeigt, dass viele Befragte am Ende der obligatorischen Schulzeit für das CM BB gewonnen<br />

werden.<br />

Je mehr unterschiedliche Akteure um einen Jugendlichen und jungen Erwachsenen involviert sind, umso<br />

grösser ist der Koordinationsbedarf, die Person zielorientiert zu unterstützen. Die durchschnittliche Akteursdichte<br />

liegt mit 4.9 pro Person relativ hoch, wobei die Spannweite von einem bis zwölf involvierten Akteuren<br />

reicht. So kann festgehalten werden, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen im CM BB das bestehende<br />

Unterstützungsangebot des „Regelsystems“ nutzen und auf die Unterstützung und Koordination unterschiedlicher<br />

Akteure angewiesen sind.<br />

Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen können grösstenteils auch auf Unterstützung aus ihrem privaten<br />

Umfeld zählen. In fünf von sechs Lebensbereichen werden die Eltern neben den Geschwistern, anderen Verwandten,<br />

Freund/innen oder Kolleg/innen und Lebenspartner/in mit Abstand am häufigsten genannt. So stellen<br />

die Eltern insbesondere bezüglich Finanzen und Wohnen eine wichtige Absicherung dar. Einzig bei der<br />

Freizeitgestaltung machen Freund/innen oder Kolleg/innen den grössten Anteil aus. Die häufig noch umfassende<br />

Unterstützung durch die Eltern deckt sich mit dem Alter der Jugendlichen und jungen Erwachsenen,<br />

welche oftmals am Ende der obligatorischen Schulzeit bzw. kurz danach ins CM BB gelangen.<br />

39


4.2 CM BB im Unterstützungsnetz<br />

Leistungen des institutionellen Unterstützungsnetzes<br />

Um das CM BB im bestehenden Institutionennetz des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> situieren zu können, soll in diesem<br />

Abschnitt und anhand nachfolgender Abbildung in einem ersten Schritt inventarmässig dargestellt werden,<br />

welche Institution sich wo und wie positioniert.<br />

Abbildung 7: Institutionen-Netz 7<br />

Schulsozialarbeit: An verschiedenen Schulen des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> wird Schulsozialarbeit angeboten. Diese<br />

stellt eine niederschwellige Beratungs-, Anlauf- und Triagestelle für Lernende, Lehrende und Bezugspersonen<br />

in schwierigen Lebens- und Schulsituationen dar und arbeitet bei Schulentwicklungsprojekten mit. Das Angebot<br />

ist auf die Zeit während der obligatorischen Schulzeit begrenzt. Die Schulsozialarbeit macht mit 2.3% der<br />

Zuweisungen an das CM BB (noch) einen sehr geringen Anteil unter den zuweisenden Institutionen aus.<br />

Schulpsychologischer Dienst (SPD): Der Schulpsychologische Dienst ist eine kantonale Fachstelle für schulische<br />

und erzieherische Fragen und wendet sich an die verschiedenen schulischen Akteure. Der SPD ist im<br />

<strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> vor allem auf Vor- und Primarschule Ebene tätig und somit im Zusammenhang mit dem CM<br />

BB weniger relevant.<br />

7 Mit den in der Abbildung schwarz geschriebenen Institutionen wurde ein Interview durchgeführt. Die grau geschriebenen Institutionen sollen teilweise in<br />

einem nächsten Schritt noch befragt werden.<br />

40


Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst (KJPD): Der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst bietet ambulante<br />

Abklärungen und Behandlungen an, welche von Kindern und Jugendliche mit ihren Bezugspersonen<br />

niederschwellig in Anspruch genommen werden können. Die Bezirke Dorneck und Thierstein werden durch<br />

den KJPD Basel-Landschaft versorgt. Der KJPD ist in den Schulen des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> laut verschiedener<br />

befragter Akteure im Unterstützungsnetz gut verankert und nimmt eine Triagefunktion ein. Rund 5% der Zuweisung<br />

an das CM BB laufen über den KJPD.<br />

Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung: Die Berufsberatung setzt im 2. Schuljahr der Oberstufe durch Klassenbesprechungen<br />

ein und kann darauf individuell in Anspruch genommen werden. Sie unterstützt die Jugendlichen<br />

bei der Berufswahl bzw. macht spezifische Interessensabklärungen. Die Berufsberatung steht in<br />

dieser Zeit auch im Kontakt mit den Lehrpersonen. Schulabgänger/innen ohne Anschlusslösung werden systematisch<br />

durch die Berufsberatung erfasst. Bei der Berufsberatung handelt es sich um eine punktuelle Beratung<br />

über einen kurzen Zeitraum und geringer Intensität mit einzelnen Beratungen. Während ihrer beruflichen<br />

Laufbahn hat eine Person immer wieder die Möglichkeit eine Berufsberatung in Anspruch zu nehmen.<br />

Die Berufsberatung ist ein wichtiger Zuweiser (13.7%). Sobald die Jugendlichen und jungen Erwachsenen an<br />

das CM BB gelangen, wird die Berufsberatung abgeschlossen und allenfalls für spezifische Interessensabklärungen<br />

zur Berufswahl wieder punktuell involviert.<br />

Motivationssemester Step4: Das Step4 Kompetenzzentrum Berufsausbildung ist ein Motivationssemester der<br />

Arbeitslosenversicherung, welches arbeitslose Jugendliche nach der obligatorischen Schulzeit und Erwachsene<br />

ohne Grundausbildung im Übergang in eine Berufsausbildung begleitet. Die Zuweisung an Step4 geschieht<br />

immer über die Regionale Arbeitsvermittlung (RAV), wobei alle Schulabgänger/innen ohne Anschlusslösung<br />

dem RAV gemeldet werden. Die Begleitung durch Step4 ist einmalig und beinhaltet schulischen Unterricht,<br />

Schnupper- und Arbeitseinsätze sowie ein persönliches und berufliches Coaching und dauert sechs<br />

Monate. Die Elternarbeit, wie auch die punktuelle Zusammenarbeit mit anderen involvierten Stellen (Betriebe,<br />

KJPD, Sozialregionen, etc.) ist Teil der Arbeit von Step4.<br />

Aus der Sicht von Step4 ist es wichtig, dass in der Zeit ihrer Begleitung des Jugendlichen die Fallführung bei<br />

ihnen liegt, da Step4 im Auftrag des RAV die Fallführung übernimmt. Dies führt dazu, dass, sofern das CM<br />

BB bereits involviert ist, das CM BB während der Step4-Begleitung im Hintergrund bleibt. Ist nach der 6-<br />

monatigen Begleitung durch Step4 (weiterhin) eine CM BB-Begleitung nötig, wird der/die Jugendliche (wiederum)<br />

an das CM BB weitergegeben und Step4 schliesst ab. Durch diese Handhabung kommt es zu einer<br />

geringen Zusammenarbeit zwischen Step4 und CM BB und aus der Sicht von Step4 teilweise zu Doppelspurigkeiten.<br />

Berufsbildungszentrum (BBZ): Beim BBZ handelt es sich um ein Kompetenzzentrum für Aus- und Weiterbildung<br />

mit einem diversen Angebot im Bereich der Berufsbildung. So werden neben den Berufsschulen Brückenangebote<br />

wie das Integrationsjahr, die Vorlehre, das Berufsvorbereitungsjahr und das Hauswirtschaftsjahr<br />

angeboten. Die Berufsbildungszentren Olten und <strong>Solothurn</strong>-Grenchen bieten somit für Jugendliche am<br />

Übergang von der obligatorischen Schule in die Berufsbildung während eines Jahres je nach Bedürfnissen<br />

unterschiedliche Zwischenlösungen zur Förderung der schulischen, sozialen und beruflichen Kompetenzen.<br />

Zwei weitere Brückenangebote im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> von anderen Anbietern sind der Startpunkt Wallierhof<br />

und das 10. Schuljahr, welche als mögliche Zwischenlösungen hier erwähnt werden sollen.<br />

Die Berufsfachschule bzw. Zwischenlösungen (inkl. Step4) machen unter 10% der zuweisenden Institutionen<br />

aus. Sie sind in der Zusammenarbeit mit dem CM BB jedoch von Bedeutung, wenn dieses bei einem/einer<br />

Schüler/in bereits involviert ist. Falls eine Person beim Eintritt in ein Angebot des Berufsbildungszentrums<br />

bereits vom CM BB betreut wird, erhalten die involvierten Coaches bzw. Klassenlehrpersonen diese Information<br />

vom CM BB.<br />

41


Lehraufsicht: Die Lehraufsicht ist zuständig für die Ausbildungsbewilligung von Lehrbetrieben und die Beaufsichtigung<br />

der Lehrverhältnisse, was auch die individuelle Beratung, Vermittlung und Information der Vertragsparteien<br />

beinhaltet. Sie ist insbesondere mit den Lehrbetrieben und Berufsverbänden, dem Amt für Wirtschaft<br />

und Arbeit und den Berufsfachschulen vernetzt. Diese individuelle Beratung – v.a. der Jugendlichen –<br />

konzentriert sich auf die Zeit während der Lehre, ist aufgrund der grossen Anzahl begleiteter Lehrverhältnisse<br />

in eingeschränkter Intensität möglich und endet im Falle eines Lehrabbruchs nach drei Monaten.<br />

Falls eine Person bereits bei Lehreintritt vom CM BB betreut wird, erhält die Lehraufsicht diese Information<br />

vom CM BB. Solange ein Lehrvertrag läuft und ein/e Lernende/r beim CM BB ist, sind Lehraufsicht und CM<br />

gleichzeitig involviert. Es handelt sich um eine Zusammenarbeit, wobei der Lead beim CM BB liegt. Wird der<br />

Lehrvertrag aufgelöst, ist die Lehraufsicht nicht mehr involviert. Die Lehraufsicht stellt mit knapp 15% eine<br />

wichtige zuweisende Instanz des CM BB dar.<br />

RAV: An die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) kann jede arbeitslos gemeldete Person gelangen.<br />

Im Verlauf des Erwerbsalters kann das RAV bei Arbeitslosigkeit unter klar definierten Voraussetzungen immer<br />

wieder in Anspruch genommen werden. Die Art und Dauer der Begleitung bzw. Massnahmen unterscheiden<br />

sich je nach Alter und Situation der Person. Im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> ist es unter 18-jährigen Schulabgänger/innen<br />

ohne Anschlusslösung möglich an das RAV zu gelangen und das Motivationssemester Step4 zu<br />

besuchen. Für 18- bis 25-Jährige besteht ein spezifisches Integrationsprogramm. 4% der Zuweisungen an<br />

das CM BB laufen über das RAV.<br />

Sozialregionen: Die Sozialregionen sind im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> zuständig für die wirtschaftliche Sozialhilfe und<br />

Beratung von Sozialhilfe berechtigten Personen. Ausserdem sind im Rahmen der Kindes- und Erwachsenenschutzmassnahmen<br />

Beistandschaften bei den Sozialregionen angegliedert. Alle Einwohner/innen einer Sozialregion<br />

können unter klar definierten Voraussetzungen (immer wieder) Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen.<br />

Die Art und Dauer der Begleitung bzw. Massnahmen unterscheiden sich je nach Alter und Situation der<br />

Person. Für 18- bis 25-Jährige besteht ein spezifisches Integrationsprogramm. 7% der Zuweisungen an das<br />

CM BB laufen über eine Sozialregion des <strong>Kanton</strong>s.<br />

Invalidenversicherung (IV): Unter klar definierten Voraussetzungen, welche einer Person eine (Teil-) Invalidität<br />

zusprechen, hat jede in der Schweiz wohnhafte Person Anrecht Unterstützung und Massnahmen der Invalidenversicherung<br />

in Anspruch zu nehmen. Bei der IV-Stelle <strong>Solothurn</strong> bestehen im Zusammenhang mit der<br />

beruflichen Eingliederung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen Berührungspunkte mit dem CM BB. So<br />

werden seitens des CM BB Jugendliche und junge Erwachsene an die IV vermittelt, wenn die gesundheitliche<br />

– vorwiegend psychische – Situation der Person dies bedarf. Somit hat das CM BB für die IV eine wichtige<br />

Triagefunktion inne. Durch diese Funktion des CM BB, welches alle Lebensbereiche im Blickwinkel hat, wird<br />

die Möglichkeit gesehen, einer Invalidisierung entgegen zu wirken. Es bestehen klare Trennlinien zwischen IV<br />

und CM BB und eine unterschiedliche Rechtsgrundlage, so dass diese beiden Institutionen meist nicht<br />

gleichzeitig in einen Fall involviert sind. Die IV wir nur bei vorliegender Invalidität involviert und folglich wird der<br />

Fall beim CM BB abgelöst.<br />

CM Stelle <strong>Solothurn</strong>: Die CM Stelle <strong>Solothurn</strong> ist eine Fachstelle für eine langfristig orientierte Begleitung von<br />

Personen mit Mehrfachproblematiken im Erwerbsalter mit dem Ziel der beruflichen Eingliederung. Es handelt<br />

sich um einen Zusammenschluss von Sozialhilfe, Arbeitslosen- und Invalidenversicherung, wobei die in Anspruch<br />

nehmende Person nicht bei einer dieser Institution anhängig sein muss. Aus den geführten Interviews<br />

mit den Akteuren im Unterstützungsnetz zeigt sich, dass die diffuse Abgrenzung zwischen der CM Stelle und<br />

dem CM BB sowohl bei den Akteuren wie auch den betroffenen Klient/innen oftmals Unklarheiten mit sich<br />

bringt.<br />

42


Zielsetzung, Vorgehen und Auswahl der interviewten Akteure<br />

Zur Ergänzung der standardisierten Daten und Fallstudien wurden Interviews mit Schlüsselpersonen aus dem<br />

institutionellen Netzwerk des CM BB durchgeführt, um aus der Perspektive dieser Akteure eine Einschätzung<br />

der Möglichkeiten und Herausforderungen des CM BB zu gewinnen. Für den vorliegenden <strong>Zwischenbericht</strong><br />

wurden 13 Akteuren aus den Bereichen Berufsberatung, den Berufsbildungsangeboten (Lehraufsicht, Berufsbildungszentren,<br />

Motivationssemester), den Sozialregionen und der IV-Stelle in Einzel- und Gruppengesprächen<br />

interviewt, welche mit dem CM BB in Kontakt stehen 8 .<br />

Schriftliche Einschätzung der Akteure<br />

In einem ersten Schritt wurde den Akteuren ein schriftlicher Kurzfragebogen mit 11 Frageitems zu ihrer Einschätzung<br />

des CM BB vorgelegt. Die Befragten wurden bei jedem Frageitems nach ihrer Einschätzung auf<br />

einer Skala zwischen 1 (überhaupt nicht zutreffend) und 6 (völlig zutreffend) gefragt. Je näher die nachfolgenden<br />

Angaben der mittleren Bewertung aller Befragten bei 6 liegen, desto grösser ist die Zustimmung.<br />

Die Erkenntnisse aus dieser Kurzbefragung lassen sich in zwei Aspekte fassen. So ist die Zustimmung für das<br />

CM BB und dessen konkrete Vorgehensweise in der Fallarbeit gross. Etwas kritischer werden die Position<br />

des CM BB in der bestehenden Institutionenlandschaft und die individuelle Wirkung des CM BB betrachtet.<br />

So findet die Initiative des Bundes zur Unterstützung der <strong>Kanton</strong>e bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit<br />

bei den Befragten eine sehr hohe Zustimmung (mittlere Bewertung aller Befragten = 5.58). Daher findet<br />

die Mehrheit zusätzliche spezifische Angebote zur Unterstützung der Risikogruppe gerechtfertigt (5.46).<br />

Dabei wird insbesondere der Früherfassung der Risikogruppe im 8./9. Schuljahr der Volksschule eine grosse<br />

Bedeutung beigemessen (5.54). Demgegenüber ist es für viele Befragte nicht einzuschätzen, ob das CM BB<br />

für Jugendliche und junge Erwachsene nach der Volksschule ein passendes Selektionsverfahren aufgebaut<br />

hat. Einzelne Personen stimmen dem eher zu. Eine etwas weniger hohe, aber dennoch grosse Zustimmung<br />

findet auch die Vorgehensweise des CM BB. So wird es als wichtig erachtet, dass im CM BB mit den Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen Ziele formuliert werden, die für die beteiligten Institutionen richtungsweisend<br />

sind (mittlere Bewertung = 5.15). Auch die fallbezogene Steuerung und Koordination durch das CM BB<br />

über die institutionellen Grenzen hinweg wird als eher sinnvoll (4.75) und die Abstimmung der Aktivitäten aller<br />

Beteiligten als Effizienz steigernd erachtet (4.82). Die individuelle Fallarbeit und die Koordination auf institutionelle<br />

Ebene – zwei zentrale CM-Elemente – werden somit als wichtig betrachtet.<br />

Des Weiteren findet zwar die Mehrheit, dass es eher zusätzlicher Angebote bedarf, um die Risikogruppe angemessen<br />

zu unterstützen (4.69), wobei die Bewertung auf einer grossen Spannbreite zwischen 2 und 6 liegt.<br />

Die Einschätzung, ob das CM BB Leistungen erbringt, welche von anderen Versorgungsinstitutionen nicht<br />

erbracht werden (4.38), und das CM der richtige Ansatz ist um die Risikogruppe angemessen zu unterstützen<br />

(4.31), liegt im Durchschnitt knapp über 4. Dabei liegen die Bewertungen wiederum zwischen 2 und 6. Die<br />

mittlere Bewertung, ob das CM BB die Betroffenen bei ihren Bedürfnissen abholen und die nötige Verbindlichkeit<br />

herstellen kann, liegt bei 3.90. Somit stellen das Gewinnen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

und das Herstellen der Verbindlichkeit für das Angebot eine zentrale Herausforderung dar.<br />

CM BB im Institutionennetz<br />

Das aufgezeigte Institutionennetz verdeutlicht, dass einerseits ein breites Angebot existiert, um Jugendliche<br />

und junge Erwachsene in unterschiedlichen Lebenslagen im Übergang in eine Erwerbstätigkeit zu unterstützen.<br />

Andererseits zeigt sich, dass die bestehenden Angebote jeweils punktuell auf einen Lebensbereich fokussieren<br />

und über einen kürzeren, vordefinierten Zeitraum agieren bzw. an ein gewisses Alter (Schulzeit,<br />

Kindes- und Jugendalter, Erwerbsalter) gebunden sind. So kann das CM BB eine Lücke im Institutionennetz<br />

füllen, indem der Bogen vom Oberstufenalter bis zum Abschluss einer Berufsausbildung gespannt wird. Dies<br />

8 In Abbildung 7 sind die interviewten Institutionen schwarz geschrieben, zudem werden die beigezogenen Akteure im Anhang genannt.<br />

43


im Gegensatz zum bestehenden Angebot, welches mit dem Schulaustritt endet (Schulsozialarbeit, SPD), erst<br />

durch den Eintritt in eine Lehre in Anspruch genommen werden kann (Berufsschule, Lehraufsicht), nur über<br />

einen kürzeren Zeitraum an der Schnittstelle zur Berufsausbildung besucht werden kann (Brückenangebote,<br />

inkl. Step4, Berufsberatung), an klare Voraussetzungen gebunden ist (Sozialhilfe, IV, RAV) bzw. mit der Volljährigkeit<br />

endet oder dann erst beginnt (KJPD, CM Stelle). So können durch das CM BB eine längerfristige<br />

Begleitung stattfinden und Herausforderungen in verschiedenen Lebensbereichen als Ganzes angegangen<br />

werden.<br />

Merkmale der Klientel<br />

Die oben dargestellten Erkenntnisse verdeutlichen, dass das institutionelle Unterstützungsnetz insbesondere<br />

bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, welche in mehreren Lebensbereichen benachteiligt sind, Unterstützung<br />

verschiedener Leistungserbringer erhalten und daher für eine erfolgreiche Integration in eine Berufsbildung<br />

oftmals einer längerfristigen Begleitung bedürfen, an Grenzen stösst. Dabei handelt es sich laut den<br />

befragten Akteuren häufig um Jugendliche und junge Erwachsene mit schulischen Schwierigkeiten, eingeschränkter<br />

familiärer Unterstützung insbesondere in Bezug auf die Berufsbildung, einer gewissen Orientierungslosigkeit<br />

und Unreife die Herausforderungen im Übergang in die Berufsausbildung bzw. Erwerbstätigkeit<br />

zu meistern bis hin zu diffusen psychischen Erkrankungen, welche sich erst an diesem Übergang herauskristallisieren.<br />

Ein weiteres genanntes Segment betrifft junge Erwachsene, deren Schulabschluss bereits länger<br />

zurückliegt, keine Berufsausbildung abgeschlossen haben und über Jahre hinweg keiner geregelten längerfristigen<br />

Erwerbstätigkeit nachgingen. Die Strukturen und Ressourcen der bestehenden Angebote (exkl. CM<br />

BB) – so zeigt sich in den Interviews mit den Akteuren – lassen eine solch längerfristige Begleitung für die<br />

beschriebene Klientengruppe über die in der obigen Abbildung ersichtlichen Übergänge hinweg (Schule -<br />

Brückenangebot – Berufsbildung - Erwerbstätigkeit) nicht zu. Daher wird für die Begleitung von mehrfachbelasteten<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen durch das CM BB die Möglichkeit gesehen, dass ein Auffangnetz<br />

für diese Zielgruppe besteht, welches vom 12. bis 25. Lebensjahr die Übergange begleiten kann.<br />

„Wenn ein Lehrverhältnis aufgelöst wird, dann haben wir die Möglichkeit, diese Leute noch eine gewisse Zeit zu begleiten<br />

für eine Anschlusslösung. Das sind so in der Regel noch Maximum drei Monate (…) und so lange versuchen wir die noch<br />

am Radar zu behalten und zu schauen, wie’s läuft und dann wenn’s länger dauert ist‘s so, dass wir dann die nicht mehr<br />

weiterbegleiten könnten. Dann macht’s natürlich Sinn, dass wir das ganz sicher dem CM BB weitergeben können.“<br />

(Lehraufsicht).<br />

„Ihr Vorteil ist immer, dass es bei ihnen keinen Handwechsel geben muss. Sie können den Bogen schlagen von der Sek I-<br />

Stufe nachher in ein Zwischenjahr, in eine Lehre bis zu einem Anstellungsverhältnis, wo sie drin bleiben können. (…) Das<br />

ist ihr Vorteil, wenn’s eine langfristige Begleitung braucht“ (IV).<br />

Kooperationen im Unterstützungsnetz<br />

Strategische Positionierung<br />

Besondere Notwendigkeit wird von interviewten Akteuren darin gesehen, das CM BB auf übergeordneter,<br />

strategischer Ebene – also der Ebene der involvierten Ämter – klarer zu positionieren und zu verankern. Eine<br />

klare strategische Positionierung und Stützung des CM BB hat sich auch im <strong>Kanton</strong> Basel-Stadt als besonders<br />

zentrales Rückgrat zur die Implementierung und Weiterentwicklung dieses Angebots erwiesen (Haller &<br />

Hümbelin 2011). Durch den strategischen Rückhalt und die Klärung des Aufgabenbereichs bzw. der Handlungsspielräume<br />

des CM BB kann auch die Klarheit über das Angebot gegen aussen verbessert, der Informationsfluss<br />

zwischen den involvierten Stellen gefördert und so Doppelspurigkeiten verhindert werden. Dies wird<br />

bisher als mangelhaft wahrgenommen:<br />

44


„Das gemeinsame Ziel von dieser Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit. Von dem müssten alle ausgehen und dort<br />

müsste wie das CM BB auch in meinen Augen vom <strong>Kanton</strong> mehr gestärkt werden. Jetzt hat’s, so nehme ich’s wahr,<br />

einfach noch so ein bisschen den Projektcharakter.“ (IV)<br />

Somit stellt die strategische Positionierung ein zentrales Element dar, um die nachfolgend in den Interviews<br />

mit den Akteuren erwähnten Herausforderungen des CM BB anzugehen.<br />

Zuweisung<br />

Erkennen die Akteure bei der Arbeit mit einem bzw. einer Jugendlichen oder jungen Erwachsenen die Grenzen<br />

ihrer Unterstützungsmöglichkeiten so besteht eine zentrale Herausforderung darin, zu erkennen, zu welchem<br />

konkreten Zeitpunkt eine Zuweisung zum CM BB angebracht ist. In der Zusammenarbeit mit der Berufsberatung<br />

ist ein Kriterienraster zur Auswahl der Zielgruppe entstanden. Oftmals bleibt jedoch unklar inwieweit<br />

eine Mehrfachproblematik und mehrere involvierte institutionelle Akteure – zwei zentrale Indikationen<br />

für ein CM BB – vorhanden sein müssen, um eine Zuweisung in die Wege zu leiten. Daher wird von den zuweisenden<br />

Stellen die Möglichkeit der direkten, unkomplizierten Kontaktaufnahme mit dem CM BB im individuellen<br />

Fall und der Entscheid einer Weiterleitung durch eine kurze Fallbesprechung sehr geschätzt.<br />

Erfassung am Ende der Volksschule / Früherfassung 9<br />

Die Berufsberatung erfasst in Zusammenarbeit mit den Schulen am Ende der obligatorischen Schulzeit flächendeckend<br />

alle Schulabgänger/innen, welche noch keine Anschlusslösung haben. Diese Jugendlichen<br />

werden systematisch mit dem RAV vernetzt und haben dort die Möglichkeit Leistungen zu beziehen bzw. im<br />

Step4 ein Motivationssemester zur beruflichen Integrationsförderung zu besuchen. Somit besteht ein Instrument<br />

zur Erfassung der am Übergang in die Berufsausbildung gefährdeten Jugendlichen, welche auch zur<br />

Zielgruppe des CM BB gehören können.<br />

Die Früherfassung der Jugendlichen ab der 7./8./9. Klasse, welche am Übergang von der obligatorischen<br />

Schule in die Berufsausbildung gefährdet sind, stellt aus der Sicht aller befragten Akteure ein zentraler Aspekt<br />

dar. Gelingt es dem CM BB die gefährdeten Jugendlichen bereits während der letzten Klassen der obligatorischen<br />

Schulzeit zu erreichen, kann der Bogen zwischen Volksschule und Berufsbildung gespannt werden,<br />

ohne dass die Betroffenen durch das Unterstützungsnetz fallen. Gerade in Bezug auf die Früherfassung sehen<br />

die Befragten noch grosses Verbesserungspotenzial. Dabei wird die Schwierigkeit und Notwendigkeit<br />

darin gesehen, die Akteure der Schule soweit über das Angebot zu informieren und für die Zuweisung gefährdeter<br />

Jugendlicher an das CM BB zu sensibilisieren, dass eine Kooperation zu Stande kommen kann.<br />

Oftmals – so wird festgestellt – erreicht die Information zum CM BB die Lehrkräfte und somit die Jugendlichen<br />

und ihre Eltern zu wenig und/oder es besteht eine Hemmschwelle die Betroffenen an dieses Angebot<br />

weiterzuleiten. So zeigt sich, dass das CM BB in vielen Schulen des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> noch zu wenig verankert<br />

ist. Gleichzeitig zeigen die standardisierten Daten (vgl. Kapitel 3.2), dass in knapp 20% der Fälle, die Zuweisung<br />

über die Volksschule (v.a. Lehrpersonen) geschieht. Dies lässt die Folgerung zu, dass die Früherfassung<br />

in gewissen Schulen bereits greift.<br />

Im Gegensatz zum CM BB ist der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst (KJPD) seit Jahren in der Schule<br />

institutionalisiert und ein/e Schüler/in wird bei Auffälligkeiten häufig an diesen Dienst weitergeleitet. Von einzelnen<br />

Akteuren wird dabei die Gefahr gesehen, auf psychische Erkrankungen zu fokussieren. Daher sei das<br />

CM BB als Triageinstanz, welche einen mehrdimensionalen Blick auf die Situation des/r Jugendlichen und<br />

jungen Erwachsenen wirft und dadurch die nötigen Massnahmen aufgleist, zu fördern.<br />

9 Bisher wurden noch keine Akteure der Sek I-Stufe befragt, dies ist für den Schlussbericht geplant. Die befragten Akteure aus den Bereichen Berufsbildung<br />

und Existenzsicherung äusserten ihre Sicht auf die Volksschule als Akteur. Diese Sichtweisen werden in diesem Kapitel dargestellt.<br />

45


Information/Bekanntheit<br />

Aus den Gesprächen mit den Akteuren wird – neben der festgestellten Hemmschwelle der schulischen Akteure<br />

Jugendliche an das CM BB weiterzuleiten – die mangelnde Information und Bekanntheit des Inhaltes<br />

und der Rolle des CM BB als Schwierigkeit hervorgehoben. Oftmals ist es aufgrund der verschiedenen Angebote,<br />

welche sich an eine ähnliche Zielgruppe wenden für Zuweiser/innen nicht einfach den Überblick über<br />

die einzelnen Angebote und deren Inhalte zu haben. Die schleichende Einführung des CM BB scheint auf den<br />

Informationsprozess einen weiterhin bestehenden negativen Einfluss zu haben. So zeigt sich zwar einerseits<br />

in den standardisierten Daten, dass eine breite Palette an zuweisenden Institutionen aus verschiedenen Bereichen<br />

und in rund 15% der Fälle die Jugendlichen bzw. deren Eltern oder Verwandte selber eine Anmeldung<br />

beim CM BB vornehmen (vgl. Kapitel 3.2), womit das CM BB bei verschiedenen Akteuren bekannt ist.<br />

Gleichzeitig zeigt sich in den Interviews mit den Akteuren, dass trotz dem Wissen über die Existenz des Angebotes,<br />

häufig keine klare Vorstellung über den Inhalt, die Rolle und die Vorgehensweise des CM BB besteht.<br />

Dies wiederum führt bei den involvierten Stellen einerseits zu Unklarheiten über die Aufnahmekriterien<br />

an das CM BB (siehe auch oben Zuweisung) und andererseits zu Unklarheiten über die Abgrenzung zwischen<br />

den verschiedenen an dieser Schnittstelle tätigen Angeboten. Informationsveranstaltungen unterschiedlicher<br />

Form oder ein Tag der offenen Türen zum CM BB werden dafür von den Befragten als notwendig erachtet.<br />

Um neben der Fallarbeit eine intensive Sensibilisierungsarbeit voranzutreiben, werden zusätzliche Ressourcen<br />

als nötig empfunden.<br />

Klärung der Zuständigkeiten und Kooperationsabläufe<br />

Seitens verschiedener Akteure wird erwähnt, dass es einer Klärung der Zuständigkeiten und Kooperationsabläufe<br />

insbesondere dort bedarf, wo es zu Überschneidungen zwischen den Aufgaben des CM BB und anderen<br />

Institutionen kommt. Diese Herausforderung wird vor allem in Zusammenarbeit mit dem KJPD, der Lehraufsicht<br />

und dem Motivationssemester Step4 gesehen. Durch die Klärung der unterschiedlichen Handlungsbereiche<br />

und die Abstimmung der verschiedenen Hilfeleistungen soll erreicht werden, dass das CM BB vermehrt<br />

als ergänzendes – und nicht als konkurrenzierendes – Angebot erlebt wird. Dabei müssen insbesondere<br />

institutionelle Hürden auf übergeordneter Ebene abgebaut werden. Die Tatsache, dass jede Institution auf<br />

die eigenen Finanzen achten muss, beeinträchtigt die Möglichkeiten zu Gunsten der Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen interinstitutionelle Kooperationen einzugehen. Dabei wird von einigen Seiten auch die Schwierigkeit<br />

erwähnt, dass das CM BB über keine eigenen Finanzen verfügt, um Massnahmen zu sprechen. Das<br />

CM BB ist daher auf die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen angewiesen, was je nach zu involvierender<br />

Institution und der jeweiligen Rechtsgrundlage (z.B. der IV, ALV, Sozialhilfe) nicht immer klappt.<br />

Fallführung<br />

Des Weiteren besteht im Zusammenhang mit den Zuständigkeiten und Kooperationsabläufen aus Sicht der<br />

Akteure Unklarheit darüber, bei wem bei der Beteiligung verschiedener Akteure die Fallführung liegt. Nach der<br />

Idee des CM BB fungieren die Case Managenden als Vermittler/innen und Lotsen im Unterstützungsnetz und<br />

haben dabei den Lead über den geführten Fall (ABMH 2010: 9). Die Möglichkeit des CM BB, die Übersicht<br />

über die involvierten Stellen zu haben, die Vernetzung voranzutreiben und aus einer Vogelperspektive zu koordinieren,<br />

wird denn auch von den interviewten Akteuren aus dem institutionellen Netzwerk als besonders<br />

positiven Aspekt hervorgehoben. Das CM BB wird als eine sehr hilfreiche Instanz angesehen, wo die Fäden<br />

zusammenlaufen und bei Bedarf verschiedene involvierte Fachkräfte an einen Tisch gebracht werden. Dies<br />

ermöglicht aus der Sicht vieler Akteure durch den Informationsaustausch und das Vermeiden von Doppelspurigkeiten<br />

mit den begleiteten Jugendlichen und jungen Erwachsenen die definierten Ziele effizienter anzugehen.<br />

Gleichzeitig zeigt sich, dass die Umsetzung dieser Rolle nicht selbstverständlich ist. So ist in der Zusammenarbeit<br />

mit gewissen Akteuren nicht immer klar, wer die Fallführung hat bzw. die Fallführung möchte<br />

nicht dem CM BB abgegeben werden, was Doppelspurigkeiten nicht verhindert, sondern vielmehr fördert.<br />

Zur Regelung der Zuständigkeiten gehört somit auch die Klärung der Frage, bei wem die Fallführung liegt.<br />

46


CM BB als Koordinatoren und Vermittler<br />

Die Koordinations- und Vernetzungsaufgaben des CM BB, um den/die Jugendliche/n oder junge/n Erwachsene/n<br />

im Unterstützungsnetz zu leiten, wird von den interviewten Akteuren häufig als sehr zentraler Aspekt<br />

hervorgehoben. So wird geschätzt, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen an eine Stelle vermittelt<br />

werden können, wo das Fachwissen zur Berufsbildung, ein institutionelles Netzwerk über verschiedene Lebensbereiche<br />

hinweg und die Vernetzung in verschiedenen Gremien vorhanden ist, um die Betroffenen adäquat<br />

zu begleiten.<br />

„Eine übergeordnete Stelle so aus der Vogelperspektive, wo dann einfach koordiniert, vergrössert für mich die Chance,<br />

dass am Schluss auch das Ganze verhebt oder wenn’s dann irgendwo anfängt brüchig zu werden, dass dann die übergeordnete<br />

Stelle rechtzeitig bereits intervenieren kann und nicht erst wenn’s bereits verschachtelt ist. Für mich ist das<br />

eine zusätzliche Absicherung.“ (Sozialregion)<br />

Auch die Tatsache, dass die Betroffenen „vor Ort“ begleitet werden, die Case Managenden also mit den Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen zu den involvierten Institutionen gehen, wird als sehr positiv wahrgenommen.<br />

Ausserdem wird dem CM BB eine wichtige Triagefunktion zugesprochen, welches die Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen je nach individuellem Bedarf an die zuständigen Stellen weiterleitet. Die Triagefunktion<br />

des CM BB zeigt sich auch in den quantitativen Daten als bedeutend (vgl. Kapitel 3.2). Diese<br />

Funktionen können in diesem Umfang von keiner anderen Institution übernommen werden, wodurch das CM<br />

BB von vielen befragten Akteuren als Entlastung angesehen wird. So kann das CM BB die Jugendlichen und<br />

jungen Erwachsenen auch weiterbetreuen, wenn andere Institutionen nicht mehr involviert sind, indem der<br />

Bogen von der obligatorischen Schulzeit bis zum Abschluss einer Berufsausbildung gezogen wird.<br />

Die Case Managenden als Koordinator/innen im Unterstützungsnetz bringt auch für die involvierten Institutionen<br />

eine Absicherung, dadurch dass diese beim CM BB eine Ansprechperson finden. Der intensive, unkomplizierte<br />

(Informations-) Austausch mit dem CM BB wird dabei von den meisten Interviewten als sehr hilfreich<br />

erachtet. Durch die Weitergabe von Informationen werden Synergie geschaffen, um die Jugendlichen und<br />

jungen Erwachsenen effizienter unterstützen zu können. Gewisse Personen finden, dass dieser Austausch<br />

intensiviert werden sollte, insbesondere, damit Kenntnis darüber besteht, welche Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen bereits beim CM BB anhängig sind. Gleichzeitig sind gerade in Bezug auf den Informationsaustausch<br />

auch kritische Stimmen zu hören und die Gefahr zu leichtsinnig mit heiklen Daten umzugehen.<br />

Individuelle Fallarbeit im CM BB<br />

Enge Begleitung durch das CM BB<br />

Auf der Ebene der individuellen Arbeit mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird der Vorteil des<br />

CM BB insbesondere in der sehr engen, längerfristigen Begleitung über verschiedene Schul- bzw. Ausbildungsstufen<br />

hinweg, gesehen. Das CM BB „bleibt dran“ und „doppelt nach“.<br />

„Es ist ein Angebot, wo sie über diese Stufen hinaus begleitet und dran bleibt, nachdoppelt (…) solange dass die Jugendlichen<br />

irgendwie auch dranbleiben, und motivieren.“ (Berufsberatung)<br />

Viele interviewte Akteure nennen die wichtige Aufgabe des CM BB zusammen mit den Jugendlichen und<br />

jungen Erwachsenen, die jeweilige Situation in seiner Komplexität zu verstehen, indem systematische und<br />

umfassende Abklärungen getroffen, verschiedene Möglichkeiten durchdiskutiert und so Klarheit geschaffen<br />

und Massnahmen aufgegleist werden.<br />

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„Wenn man nicht mehr davon ausgeht, dass man Angebote hat, wo Leute reinpassen müssen, sondern Leute, wo Angebote<br />

brauchen, dann fängt man anders an. Das ist von dem her, warum ich das CM BB sehr befürworte, weil sie diese<br />

Art von Denken unterstützen.“ (IV)<br />

So wird auf die individuellen Bedürfnisse der Jugendlichen und jungen Erwachsenen eingegangen, die Betroffenen<br />

werden „an der Hand genommen“ und haben durch die enge Begleitung „jemanden an der Seite“.<br />

Das CM BB wird als Stütze dargestellt. Häufig kann so die nötige Vertrauensbeziehung aufgebaut werden, so<br />

dass sich die Jugendlichen und jungen Erwachsenen ernst genommen fühlen. Auch diese Aufgaben können<br />

in diesem Umfang und über eine längerfristige Dauer aufgrund mangelnder Ressourcen von keiner anderen<br />

Institution übernommen werden. Durch die enge Begleitung - erwähnen viele Interviewte – bekommen die<br />

Betroffenen eine Struktur, es finden Lernprozesse statt, die Selbständigkeit wird gefördert und es wird an<br />

Selbstwert gewonnen.<br />

„Ich denke dort gibt’s auch gute Lösungen, das geht aber auch nicht so schnell. Eine gute Lösung heisst nicht, dass man<br />

in zwei Wochen einen Abschluss hat oder eine gute Lösung hat, sondern man ist einfach auf dem richtigen Weg. Sie<br />

machen mit und man ist bemüht da irgendwie den richtigen Weg oder die richtigen Weichen zu stellen.“ (Lehraufsicht)<br />

Der Aspekt, dass eine nachhaltige Integration in eine Berufsausbildung Zeit benötigt, zeigt sich auch in den<br />

Daten zum Berufsbildung-Status und dessen Veränderung während der CM BB-Begleitung (vgl. Kapitel 5.2).<br />

So bedarf es einer längerfristigen Unterstützung, um einen erfolgsversprechenden Status zu erreichen.<br />

In den Interviews mit den Akteuren wird des Weiteren hervorgehoben, dass unbedingt genügend zeitliche<br />

Ressourcen zur Verfügung stehen müssen, um diese enge Begleitung aufrechthalten zu können. Denn gerade<br />

auch die nach einer Zuweisung schnelle Kontaktaufnahme des CM BB mit der angemeldeten Person wird<br />

als sehr zentral erachtet. Daher finden einige Akteure die Aufstockung der Ressourcen notwendig. Dabei wird<br />

auch die Möglichkeit, bei Bedarf das Geschlecht der CM-Person zu wählen, als wichtig erachtet.<br />

Freiwilligkeit<br />

Eine grosse Herausforderung wird bei der Freiwilligkeit, das CM BB in Anspruch zu nehmen gesehen. So wird<br />

einerseits eine Hemmschwelle der Jugendlichen und deren Eltern bzw. der jungen Erwachsenen gesehen,<br />

das Angebot in Anspruch zu nehmen und sich dadurch einer weiteren Person öffnen zu müssen. Andererseits<br />

besteht auch eine grosse Schwierigkeit darin, das Angebot für die gewonnenen Jugendlichen längerfristig<br />

verbindlich zu gestalten. Es besteht die Gefahr, dass die begleiteten Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

sich nach den ersten erfolgreichen Schritten wieder vom CM BB distanzieren und keinen Bedarf an längerfristiger<br />

Begleitung bei allfälligen erneuten Schwierigkeiten sehen. Diese Herausforderung zeigt sich auch<br />

in den quantitativen Daten deutlich, zumal viele Begleitungen aufgrund mangelnder (Kooperations-) Bereitschaft<br />

in der Triage-Phase oder im regulären CM vorzeitig abgeschlossen werden müssen (vgl. Kapitel 3.2).<br />

Die interviewten Personen messen daher der Informations- und Beziehungsarbeit einen wichtigen Stellenwert<br />

bei. Eine wertschätzende, ressourcenorientierte und unterstützende Haltung gegenüber den Jugendlichen<br />

wird als sehr wichtig erachtet. Auch eine engere Begleitung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis<br />

zur Einbindung beim CM BB durch die zuweisende Stelle wird als notwendig gesehen, um den Zugang besser<br />

zu gewährleisten.<br />

Lücken im System<br />

Unter den befragten Akteuren herrscht der Grundtenor, dass das CM BB eine wichtige Aufgabe erfüllt, unter<br />

dem Einbezug der oben dargestellten Herausforderungen und Verbesserungspunkte. Dabei müssen die personellen<br />

Ressourcen beim CM BB erlauben, neben der Fallarbeit auch intensive Netzwerkarbeit betreiben zu<br />

können. Die Vertreterinnen der Region Dorneck-Thierstein erwähnen die Schwierigkeit für die dort wohnhaf-<br />

48


ten Jugendlichen aufgrund der geografischen Distanz für ein in Olten und <strong>Solothurn</strong> zentralisiertes Angebot<br />

gewonnen zu werden. Eine Zweigstelle in der dortigen Region ermöglichte, dass eine grössere Verbindlichkeit<br />

für die Inanspruchnahme des Angebots geschaffen werden könnte.<br />

Der Bedarf an klarerer Positionierung und Verankerung des Angebots und somit die Abgrenzung von anderen<br />

Angeboten, deren Unterstützungsbereich sich mit dem CM BB überschneiden, bringt für einige Akteure die<br />

Frage mit sich, wie die Weiterentwicklung des CM BB aussehen könnte. Eine Idee wäre, gewisse Angebote<br />

wie beispielsweise das CM BB, Step4, die Berufsberatung und allenfalls auch die Lehraufsicht, welche den<br />

Fokus auf die Schnittstelle „obligatorische Schulzeit – Berufsausbildung“ legen, in einem Kompetenzzentrum<br />

Berufsbildung zusammenzubringen. Die damit verfolgte Idee ist eine koordiniertere auf die Bedürfnisse der<br />

Jugendlichen abgestimmte Begleitung.<br />

Aufgehend vom oben und in der Darstellung aufgezeigten Institutionennetz erwähnen gewisse Akteure – insbesondere<br />

aus dem Bereich der Berufsberatung – den mehrfach beobachteten Bedarf an einem Coaching-<br />

Pool. Es wird vermehrt eine Gruppe von Jugendlichen aus dem tieferen schulischen Segment beobachtet,<br />

welche keine Mehrfachproblematik aufweisen, aufgrund von gewissen schulischen Schwierigkeiten, „mangelnder<br />

Reife“ und Orientierungslosigkeit bezüglich der Berufswahl und dem Übertritt in eine Berufsausbildung<br />

aber einer engen Coaching-Begleitung für den beruflichen Werdegang bedürfen. Dieses Coaching soll<br />

die genannten Jugendlichen über längere Zeit eng begleiten können, indem Verhaltensweisen, Strategien und<br />

Techniken geübt werden, um die Entwicklungsaufgaben in Angriff zu nehmen. Gleichzeitig sollten auch in<br />

Zusammenarbeit mit den Akteuren des Arbeitsmarktes Möglichkeiten ausgearbeitet werden, dass diese Jugendlichen<br />

Zugang zu Ausbildungsplätzen finden.<br />

Ausserdem wird das Angebot an Zwischenlösungen vom Umfang her bemängelt. Die bestehenden Strukturen<br />

mit 10. Schuljahr (nur noch bis 2016), Berufsvorbereitungsjahr, Hauswirtschaftsjahr, Integrationsjahr,<br />

Startpunkt Wallierhof und Motivationssemester Step4 entsprechen nicht immer den Bedürfnissen der Jugendlichen<br />

und die Anzahl Plätze ist beschränkt.<br />

Zwischenfazit: CM BB im Unterstützungsnetz<br />

Die Erkenntnisse aus den Gesprächen mit Schlüsselpersonen aus dem Institutionennetz des CM BB zeigen,<br />

dass insbesondere die Möglichkeit einer längerfristigen, engen Begleitung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

über verschiedene Übergänge hinweg sowie die Koordinations- und Lotsenfunktion im Unterstützungsnetz,<br />

das CM BB zu einem wichtigen neuen Akteur in der Institutionenlandschaft macht. Das CM<br />

BB wird in der individuellen Begleitung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in mehrfachproblematischen<br />

Situationen als eine wichtige Stütze erachtet, indem die Situation und Bedürfnisse der Person umfassend<br />

abklärt und verschiedene Möglichkeiten durchdiskutiert werden, um die nächsten Schritte in Richtung<br />

einer Berufsausbildung in die Wege zu leiten. So steht den Betroffenen jemand zur Seite, der/die über eine<br />

längere Zeitdauer von Ende der obligatorischen Schulzeit bis zum Abschluss einer Berufsausbildung dran<br />

bleibt und Unterstützung in verschiedenen Lebensbereichen bietet. Die Unterstützung in verschiedenen Lebensbereichen<br />

durch das CM BB wird insbesondere dann als besonders bereichernd gesehen, wenn dieses<br />

die Übersicht über die involvierten Stellen hat, die Vernetzung vorantreiben, die involvierten Akteure an einem<br />

Tisch zusammengebracht werden und so aus der Vogelperspektive koordinieren kann. Dabei wird dem CM<br />

BB eine wichtige Triagefunktion in Richtung andere – in verschiedenen Lebensbereichen – zu involvierende<br />

Institutionen zugesprochen. Durch diese Koordinationsfunktion und den intensiven Informationsaustausch<br />

können laut verschiedener Akteure Doppelspurigkeiten vermieden, Synergien geschaffen und das institutionelle<br />

System entlastet werden, um die mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen definierten Ziele effizienter<br />

anzugehen. Die bisherigen Institutionen (exkl. CM BB) decken zwar ein breites Angebot ab, können eine<br />

solch umfassende und längerfristige Begleitung jedoch aufgrund mangelnder Ressourcen bzw. klarer definiertem<br />

Handlungsspielraum (bezüglich Alterspanne, Zeitraum, Unterstützungsbereich und zu erfüllende Voraussetzungen)<br />

nicht bieten.<br />

49


Neben diesen Möglichkeiten des CM BB bestehen weiterhin Herausforderungen und Verbesserungspotenzial<br />

zur Weiterentwicklung dieses Angebotes. Der Klärung der Frage, zu welchem Zeitpunkt die Zuweisung an<br />

das CM BB angebracht ist und welche konkreten Bedingungen dafür erfüllt werden müssen (v.a. bezüglich<br />

vorliegender Mehrfachproblematik und Anzahl involvierter Akteure), stellt ein zentrales Anliegen dar. So wird<br />

neben den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in mehrfachproblematischen Situationen ein vermehrter<br />

Bedarf an Unterstützungsmöglichkeiten von Jugendlichen aus dem tieferen schulischen Segment ohne Mehrfachproblematik<br />

beobachtet, welche zur individuellen Entwicklung eines intensiven Coachings bedürfen. In<br />

diesem Zusammenhang gilt ein besonderes Augenmerk der Information über den Inhalt und die Rolle des CM<br />

BB und der Klärung der Zuständigkeiten und Kooperationsabläufe mit den involvierten Akteuren. Durch die<br />

Informations- und Sensibilisierungsarbeit soll einerseits der Bekanntheitsgrad dieses Angebots gefördert werden<br />

und andererseits die Hilfeleistungen durch die Definition der Handlungsspielräume und Fallführung aufeinander<br />

abgestimmt werden, um die Hemmschwelle zur Zusammenarbeit mit dem CM BB sowohl bei den<br />

Betroffenen wie auch den involvierten Institutionen abzubauen. Besonderes Potenzial sehen die Akteure dabei<br />

vor allem bei der Verbesserung der Zusammenarbeit mit der Volksschule zur Früherfassung der Jugendlichen<br />

auf der Oberstufe sowie bei der klareren Positionierung und Verankerung des CM BB auf übergeordneter,<br />

strategischer Ebene. Ausserdem zeigt sich, dass eine besondere Schwierigkeit darin besteht, die Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen für eine CM BB-Begleitung zu gewinnen und die Verbindlichkeit für eine<br />

längerfristige Unterstützung herzustellen.<br />

Diese Herausforderungen sollen durch genügend (personelle) Ressourcen zukünftig angegangen werden<br />

können, um das Angebot weiterentwickeln zu können. Die daraus hergeleiteten Empfehlungen werden in<br />

Kapitel 6 dargestellt.<br />

50


5 Wirkungen des CM BB<br />

In den nachfolgenden zwei Kapiteln werden die in den Fallstudien ersichtlichen Entwicklungsschritte anhand<br />

der erarbeiteten Wirkungskategorien und die zeitliche Entwicklung des Berufsbildungsstatus der begleiteten<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen dargestellt.<br />

5.1 Wirkungskategorien im CM BB<br />

Aufgrund der unterschiedlichen Ressourcenlagen und Unterstützungsleistungen hat das CM BB auch unterschiedliche<br />

Effekte. Die Wirkungen, die im Folgenden beschrieben werden, unterscheiden sich zunächst vom<br />

Wechsel des Berufsbildungsstatus. Letzterer markiert einen grossen Schritt in der Biographie eines Jugendlichen.<br />

Mit Hilfe der Fallstudien lassen sich kleinschrittige Veränderungen nachweisen, die sich im Alltag der<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen manifestieren. Die Wirkungskategorien „Kompetenzzuwachs“, „Konkretisierung<br />

der Berufsvorstellung“, „Stabilisierung“ und „Stagnation“ können die Basis für einen Statuswechsel<br />

in der Berufsbildung bilden.<br />

Kompetenzzuwachs<br />

Wichtige Veränderungen erreicht das CM BB im Bereich der Kompetenzen der Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen. Diese gehen meist aus dem Anleiten hervor. Im Zuge des gemeinsamen Übens erwerben die<br />

Jugendlichen Know-How und Kompetenzen im Bereich der Berufsbildung. Zum einen wissen sie, wie man<br />

Bewerbungen und Lebensläufe schreibt, zum anderen, wie man sich in Telefon- und Bewerbungsgesprächen<br />

verhält. Dadurch, dass sie das Gelernte umsetzen, werden sie im Sprechen und Schreiben geübter, sicherer<br />

und lockerer. Gleichzeitig sind sie produktiver und effizienter. Darüber hinaus entwickeln sie Selbstkompetenzen.<br />

Weil die Jugendlichen und jungen Erwachsenen aktiv handeln und kleine Erfolge erzielen, werden sie<br />

selbständiger, selbstbewusster und mutiger. Auch der Rahmen des CM BB begünstigt die Lernprozesse.<br />

Das kleinschrittige Vorgehen sowie die Kontrolle durch die Case Managerinnen und Case Manager können<br />

dazu führen, dass sich die Jugendlichen besser konzentrieren und fokussiert bleiben. Eine Person gibt gar an,<br />

dass sie „verantwortungsvoller“ und „reifer“ geworden sei. In der Regel erfolgt der Kompetenzzuwachs in der<br />

direkten Zusammenarbeit mit den Case Managerinnen und Case Managern. Da diese aber auch an andere<br />

Stellen vermitteln, können sich die Jugendlichen auch dort Kompetenzen aneignen. Bspw. holen sie in Zwischenlösungen<br />

Schulstoff nach.<br />

Konkretisierung der Berufsvorstellung<br />

Die nächste Wirkungskategorie ist in erster Linie eine Folge der Arbeit am beruflichen Entwurf, die in den Unterstützungsprozessen<br />

geleistet wird. Infolge der Informationen der Case Managerinnen und Case Manager<br />

sowie aufgrund der eigenen Auseinandersetzungen und Reflexionen verfügen die Jugendlichen über ein erweitertes<br />

Wissen. Sowohl haben sie bessere Kenntnis der Berufe und des Arbeitsmarktes als auch der eigenen<br />

Möglichkeiten. Die Jugendlichen wissen wo sie stehen, wo sie hin wollen und wie sie dorthin gelangen<br />

können. Sie haben eine konkrete Vorstellung davon, welchen Beruf sie ergreifen möchten und kennen auch<br />

die Schritte, um diese Vorstellung zu verwirklichen. Eine Jugendliche erklärt, dass sie früher „durcheinandergestöbert“<br />

gewesen sei und erst dank dem CM BB auf einen Beruf „zusteuere“. Einige Personen haben mit<br />

ihrer Case Managerin oder ihrem Case Manager einen „Plan B“ entwickelt, falls es mit dem eingeschlagenen<br />

Weg nicht klappen sollte. Die Jugendlichen erhalten im CM BB Empfehlungen und Ideen, jedoch betonen sie,<br />

dass sie sich selbst oder gemeinsam mit ihrer Case Managerin oder ihrem Case Manager für eine Ausbildung<br />

entschieden haben. Nur wenige Jugendliche fühlen sich unter Druck gesetzt. Die Konkretisierung der Berufsvorstellungen<br />

erfolgt auch aufgrund der praktischen Erfahrungen, die die Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

sammeln. Dadurch, dass sie Schnupperlehren absolvieren und verschiede Berufe ausprobieren, er-<br />

51


kennen sie, ob ihnen Berufe tatsächlich gefallen oder nicht. Unter den Befragten gibt es zudem Jugendliche,<br />

die nicht nur eine konkrete Berufsvorstellung haben, sondern bereits an der Umsetzung arbeiten. Bspw. befindet<br />

sich eine Jugendliche in einem Praktikum, das später in eine Lehrstelle umgewandelt wird.<br />

Stabilisierung<br />

Mit der Kategorie der Stabilisierung sind mehrere Dinge gemeint. So gibt es verschiedene Arten von Stabilisierungen:<br />

kognitive Stabilisierungen, Stabilisierungen der Tagesstruktur oder Stabilisierungen der Gesamtsituation.<br />

Diese Wirkungen sind typisch für Personen des zweiten oder vierten Typus – Jugendliche mit inneren<br />

Konflikten und zurückgezogene Jugendliche. Bei den anderen Gruppen ist eine Stabilisierung oft nicht nötig,<br />

da keine Krisen vorliegen. Kognitive Strukturierungen bzw. Stabilisierungen erfolgen oft auf der Basis einer<br />

Situationsanalyse, die alle Lebensbereiche und selbst heikle Themen umfasst. Dadurch sind sich die Jugendlichen<br />

ihrer problematischen Lage sowie deren Ursachen besser bewusst. Um die Situation zu stabilisieren,<br />

ist es aber ebenso wichtig, dass diese Probleme in einem nächsten Schritt angegangen und gelöst werden.<br />

Stabilisierungen können sich in mehreren Lebensbereichen ergeben. Beispiele sind die Finanzierung des Lebensunterhalts<br />

oder einer Ausbildung, das Finden der richtigen Wohnform und das Erledigen administrativer<br />

Aufgaben. Oft braucht es zur Stabilisierung die Hilfe zusätzlicher Institutionen und Akteure (z.B. Sozialhilfe,<br />

Beistand, Psychologen/Psychotherapeuten). Eine weitere Wirkung betrifft die Tagesstruktur. Im Rahmen des<br />

CM BB gelingt es in einigen Fällen, den Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Anschlusslösung zu<br />

vermitteln (z.B. 10. Schuljahr, Haushaltslehrjahr, Praktikum). Dies ist nicht nur mit einem Wechsel des Berufsbildungsstatus<br />

verbunden, sondern gibt den Jugendlichen auch eine Tagesstruktur. Selbst kurzfristigere Angebote<br />

wie Schnupperlehren oder Nachhilfeunterricht können diesbezüglich förderlich sein. Und letztlich ist<br />

es die kontinuierliche Begleitung im CM BB selbst, die einigen Jugendlichen eine Struktur oder zumindest<br />

bestimmte Fixpunkte gibt.<br />

Fallbeispiel Laura<br />

Eine Jugendliche, die Dank des CM BB eine Stabilisierung erlebt, ist Laura. Das vermittelte 10. Schuljahr<br />

erweist sich als passende Lösung. Wie das folgende Zitat zeigt, findet sie in der neuen Schule eine Tagesstruktur.<br />

Dass das 10. Schuljahr eine gute Wahl war, äussert sich daran, dass Laura bestrebt ist, immer<br />

pünktlich zu sein und nie zu schwänzen. Dabei muss sie auch ihre „inneren“ Konflikte überwinden:<br />

„Es fällt mir je nachdem schon schwer, aus dem Bett zu kommen. Aber ich stehe auf. Ich bin bis jetzt jedes<br />

Mal selbstständig aufgestanden. Sie haben mich noch nie geweckt seit diesem Sommer. Ich bin jedes Mal<br />

pünktlich in der Schule erschienen. Ich habe noch keine unentschuldigte oder fehlende Lektion [...] Ich mache<br />

meine Hausaufgaben, soweit ich es schaffe. Ich gebe mir Mühe und versuche es durchzuziehen.“<br />

Stagnation<br />

Das CM BB erzielt nicht immer die erhofften Wirkungen. Diese Situationen können als Stagnation bezeichnet<br />

werden. Der fehlende Erfolg ist nicht direkt auf die Arbeit im CM BB zurückzuführen. Wie im Folgenden zu<br />

sehen sein wird, hat das Scheitern in erster Linie mit den fehlenden Ressourcen der Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen zu tun. Von Stagnationen betroffen sind vor allem Jugendliche und junge Erwachsene mit<br />

Mehrfachproblematik – meist Personen aus der Gruppe der zurückgezogenen Jugendlichen. Dass sie selbst<br />

mit Hilfe des CM BB kaum Fortschritte erzielen, ist zu einem grossen Teil auf ihre psychischen Erkrankungen<br />

zurückzuführen. Die Betroffenen berichten von „Antriebslosigkeit“ und „inneren Blockaden“, die sie daran<br />

hindern, die Abmachungen im CM BB einzuhalten. Ihre Versuche, eine Tagesstruktur aufzubauen, Bewerbungen<br />

zu schreiben, Nachhilfeunterricht zu besuchen und Schnupperlehren zu organisieren, scheitern<br />

grösstenteils. Auch misslingen die Bemühungen der Case Managerinnen und Case Manager, die Betroffenen<br />

52


einer kontinuierlichen psychologischen/psychotherapeutischen Begleitung zuzuführen. Dass die Jugendlichen<br />

die gesetzten Ziele nicht umsetzen können, belastet sie zusätzlich. Sie erleben Misserfolge und Enttäuschungen,<br />

so dass sich ein Gefühl der Chancen- und Hoffnungslosigkeit bemerkbar macht. Ihr Scheitern begründen<br />

sie mit ihrer Situation auf dem Arbeitsmarkt. Einerseits gäbe es zu wenig Schnupper- und Lehrstellen,<br />

andererseits würden sie wegen ihrer geringen Schulbildung und/oder ihres Migrationshintergrundes diskriminiert.<br />

Weil das CM BB keine entscheidenden Fortschritte erzielt, stellen die Jugendlichen Sinn und Zweck des<br />

Angebots in Frage. Auch nehmen sie das CM BB zunehmend als Zwang wahr. Die Case Managerinnen und<br />

Case Manager reduzieren infolgedessen ihre Interventionen.<br />

Zwischenfazit: Wirkungskategorien<br />

Aus den verschiedenen Unterstützungsleistungen gehen unterschiedliche Wirkungen hervor. Eine erste positive<br />

Veränderung, die das CM BB erreichen kann, ist der „Kompetenzzuwachs“. Im Zuge des „Anleitens“<br />

erwerben die Jugendlichen und jungen Erwachsenen Kompetenzen im Bereich der Berufsbildung (z.B. Bewerbungen<br />

schreiben, Telefonieren) und im Bereich der Selbstkompetenzen (z.B. Selbständigkeit, Selbstbewusstsein).<br />

Die zweite Wirkungskategorie – die Konkretisierung der Berufsvorstellung – beschreibt Veränderungen<br />

am Entwurf der Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Im Rahmen des CM BB werden die Berufsvorstellungen<br />

der Jugendlichen mit den Anforderungen des Arbeitsmarktes abgeglichen. So kommt es zu<br />

einer Anpassung Berufsvorstellungen in Richtung eines realistischen Entwurfs. Die dritte Wirkungskategorie<br />

beinhaltet verschiedene Arten der „Stabilisierung“: Kognitive Stabilisierungen, Stabilisierungen der Tagestruktur<br />

oder Stabilisierungen der Gesamtsituation. Bei einigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen (v.a. bei<br />

„zurückgezogenen Jugendlichen“) erzielt das CM BB – zumindest phasenweise – nicht die erhofften Wirkungen.<br />

Die vierte Unterstützungskategorie beschreibt „Stagnationen“, d.h. Unterstützungsprozess, die nicht<br />

greifen und bei den Jugendlichen gar Misserfolgserlebnisse auslösen können.<br />

Im CM BB des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> sind die „Jugendlichen mit Kompetenzlücken“ eine wichtige Zielgruppe.<br />

Infolge des „Anleitens“ und des „Arbeitens am beruflichen Entwurf“ erwerben diese Jugendlichen einerseits<br />

wichtige Berufsbildungskompetenzen und Selbstkompetenzen („Kompetenzzuwachs“), andererseits sind ihre<br />

Berufsvorstellungen deutlicher und realistischer („Konkretisierung der Berufsvorstellung“). Die Bewerbungen<br />

werden besser und die Berufsvorstellungen entsprechen eher den vorhandenen Fähigkeiten. Das CM BB<br />

erzielt bei diesen Jugendlichen also wichtige Erfolge. Dank des „Kompetenzzuwachs“ und der „Konkretisierung<br />

der Berufsvorstellung“ steigen ihre Chancen, eine Ausbildung zu finden. Infolge der Unterstützung durch<br />

das CM BB kommt es bei einigen Jugendlichen auch zu „Stabilisierungen“. Durch die Vermittlung einer passenden<br />

Anschlusslösung können die Betroffenen in eine stabile Tagesstruktur eingebunden werden.<br />

53


5.2 Berufsbildungsstatus<br />

Der Berufsfindungsprozess eines Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen und der Weg in eine nachobligatorische<br />

Ausbildung verlaufen meist in verschiedenen Etappen. Um diese Zwischenschritte zu berücksichtigen,<br />

wurde das Konzept des „Berufsbildungsstatus“ entwickelt. Es geht von drei Statusformen aus: dem „prekären<br />

Status“, dem „Übergangsstatus“ und dem „erfolgsversprechenden Status“. Im Zentrum des Interessens<br />

stehen die Wechsel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen den verschiedenen Statusarten.<br />

Diese Entwicklungsschritte können positiv, neutral oder negativ sein. Nachfolgend werden der Berufsbildungsstatus<br />

bei Eintritt ins CM BB sowie dessen Verlauf während der CM BB-Begleitung nach 6 Monaten,<br />

einem Jahr und zwei Jahren dargestellt.<br />

Zu Beginn der CM BB-Unterstützung befindet sich knapp die Hälfte der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

in einem Übergangsstatus. Das heisst sie sind noch in der obligatorischen Schule (31.3%) oder sind in<br />

einer Zwischenlösung wie einem Brückenangebot, 10. Schuljahr, Vorlehre oder Semo (total 10.7%). Einzelne<br />

Personen sind im Rahmen eines Praktikums, eines Beschäftigungsprogramms oder einer Erwerbstätigkeit<br />

von mehr als 50% im Arbeitsmarkt tätig (5.4%).<br />

Mehr als ein Drittel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist bei Eintritt ins CM BB in einem prekären<br />

Status und befindet sich somit in Arbeitslosigkeit (12.8%) oder es ist keine Tagesstruktur vorhanden (24.9%).<br />

Ein kleiner Anteil von Jugendlichen und jungen Erwachsenen (12.4%) befindet sich bei Beginn des CM BB<br />

bereits in einer EFZ- (11.4%) oder EBA-Ausbildung (0.7%) und somit in einem erfolgsversprechenden Status.<br />

Tabelle 18: Berufsbildungsstatus bei Eintritt ins CM BB<br />

Prekärer Status<br />

- Keine Tagesstruktur vorhanden (Floater)<br />

- Arbeitslosigkeit<br />

- Erwerbstätigkeit


im Mittelfeld. Der Anteil Jugendlicher und junger Erwachsener, welche sich bereits bei Beginn des CM BB in<br />

einem erfolgsversprechenden Status befinden, liegt in Basel und Zürich etwas tiefer (6.2%) (vgl. Haller &<br />

Hümbelin 2011 bzw. Haller et al. 2012).<br />

Wird die Entwicklung des Berufsbildungsstatus während der CM BB-Begleitung nach einem halben Jahr,<br />

einem Jahr bzw. zwei Jahren angeschaut, zeigt sich das in unterstehenden Tabellen ersichtliche Bild. So sinkt<br />

der Anteil Jugendlicher und junger Erwachsener in einem prekären Status von anfänglich 38% auf 29.4%<br />

nach einem halben Jahr und 13.3% nach zwei Jahren.<br />

Gleichzeitig nimmt der Anteil Jugendlicher und junger Erwachsener in einem erfolgsversprechenden Status<br />

von 12.4% auf 45.3% nach zwei Jahren zu. Nach einem halben Jahr bewegt sich dieser Anteil bei 21%, nach<br />

einem Jahr CM BB-Begleitung bei 27.8%.<br />

Der Anteil Jugendlicher und junger Erwachsenen in einem Übergangsstatus bleibt während des ersten Jahres<br />

der CM-Begleitung bei rund 45% und sinkt nach zwei Jahren auf 37.3%.<br />

Tabelle 19: Berufsbildungsstatus nach sechs Monaten<br />

Anzahl In %<br />

Prekärer Status 70 29.4<br />

Übergangsstatus 112 47.1<br />

Erfolgsversprechender Status 50 21.0<br />

Anderes 10 6 2.5<br />

Total 238 100.0<br />

Fehlende Werte 5<br />

N= 243 (Anzahl Jugendliche, welche während den ersten 6 Monaten beobachtet werden können 11 )<br />

Tabelle 20: Berufsbildungsstatus nach einem Jahr<br />

Anzahl In %<br />

Prekärer Status 36 22.8<br />

Übergangsstatus 71 44.9<br />

Erfolgsversprechender Status 44 27.8<br />

Anderes 13 7 4.4<br />

Total 158 100.0<br />

Fehlende Werte 4<br />

N= 162 (Anzahl Jugendliche, welche während dem ersten Jahr beobachtet werden können 12 )<br />

Tabelle 21: Berufsbildungsstatus nach zwei Jahren<br />

Anzahl In %<br />

Prekärer Status 10 13.3<br />

Übergangsstatus 28 37.3<br />

Erfolgsversprechender Status 34 45.3<br />

Anderes 13 3 4.0<br />

Total 75 100.0<br />

Fehlende Werte 1<br />

N= 76 (Anzahl Jugendliche, welche während den ersten zwei Jahren beobachtet werden können 13 )<br />

10 Bei der Kategorie Anderes handelt es sich oft um IV-Abklärungsmassnahmen, stationäre Klinikaufenthalte, Zivildienst oder Haft.<br />

11 Es kann sein, dass sich darunter Fälle befinden, welche während des ersten halben Jahres der Begleitung wieder abgeschlossen wurden.<br />

12 Personen, welche innerhalb der ersten 6 Monate der CM-Begleitung wieder abgeschlossen wurden (häufig Triagephase), wurden hier ausgeschlossen.<br />

55


Ein vertiefter Blick auf die Veränderung des Berufsbildungsstatus zeigt (vgl. Abbildung 8), dass knapp 40%<br />

der Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach einem Jahr ihren Berufsbildungsstatus in Richtung eines<br />

erfolgsversprechenden Status verbessern, in einem solchen verbleiben oder aber von einem prekären in einen<br />

Übergangsstatus (10.7%) wechseln konnten. Nach zwei Jahren im CM BB ist dies bei mehr als der Hälfte<br />

der Fall.<br />

Demgegenüber verschlechtert sich der Berufsbildungsstatus in Richtung Übergangs- oder prekären Status in<br />

24.9% nach einem Jahr oder aber die Jugendlichen und jungen Erwachsenen verbleiben weiterhin in einem<br />

prekären Status. Nach zwei Jahren sinkt dieser Anteil auf 16.7%. Auch der Anteil Jugendlicher und junger<br />

Erwachsenen, welche in einem Übergangsstatus verbleiben sinkt mit der Dauer der CM BB-Begleitung stetig.<br />

Abbildung 8: Veränderung des Berufsbildungsstatus nach 12 und 24 Monaten<br />

Wird die Veränderung des Berufsbildungsstatus nach Altersgruppe unterschieden (vgl. Abbildung 9), so zeigt<br />

sich dass der Verbleib im Übergangsstatus vor allem Jugendliche unter 16 Jahren bzw. etwas über 16-jährig<br />

betrifft, welche die letzten Jahre der obligatorischen Schule bzw. direkt nach dem Schulabschluss eine<br />

Zwischenlösung absolvieren. Eine Verbesserung des Berufsbildungsstatus kommt hauptsächlich bei über 16-<br />

Jährigen vor und dies insbesondere bei längerer CM BB-Begleitung. Der Anteil an Personen mit einer<br />

Verschlechterung des Berufsbildungsstatus betrifft eher über 19-jährige junge Erwachsene. Vor allem bei den<br />

jungen Erwachsenen ist einerseits der Anteil erfolgreicher Verläufe in Richtung erfolgsversprechenden Status<br />

hoch, andererseits ist in dieser Altersgruppe eine Gruppe von Personen zu finden (25%), welche auch nach<br />

zwei Jahren (weiterhin) in einer prekären Situation sind. Dies zeigen auch die Erkenntnisse im <strong>Kanton</strong> Basel-<br />

Stadt (Haller & Hümbelin 2011).<br />

13 Personen, welche innerhalb des ersten Jahres der CM-Begleitung wieder abgeschlossen wurden, wurden hier ausgeschlossen.<br />

56


Abbildung 9: Veränderung des Berufsbildungsstatus nach Altersgruppen<br />

Zwischenfazit: Berufsbildungsstatus<br />

Der Berufsbildungsstatus der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu Beginn der CM BB-Unterstützung<br />

zeigt, dass sich fast die Hälfte in einem Übergangsstatus (47.4%) und darunter v.a. ein grosser Teil (31.3%)<br />

noch in der obligatorischen Schule befindet. Ein guter Drittel der Klientel befindet sich in einem prekären Status,<br />

also in Arbeitslosigkeit oder ohne Tagesstrukturen. Somit kann auch eine Gruppe von Jugendlichen und<br />

jungen Erwachsenen erreicht werden, bei welchen das bisherige Unterstützungsnetz nicht genügend griff. Ein<br />

kleiner Anteil an Personen ist bereits in einer Lehre angelangt und braucht Unterstützung um diesen Status<br />

nicht zu gefährden.<br />

Der Berufsbildungsstaus kann im Allgemeinen während der CM BB-Begleitung verbessert werden. Bei fast<br />

40% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen kommt es bereits nach einem Jahr zur Verbesserung des<br />

Berufsbildungsstatus bzw. der erfolgsversprechende Status kann erhalten bleiben. Bei einem grossen Teil der<br />

betroffenen braucht die Verbesserung mehr Zeit. So können 55.5% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

nach zwei Jahren ihren Berufsbildungsstatus in Richtung erfolgsversprechenden Status verbessern. Es<br />

werden also realistischerweise mindestens zwei Jahre benötigt, damit der/die Jugendliche bzw. junge Erwachsene<br />

Schritte in Richtung erfolgsversprechenden Status machen kann. Diese Erkenntnis zeigt sich auch<br />

im <strong>Kanton</strong> Basel-Stadt (Haller & Hümbelin 2011). Gleichzeitig lässt sich erkennen, dass auch nach zwei Jahren<br />

weiterhin eine Teilgruppe besteht, die einer längeren Unterstützung bedarf und besondere Schwierigkeiten<br />

hat, einem prekären Status zu entkommen (nach 20%). Dies betrifft vor allem junge Erwachsene, was<br />

wiederum die Wichtigkeit der Früherfassung verdeutlicht.<br />

57


6 Zusammenfassung, Folgerungen und Ausblick<br />

In diesem abschliessenden Kapitel werden die Erkenntnisse zu den Merkmalen der Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen im CM BB, dem Aufnahme- und Unterstützungsprozess, dem Unterstützungsnetzwerk sowie<br />

zu den Wirkungen des CM BB zusammengefasst und daraus hervorgehend Empfehlungen für die Weiterentwicklung<br />

des Angebots formuliert. Abschliessend wird ein Ausblick auf die weitere <strong>Evaluation</strong>sphase und<br />

den Schlussbericht gemacht.<br />

6.1 Merkmale der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

Die Ausbildungssituation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen beim Eintritt ins CM BB lässt erkennen,<br />

dass eine grosse Spannbreite an Klient/innen erreicht wird. So finden einerseits Jugendliche, welche die<br />

letzten Klassen der obligatorischen Schulzeit absolvieren (31.9%), den Zugang zum CM BB. Andererseits<br />

sind viele Jugendliche und junge Erwachsene bei Eintritt ins CM BB in einer schwierigen Ausbildungssituation,<br />

da sie eine Lehre abgebrochen haben (20.3%) bzw. zurzeit in keiner Ausbildung sind (24.3%). 12% befinden<br />

sich bereits in einer Lehre und bedürfen zu deren Weiterführung der Unterstützung (vgl. Tabelle 22).<br />

Tabelle 22: Ausbildung zum Zeitpunkt der Anmeldung ins CM BB<br />

Anzahl In %<br />

Sekundarstufe I; obligatorische Schule 96 31.9<br />

Brückenangebote, Motivationssemester, Praktika 31 10.3<br />

Sekundarstufe II; Eidg. Fähigkeitszeugnis EFZ 27 9.0<br />

Sekundarstufe II; Eidg. Berufsattest EBA 9 3.0<br />

Lehrabbruch 61 20.3<br />

Nicht in Ausbildung 73 24.3<br />

Anderes 4 1.3<br />

Total 301 100.0<br />

Fehlende Werte 2<br />

N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />

Der Anteil ausländischer Jugendlicher und junger Erwachsenen im CM BB liegt deutlich über dem Gesamtanteil<br />

der 15- bis 24-jährigen Ausländer/innen in der Bevölkerung des <strong>Kanton</strong>s <strong>Solothurn</strong> (37.6% vs.<br />

21.3%). Auch der Anteil Jugendlicher, welche eine Schulstufe mit Grundansprüchen bzw. einen niedrigeren<br />

Schultypus absolviert haben, ist grösser als der Anteil jener aus höheren Schulstufen. Aufgrund des Migrationshintergrundes<br />

und des absolvierten Schultypus entstehen für viele dieser Jugendlichen und junger Erwachsenen<br />

Kompetenzlücken im Übergang in eine Berufsausbildung. Diese Problematik zeigt sich auch in<br />

den im Rahmen der <strong>Evaluation</strong> durchgeführten Fallstudien. So sind die sieben befragten Jugendlichen mehrheitlich<br />

dem Typ der „Jugendlichen mit Kompetenzlücken“ zuzuordnen, welche sich durch mangelnde<br />

Fähigkeiten auszeichnen, um den Übergang in eine Berufsausbildung zu meistern. Häufig liegt die Hauptproblematik<br />

bei diesen Personen bei den Lücken im schulischen Wissen, der Orientierungslosigkeit, den<br />

Selbstkompetenzen und der Reife. Gleichzeitig können sie gerade in Bezug auf die Berufsbildung aufgrund<br />

des geringen sozialen Netzes und des bildungsfernen Elternhauses auf wenig Unterstützung zurückgreifen.<br />

Die genannten Kompetenzlücken haben sich während des biographischen Werdegangs verfestigt und stellen<br />

am Übergang in eine Berufsausbildung ein gravierendes Hindernis dar.<br />

Die Resultate zur Ressourcen-/Defizite-Lage stützen die Erkenntnis, dass sich eine Teilgruppe an Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen im CM BB befindet, welche auf relativ starke Ressourcen in den Bereichen<br />

Wohnen, Freizeit, Familie und Peers zurückgreifen können. Allerdings sind die Unterstützungsmöglich-<br />

58


keiten der Familie und Peers in Bezug auf die Berufsausbildung eingeschränkt. Hinzu kommt, dass der Glaube<br />

in die eigenen Fähigkeiten und Perspektiven sowie die Sicherheit und Auseinandersetzung mit der Berufswahl<br />

relativ tief eingeschätzt werden, womit sich wiederum verfestigte Kompetenzlücken manifestieren.<br />

Gemäss den Erkenntnissen aus den Fallstudien und den Aussagen der Case Managenden werden im CM BB<br />

auch Jugendliche und junge Erwachsene begleitet, welche den Typen „Jugendliche mit inneren Konflikten“,<br />

„Jugendliche mit zerbrochenem Lebensentwurf“ und „Zurückgezogene Jugendliche“<br />

zuzuordnen sind. Im Gegensatz zum erstgenannten Typus liegt die Herausforderung bei diesen Personen<br />

nicht hauptsächlich auf den schulischen und verhaltensbezogenen Kompetenzlücken. Vielmehr erschweren<br />

biographische Brüche in der Familie, in der Schule und im Freundeskreis sowie psychische Instabilität und<br />

körperliche Beeinträchtigungen den Übergang in die Berufsausbildung. Dass sich im CM BB nicht nur Jugendliche<br />

und junge Erwachsene mit spezifischen Kompetenzlücken bezüglich Berufsausbildung befinden,<br />

sondern auch ältere Personen mit umfassenderen Mehrfachproblematiken, zeigt sich auch in den<br />

Befragungen zur Ressourcen-Defizitlage. Unter den 31 Befragten findet sich eine kleinere Teilgruppe mit stark<br />

begrenzter Ressourcenlage und besonders tiefen Bewertungen in den Bereichen Gesundheit, Freizeit und<br />

Finanzen.<br />

Diese Resultate zeigen, dass es dem CM BB gelingt, zwei Zielgruppen – Jugendliche mit Kompetenzlücken<br />

und Jugendliche mit Mehrfachproblematik – zu erreichen, die am Übergang in die Berufswelt Unterstützung<br />

benötigen. Dass diese Gruppen erreicht werden, lässt erstens darauf schliessen, dass die Früherfassung in<br />

der Volksschule gelingt, und zweitens, dass das CM BB auch zu späteren Zeitpunkten Zugang zu den<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen findet. Früherfasste Jugendliche verfügen häufig noch über mehr<br />

Ressourcen, werden noch stärker vom Elternhaus unterstützt und das CM BB kann somit präventiver agieren.<br />

Bei älteren Jugendlichen und jungen Erwachsenen, bei welchen die obligatorische Schulzeit schon länger<br />

zurückliegt und das bisherige Unterstützungsnetz nicht genügend griff, ist die Ressourcenlage oftmals<br />

prekärer.<br />

6.2 Merkmale des Unterstützungsprozesses<br />

Die genannte Erkenntnis der grossen Spannbreite an Jugendlichen und jungen Erwachsenen im CM BB bestätigt<br />

sich auch beim Blick auf die zuweisenden Institutionen. So weisen einerseits diverse Institutionen<br />

aus dem schulischen Bereich (Volksschule, Berufsschulen, Lehrbetriebe und Berufsberatung) Jugendliche<br />

und junge Erwachsene dem CM BB zu. Andererseits vermitteln auch Akteure der Existenzsicherung und<br />

anderweitigen Beratungsangeboten (wie KJPD, Sucht- und Familienberatung) Klient/innen an das CM BB.<br />

Rund ein Sechstel der Jugendlichen meldet sich selber oder wird durch Angehörige beim CM BB angemeldet.<br />

Dies zeigt die Breite des Bekanntheitsgrades auf, den das CM BB erreicht hat.<br />

Über 80% der beim CM BB gemeldeten Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden nach einer rund<br />

sechsmonatigen Triage-Phase definitiv ins CM BB aufgenommen. Dabei kommen die Case Managenden<br />

zum Schluss, dass aufgrund einer Mehrfachproblematik bzw. Gefährdung im Übergang in eine Berufsausbildung<br />

eine Begleitung durch das CM BB oder eine vertiefte Abklärung im Sinne eines Assessments nötig ist.<br />

Wie der Tabelle 23 zu entnehmen ist, sind zurzeit 41 Fälle in der Triage-Phase und 114 CM BB-Fälle am<br />

Laufen. Unter den 102 abgeschlossenen Fällen wurden 42.2% durch Zielerreichung, also infolge Aufnahme<br />

in eine Lehre bzw. Integration in den 1. Arbeitsmarkt abgeschlossen und 57.8% wurden frühzeitig<br />

abgeschlossen. Sowohl die in der Triage-Phase abgelehnten Fälle wie auch die vorzeitigen Abbrüche sind<br />

häufig auf fehlende Kooperationsbereitschaft der Jugendlichen bzw. deren Eltern mit dem CM BB zurückzuführen<br />

oder aber weil sich eine andere Stelle als für den Fall zuständig erweist.<br />

59


Tabelle 23: Übersicht über Fälle am Stichtag (31. Mai 2013)<br />

Anzahl In %<br />

Laufende CM BB-Fälle 114 52.8<br />

Vorzeitiger Abschluss CM BB 59 27.3<br />

Abschluss, da Ziel erreicht 40 18.5<br />

Abschluss, anderer Grund 3 1.4<br />

Total 216 100.0<br />

Ablehnung nach Triage 46<br />

Laufende Triage 41<br />

N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />

Diese Ergebnisse weisen auf zwei zentrale Punkte des CM BB hin. So besteht einerseits eine grosse Herausforderung<br />

darin, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen für das Angebot zu gewinnen und dieses längerfristig<br />

verbindlich zu gestalten. Andererseits wird auch die Triagefunktion des CM BB deutlich, welches die<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach umfassenden Abklärungen bei Bedarf an eine andere Stelle<br />

weiterleitet.<br />

Die Funktion und das konkrete Handeln des CM BB in der Zusammenarbeit mit den Jugendlichen und<br />

jungen Erwachsenen verdeutlichen sich in den durchgeführten Fallstudien. Das „Anleiten“ und „Arbeiten<br />

am beruflichen Entwurf“ nehmen eine wichtige Rolle ein. So ist die enge Begleitung mit einer klaren zeitlichen<br />

Rahmung zur Erarbeitung eines beruflichen Entwurfs, der Abstimmung mit den realen Möglichkeiten<br />

auf dem Arbeitsmarkt, dem Zusammenstellen von Dossiers und dem konkreten Üben von Verhaltensweisen<br />

von grosser Bedeutung. Dies deckt sich mit den oben genannten Ressourcenmerkmalen der Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen. Das häufige Auftreten des Typus „Jugendlicher mit Kompetenzlücken“, deren Unsicherheiten<br />

in Bezug auf die Berufswahl und die geringe Unterstützung des Elternhauses führen dazu, dass<br />

das „Anleiten“ und „Arbeiten am beruflichen Entwurf“ zu einer zentralen Aufgabe des CM BB wird. Auch die<br />

„Beziehungsarbeit“ und somit das Zeigen von Interesse, ernst nehmen und Mut zusprechen durch die<br />

Case Managenden ist ausgesprochen wichtig. In den Fallstudien zeigt sich, dass die CM BB-Fachpersonen<br />

dadurch häufig zu einer wichtigen Vertrauensperson der Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden. Die<br />

Beziehungsarbeit ist bedeutsam, da die Jugendlichen ihre Selbstkompetenzen, den Alltagssinn und ihre psychische<br />

Gesundheit schlechter einschätzen als andere Lebensbereiche. Dadurch können das Selbstvertrauen<br />

und Selbstbewusstsein gestärkt werden. Ausserdem ist die Beziehungsarbeit hinsichtlich der oben genannten<br />

Herausforderung, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen für das CM BB zu gewinnen und dieses<br />

verbindlich zu gestalten von grosser Bedeutung.<br />

Demgegenüber zeigen sich in den Fallstudien im <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> das „Strukturieren“ und das „Lotsen“<br />

weniger ausgeprägt als das oben beschriebene Handeln. Während das „Strukturieren“ das Klären von organisatorischen<br />

Angelegenheiten und der Aufbau von Strukturen beinhaltet, bezieht sich das „Lotsen“ auf das<br />

Informieren, Vermitteln und das Koordinieren von diversen Leistungen im Unterstützungsnetz. Diese Erkenntnisse<br />

sind im Zusammenhang mit der Tatsache zu verstehen, dass im Rahmen der Fallstudien vor allem „Jugendliche<br />

mit Kompetenzlücken“ und somit weniger mit ausgeprägter Mehrfachproblematik in verschiedenen<br />

Lebensbereichen befragt wurden. Zudem findet sich im CM BB eine ressourcenstärkere Teilgruppe mit schulischen<br />

und verhaltensbezogenen Kompetenzlücken, bei welcher der Koordination diverser Unterstützungsangebote<br />

eine geringere Bedeutung zukommt. Gleichzeitig zeigen die obigen Erkenntnisse zu den Merkmalen<br />

der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, dass die Bandbreite der Ressourcenlage der erreichten Personen<br />

breit ist und somit auch dem „Strukturieren“ und „Lotsen“ eine wichtige Bedeutung einnehmen kann.<br />

60


6.3 Unterstützungsnetz<br />

In diesem Kapitel wird aufgezeigt, wie das Handeln und die Handlungsspielräume durch die befragten Akteure<br />

im Institutionennetz wahrgenommen werden. Gemäss der Grundidee des CM BB ist das Agieren im<br />

Unterstützungsnetz zentral. Das Unterstützungsnetz der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zeigt,<br />

dass diese häufig mit einer Institution des Bereichs Schule/Beruf (96.8% der Jugendlichen) und/oder der<br />

Gesundheit (83.9%) in Kontakt sind. Relativ häufig sind die Befragten auch in eine Freizeitbeschäftigung<br />

eingebunden (58.1%) bzw. können sich dort auf einen Freundeskreis bzw. die Geschwister stützen. Knapp<br />

die Hälfte erhält zudem finanzielle Hilfe, v.a. vom RAV, der Kranken- und Unfallversicherung oder eines Sozialdienstes.<br />

Gleichzeitig stellen die Eltern für viele befragte Jugendliche vor allem bezüglich Finanzen und<br />

Wohnen eine wichtige Stütze dar, was auch mit dem Alter der Jugendlichen in Zusammenhang steht. Im<br />

Durchschnitt sind pro Jugendliche/r bzw. junge/r Erwachsene/r 5 Institutionen involviert.<br />

Diese Erkenntnisse zum Unterstützungsnetz lassen einerseits auf die schulische Einbindung, die Einbindung<br />

in der Freizeit und die familiäre Stütze schliessen. Andererseits weist die häufige Nennung von Institutionen<br />

aus dem Bereich der Gesundheit auf eine gewisse gesundheitliche Instabilität der Befragten hin. Die<br />

Anzahl involvierter Institutionen lässt zudem einerseits auf einen Koordinationsbedarf – eine Indikation für<br />

ein CM BB – schliessen. Andererseits kann die relativ gute institutionelle und private Einbindung auch wiederum<br />

eine Erklärung dafür sein, dass das „Anleiten“ und „Arbeiten am beruflichen Entwurf“ stärker im Zentrum<br />

steht als das „Lotsen“.<br />

Die Rolle des CM BB im Unterstützungsnetz der Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird in den Interviews<br />

mit den Akteuren aus dem Institutionennetz deutlich. So wird die Möglichkeit des CM BB eine längerfristige,<br />

enge Begleitung über verschiedene Übergänge hinweg sowie die Koordinationsfunktion im<br />

Unterstützungsnetz zu gewährleisten, als besonderen Gewinn gesehen. Die Tatsache, jemanden an der Seite<br />

zu haben, mit welchem umfassende Abklärungen in verschiedenen Lebensbereichen gemacht, Möglichkeiten<br />

durchdiskutiert und schliesslich schrittweise Entwicklungen angegangen werden können, wird als Bereicherung<br />

für die Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen gesehen. Zudem wird das CM BB von den Akteuren<br />

des Institutionennetzes als Entlastung erlebt, da es sich um ein Angebot handelt, welches den Überblick<br />

über die involvierten Stellen hat, die Vernetzung vorantreibt, die Akteure an einen Tisch holt und so Synergien<br />

schaffen bzw. Doppelspurigkeiten verhindern kann.<br />

Die Interviews im Institutionennetz geben Aufschluss über die Herausforderungen des CM BB. So erkennen<br />

die Akteure im Unterstützungsnetz gerade im Hinblick auf den Bekanntheitsgrad und die Zuweisung<br />

Herausforderungen und Verbesserungspotenzial. So besteht oftmals Unklarheit über den Inhalt und die Rolle<br />

des CM BB. Dies hat zur Folge, dass nicht immer klar ist, zu welchem Zeitpunkt eine Zuweisung angebracht<br />

ist bzw. welche konkreten Bedingungen dafür erfüllt sein müssen. Die sich auch in den Fallstudien und teilweise<br />

standardisierten Daten manifestierte Tatsache, dass sich im CM BB nicht nur Jugendliche und junge<br />

Erwachsenen mit einer ausgeprägten Mehrfachproblematik, sondern auch Personen mit spezifischen Kompetenzlücken<br />

im schulischen und verhaltensbezogenen Bereich befinden, lässt die Frage nach den konkreten<br />

Voraussetzungen für die Aufnahme ins CM BB aufkommen. So ist zu klären, inwieweit eine Mehrfachproblematik<br />

für die Aufnahme ins CM BB vorliegen muss bzw. inwiefern auch Personen, welche vorwiegend<br />

ein intensives Coaching bedürfen ins CM BB aufgenommen werden sollen bzw. ob für diese Personen ein<br />

anderes Gefäss bestehen sollte.<br />

61


Des Weiteren sind aus Sicht der Akteure die Zuständigkeiten der verschiedenen involvierten Akteure und<br />

die Kooperationsabläufe sowie die Handlungsspielräume des CM BB und dabei insbesondere die<br />

Frage bei wem die Fallführung liegt, teilweise ungenügend geklärt. Daher klappt das gewünschte Schaffen<br />

von Synergien und Verhindern von Doppelspurigkeiten nicht immer. Zur Verbesserung dieser Umstände wird<br />

einerseits die Informations- und Sensibilisierungsarbeit bei den zuweisenden Instanzen und den Betroffenen<br />

als wichtig erachtet. Insbesondere die Schulen sollen im Sinne einer verstärkten Früherfassung intensiv<br />

in den Fokus dieser Sensibilisierungsarbeit genommen werden. Andererseits wird ein besonders grosser<br />

Bedarf in der klareren strategischen Positionierung und Verankerung des CM BB auf der übergeordneten<br />

Ebene der Ämter gesehen.<br />

Diese Herausforderungen des CM BB zeigen auch die Gründe auf, warum in den bisherigen Daten die Bedeutung<br />

des „Lotsen“ im CM BB gering ausfiel. So ist das Lotsen – also das nach einer Vermittlung weitere<br />

Dranbleiben und im Unterstützungsnetz Koordinieren – durch die ungeklärten Kooperationsabläufe zwischen<br />

den Akteuren und die damit noch nicht austarierten Handlungsspielräume des CM BB in gewissen Fällen nur<br />

eingeschränkt möglich.<br />

Eine weitere auf der individuellen Fallebene konstatierte Herausforderung, welche ebenfalls von den eben<br />

genannten Herausforderungen im Institutionennetz tangiert ist, stellt die Freiwilligkeit der Teilnahme am<br />

CM BB dar. So sehen die Akteure das Gewinnen der Jugendlichen und Herstellen einer (längerfristigen) Verbindlichkeit<br />

für das Angebot als Schwierigkeit. Dafür ist die Beziehungsarbeit wie auch ein näheres Begleiten<br />

von der zuweisenden Institution zum CM BB zentral, was wiederum eine gut funktionierende Zusammenarbeit<br />

im Institutionennetz bedingt.<br />

6.4 Wirkungen<br />

Wie insbesondere den Fallstudien zu entnehmen ist, werden im CM BB verschiedene Entwicklungsschritte<br />

erreicht, welche längerfristig zu einer Berufsausbildung führen können. So kann ein „Kompetenzzuwachs“<br />

durch Aneignen von Know-How und Selbstkompetenzen in Bezug auf die Berufsbildung erreicht<br />

werden. Auch die „Konkretisierung der Berufsvorstellungen“ durch die bessere Kenntnis der Berufe,<br />

der Anforderungen des Arbeitsmarktes und der eigenen Möglichkeiten kann im CM BB erreicht werden. Eine<br />

weitere Wirkung stellt die „Stabilisierung“ der Situation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen dar.<br />

Dabei geht es um das Aufgleisen von Unterstützungen bzw. Erledigen von Aufgaben in den Lebensbereichen,<br />

in welchen Instabilitäten erkannt wurden. Dies stellen Zwischenschritte in Richtung des Ziels der Aufnahme<br />

und des Abschlusses einer Berufsausbildung dar.<br />

Bis die Jugendlichen und jungen Erwachsenen das Ziel des CM BB erreicht haben – d.h. die Aufnahme einer<br />

Ausbildung und die nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt – brauchen sie die Unterstützung des CM BB<br />

unterschiedlich lange. Wird die Dauer bei den abgeschlossenen Fällen angeschaut, so zeigt sich, dass die<br />

Mehrheit (55.0%) zwischen einem und zwei Jahren begleitet wurde bis eine erfolgreiche Ablösung in eine<br />

Lehre erreicht wurde. Bei 25% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen gelang dies bereits nach sechs bis<br />

zwölf Monaten. Bei einzelnen Jugendlichen nach mehr als zwei Jahren (7.5%).<br />

Die positiven Veränderungen, die das CM BB bewirken kann, zeigen sich auch bei der Entwicklung<br />

des Berufsbildungsstatus (vgl. Abbildung 10). Nach einem Jahr erfolgt bei knapp 40% der Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen eine positive Veränderung – vom Übergangsstatus in den erfolgversprechenden<br />

Status bzw. vom prekären Status in den Übergangsstatus – oder sie verbleiben im erfolgversprechenden<br />

Status. Nach zwei Jahren kann diese positive Entwicklung bei mehr als der Hälfte der Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen festgestellt werden (55.5%). Auch an diesen Resultaten lässt sich ablesen, dass eine Verbesserung<br />

in Richtung eines erfolgsversprechenden Status unterschiedlich lange dauert. Die Möglichkeit,<br />

dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen längerfristig begleiten werden, ist dennoch eminent wichtig.<br />

62


Negative Veränderungen im Berufsbildungsstatus sind demgegenüber deutlich seltener. Dass sich der Berufsbildungsstatus<br />

nach einem Jahr verschlechtert – Übergang in Richtung Übergangsstatus oder prekärer<br />

Status bzw. Verbleib im prekären Status – trifft in 24.9% der Fälle zu. Nach zwei Jahren sinkt dieser Anteil auf<br />

16.7%. Auch der Anteil Jugendlicher und junger Erwachsenen, welche im Übergangsstatus verbleiben – also<br />

in der obligatorischen Volksschule oder einer Zwischenlösung im Übergang in eine Berufsausbildung sind –<br />

sinkt mit der Dauer der CM BB-Begleitung stetig. Dennoch verbleibt eine Teilgruppe von Jugendlichen und<br />

jungen Erwachsenen auch nach zweijähriger CM BB-Begleitung weiterhin in einem prekären Status (16.7%)<br />

und sind somit weiterhin arbeitslos bzw. ohne Tagesstruktur. In den Fallstudien zeigt sich dies anhand einer<br />

„Stagnation“ und der Schwierigkeit – häufig aufgrund psychischer Erkrankungen – Fortschritte zu erzielen.<br />

Abbildung 10: Veränderung des Berufsbildungsstatus nach 12 und 24 Monaten<br />

6.5 Fazit<br />

Die hier dargestellten Ergebnisse lassen erkennen, dass das CM BB eine grosse Bandbreite an Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen erreicht. Auf dem Weg in die Berufsausbildung stehen diese Personen an unterschiedlichen<br />

Punkten. Dank des CM BB ist es möglich, die Betroffenen an den Übergängen von obligatorischer<br />

Schule bis Integration in den Arbeitsmarkt längerfristig und eng zu begleiten. Dadurch können kleinere<br />

und grössere Entwicklungsschritte hin zu einer Berufsausbildung erreicht werden.<br />

Im folgenden Kapitel werden Empfehlungen formuliert, die die Entwicklungsmöglichkeiten des Angebots aufzeigen<br />

und Stärken des CM BB auch in Zukunft garantieren sollen.<br />

63


6.6 Empfehlungen<br />

Folgende zwei Grundideen des CM BB hebt Landert (2011) im Bericht der nationalen Umsetzungsevaluation<br />

hervor:<br />

· Die Koordination der Leistungen im Unterstützungsnetz aus einer Hand durch die Fallführung<br />

des/der Case Manager/in<br />

· Die längerfristige Begleitung über die Nahtstellen des Ausbildungssystems hinweg<br />

Durch diese beiden Leistungen unterscheidet sich das CM BB von anderen Institutionen. Ausgehend von<br />

diesen Grundideen und den gewonnenen Erkenntnisse werden nachfolgend Empfehlungen für die Weiterentwicklung<br />

des CM BB formuliert:<br />

Strategische Positionierung<br />

Eine klarere strategische Verankerung des CM BB auf der Ebene der Führung der kantonalen<br />

Verwaltung erweist sich als zentral, um die genannten zwei Grundideen umsetzen zu können. Diese Positionierung<br />

beinhaltet das Schaffen von Klarheit über den Zuständigkeitsbereich und die Handlungsspielräume<br />

des CM BB und das Klären der Kooperationsabläufe zwischen den verschiedenen involvierten<br />

Institutionen. So kann die Triage-, Koordinations- und Lotsenfunktion dieses Angebots im institutionellen Unterstützungsnetz<br />

der begleiteten Jugendlichen und jungen Erwachsenen gestärkt werden.<br />

Aufnahmekriterien<br />

Die Konkretisierung der Aufnahmekriterien von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ins CM BB<br />

kristallisiert sich als Anliegen heraus. Ein detaillierter Kriterienraster für alle zuweisenden Institutionen stellte<br />

eine Orientierungshilfe dar, um einfacher über eine Zuweisung zu entscheiden. Gleichzeitig soll bei Unklarheiten<br />

über eine Zuweisung weiterhin eine individuelle Fallbesprechung mit den Case Managenden möglich sein.<br />

In den Daten zeigen sich zwei Segmente der Zielgruppe; „Fällen mit Kompetenzlücken“ und „Fällen<br />

mit Mehrfachproblematik“. Bei Erstgenannten konzentrieren sich die Problematiken eher auf einen Bereich<br />

– häufig spezifische schulische und verhaltensbezogene Kompetenzlücken – welche ein einschneidendes<br />

Ausmass angenommen haben. Diese Personen bedürfen einer engen, längerfristigen Begleitung zur<br />

Entwicklung von Verhaltensweisen, Strategien und Techniken, um den Übergang in eine Berufsausbildung<br />

bewältigen zu können. Dabei ist das Bewahren eines mehrdimensionalen Blickwinkels von grosser Bedeutung.<br />

Zweitgenannte charakterisieren sich durch angetroffene Schwierigkeiten in mehreren Lebensbereichen<br />

wie dem sozialen Netz sowie dem schulischen, materiellen und/oder gesundheitlichen Bereich, wodurch<br />

auch ein grösserer Koordinationsbedarf im Unterstützungsnetz besteht. Für die beiden Segmente der Zielgruppe<br />

ist aus Sicht der <strong>Evaluation</strong> ein CM BB angebracht, weil dieses einen mehrdimensionalen Blickwinkel<br />

und den Bedarf an längerfristiger Begleitung abdecken kann.<br />

Die Klärung der Aufnahmekriterien der Jugendlichen und jungen Erwachsenen erweist sich auch aufgrund der<br />

vorhandenen personellen Ressourcen beim CM BB als relevant. 150 aktuell laufende Fälle verteilt auf drei<br />

teilweise Teilzeit arbeitende Case Managende ist bei einem umfangreichen CM BB eine zu hohe Fallzahl. Eine<br />

klare Abgrenzung der Zielgruppe ist unter dem Aspekt der begrenzten Kapazitäten des CM BB unabdingbar.<br />

Die bestehenden Ressourcen bedingen, dass Kriterien formuliert werden, welche Klient/innen prioritär aufgenommen<br />

werden.<br />

Informations- und Sensibilisierungsarbeit<br />

Der Informations- und Sensibilisierungsarbeit soll sowohl in den Schulen der Sek-I-Stufe wie auch anderen<br />

relevanten Institutionen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Durch die genaue Information über<br />

64


den Inhalt des CM BB, die Rolle der Case Managenden und die Handlungsfelder dieses Angebots soll sowohl<br />

bei den zuweisenden Instanzen wie auch den Betroffenen der Bekanntheitsgrad gefördert und die<br />

Hemmschwelle für die Inanspruchnahme des Angebots gesenkt werden. Die bisherigen Bemühungen des<br />

CM BB in den verschiedenen Regionen des <strong>Kanton</strong>s (v.a. auch in Dorneck-Thierstein) aktiv zu sein, sollen<br />

weitergeführt werden.<br />

Insbesondere die Früherfassung in der Volksschule soll ein zentrales Ziel sein, um das CM BB als präventiv<br />

einsetzendes Angebot zu fördern. So ist zu überdenken, wie mit den vorhandenen personellen Ressourcen<br />

im heterogenen <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> ein Früherfassungssystem aufgebaut werden kann, damit gefährdete<br />

Schüler/innen ab der 8. Klasse Zugang zum CM BB finden.<br />

Fallarbeit<br />

Die intensive individuelle Begleitung wird auch in Zukunft ein entscheidender Faktor für den Erfolg des CM BB<br />

sein. Letztlich sind die positiven Veränderungen, die bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen erreicht<br />

werden können – von der Kompetenzerweiterung bis zur Verbesserung des Berufsbildungsstatus – insbesondere<br />

auch eine Folge der intensiven Fallarbeit. Auf Grund der Freiwilligkeit des Angebots ist die Beziehungsarbeit<br />

ein besonders wichtiger Aspekt. Nur so können die Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

über einen längeren Zeitraum ins CM BB eingebunden werden. Demnach müssen die Kapazitäten beim CM<br />

BB eine solch enge Begleitung auch in Zukunft gewährleisten können.<br />

6.7 Ausblick<br />

Auf Mitte 2014 ist der Schlussbericht der <strong>Evaluation</strong> des CM BB geplant. Ziel ist es, bis zu diesem Zeitpunkt<br />

gewisse Punkte zu vertiefen:<br />

· Im Rahmen der Fallstudien sollen die zeitlichen Verläufe und Entwicklungen der bisher interviewten<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen und somit die Effekte des CM BB konkreter nachgezeichnet<br />

werden.<br />

· Die standardisierten Auswertungen und insbesondere die schriftlichen und Online-Befragungen zur<br />

Ressourcenlage und dem Unterstützungsnetz der Jugendlichen und jungen Erwachsenen sollen auf<br />

einer breiteren – und repräsentativeren – Datenbasis abgestützt werden können, um v.a. vertieftere<br />

Resultate zur Ressourcenlage der Personen zu gewinnen. Dabei werden die bestehenden Daten<br />

durch Einschätzungen des Falls durch die Case Managenden und Einschätzungen des CM BB durch<br />

die Jugendlichen ergänzt.<br />

· Daten zur Art und dem Umfang der vom CM BB erbrachten Leistungen sowie zur Nachhaltigkeitsprüfung<br />

sollen ausgewertet und weitere Erkenntnisse bringen.<br />

· Es sollen weitere Stimmen aus dem institutionellen Netzwerk – namentlich von schulischen Akteuren<br />

der Sek I-Stufe – beigezogen werden, um insbesondere den Aspekt der Früherfassung genauer unter<br />

die Lupe zu nehmen. Darauf wurde bisher verzichtet, da das CM BB noch mit Pilotprojekten zur<br />

Sensibilisierung in den Schulen beschäftigt ist.<br />

· Durch die Abstützung der Resultate auf eine grössere Datenbasis sollen die bisherigen Erkenntnisse<br />

zur Unterscheidung „Fällen mit Kompetenzlücken“ und „Fällen mit Mehrfachproblematik“ näher beobachtet<br />

und weitere Schlüsse für die Arbeit im CM BB gezogen werden.<br />

65


7 Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 1: <strong>Evaluation</strong>sschritte ........................................................................................................................... 6<br />

Tabelle 2: Ausbildung zum Zeitpunkt der CM BB -Anmeldung ...................................................................... 13<br />

Tabelle 3: Alter ............................................................................................................................................... 15<br />

Tabelle 4: Nationalität .................................................................................................................................... 15<br />

Tabelle 5: Alter bei Einreise in die Schweiz ..................................................................................................... 16<br />

Tabelle 6: Wohnorte nach Bezirken ............................................................................................................... 16<br />

Tabelle 7: Zuweisende Institutionen ............................................................................................................... 27<br />

Tabelle 8: Triage-Entscheid ........................................................................................................................... 28<br />

Tabelle 9: Gründe für ablehnenden Triage-Entscheid .................................................................................... 29<br />

Tabelle 10: Übersicht über Fälle am Stichtag (31. Mai 2013) ......................................................................... 29<br />

Tabelle 11: Dauer der Unterstützung bei abgeschlossenen Fällen ................................................................. 29<br />

Tabelle 12: Gründe für vorzeitigen Abschluss ................................................................................................ 30<br />

Tabelle 13: Dauer der Unterstützung bei vorzeitig abgeschlossenen Fällen.................................................... 31<br />

Tabelle 14: Anschlusslösung nach vorzeitigem CM-Abschluss ...................................................................... 31<br />

Tabelle 15: institutioneller Kontakte unterschieden nach Lebensbereichen .................................................... 35<br />

Tabelle 16: Häufig genannte institutionelle Akteure ........................................................................................ 36<br />

Tabelle 17: Jugendliche und junge Erwachsene mit privater Unterstützung nach Lebensbereichen (in %) ..... 38<br />

Tabelle 18: Berufsbildungsstatus bei Eintritt ins CM BB ................................................................................. 54<br />

Tabelle 19: Berufsbildungsstatus nach sechs Monaten ................................................................................. 55<br />

Tabelle 20: Berufsbildungsstatus nach einem Jahr ........................................................................................ 55<br />

Tabelle 21: Berufsbildungsstatus nach zwei Jahren ....................................................................................... 55<br />

Tabelle 22: Ausbildung zum Zeitpunkt der Anmeldung ins CM BB ................................................................ 58<br />

Tabelle 23: Übersicht über Fälle am Stichtag (31. Mai 2013) ......................................................................... 60<br />

Tabelle 24: Nationalität detailliert .................................................................................................................... 70<br />

Tabelle 25: Höchste abgeschlossene Ausbildung .......................................................................................... 71<br />

Tabelle 26: Repräsentativitätsprüfung nach Ausbildungssituation bei der Zuweisung, Geschlecht, Nationalität<br />

und Alter (Anteile in %) ................................................................................................................................... 71<br />

Tabelle 27: Ressourcen und Defizite - Frageitems mit Mittelwert, Streuung und Dimensionszugehörigkeit .... 72<br />

8 Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 1: CM BB - Modell des Unterstützungsprozesses .......................................................................... 8<br />

Abbildung 2: Mittlere Bewertung der Ressourcenlage unterschieden nach Lebensbereichen ........................ 19<br />

Abbildung 3: Differenzierung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen anhand der Ressourcenlage (n=31)<br />

...................................................................................................................................................................... 20<br />

Abbildung 4: Modellhafte Darstellung der Anfangsphase der CM-Begleitung................................................. 28<br />

Abbildung 5: Visualisierung des gesamten Unterstützungssettings ................................................................ 34<br />

Abbildung 6: Anzahl involvierte Institutionen pro Person (n=31) ..................................................................... 38<br />

Abbildung 7: Institutionen-Netz ...................................................................................................................... 40<br />

Abbildung 8: Veränderung des Berufsbildungsstatus nach 12 und 24 Monaten ............................................ 56<br />

Abbildung 9: Veränderung des Berufsbildungsstatus nach Altersgruppen ..................................................... 57<br />

Abbildung 10: Veränderung des Berufsbildungsstatus nach 12 und 24 Monaten .......................................... 63<br />

66


9 Literaturverzeichnis<br />

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BFS (2011): STAT-TAB: Die interaktive Statistikdatenbank. Migration und Integration. Zugriff am 10.07.2013<br />

auf http://www.pxweb.bfs.admin.ch/Dialog/statfile.asp?lang=1&prod=01.<br />

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Haller, D. (2007): Sozialräumliche Prozesse und Wirkungen aus Sicht der Klient/innen. Eine theoretische und<br />

empirische Analyse. S. 126-139 in: Haller D., Hinte W. und Kummer B. (Hrsg.), Jenseits von Tradition und<br />

Postmoderne. Sozialraumorientierung in der Schweiz, Österreich und Deutschland. Weinheim und München:<br />

Juventa.<br />

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Bern, Berner Fachhochschule, Fachbereich Soziale Arbeit. Im Auftrag der Sozialhilfe der Stadt Basel.<br />

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Arbeit. S. S. 235-254 in: Eppler Natalie, Miethe Ingrid & Schneider Armin (Hg.): Quantitative und Qualitative<br />

Wirkungsforschung. Ansätze, Beispiele, Perspektiven. Opladen: Verlag Barbara Budrich.<br />

Haller, Dieter und Hümbelin, Oliver (2011): <strong>Evaluation</strong> des Projektes GAP, Case Management Berufsbildung<br />

des <strong>Kanton</strong>s Basel-Stadt. Bern: Berner Fachhochschule BFH.<br />

Haller, Dieter / Hümbelin, Oliver / Erzinger, Barbara und Marianne Glanzmann (2012): Netz2, Case Management<br />

Berufsbildung <strong>Kanton</strong> Zürich. <strong>Evaluation</strong>. <strong>Zwischenbericht</strong> zur Periode Oktober 2010 bis Februar 2012.<br />

Bern: Berner Fachhochschule BFH.<br />

Hofstetter Rogger, Yvonne (2007): Ressourcen- und sozialraumorientiertes Case Management (116-125). in:<br />

Haller, Dieter, Wolfgang Hinte & Bernhard Kummer (Hg): Jenseits von Tradition und Postmoderne. Sozialraumorientierung<br />

in der Schweiz, Österreich und Deutschland. Weinheim und München: Juventa.<br />

<strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong> (2007). Case Management Berufsbildung / Prävention Jugendarbeitslosigkeit. Regierungsratsbeschluss<br />

Nr. 2007/1202 vom 3. Juli 2007. Typoskript.<br />

Landert, Charles (2011). Nationales Projekt Case Management Berufsbildung. Bericht zur Umsetzungsevaluation.<br />

Bern: BBT.<br />

Marcia, J. E. (1966): Development and validation of ego identity status. Journal of Personality and Social Psychology<br />

3, S.551-558.<br />

Schütz, Alfred (2003): Theorie der Lebenswelt 1. Die pragmatische Schichtung der Lebenswelt. Herausgegeben<br />

von Endress, Martin & Ilja Srubar. Konstanz: UVK.<br />

67


10 Anhang<br />

Untersuchungsfragen der <strong>Evaluation</strong><br />

Merkmale der erreichten Jugendlichen/jungen Erwachsenen (Zielgruppe)<br />

- Wie viele Jugendliche/junge Erwachsene werden erreicht?<br />

- Wie ist das soziodemographische Profil und wie ist die Ressourcen-/Defizitelage der Jugendlichen/jungen<br />

Erwachsenen?<br />

- An welchem Punkt der Bildungskarriere stehen die Jugendlichen/jungen Erwachsenen, wenn das CM BB<br />

sie erreicht?<br />

Phase der Aufnahme ins CM BB<br />

- Welche Faktoren in der Organisation und Gestaltung des Aufnahmeprozesses sind förderlich bzw. hinderlich?<br />

- Wer tritt ins CM BB ein? Welches sind andere Anschlusslösungen?<br />

Unterstützungsverläufe während des CM BB<br />

- Gelingt der Fallführungsprozess im Sinne der Verfahrensschritte des CMs? Wie hoch ist die Haltequote<br />

der Jugendlichen/jungen Erwachsenen während der einzelnen CM-Phasen?<br />

- Gelingt es die Klient/innen in die zielorientierte Behandlung einzubinden? In welchen Lebensbereichen<br />

(Bildung/Erwerbsarbeit, Gesundheit, materielle Existenz, Soziale Beziehungen, Entwicklung Zukunftsperspektive)<br />

wird im CM an Zielen gearbeitet?<br />

- Gelingt es dem CM (wenn sinnvoll) die Familie des Jugendlichen bzw. andere Angehörige in die Bearbeitung<br />

der Ziele betr. Ausbildung und Erwerbsarbeit einzubinden?<br />

- Welche Einflüsse haben demografische, psychosoziale und bildungsbiographische Merkmale der Jugendlichen<br />

auf den Verlauf der CM-Sequenzen?<br />

- Welches sind die Leistungen des CM BB aufgeteilt auf Kategorien wie Beraten, Informieren, oder Vernetzen/Koordinieren?<br />

Welche Leistungen erhöhen die Haltequote?<br />

Wirkungen betreffend Zielgruppe<br />

- Welche Entwicklungsschritte in Ausbildung und Beruf erreichen und realisieren die Jugendlichen/jungen<br />

Erwachsenen? Konkret: Welche bildungs- und/oder berufsbezogenen Statuswechsel realisieren die Klient/innen?<br />

Inwiefern entwickelt sich ihre persönliche Ressourcenlage?<br />

- Welche mit dem CM BB induzierten Prozesse begünstigen bzw. behindern das Erreichen von Wirkungen?<br />

Sind Prozessmuster erkennbar, die zu positiven bzw. negativen Wirkungen führen?<br />

- Wie beurteilen die betroffenen Jugendlichen/jungen Erwachsenen das CM BB?<br />

Entwicklungen und Wirkungen im Unterstützungssystem<br />

- Gelingt es dem CM BB, die Partnerinstitutionen für seine Anliegen zu sensibilisieren? Nehmen Fachpersonen<br />

der Partnerinstitutionen die „Case Maker-Rolle“ wahr? Welches sind dabei fördernde und hindernde<br />

Faktoren?<br />

- Gelingt es während des CM, die Jugendlichen/jungen Erwachsenen mit der Berufsberatung und weiteren<br />

erforderlichen Institutionen zu vernetzen? Erhalten die Klient/innen die passenden Leistungen von den<br />

passenden Institutionen?<br />

- Gelingt es dem CM, die am Fall arbeitenden Institutionen in die Zielorientierung einzubinden?<br />

- Welche Muster sind in den Strukturen der institutionellen Vernetzung der Klient/innen erkennbar? Können<br />

mit CM „Doppelspurigkeiten“ in der Fallbearbeitung vermieden werden? Welche Elemente in der Organisation<br />

des CM tragen dazu bei?<br />

68


- Wie beurteilen die am CM beteiligten externen Fach- und Führungspersonen das CM BB?<br />

- Wie hoch sind der Zeitaufwand und die Kosten für die erbrachten Leistungen mit CM (betriebswirtschaftlicher<br />

Aufwand seitens Institution)?<br />

- Welche Verlaufsszenarien wären wahrscheinlich, wenn die Jugendlichen/jungen Erwachsenen keine CM-<br />

Leistungen erhalten würden?<br />

69


Detaillierte tabellarische Darstellungen<br />

Tabelle 24: Nationalität detailliert<br />

Anzahl In %<br />

Schweiz 189 62.4<br />

Türkei 29 9.6<br />

Italien 13 4.3<br />

Sri Lanka 8 2.6<br />

Kosovo 7 2.3<br />

Serbien 6 2.0<br />

Brasilien 5 1.7<br />

Deutschland 5 1.7<br />

Albanien 4 1.3<br />

Irak 4 1.3<br />

Kroatien 4 1.3<br />

Mazedonien 4 1.3<br />

Dominikanische Republik 3 1.0<br />

Angola 2 0.7<br />

Bosnien und Herzegowina 2 0.7<br />

Eritrea 2 0.7<br />

Kongo 2 0.7<br />

Somalia 2 0.7<br />

Bulgarien 1 0.3<br />

China 1 0.3<br />

Djibouti 1 0.3<br />

Indien 1 0.3<br />

Iran 1 0.3<br />

Kenia 1 0.3<br />

Polen 1 0.3<br />

Rumänien 1 0.3<br />

Tibet 1 0.3<br />

Tschetschenien 1 0.3<br />

Ungarn 1 0.3<br />

USA 1 0.3<br />

Total 303 100.0<br />

N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />

70


Tabelle 25: Höchste abgeschlossene Ausbildung<br />

Anzahl In %<br />

Sekundarstufe I Normallehrplan; Grundansprüche 96 32.2<br />

Sekundarstufe I Normallehrplan; erweiterte Ansprüche 66 22.1<br />

Sekundarstufe I; besonderer Lehrplan 27 9.1<br />

Sekundarstufe I Normallehrplan; integrierte und<br />

kooperative Schulformen<br />

14 4.7<br />

Sekundarstufe II; andere Allgemeinbildende Schulen 5 1.7<br />

Sekundarstufe II; Maturitätsschule, Fachmittelschulen (FMS) 4 1.3<br />

Sekundarstufe II; Eidg. Berufsattest EBA 2 0.7<br />

Sekundarstufe II; Eidg. Fähigkeitszeugnis EFZ 1 0.3<br />

68.1%<br />

4.0%<br />

Derzeit noch in obligatorischer Schulausbildung 71 23.8<br />

Kein obligatorischer Schulabschluss 11 3.7<br />

Anderes 1 0.3<br />

Total 298 100.0<br />

Fehlende Werte 5<br />

N= 303 (Anzahl Jugendliche)<br />

Tabelle 26: Repräsentativitätsprüfung nach Ausbildungssituation bei der Zuweisung, Geschlecht, Nationalität<br />

und Alter (Anteile in %)<br />

Ausbildungssituation:<br />

Schriftliche<br />

& Online-<br />

Befragung<br />

(n=31)<br />

Zwischen<br />

1.6.2012 und<br />

31.5.2013 Eingetretene<br />

(n=94)<br />

Definitive<br />

Aufnahme<br />

CM BB<br />

(n=216)<br />

Alle<br />

gemeldeten<br />

Personen<br />

(n=303)<br />

Nicht in Ausbildung/<br />

Lehrabbruch<br />

25.9 43.6 44.0 44.6<br />

In obligatorischer Schule 25.8 30.8 30.0 31.9<br />

In Ausbildung 48.3 25.6 26.0 23.5<br />

Geschlecht: weiblich 41.9 47.9 45.8 45.5<br />

männlich 58.1 52.1 54.2 54.5<br />

Nationalität: Schweiz 64.5 60.6 64.4 62.4<br />

Ausland 35.5 39.4 35.6 37.6<br />

Alter: Unter 16 12.9 19.2 20.8 21.1<br />

16-19 74.2 59.4 62.5 60.7<br />

20 und älter 12.9 21.4 16.7 18.2<br />

71


Tabelle 27: Ressourcen und Defizite - Frageitems mit Mittelwert, Streuung und Dimensionszugehörigkeit<br />

Frageitem<br />

Gültige<br />

Werte<br />

Mittelwert<br />

Standardabweichung<br />

Zugehörig zur<br />

Dimension<br />

Mein Alltag gibt mir Lebenssinn. 31 4.7 1.1<br />

Erleben von Sinn<br />

im Alltag<br />

Meine Familie bedeutet mir viel. 31 5.7 0.7 Familie<br />

Meine Familie unterstützt mich bei der Berufsfindung.<br />

31 5.0 1.4 Familie<br />

Ich habe mit meinen Eltern ausführliche<br />

Gespräche über die Berufsfindung geführt.<br />

31 5.0 1.2 Familie<br />

Ich habe genug Geld, um Dinge zu kaufen,<br />

die ich gerne hätte.<br />

31 3.7 1.6 Finanzen<br />

Es gibt eine Freizeittätigkeit, bei welcher ich mit<br />

Leidenschaft dabei bin.<br />

31 5.1 1.3 Freizeit<br />

Ich fühle mich körperlich gesund. 31 4.9 1.0 Gesundheit<br />

Ich fühle mich psychisch gesund. 31 4.8 1.4 Gesundheit<br />

Meine Kollegen und Freunde bedeuten mir viel. 31 5.6 0.7 Peers<br />

Wenn ich Probleme habe, gibt es jemanden,<br />

der mir hilft.<br />

31 5.3 1.0 Peers<br />

Meine Kollegen und Freunde unterstützen mich<br />

bei meiner Berufsfindung.<br />

31 4.1 1.4 Peers<br />

Mir gefällt es in der Stadt/im Dorf, wo ich wohne. 31 5.2 1.2<br />

Regionale<br />

Verbundenheit<br />

Ich erledige mir gestellte Aufträge mit hoher Zuverlässigkeitkompetenzen<br />

Selbst-<br />

31 5.0 0.8<br />

Ich denke, dass ich viele Stärken habe. 31 4.7 1.1<br />

Selbstkompetenzen<br />

Ich übernehme gerne Verantwortung. 31 4.8 1.0<br />

Selbstkompetenzen<br />

Ich bin überzeugt, dass mir wichtige Sachen,<br />

Selbstkompetenzen<br />

31 4.8 1.1<br />

die ich anpacke, gut gelingen.<br />

Ich kann gut mit Leuten aus anderen Kulturen<br />

Umgang mit<br />

31 5.5 0.7<br />

umgehen.<br />

fremden Kulturen<br />

Ich habe keine Mühe, andere Kulturen zu verstehen.<br />

fremden Kulturen<br />

Umgang mit<br />

31 5.2 1.1<br />

Ich fühle mich in der Wohnung/dem Haus wohl,<br />

in welcher/m ich wohne.<br />

31 5.6 0.8 Wohnen<br />

Ich weiss, welchen Beruf ich einmal ausüben will. 31 4.6 1.5<br />

Berufsbildung<br />

(Sicherheit)<br />

Ich weiss nicht so recht, was ich tun soll, um den<br />

Berufsbildung<br />

31 4.3 1.7<br />

richtigen Beruf zu finden.<br />

(Sicherheit)<br />

Ich habe eine klare Vorstellung, welche Berufe<br />

Berufsbildung<br />

31 4.6 1.6<br />

ich erfolgreich ausüben könnte.<br />

(Sicherheit)<br />

Ich denke oft darüber nach, welchen Beruf ich<br />

Berufsbildung<br />

31 4.0 1.9<br />

einmal ausüben könnte.<br />

(Exploration)<br />

Ich habe mich bereits über mehrere Berufe<br />

Berufsbildung<br />

31 4.7 1.4<br />

informiert.<br />

(Exploration)<br />

72


Befragte Akteure<br />

Andrea Brunner, Teamleiterin und Berufsberaterin, Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung Breitenbach.<br />

Damaris Bussmann, Berufsberaterin, Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung <strong>Solothurn</strong>.<br />

Sybille Haberthür, Berufsberaterin, Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung Olten.<br />

Ruedi Zimmerli, Leiter, Lehraufsicht <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong><br />

Dominik Studer, Berufsinspektor, Lehraufsicht <strong>Kanton</strong> <strong>Solothurn</strong><br />

Beat Pahud, Abteilungsleiter und Berufsschullehrer, Berufsbildungszentrum <strong>Solothurn</strong>-Grenchen<br />

Heinz Flück, Koordinator Brückenangebote, Berufsbildungszentrum Olten<br />

Roland Kohler, Geschäftsleiter, Step4 Motivationssemester<br />

Sämi Minder, Coach, Step4 Motivationssemester<br />

Fanny Schläppi, Sozialarbeiterin, Sozialregion Wasseramt Süd<br />

Beatrice Zürcher, Sozialarbeiterin, Sozialregion Dorneck<br />

Sandra Reichen, Teamleiterin berufliche Eingliederung, IV-Stelle <strong>Solothurn</strong><br />

Denise Aeschimann, Eingliederungsfachfrau, IV-Stelle <strong>Solothurn</strong><br />

73

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