Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 123

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13.07.2014 Aufrufe

Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 123 medizinischen Akten der beschwerdegegnerischen IV-Stelle enthielten. Es war an der beschwerdeführenden Stiftung, ihre Fälle aufmerksamer zu begleiten und wirksamer zu reagieren, als sich Hinweise auf einen Fehler ergaben. Folglich weist das Bundesgericht die Beschwerde der Vorsorgestiftung ab. 795 Nachdeckung und Beginn der obligatorischen Versicherung bei Bezügern von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung; zuständige Vorsorgeeinrichtung (Hinweis auf ein Urteil des BGer vom 21. März 2011, 9C_793/2010; Entscheid in deutscher Sprache) (Art. 10 Abs. 1 und Abs. 3 erster Satz , Art. 23 lit. a BVG, Art. 21 zweiter Satz AVIG) B. war bis 31. Dezember 2005 bei der X-Gesellschaft tätig und aufgrund dieses Arbeitsverhältnisses bei der Vorsorgeeinrichtung 1 der X-Versicherungs-Gruppe berufsvorsorgerechtlich versichert. Im Januar 2006 bezog B. Arbeitslosentaggelder. Die IV-Stelle sprach B. eine ganze Rente der IV ab 1. Januar 2007 zu, wobei sie den Beginn des einjährigen Wartejahres auf 1. Januar 2006 festlegte. Während die Auffangeinrichtung B. ab 1. Januar 2007 eine Invalidenrente aus der obligatorischen beruflichen Vorsorge für arbeitslose Personen zusprach, lehnte die Vorsorgeeinrichtung 1 ihrerseits jegliche Pflicht zur Ausrichtung von vorsorgerechtlichen Invalidenleistungen ab. Die von B. gegen die Vorsorgeeinrichtung 1 eingereichte Klage wurde vom kantonalen Sozialversicherungsgericht abgewiesen, woraufhin B. diesen Entscheid ans Bundesgericht weiterzog. Dieses hält zunächst fest, dass die Vorinstanz zu Recht von der Bindungswirkung des IV-Entscheids für den berufsvorsorgerechtlichen Anspruch ausging. Es stellt sich somit die Frage, bei wem B. am 1. Januar 2006 (Beginn der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat; Art. 23 lit. a BVG) versichert war. Das Bundesgericht führt aus, dass Art. 10 Abs. 1 BVG die obligatorische Versicherung (hinsichtlich der Risiken Tod und Invalidität) für die Bezüger von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung mit dem Tag beginnen lässt, „für den erstmals eine Arbeitslosenentschädigung ausgerichtet wird“. Der Gesetzgeber hatte damit den konkreten entschädigungsberechtigten Tag im Auge. B. konnte erstmals für Montag, 2. Januar 2006, Arbeitslosentschädigung beziehen (Art. 21 zweiter Satz AVIG), was sich auch aus den Akten ergibt. Fiel demnach der erste Tag des Jahres 2006 auf einen im Rahmen der Arbeitslosenversicherung nicht entschädigungsberechtigten Sonntag, wurde das neue Vorsorgeverhältnis mit der Auffangeinrichtung erst am darauffolgenden Tag begründet. Aufgrund der Nachdeckung gemäss Art. 10 Abs. 3 erster Satz BVG war B. somit weiterhin bei der Vorsorgeeinrichtung 1 versichert, als am 1. Januar 2006 die in der Folge invalidisierende Arbeitsunfähigkeit eintrat. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurück. 796 Barauszahlung der Austrittsleistung bei selbstständiger Erwerbstätigkeit im Ausland? (Hinweis auf ein Urteil des Bundesgerichts vom 18. April 2011, 9C_318/2010; zur Publikation vorgesehen; Entscheid in italienischer Sprache) (Art. 5 Abs. 1 Bst. a und b und 25f FZG) Der Versicherte D., ein italienischer Grenzgänger, verlangte bei seiner endgültigen Ausreise aus der Schweiz die Barauszahlung der Austrittsleistung. Es wurde ihm aber gemäss den Durchführungsbestimmungen zum Abkommen über den freien Personenverkehr zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) nur der überobligatorische Teil ausbezahlt; der obligatorische Teil wurde nicht ausbezahlt. D. machte geltend, dass er selbstständigerwerbend geworden sei und deshalb – gleich wie die Selbstständigerwerbenden in der Schweiz - die Auszahlung des obligatorischen Teils seiner Vorsorge fordere. 114/115

Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 123 Sowohl die Kasse als auch das kantonale Gericht wiesen dieses Begehren ab, da der Beweis der Nichtunterstellung unter die obligatorische Versicherung in Italien nicht erbracht worden sei. D. führte Beschwerde beim Bundesgericht und verlangte die Auszahlung der Austrittsleistung an einen Selbstständigerwerbenden auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 1 Bst. b FZG. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, stützt sich dabei aber auf Art. 5 Abs. 1 Bst. a FZG und damit auf eine andere Begründung als das BSV und die Lehre. Als erstes erinnert das Bundesgericht daran, dass das Auszahlungsverbot dem Schutz des Versicherten vor sich selber dient und gleichzeitig auch dem Staat nützt, um eventuelle zukünftige Unterstützungsleistungen zu vermeiden. Es weist auch darauf hin, dass das Gemeinschaftsrecht die Rückerstattung von Beiträgen verbietet und die Barauszahlung einer Rückerstattung gleichgesetzt werden kann. Nach heutigem Stand ist, wenn eine Person die Schweiz endgültig verlässt, um sich in einem EUoder EFTA-Land selbstständig zu machen, eine Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung nur möglich, wenn die Person in diesem Land nicht obligatorisch versichert ist, wobei sie selber den Nachweis der Nichtunterstellung zu erbringen hat. Diese Voraussetzung ist strenger als für einen Selbstständigerwerbenden in der Schweiz, weshalb sich der Beschwerdeführer auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes beruft. Das Bundesgericht analysiert Art. 5 Abs. 1 FZG und kommt zum Schluss, dass entgegen der Auffassung der Parteien und der Verwaltung Buchstabe b nicht Versicherte betrifft, die eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Ausland aufnehmen, sondern nur in der Schweiz. Macht sich ein Versicherter im Ausland selbstständig, ist einzig Buchstabe a von Art. 5 Abs. 1 auf ihn anwendbar (Erw. 6.2.3). Diese Auslegung entspricht der ratio legis, wie sie sich aus der Anpassung von Art. 5 FZG ans Gemeinschaftsrecht ergibt. Auf dieser Grundlage befindet das Bundesgericht, dass sich D. nicht auf eine Ungleichbehandlung zwischen Personen, die sich im Ausland selbstständig machen und solchen, die sich in der Schweiz selbstständig machen, berufen kann. Abgesehen davon ist Art. 25f FZG, der im Rahmen der Anpassung des schweizerischen Rechts an das Gemeinschaftsrecht eingeführt worden ist, unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Person anwendbar. Was die Voraussetzungen von Art. 25f FZG (Einschränkungen von Barauszahlungen) angeht, bezieht sich die obligatorische Versicherung auf Systeme, die der Verordnung Nr. 1408/71 unterstellt sind, und muss im Sinne der Gesetzgebung des fraglichen Staates ausgelegt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Gesetzgebung mit dem schweizerischen Recht kompatibel ist (Erw. 7.1). Da die Barauszahlung eine Ausnahme darstellt, ist es naheliegend, dass der Beweis der Nichtunterstellung vom Gesuchsteller selbst erbracht werden muss (Erw. 7.2). Aufgrund der Übereinkommen zwischen dem Sicherheitsfonds und den Verbindungsstellen der europäischen Staaten gibt es entsprechende Formulare, und diese können bei Gesuchen als Belege miteingereicht werden. 115/115

<strong>Mitteilungen</strong> über <strong>die</strong> <strong>berufliche</strong> <strong>Vorsorge</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>123</strong><br />

Sowohl <strong>die</strong> Kasse als auch das kantonale Gericht wiesen <strong>die</strong>ses Begehren ab, da der Beweis der<br />

Nichtunterstellung unter <strong>die</strong> obligatorische Versicherung in Italien nicht erbracht worden sei. D. führte<br />

Beschwerde beim Bundesgericht und verlangte <strong>die</strong> Auszahlung der Austrittsleistung an einen<br />

Selbstständigerwerbenden auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 1 Bst. b FZG. Das Bundesgericht weist<br />

<strong>die</strong> Beschwerde ab, stützt sich dabei aber auf Art. 5 Abs. 1 Bst. a FZG und damit auf eine andere<br />

Begründung als das BSV und <strong>die</strong> Lehre.<br />

Als erstes erinnert das Bundesgericht daran, dass das Auszahlungsverbot dem Schutz des<br />

Versicherten vor sich selber <strong>die</strong>nt und gleichzeitig auch dem Staat nützt, um eventuelle zukünftige<br />

Unterstützungsleistungen zu vermeiden. Es weist auch darauf hin, dass das Gemeinschaftsrecht <strong>die</strong><br />

Rückerstattung von Beiträgen verbietet und <strong>die</strong> Barauszahlung einer Rückerstattung gleichgesetzt<br />

werden kann.<br />

Nach heutigem Stand ist, wenn eine Person <strong>die</strong> Schweiz endgültig verlässt, um sich in einem EUoder<br />

EFTA-Land selbstständig zu machen, eine Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung nur<br />

möglich, wenn <strong>die</strong> Person in <strong>die</strong>sem Land nicht obligatorisch versichert ist, wobei sie selber den<br />

Nachweis der Nichtunterstellung zu erbringen hat. Diese Voraussetzung ist strenger als für einen<br />

Selbstständigerwerbenden in der Schweiz, weshalb sich der Beschwerdeführer auf eine Verletzung<br />

des Gleichbehandlungsgebotes beruft.<br />

Das Bundesgericht analysiert Art. 5 Abs. 1 FZG und kommt zum Schluss, dass entgegen der<br />

Auffassung der Parteien und der Verwaltung Buchstabe b nicht Versicherte betrifft, <strong>die</strong> eine<br />

selbstständige Erwerbstätigkeit im Ausland aufnehmen, sondern nur in der Schweiz. Macht sich ein<br />

Versicherter im Ausland selbstständig, ist einzig Buchstabe a von Art. 5 Abs. 1 auf ihn anwendbar<br />

(Erw. 6.2.3). Diese Auslegung entspricht der ratio legis, wie sie sich aus der Anpassung von Art. 5<br />

FZG ans Gemeinschaftsrecht ergibt.<br />

Auf <strong>die</strong>ser Grundlage befindet das Bundesgericht, dass sich D. nicht auf eine Ungleichbehandlung<br />

zwischen Personen, <strong>die</strong> sich im Ausland selbstständig machen und solchen, <strong>die</strong> sich in der Schweiz<br />

selbstständig machen, berufen kann. Abgesehen davon ist Art. 25f FZG, der im Rahmen der<br />

Anpassung des schweizerischen Rechts an das Gemeinschaftsrecht eingeführt worden ist,<br />

unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Person anwendbar.<br />

Was <strong>die</strong> Voraussetzungen von Art. 25f FZG (Einschränkungen von Barauszahlungen) angeht, bezieht<br />

sich <strong>die</strong> obligatorische Versicherung auf Systeme, <strong>die</strong> der Verordnung <strong>Nr</strong>. 1408/71 unterstellt sind,<br />

und muss im Sinne der Gesetzgebung des fraglichen Staates ausgelegt werden. Dabei spielt es keine<br />

Rolle, ob <strong>die</strong>se Gesetzgebung mit dem schweizerischen Recht kompatibel ist (Erw. 7.1). Da <strong>die</strong><br />

Barauszahlung eine Ausnahme darstellt, ist es naheliegend, dass der Beweis der Nichtunterstellung<br />

vom Gesuchsteller selbst erbracht werden muss (Erw. 7.2). Aufgrund der Übereinkommen zwischen<br />

dem Sicherheitsfonds und den Verbindungsstellen der europäischen Staaten gibt es entsprechende<br />

Formulare, und <strong>die</strong>se können bei Gesuchen als Belege miteingereicht werden.<br />

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