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Alb Magazin - Ausgabe Kispel Lauter 2/2014

Regional Magazin auf der Schwäbischen Alb für die Region St. Johann, Sirchingen, Marbach und Gomadingen

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Burgruine Blankenhorn<br />

<strong>Alb</strong>-<strong>Magazin</strong> <strong>Ausgabe</strong> 2/<strong>2014</strong><br />

Versteckt, aus den Augen verloren, gesucht, gefunden – vom Werden und<br />

Vergehen einer kleinen, fast vergessenen Burg<br />

Skizze Burg Blankenhorn (gefertigt von Günter Schmitt<br />

aus Biberach)<br />

Ein kleines Teersträßchen, versteckt hinter<br />

einem Holzschuppen, ein Waldweg, der<br />

davon nach links abzweigt und langsam,<br />

aber stetig bergab führt, rechter Hand ein<br />

mischwaldbestandener Berghang, während<br />

linker Hand das Gelände in Form einer<br />

kleinen Schlucht abfällt. Kein Schild,<br />

kein Wegweiser, wohin das Ganze führen<br />

könnte, keine Kilometerangabe, nichts.<br />

Es ist Samstagabend und das Vorhaben<br />

riecht ein klein wenig nach Abenteuer. In<br />

meinem Rucksack befinden sich eine Wasserflasche<br />

– das immerhin! – und ein paar<br />

Blätter zum Beschreiben. Einen Schlafsack<br />

für den Fall, dass ich mich verlaufen<br />

sollte und im Wald nächtigen muss, habe<br />

ich nicht dabei. Einen Kompass auch nicht.<br />

Mein Ziel ist die wenig bekannte Ruine<br />

Blankenhorn bei Sirchingen.<br />

Die Geschichte dieser Burg, so schreibt<br />

Walter Röhm im Bad Uracher Wanderbuch,<br />

sei noch nicht erforscht, ja nicht<br />

einmal ihr eigentlicher Name sei bekannt.<br />

Julius Wais, Verfasser des vom <strong>Alb</strong>verein<br />

herausgegebenen <strong>Alb</strong>führers, erwähnt im<br />

Zusammenhang mit der Beschreibung der<br />

Burg nur, eine begüterte Bauernfamilie<br />

Blankenhorn werde im 15. Jahrhundert<br />

viel genannt. Nähere Verbindungen stellt<br />

er nicht her.<br />

Ich habe keine Uhr dabei und zähle infolgedessen<br />

die Schritte, die ich benötige. 1324<br />

sind es kurz nach der Umrundung der<br />

Haarnadelkurve beim Sirchinger Wasserfall,<br />

als ich plötzlich mitten in der nächsten<br />

Kurve vor einem Schild mit Aufschrift „Burg<br />

Blankenhorn“, stehe. Angebracht ist es an<br />

einem Baum, und es kommt so unerwartet<br />

früh, dass ich fast daran vorbeigelaufen<br />

wäre. Ein schmaler Trampelpfad zweigt hier<br />

vom Hauptweg ab und führt nach wenigen<br />

Schritten zu einem Bergsporn, der keck<br />

ins Ermstal hinausragt. Zwei Aussichtsbänke<br />

sind aufgestellt, von denen die eine<br />

einen herrlichen Blick zum Talabschluss,<br />

Richtung Seeburg hin, erschauen lässt,<br />

während von der anderen aus die Baldeckfelsen<br />

am gegenüberliegenden Hang und<br />

die Ruine Hohenwittlingen zu sehen sind.<br />

Ein idyllisches, malerisches Plätzchen,<br />

aber von einer Burg ist für ungeübte Augen<br />

nicht viel zu sehen: keine sichtbaren Mauerreste,<br />

kein Turm, keine Zugbrücken und<br />

von Schießscharten keine Spur. Dafür eine<br />

kreisrunde Vertiefung im Boden, die für<br />

eine Zisterne zu groß erscheinen will und<br />

für eine Doline am falschen Platz wäre,<br />

und hinter mir ein Buckel mit vielleicht 15<br />

Schritt Durchmesser, buchenbestanden<br />

heute, zum Hauptweg hin abgegrenzt von<br />

einem niedrigen Wall, auf dem in großer<br />

Zahl Maiglöckchen wachsen. Dahinter fällt<br />

das Gelände ein wenig ab, und als ich den<br />

Wall umrunde, sehe ich auf der anderen<br />

Seite ein paar Steine aus dem Hang ragen,<br />

die man eventuell als Mauersteine<br />

betrachten könnte. Einer, der aus solchen<br />

Steinen Geschichte herauslesen kann,<br />

Burgenforscher Christoph Bitzer aus Lenningen,<br />

hat anhand der hier spärlich vorhandenen<br />

Funde herausgefunden, dass<br />

die Burg zwischen 1200 und 1250 nach<br />

Christus erbaut und zwischen 1350 und<br />

1380 wieder verlassen worden sein muss.<br />

Walter Röhm erwähnt in seinem Wanderführer,<br />

dass dieser Wall ein Überrest der<br />

Schildmauer der Burg gewesen sei.<br />

Wer immer die Besitzer dieser Burg gewesen<br />

sind, viel Platz können sie nicht gehabt<br />

haben.<br />

Genau das – zu ergründen nämlich, wer<br />

diese gewesen sein könnten, hat sich Ahnenforscher<br />

Ernst Strähle aus Römerstein<br />

zur Aufgabe gemacht. Bei seinen Recherchen<br />

in Kirchenbüchern, amtlichen Lagerbüchern,<br />

Urkunden, Stammbäumen und<br />

dem Gächinger Seelbüchlein ist er auf<br />

vielerlei Personen mit dem Namen Blankenhorn<br />

gestoßen, unter anderem einen<br />

Burgvogt der Achalm, etliche Priester und<br />

Pfarrer sowie Sirchinger und Gächinger<br />

Großbauernfamilien. Zwei hauptsächliche<br />

Blutlinien sind es, die er aus den Eintragungen<br />

herausgelesen hat: zum einen<br />

diejenige eines Cuntz Blankenhorn von<br />

Gächingen, der 1383 auf dem Uracher<br />

Marktplatz Graf Eberhard dem Greiner den<br />

Treueid schwur, zum anderen die Sirchinger<br />

Linie eines Bentz Blankenhorn, der<br />

ursprünglich ebenfalls aus der Gächinger<br />

Linie stammen dürfte. Angehörige beider<br />

Verwandtschaftslinien haben sich durch<br />

vielerlei Stiftungen und Spenden an die damaligen<br />

Pfarreien und Kirchengemeinden<br />

hervorgetan, hatten Hofbesitz in Sirchingen<br />

und Metzingen, betrieben eine Mühle,<br />

besaßen Häuser, deren Wert das damals<br />

Übliche bei Weitem überstieg und waren in<br />

der glücklichen Lage, ihre Töchter von den<br />

angesehensten Männern aus dem Ermstal<br />

umworben sehen zu dürfen. Die Blankenhorn<br />

zählten zu den reichsten Bauernfamilien<br />

der damaligen Zeit. Dass weder die<br />

Gächinger noch die Sirchinger Blankenhorns<br />

ein Wappen oder Siegel geführt haben,<br />

führt Ernst Strähle zu der Annahme,<br />

dass sie alle bäuerlicher Herkunft waren.<br />

Den Erbauer der Burg selbst konnte Ernst<br />

Strähle bei all seinen Recherchen nicht direkt<br />

ausfindig machen, er könnte sich jedoch<br />

vorstellen, dass der erwähnte Cuntz<br />

Blankenburg möglicherweise noch auf<br />

der Burg geboren sein und eine gewisse<br />

Zeit seines Lebens dort verbracht haben<br />

könnte. Unüblich, so schreibt Strähle in<br />

seinen Aufzeichnungen, sei es nicht gewesen,<br />

dass in jenen Zeiten auch Bauern das<br />

Privileg hatten, sich Burgen zu erbauen.<br />

Auch nach versuchter Ergründung der Besitzverhältnisse<br />

der Burg bleiben für den<br />

Besucher also viele Fragen offen: Zu wie<br />

vielen hauste man hier, wie sah das Leben<br />

der Bewohner aus? Was haben die Erbauer<br />

dieses kleinen Anwesens damit im Sinn<br />

gehabt? Gegen wen wollten sie sich hier<br />

mitten im Wald verteidigen und trat ein<br />

Burggraben und ehemalige Schildmauer<br />

solcher Fall jemals ein? Denn auch wenn<br />

sich dem heutigen, mit Blick für die Schönheiten<br />

der Natur ausgestatteten Wanderer<br />

der Gedanke fast nahelegt – es ist kaum<br />

anzunehmen, dass die damaligen Bewohner<br />

sich dieses von grün bewachsenen<br />

Hängen eingeschlossene Kleinod allein<br />

seiner traumhaft schönen Halbhöhenlage<br />

über dem Ermstal wegen ausgesucht haben<br />

könnten.<br />

Ich aber gönne es mir, von der vorwitzigen<br />

Felsnase ganz vorne am Abhang<br />

aus noch einmal einen Blick auf die vom<br />

Grün umschmeichelten Hänge der gegenüberliegenden<br />

Talseite zu werfen, ehe ich<br />

tief zufrieden wieder überschlagene 1324<br />

Schritte zurückgehe, stetig bergauf, vorbei<br />

an der Haarnadelkurve beim Sirchinger<br />

Wasserfall, linker Hand begleitet vom<br />

bergständigen Mischwald, während rechter<br />

Hand das Gelände in Form einer kleinen<br />

Schlucht abfällt. Kein Wegweiser, kein<br />

Schild, keine Kilometerangabe, nichts.<br />

Dennoch: den daheim gelassenen Schlafsack<br />

habe ich für das Unterfangen nun<br />

doch nicht gebraucht.<br />

Text: Petra Zwerenz<br />

Bestattungen<br />

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