Fallstricke in der Patientenkommunikation
Fallstricke in der Patientenkommunikation Fallstricke in der Patientenkommunikation
Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik Fallstricke in der Patientenkommunikation 22. November 2008 PD Dr. med. habil. Kerstin Weidner Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik www.uniklinikum-dresden.de Seite 1
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Kl<strong>in</strong>ik und Polikl<strong>in</strong>ik für Psychotherapie und Psychosomatik<br />
<strong>Fallstricke</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Patientenkommunikation</strong><br />
22. November 2008<br />
PD Dr. med. habil. Kerst<strong>in</strong> Weidner<br />
Kl<strong>in</strong>ik und Polikl<strong>in</strong>ik für Psychotherapie und<br />
Psychosomatik<br />
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<strong>Fallstricke</strong> I<br />
Herr Doktor, Sie wurden mir<br />
wärmstens als absoluter<br />
Spezialist empfohlen!<br />
IDEALISIERUNG<br />
Eigentlich hatte ich von Ihnen mehr<br />
erwartet.<br />
Kennen Sie e<strong>in</strong>en Spezialisten auf<br />
Ihrem Fachgebiet?<br />
ENTWERTUNG<br />
Ich habe im Internet dazu<br />
aber was an<strong>der</strong>es gelesen,<br />
das erschien mir sehr plausibel.<br />
MACHTKAMPF<br />
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<strong>Fallstricke</strong> II<br />
Wenn Sie me<strong>in</strong>en, dass<br />
Insul<strong>in</strong> das Richtige für mich ist.<br />
WACKELIGES<br />
ARBEITS-<br />
BÜNDNIS<br />
Diese Behandlung steht mir zu,<br />
das wird Ihnen je<strong>der</strong><br />
Rechtsanwalt sagen!<br />
AGGRESSIV<br />
FORDERND<br />
Ich schätze Ihren Rat sehr, aber es<br />
hat doch eh alles ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n mehr.<br />
DEPRESSIVER<br />
PATIENT<br />
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Typische <strong>Fallstricke</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> A-P-Beziehung<br />
• Idealisierung<br />
• Entwertung<br />
• wackeliges Arbeitsbündnis<br />
• Machtkampf<br />
• aggressive, for<strong>der</strong>nde Patienten<br />
• passiv, depressive Patienten<br />
• …<br />
<strong>Fallstricke</strong> entstehen <strong>in</strong> <strong>der</strong> A-P-Kommunikation<br />
Jede Kommunikation hat e<strong>in</strong>en Inhalts- und e<strong>in</strong>en<br />
Beziehungsaspekt.<br />
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Der Eisberg (Watzlawick)<br />
Sachebene<br />
Beziehungsebene<br />
Sobald Menschen zusammen s<strong>in</strong>d, wird<br />
kommuniziert.<br />
60 - 80 % des E<strong>in</strong>drucks ist Körpersprache und Stimme.<br />
Die Beziehungsseite bestimmt über ¾ des Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>redens.
4 Ebenen e<strong>in</strong>er Nachricht<br />
(Schulz von Thun)<br />
Sachohr<br />
(Worüber wird <strong>in</strong>formiert?)<br />
Beziehungsohr<br />
(Was hält <strong>der</strong> Sen<strong>der</strong> vom<br />
Empfänger;<br />
Wie stehen sie zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong>?)<br />
Selbstoffenbarungsohr<br />
„ICH“<br />
(Was sagt <strong>der</strong> Sen<strong>der</strong> über<br />
Sich selbst aus?)<br />
Appellohr<br />
(Wozu will <strong>der</strong> Sen<strong>der</strong><br />
den Empfänger veranlassen?)
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Gefühle s<strong>in</strong>d menschlich – Ärzte auch<br />
4 Ebenen e<strong>in</strong>er<br />
Nachricht<br />
gesendete und<br />
empfangene Nachrichten<br />
müssen nicht identisch<br />
se<strong>in</strong><br />
je nachdem, welches Ohr<br />
offen ist, erhält die<br />
gesendete Botschaft die<br />
e<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />
Bedeutung<br />
In <strong>der</strong> Arzt-<br />
Patientenbeziehung geht es<br />
um den angemessenen<br />
Umgang mit Gefühlen auf<br />
beiden Seiten<br />
Welche Gefühle nehme ich<br />
beim Patienten wahr ?<br />
Welche Gefühle nehme ich<br />
bei mir selbst wahr ?<br />
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Übertragung und Gegenübertragung<br />
•Projektion früherer Erfahrungen<br />
auf e<strong>in</strong>e Person <strong>der</strong> Gegenwart<br />
•z.B. wird vom Patienten frühere<br />
konfliktreiche Beziehung auf Arzt<br />
übertragen<br />
•Reaktionen des Arztes auf den<br />
Patienten<br />
•bewusste und unbewusste<br />
Reaktionen, Verhaltensweisen,<br />
Haltungen<br />
• Unruhe, Ärger<br />
• Müdigkeit<br />
• Sich kontrolliert fühlen<br />
• Abbruch <strong>der</strong> Behandlung<br />
• Attackieren des Patienten<br />
• Gefühl, vom Patienten abgelehnt<br />
zu werden<br />
• Übernahme von Verantwortung<br />
für Patienten<br />
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Typische Fehler<br />
im Umgang mit Gefühlen<br />
• Ignorieren<br />
• Bagatellisieren<br />
• Entwerten<br />
• Ausreden<br />
Zur Vermeidung von<br />
Gefühlen<br />
• Die Ursache verschleiern<br />
o<strong>der</strong> leugnen<br />
• Um den heißen Brei<br />
herum reden<br />
• Falsch<strong>in</strong>formationen<br />
weitergeben<br />
• Informationen zurück<br />
halten<br />
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Gefühle ignorieren<br />
•Kommunikation/Verständigung wird blockiert<br />
•Sach<strong>in</strong>formationen bleiben auf <strong>der</strong> Strecke<br />
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Umgang mit Gefühlen<br />
• Wahrnehmen !<br />
• Identifizieren !<br />
• Dem Patienten signalisieren, (spiegeln, rückmelden) dass<br />
ich se<strong>in</strong>e Gefühle wahrnehme + respektiere:<br />
Gestik + Mimik<br />
+<br />
Körperhaltung<br />
+<br />
Stimmlage<br />
+<br />
Wortwahl<br />
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Machtkampf<br />
•Machtkampf ist e<strong>in</strong>e<br />
Störung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beziehung,<br />
die e<strong>in</strong>e Verständigung<br />
unmöglich macht.<br />
Sach<strong>in</strong>formationen bleiben<br />
auf <strong>der</strong> Strecke.<br />
•Wer behält die Oberhand?<br />
Wer behält recht?<br />
•Siegen ist KEINE<br />
Verständigung<br />
Nachgeben auch nicht<br />
ERKENNEN<br />
Wer hat Recht?<br />
Wer setzt sich durch?<br />
Wer hat Schuld?<br />
„Ja, aber....“ Situation<br />
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Machtkampf -Ursachen<br />
•Kränkungen<br />
•Zurückweisungen<br />
•Entwertungen (tatsächliche und e<strong>in</strong>gebildete)<br />
•Schuldgefühle<br />
•Rollenunsicherheit<br />
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Seite 13
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Beispiel<br />
Herr A. fährt 100 km <strong>in</strong>s Herzzentrum, weil er e<strong>in</strong>en (lang<br />
vere<strong>in</strong>barten) Term<strong>in</strong> mit Herrn Prof. Müller hat: dem Top-<br />
Spezialisten auf diesem Gebiet.<br />
Empfangen wird er von e<strong>in</strong>er ziemlich jung aussehenden<br />
Ärzt<strong>in</strong> (die genauestens <strong>in</strong> alle Patientengeschichten des<br />
Tages e<strong>in</strong>geweiht ist) mit den Worten: „Tut uns leid, Prof.<br />
Müller ist kurzfristig zu e<strong>in</strong>em wichtigen Kongress, ich<br />
vertrete ihn.“<br />
Herr A.: „Das kann doch nicht Ihr Ernst se<strong>in</strong>! Wo leben wir<br />
denn? Ich warte e<strong>in</strong>e Ewigkeit auf diesen Term<strong>in</strong>, fahre den<br />
halben Tag und dann wollen Sie mir erklären, Prof. Müller hat<br />
wichtigeres zu tun? Was ist das denn für e<strong>in</strong> Saftladen?“<br />
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Seite 14
CALM-Modell zur Deeskalation<br />
Make a decision<br />
Kooperation<br />
Entspannung<br />
durch<br />
Körpersprache<br />
und Mimik<br />
Verstehen <strong>der</strong><br />
Emotionen<br />
Rollenklärung/<br />
Beziehung<br />
E<strong>in</strong>gestehen<br />
von Fehlern<br />
Entscheiden<br />
Tolerieren/<br />
Immunisieren<br />
gegenüber<br />
Angriffen<br />
Planen<br />
Benennen<br />
Anerkennen <strong>der</strong><br />
schwierigen<br />
Situation<br />
Look ahead<br />
Verbalisieren<br />
<strong>der</strong> Emotionen<br />
Appo<strong>in</strong>t<br />
Erklären <strong>der</strong><br />
Zusammenhänge<br />
Contact
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Idealisierung – Entwertung - Spirale<br />
„Sie s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige,<br />
<strong>der</strong> was für mich tun kann!“<br />
geschmeichelt,<br />
legt sich <strong>in</strong>s Zeug<br />
Enttäuschung bei<br />
ausbleibendem Erfolg;<br />
Hoffnungs- und Hilflosigkeit;<br />
Entwertung des Arztes, Suche<br />
nach neuem Arzt;<br />
Koryphäen-Killer-Syndrom<br />
Erleben <strong>der</strong> Patienten als<br />
anstrengend, anspruchsvoll;<br />
Frustration, Enttäuschung<br />
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Idealisierung - Entwertung<br />
Der Weg:<br />
• Doppeldeutigkeit <strong>der</strong> Botschaft erkennen<br />
• Optimismus anerkennen aber „göttlichen Auftrag“ nicht<br />
annehmen<br />
• universellen Heilungswunsch auf machbare Schritte<br />
herunterbrechen<br />
• eigene Verführbarkeit erkennen<br />
• Selbstverantwortlichkeit des Patienten verdeutlichen<br />
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Literaturempfehlung<br />
•Philip R, Myerscough & Michake Ford: Kommunikation<br />
mit Patienten, Hans Huber 2001<br />
•A. Schweickhardt & K. Fritzsche: Kursbuch ärztliche<br />
Kommunikation. Deutscher Ärzteverlag 2007<br />
•Patric P. Kutscher & Helmut Seßler: Kommunikation –<br />
Erfolgsfaktor <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>. Spr<strong>in</strong>ger 2007<br />
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