Handbuch für die Unfallversicherung 2013 - SIGNAL IDUNA ...
Handbuch für die Unfallversicherung 2013 - SIGNAL IDUNA ...
Handbuch für die Unfallversicherung 2013 - SIGNAL IDUNA ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
7.1 Die landwirtschaftliche <strong>Unfallversicherung</strong><br />
Die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (LBG) bilden mit den landwirtschaftlichen Alterskassen, den<br />
landwirtschaftlichen Krankenkassen und Pflegekassen <strong>die</strong> Landwirtschaftliche Sozialversicherung (LSV).<br />
Ab dem 1. Januar <strong>2013</strong> werden ihre Aufgaben auf <strong>die</strong> neu errichtete Sozialversicherung <strong>für</strong> Landwirtschaft, Forsten<br />
und Gartenbau (SVLFG) übergehen.<br />
Hauptaufgabe der LBGen ist <strong>die</strong> Versicherung von Arbeitnehmern und arbeitnehmerähnlichen Personen der durch <strong>die</strong> Berufsgenossenschaft<br />
betreuten Unternehmen, der Unternehmer selbst (was einen weiteren wesentlichen Unterschied zu den<br />
gewerblichen Berufsgenossenschaften darstellt, denn dort gehören <strong>die</strong> Unternehmer regelmäßig nicht selbst zum versicherten<br />
Personenkreis) sowie <strong>die</strong> Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren,<br />
der Entschädigung von Arbeits- und Wegeunfällen und der Folgen von Berufskrankheiten. Auch eine wirksame Erste Hilfe<br />
in den landwirtschaftlichen Betrieben wird durch <strong>die</strong> LBGen unterstützt. Hierzu werden zum Beispiel <strong>die</strong> Kosten von Ersthelferausbildungen<br />
durch <strong>die</strong> LBGen <strong>für</strong> das Unternehmen übernommen. LBGen haben Unfallverhütungsvorschriften erlassen,<br />
<strong>die</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Unternehmer verbindlich sind und <strong>die</strong> laufend den neuesten wissenschaftlichen und aus dem Unfallgeschehen<br />
hergeleiteten Erkenntnissen angepasst werden. Sie betreffen insbesondere <strong>die</strong> Bereiche Betriebseinrichtung, Sicherheitsvorkehrungen<br />
an Arbeitsstätten und Maschinen sowie Verhaltensvorschriften.<br />
Landwirtschaftliche Unternehmer sind verpflichtet, <strong>die</strong>se Vorschriften einzuhalten, alle im Unternehmen Tätigen darüber zu<br />
unterrichten und <strong>die</strong> Einhaltung ständig zu überwachen.<br />
Die LBGen erbringen bei Eintritt des Versicherungsfalles Geld- und Sachleistungen, <strong>die</strong> den Leistungen der gewerblichen<br />
Berufsgenossenschaften entsprechen. Der Versicherungsfall tritt ein wenn ein Versicherter Arbeitnehmer einen Unfall während<br />
einer versicherten Tätigkeit erleidet. Ebenso sind der Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte und der von der Arbeitsstätte<br />
nach Hause versichert. Die Unternehmer selbst und auch deren Ehegatten sind im Gegensatz zu den gewerblichen<br />
Berufsgenossenschaften auch versichert. Es ist nicht erforderlich, dass Arbeitnehmer im landwirtschaftlichen Unternehmen<br />
beschäftigt werden. Zusätzlich wird zur Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs unter bestimmten Voraussetzungen<br />
Betriebs- und Haushaltshilfe gewährt.<br />
Versicherungsfälle <strong>für</strong> <strong>die</strong> LBGen sind wie in der allgemeinen gesetzlichen <strong>Unfallversicherung</strong> Arbeitsunfälle, Wegeunfälle<br />
und Berufskrankheiten in kausalem Zusammenhang mit Unternehmen, <strong>für</strong> <strong>die</strong> sie zuständig sind.<br />
Die LBGen sind <strong>für</strong> Unternehmen zuständig, <strong>die</strong> auf dem Gebiet der Landwirtschaft, Forstwirtschaft, des Garten- und Weinbaus,<br />
der Fischzucht und Teichwirtschaft und der Seen-, Bach,- Flussfischerei tätig sind. Gegen Arbeitsunfälle versichert<br />
sind daher bei den LBGen der landwirtschaftliche Unternehmer selbst (auch Gesellschafter einer landwirtschaftlichen GbR,<br />
KG, GmbH, etc.), der Ehegatte oder Lebenspartner des Landwirts, nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige<br />
sowie Arbeitnehmer des landwirtschaftlichen Betriebs und arbeitnehmerähnlich tätige Personen.<br />
Weiterhin fallen in <strong>die</strong> Zuständigkeit Imkereien ab 26 Völkern, gewerbliche Tierhalter, <strong>die</strong> Nutz- oder Zuchttiere zum Zwecke<br />
der Gewinnung von tierischen Produkten halten, land- und forstwirtschaftliche Lohnunternehmen sowie Park- und Gartenpflege<br />
und Friedhöfe.<br />
Der Unternehmensbegriff ist hier weit zu fassen: Selbst kleinste land- und/oder forstwirtschaftliche Flächen fallen nach der<br />
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in <strong>die</strong> Zuständigkeit der LBGen; eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht Voraussetzung,<br />
so dass auch z. B. eine als Hobby verstandene kleine Schafzucht oder Pferdehaltung auf einer Wiese zu den kraft<br />
Gesetzes versicherungs- und beitragspflichtigen Unternehmen im Sinne des SGB VII zählen.<br />
Es handelt sich hier um eine versicherungsrechtliche Begriffsbestimmung, <strong>die</strong> nicht mit umgangssprachlichen, steuerrechtlichen<br />
oder betriebswirtschaftlichen Begriffen zu vergleichen ist: Ein Unfall einer versicherten Person bei einer versicherten<br />
Tätigkeit in solch einem Unternehmen ist - unabhängig davon, ob ein Mitgliedsbeitrag entrichtet worden ist - entschädigungspflichtig<br />
durch <strong>die</strong> LBG. Das bedingt, dass <strong>die</strong> entsprechenden Unternehmen bei den LBGen erfasst sind und ihre<br />
Beiträge zur Solidargemeinschaft entrichten.<br />
Das Sozialgesetzbuch sieht <strong>für</strong> kleinere Unternehmen in <strong>die</strong>sem Sinne (der Grenzwert beträgt 2.500 m²) eine Befreiungsmöglichkeit<br />
auf Antrag vor. Diese Befreiung ist dann endgültig und umfasst den ansonsten auch versicherten Ehegatten<br />
oder eingetragenen Lebenspartner. Sogenannte Spezialkulturen sind hiervon jedoch ausgenommen. Zudem bestimmt es,<br />
dass beispielsweise Klein- oder Ziergärten nicht als landwirtschaftliches Unternehmen gelten sollen. Zur Abgrenzung hat <strong>die</strong><br />
Rechtsprechung über <strong>die</strong> Jahre hinweg basierend auf einer Entscheidung des seinerzeitigen Reichsversicherungamtes manifestiert,<br />
dass ab einer Größe von 2.500 m² nicht mehr von einem derartigen Garten, sondern generell von Landwirtschaft<br />
auszugehen ist. Die Übereinstimmung der m²-Zahl ist dabei rein zufällig.<br />
Zum Zuständigkeitsbereich der LBGen gehören darüber hinaus <strong>die</strong> Landwirtschaftskammern, Unternehmen, <strong>die</strong> unmittelbar<br />
der Sicherung, Überwachung und Förderung der Landwirtschaft <strong>die</strong>nen, <strong>die</strong> Träger der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung,<br />
dessen Spitzenverband und weiteren Einrichtungen.<br />
In Deutschland bestehen bis zum 31. Dezember 2012 noch acht regionale LBGen sowie <strong>die</strong> bundesweit zuständige BG <strong>für</strong><br />
den Gartenbau. Die LBGen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Verantwortlich sind <strong>die</strong> Vertreterversammlung,<br />
der Vorstand und der Geschäftsführer. Sie sind Mitglieder des Spitzenverbandes der landwirtschaftlichen<br />
Sozialversicherung mit Sitz in Kassel.<br />
216<br />
Seit dem 28. September 2011 lag ein Referentenentwurf und seit dem 2. November 2011 der Regierungsentwurf eines Gesetzes<br />
zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-NOG) vor, der <strong>die</strong> Bildung einer<br />
bundesunmittelbaren Körperschaft des öffentlichen Rechts vorsah, in der <strong>die</strong> einzelnen Träger sowie der Spitzenverband ab