wissenstransfer als balanceakt sfb 580 - SFB 580 - Friedrich-Schiller ...
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Hildenbrand, References Literatur<br />
Bohler, Engelstädter,<br />
Franzheld, Schierbaum, Schmidt<br />
untersuchten Handlungsfeld expliziert, folge<br />
deren Prognosekraft. Die Begründung hierfür<br />
lautet: „Weil Strukturen eine bestimmte Dauer<br />
haben - sonst wären es keine Strukturen - ist<br />
es möglich, Entwicklungen in die Zukunft zu<br />
verlängern. Weil aber die Welt eine Welt im<br />
Wandel ist, sind das Diagnosen bis auf weiteres.<br />
Von daher ist die Prognosefähigkeit der<br />
Soziologie definitiv eingeschränkt.“ Klare Aussagen<br />
könne sie „am besten noch in Statistiken,<br />
Grafiken und Schaubildern organisieren“.<br />
Diese stoßen nach einer generellen Erfahrung<br />
im Sonderforschungsbereich regelmäßig auf<br />
großes Interesse in der Praxis. Ihre Prognosekraft<br />
ist aber deutlich eingeschränkt.<br />
Wenn Forschungsergebnisse so nahe mit praktischen<br />
Problemlagen „zusammenhängen“,<br />
wird jedoch nicht nur die Klarheit, sondern<br />
auch die Neutralität, die Webersche Werturteilsfreiheit<br />
zu einer „reflexionspflichtigen“<br />
Frage. Wenn Soziologie - und das gilt gerade<br />
auch für fallrekonstruktive Sozialforschung -<br />
Orientierungswissen für die Praxis „erzeuge“,<br />
dann solle sie nicht vorschreiben, was in der<br />
Praxis zu tun sei. Besser wäre es zu versuchen,<br />
eine „Landkarte“ des Problemfelds <strong>als</strong> praktische<br />
Orientierungshilfe zu zeichnen. Diese<br />
Einstellung vertritt die große Mehrzahl der<br />
Projekte im Sonderforschungsbereich <strong>580</strong>,<br />
jedenfalls alle, die im Kern oder überwiegend<br />
fallrekonstruktiv arbeiten (das sind in erster<br />
Linie die Teilprojekte zur Kinder- und Jugendhilfe,<br />
zum Bürgerschaftlichen Engagement und<br />
zur Rehabilitation). So heißt es exemplarisch<br />
im Interview mit Mitarbeitern des Teilprojekts<br />
zur Kinder- und Jugendhilfe: „Mit dem, was<br />
wir (an Forschungsergebnissen) entwickelt haben,<br />
kann man sich das Feld besser erschließen.<br />
Aber wo der Weg hin gehen soll in der Kinder-<br />
und Jugendhilfe, ist eine Wertentscheidung<br />
und entzieht sich der wissenschaftlichen<br />
Einflussnahme. So würde das Max Weber<br />
formulieren, und wir sind ebenfalls dieser<br />
Auffassung.“ Aber „ganz so simpel“ sei es mit<br />
der Neutralität im Wissenstransfer auch nicht.<br />
Denn engagiert in der Diskussion, im Vortrag<br />
zu sein und gleichzeitig an der Sache oder<br />
am Material zu bleiben, komme bei der Praxis<br />
besser an, <strong>als</strong> wenn man einen nüchtern-distanzierten<br />
Vortrag halte. Jedoch benötige man<br />
<strong>als</strong> Soziologe klare theoretische Maßstäbe in<br />
Bezug auf professionelles Handeln und müsse<br />
berücksichtigen, „was Howard Becker gesagt<br />
hat im Schlusskapitel von ‚Außenseiter’: Wir<br />
stehen umso besser auf der Seite der Entrechteten,<br />
je nüchterner wir ihre Lage betrachten.<br />
Und wir helfen den Entrechteten überhaupt<br />
nicht, wenn wir umstandslos und blindlings<br />
für sie Partei ergreifen. Und das sehe ich für<br />
unser <strong>SFB</strong>-Projekt auch so.“ 7<br />
Wir fassen die wichtigsten Gesichtspunkte<br />
dieser letzten Form des Wissenstransfers im<br />
<strong>SFB</strong> <strong>580</strong> zusammen:<br />
• Die Forschungsergebnisse stoßen von<br />
Beginn an auf Interesse, weil die Projektarbeiten<br />
- aus Gründen des Erkenntnisinteresses<br />
und der methodischen Anlage<br />
<strong>als</strong> qualitative - informelle Kooperationsformen<br />
oder formale Kooperationsvereinbarungen<br />
mit Akteuren<br />
und Institutionen der Praxis<br />
voraussetzen. Darauf würden<br />
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sich die Akteure in der Praxis<br />
nicht einlassen, wenn sie nicht<br />
ein eigenes Interesse an der Forschung<br />
und ihren Ergebnissen hätten.