Generation als zeitdynamische Strukturierung von ... - SFB 580
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<strong>Generation</strong> verstanden <strong>als</strong> <strong>zeitdynamische</strong> <strong>Strukturierung</strong> <strong>von</strong> Gesellschaften bedeutet, <strong>Generation</strong>en<br />
<strong>als</strong> interagierende Relationsgefüge zu erfassen (Rosenthal 1997). Dabei entstehen<br />
und vergehen <strong>Generation</strong>en im Prozess der Interaktionen der jeweiligen Gegenwart. In<br />
einer kritischen Rekonstruktion der mannheimschen <strong>Generation</strong>enanalyse stellt Joachim Matthes<br />
stellt fest, dass generationelle Verhältnisse „chronologisch gegeneinander versetzte Muster<br />
der Weltwahrnehmung wechselseitig identifizierbar ... zurechenbar und »verhandlungsfähig«<br />
... machen“ (Matthes 1985: 369). Fremdheitsrelationen zwischen <strong>Generation</strong>en, resultieren<br />
bei Matthes dann vor allem aus unterschiedlichen Erfahrungsaufschichtungen, <strong>als</strong> Folge der<br />
chronologisch versetzten Muster der Weltwahrnehmung. Eine solches <strong>Generation</strong>enverständnis<br />
entgeht der Mechanismusgefahr einer differentiellen Kohortensozialisation, es kann die<br />
Selektivität <strong>von</strong> Handlungsräumen einbeziehen und es vermeidet die Vorstellung eines gruppenhaften<br />
Charakters <strong>von</strong> <strong>Generation</strong>en.<br />
Allerdings unterscheiden sich <strong>Generation</strong>en nicht allein durch unterschiedliche Erfahrungsaufschichtungen,<br />
sondern allgemein hinsichtlich ihrer zeitlichen Aufschichtung <strong>von</strong> kulturellen,<br />
sozialen und ökonomischen Ressourcen. Nicht allein Erfahrungen, sondern ebenso Ressourcen<br />
sind wechselseitig identifizierbar und »verhandlungsfähig«.<br />
Weitgehend unbeantwortet bleibt zudem, zu welchen Anlässen diese versetzten Muster der<br />
Wahrnehmung wechselseitig identifizierbar und verhandelbar gemacht werden. Aus meiner<br />
Sicht werden Prozesse der Selbst- oder Fremdzuschreibung <strong>von</strong> <strong>Generation</strong>en erst dann begonnen<br />
und fortgesetzt, wenn auf der Basis chronologisch versetzter Erfahrungs- und Ressourcenschichtungen<br />
wechselseitig unterschiedliche Erwartungen in Bezug auf gesellschaftliche<br />
oder handlungsraumspezifische Werte und/ oder Statusposition bzw. Statuszuweisungsprozesse<br />
neu oder fortlaufend »verhandelt« werden. 5<br />
Dabei haben wir es dann mit einem Kontinuum zu tun, dass <strong>von</strong> Verlaufsanlässen zu periodenspezifischen<br />
Anlässen reicht:<br />
a) Im Falle <strong>von</strong> Verlaufsanlässen handelt es sich um alltägliche Aushandlungen im Vollzug <strong>von</strong><br />
Allokationsprozessen der Status- und Machtzuweisungen oder bei wechselseitigen Sozialisationsprozessen<br />
des Wissens- und Erfahrungstransfers und der Bestimmung und Durchsetzung<br />
<strong>von</strong> Normen und Werten in Bezug zu Rolleninhalten (wie z.B. Familien- oder<br />
Erwerbsarbeitsorientierungen, Leistungsstandards usw.). In Organisationen, am Arbeitsmarkt,<br />
im sozialpolitischen Anwartschaftssystem treffen dann jene, die auf längere und häufig längere<br />
handlungsraumspezifische Prozesse der Erfahrungs- und Ressourcenaufschichtung zurückblicken<br />
können, auf andere, die auf differente oder kürzere Prozesse blicken oder die erst<br />
seit kürzerer Zeit in den Handlungsraum hineinwachsen.<br />
5<br />
Unterstellt wird dabei, dass die unterschiedlichen Erwartungen mit Sanktionen verteidigt werden können<br />
und das um Werte und Statuspositionen konkurriert werden kann (Buchhofer/Friedrichs/Lüdtke 1970: 319).