Generation als zeitdynamische Strukturierung von ... - SFB 580
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zusammenhängen oder gar <strong>Generation</strong>seinheiten kommen, vorausgesetzt, die fraglich<br />
gewordenen Zugänge zu Werten und Positionen werden <strong>von</strong> Kollektiven in Form jüngerer<br />
Zugangseliten des Geistes in einer Zeit hegemonial günstiger Bedingungen gleichermaßen<br />
erfahren. 3<br />
Welche Folgerungen lassen sich bis hierhin für eine Analyse <strong>von</strong> <strong>Generation</strong>en ziehen?<br />
a) Sowohl die Wahrnehmung <strong>als</strong> auch die Verarbeitung fraglich gewordner Wert- und Positionszugänge<br />
basieren auch bei Mannheim auf früh aufgeschichteten Erlebnisräumen, die<br />
zunächst familiär oder durch vergleichbare Kontexte mit Sozialisationswirkung geprägt wurden.<br />
Natürlich gilt: Schneller sozialer Wandel wie auch Trennungen und Wechsel des Herkunftskontextes<br />
können reflexiv gewonnene Neuerungen befördern. Doch inhaltliche Ausprägungen<br />
sowie Wirkungsgrade der Neuerung sind nur unter Einbezug des Herkunftsrahmens,<br />
d.h. hinsichtlich seiner kulturellen, sozialen und ökonomischen Ausstattung, erklärend und in<br />
ihrem Ausmaß zu verstehen.<br />
b) <strong>Generation</strong>en sind zugleich <strong>als</strong> historische Lagerungen zu begreifen. Dabei müssen Lagerungen,<br />
etwa in Abgrenzung zu formal betrachteten Familien oder Kohortenfolgen, eine empirisch<br />
nachvollziehbare generationsprägende Wirkung zumindest in Form eines angebaren<br />
Zusammenhanges, d.h. synchron in Form einer Teilhabe an Werthaltungen oder Ressourcenzugängen<br />
und diachron in Interaktionsbeziehungen zwischen <strong>Generation</strong>en, beinhalten.<br />
c) Größere Schwierigkeiten bereitet der Tatbestand, dass Wandlungen des historisch-sozialen<br />
Gefüges in modernen Gesellschaften nicht im Einklang miteinander verlaufen. Dieser Tatbestand<br />
– auf den u.a. Rollentheoretiker oder Systemtheoretiker ebenso hinweisen wie Lebenslaufforscher<br />
– ist bei Karl Mannheim ausgeblendet. Differenzierte soziale Systeme beinhalten<br />
differenzierte Programme und Mitgliedschaftsregeln. Somit bieten Zuweisungsstrukturen zu<br />
Werthaltungen und Positionen, zumeist lediglich in Teilsystemen und häufig in zeitlich versetzter<br />
Abfolge, Anlässe, das Bisherige reflexiv in Frage zu stellen. Eine Analyse, die <strong>Generation</strong>en<br />
einbezieht, hat dieser Selektivität (<strong>von</strong> Herkunftsfamilie, Schule, Berufsausbildung,<br />
politischen Wirkungsräumen, Erwerbstätigkeit, Einbindung in wohlfahrtsstaatliche Sicherung<br />
usw.) Rechnung zu tragen. 4 Grundsätzlich gilt dann wohl, dass die handlungsraumspezifische<br />
Selektivität <strong>von</strong> <strong>Generation</strong>enbildung und -handeln die Erneuerungskraft generationsbilden<br />
3<br />
Hier handelt es sich um Voraussetzungen, die vermutlich nicht zufällig das Wirken Karl Mannheims und<br />
seines ungarischen, österreichischen und deutschen Freundeskreis selbst charakterisieren.<br />
4<br />
Dabei dürfen übergreifende Wirkungen jeweils anderer Teilsysteme nicht vernachlässigt werden, denn nur<br />
so ist es möglich, Infragestellungen und Balanceverschiebungen in einem System zusammen mit Kompensationen<br />
und Balanceausgleichen in anderen Systemen zu analysieren. Derartige funktionale Äquivalentpolitiken<br />
lassen sich am Beispiel kollektiver Eintrittsschwierigkeiten in das Erwerbsarbeitssystem verdeutlichen. Zeitgleich<br />
zu den Eintrittsproblemen entwickeln sich materielle und werthaltungsgeprägte Kompensationsformen<br />
vor allem durch Ausweitungen <strong>von</strong> schulischen Ausbildungszeiten aber auch und damit verbunden durch Familientransfers<br />
und familiäre Arbeitsteilung oder durch ein Erstarken <strong>von</strong> Existenzgründungsmaßnahmen für<br />
jugendliche Neustarter usw. usf. Hier handelt es sich um »Ausweichstrategien« der Betroffenen, die in politisch<br />
gestalteten und nicht selten in politisch erwünschten Bahnen verlaufen.