Generation als zeitdynamische Strukturierung von ... - SFB 580
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tern, Einkommensgruppen oder Jung und Alt dringen auf diese Weise kaum in das öffentliche<br />
Bewusstsein und Solidarität mit Leistungsempfängern auf Seiten der aktuellen »Zahler« ist<br />
immer auch Basis eigener Solidaritätserwartungen für Zeiten in denen aus »Zahlern« im<br />
Saldo »Empfänger« werden. Bedeutsam ist zudem, dass die Organisationen und Institutionen<br />
moderner wohlfahrtsstaatlicher Demokratien, in denen gelernt wurde sensibel auf Erwartungsdivergenzen<br />
zu reagieren, vergleichsweise gut in der Lage sind, die wechselseitigen<br />
Erwartungen <strong>von</strong> <strong>Generation</strong>en auch in Zeiten wirkungsmächtiger sozialer Wandlungsprozesse<br />
in gegenseitig akzeptierte und konfliktmindernde Aushandlungsergebnisse zu überführen.<br />
6<br />
Der Rückgang des Erwerbspersonenpotenti<strong>als</strong> bietet <strong>als</strong>o Anlass für veränderte Selbst- und<br />
Fremdzuschreibungen auf der Basis wechselseitiger Erwartungen <strong>von</strong> <strong>Generation</strong>en, die sich<br />
dann im Zuge der Aushandlungen zum Beispiel auf schnellere Bildungsabschlüsse jüngerer,<br />
lebenslanges Lernen mittlerer oder verlängerter Lebensarbeitszeiten älterer <strong>Generation</strong>en<br />
usw. richten. Dies bedeutet, es bestehen generationsbildende Zurechnungsprozesse in Form<br />
<strong>von</strong> Verhaltenserwartungen, die sich im öffentlichen Diskursen und vor allem in Diskursen der<br />
politischen Vertretung – so bspw. in Medienanalysen, Parlamentsdebatten u.ä. – zeigen<br />
lassen. Mit der Aushandlung und Zuschreibung <strong>von</strong> Erwartungen sind die Bedingungen erfüllt,<br />
nach denen sich altersgruppen- oder kohortendifferentielle Wirkungen <strong>von</strong> (hier demographisch<br />
induzierten) Umverteilungspolitiken <strong>als</strong> <strong>Generation</strong>sbildendend erweisen. Methodisch<br />
bedeutet dies, dass über Kohortenanalysen (Ryder 1965; Müller 1978; Blossfeld 1989)<br />
hinaus erwartungsbasierte Selbst- und Fremdzuweisungen zu analysieren sind.<br />
2.2 Nachwuchsüberschüsse <strong>als</strong> Aushandlungsanlass zwischen <strong>Generation</strong>en<br />
Kommen wir zum zweiten Problembereich, dem Nachwuchsüberschuss. Zur Erläuterung der<br />
folgenden Überlegungen sind zunächst wiederum kurz die allgemeinen Rahmenbedingungen<br />
zu skizzieren. Hier gilt zunächst allgemein: die Zahl der Nachwuchsgruppen sinkt und kontinuierlich<br />
steigt die Zahl der älteren Beschäftigten. 1980 betrug das Verhältnis der 15-44<br />
Jährigen zu den 45-65 Jährigen noch etwa 1,7 zu 1. Derzeit sind es 1,4 zu 1 und in 2010 wird<br />
es etwa 1,1 zu 1 betragen (Pack u.a. 1999). Dies bedeutet, der Anteil der jüngeren Erwerbspersonen<br />
wird sich gegenüber Älteren in den nächsten 10 Jahren um ein weiteres Drittel<br />
verringern. Neben dem Rückgang des Erwerbspersonenpotenti<strong>als</strong> bietet die Veränderung der<br />
Alterszusammensetzung prinzipiell einen weiteren Anlass für den Prozess der Selbst- und<br />
Fremdzuschreibung <strong>von</strong> <strong>Generation</strong>en.<br />
Zeitlich versetzt, doch noch wirkungsvoller, zeigt sich die Veränderung der Kohortengrößen in<br />
Ostdeutschland (siehe Abbildung 1). Ursache sind erstens die höheren Geburtenzahlen vor<br />
6<br />
Hier kann der Reichweite und dem Niveau der sozialen Sicherung eine besonderer Einfluss beigemessen<br />
werden. Divergierende Interessen unterschiedlicher <strong>Generation</strong>en werden im Prozess der umverteilungswirksamen<br />
Aushandlungen in Deutschland – und im Gegensatz zu den USA oder Australien (Thomson<br />
1990) – vergleichsweise konfliktfrei in Ergebnisse überführt.