gPDF - SFB 580 - Friedrich-Schiller-Universität Jena
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Beschäftigungsform Editorial Praktikum<br />
tika einsetzen, so lässt es sich aufgrund häufig<br />
fehlender Sozialversicherungspflicht, meist<br />
geringem oder keinem Einkommen sowie der<br />
befristeten Beschäftigungsdauer leicht als eine<br />
(Sonder-)Form der atypischen Beschäftigung<br />
interpretieren. Der positive Anreiz Praktika<br />
zu nutzen liegt für Betriebe analog zu anderen<br />
atypischen Beschäftigungsverhältnissen<br />
demnach darin, dass sie eine kostengünstige<br />
und zugleich hoch flexible Form der externen<br />
Personalanpassung darstellen. (Hohendanner/<br />
Janik 2008) Dagegen lässt sich allerdings<br />
einwenden, dass eine geringere Produktivität<br />
der Praktikanten aufgrund fehlender Berufserfahrung<br />
gegen eine intensive betriebliche<br />
Nutzung von Praktika als Flexibilisierungsinstrument<br />
spricht.<br />
Neue Qualif ikationsanforderungen in der<br />
Dienstleistungsgesellschaft<br />
Vor dem Hintergrund der Debatte um veränderte<br />
und sich beschleunigt wandelnde Wissensanforderungen<br />
in den hochqualifizierten<br />
Dienstleistungsbereichen kann man auch die<br />
konkurrierende Annahme untermauern, dass<br />
Betriebe Praktika nutzen, um Kandidaten<br />
für eine dauerhafte Stellenbesetzung weiter<br />
zu qualifizieren. Um Praktika in diesem<br />
Sinne als betriebliches Ausbildungsäquivalent<br />
analysieren zu können, muss man sich<br />
zunächst die unterschiedlichen Gruppen<br />
qualifizierter Praktikanten genauer<br />
ansehen. Bisherige Studien unter-<br />
Seite 28 suchen betriebliche Praktika in der<br />
Regel für berufsfachlich und hochschulisch<br />
ausgebildete Praktikanten<br />
getrennt, und die folgenden Ausführungen<br />
thematisieren die Möglichkeit von Betrieben,<br />
Praktika als Ausbildungsäquivalent zu nutzen,<br />
dementsprechend sowohl für Absolventen des<br />
dualen Berufsbildungssystems als auch für<br />
Hochschulabsolventen.<br />
In der Bildungsforschung wird kontrovers diskutiert,<br />
wie die neuen Wissensanforderungen<br />
in der Dienstleistungsgesellschaft mit dem<br />
System dualer Berufsausbildung zusammenhängen.<br />
Die Kritiker des heutigen dualen<br />
Bildungssystems verweisen darauf, dass es<br />
sein großes Versprechen relativ friktionsloser,<br />
da hochinstitutionalisierter Übergänge von<br />
der Ausbildung in den berufsfachlich strukturierten<br />
Arbeitsmarkt seit den 1990er Jahren<br />
immer weniger einlösen kann. 6 (Baethge 2006)<br />
Laut Bildungsberichterstattung 2010 sind 72<br />
Prozent aller Absolventen des Jahres 2007 ein<br />
Jahr nach Beendigung der Ausbildung vollbzw.<br />
teilzeiterwerbstätig. Für 4 Prozent ist<br />
der Übergang in den Arbeitsmarkt mit einer<br />
geringfügigen oder sonstigen Beschäftigung<br />
verbunden und 10 Prozent sind nach einem<br />
Jahr immer noch erwerbssuchend. Schaut man<br />
sich gleichzeitig die fachliche Ausbildungsadäquanz<br />
der Tätigkeiten an, so zeigt sich, dass<br />
immerhin ein Drittel der Absolventen ein<br />
Jahr nach Ende der Ausbildung entsprechend<br />
inadäquat beschäftigt ist. (Autorengruppe Bildungsberichterstattung<br />
2010)<br />
Unter den Überschriften Beruflichkeit im Wandel<br />
oder entberuflichte Arbeitswelt wird dem Berufsprinzip<br />
bzw. der Beruflichkeit als Organisationskern<br />
für Ausbildungs- und Arbeitsprozesse<br />
ein Funktionsverlust attestiert. (Baethge 2006;<br />
Konietzka 2001; Baethge/Baethge-Kinsky<br />
1998) Als zentrale Ursache gilt der mit dem<br />
sektoralen Wandel von der industriellen Produktion<br />
zu wissensintensiven Dienstleistungen<br />
verbundene, sich aber auch innerhalb der