05.07.2014 Aufrufe

gPDF - SFB 580 - Friedrich-Schiller-Universität Jena

gPDF - SFB 580 - Friedrich-Schiller-Universität Jena

gPDF - SFB 580 - Friedrich-Schiller-Universität Jena

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Ber u f l i c h e Bi l d u n g – Ma r k t<br />

o d e r St a at ?<br />

<strong>SFB</strong> <strong>580</strong><br />

Gesellschaftliche<br />

Diskontinuität<br />

Entwicklungen<br />

Tradition<br />

nach dem Systemumbruch<br />

Strukturbildung<br />

Ein e ko m m e n t i e rt e Li t e r at u r ü b e r s i c h t zu<br />

Hum a n k a p i ta l a n s ä t z e n un d In s t i t u t i o n e n-<br />

t h e o r i e n<br />

Hermann Biehler, Christoph Köhler,<br />

unter Mitarbeit von Steffen Schönfelder<br />

<strong>SFB</strong> <strong>580</strong> Mi t t e i l u n g e n 2011 38


38 <strong>SFB</strong> <strong>580</strong> Mi t t e i l u n g<br />

Heft 38, August 2011<br />

Sonderforschungsbereich <strong>580</strong><br />

Berufliche Bildung – Markt oder Staat?<br />

Eine kommentierte Literaturübersicht zu Humankapitalansätzen und Institutionentheorien<br />

Sprecher:<br />

Prof. Dr. Everhard Holtmann<br />

Martin-Luther-<strong>Universität</strong> Halle-Wittenberg<br />

Institut für Politikwissenschaft und Japanologie<br />

06099 Halle (Saale)<br />

Verantwortlich für dieses Heft:<br />

Steffen Schönfelder<br />

<strong>Friedrich</strong>-<strong>Schiller</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong><br />

Institut für Soziologie<br />

Carl-Zeiss-Str. 2<br />

07743 <strong>Jena</strong><br />

Tel.: +49 (0) 3641 945573<br />

Email: Steffen.Schoenfelder@uni-jena.de<br />

Logo:<br />

Elisabeth Blum; Peter Neitzke (Zürich)<br />

Cover & Satz: Romana Lutzack<br />

Druck:<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong><br />

ISSN: 1619-6171<br />

Diese Arbeit ist im Sonderforschungsbereich <strong>580</strong> „Gesellschaftliche<br />

Entwicklungen nach dem Systemumbruch. Diskontinuität, Tradition und Strukturbildung“<br />

entstanden und wurde auf seine Veranlassung unter Verwendung<br />

der ihm von der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Verfügung gestellten<br />

Mittel gedruckt.<br />

Alle Rechte vorbehalten.


<strong>SFB</strong> <strong>580</strong><br />

Gesellschaftliche<br />

Diskontinuität<br />

Entwicklungen<br />

Tradition<br />

nach dem Systemumbruch<br />

Strukturbildung<br />

Ber u f l i c h e Bi l d u n g – Ma r k t<br />

o d e r St a at ?<br />

Ein e ko m m e n t i e rt e Li t e r at u r ü b e r s i c h t zu<br />

Hum a n k a p i ta l a n s ä t z e n un d In s t i t u t i o n e n-<br />

t h e o r i e n


Heuristik Inhaltsverzeichnis<br />

des Systemwandels<br />

Kapitel<br />

1<br />

Kontroversen zum Stand der beruflichen Bildung in<br />

Deutschland ............6<br />

1.1. Die Relevanz von Humankapitalinvestitionen ............6<br />

1.2. Der Handlungsbedarf im wissenschaftlichmedialen<br />

Diskurs ............8<br />

2<br />

Die sozialwissenschaftlich institutionalistische<br />

Theorietradition ...........13<br />

2.1. Empirische Befunde zum Effekt von<br />

Berufsbildungssystemen ...........13<br />

2.2. Theoretische Ansätze und Diskussionen ...........16<br />

3<br />

Humankapital und berufliche Bildung in der<br />

neoklassischen Ökonomie ...........20<br />

3.1. Das neoklassische Modell ...........21<br />

3.2. Faktor Arbeit mit Ausbildung: Humankapital ...........25<br />

Seite 4<br />

4<br />

Institutionenökonomische Erweiterungen ...........36<br />

4.1. Thesen zum Marktversagen ...........37<br />

4.2. Marktnahe Lösungsansätze? ...........44


Inhaltsverzeichnis<br />

Holtmann<br />

Kapitel<br />

5<br />

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen ...........50<br />

Literatur .........57<br />

Angaben zu den Autoren ...........63<br />

Seite 5


Kontroversen zum Stand der beruflichen<br />

Bildung in Deutschland<br />

1<br />

Ko n t r o v e r s e n z u m Sta n d d e r b e r u f-<br />

l i c h e n Bi l d u n g in De u t s c h l a n d<br />

Für Deutschland gibt es eine Vielzahl von<br />

unterschiedlichen wissenschaftlichen<br />

Befunden und politischen Aussagen<br />

über Qualifikationsbedarfe und Schwachstellen<br />

der beruflichen Bildung. Einigkeit besteht<br />

darüber, dass Qualifikationsdefizite bestehen<br />

und dass Aus- und Weiterbildung von hoher<br />

Relevanz sind. Erwartungsgemäß gehen aber<br />

die politischen Konzepte zur Behebung des<br />

Problems weit auseinander. Auf der einen Seite<br />

werden marktnahe Lösungen und Deregulierung<br />

favorisiert, auf der anderen Seite wird<br />

ein Ausbau des deutschen Aus- und Weiterbildungssystems<br />

gefordert. Hinter diesen politischen<br />

Positionen stehen wissenschaftliche<br />

Denkrichtungen und Analysen. Ziel dieses<br />

Aufsatzes ist es, diese im Sinne einer Literaturübersicht<br />

darzustellen. Wir beginnen<br />

mit einer Zusammenfassung der Befunde zur<br />

Relevanz von Humankapitalinvestitionen.<br />

1.1. Die Re l e va n z v o n Hu m a n k a p i ta l i n-<br />

v e s t i t i o n e n 1<br />

Seite 6<br />

Über die hohe Bedeutung guter Qualifikationen<br />

sowie beruflicher Aus- und Weiterbildung<br />

für Wirtschaft, Gesellschaft und<br />

individuellen Wohlstand besteht sowohl<br />

zwischen den politischen Akteuren als auch<br />

in der Wissenschaft seltene Einmütigkeit.<br />

Die Wirtschaftsforschung stellt hierzu langfristig<br />

gültige Zusammenhänge fest. Krol und<br />

Schmid (2002) referieren eine Untersuchung<br />

von Denison, der für den Zeitraum 1929-1982<br />

in den USA 19% des Wachstums auf Bildung<br />

und Ausbildung sowie 39% auf technisches<br />

und organisatorisches Wissen zurückführt,<br />

weitere 20% auf einen mengenmäßig stärkeren<br />

Einsatz von Arbeit und lediglich 14% auf den


Hermann Biehler & Christoph Köhler<br />

Einsatz des Faktors Kapital. Humankapital ist<br />

danach der wichtigste Wachstumsfaktor. Die<br />

Ergebnisse decken sich mit denen von Solow<br />

(1957), wonach nur ein Drittel des Wachstums<br />

der USA auf die quantitative Vermehrung von<br />

Arbeits- und Kapitalinput zurückzuführen ist<br />

(nach Kamaras 2003: 19).<br />

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung<br />

der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hebt<br />

die Bedeutung hoher Qualifikationen für den<br />

Wohlstand des rohstoffarmen Deutschlands<br />

hervor. „Unbestritten ist gerade in einer<br />

wissensbasierten Volkswirtschaft wie der<br />

deutschen, deren Wachstum vorwiegend auf<br />

produktivitätssteigerndem technischen Fortschritt<br />

(totale Faktorproduktivität) basiert...,<br />

die ausreichende Verfügbarkeit qualifizierter<br />

und hochqualifizierter Arbeitnehmer als<br />

Ausdruck eines hohen und wachsenden Humankapitalbestands<br />

von zentraler Bedeutung<br />

für das Wachstum des Wohlstands.“ (Sachverständigenrat,<br />

Jahresgutachten 2007/08,<br />

354, Ziffer 535) Ein Mangel an qualifizierten<br />

Arbeitnehmern behindere das wirtschaftliche<br />

Wachstum. Die Arbeitsgruppe Alternative<br />

Wirtschaftspolitik (Memorandum 2007,<br />

Kurzfassung: 11) bestätigt diese Sicht: Es steht<br />

„außer Frage, dass Bildung eine notwendige<br />

Voraussetzung für technologischen Wandel,<br />

Produktivität und Innovation und somit für<br />

gesamtwirtschaftliches Wachstum und gute<br />

Beschäftigung darstellt.“<br />

Der Standpunkt der Bundesregierung dazu<br />

unterstreicht die Bedeutung der beruflichen<br />

Bildung: „Politik zur Sicherung der Fachkräftebasis<br />

fördert das wirtschaftliche Wachstum<br />

und damit auch Nachhaltigkeit und Tragfähigkeit<br />

der öffentlichen Finanzen einschließlich<br />

der Sozialversicherungen. […] Die Anstrengungen<br />

müssen alle Zielgruppen des Arbeitsmarktes<br />

umfassen. Sie müssen die Ausbildung<br />

junger Menschen genauso beinhalten wie<br />

die Intensivierung von Qualifizierungs- und<br />

Weiterbildungsanstrengungen für alle Altersund<br />

Qualifikationsgruppen. Insbesondere die<br />

Potenziale von Frauen und Älteren, aber auch<br />

die von Menschen mit Migrationshintergrund<br />

und Menschen mit Behinderungen sind für<br />

den Arbeitsmarkt besser als bisher zu erschließen.“<br />

(BMAS 2011: 5)<br />

Im globalen Standortwettbewerb wird die<br />

Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und<br />

Betriebe in Deutschland wesentlich in ihrem<br />

hohen technologischen Niveau und in der hohen<br />

Innovationskraft gesehen. Beides basiert<br />

auf den Qualifikationen von Spitzenkräften<br />

und gut qualifizierten Arbeitern und Angestellten.<br />

Die Verfügbarkeit solcher Arbeitnehmer<br />

ist ein zentrales Argument in der Debatte<br />

um die Verlagerung von Betrieben oder Betriebsteilen<br />

ins Ausland oder umgekehrt um<br />

den Erhalt und Ausbau von Arbeitsplätzen in<br />

Deutschland.<br />

Die europäische Politik zielt in der Lissabon-<br />

Strategie darauf, angesichts der Herausforderungen<br />

der Globalisierung und einer „neuen<br />

wissensbestimmten Wirtschaft […] die Union<br />

zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten<br />

wissensbasierten Wirtschaftsraum<br />

der Welt zu machen – einem Wirtschaftsraum,<br />

der fähig ist, ein dau-<br />

Seite 7<br />

erhaftes Wirtschaftswachstum mit<br />

mehr und besseren Arbeitsplätzen<br />

und einem größeren sozialen Zusammenhalt<br />

zu erzielen“ (Europäischer Rat; Lissabon,<br />

23. und 24. März 2000, Schlussfolgerungen


Kontroversen zum Stand der beruflichen<br />

Bildung in Deutschland<br />

des Vorsitzes: 2). Wichtiger Baustein zur<br />

Umsetzung dieser Politik sind „Investitionen<br />

in die Menschen und die Entwicklung eines<br />

aktiven und dynamischen Wohlfahrtsstaates“<br />

(ebd.: 10). Damit werden Bildung und speziell<br />

berufliche Bildung auch für die Entwicklung<br />

und den Zusammenhalt der Gesellschaft als<br />

Schlüsselgrößen angesehen. In der Lissabon-<br />

Strategie geht es auch darum „sicherzustellen,<br />

dass die Herausbildung dieser neuen Wirtschaftsform<br />

die schon bestehenden sozialen<br />

Probleme Arbeitslosigkeit, soziale Ausgrenzung<br />

und Armut nicht noch verschärft.“ (ebd.)<br />

Bestehende Tendenzen der Polarisierung der<br />

Gesellschaft einerseits und der Bildungspolitik<br />

andererseits verstärken sich gegenseitig und<br />

führen zum Ausschluss von „bildungsfernen“<br />

Schichten aus dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen<br />

Leben. 2 An Begrifflichkeiten<br />

(neue „Unterschicht“; Kurt Beck, SPD) oder<br />

aktueller politischer Auseinandersetzung (z.B.<br />

Immigration und Integration) kocht die gesellschaftliche<br />

Diskussion zeitweise hoch. Bessere<br />

berufliche Bildung gilt als ein Instrument, die<br />

Spaltung der Gesellschaft zu verhindern.<br />

Aus der Individualperspektive erscheint eine<br />

geeignete und ausreichende Qualifikation<br />

als die Voraussetzung, um am Arbeitsmarkt<br />

bestehen und den Lebensunterhalt für sich<br />

und evtl. für eine Familie bestreiten zu können<br />

(OECD 2007). Es reicht nicht mehr aus,<br />

arbeitsfähig und -willig zu sein. Die<br />

qualitativen Aspekte der beruflichen<br />

Seite 8 Leistungsfähigkeit rücken in den<br />

Mittelpunkt, was sich in Begriffen<br />

wie „Arbeitsmarktchancen“ und „Beschäftigungsfähigkeit“<br />

ausdrückt. Der einzelne Arbeitnehmer<br />

hat sich darum zu bemühen, in einer<br />

schnell veränderlichen Welt mit sinkender<br />

Arbeitsplatzsicherheit stets über marktgängige<br />

Qualifikationen zu verfügen. Die Individuen<br />

brauchen transferierbare fachliche Qualifikationen<br />

und diejenigen Schlüsselqualifikationen,<br />

die ihnen das Weiter- und Umlernen erleichtern<br />

sollen.<br />

Eine höhere Qualifikation drückt sich nicht<br />

nur in den besseren Zugangschancen zu Arbeitsplätzen<br />

aus, sondern ist auch mit dem<br />

erzielten Arbeitseinkommen positiv korreliert<br />

(Sachverständigenrat Jahresgutachten<br />

2004/05: 424ff.). Der Sachverständigenrat<br />

konstatiert hohe und zeitlich steigende Bildungsrenditen,<br />

also steigende Rentabilität von<br />

Investitionen in die Qualifikation. Dies kann<br />

als Ausdruck der zunehmenden Bedeutung<br />

von Qualifikation verstanden werden.<br />

1.2. De r Ha n d l u n g s b e d a r f im wissens<br />

c h a f t l i c h-m e d i a l e n Di s k u r s<br />

Auch in Bezug darauf, dass es Defizite in der<br />

Aus- und Weiterbildung gibt, besteht ein Konsens.<br />

Keine Publikation und kein öffentliches<br />

Statement kommen ohne die Floskel von der<br />

abnehmenden „Halbwertzeit des Wissens“ aus.<br />

Das deutsche Aus- und Weiterbildungssystem<br />

ist nach allgemeiner Auffassung nicht mehr<br />

ausreichend funktionsfähig, den sich daraus ergebenden<br />

Anforderungen und dem wirtschaftlichen<br />

Wandel zu entsprechen. Die drei Säulen<br />

der beruflichen Bildung (die – überwiegend –<br />

duale Berufsausbildung, die Fach- und Hochschulen<br />

und das Weiterbildungssystem) sind<br />

danach nicht mehr in der Lage, den definierten<br />

Bedarf zu decken. Das duale System weist Risse<br />

auf, in der Zahl der Hochschulabsolventen<br />

hinkt Deutschland anderen Ländern hinterher


Hermann Biehler & Christoph Köhler<br />

und die Weiterbildung gilt als defizitär.<br />

Trotz hoher Aufwendungen und obwohl die<br />

Bedeutung von Qualifizierung hoch eingeschätzt<br />

wird, gibt es in Deutschland offenbar<br />

Qualifikations- und Qualifizierungsprobleme:<br />

Bei den industriellen Berufen stehen<br />

zunehmenden Klagen über Fachkräftemangel<br />

eine sinkende Anzahl von Ausbildungsverträgen<br />

in der Industrie, sinkende Übernahmequoten<br />

nach abgeschlossener Ausbildung und eine<br />

sinkende Beteiligung der Angelernten und<br />

der Facharbeiter an Weiterbildung gegenüber<br />

(Baethge/ Solga/ Wieck 2007; Konsortium<br />

Bildungsberichterstattung 2006: 7f.). Trotz<br />

steigender Knappheit von Fachkräften werden<br />

diese zunehmend auch in Leiharbeitsverhältnissen<br />

beschäftigt, wo sie im Durchschnitt –<br />

bei vergleichbarer Qualifikation – etwa 25<br />

Prozent weniger verdienen als Ihre Kolleginnen<br />

und Kollegen mit direkter Anstellung im Unternehmen<br />

(Biehler 2011: 24 ff.), ein Befund,<br />

der mit einem funktionierenden Marktmechanismus<br />

zunächst überhaupt nicht kompatibel<br />

erscheint.<br />

Der immer wieder in Phasen der Hochkonjunktur<br />

konstatierte Fachkräftemangel in<br />

manchen Bereichen wird als kurzfristig durch<br />

Aus- und Weiterbildung nicht behebbar<br />

angesehen und stattdessen die Anwerbung<br />

von Fachkräften aus dem Ausland propagiert<br />

(Möller/ Stegmaier/ Schöngen 2008). Selbst<br />

für Ostdeutschland mit hohen Arbeitslosenquoten<br />

wird aufgrund der demografischen<br />

Entwicklung ein Umschlag von jahrelangen<br />

Fachkräfteüberschüssen in eine Knappheit von<br />

Nachwuchskräften prognostiziert (Lutz et al.<br />

2010). 3 Gleichzeitig wird in der Bildungsberichterstattung<br />

auf die drohende Erosion der<br />

sozialen Integrationskraft des Dualen Systems<br />

hingewiesen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung<br />

2008: 20).<br />

Bei einer Reihe von international vergleichenden<br />

Studien schneidet die Qualität des<br />

deutschen Aus- und Weiterbildungssystems<br />

schlecht ab. Die einstmals als überlegen gepriesene<br />

berufliche Bildung in Deutschland<br />

mit dem System der dualen Berufsausbildung<br />

und umfangreicher Weiterbildung hat ihren<br />

Vorsprung gegenüber anderen Ländern eingebüßt,<br />

so die in zeitlichen Abständen durchgeführten<br />

Untersuchungen der CVTS 4 . Danach<br />

liegt Deutschland nur im Mittelfeld und der<br />

Anteil weiterbildender Unternehmen, der<br />

Anteil der Beschäftigten in Weiterbildungskursen<br />

sowie die betrieblichen Aufwendungen<br />

für Weiterbildungskurse sind in Deutschland<br />

rückläufig (Behringer/ Moraal/ Schönfeld<br />

2008 zu CVTS3; Nestler/ Kailis 2003 zu<br />

CVTS2). Dabei lässt die Krise des Ausbildungssystems<br />

(Heidemann 2008; Baethge/<br />

Wieck 2008; Baethge/ Solga/ Wieck 2007;<br />

Konsortium Bildungsberichterstattung 2006)<br />

auf fehlende berufliche Ausbildung schließen,<br />

die eher noch verstärkte Anstrengungen in<br />

der Weiterbildung erwarten ließe. Klagen<br />

über Fachkräftemangel werden v.a. in der<br />

Metallverarbeitung und in Elektroberufen,<br />

geführt. Das sind aber genau die Bereiche,<br />

in denen die Berufsausbildung (Lehrstellen)<br />

deutlich zurückgefahren wurde. Befragungsergebnisse<br />

des Instituts der<br />

deutschen Wirtschaft zeichnen zwar<br />

Seite 9<br />

ein positiveres Bild der betrieblichen<br />

Weiterbildung (Werner 2008). Für<br />

die gesamte Wirtschaft können die Befunde<br />

aus relativ kleinen Stichproben jedoch keine<br />

Gültigkeit beanspruchen.


Kontroversen zum Stand der beruflichen<br />

Bildung in Deutschland<br />

Auf der Basis dieser und anderer Studien<br />

werden eine Vielzahl von Fragen zur Ausund<br />

Weiterbildungspolitik diskutiert. Klaffen<br />

mit rückläufigen Weiterbildungsausgaben<br />

Widersprüche auf zu einer für Deutschland<br />

geltenden „High-Road-Strategie“ (Schumann<br />

2008) der industriellen Entwicklung, nach der<br />

sich die Betriebe hierzulande auf die oberen<br />

Qualitätssegmente der Gütermärkte orientieren,<br />

eine Strategie, die ohne Innovationen<br />

und (Re-) Qualifizierungen nicht machbar<br />

erscheint? Wird die „High-Road-Strategie“<br />

durch finanzmarktgetriebene Kostensenkungsprogramme<br />

bei betrieblicher Aus- und<br />

Weiterbildung konterkariert? Werden nicht<br />

nur Arbeits- und Gesundheitsschutz sondern<br />

auch Weiterbildung zu Opfern der Kostensenkung?<br />

Woher kommen die Qualifikations- und<br />

Qualifizierungsdefizite und die Widersprüche<br />

zwischen programmatischen Aussagen und<br />

realer Entwicklung? Wird in diesen zentralen<br />

Baustein für Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsmarktchancen<br />

und Wohlstand zu wenig<br />

und eventuell falsch investiert? Wie kann es<br />

dazu kommen, obwohl alle wirtschafts- und<br />

sozialpolitischen Akteure die Bedeutung der<br />

Bildungs- und der Berufsbildungspolitik erkennen?<br />

Wieso kommt es zu Klagen über Arbeitskräftemangel?<br />

Warum funktioniert die berufliche<br />

Bildung schlecht? Sind die Ursachen in<br />

Angebotsdefiziten, etwa wegen der<br />

Mängel des Schulsystems, zu suchen?<br />

Seite 10 Haben sich im Laufe des Strukturwandels<br />

die Anforderungen an den<br />

Arbeitsplätzen so verändert, dass die<br />

bisherigen Muster der Aus- und Weiterbildung<br />

nicht mehr ausreichend funktionieren?<br />

Oder erklärt sich der Rückgang der Weiterbildungsaktivitäten<br />

mit der „Krise des Anlernens“<br />

(Drexel 1980)? Oder ist eine Rückkehr zu<br />

arbeitsplatznahem Lernen einfach billiger, weil<br />

die Arbeitsausfallzeiten entfallen? Oder sind<br />

die Exporterfolge der letzten Jahre mit einer<br />

im internationalen Vergleich besonders starken<br />

„cost cutting“-Strategie erkauft worden, der<br />

auch Investitionen in die „Human Ressources“<br />

zum Opfer fielen?<br />

Die Grundsatzdebatte: Markt oder Staat<br />

Wie oben gezeigt, besteht im wissenschaftlichmedialen<br />

Diskurs Einigkeit über die Relevanz<br />

hoher Aus- und Weiterbildungsanstrengungen.<br />

Unterschiede in der Definition des Handlungsbedarfs<br />

ergeben sich daraus, wie stark die<br />

Qualifikationsdefizite eingeschätzt werden, in<br />

welchen Teilsystemen die Schwachstellen zu<br />

verorten sind und welches die am besten geeignete<br />

(und international konkurrenzfähige)<br />

Organisation der beruflichen Aus- und Weiterbildung<br />

ist.<br />

Erwartungsgemäß gehen die politischen<br />

Vorschläge in gänzlich unterschiedliche Richtungen.<br />

Auf der einen Seite werden marktnahe<br />

Lösungen favorisiert. Diesen zufolge sollen<br />

z.B. Ausbildungsauflagen im Handwerk und<br />

darüber hinaus weiter abgebaut, der private<br />

Schul- und Hochschulsektor gefördert sowie<br />

eine Finanzierung des staatlichen Systems<br />

über Studiengebühren gestärkt werden (Autorengruppe<br />

Bildungsberichterstattung 2008;<br />

Ehmann 2003; vgl. zzgl. Wolf 2008; Barz<br />

2010). Entgegengesetzte politische Positionen<br />

fordern massive staatliche Initiativen zur Weiterentwicklung<br />

des dualen Systems als „Rückgrat“<br />

der deutschen Wirtschaft sowie einen<br />

Ausbau des staatlichen Hochschulwesens und


Hermann Biehler & Christoph Köhler<br />

Bereits in den 60er und 70er Jahren haben<br />

sich in der Bildungsökonomie und der sozialeine<br />

Regulierung des Weiterbildungssektors<br />

(Bäcker u.a. 1998; Baethge u.a. 2007; Bosch<br />

2010; Dohmen 2000; Roman 2008; Dionisius<br />

u.a. 2010). Von Unternehmen mit Produktionsstätten<br />

im Ausland wird berichtet, dass sie dort<br />

das duale System einführen oder zumindest<br />

kopieren wollen, allerdings zumindest teilweise<br />

mit hoher Kostenbeteiligung der dortigen Arbeitskräfte<br />

(FTD, 21.10.2010; Bosch/ Charest<br />

2009).<br />

In Zusammenhang mit der Kontroverse um<br />

marktnahe versus öffentliche Bildungsstrategien<br />

ist auch die Debatte um Beruf und<br />

Kompetenz zu sehen. An Stelle der dualen<br />

Berufsausbildung, mit der auf allgemein anerkannte<br />

und transparente Qualifikationen in<br />

einem Berufsfeld orientiert wird, favorisieren<br />

einige Autoren die Anerkennung von erforderlichen<br />

Kompetenzen am jeweiligen Arbeitsplatz<br />

durch den Arbeitgeber. Auch hier ist der<br />

Kostenaspekt nicht unwichtig, denn bezahlt<br />

wird nur für die Kompetenz (oder Fähigkeit),<br />

die zur Ausübung der Tätigkeit erforderlich<br />

ist. Ein Facharbeiter würde demnach nur für<br />

den Teil seiner breiten beruflichen Qualifikation<br />

bezahlt, der gerade gebraucht wird. Diese<br />

„marktnahe“ Lösung erscheint für Unternehmer<br />

kostengünstiger, weshalb die staatlich<br />

anerkannten Berufsausbildungen unterlaufen<br />

werden. (Drexel 2005; Pütz 2003)<br />

Hinter diesen verschiedenen politischen Vorschlägen<br />

stehen unterschiedliche Interessen<br />

aber auch unterschiedliche theoretische Positionen<br />

in Bezug auf die Frage, wie berufliche<br />

Qualifikationen produziert und reproduziert<br />

werden. Die Anhänger marktnaher Lösungen<br />

gehen davon aus, dass Beschäftiger und Beschäftigte<br />

Eigeninteressen an beruflicher Bil-<br />

dung haben und daher selber am flexibelsten<br />

auf Bedarfe reagieren können. Die Anhänger<br />

staatlicher Lösungen dagegen nehmen an,<br />

dass Qualifikationsprobleme nur mit Hilfe<br />

kollektiver Instanzen wie die Verbände und<br />

den Staat gelöst werden können.<br />

Die Begründung für marktnahe Ansätze<br />

der Bildungspolitik findet sich in der neoklassischen<br />

Wirtschaftstheorie und deren<br />

Anwendung auf das Qualifikationsproblem:<br />

in der bis heute in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften<br />

relevanten Humankapitaltheorie<br />

(Becker 1975; vgl. Abraham/ Hinz<br />

2005; siehe auch Abschnitt 3 und 4). Becker<br />

unterscheidet dabei zwischen allgemeinen<br />

und spezifischen Qualifikationen. An der<br />

Erzeugung von betriebsübergreifenden,<br />

allgemeinen beruflichen Qualifikationen<br />

haben die abhängig Beschäftigten selber<br />

ein Interesse, weil sie damit ihre Chancen<br />

auf dem Arbeitsmarkt erhöhen und nicht<br />

an einen Arbeitgeber gebunden sind. Bei<br />

betriebsspezifischem Qualifikationsbedarf<br />

dagegen werden die Arbeitgeber selber aus<br />

Eigeninteresse die Qualifizierung finanzieren.<br />

Folgt man dieser traditionellen neoklassischen<br />

Lehrmeinung, so dürfte es die<br />

oben für Deutschland beschriebenen Qualifikationsprobleme<br />

nur dann geben, wenn<br />

die Marktkräfte gehemmt werden. Autoren<br />

im Bezugsrahmen der Neuen Institutionenökonomie<br />

gehen weit über diesen<br />

Ansatz hinaus, kommen jedoch in<br />

Bezug auf das Qualifikationsproblem<br />

nicht zu eindeutigen Aussagen<br />

(siehe Abschnitt 4).<br />

Seite 11


Kontroversen zum Stand der beruflichen<br />

Bildung in Deutschland<br />

wissenschaftlichen Arbeitsmarkt- und Bildungsforschung<br />

Gegenpositionen entwickelt,<br />

deren gemeinsamer Kern darin besteht, dass<br />

„Märkte“ das Qualifikationsproblem alleine<br />

nicht lösen können, weil die Einzelinteressen<br />

der Marktakteure gegen Investitionen in<br />

Humankapital sprechen, also eine Konstellation<br />

für „Marktversagen“ vorliegt. (Lutz 1987;<br />

Marsden 1999: 222ff.; Rubery/ Grimschaw<br />

2003: 107ff.).<br />

unsere Ergebnisse zusammen und benennen<br />

Schlussfolgerungen und offene Fragen.<br />

Die hiermit bezeichneten Forschungs- und<br />

Theorietraditionen haben sich über weite<br />

Strecken unabhängig voneinander entwickelt,<br />

nur unter besonderen Bedingungen kam es zu<br />

wechselseitigen Lernprozessen, in denen die<br />

Erkenntnisse der Nachbardisziplinen selektiv<br />

adaptiert wurden. Ziel dieses Aufsatzes ist eine<br />

Diskussion einschlägiger Literatur aus beiden<br />

Forschungslinien zum Verhältnis von Markt<br />

und Staat in der beruflichen Bildung.<br />

Wir gehen hierbei wie folgt vor. Im zweiten<br />

Abschnitt versuchen wir, einen Überblick<br />

über die sozialwissenschaftlich institutionalistische<br />

Tradition zu entwickeln, deren<br />

These darin besteht, dass ohne starke exogen<br />

gesetzte Institutionen Unterinvestitionen in<br />

Humankapital zu erwarten sind. Anschließend<br />

prüfen wir wirtschaftswissenschaftliche<br />

Gegenpositionen. Zunächst erörtern wir<br />

die Humankapitaltheorie nach Becker, die<br />

unmittelbar an die neoklassischen<br />

Grundgedanken anknüpft (Ab-<br />

Seite 12 schnitt 3). Danach diskutieren wir<br />

die Neue Institutionenökonomik,<br />

die über die Konkretisierung der<br />

Ausgangsannahmen in wesentlichen Punkten<br />

zu anderen Ergebnissen kommt (Abschnitt<br />

4). Im fünften Abschnitt fassen wir


Hermann Biehler & Christoph Köhler<br />

2<br />

Die s o z i a lw i s s e n s c h a f t l i c h-<br />

i n s t i t u t i o n a l i s t i s c h e Th e o r i e t r a d i t i o n<br />

Eine historische Grundlage der neueren<br />

sozialwissenschaftlich institutionalistischen<br />

Berufsbildungsforschung<br />

sind international vergleichende empirische<br />

Untersuchungen und theoretische Analysen<br />

über den Zusammenhang von Bildungs- und<br />

Beschäftigungssystemen aus den 1970er<br />

Jahren. Bahnbrechend war hier der deutschfranzösische<br />

Vergleich von Lutz am ISF<br />

München (Lutz 1976, Lutz u.a. 2007) und<br />

Maurice u.a. in Aix en Provence in den 1970er<br />

Jahren (Maurice u.a. 1984). Ergebnis dieser<br />

Studien war, dass es in den entwickelten kapitalistischen<br />

Nationen verschiedene Typen<br />

von Systemen der beruflichen Bildung gibt<br />

und dass sie jeweils spezifische Folgen für das<br />

Beschäftigungssystem im Hinblick auf die<br />

betriebliche Qualifizierung, die Arbeitsplatzstruktur<br />

und die Schließung von betrieblichen<br />

Arbeitsmärkten haben. Wir geben zunächst<br />

einen Überblick über die empirischen Ergebnisse<br />

dieser Forschungslinie und stellen<br />

anschließend theoretische Argumente vor.<br />

2.1. Em p i r i s c h e Be f u n d e z u m Effekt v o n<br />

Be r u f s b i l d u n g s s y s t e m e n<br />

Die auf der Basis der international vergleichenden<br />

Studien von Lutz, Maurice u.a. aus<br />

den 1970er Jahren entwickelte These lautet,<br />

dass sich bei den marktnahen Systemen<br />

beruflicher Bildung (z.B. USA) nur<br />

geringfügige und betriebsspezifische<br />

Humankapitalinvestitionen sowie<br />

Seite 13<br />

eine vertiefte Arbeitsteilung mit<br />

vergleichsweise gering qualifizierten<br />

Arbeitsplätzen ergeben. Bei neo-korporativ<br />

organisierten Systemen unter Beteiligung von<br />

Staat und Verbänden (z.B. das deutsche duale


sozialwissenschaftlich institutionalistische<br />

Theorietradition<br />

Seite 14<br />

System) dagegen entwickeln sich zumindest im<br />

Bereich mittlerer Qualifikationen hohe Humankapitalinvestitionen<br />

mit der Folge einer<br />

schwächeren Arbeitsteilung und eines höheren<br />

Qualifikationsniveaus. Staatlich-schulische<br />

Berufsbildungssysteme (wie in Frankreich)<br />

haben dieser Hypothese zufolge einen<br />

ähnlichen Effekt wie marktnahe Systeme,<br />

weil ein Großteil der Qualifizierung erst in<br />

der betrieblichen Praxis erfolgen kann, also<br />

vom Unternehmen finanziert werden muss.<br />

Im Verlauf der Auswertung haben sich die<br />

beiden Forschergruppen in München und Aix<br />

en Provence zerstritten. Einmal ging es um<br />

die Bewertung der wirtschaftlichen Effizienz<br />

der Systeme in Frankreich und Deutschland.<br />

Lutz nimmt eine höhere wirtschaftliche Effizienz<br />

für das deutsche System an, während die<br />

Franzosen eher die These einer funktionalen<br />

Äquivalenz vertreten (Zwischen diesen Polen<br />

oszilliert dann auch die weitere Forschung).<br />

Zum anderen ging es um die Relevanz des<br />

Bildungssystems für die empirisch identifizierten<br />

Effekte auf das Beschäftigungssystem.<br />

Lutz stellt das System der beruflichen Bildung<br />

in den Vordergrund, während die französischen<br />

Forscher das System der industriellen<br />

Beziehungen und weitere Teilsysteme der<br />

Gesellschaft für den Unterschied verantwortlich<br />

machen. Der französische Ansatz geht<br />

dann auch als Theorie des „gesellschaftlichen<br />

Effekts“ (effet societal) in die vergleichende<br />

Forschung ein, während Lutz<br />

spezifischer von einem Berufsbildungssystemeffekt<br />

ausgeht (Maurice/<br />

Sorge 2000).<br />

Der deutsch-französische Vergleich hat<br />

eine Welle von Folgestudien in den 80er<br />

Jahren ausgelöst. Die Analysen wurden auf<br />

Großbritannien (Sorge, Marsden), die USA<br />

(Applebaum, Herrigel, Sabel, Streeck), Japan<br />

(Maurice, Deutschmann, Ernst) und die mediterranen<br />

Länder übertragen (vgl. zusammenfassend<br />

Köhler 1995; Marsden 1999; Rubery/<br />

Grimshaw 2003). Auch für den Vergleich der<br />

realsozialistischen Länder DDR (mit berufsfachlicher<br />

Tradition) und Sowjetunion (mit<br />

Anlerntradition) wurden die Großhypothesen<br />

genutzt und teilweise belegt (Tatur 1983; Grünert<br />

2010). Die Ansätze sind schließlich auch<br />

in die vergleichende Arbeitsmarktforschung<br />

(vgl. Sengenberger 1987, 1992; Marsden 1999)<br />

und Gesellschaftsforschung eingegangen (vgl.<br />

Streeck 1997; Hall/ Soskice 2001; Thelen<br />

2004).<br />

Die benannten Folgestudien konnten den<br />

von Lutz und Maurice entwickelten Satz an<br />

Befunden und Hypothesen bestätigen und<br />

erweitern:<br />

- Zunächst wurden die Thesen aus dem<br />

deutsch-französischen Vergleich bestätigt:<br />

Länder mit betrieblichen oder defizitär<br />

staatlichen Systemen der beruflichen Bildung<br />

weisen Beschäftigungssysteme mit<br />

mehr vertikaler und horizontaler Arbeitsteilung<br />

auf als die neo-korporatistischen dualen<br />

Systeme der deutschsprachigen Länder.<br />

- Eine darüber hinausgehende und in der Arbeitsmarktforschung<br />

getestete These lautet,<br />

dass Länder mit marktnahen Systemen<br />

einen höheren Anteil an internen und einen<br />

höheren Anteil an sekundären Arbeitsmärkten<br />

aufweisen als solche mit dualen<br />

Systemen (vgl. Sengenberger 1987, 1992;<br />

Köhler/ Goetzelt/ Schröder 2006).


Hermann Biehler & Christoph Köhler<br />

- Eine weitere These besagt, dass hiervon auch<br />

die Struktur der Gütermärkte und damit<br />

die sektorale Wirtschaftsstruktur in unterschiedlichen<br />

Nationen beeinflusst wird: Alte<br />

Industrien und das Handwerk sind dort stark,<br />

wo eine starke Tradition neo-korporativ<br />

gestützter berufsfachlicher Qualifizierung<br />

besteht (vgl. Sengenberger 1987; Maurice<br />

u.a. 1984; Maurice/ Sorge 2000).<br />

- Historische Analysen zeigen, dass in allen<br />

frühindustrialisierten Ländern in Handwerk<br />

und Industrie duale Systeme der Lehrlingsausbildung<br />

vorherrschen, dass diese<br />

aber bei der Auflösung kollektiver betriebsübergreifender<br />

Regelungen und staatlicher<br />

Stützung erodieren, so dass nach dem Ende<br />

der fordistischen Wachstumskonstellation<br />

in den 1990er Jahren nur noch in den<br />

deutschsprachigen Ländern diese Systeme<br />

der Qualifizierung im Bereich mittlerer<br />

Qualifikationen dominieren (Thelen 2004;<br />

Bosch/ Charest 2009). Marsden dokumentiert<br />

die Erosion der Lehrlingsausbildung in<br />

den USA und in Großbritannien nach dem<br />

Rückzug kollektiver Regulierung (Marsden<br />

1999: 222ff.). Shershneva (2006) zeigt dasselbe<br />

am Beispiel der Arbeitsmarktregion St.<br />

Petersbug für post-sozialistische Staaten.<br />

Während die erste Welle der Folgestudien<br />

zum deutsch-französischen Vergleich eher<br />

eine Bestätigung und Vertiefung der Befunde<br />

erbrachte, führt eine zweite Welle an Studien<br />

zum „gesellschaftlichen Effekt“ seit den 90er<br />

Jahren zu einer Relativierung der Aussagen<br />

(vgl. zusammenfassend Rubery/ Grimshaw<br />

2003). Die vergleichende Forschung stellte zunehmend<br />

die starken Thesen in Frage, welche<br />

marktnahe Berufsbildungssysteme nicht nur<br />

mit humankapitalinvestitions-vermeidenden<br />

Arbeitsorganisationen, sondern auch mit<br />

niedriger Produktivität von Beschäftigungssystemen<br />

verknüpfen. Vielmehr entwickelten<br />

sich Theorien funktionaler Äquivalenz. Sie<br />

gehen davon aus, dass verschiedene Systeme<br />

verschiedene Lösungen des Qualifikationsproblems<br />

entwickeln, ohne dass damit eine<br />

wirtschaftliche Überlegenheit verbunden sein<br />

muss. So zeigen die Japan-Analysen qualifikationsintensive<br />

Arbeitsplatzstrukturen für die<br />

global ausgerichteten Unternehmen auf der<br />

Basis umfangreicher betrieblicher Qualifizierung<br />

(Deutschmann 1990). Für Italien und<br />

Frankreich wird die These der funktionalen<br />

Äquivalenz vertreten (Drexel 2005; Valette<br />

2006). Schließlich ändert sich das Gesamtbild<br />

der Vergleiche, wenn man nicht nur die Systeme<br />

beruflicher Bildung für mittlere Qualifikationen,<br />

sondern auch das Hochschulwesen<br />

für akademische Qualifikationen berücksichtigt<br />

(Maurice u.a. 1984; Rubery/ Grimshaw<br />

2003).<br />

Seit Mitte der 1980er Jahre etabliert sich<br />

eine – auch international vergleichende – Forschungslinie<br />

über industrielle Distrikte (Piore/<br />

Sabel 1984), worunter man zunächst regionale<br />

Konzentrationen von Kleinbetrieben mit ähnlichen<br />

Produkten sowie mit überbetrieblichen<br />

und außerbetrieblichen institutionellen Netzwerken<br />

versteht. Prominente Beispiele hierfür<br />

waren u.a. Baden-Württemberg und<br />

die Emilia Romagna für den Maschinenbau,<br />

die Toskana und Katalonien<br />

Seite 15<br />

für die Textil- und Bekleidungsindustrie<br />

und Valencia für Spielzeugwaren.<br />

Die wirtschaftliche Vitalität dieser<br />

Regionen wurde u.a. mit der Beruflichkeit und<br />

Flexibilität der zwischenbetrieblichen Arbeits-


sozialwissenschaftlich institutionalistische<br />

Theorietradition<br />

märkte erklärt. Als Voraussetzung dafür galten<br />

außerbetriebliche Koordination von Aus- und<br />

Weiterbildung. Als Erklärung hierfür wird<br />

historisch gewachsenes Sozialkapital eingeführt,<br />

also enge und reziproke Bindungen der<br />

Unternehmer, Gewerkschaften und regionalen<br />

politischen Institutionen zur Sicherung der<br />

Wettbewerbskraft. So gibt es eine Vielzahl an<br />

Berichten über „industrial districts“, in denen<br />

sich ein Verhaltenskodex (soziale Institution)<br />

zwischen Unternehmen herausbildet, wonach<br />

der regionale Arbeitsmarkt gemeinsam durch<br />

Ausbildung von Arbeitnehmern weiterentwickelt<br />

und genutzt wird (vgl. z.B. Piore/ Sabel<br />

1984; Camagni 1993).<br />

Schaut man auf die nun über vier Jahrzehnte<br />

laufende Forschungslinie zur Interaktion von<br />

Berufsbildungs- und Beschäftigungssystemen<br />

zurück, so bleibt festzuhalten, dass sich<br />

die Thesen über einen Zusammenhang von<br />

Berufsbildungssystemen mit betrieblichen<br />

Arbeitsorganisationen und Arbeitsmarktstrukturen<br />

bestätigt haben. Dies gilt auch für<br />

zwei neue europäische Großprojekte (Bosch/<br />

Charest 2009; Brockmann u.a. 2011). Offen<br />

muss aus unserer Sicht bleiben, ob die starke<br />

Annahme damit verbundener Produktivitätseffekte<br />

zutrifft. Das Fazit unserer Übersicht<br />

über die international vergleichende empirische<br />

Forschung lautet also, dass es einen engen<br />

Zusammenhang von Berufsbildungssystemen<br />

und Humankapitalinvestitionen gibt:<br />

Je geringer die Regulierungsdichte<br />

Seite 16 und staatliche Stützung der betrieblichen<br />

Berufsausbildung desto geringer<br />

und spezifischer sind auch die<br />

Investitionen in berufliche Bildung.<br />

2.2. Th e o r e t i s c h e An s ä t z e u n d Di s k u s-<br />

s i o n e n<br />

Die Theorieentwicklung war in der sozialwissenschaftlichen<br />

Arbeitsmarkt- und Berufsbildungsforschung<br />

eng mit der vorangestellten<br />

empirischen Forschungslinie verwoben. Dabei<br />

ging es explizit oder implizit immer auch um<br />

eine Auseinandersetzung mit dem definitionsmächtigen<br />

Humankapitaltheorem aus der<br />

Tradition Beckers und hier insbesondere um<br />

die Unterscheidung von allgemeinen und betriebsspezifischen<br />

Qualifikationen (Lutz 1987;<br />

Marsden 1999; Rubery/ Grimschaw 2003: 107<br />

ff.; Bosch u.a. 2007; Bosch 2010).<br />

In Bezug auf betriebliche Interessen an der<br />

Erzeugung allgemeiner Qualifikationen werden<br />

die Auffassungen von Beckers Humankapitaltheorie<br />

von vielen Autoren geteilt (Lutz/<br />

Sengenberger 1974; Lutz 1987; Marsden<br />

1999). Arbeitgeber haben kein Interesse daran,<br />

in betriebsübergreifende Qualifikationen zu<br />

investieren, wenn die Gefahr einer Abwanderung<br />

dieser Arbeitskräfte besteht. Das damit<br />

bezeichnete Kollektivgut-Problem ist Soziologen<br />

aus der Rational-Choice Tradition wohlbekannt<br />

(Olson 1965) und wird heute unter<br />

dem Titel „externer Effekte“ in der Ökonomik<br />

verhandelt (siehe Abschnitt 4).<br />

David Marsden (1999) geht noch weiter und<br />

behauptet, dass systematische Unterinvestition<br />

in allgemeines Humankapital auch dann auftritt,<br />

wenn die Individuen und der Staat die<br />

schulische berufliche Bildung finanzieren und<br />

organisieren. Denn praktische Erfahrung im<br />

Arbeitsprozess ist immer notwendig, um das<br />

erworbene theoretische Wissen nutzbar zu<br />

machen und damit erst die Qualifikation zu


Hermann Biehler & Christoph Köhler<br />

komplettieren. Dies gilt auch und gerade für<br />

soziale Kompetenzen wie Team-, Führungsund<br />

Konfliktfähigkeiten, die man nicht in der<br />

Schule lernen kann. „Trainees require more<br />

supervision from experienced staff, they make<br />

more mistakes that require rectification and<br />

their productivity is generally lower, as there<br />

are many tacit skills that have to be learned.<br />

As a result employers inevitably contribute to<br />

the cost of training for transferable skills…”<br />

(Marsden 1999: 222; vgl. zzlg. Mayer 2000).<br />

Qualifikation wird demnach erst durch die<br />

Anwendung in der Praxis komplettiert. Als<br />

Folge tragen die Unternehmen auch bei<br />

staatlich oder individuell finanzierter schulischer<br />

Bildung einen Teil der Lasten. Dies<br />

führt – Marsden zufolge – dazu, dass sie bei<br />

Abwanderungsgefahr in externen Märkten<br />

durch eine Einschränkung der aufwändigen<br />

Einarbeitungsprozesse die gesellschaftlichen<br />

Investitionen in allgemeines Humankapital<br />

nicht zur Geltung kommen lassen.<br />

In Bezug auf die Interessen der abhängig Beschäftigten<br />

kommen Soziologen allerdings in<br />

der Regel zu anderen Ergebnissen als die klassische<br />

Humankapitaltheorie (Rubery/ Grimschaw<br />

2003: 107ff.). Zwar haben abhängig<br />

Beschäftigte prinzipiell ein Interesse an breiten<br />

beruflichen Qualifikationen, die unabhängig<br />

von einzelnen Arbeitgebern gute Chancen auf<br />

dem Arbeitsmarkt ermöglichen. Arbeitnehmer<br />

haben allerdings ein Finanzierungsproblem,<br />

wenn sie die Lasten der Berufsausbildung selber<br />

tragen müssen. Einmal haben die Einkommen<br />

für eine Mehrheit der abhängig Beschäftigten<br />

nicht das Niveau erreicht, um signifikante Vermögen<br />

aufzubauen und Bildungsinvestitionen<br />

zu tätigen. Zum anderen muss aufgrund der<br />

Dynamik kapitalistischer Entwicklung unklar<br />

bleiben, ob sich die Aufwendungen tatsächlich<br />

auszahlen, so dass eine Investition und ihre<br />

Kreditfinanzierung erschwert werden. Bei<br />

Beginn der Qualifizierungsmaßnahmen ist<br />

nicht klar, wie lange das erworbene Wissen<br />

gebraucht wird oder ob es durch die technischorganisatorische<br />

und sektorale Entwicklung<br />

der Wirtschaft entwertet wird. Offen ist auch,<br />

wie sich das Verhältnis von Arbeitsnachfrage<br />

zum Arbeitsangebot und damit indirekt<br />

auch Lohnhöhe und Arbeitsplatzsicherheit<br />

entwickeln. Diese Risiken hängen mit der<br />

Langfristigkeit von Qualifizierungsprozessen<br />

und ihrer Amortisation zusammen. Beide<br />

Faktoren (fehlende Vermögen und die Risiken<br />

der Arbeitsmarktentwicklung) führen dieser<br />

Argumentation zufolge bei Abwesenheit alternativer<br />

Finanzierung durch Unternehmen<br />

oder den Staat dazu, dass abhängig Beschäftigte<br />

nicht oder nicht in für die Unternehmen<br />

ausreichendem Maße in allgemeine Qualifikationen<br />

investieren.<br />

Bei betriebsspezifischen Qualifikationen sind<br />

die Argumente für ein Arbeitgeberinteresse an<br />

der Finanzierung der beruflichen Bildung zunächst<br />

einleuchtend. Arbeitnehmer verlieren<br />

hier bei einem Betriebswechsel Humankapital<br />

– damit in der Regel auch Einkommen –<br />

und tendieren daher zur Betriebsbindung. So<br />

erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die<br />

betriebliche Investition in das betriebsspezifische<br />

Humankapital im Zeitverlauf<br />

amortisiert werden kann.<br />

Seite 17<br />

Auch hier werden allerdings eine<br />

Reihe von Problemen benannt.<br />

Einmal kann man argumentieren, dass das<br />

Gewicht betriebsspezifischer Qualifizierung<br />

systematisch überschätzt wird, indem nicht


sozialwissenschaftlich institutionalistische<br />

Theorietradition<br />

regulierte betriebliche Qualifizierung häufig<br />

mit betriebsspezifischer Qualifizierung<br />

gleichgesetzt wird (Köhler/ Loudovici 2007:<br />

53ff.; Schröder u.a. 2008: 143ff.). Über innerbetriebliche<br />

Anlernketten erworbene Qualifikationen<br />

sind aber nicht notwendigerweise<br />

betriebsspezifisch, sie sind häufig tätigkeitsoder<br />

branchenspezifisch und damit betriebsübergreifender<br />

Natur (Maschinenführer in<br />

der Metallindustrie, Ingenieure, Informatiker;<br />

auch die immer wieder zitierten Schmelzer<br />

in der Stahlindustrie konnten an jedem vergleichbaren<br />

Stahlkocher tätig sein). So arbeitet<br />

etwa Lutz mittlerweile mit einem Konzept<br />

des spezifischen Arbeitsvermögens, in dem<br />

Betriebsspezifität neben Berufsspezifität und<br />

Tätigkeitsspezifität nur noch einen Sonderfall<br />

eingeschränkt tauschbarer Qualifikation<br />

ausmacht (Lutz u.a. 2000, 2007). Damit wird<br />

das Beckersche Argument für betriebsspezifische<br />

Qualifikationen relativiert. Im Betrieb<br />

erworbene Anlernqualifikationen sind nicht<br />

notwendigerweise betriebsspezifisch, sondern<br />

häufig auch betriebsübergreifend. Die Arbeitnehmer<br />

können wechseln und so ist auch<br />

hier eine Unterinvestition in Humankapital zu<br />

erwarten, weil die Arbeitgeber kein Interesse<br />

daran haben, für andere zu investieren.<br />

Schließlich haben Soziologen von der Neuen<br />

Institutionenökonomik (siehe Abschnitt 4)<br />

gelernt, dass betriebsspezifische häufig im<br />

Paket mit betriebsübergreifenden<br />

Qualifikationskomponenten auftau-<br />

Seite 18 chen (Köhler/ Loudovici 2007). Ein<br />

Arbeitsplatz kann also gleichzeitig<br />

sowohl betriebsspezifische als auch in<br />

vielen Betrieben vorhandene Aufgaben umfassen.<br />

Hinzu kommt, dass die Ausführung spezifischer<br />

Tätigkeiten immer auch an allgemeine<br />

Kompetenzen (z.B. „Schlüsselqualifikationen“)<br />

gebunden ist. Unternehmer finanzieren also bei<br />

rein betriebsspezifischer Qualifizierung auch<br />

betriebsübergreifende Qualifikationskomponenten,<br />

die später von anderen Betrieben<br />

kostenlos nutzbar sind. Demnach könnten sie<br />

sich unter bestimmten Bedingungen deshalb<br />

mit Investitionen zurückhalten.<br />

Wenn man alleine auf Marktkräfte, d.h. auf<br />

die Koordinierung der Interessen von Arbeitgebern<br />

und Arbeitnehmern durch den Markt<br />

setzt, ist den sozialwissenschaftlich institutionalistischen<br />

Ansätzen zufolge eine systematische<br />

Unterinvestition in berufliche Bildung<br />

zu erwarten. Von dieser Logik gibt es u. E. nur<br />

zwei Ausnahmen:<br />

- Wenn Individuen aufgrund post-materieller<br />

Präferenzen in „überfüllte“ Teilarbeitsmärkte<br />

eintreten, in denen der Reservearmee-Mechanismus<br />

funktioniert, sind sie – solange sie<br />

in diesem Teilarbeitsmarkt verbleiben wollen<br />

oder müssen – dazu gezwungen die Qualifizierung<br />

selber durch Lohnverzicht oder<br />

Weiterbildung zu finanzieren. Dies gilt etwa<br />

für die strukturell überlaufenen Medienberufe<br />

(z.B. Journalisten) und teilweise auch<br />

für die sozial- und geisteswissenschaftlichen<br />

<strong>Universität</strong>skarrieren (Marsden 2007). Zusätzliche<br />

Bedingung ist hierbei eine ausreichende<br />

Finanzkraft der Arbeitnehmer bzw.<br />

ihrer Familien.<br />

- Wenn es Unternehmen gelingt, die qualifizierten<br />

Personen lange genug im Betrieb<br />

zu halten, können sie ihre Investition amortisieren.<br />

Dies ist aber nur Betrieben mit<br />

dominant betriebsspezifischen Qualifikationen<br />

und/oder mit Monopson-Positionen


Hermann Biehler & Christoph Köhler<br />

auf Teilarbeitsmärkten möglich, so dass die<br />

Beschäftigten keinen Anreiz zur Abwanderung<br />

haben.<br />

Diese Ausnahmen können allerdings unsere<br />

Generalthese der Unzulänglichkeit marktnaher<br />

Lösungen des Qualifikationsproblems nicht in<br />

Frage stellen, denn sie betreffen immer nur<br />

bestimmte berufliche Teilarbeitsmärkte und<br />

Betriebstypen.<br />

Zusammenfassend halten wir fest: die sozialwissenschaftlich<br />

institutionalistische Berufsbildungsforschung<br />

kommt zu dem Ergebnis,<br />

dass marktnahe Ansätze in der beruflichen<br />

Bildung zu einer strukturellen Unterinvestition<br />

in Humankapital führen. Dafür sprechen die<br />

oben vorgestellten empirischen Ergebnisse der<br />

international vergleichen Berufsbildungs- und<br />

Arbeitsmarktforschung. Eine Reihe von theoretischen<br />

Überlegungen zu Beckers Humankapitaltheorie<br />

geht in dieselbe Richtung.<br />

Dies gilt für gesellschaftliche Bedarfe ohne<br />

zahlungskräftige Nachfrage, aber auch für den<br />

mikro- und makroökonomisch definierten<br />

Qualifikationsbedarf der Wirtschaft. Und es<br />

gilt in besonderem Maße für flexible externe<br />

Arbeitsmärkte, wo die Beschäftigten häufig<br />

freiwillig oder unfreiwillig den Arbeitsplatz<br />

wechseln. Die Arbeitgeber haben kein Interesse<br />

an Investitionen in Humankapital, das dann<br />

anderen Betrieben zur Verfügung steht. Die<br />

abhängig Beschäftigten verfügen nicht über die<br />

finanziellen Ressourcen und Sicherheiten, um<br />

die für marktgängiges Humankapital notwendigen<br />

Qualifizierungsprozesse zu finanzieren.<br />

Seite 19


Humankapital Heuristik des und Systemwandels<br />

berufliche Bildung<br />

Seite 20<br />

3<br />

Hu m a n k a p i ta l u n d b e r u f l i c h e Bi l d u n g in<br />

d e r n e o k l a s s i s c h e n Ök o n o m i e<br />

Die im Abschnitt 2.1 beschriebenen<br />

empirischen Befunde aus internationalen<br />

Vergleichen sind beeindruckend,<br />

es fehlen allerdings aktuelle Analysen.<br />

Auch die im Abschnitt 2.2 referierten Einwände<br />

gegen die Humankapitaltheorie Beckers<br />

sind plausibel. Beschäftigt man sich allerdings<br />

näher mit Becker selber sowie der wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Forschung zum Thema<br />

berufliche Qualifizierung, so entsteht der<br />

Eindruck, dass insbesondere die soziologische<br />

Kritik an der Komplexität der empirischen und<br />

theoretischen Befunde der Ökonomik vorbeischrammt.<br />

Aus diesem Grunde diskutieren wir<br />

in diesem und dem folgenden Abschnitt die<br />

Neoklassik und ihre zeitgenössischen Erweiterungen.<br />

Denn wer sich mit beruflicher Aus- und Weiterbildung<br />

befasst, hat sich mit den Befunden<br />

der neoklassischen Ökonomie auseinander zu<br />

setzen. 5 Erstens ist es prima facie ureigenes<br />

Themenfeld der Ökonomie, die Entwicklung<br />

der Produktionsfaktoren in Quantität und<br />

Qualität zu erklären. Im Bezugsrahmen der<br />

Neoklassik wurden die ersten Konzepte zur<br />

Analyse von Qualifizierung entwickelt (Becker<br />

1975; vgl. Pütz 2003: 55ff.). Und diese<br />

Konzepte bieten noch heute einen wichtigen<br />

Ausgangspunkt zur Erklärung des Aus- und<br />

Weiterbildungsverhaltens von Unternehmen<br />

und Arbeitnehmern. Außerdem hat die neoklassische<br />

Ökonomie noch immer und wieder<br />

zunehmend Einfluss auf die Bildungspolitik<br />

(Stichwort „Neoliberalismus“). Drittens ist es<br />

für unsere Themenstellung von Bedeutung,<br />

welche Argumente sich aus der traditionellen<br />

Ökonomik für marktnahe Lösungen des Qualifizierungsproblems<br />

ergeben.


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

Im Folgenden soll die neoklassische Sichtweise<br />

für die Produktion und Allokation von Qualifikationen<br />

dargestellt und hinterfragt werden. Ist<br />

der Faktor Arbeit unter diesem Aspekt ausreichend<br />

genau modelliert? Ergeben sich aus den<br />

neoklassischen Modellen Marktlösungen des<br />

eingangs konstatierten Qualifikationsproblems,<br />

oder gibt es Hinweise auf Marktversagen?<br />

Verstellen die Annahmen des neoklassischen<br />

Modells den Blick auf wesentliche Aspekte der<br />

beruflichen Aus- und Weiterbildung?<br />

Diesen Fragen folgend wird die neoklassische<br />

Argumentation zunächst nachvollzogen. Es<br />

wird gezeigt, wie Qualifizierung darin nachträglich<br />

eingeführt und behandelt wird und<br />

welche Ergebnisse daraus folgen. Hinterfragt<br />

wird – mehr als sonst üblich – die Bedeutung<br />

der Annahmen des neoklassischen Modells für<br />

die Relevanz der Ergebnisse. Ziel der Überlegungen<br />

ist es, sowohl immanent die Plausibilität<br />

der Argumentationsketten zu prüfen als<br />

auch die Grenzen abzustecken, innerhalb derer<br />

Gültigkeit für die Ergebnisse der Neoklassik<br />

beansprucht werden kann.<br />

Zu trennen sind deshalb verschiedene Ebenen<br />

der Diskussion. In der Darstellung und Beurteilung<br />

des neoklassischen Modells geht es um<br />

die immanente Kritik: Ist die Argumentation<br />

stichhaltig? Welche Schlüsse lassen sich für die<br />

Probleme in der Realität ableiten? In einem<br />

weiteren Schritt geht es darum, welche Erweiterungen<br />

des Modells eventuell nötig wären,<br />

um die Relevanz der Aussagen für die Praxis<br />

zu erhöhen: Wo ist das Modell erweiterbar?<br />

Können die Ergebnisse aus partiellen Modellerweiterungen<br />

summiert werden? Gibt es<br />

grundlegende Beschränkungen im Modell, die<br />

den Blick auf die Realität teilweise verstellen?<br />

Um unsere Argumentation leichter nachvollziehen<br />

zu können, sei dem Leser das kurz<br />

gefasste Ergebnis unserer Analyse vorgestellt:<br />

Der hohe Abstraktionsgrad des neoklassischen<br />

Modells erlaubt grundlegende, allgemeine<br />

Aussagen von tendenzieller Gültigkeit, mit<br />

jedoch sehr begrenzter Aussagekraft für reale<br />

Probleme. Die gängige Humankapitalanalyse<br />

führt zu keiner Marktlösung des Qualifizierungsproblems;<br />

der Markt muss durch institutionelle<br />

Regeln ergänzt werden. In den Axiomen<br />

und Modellannahmen sind außerdem<br />

viele reale Einflussfaktoren für Qualifizierung<br />

der Analyse entzogen. Sie können teilweise<br />

durch Modellmodifizierungen der Diskussion<br />

zugänglich gemacht werden, führen aber zur<br />

Aushöhlung des neoklassischen Modells.<br />

3.1. Da s n e o k l a s s i s c h e Mo d e l l<br />

In der neoklassischen Theoriebildung werden<br />

durch hohe Abstraktion wesentliche<br />

funktionale Zusammenhänge klar und exakt<br />

darstellbar. Ein einfaches Modell bildet die<br />

Grundlage, das nach Bedarf und Fragestellung<br />

ausdifferenziert werden muss. Für<br />

unsere Zwecke sind zwei Bestandteile des<br />

Standardmodells heranzuziehen, einerseits<br />

das Arbeitsmarkt-Modell und andererseits die<br />

Produktionsfunktion. Mit dem Arbeitsmarkt-<br />

Modell kann das Zusammenwirken von<br />

Angebot und Nachfrage analysiert<br />

werden. Die Nachfragekurve wird<br />

durch die Produktionsfunktion der<br />

Seite 21<br />

Unternehmen bestimmt, während<br />

die Arbeitsangebotskurve durch die<br />

extern vorgegebene Präferenzstruktur der<br />

Menschen bestimmt ist.


Humankapital Heuristik des und Systemwandels<br />

berufliche Bildung<br />

Das statische Modell<br />

Der Arbeitsmarkt steht insofern im Zentrum<br />

neoklassischer Theorie, als hier von den Individuen<br />

die wichtigen Entscheidungen getroffen<br />

werden, aus denen heraus sich dann der Gütermarkt<br />

und die ganze Wirtschaft entfalten.<br />

Ausgangspunkt für die Überlegungen sind die<br />

in ihren Entscheidungen völlig freien Individuen,<br />

die mit einer stabilen Präferenzskala bei<br />

vollkommener Transparenz des Markts ihre<br />

Arbeitskraft in einem bestimmten Umfang je<br />

nach geltendem Lohnsatz zur Verfügung stellen.<br />

Dabei wägen sie jederzeit und eindeutig<br />

ab, welches Arbeitsleid und welcher Verlust<br />

an Freizeitnutzen der Arbeitszeit entsprechen<br />

und welche Befriedigung sie aus den Gütern<br />

ziehen, die sie für das entsprechende Arbeitseinkommen<br />

erwerben können. Hohe Löhne<br />

erlauben einen hohen Konsum von Marktgütern,<br />

der für eine lange Arbeitszeit und den<br />

Verlust an Freizeit entschädigt. Bei niedrigeren<br />

Löhnen wird weniger Arbeitszeit angeboten,<br />

da dann Arbeitsleid und Freizeitverlust den<br />

Zugewinn an Nutzen durch den möglichen<br />

Konsum überwiegen. Mit ihrer Entscheidung<br />

maximieren die Individuen ihren Nutzen.<br />

Ergebnis ist ein mit dem Lohnsatz steigendes<br />

Arbeitsangebot.<br />

Die Arbeitsnachfrage der Unternehmer ist<br />

umgekehrt umso größer, je niedriger der<br />

Lohnsatz ist. Denn Unternehmen wägen –<br />

wiederum in völliger Freiheit und bei vollkommener<br />

Transparenz des Marktgeschehens – die<br />

zu bezahlenden Lohnkosten damit ab, wie<br />

viel Produktionswert sie mit der Arbeitskraft<br />

erzeugen können. Auch sie wägen also ihre<br />

Kosten und Nutzen (Erträge) ab. Die fallende<br />

Arbeitsnachfragefunktion ist das Ergebnis<br />

dieser Abwägungen. Arbeitsangebots- und<br />

Arbeitsnachfragekurve lassen sich zusammen<br />

in einem Diagramm darstellen (Franz 2006;<br />

Sesselmeier u.a. 2010, vgl. zusammenfassend<br />

Schönfelder 2011). In diesem einfachen neoklassischen<br />

Arbeitsmarktmodell gibt es noch<br />

keine Unterscheidung nach Qualifikationen.<br />

Lohnsatz<br />

(Preis der<br />

Arbeit)<br />

Angebot<br />

Gleichgewicht<br />

Seite 22<br />

Nachfrage<br />

Menge an Arbeit


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

Ein dynamisches Modell des Arbeitsangebots<br />

Eine Erweiterung des statischen Modells liegt<br />

in der Berücksichtigung der endogenen Veränderung<br />

des Verhaltens von Arbeitnehmern im<br />

Zeitablauf. Damit wird der Tatsache Rechnung<br />

getragen, dass die Arbeitsanbieter nicht nur<br />

situationsabhängig agieren, sondern für ihr<br />

Leben eine Perspektive der Erwerbstätigkeit<br />

verfolgen. Modelliert wird das in Lebenszyklusmodellen.<br />

Darin wird berücksichtigt, dass<br />

sich im Lauf des Lebens aufgrund von Heirat<br />

(Partnerschaft), eigenen Kindern, eigenem<br />

Vermögensaufbau, Pensionierung usw. die<br />

Entscheidungssituationen am Arbeitsmarkt<br />

verändern. In einem Lebenszyklusmodell wird<br />

der Nutzen des Arbeitsanbieters nicht auf einen<br />

Zeitpunkt hin, sondern unter Berücksichtigung<br />

von unterschiedlichen Lebensabschnitten auf<br />

die Periode der gesamten künftigen Erwerbstätigkeit<br />

hin maximiert. Im Allgemeinen werden<br />

deshalb auch Vermögen, die künftigen Reallöhne<br />

und der Zins betrachtet (Becker 1975;<br />

Franz 2006). Dabei gilt weiter die Annahme,<br />

dass die Menschen vorgegebene stabile Präferenzen<br />

haben, die sie in ihren Zukunftsplänen<br />

je nach Lebensphase jederzeit berücksichtigen<br />

und danach handeln.<br />

Auch in diesem dynamisierten Modell gibt<br />

es zunächst noch keine Differenzierung nach<br />

Qualifikationen. Für unsere Fragestellung ist<br />

im Vorgriff festzuhalten, dass der Erwerb von<br />

Qualifikationen – wenn damit höhere Löhne<br />

erzielt werden können – je nach Lebensabschnitt<br />

unterschiedliche Erträge (erhöhte<br />

Lohnsumme) erbringt. In jungen Jahren erworbene<br />

Qualifikation kann länger – eventuell<br />

das gesamte Leben lang – genutzt werden;<br />

kurz vor der Verrentung oder Pensionierung<br />

ist der damit erzielbare Ertrag vergleichsweise<br />

deutlich geringer.<br />

Die neoklassische Produktionsfunktion<br />

Grundlage für das Verhalten eines Unternehmers<br />

(und in der aggregierten Kurve für<br />

das Verhalten aller Unternehmer zusammen)<br />

ist die Produktionsfunktion. Darin wird der<br />

erzielbare Output (Produkte oder Dienstleistungen)<br />

in Abhängigkeit vom Einsatz von<br />

Produktionsfaktoren dargestellt. Von den<br />

Klassikern der ökonomischen Theorie wurde<br />

der Boden als wesentlicher Produktionsfaktor<br />

angesehen, dem die Produktionsfaktoren<br />

Arbeit und Kapital möglichst hohe Erträge<br />

abringen müssen. In der Neoklassik wird<br />

der gewachsenen Bedeutung der Industrie<br />

Rechnung getragen und Boden unter dem<br />

Produktionsfaktor Kapital subsumiert. Eine<br />

einfache Produktionsfunktion stellt demnach<br />

den maximal 6 produzierbaren Output y in<br />

Abhängigkeit von den eingesetzten Mengen<br />

der Produktionsfaktoren Arbeit A und Kapital<br />

K dar.<br />

y = y (A, K) (1)<br />

Mit dem Output y kann der Unternehmer bei<br />

einem gegebenen Preis p pro Outputeinheit<br />

einen Umsatz U von<br />

U = y * p<br />

(2a)<br />

erzielen. Dem stehen die Produktionskosten<br />

PK gegenüber, die sich bei<br />

gegebenen Preisen l pro Arbeitseinheit und i<br />

pro Kapitaleinheit durch<br />

Seite 23


Humankapital Heuristik des und Systemwandels<br />

berufliche Bildung<br />

PK = A * l + K * i<br />

beschreiben lassen.<br />

(2b)<br />

Die Produktionsfunktion ist von der Art, dass<br />

mit zusätzlichem Einsatz eines Produktionsfaktors<br />

bei Konstanz aller anderen Produktionsfaktoren<br />

mehr Output erzielt werden<br />

kann, dass aber der Output-Zuwachs mit<br />

jeder zusätzlichen Einheit des Produktionsfaktors<br />

geringer wird (abnehmende partielle<br />

Grenzproduktivität der Faktoren). Der Unternehmer<br />

setzt von einem Produktionsfaktor<br />

solange mehr ein, solange die damit verursachten<br />

zusätzlichen Faktorkosten (Grenzkosten)<br />

geringer sind als der damit erzielbare zusätzliche<br />

Umsatz (Wertgrenzprodukt). Nach der<br />

letzten Erhöhung des Faktoreinsatzes ist der<br />

zusätzlich zu erzielende Umsatz gleich den<br />

zusätzlich erforderlichen Faktorkosten. Der<br />

Unternehmer hat dann keinen Anreiz mehr<br />

für eine weitere Ausweitung der Produktion.<br />

In dieser Gleichgewichtssituation entspricht<br />

der Lohn dem Wertgrenzprodukt der Arbeit<br />

und der Zins dem Wertgrenzprodukt des<br />

Kapitals.<br />

WGP (A) = l<br />

WGP (K) = i<br />

(3a)<br />

(3b)<br />

In der neoklassischen Produktionsfunktion<br />

wird zugleich unterstellt, dass eine<br />

bestimmte Menge Output mit un-<br />

Seite 24 terschiedlichen Kombinationen an<br />

Faktormengen, also mit unterschiedlichen<br />

Techniken produziert werden<br />

kann (die Faktoren sind substitutional). Danach<br />

kann mit verstärktem Kapitaleinsatz eine<br />

bestimmte Menge des Produktionsfaktors<br />

Arbeit eingespart werden und umgekehrt. Das<br />

bedeutet einen Wechsel in der angewandten<br />

Technologie, z.B. durch Automatisierung.<br />

Veränderungen in den Faktorangeboten wirken<br />

sich über Faktorpreisänderungen auf die<br />

gewählte Technologie, damit auf die Höhe des<br />

von den Unternehmen gerade noch rentablen<br />

Wertgrenzprodukts und auf die angebotene<br />

Gütermenge aus.<br />

Letztlich sind es also die Präferenzen der<br />

Menschen (die sich in der Arbeitsangebotskurve<br />

ausdrücken), die Kapitalkosten und die<br />

verfügbare Technik der Unternehmer, die bei<br />

gegebener Nachfragekurve auf dem Gütermarkt<br />

den Einsatz von Produktionsfaktoren<br />

und die Produktionsmenge determinieren. Die<br />

Kapitalkosten sind auf die Summe der individuellen<br />

Präferenzen zurückzuführen, in denen<br />

sich ausdrückt, für wie viel mehr Konsum in<br />

der Zukunft auf Konsum in der Gegenwart<br />

verzichtet wird. Daraus resultieren Ersparnis<br />

und Zinssatz. Präferenzen und technische<br />

Möglichkeiten sind exogen gegeben und<br />

nicht Gegenstand der neoklassischen Analyse.<br />

Entwicklung ergibt sich lediglich durch den<br />

exogen bestimmten technischen Fortschritt 7<br />

und die exogen gegebenen Präferenzen der<br />

Menschen.<br />

Es ist noch anzumerken, dass nach dem neoklassischen<br />

Modell Arbeits-, Güter- und<br />

Geldmarkt (Finanzierung der Investitionen)<br />

immer im Gleichgewicht sind und jede externe<br />

Störung durch die Anpassung der Akteure an<br />

veränderte Preisverhältnisse sofort in einem<br />

neuen Gleichgewicht mündet. Niemand kann<br />

dann seinen Gesamtnutzen durch Verhaltensänderungen<br />

verbessern. Das Gleichgewicht ist<br />

stabil.


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

3.2. Fa k t o r Ar b e i t m i t Au s b i l d u n g: Hum<br />

a n k a p i ta l<br />

Sowohl in der Arbeitsangebots- und Arbeitsnachfragefunktion<br />

als auch in der einfachen<br />

Produktionsfunktion wird Arbeit als homogen<br />

unterstellt. Diese Abstraktion erleichtert den<br />

Blick auf das Zusammenwirken von Angebot<br />

und Nachfrage sowie auf Preise und Kosten,<br />

blendet aber die Qualität des Faktors Arbeit<br />

aus. In dieser einfachen, homogenen Form<br />

kann man den Produktionsfaktor Arbeit als<br />

die natürlich gegebene durchschnittliche<br />

Leistungsfähigkeit des Menschen begreifen.<br />

Dieses Verständnis des Produktionsfaktors<br />

Arbeit entspricht jedoch nicht der Wichtigkeit<br />

von hoher Qualifikation und reicht für unsere<br />

Fragestellung nach den Bestimmungsfaktoren<br />

von beruflicher Bildung nicht aus.<br />

Die Erweiterung des Verständnisses von<br />

„Arbeit“ im neoklassischen Modell erfolgt dadurch,<br />

dass die Bereitstellung von qualifizierten<br />

Arbeitskräften selbst als Produktionsprozess<br />

mit dabei anfallenden Kosten gefasst wird. Der<br />

Produktionsfaktor „qualifizierte Arbeitskraft“<br />

wird insofern dem Produktionsfaktor Kapital<br />

gleich gestellt, als in seine Erstellung absichtsvoll<br />

investiert wird. Deshalb wird der Begriff<br />

„Humankapital“ statt einfach „Arbeit“ gewählt.<br />

Und die Entscheidungssituation wird formal<br />

wie bei Sachkapital-Investitionen dargestellt. 8<br />

Als Investitionen können danach alle Kosten<br />

gefasst werden, die mit Maßnahmen zur<br />

Qualitäts- und Produktivitätssteigerung der<br />

Arbeitskraft verbunden sind. Dies umfasst<br />

alle staatlichen und privaten Kosten des<br />

Schulsystems, Kosten der Berufsausbildung,<br />

der Weiterbildung und der Auffrischung<br />

von Kenntnissen und Fähigkeiten. In einer<br />

weiten Fassung werden auch die Kosten des<br />

Gesundheitssystems dazu gerechnet, die für<br />

die Erhaltung der Arbeits- und Leistungsfähigkeit<br />

erforderlich sind, ebenso die Kosten<br />

für notwendige Informationsbeschaffung<br />

und Ortsveränderungen (Becker 1993). Hier<br />

reicht zunächst ein engerer Investitionsbegriff<br />

aus, der nur die mit dem Bildungs- und<br />

Ausbildungssystem direkt verbundenen<br />

Maßnahmen und Kosten umfasst. Außerdem<br />

werden nur Qualifizierungen einbezogen, die<br />

der Erwerbstätigkeit dienen. 9 Und der Staat<br />

als Akteur wird zunächst ausgeblendet. Es<br />

geht primär um das Ausbildungsverhalten von<br />

Arbeitnehmern und Unternehmern.<br />

Eine Investition (Qualifizierung) ist dann<br />

rentierlich, wenn ihre Kosten geringer sind als<br />

die Erträge, die durch die Investition zusätzlich<br />

erwirtschaftet werden können. Denn nur<br />

dann erbringt die Investition auf Umwegen<br />

eine Geld- und Nutzenmehrung. Ähnlich wie<br />

in der oben dargestellten Produktionsfunktion<br />

(2) wird zusätzliche Qualifikation bei gegebenen<br />

Preisen also nur solange produziert, wie<br />

die Produktionskosten geringer sind als die<br />

daraus erzielbaren zusätzlichen Erträge. Eine<br />

erste Besonderheit besteht jedoch insofern,<br />

als die Erträge nicht wie bei einem Produkt<br />

in einem Verkaufsakt (zu einem Zeitpunkt)<br />

mit dem Verkaufspreis anfallen, sondern erst<br />

im Laufe der Zeit, durch die längerfristige<br />

Nutzung der produktiveren<br />

Arbeitskraft. Es muss deshalb die<br />

Seite 25<br />

Summe aller im Lauf der Zeit aufgrund<br />

der Investition erzielbaren höheren<br />

Erträge mit den Kosten der Investition<br />

verglichen werden. 10 Mit den neoklassischen<br />

Annahmen vollkommener Transparenz und


Humankapital Heuristik des und Systemwandels<br />

berufliche Bildung<br />

fehlender Unsicherheit für alle Marktteilnehmer<br />

ist das kein Problem.<br />

Becker, der als ein Begründer der Humankapitaltheorie<br />

gilt, führt die Qualifikation in<br />

das neoklassische Modell ein und stellt die<br />

Frage, wer die Kosten der Qualifizierung/<br />

Humankapitalinvestition im Unternehmen<br />

vorschießt. Ist das der Arbeitnehmer, so misst<br />

er die künftig höheren Erträge an seinem<br />

höheren Lohneinkommen, also an der Differenz<br />

zum Einkommen eines „einfachen“<br />

Arbeitnehmers. Der Unternehmer als Investor<br />

will andererseits seine Investitionskosten<br />

dadurch wieder hereinholen, dass die erhöhte<br />

Produktivität des Arbeitnehmers zumindest<br />

nicht vollständig an den Arbeitnehmer in<br />

Form eines höheren Lohns geht, sondern<br />

darauf Abschläge vorgenommen werden, die<br />

dem vollständigen Mittelrückfluss der vorgeschossenen<br />

Qualifizierungskosten (ggfs. inkl.<br />

Verzinsung) dienen.<br />

Becker differenziert zur Beantwortung der<br />

Frage nach dem Investor ferner nach der Anwendbarkeit<br />

der durch die Ausbildungsinvestition<br />

erworbenen Qualifikation. Unterschieden<br />

werden allgemeine Qualifikationen, die prinzipiell<br />

in allen Unternehmen anwendbar und<br />

verwertbar sind, und unternehmensspezifische<br />

Qualifikationen, die nur in einem Unternehmen<br />

zur Geltung kommen können (Becker<br />

1975, 1993). Man kann sich darunter<br />

z.B. einerseits die Beherrschung<br />

Seite 26 allgemeiner Software vorstellen, die<br />

in jedem Unternehmen so oder ähnlich<br />

zum Einsatz kommt (allgemein<br />

verwertbare Qualifikation) und andererseits<br />

die Kenntnis von Kunden eines Unternehmens<br />

mit ihren spezifischen Wünschen und<br />

Anforderungen oder die Handhabung einer<br />

Spezialmaschine, die es sonst nirgends gibt<br />

(unternehmensspezifische Qualifikation). 11<br />

Die Differenzierung der Qualifikationen nach<br />

ihrer Anwendbarkeit ist deshalb relevant, weil<br />

damit die Beantwortung der Frage nach der<br />

Verteilung von Kosten (Investition) und Erträgen<br />

(höhere Produktivität) der Qualifizierung<br />

verkompliziert wird. Denn die Bereitschaft zu<br />

Ausbildungsinvestitionen entfällt, wenn der<br />

Träger der Kosten – sei es der Arbeitnehmer,<br />

sei es der Unternehmer – nicht sicher sein<br />

kann, auch von den Erträgen der Ausbildung<br />

zu profitieren.<br />

Becker kommt zu dem Ergebnis, dass Qualifikationen<br />

von dem finanziert werden müssen,<br />

der davon profitiert. Allgemein verwertbare<br />

Qualifikationen können demnach nur vom<br />

Arbeitnehmer finanziert werden. Denn der<br />

Arbeitgeber kann keine Vorteile aus der Qualifizierung<br />

ziehen, wenn der Arbeitnehmer nach<br />

abgeschlossener Qualifizierung das Unternehmen<br />

verlässt, weil er anderswo ebenfalls einen<br />

höheren Lohn (entsprechend seinem höheren<br />

Wertgrenzprodukt) erhalten wird. Der Unternehmer<br />

hat deshalb das Risiko, auf seinen Kosten<br />

sitzen zu bleiben. Der Arbeitnehmer aber<br />

kann seine Qualifikation überall zur Geltung<br />

bringen und einen höheren Lohn als vor der<br />

Qualifizierung beziehen.<br />

Umgekehrt könnte der Arbeitnehmer bei<br />

der Finanzierung unternehmensspezifischer<br />

Qualifizierung keinen Vorteil haben, wenn er<br />

anschließend im Unternehmen nicht mehr<br />

weiter beschäftigt wird. Problematisch ist die<br />

Investition jedoch auch aus Sicht des Unternehmers,<br />

weil der Arbeitnehmer anschließend


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

dennoch das Unternehmen verlassen kann.<br />

Bei betriebsspezifischen Qualifikationen ist<br />

entscheidend, dass das Wertgrenzprodukt des<br />

jeweiligen Arbeitnehmers nur in diesem Unternehmen<br />

steigt. Jeder Investor muss an einer<br />

Weiterbeschäftigung des weiter qualifizierten<br />

Arbeitnehmers im Unternehmen interessiert<br />

sein, um Erträge aus der Qualifizierung überhaupt<br />

erst entstehen zu lassen. Die Zuordnung<br />

der Erträge zum Investor ist dann das zweite<br />

Problem.<br />

Der Arbeitnehmer kann anderswo wegen der<br />

Betriebsspezifität seiner Qualifikation keine<br />

höhere Produktivität erreichen und deshalb<br />

keinen höheren Lohn beziehen. Deshalb muss<br />

der Unternehmer den Arbeitnehmer nach der<br />

betriebsspezifischen Qualifizierung auch im<br />

Unternehmen trotz höherer Produktivität nicht<br />

höher entlohnen. Damit würde die Investition<br />

des Unternehmers in das spezifische Humankapital<br />

vergleichbar mit jeder Sachinvestition.<br />

Allerdings läuft der Unternehmer dann Gefahr,<br />

dass der Arbeitnehmer das Unternehmen<br />

dennoch verlässt 12 und die Qualifizierungskosten<br />

nicht mehr erwirtschaftet werden können.<br />

Es müssen ihm deshalb durch einen höheren<br />

Lohn Anreize zum Verbleib gesetzt werden,<br />

auch wenn er nichts zu den Investitionskosten<br />

beigetragen hat. Umgekehrt kann der Arbeitnehmer<br />

seine Bedeutung für den Unternehmer<br />

dazu nutzen, mehr zu fordern. Beide Seiten<br />

verhalten sich strategisch mit dem Risiko, dass<br />

sich die Investition letztlich nicht amortisiert.<br />

Gleichgerichtete Interessen an einer Fortführung<br />

des Arbeitsverhältnisses und damit der<br />

Amortisation der Investition können dadurch<br />

erreicht werden, dass sich auch der Arbeitnehmer<br />

an den Ausbildungskosten beteiligt.<br />

In welchem Umfang das geschehen soll, lässt<br />

Becker offen.<br />

Allgemein verwertbare Qualifikationen<br />

Nach dieser Darstellung der Beckerschen<br />

Argumentation soll im Folgenden die Situation<br />

noch einmal mit eigenen Überlegungen<br />

formalisiert werden. Aus Arbeitnehmersicht<br />

stellt sich die Entscheidungssituation so dar:<br />

Setzt man lq für den Lohnsatz eines Arbeitnehmers<br />

mit einer bestimmten Qualifikation,<br />

lu für den Lohnsatz eines ungelernten Arbeitnehmers<br />

und tb für den Beschäftigungszeitraum<br />

mit der besseren Qualifikation, so ergibt<br />

sich als Bedingung für die Finanzierung der<br />

Investitionskosten IK 13 :<br />

IK ≤ (lq – lu) * tb (4)<br />

Vernachlässigen wir die Diskontierung 14 und<br />

allgemeine Lohnveränderungen, so muss die<br />

im Erwerbsleben aufgrund der Humankapitalinvestition<br />

höhere Entlohnung nach und<br />

nach die Investitionskosten zumindest ausgleichen<br />

oder gar übertreffen. Die Refinanzierung<br />

nährt sich aus zwei Faktoren: Der durch die<br />

Qualifizierung erzielbaren Lohnsteigerung<br />

und der Länge des Beschäftigungszeitraums<br />

als qualifizierte Arbeitskraft. Je länger dieser<br />

Zeitraum ist, desto leichter ist ein Überschuss<br />

über die Investitionskosten zu erreichen. Mit<br />

zunehmendem Alter wird es schwieriger, die<br />

Kosten wieder hereinzuholen. Mit<br />

schnellerer technologischer Veraltung<br />

der Qualifikation steigt das Investitionsrisiko<br />

auch für Jüngere.<br />

Als Beispiel für diese Art von allgemeiner<br />

Ausbildung kann man die schulische und<br />

universitäre Ausbildung nehmen, die zunächst<br />

Seite 27


Humankapital Heuristik des und Systemwandels<br />

berufliche Bildung<br />

Seite 28<br />

eine Reihe von Kosten verursacht (entgangenes<br />

Einkommen als ungelernte Arbeitskraft,<br />

Ausbildungskosten, indirekte Kosten)<br />

und später für das gesamte Berufsleben ein<br />

höheres Einkommen als das eines ungelernten<br />

Arbeitnehmers ermöglichen soll. 15<br />

Auf der anderen Seite stellt sich für den Unternehmer<br />

die Situation so dar: Investiert er in<br />

die Qualifizierung, so entstehen ihm zunächst<br />

Kosten. Deren Amortisierung erfordert, dass<br />

anschließend ein Teil des Zuwachses beim<br />

Wertgrenzprodukt einbehalten wird. Dies<br />

ist aber nicht ohne weiteres möglich, da der<br />

Arbeitnehmer in ein anderes Unternehmen<br />

wechseln kann, wo er nach dem vollen Wertgrenzprodukt<br />

(lq) entlohnt wird. Der dortige<br />

Arbeitgeber kann das tun, weil er keine Qualifizierungskosten<br />

zu tragen hat. Becker und in<br />

der Folge andere Autoren kommen deshalb zu<br />

dem Schluss, dass der Arbeitnehmer die Ausbildungskosten<br />

zu tragen hat, indem er während<br />

der Qualifizierung einen verminderten<br />

Lohn lv akzeptieren muss, der unter seinem<br />

noch einfachen Wertgrenzprodukt WGPu<br />

liegt. Der gesamte Einkommensverzicht während<br />

der Ausbildungsperiode ta entspricht im<br />

Umfang genau den Qualifizierungskosten.<br />

lv * ta = WGPu * ta - IK<br />

Durch Umformen erhält man<br />

IK = (WGPu - lv) * ta<br />

(5a)<br />

(5b)<br />

Die Refinanzierung der Investitionskosten<br />

ist davon abhängig, dass die<br />

Differenz zwischen Wertgrenzprodukt und<br />

bezahltem Lohn dem Ausbildungszeitraum<br />

entsprechend gewählt wird. Je höher die Investitionskosten<br />

IK sind, desto höher muss ceteris<br />

paribus das Lohnzugeständnis der Arbeitnehmer<br />

während der Ausbildungsphase sein.<br />

Mit (5b) wird in der Regel die Einkommensgestaltung<br />

während einer Berufsausbildung im<br />

Unternehmen erklärt. Die Auszubildenden<br />

erhalten ein Entgelt, das noch unter dem von<br />

nicht qualifizierten Arbeitnehmern liegt, und<br />

tragen damit – auf die gesamte Ausbildungszeit<br />

gesehen – die Investitionskosten. Nach der<br />

Ausbildung erhalten sie den höheren Lohn lq<br />

eines qualifizierten Arbeitnehmers.<br />

Beckers Schlussfolgerung weist u.E. im Falle<br />

der allgemein verwertbaren Qualifikationen<br />

eine Lücke auf. Zwar werden die notwendigen<br />

Bedingungen dargelegt, die gegeben sein müssen,<br />

damit eine Investition getätigt wird. Diese<br />

sind aber nicht in jedem Fall hinreichend: Trägt<br />

der Arbeitnehmer die Ausbildungskosten, so<br />

bleibt es für den Unternehmer gleich, ob er<br />

selbst (im Unternehmen) ausbildet oder ob<br />

er sich die qualifizierten Arbeitskräfte vom<br />

Arbeitsmarkt holt. Wenn die fragliche Qualifikation<br />

jedoch nur in Unternehmen erworben<br />

werden kann, dann bleibt die Frage, wie die<br />

Ausbildung in der Gesellschaft gesichert<br />

wird. Sind Unternehmer in der Entscheidung<br />

wirklich indifferent (d.h., sie bewerten beide<br />

Handlungsalternativen gleich), ob sie selbst<br />

(auf Kosten des Arbeitnehmers) ausbilden<br />

oder sich die qualifizierte Arbeitskraft vom<br />

externen Arbeitsmarkt holen, dann kann es<br />

auch zu mangelnder Ausbildung kommen.<br />

Die Interdependenz von Arbeitnehmer und<br />

Arbeitgeber in der betrieblichen Aus- und<br />

Weiterbildung erfordert auch für den Unternehmer<br />

einen positiven Anreiz zum Angebot<br />

von Qualifizierungsstellen, damit die Aus- und


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

Weiterbildung gesichert ist. Auch hier kann<br />

der Marktmechanismus allein die Ausbildung<br />

nicht sicherstellen, und es werden ergänzende<br />

Regelungen notwendig.<br />

In der neoklassischen Logik könnten bei einem<br />

Mangel an (allgemein) qualifizierten Arbeitskräften<br />

die Unternehmer allerdings auch auf<br />

ihre Substitution durch einfache Arbeit und<br />

Kapital setzen. Das zeigt einerseits, dass die<br />

Neoklassik wegen der Annahme unbegrenzter<br />

Substitutionsmöglichkeiten letztlich kein<br />

Problem mit Qualifizierung hat. Zweitens<br />

deutet sich an dieser Stelle auch an, dass eine<br />

Marktlösung in einem geringen gesellschaftlichen<br />

Qualifikationsstand und einer Arbeitsorganisation<br />

resultieren kann, die stärker auf<br />

einfache Qualifikationen gegründet ist als eine<br />

Arbeitsorganisation, für die ein qualifiziertes<br />

Angebot durch Bildungs- und Ausbildungspolitik<br />

bereitgestellt wird. Diese Schlussfolgerung<br />

deckt sich im Übrigen mit den Ergebnissen der<br />

international vergleichenden Forschung zum<br />

Zusammenhang von Bildungs- und Beschäftigungssystem<br />

(vgl. Abschnitt 2).<br />

Betriebsspezifische Qualifikationen<br />

Die betriebsspezifische Qualifizierung – von<br />

einfachem Anlernen bis zu umfangreichem<br />

ergänzendem Fach- und Handlungswissen<br />

– führt zu einer erhöhten Produktivität<br />

des Arbeitnehmers nur in diesem Betrieb.<br />

Kenntnisse der konkreten betrieblichen Organisationsabläufe,<br />

der Produktionsverfahren, der<br />

personellen Besonderheiten u.a. machen den<br />

Arbeitnehmer produktiver als jemanden ohne<br />

diese Kenntnisse. In anderen Unternehmen<br />

sind diese Kenntnisse jedoch irrelevant, und<br />

der Arbeitnehmer wird dort wie eine Arbeitskraft<br />

ohne diese Qualifikation eingesetzt und<br />

entsprechend entlohnt.<br />

Für Arbeitnehmer und für Unternehmer<br />

stellen sich die Bedingungen der Investition<br />

wie in den Gleichungen (4) bzw. (5b) dar.<br />

Zusätzlich problembehaftet ist die Situation<br />

deshalb, weil eine einmal getätigte Investition<br />

realisierte Kosten (sunk costs) darstellt<br />

und die Erträge zunächst nur potenziell<br />

sind. Letztere sind auch vom Verhalten des<br />

Nicht-Investors abhängig, der aufgrund der<br />

Spezifität der erworbenen Qualifikation eine<br />

monopol- (Arbeitnehmer) bzw. monopsonartige<br />

(Unternehmer) Position hat, aus der<br />

heraus der Finanzier zu Zugeständnissen bei<br />

der Entlohnung gezwungen werden kann.<br />

Die Investitionskosten allein zu tragen, wäre<br />

für den Arbeitnehmer mit dem Risiko verbunden,<br />

vom Unternehmer nicht ausreichend<br />

durch höheren Lohn kompensiert zu werden,<br />

da er bei Weigerung des Unternehmers sich<br />

auch durch einen Unternehmenswechsel nicht<br />

besser stellen kann. Der Arbeitnehmer als Finanzier<br />

muss sich dann mit einer geringeren<br />

Lohnerhöhung zufrieden geben als seinem<br />

erhöhten Wertgrenzprodukt entspricht und er<br />

kann die Investition evtl. auch auf lange Sicht<br />

nicht amortisieren. 16 Für den Unternehmer<br />

besteht das Investitionsrisiko darin, dass der<br />

Arbeitnehmer nach der Qualifizierung das<br />

Unternehmen verlässt. Das Unternehmen<br />

als Finanzier muss dem<br />

Arbeitnehmer durch einen höheren<br />

Seite 29<br />

Lohn so viel Anreiz geben, dass er<br />

von einem Betriebswechsel abgehalten<br />

wird. Der Arbeitnehmer muss also über<br />

seinem Marktwert (bestimmt durch seine<br />

Produktivität für andere Unternehmer), aber


Humankapital Heuristik des und Systemwandels<br />

berufliche Bildung<br />

unter seinem Wertgrenzprodukt entlohnt<br />

werden.<br />

In beiden Fällen, für beide Parteien als Finanziers,<br />

ist ex ante die Situation schlechter als im<br />

Fall der Finanzierung von allgemein verwertbaren<br />

Qualifikationen. In beiden Fällen muss<br />

auch der Nicht-Finanzier an den Erträgen der<br />

Investition beteiligt werden, um nicht so zu<br />

handeln, dass sich die Qualifizierungsinvestition<br />

als eine Fehlinvestition erweist. Begründet<br />

ist dies in der Marktmacht, die wegen der<br />

Spezifität jeweils der Gegenpartei zufällt. Wir<br />

befinden uns nicht mehr im vollkommenen<br />

Wettbewerb, sondern haben es mit einem vermachteten<br />

Markt zu tun. Williamson (1985:<br />

55) spricht von einer „fundamental transformation“<br />

in ein bilaterales Monopol.<br />

Die Investitionskosten und die Erträge der<br />

Investition werden nach Becker deshalb<br />

zwischen dem Unternehmer und dem Arbeitnehmer<br />

geteilt: wie genau, bleibt offen. In<br />

der Praxis herrscht Beckers Argumentation zu<br />

Folge die Lösung vor, dass das Unternehmen<br />

investiert, der Arbeitnehmer zunächst unter<br />

seinem Wertgrenzprodukt entlohnt wird (so<br />

dass ein Teil der Investitionskosten indirekt<br />

von ihm mitgetragen wird) und er später höher<br />

entlohnt wird, so dass er einen Anreiz hat,<br />

im Unternehmen zu bleiben. Diese Art der<br />

Lohnentwicklung wird als Senioritätsentlohnung<br />

bezeichnet.<br />

Seite 30 Entscheidend für die Verteilung<br />

von Investitionskosten und Investitionsertrag<br />

ist die Marktmacht von<br />

Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Diese ist in<br />

Abhängigkeit von vielen Faktoren im Zeitablauf<br />

veränderlich. In den letzten Jahren mit zunehmender<br />

Bedrohung durch Arbeitslosigkeit<br />

und unsichere Beschäftigung kann offenbar<br />

ein größerer Anteil von Weiterbildungskosten<br />

auf die Arbeitnehmer abgewälzt werden, v.a.<br />

Arbeitsausfallzeiten (Verlagerung der Qualifizierung<br />

in die Freizeit), aber auch durch die<br />

vollständige Übertragung der Verantwortung,<br />

die eigene Beschäftigungsfähigkeit durch Weiterbildung<br />

sicherzustellen.<br />

Je stärker aber die Arbeitnehmer sich in der<br />

Finanzierung betriebsspezifischer Qualifizierung<br />

engagieren, desto stärker werden sie von<br />

der Weiterbeschäftigung im Unternehmen<br />

abhängig, wenn sich ihre Investitionskosten<br />

amortisieren sollen. Damit werden sie auch<br />

immer „zugänglicher“ für weitere Zugeständnisse<br />

gegenüber dem Arbeitgeber: eine Spirale.<br />

Überreizen darf der Arbeitgeber die Forderungen<br />

gegenüber dem Arbeitnehmer jedoch<br />

nicht, wenn er nicht Gefahr laufen will, dass<br />

dieser den Verbleib im Unternehmen dann<br />

nicht mehr nur von monetären Abwägungen,<br />

sondern auch vom Gerechtigkeitsempfinden<br />

abhängig macht. Im – nicht-neoklassischen –<br />

Fall von hohen Arbeitslosenquoten kann der<br />

Druck auf die Arbeitnehmer allerdings noch<br />

weiter erhöht werden.<br />

Auch im Falle der betriebsspezifischen Qualifizierung<br />

weist Beckers Argumentation u.E.<br />

eine Lücke auf. Es bleibt ungeklärt, wie die<br />

Erträge der Qualifizierung zwischen Unternehmer<br />

und Arbeitnehmer aufgeteilt werden,<br />

um eine Investition zu sichern. Eine Marktlösung<br />

gibt es jedenfalls nicht und es werden<br />

implizit andere Steuerungsmechanismen<br />

erforderlich (Verhandlungen, Verträge, Vertrauen,<br />

Machtpositionen o.ä.). Die von Becker<br />

vorgeschlagene Senioritätsentlohnung ist er-


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

stens nur eine denkbare Möglichkeit; zweitens<br />

wird damit das Versagen des Marktes deutlich,<br />

ohne zusätzliche Maßnahmen eine effiziente<br />

Lösung des Problems zu finden. Hier besitzt<br />

auch das erweiterte neoklassische Modell keine<br />

ausreichende Aussagekraft mehr.<br />

Entwertung von Humankapital<br />

Betrachtet man Aus- und Weiterbildung<br />

als Investition, so stellt sich die Frage nach<br />

Abschreibungen. Bei Sachanlagen drücken<br />

Abschreibungen aus, dass das Kapital nicht<br />

ewig besteht, sondern Verschleiß unterliegt. Zu<br />

unterscheiden sind insbesondere der physische<br />

Verschleiß (eine Maschine ist nach einer gewissen<br />

Laufzeit abgenutzt und nicht mehr zu<br />

gebrauchen) und der technologische Verschleiß<br />

(eine Maschine ist technologisch überholt<br />

und nicht mehr kostendeckend einsetzbar).<br />

Der Verschleiß wird bei einer unterstellten<br />

Nutzungsdauer des Sachkapitals auf den Nutzungszeitraum<br />

verteilt und stellt eine laufende<br />

Wertminderung dar (Abschreibung).<br />

Überträgt man diese Sicht auf Humankapital,<br />

so gibt es viele Entsprechungen, aber auch<br />

Unterschiede. Gemeinsam ist der Verschleiß<br />

des (Human-) Kapitals. Das ist einerseits ganz<br />

wörtlich zu verstehen, wenn etwa die physische<br />

und/oder mentale Leistungsfähigkeit nachlässt.<br />

Als Ursachen dafür sind der natürliche Alterungsprozess<br />

und der durch den Arbeitsprozess<br />

bedingte Verschleiß zu unterscheiden. In den<br />

letzten Jahrzehnten sind die körperlichen Belastungen<br />

insgesamt zurückgegangen, obwohl<br />

es auch heute noch physisch stark belastende<br />

Arbeiten gibt. Zugenommen haben die mentalen<br />

und psychischen Belastungen. Als ein<br />

Beispiel sei der Anstieg von stressbedingten<br />

Krankheiten im Dienstleistungsbereich, z.B.<br />

in den Banken, genannt. Von zunehmender<br />

Bedeutung sind jedoch vor allem die „technologisch“<br />

bedingten Abschreibungen auf<br />

das Humankapital. Das Wissen steigt mit so<br />

hohem Tempo an und die Technologie wird<br />

so schnell „revolutioniert“, dass Ausbildungsinhalte<br />

und Qualifikationen immer schneller<br />

veralten. Durch den technologischen Wandel<br />

können – wie beim Sachkapital – Qualifikationen<br />

schlagartig entwertet werden, sie werden<br />

nutz- und wertlos. Oder die Qualifikationen<br />

müssen ergänzt oder aktualisiert werden<br />

(neuerliche Investitionsentscheidung), um am<br />

Arbeitsmarkt auf eine zahlungswillige Nachfrage<br />

zu treffen.<br />

Von besonderer und anderer Bedeutung sind<br />

Abschreibungen bei betriebsspezifischen Qualifikationen.<br />

Denn hier wird die Qualifikation<br />

auch dann entwertet, wenn der Arbeitnehmer<br />

freiwillig oder unfreiwillig das Unternehmen<br />

verlässt. Es muss weder eine physische noch<br />

eine technologische Veraltung vorliegen. Die<br />

Spezialisierung auf Qualifikationen in einem<br />

engen Einsatzbereich, in einem einzigen Unternehmen,<br />

birgt für den Arbeitnehmer das<br />

hohe Risiko der Entwertung in allen anderen<br />

möglichen Einsatzbereichen. Damit entsteht<br />

eine gewisse Abhängigkeit vom Unternehmen,<br />

deren Problematik nur dadurch selten<br />

offen aufbricht, dass auch das Unternehmen<br />

Interesse an der Nutzung der betriebsspezifischen<br />

Qualifikation hat.<br />

Seite 31<br />

Es entsteht die bereits beschriebene<br />

Situation mit teilweise gemeinsamen<br />

Interessen (Angebot und Nachfrage) bei<br />

gegensätzlichen Interessen hinsichtlich der<br />

Entlohnung. Prinzipiell hat jedoch das Unter-


Humankapital Heuristik des und Systemwandels<br />

berufliche Bildung<br />

nehmen die bessere Verhandlungsposition, da<br />

es selbst den Umfang von betriebsspezifischer<br />

Qualifizierung und damit auch des Angebots<br />

an betriebsspezifischen Qualifikationen steuern<br />

kann. Anders als der Arbeitnehmer ist<br />

es nicht von einem einzigen Verhandlungspartner<br />

abhängig, sondern kann auch andere<br />

Arbeitnehmer betriebsspezifisch qualifizieren.<br />

Der Arbeitnehmer hat dagegen z.B. bei Betriebsschließungen<br />

oder -verlagerungen kaum<br />

Handlungsalternativen. Für ihn bedeutet der<br />

Verlust an eigenen verwertbaren Qualifikationen<br />

einen ungleich höheren Einschnitt als<br />

für ein Unternehmen beim Weggang eines betriebsspezifisch<br />

qualifizierten Arbeitnehmers.<br />

Die Perspektive auf das Humankapital ist<br />

eine andere zwischen Unternehmen und<br />

Arbeitnehmern. Letztere versuchen, ihre<br />

Qualifikationen langfristig zu nutzen (die<br />

Abschreibungen gering zu halten), um ein<br />

möglichst hohes Einkommen zu erzielen. Unternehmen<br />

rechnen zunehmend kurzfristiger,<br />

nach eigener Gewinnmaximierung und nach<br />

jeder Humankapitalentwertung tendenziell<br />

mit immer wieder anderen, besser geeigneten<br />

Arbeitskräften. Das Interesse der Arbeitnehmer<br />

an einer dauerhaften Verwertung ihrer<br />

Qualifikationen gehört nicht zu den Zielvariablen<br />

der Unternehmer. Schon bei geringen<br />

Gewinnvorteilen, z.B. durch technologische<br />

Veränderungen, wird die Entwertung des Humankapitals<br />

in Kauf genommen.<br />

Seite 32 Für Arbeitnehmer hat das zwei wichtige<br />

Konsequenzen: Erstens entsteht<br />

aus dem Verhalten der Unternehmer<br />

der Druck, ihre Qualifikationen zu erneuern<br />

und zu ergänzen, um am Arbeitsmarkt zu<br />

bisherigen Konditionen zu bestehen. Lebenslanges<br />

Lernen ist weniger eine Option je nach<br />

gegebenen Präferenzen, sondern wird mehr<br />

und mehr zum Zwang, zur Voraussetzung, um<br />

einen Arbeitsplatz zu behalten oder Zugang<br />

zu anderen Arbeitsplätzen zu erhalten. Nicht<br />

nur die nicht weiter qualifizierte Arbeitskraft<br />

des einfachen neoklassischen Modells hat<br />

am Arbeitsmarkt heute kaum noch Chancen,<br />

auch die qualifizierte Arbeitskraft, die nicht<br />

ständig den sich wandelnden Anforderungen<br />

nachkommt, wird nur schwer eine dauerhafte<br />

Beschäftigung erreichen. Unternehmer können<br />

ihre Qualifizierungsinvestitionen dagegen bei<br />

immer anderen Arbeitnehmern tätigen, vorzugsweise<br />

bei jungen, nach neuestem Wissensstand<br />

ausgebildeten, belastbaren Menschen,<br />

die sich in der Arbeit noch beweisen wollen<br />

und Karriereziele verfolgen.<br />

Zweitens haben Arbeitnehmer ein größeres<br />

Interesse an allgemein verwertbaren als an<br />

betriebsspezifischen Qualifikationen. Letztere<br />

sind mit der Abhängigkeit von einem Unternehmen<br />

(mit Drohpotenzial) und mit einem<br />

relativ hohen Entwertungsrisiko (technischorganisatorischer<br />

Wandel, Unternehmensschließung<br />

und -verlagerung, Kündigung)<br />

gekoppelt. Allgemein verwertbare Qualifikationen<br />

dagegen machen den Arbeitnehmer<br />

unabhängiger vom einzelnen Unternehmen<br />

und lassen mehr Handlungsalternativen zu.<br />

Allerdings ist die Erzeugung allgemeinen Humankapitals<br />

kein Selbstläufer, sondern bedarf<br />

der gesellschaftlichen Stützung.<br />

Zwischenresümee<br />

Im einfachen neoklassischen Modell tauchen<br />

unterschiedliche Qualifikationen der Arbeitnehmer<br />

nicht auf. Mit diesem Modell könnte


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

man argumentieren, dass durch die Annahme<br />

vollständiger Substitutionsmöglichkeiten zwischen<br />

den Produktionsfaktoren qualifizierte<br />

Arbeitskräfte für die Unternehmer immer<br />

ersetzbar und entbehrlich sind. Allerdings<br />

werden die Kosten der Qualifizierung nicht<br />

berücksichtigt, so dass das Problem der Kostenverteilung<br />

gar nicht auftaucht. Folgerungen für<br />

Bildungsinvestitionen lassen sich hieraus nicht<br />

ableiten.<br />

Becker hat mit der Differenzierung des Faktors<br />

Arbeit nach der Leistungsfähigkeit (Produktivität)<br />

die Kosten der Ausbildung ins Blickfeld<br />

gerückt. Qualifizierung kann als Investition<br />

begriffen werden. Aufwand und Ertrag der<br />

Investitionen sind Kategorien, die für die berufliche<br />

Bildung bewertet und in Beziehung<br />

gesetzt werden müssen. Das Kernproblem<br />

wird so die Verteilung der Kosten und Erträge<br />

zwischen Arbeitnehmer und Unternehmer.<br />

Nur wenn das gelöst wird, können Produktivitätssteigerungen<br />

und Wohlstandsvermehrung<br />

optimiert werden.<br />

Neben der logischen Zeit wird mit der altersbedingten<br />

Erwerbsfähigkeit und Produktivität<br />

auch die historische Zeit eingeführt: Je nach<br />

Lebensalter und Lebensabschnitt stellen<br />

sich die Investitionsüberlegungen anders dar.<br />

Abschreibungen auf getätigte Investitionen<br />

sind ebenfalls auf die Arbeitsmarktparteien zu<br />

verteilen.<br />

Die Unterscheidung nach allgemeinen und<br />

betriebsspezifischen Qualifikationen zeigt<br />

unterschiedliche Kosten-Ertrags-Rechnungen<br />

für Unternehmer und für Arbeitnehmer auf:<br />

Es gibt nicht eine einzige Kosten-Ertragsrechnung,<br />

sondern viele individuelle und eine virtuelle<br />

gesellschaftliche. Das gesellschaftliche<br />

Optimum ergibt sich im Modell nicht mehr<br />

umstandslos aus den individuellen Abwägungen.<br />

Die Lösungsvorschläge Beckers können nicht<br />

restlos überzeugen. Bei allgemein verwertbaren<br />

Qualifikationen, die in Unternehmen<br />

erworben werden (z.B. duale Ausbildung),<br />

muss nach Becker der Arbeitnehmer die Kosten<br />

tragen, weil der Arbeitgeber Investitionen<br />

in transferierbares Humankapital scheut, das<br />

bei einer Abwerbung anderen Unternehmen<br />

zur Verfügung steht. Auch dann ist aber nicht<br />

gesichert, weshalb es nicht zu Ausbildungsengpässen<br />

kommen sollte. Wenn die Arbeitnehmer<br />

die Kosten tragen, stellen sich Unternehmen<br />

gleich, egal ob sie selbst ausbilden<br />

oder ob sie die fertigen Qualifikationen am<br />

externen Arbeitsmarkt anwerben. Diese Indifferenz<br />

kann gesamtwirtschaftlich zu mangelndem<br />

Ausbildungsvolumen führen. Hinzu<br />

kommt, dass abhängig Beschäftigte aufgrund<br />

begrenzter Einkommen und Vermögen sowie<br />

der Unsicherheit der Qualifikationsentwicklung<br />

nicht ausreichend in allgemeine Qualifikationen<br />

zu investieren bereit sind. Hier<br />

deckt sich die ökonomisch hergeleitete Kritik<br />

an Becker mit den in Abschnitt 2 referierten<br />

Positionen der insitutionalisitischen Schule.<br />

Der Markt versagt in der Herbeiführung<br />

einer effizienten Lösung. Ohne ergänzende<br />

Steuerungsmechanismen können<br />

gesamtwirtschaftlich gravierende<br />

Probleme entstehen (Marsden 1999;<br />

Shershneva 2006).<br />

Betriebsspezifische Qualifikationen sind nur<br />

in einem Betrieb verwertbar. Ihre Rentabilität<br />

ist deshalb von der Dauer der weiteren<br />

Seite 33


Humankapital Heuristik des und Systemwandels<br />

berufliche Bildung<br />

Beschäftigung in diesem Betrieb abhängig.<br />

Diese kann nur dadurch maximiert werden,<br />

dass der Arbeitnehmer höher als am Markt<br />

entlohnt und dadurch zum Verbleib motiviert<br />

wird und die Erträge der betriebsspezifischen<br />

Qualifizierung zwischen Unternehmen und<br />

Arbeitnehmer (irgendwie) geteilt werden.<br />

Ansonsten wäre es bei unternehmensspezifischen<br />

Ausbildungsinhalten noch nicht<br />

einmal selbstverständlich, dass es ausreichend<br />

Ausbildungsbereitschaft bei den Beschäftigten<br />

gibt, geschweige denn, dass sie eine<br />

dauerhafte Beschäftigung im Unternehmen<br />

anstreben. Gleichzeitig bedeutet die höhere<br />

Entlohnung, dass betriebsspezifische Qualifikationen<br />

nur als Höherqualifizierung mit<br />

höherer Grenzproduktivität realisiert werden,<br />

weil kein Unternehmen einen höheren Lohn<br />

zahlt, wenn es nicht eine höhere Produktivität<br />

des Arbeitnehmers nutzen kann.<br />

In beiden Fällen, bei allgemein verwertbaren<br />

und bei betriebsspezifischen Qualifikationen,<br />

ist mit der Klärung der Kostenträgerschaft<br />

noch keine Marktlösung des Investitionsproblems<br />

gesichert. Jeweils müssen auch für die<br />

andere Arbeitsmarktseite Anreize (positiver<br />

oder negativer Art) erzeugt werden, damit sie<br />

sich nicht verweigert. Und in beiden Fällen<br />

sind die Entscheidungen von Unternehmer<br />

und Arbeitnehmer voneinander abhängig. Ihr<br />

Verhalten muss koordiniert werden, wofür der<br />

Markt allein weder eine eindeutige<br />

Lösung bietet noch überhaupt eine<br />

Seite 34 Lösung garantieren kann. Auch hier<br />

muss man von Marktversagen ausgehen.<br />

Anreize für den Nicht-Investor<br />

können aus den Erträgen der Investition oder<br />

durch Einflussnahme Dritter („staatliche“<br />

Einflussnahme) gebildet werden.<br />

Für betriebsspezifische Qualifikationen besteht<br />

nur ein enger Teilmarkt, der nicht mehr dem<br />

Ideal des vollkommenen Marktes entspricht.<br />

Dabei kommt es über die Investitionsproblematik<br />

hinaus leicht zu einer Ausbeutung der<br />

Arbeitnehmer in dem Sinne, dass ihnen nicht<br />

der volle Lohn bezahlt wird, der nach Abzug<br />

der Investitionskosten ihrer gestiegenen Produktivität<br />

entspricht. Der Arbeitnehmer wird<br />

zum Renditeobjekt für den Unternehmer.<br />

Die Entlohnung der Arbeitnehmer erfolgt<br />

nur im einfachen neoklassischen Modell nach<br />

ihrem Wertgrenzprodukt. Kommt es aufgrund<br />

der Differenzierung des Faktors Arbeit zu<br />

unvollkommenen Arbeitsmärkten, so wird<br />

nach dem Marktpreis, nicht nach dem Wertgrenzprodukt<br />

entlohnt. Es geht nicht um einen<br />

„gerechten“ Lohn sondern um den von beiden<br />

Seiten durchsetzbaren Lohn. Die Aufteilung<br />

der Erträge zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber<br />

bleibt unbestimmt, kann nicht durch<br />

den Markt geregelt oder mit dem Markt erklärt<br />

werden.<br />

Bereits eine relativ geringfügige Modifizierung<br />

des neoklassischen Grundmodells wie<br />

die Unterscheidung von gewöhnlicher und<br />

qualifizierter Arbeitskraft sowie von allgemein<br />

verwertbaren und betriebsspezifischen Qualifikationen<br />

setzt Grundannahmen des Modells<br />

außer Kraft: Vollkommener Wettbewerb, vollkommene<br />

Transparenz, Unabhängigkeit der<br />

individuellen Entscheidungen sind nicht mehr<br />

denkbar. Damit werden Basis-Annahmen des<br />

Modells aufgehoben, wodurch es nicht nur<br />

(rechnerisch) verkompliziert wird. Wenn z.B.<br />

nicht mehr gilt, dass sich jeder Marktteilnehmer<br />

nur an vorgegebene Marktbedingungen<br />

anpassen und nicht selbst durch strategisches


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

Verhalten Vorteile erzielen kann, dann gewinnen<br />

unweigerlich Machtaspekte an Bedeutung,<br />

die neben Marktmechanismen treten. Damit<br />

stellt sich die Frage, welche Aussagekraft das<br />

neoklassische Modell zur Klärung des hier<br />

diskutierten Sachverhaltes überhaupt beanspruchen<br />

kann.<br />

Mit Beckers Modell kann nicht belegt werden,<br />

dass Marktkräfte für eine effiziente Lösung des<br />

Qualifizierungsproblems sorgen. Im Gegenteil<br />

wird deutlich, dass Interessenunterschiede an<br />

Qualifizierung ohne marktergänzende oder<br />

-ersetzende Mechanismen zu Ausbildungsblockaden<br />

führen können und dass z.T. Verhandlungsmacht<br />

und Verhandlungsgeschick<br />

über die Verteilung der erzielten Produktivitätssteigerungen<br />

entscheiden. Die Lösung<br />

des Qualifizierungsproblems kann nicht dem<br />

Markt allein anvertraut werden.<br />

Seite 35


Heuristik Institutionenökonomische<br />

des Systemwandels<br />

Erweiterungen<br />

In s t i t u t i o n e n ö k o n o m i s c h e<br />

Erw e i t e r u n g e n<br />

4<br />

Beckers Modell war und ist der Ausgangspunkt<br />

weitergehender ökonomischer<br />

Arbeiten zur beruflichen<br />

Qualifizierung. Mittlerweile sind im Rahmen<br />

der Neuen Institutionenökonomik eine Vielzahl<br />

an Ansätzen, Überlegungen und Publikationen<br />

entstanden. Im Gegensatz zur alten<br />

institutionalistischen Ökonomik werden in der<br />

Neuen Institutionenökonomik „Institutionen“<br />

wie Arbeitsplatzsicherheit, Aus- und Weiterbildung<br />

nicht exogen aus außerökonomischen<br />

gesellschaftlichen Kräften erklärt, sondern auf<br />

die Interessen der Arbeitsmarktparteien unter<br />

bestimmten ökonomischen Bedingungen<br />

zurückgeführt (vgl. Sesselmeier u.a. 2010).<br />

Diese Forschungsrichtung geht von den neoklassischen<br />

Grundannahmen aus, sie greift die<br />

Beckersche Erweiterung (Humankapital) auf<br />

und versucht mit weiteren Differenzierungen,<br />

der Lockerung von Modellannahmen und der<br />

Einführung zusätzlicher Faktoren mehr Erklärungskraft<br />

zu gewinnen. Die einzelnen Ansätze<br />

der Neuen Institutionenökonomik fokussieren<br />

jeweils auf verschiedene Bedingungskonstellationen.<br />

Dabei ergeben sich unterschiedliche<br />

Hypothesen, sobald Unsicherheiten, Informationsasymmetrien,<br />

Transaktionskosten, externe<br />

Effekte oder begrenzte Eigentumsrechte in<br />

den Vordergrund der Argumentation gestellt<br />

werden.<br />

Seite 36<br />

Die Einführung solcher zusätzlicher, von<br />

der Neoklassik und auch von Becker ausgeblendeter<br />

Bedingungen (Situationsfaktoren),<br />

begünstigt teilweise die Annahme von Humankapitalinvestitionen<br />

durch Marktakteure,<br />

teilweise erschwert sie diese. Auf jeden Fall<br />

erfordert jede zusätzliche Bedingung jeweils<br />

zusätzliche Lösungsmechanismen jenseits<br />

der bloßen Marktkoordination durch Preise.


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

Manche dieser „Institutionen“ können privat<br />

im Markt entstehen (endogene Lösungen im<br />

Sinne der Neuen Institutionenökonomik),<br />

andere müssen von außen gesetzt werden,<br />

damit der Markt unter diesen Bedingungen<br />

nicht versagt (exogene Lösungen im Sinne des<br />

sozialwissenschaftlichen Institutionalismus).<br />

Wir können an dieser Stelle keinen systematischen<br />

Überblick geben (vgl. hierzu Pütz<br />

2003; Wagner/ Jahn 2004; Pechar 2006; Franz<br />

2006; Hopf 2010). Vielmehr diskutieren wir im<br />

Folgenden einzelne u.E. besonders interessante<br />

Ansätze. Wir beginnen mit den Theoremen<br />

der Eigentumsrechte und externer Effekte,<br />

welche beide die Beckersche Problematik<br />

der Investition in transferierbare allgemeine<br />

Qualifikationen und damit auch unsere These<br />

des Marktversagens bei beruflicher Bildung<br />

bestätigen. Anschließend gehen wir auf weitere<br />

„Transaktionskosten“ ein und referieren<br />

kurz zwei Autoren, die zumindest teilweise zu<br />

endogen marktwirtschaftlichen Lösungen des<br />

Qualifikationsproblems kommen.<br />

4.1. Th e s e n z u m Ma r k t v e r s a g e n<br />

In den Basis-Modellen der Neoklassik wird<br />

der Arbeitsmarkt wie jeder andere Markt konstruiert.<br />

Die Erweiterungen des Basismodells<br />

im Rahmen der Humankapitaltheorie und<br />

der neuen Institutionenökonomik zeigen, dass<br />

der Arbeitsmarkt wesentliche Unterschiede zu<br />

Güter- oder Finanzmärkten aufweist und die<br />

Tauschprozesse auf diesen Märkten besonderen<br />

Bedingungen unterliegen.<br />

Der Ansatz der Eigentumsrechte<br />

Im Ansatz der „Property Rights“ werden die<br />

Eigentumsrechte am Produktionsfaktor Arbeit<br />

hervorgehoben (Demsetz 1967; Richter/<br />

Furubotn 2003: 87ff.; Pütz 2003: 287ff.).<br />

Hierbei müssen die Beziehungen zwischen<br />

Unternehmer und Arbeitnehmer nicht nur<br />

als Markt-, sondern umfassender als soziale<br />

Beziehung interpretiert werden. Mit dieser<br />

Sichtweise gelangt man zu einer anderen<br />

Einschätzung der Funktionsfähigkeit des<br />

Marktmechanismus.<br />

Für unser Thema ist dieser gedankliche Ansatz<br />

an der Stelle relevant, wo Becker zwangsläufig<br />

vage bleiben muss. Bei betriebsspezifischen<br />

Qualifikationen muss nach seiner Analyse der<br />

Unternehmer die Qualifizierung finanzieren.<br />

Die Refinanzierung für den Unternehmer erfordert<br />

es, dass der Arbeitnehmer nicht nach<br />

seinem durch die Qualifizierung erhöhten<br />

Wertgrenzprodukt entlohnt wird. Um ihn<br />

von einem Unternehmenswechsel abzuhalten,<br />

muss er ihn aber höher entlohnen als sein<br />

Wertgrenzprodukt in anderen Unternehmen<br />

(aufgrund seiner allgemein verwertbaren<br />

Qualifikation) ist. Obwohl der Unternehmer<br />

investiert, muss der Ertrag „irgendwie“ zwischen<br />

beiden Parteien geteilt werden (unter<br />

der Nebenbedingung, dass die Refinanzierung<br />

realisiert wird). Für eine Konkretisierung des<br />

„irgendwie“ bietet die Marktanalyse<br />

keine Orientierung. An dieser Stelle<br />

reicht die Theorie der Eigentumsrechte<br />

und des Arbeitsvertrags weiter.<br />

(vgl. Pütz 2003: 309f.; Wagner/ Jahn<br />

2004).<br />

Seite 37


Heuristik Institutionenökonomische<br />

des Systemwandels<br />

Erweiterungen<br />

Am Gütermarkt wird zumeist eine Ware<br />

gegen Geld getauscht. 17 Darüber, was am<br />

Arbeitsmarkt getauscht wird, gibt es jedoch<br />

Kontroversen. Will man im neoklassischen<br />

Modell bleiben, so sieht man den Tausch von<br />

Lohn gegen eine Arbeitsdienstleistung. Mit<br />

jeder Anweisung an den Arbeitnehmer wird<br />

implizit ein neues Tauschverhältnis begründet.<br />

Der Arbeitnehmer könnte die Anweisung ja<br />

ablehnen. 18 Grundsätzlich gilt diese neoklassische<br />

Argumentation unabhängig vom Grad<br />

der Qualifizierung des Arbeitnehmers.<br />

Der Gegenstandpunkt besagt, dass bei einer<br />

üblichen Ware im (mündlichen oder schriftlichen)<br />

Kaufvertrag gegen einen Preis nicht nur<br />

die Ware, sondern die Eigentumsrechte an der<br />

Ware übertragen werden, d.h. z.B. die Rechte,<br />

die Ware zu konsumieren, zu gebrauchen, zu<br />

verändern, zu verschenken, zu verleihen oder<br />

weiterzuverkaufen. 19 Am Arbeitsmarkt aber<br />

bleibt die Arbeitskraft zwangsläufig beim Verkäufer<br />

und in der letzten Entscheidungsgewalt<br />

des Verkäufers. Das gilt auch für jegliche Qualifizierung<br />

des Arbeitnehmers, unabhängig<br />

davon, wer sie finanziert. Zwischen Unternehmer<br />

und Arbeitnehmer kann vertraglich nur<br />

geregelt werden, dass der Unternehmer einen<br />

bestimmten Lohn pro Zeitraum bezahlt und<br />

der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum seine<br />

Arbeitskraft nach Anweisung des Unternehmers<br />

für diesen einsetzt. Das Tätigkeitsspektrum<br />

wird in der Regel nur grob<br />

umrissen, so dass einerseits die An-<br />

Seite 38 forderungen beschrieben sind, denen<br />

der Arbeitnehmer entsprechen muss,<br />

und andererseits dem Unternehmer<br />

die Flexibilität gesichert ist, auf veränderte<br />

betriebliche Anforderungen, Markt- und<br />

Rahmenbedingungen zu reagieren.<br />

Die Besonderheit am Arbeitsmarkt besteht<br />

also darin, dass die Arbeitskraft, das Leistungspotenzial,<br />

weiterhin dem Verkäufer gehört<br />

und dass Arbeitnehmer und Unternehmer<br />

prinzipiell unterschiedliche Interessen in der<br />

Ausfüllung des Arbeitsvertrags haben. Der<br />

Unternehmer will die Arbeitskraft möglichst<br />

intensiv und flexibel nutzen, der Arbeitnehmer<br />

will sie nach Möglichkeit schonen und seine<br />

Eigeninteressen in der Zeitverwendung wahren.<br />

Das Problem des Arbeitsvertrags besteht<br />

darin, dass es sich nicht um einen einmaligen<br />

Tausch handelt, sondern dass fortwährend<br />

gesichert werden muss, dass der Arbeitnehmer<br />

seinen vertraglichen Verpflichtungen auch<br />

wirklich nachkommt und nicht etwa durch<br />

Bummeln, fehlerhaftes Arbeiten, vorgetäuschte<br />

Arbeitsamkeit usw. dem Unternehmer seinen<br />

Anteil am Tauschprozess teilweise vorenthält<br />

(Marsden 1999; Pütz 2003: 217ff.; Principal-<br />

Agent-Ansätze).<br />

Doch auch für die Arbeitnehmer ist der Arbeitsvertrag<br />

nicht unproblematisch. 20 Es liegt<br />

nicht im Interesse des Unternehmers, den<br />

Vertrag immer zu erfüllen (z.B. Verzicht auf<br />

kostenträchtige Maßnahmen der Arbeitssicherheit).<br />

Und innerhalb des Vertrags wird er<br />

versuchen, ihn im eigenen Interesse auszulegen,<br />

Leistungsstandards zu erhöhen, Überstunden,<br />

Schichtarbeit usw. zu fordern. Die Nichterfassung<br />

und der Verfall von Überstunden –<br />

insbesondere außerhalb der Fertigung – zeigt,<br />

dass je nach allgemeiner Arbeitsmarktsituation<br />

im Interesse des Unternehmers gegen die<br />

Arbeitsverträge verstoßen wird. So haben Ergänzungstarifverträge<br />

zugenommen, in denen<br />

die Belegschaft aus Sorge um die Arbeitsplätze<br />

auf Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld, auf vereinbarte<br />

Zulagen oder auf Guthaben auf den


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

Arbeitszeitkonten verzichtet. Da der Wechsel<br />

des Arbeitnehmers in andere Unternehmen in<br />

stark ungleichgewichtigen oder segmentierten<br />

Märkten nur schwer möglich ist, kann er der<br />

„Erpressung“ kaum ausweichen.<br />

Beide Arbeitsmarkt-Parteien müssen sich<br />

ständig selbst und gegenseitig versichern, dass<br />

sie sich noch im Rahmen des Arbeitsvertrags<br />

befinden, der von beiden Seiten akzeptiert ist.<br />

Dies geschieht nicht ohne Konflikte, etwa bei<br />

technischen oder organisatorischen Veränderungen,<br />

bei der Änderung von Arbeitsbedingungen,<br />

bei der Anordnung von Überstunden,<br />

bei Zielvereinbarungen usw. Die Konflikte<br />

können jedoch nicht über den Marktpreismechanismus,<br />

sondern nur über Verhandlungen,<br />

Vereinbarungen, vertragliche Nachbesserungen<br />

usw. geregelt werden. Im Streitfall werden auch<br />

externe Schlichter und Richter eingeschaltet,<br />

für die Marktmechanismen ebenfalls keine<br />

Kriterien darstellen (sollten). In der konkreten<br />

Umsetzung des Arbeitsvertrags muss der<br />

Marktmechanismus durch weitere soziale Beziehungen<br />

ergänzt werden.<br />

In unserem Fall der betriebsspezifischen Qualifizierung<br />

kann die Regelung der jeweiligen<br />

Interessenkonflikte durch eine individuelle<br />

Vereinbarung erfolgen oder eine betriebliche,<br />

die das Problem für mehrere Fälle im Unternehmen<br />

nach einheitlichen Vorgaben regelt.<br />

Dabei werden Interessenvertretungen (Betriebsrat,<br />

Personalrat) von den Beschäftigten<br />

beauftragt, in ihrem Interesse mit dem Unternehmen<br />

Vereinbarungen auszuhandeln. Die<br />

Interessenvertretung wird auch darauf achten,<br />

dass es keine individuellen Vereinbarungen<br />

gibt, die den kollektiven widersprechen. Und<br />

sie wird sicherstellen wollen, dass die Vereinbarungen<br />

eingehalten werden. Auch hier kann<br />

es zu unterschiedlichen Auffassungen wegen<br />

unterschiedlicher Interessen kommen, die<br />

ggfs. zu Arbeitskämpfen führen: Unternehmer<br />

können damit drohen, Betriebe zu verkleinern,<br />

zu schließen, zu verlagern und das im Falle<br />

der Nicht-Einigung auch tun. Arbeitnehmer<br />

können die Arbeit niederlegen, um ihren Forderungen<br />

Nachdruck zu verleihen. Auch für<br />

solche Auseinandersetzungen sind regelnde<br />

Institutionen geschaffen (z.B. Arbeitsrecht),<br />

die die Rückkehr in den gemeinsamen Konsens<br />

des Arbeitsvertrags erleichtern.<br />

Für die allgemein verwertbaren Qualifikationen<br />

stellt sich das Problem nach Becker<br />

einfacher dar. Wir haben aber gezeigt, dass<br />

die Lösung über den Markt nicht eindeutig ist<br />

und die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten<br />

gesellschaftlich unterschiedlich zu bewerten<br />

sind. Was auf der individuellen Ebene als Lösung<br />

akzeptabel ist, kann auf der gesellschaftlichen<br />

Ebene zu Problemen führen, wenn die<br />

individuellen Entscheidungsprozesse zu einem<br />

mangelhaften gesellschaftlichen Qualifikationsniveau<br />

führen. Auch an dieser Stelle muss<br />

der Marktmechanismus durch Institutionen<br />

ergänzt bzw. ersetzt werden. In Deutschland<br />

gehört dazu das duale Ausbildungssystem.<br />

Auch hierbei spielt die Besonderheit des<br />

Arbeitsmarktes und der Eigentumsrechte an<br />

der Arbeitskraft eine Rolle. Denn wären die<br />

Rechte – wie häufig am Gütermarkt –<br />

vollständig übertragbar, könnten<br />

die Unternehmer in Qualifizierung<br />

Seite 39<br />

investieren ohne die Abwanderung<br />

der Arbeitskräfte fürchten zu müssen.<br />

Der Unternehmer kann den Arbeitnehmer<br />

aber nicht versklaven, um seine Investition<br />

zu sichern. Und selbst dann müsste er ihm


Heuristik Institutionenökonomische<br />

des Systemwandels<br />

Erweiterungen<br />

noch seinen Willen kundtun und aufzwingen,<br />

um den gewünschten Ertrag zu erhalten. Bei<br />

Sachinvestitionen dagegen besitzt der Investor<br />

das Investitionsgut ganz und gar, kann also<br />

über seine Verwendung frei entscheiden. 21<br />

Das mögliche Auseinanderfallen von Investor<br />

und Eigentümer in der beruflichen Aus- und<br />

Weiterbildung hat Becker als Problem (potentielles<br />

Investitionshemmnis) erkannt und<br />

zutreffend beschrieben. In der Lösung des<br />

Problems ist er aber nicht über den Marktmechanismus<br />

hinausgegangen. Das ist insbesondere<br />

bei Vorliegen von externen Effekten und<br />

weiteren Koordinations- und Transaktionskosten<br />

zu wenig.<br />

Externe Effekte<br />

Im einfachen neoklassischen Modell wird davon<br />

ausgegangen, dass beim Kauf bzw. Verkauf<br />

eines Gutes die Produktionskosten bzw. der<br />

Nutzen aus dem Produkt mit dem Kaufpreis<br />

vollkommen kompensiert sind. Es gibt nur die<br />

Interaktion zwischen Käufer und Verkäufer;<br />

andere Akteure sind nicht von deren Nutzen<br />

oder Kosten betroffen, also ausgeschlossen.<br />

Apfel gegen Geld, Haarschnitt gegen Geld –<br />

damit ist die Sache erledigt.<br />

Allerdings gibt es auch Situationen, in denen<br />

die Sache nicht so einfach ist. Eine Reihe<br />

solcher Beispiele sind auch im neoklassischen<br />

Modell integriert. Bringt<br />

Seite 40 z.B. ein Unternehmer ein neues technisches<br />

Verfahren zum Einsatz, mit<br />

dem er kostengünstiger produziert,<br />

so zieht er zusätzliche Nachfrage auf sich und<br />

verdrängt andere Unternehmer, die mit ihrer<br />

Technologie nicht mehr konkurrenzfähig sind.<br />

Hier sind also Dritte betroffen, die nicht kompensiert<br />

werden. Dies wird im Modell (und<br />

meist auch in der Realität) billigend in Kauf<br />

genommen, solange es Ausdruck einer effizienten<br />

Allokation der Produktionsfaktoren ist.<br />

Diese Effekte werden als (pekuniäre) externe<br />

Effekte bezeichnet. 22<br />

Andere Beispiele, in denen Dritte betroffen<br />

sind, können die gesamtwirtschaftliche Effizienz<br />

mindern oder auch erhöhen. Das geschieht,<br />

wenn Kosten oder Erträge außerhalb<br />

der Tauschparteien und des Markts auftreten,<br />

die bei der Allokation der Ressourcen nicht<br />

berücksichtigt werden. 23 Das gilt sowohl für<br />

negative als auch für positive externe Effekte.<br />

Sie sind dann relevant, wenn mit nicht-einkalkulierten<br />

Schäden oder dem Nutzen Dritter<br />

eine Verminderung der gesamtwirtschaftlichen<br />

Effizienz verbunden ist. Negative externe<br />

Effekte führen dazu, dass die Kosten der<br />

Produktion unterschätzt werden und deshalb<br />

zu viel von dem Gut produziert wird. Positive<br />

externe Effekte führen umgekehrt dazu, dass<br />

die Erträge aus der Produktion eines Gutes<br />

unterbewertet oder nicht ausreichend privatisiert<br />

werden können und deshalb zu wenig<br />

von dem Gut produziert wird. Aufgrund von<br />

Nicht-Ausschließbarkeiten sind die Preise<br />

verzerrt; und die Orientierung der Akteure an<br />

diesen Preisen führt zu Ineffizienz. Externe<br />

Effekte bedeuten deshalb immer ein Versagen<br />

des Markts (vgl. Fritsch/ Wein/ Ewers 2007:<br />

89ff.).<br />

Ein Unternehmer hat prinzipiell Interesse,<br />

Kosten zu externalisieren und möglichst alle<br />

Erträge zu internalisieren. Bezogen auf unser<br />

Thema heißt das: Er hat prinzipiell Interesse,<br />

sich einerseits die Erträge einer Humankapi-


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

talinvestition möglichst vollständig anzueignen,<br />

andererseits erforderliche Kosten möglichst auf<br />

andere abzuwälzen. Dies ist eine andere Formulierung<br />

des oben dargestellten Problems:<br />

Ein Investor in Qualifizierung will die Erträge<br />

internalisieren. Kann er das nicht sicherstellen,<br />

unterlässt er die Investition. Umgekehrt führt<br />

die Gewinn- bzw. Nutzenmaximierung dazu,<br />

dass für den Nutznießer einer Qualifikation ein<br />

Anreiz besteht, die Kosten der Qualifizierung<br />

auf andere zu übertragen.<br />

Damit sind wir über die umfassendere Theorie<br />

externer Effekte wieder bei der These Beckers<br />

angelangt, dass Arbeitgeber kein Interesse an<br />

Investitionen in allgemeines Humankapital<br />

haben können. Es handelt sich um eine präziser<br />

formulierte Kollektivgutproblematik,<br />

bei der sich die Beitragszahler zurückhalten,<br />

weil sie die (rivalisierenden) Trittbrettfahrer<br />

nicht ausschließen können (vgl. Olson 1965;<br />

Mankiw 2004: 245f.). Es stellt sich die Frage,<br />

ob zusätzlich zu den oben schon behandelten<br />

Konstellationen zwischen Unternehmer und<br />

Arbeitnehmer weitere Effekte bei der Qualifizierung<br />

nicht internalisiert werden, so dass von<br />

Marktversagen ausgegangen werden muss. Mit<br />

einem Themenfeld skizzieren wir die Relevanz<br />

von externen Effekten.<br />

In der Debatte um „industrial districts“ und<br />

Wirtschaftscluster spielt die Qualifizierung<br />

am Arbeitsmarkt eine wichtige Rolle. Zwar ist<br />

diese Diskussion um positive externe Effekte<br />

(Lokalisations- und Urbanisationsvorteile)<br />

stark management- und technologieorientiert<br />

(Marshall 1920; Richardson 1969; Harrison<br />

1992). Es gibt aber auch die Argumentation,<br />

dass die Qualifikationen der Arbeitnehmer<br />

innerhalb eines Clusters für technische Entwicklung,<br />

Technologietransfer, Spezialisierungseffekte<br />

etc. unverzichtbar sind (Piore/<br />

Sabel 1984; Biehler et al. 2001, 2003) und<br />

die Standortqualität einer Region wie eines<br />

Landes nicht zuletzt von der Qualität des<br />

Arbeitsangebots abhängt (Mieth/ Genosko<br />

1982). Im Wettbewerb der Regionen wie der<br />

Länder kommt demnach dem Qualifikationsspektrum<br />

und -niveau des Arbeitsmarkts<br />

große Bedeutung zu. Das bezieht sich nicht<br />

nur auf das noch freie Angebot an Arbeitskräften,<br />

sondern auch auf die Beschäftigten,<br />

die über Fluktuation für alle Unternehmen<br />

das Potenzial zu Effizienzsteigerungen verkörpern.<br />

Über die einzelwirtschaftliche Rentabilität<br />

einer Investition in Qualifizierung<br />

hinaus (wer auch immer sie trägt) wird mit<br />

Qualifizierung das Reservoir an produktiven<br />

Arbeitskräften und damit das Entwicklungspotenzial<br />

aller Unternehmen der Region oder<br />

des Landes gesteigert. Nicht zuletzt ist dabei<br />

von Bedeutung, dass dieses Angebot prinzipiell<br />

sofort verfügbar ist und nicht bei Bedarf<br />

erst langwierig durch Bildungsmaßnahmen<br />

geschaffen werden muss. 24 Umgekehrt bietet<br />

ein solcher Arbeitsmarkt auch für qualifizierte<br />

Arbeitnehmer Vorteile, weil sie hier zwischen<br />

vielen Arbeitsmöglichkeiten bei vielen Unternehmen<br />

wählen können.<br />

Diese Funktion des Arbeitsmarkts spielt für<br />

die einzelnen Qualifizierungsentscheidungen<br />

zumeist keine Rolle. 25 Die positiven<br />

Wirkungen sind für jedes Unternehmen<br />

und für jeden Arbeitnehmer<br />

Seite 41<br />

lediglich potenziell, vielleicht sogar<br />

unwahrscheinlich, jedenfalls mit Unsicherheit<br />

behaftet und deshalb ein Investitionshindernis.<br />

In Bezug auf gesamtwirtschaftliche<br />

Größen wie die Arbeitsmarktqualität


Heuristik Institutionenökonomische<br />

des Systemwandels<br />

Erweiterungen<br />

kann der Marktmechanismus – anders als im<br />

neoklassischen Grundmodell behauptet – die<br />

Einzelentscheidungen der Akteure nicht effizient<br />

koordinieren. Es sind marktergänzende<br />

Steuerungsmechanismen erforderlich, die<br />

das ausreichende Angebot an qualifizierten<br />

Arbeitskräften im Netzwerk sicherstellen, um<br />

gesamtwirtschaftlich positive Ergebnisse zu<br />

erzeugen.<br />

Transaktionskostenansätze<br />

„Transaktionskosten“ als schillernder Grundbegriff<br />

der Neuen Institutionenökonomik<br />

nimmt diverse Aspekte der anderen<br />

Ansätze in sich auf. Es lässt sich hierbei<br />

alles als Transaktionskosten bezeichnen,<br />

was nicht im eigentlichen neoklassischen<br />

Tauschgeschäft aufgeht – Ware (Nutzen<br />

von A) gegen Geld (Nutzen von B) –,<br />

sondern zusätzlich an spezifischem Aufwand<br />

zur Vorbereitung, Durchsetzung oder<br />

Absicherung der gewünschten Transaktion<br />

anfällt (vgl. Coase 1937; Williamson 1996;<br />

Pütz 2003: 98ff.). Was alles an Umständen<br />

wirksam werden kann, wird von den einzelnen<br />

Theorieansätzen ausgearbeitet. Der<br />

Aufwand, diese vielfältigen Umstände – im<br />

Markt – zu bewältigen, lässt sich übergreifend<br />

als Transaktionskosten begreifen.<br />

Hierein fällt auch die Durchsetzung von<br />

Eigentumsrechten und Verträgen,<br />

die Vermeidung von Unsicherheiten<br />

Seite 42 und die Internalisierung von externen<br />

Effekten. Die spezifischen<br />

Aufwendungen hierfür müssen stets<br />

mitbedacht sein, bevor man sich auf den Handel<br />

mit anderen (Egoisten) einlassen kann.<br />

Zur Sicherung von Eigentumsrechen und<br />

Verträgen muss man bspw. noch Anwalts- und<br />

Justizkosten einkalkulieren. Zur Bewältigung<br />

von Unsicherheit muss man Informations-,<br />

Mess- und Kontrollkosten auf sich nehmen.<br />

Damit die Kontrolle eines Handelspartners<br />

wirkt, müssen ggfs. entsprechende Sanktionskosten<br />

eingeplant werden. Zur Internalisierung<br />

bzw. Vermeidung von (positiven) externen<br />

Effekten muss in spezifische Technologien<br />

investiert werden, die die Ausschließbarkeit<br />

sicherstellen – z.B. Zäune (vgl. Demsetz 1967).<br />

Es ist mitunter sehr kostenintensiv, seinen<br />

Gewinn zu privatisieren oder einen Schaden<br />

dem Verursacher aufzubürden. 26 Sofern diese<br />

zusätzlichen Kosten die Differenz zum Nutzen<br />

einer Transaktion übersteigen, droht die<br />

vollständige Unterlassung von Geschäften, Investitionen<br />

und Austausch: also Marktversagen<br />

durch prohibitiv hohe Transaktionskosten.<br />

Als sunk-costs sind die notwendigen Aufwendungen<br />

zumeist transaktionsspezifisch, also<br />

außerhalb der speziellen Verwendung nutzlos<br />

(Grad der Faktorspezifität). Investiert ein<br />

Arbeitnehmer in spezifische Qualifikationen<br />

oder ein Arbeitgeber in spezifische Personen,<br />

so sind diese Aufwendungen beim Wechsel<br />

vergeblich und für den Investor entwertet. Im<br />

Rahmen solcher dennoch getätigter Abwahlhürden<br />

spielen sich dann auch Machtkämpfe<br />

um die Rentenverteilung bei Tauschgeschäften<br />

ab. Rationale Investoren sind bis zur Höhe ihrer<br />

Austrittskosten „ausbeutbar“ (hold up). In<br />

Erwartung dessen lassen sich Akteure weniger<br />

auf derartige, kostenträchtige Abhängigkeiten<br />

ein (Williamson 1985, 1996).<br />

Die Vorsicht im Investitions- und Bindungsverhalten<br />

mündet in der Principal-Agent-Problematik.<br />

Hier werden v.a. die Informations-,


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

Mess- und Kontrollkosten thematisiert, die<br />

Arbeitgeber bezüglich angestellter Arbeitnehmer<br />

auf sich nehmen müssen (vgl. Erlei/<br />

Leske/ Sauerland 2007: 69ff.; Pütz 2003:<br />

217ff.). Dabei wird nochmals das Problem<br />

zwischen Humankapital-Investor (Principal)<br />

und Arbeitskraft-Eigentümer (Agent) verschärft,<br />

wonach der Investor keine wirkliche<br />

Kontrolle darüber hat, was „seine“ Investition<br />

auch innerhalb seiner Unternehmung tut. Es<br />

besteht also nicht nur die Gefahr, dass das<br />

Humankapital den Investor verlässt, sondern<br />

sich auch trotz Verbleib in einer formalen Vertragsverpflichtung<br />

nicht amortisiert. Denn der<br />

Arbeitnehmer verfolgt primär seine eigenen<br />

Interessen – die eigene Schonung am Arbeitsplatz<br />

(Vermeidung von Arbeitsleid). Sofern der<br />

Arbeitgeber dieses Verhalten nicht kontrollieren<br />

– und dadurch sanktionieren – kann, ist er<br />

umso weniger daran interessiert, in fremdes<br />

Humankapital zu investieren, gleichgültig ob<br />

allgemein oder spezifisch. Diese Informationsunsicherheit<br />

verstärkt damit die Tendenz<br />

zu mangelnden Humankapitalinvestitionen in<br />

Höhe der zur Unsicherheitsbewältigung anfallenden<br />

‚versunkenen‘ Transaktionskosten. 27<br />

Auch die Abstimmung von Investitionsstrategien<br />

lässt sich nicht über einfache Marktprinzipien<br />

gewährleisten. Vielmehr bedarf es faktorspezifisch<br />

koordinierter Schritte. Unterstellt<br />

man bspw. eine begrenzte Substitutionalität, 28<br />

dann sind für den Einsatz einer bestimmten<br />

Technologie passende Qualifikationen einer relativ<br />

engen Bandbreite erforderlich. Das bringt<br />

die Entscheidung über eine Qualifizierung in<br />

engen Zusammenhang mit technologischen<br />

(oder auch organisatorischen) Veränderungen.<br />

Der Unternehmer kann sich für eine neue<br />

Technologie nicht unabhängig davon entscheiden,<br />

ob auch die für ihren Einsatz erforderlichen<br />

Qualifikationen erworben werden. Ist<br />

die erforderliche Qualifikation weder im Unternehmen<br />

noch am Arbeitsmarkt vorhanden,<br />

so kann die Technologie nur in Verbindung<br />

mit Qualifizierungsmaßnahmen eingeführt<br />

werden.<br />

Die Entscheidungen für Sachkapitalinvestition<br />

und Humankapitalinvestition sind somit<br />

voneinander nicht unabhängig. Es bedarf der<br />

Koordination beider Entscheidungen und<br />

Entscheidungsträger, und zwar nicht nur in<br />

der gleichen Richtung (Investition oder nicht)<br />

sondern auch in der Zeit bei möglicherweise<br />

unterschiedlichem Zeitbedarf. So kann etwa<br />

eine Standard-Produktionsanlage relativ<br />

schnell gekauft und installiert werden, während<br />

die dafür erforderliche Qualifizierung<br />

wesentlich länger dauern kann. Die rationale<br />

Anpassung an irgendwelche Marktpreise kann<br />

die zukunftsorientierten Investitionsentscheidungen<br />

unabhängiger Akteure in diesem Fall<br />

nicht gewährleisten. Das bedeutet, dass für<br />

einen effizienten Einsatz von Ressourcen die<br />

Entscheidungsträger der Produktionsfaktoren<br />

(Sach- und Humankapital) ex ante und langfristorientiert<br />

koordiniert werden müssen.<br />

Als letzter, eher sozialwissenschaftlich eingebrachter<br />

Punkt der hemmenden Umstände<br />

sei hier die Befähigung zu einer Transaktion<br />

und Investition thematisiert. Schon<br />

die Humankapitalinvestition selbst<br />

ist ein Schritt zur Befähigung für den<br />

Seite 43<br />

eigentlichen Zweck des Handels mit<br />

qualifizierten Produkten. Ziel der<br />

Investition ist es also, lohnenden Marktzutritt<br />

zu erhalten. Problematisch ist hierbei, dass<br />

Finanzkapital eine vorausgehende Marktzu-


Heuristik Institutionenökonomische<br />

des Systemwandels<br />

Erweiterungen<br />

trittsbarriere für Humankapitalinvestitionen<br />

bildet. Während die Ökonomie normalerweise<br />

nur feststellt, wer unter welchen Bedingungen<br />

die Investition einer Finanzierung tragen<br />

muss, thematisiert sie nicht, ob derjenige dazu<br />

auch in der Lage ist. Dies ist u.a. von seiner<br />

finanziellen Ausstattung und von seiner Kreditwürdigkeit<br />

abhängig.<br />

In der Neoklassik ist die „Ausgangsverteilung“<br />

an Vermögen kein Untersuchungsgegenstand.<br />

Notfalls können die Marktteilnehmer Geld<br />

leihen, um Güter – wie eine zusätzliche<br />

Qualifizierung – zu erwerben. Tatsächlich<br />

sind aber bei sehr ungleicher Vermögens- und<br />

Einkommensverteilung die Fähigkeit und die<br />

Bereitschaft zur Investition in Humankapital<br />

zwischen den Marktteilnehmern sehr ungleich<br />

verteilt. Bei Arbeitnehmern scheitert<br />

die Kreditfinanzierung für eine (unsichere)<br />

Zukunftsinvestition meist an fehlenden Sicherheiten<br />

für den Kreditgeber. Man kann hier<br />

von Marktversagen in dem Sinn sprechen, dass<br />

Marktteilnehmer ohne ausreichende Vermögensausstattung<br />

am (Geld- und Ausbildungs-)<br />

Markt nicht zum Zuge kommen. Es ist deshalb<br />

zu erwarten, dass die Personen mit den<br />

geringsten Einkommen und dem geringsten<br />

Vermögen am wenigsten in ihre Qualifizierung<br />

investieren können, unabhängig davon, ob sie<br />

es wollen oder rational tun sollten. Ferner ist<br />

für Geringverdiener und Geringvermögende<br />

die Höhe der Investitionssumme und<br />

des damit verbundenen Risikos rela-<br />

Seite 44 tiv bedeutender als für Großverdiener<br />

und Vermögende, so dass sie – auch<br />

wenn sie rein rechnerisch dazu in der<br />

Lage wären – die Investition eher scheuen.<br />

Führt man Unsicherheit und Risiko in die<br />

Modelle ein, so ergeben sich weitere Einschränkungen<br />

für die Investitionsbereitschaft<br />

durch abhängig Beschäftigte: Je höher die<br />

Unsicherheit über die künftige Verwertung<br />

der Qualifikation ist, desto eher schlägt sich<br />

eine geringe Vermögensbasis im Verzicht auf<br />

eine Investition nieder. Und je schlechter die<br />

Vermögenslage ist, desto mehr werden Verwertungsrisiken<br />

gescheut. Beiden Faktoren<br />

dürfte ein hoher Erklärungswert für geringere<br />

Bildungsinvestitionen der einkommensschwächeren<br />

Schichten zukommen. Wenn wegen<br />

unzureichendem Vermögen Humankapitalinvestitionen<br />

unterbleiben, diese aber für andere<br />

Marktteilnehmer und für die Gesellschaft<br />

wichtig wären, so kann die Hemmung nur über<br />

außermarktliche Regelungen aufgelöst werden:<br />

Also bspw. über öffentliche Bildungskredite<br />

und/ oder öffentliche Bildungsprogramme<br />

(Kollektivgüter) jenseits des Marktes.<br />

4.2. Ma r k t n a h e Lö s u n g s a n s ä t z e?<br />

Die vorangestellten Analysen zu Eigentumsrechten,<br />

externen Effekten und Transaktionskosten<br />

untermauern die These des Marktversagens<br />

v.a. bei allgemeinen beruflichen<br />

Qualifikationen. Beispielhaft untersuchen<br />

Alewell sowie Franz und Soskice dagegen<br />

Bedingungen, unter denen Arbeitgeber oder<br />

Arbeitnehmer solche Investitionen dennoch zu<br />

tätigen bereit sind.<br />

Rechtliche Vertragsbindung<br />

Alewell (1997, Alewell/ Koller 2003) teilt die<br />

Annahme, dass Arbeitnehmer ressourcenärmer<br />

und risikoaverser sind als Arbeitgeber. Daher ist


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

es notwendig und sinnvoll, dass Unternehmen<br />

als Investoren und Kreditgeber einspringen,<br />

womit wiederum das Problem auftritt, dass<br />

kalkulierende Unternehmen keine Kosten für<br />

einen transferierbaren Nutzen zu tragen bereit<br />

sind, den (nicht-investierende) Trittbrettfahrer<br />

und Konkurrenten günstiger oder kostenlos<br />

haben könnten. Alewell untersucht hierfür das<br />

vertragsrechtliche Instrument von Rückzahlungsklauseln<br />

bei Verlassen des Unternehmens –<br />

in Bezug auf Weiterbildungsinvestitionen.<br />

Solche Verträge können eine effiziente betriebliche<br />

Lösung im gegenseitigen Interesse<br />

darstellen. Die Unternehmen übernehmen die<br />

Finanzierung unter der rechtlich verbürgten<br />

Verpflichtung, dass das Humankapital seinem<br />

Investor treu bleibt, dass also geförderte Arbeitnehmer<br />

das Unternehmen nicht verlassen<br />

dürfen und sich die Investition amortisieren<br />

kann. Die Arbeitnehmer gehen solche Verträge<br />

ein, falls ein Teil des Investitionsgewinns auch<br />

ihnen zufällt.<br />

Mit diesem Ansatz wird auf privatrechtliche<br />

Verträge als Ergänzung zum Marktmechanismus<br />

zurückgegriffen. Vertragsbindungen<br />

können die Marktlösung verbessern und die<br />

Problematik der allgemeinen Investitionen<br />

dadurch entschärfen, dass sie diese – rechtstechnisch<br />

– zu einer spezifischen Investition<br />

abwandeln. Da das Rechtssystem und die Bindungsklauseln<br />

selbst aber auch diversen Problemen<br />

unterliegen, ist das Qualifikationsproblem<br />

im Markt damit nicht pauschal gelöst:<br />

- Einmal ist es rechtsethisch nicht möglich,<br />

alle Eigentumsrechte am Humankapital zu<br />

legitimieren, denn dadurch wird die grundgesetzlich<br />

gesicherte Vertragsfreiheit und<br />

Freizügigkeit der abhängig Beschäftigten<br />

eingeschränkt. Dies gilt insbesondere für<br />

die Bindung von Auszubildenden. So<br />

entfallen Bindungsklauseln, die dem Investor<br />

absolute Verfügungsgewalt über<br />

seine Investitionsobjekte (andere Personen)<br />

garantieren; selbst wenn dies effizienztheoretisch<br />

notwendig wäre, also mehr investiert<br />

würde.<br />

- Zum anderen führt schon die generelle Zukunftsunsicherheit<br />

dazu, dass langfristige<br />

Verträge nicht exakt für alle Eventualitäten<br />

spezifiziert werden können, sondern offen<br />

für abweichendes Handeln bleiben müssen.<br />

Dies öffnet aber das Einfallstor in die<br />

Unsicherheitsproblematik (Fehlkalkulation,<br />

Opportunismus). Falls die Investoren die<br />

zukünftigen Umstände von Umwelt und<br />

Arbeitern nicht kontrollieren können, halten<br />

sie sich mit riskanten Ausgaben zurück. 29<br />

Untrennbarkeit und Unsicherheit<br />

Franz und Soskice (1994) untersuchen das<br />

Humankapital-Investitionsverhalten von Unternehmen<br />

anhand der deutschen dualen Berufsausbildung,<br />

die zertifizierte und allgemein<br />

verwertbare Qualifikationen vermittelt. Sie<br />

stellen zunächst als nicht selbsterklärlich fest,<br />

dass Unternehmen überhaupt ausbilden und<br />

dafür auch noch Kosten in Kauf nehmen, 30<br />

die in der Industrie während einer dreijährigen<br />

Lehre im Durchschnitt etwa 8 bis 9<br />

Monatsgehälter eines Facharbeiters<br />

betragen; und das, obwohl die Auszu-<br />

Seite 45<br />

bildenden nach abgeschlossener Lehre<br />

mit einem allgemein anerkannten<br />

Prüfungszertifikat frei sind, das Unternehmen<br />

zu verlassen und anderswo zu arbeiten. Arbeitgeberinvestitionen<br />

in Ausbildung stehen


Heuristik Institutionenökonomische<br />

des Systemwandels<br />

Erweiterungen<br />

im Gegensatz zu den Annahmen von Becker,<br />

wonach nur Arbeitnehmer ein Interesse an<br />

allgemein verwertbaren Qualifikationen haben<br />

können.<br />

Franz und Soskice unterscheiden – trotz formal<br />

gleicher Ausbildungssysteme – zwischen<br />

Industrie und Handwerk. Für das Handwerk<br />

ermitteln sie überschlägig keine Kosten oder<br />

sogar Erträge der betrieblichen Berufsausbildung<br />

für die Unternehmen. Dies ist nach ihrer<br />

Argumentation nicht zuletzt dem Umstand<br />

geschuldet, dass Auszubildende dort direkt<br />

im Produktionsprozess eingesetzt werden und<br />

von Anfang an sonst erforderliche einfache<br />

Arbeiter („Handlanger“) ersetzen. Ihre Produktivität<br />

ist bereits während der Ausbildung<br />

relativ hoch. Für diesen Bereich treffen die<br />

Thesen Beckers also tatsächlich zu. Für die<br />

Industrie aber bleiben nach Überzeugung der<br />

Autoren Netto-Kosten der Ausbildung bei den<br />

Unternehmen. Franz und Soskice suchen nach<br />

einer Erklärung dafür, weshalb Industrieunternehmen<br />

trotz hoher Kosten in allgemein<br />

verwertbaren Berufen ausbilden. Sie führen<br />

dazu nacheinander zwei Argumente ein.<br />

Ausgangspunkt der Überlegungen ist, dass<br />

ein Arbeitnehmer für seine Arbeit in einem<br />

Unternehmen in der Regel sowohl allgemein<br />

verwertbare als auch betriebsspezifische Qualifikationen<br />

benötigt. Unternehmen stehen vor<br />

der Entscheidung, entweder selbst<br />

Facharbeiter auszubilden und ihnen<br />

Seite 46 auch die nötigen betriebsspezifischen<br />

Qualifikationen zu vermitteln, oder<br />

aber vom Arbeitsmarkt Facharbeiter<br />

zu rekrutieren und diese dann mit betriebsspezifischen<br />

Qualifikationen auf den eigenen<br />

Bedarf anzupassen. Das Argument von Franz<br />

und Soskice besagt, dass es kostengünstiger<br />

sei, die erste Alternative zu wählen. Sie begründen<br />

das damit, dass in der Lehrzeit zwar<br />

ein verpflichtendes Ausbildungsprogramm<br />

zu durchlaufen ist, dass damit aber nur ein<br />

Minimumstandard vorgegeben ist, mit dem<br />

weithin verwertbare Qualifikationen erworben<br />

werden. Industriebetriebe würden darüber hinaus<br />

weitere Qualifikationen vermitteln, nicht<br />

zuletzt auch notwendige betriebsspezifische<br />

Qualifikationen.<br />

Während der Vermittlung der betriebsspezifischen<br />

Qualifikationen ist die Entlohnung für<br />

die Auszubildenden deutlich niedriger als für<br />

Facharbeiter, die nur zum vollen Facharbeiterlohn<br />

vom Arbeitsmarkt geholt werden können.<br />

Voll einsatzfähig ist ein extern ausgebildeter<br />

Facharbeiter aber erst, wenn er zu seinen<br />

allgemeinen Fachkompetenzen auch die erforderlichen<br />

betriebsspezifischen Kenntnisse über<br />

Produkte, Prozesse, Organisation und Technologie<br />

erworben hat. In letzter Konsequenz<br />

bedeutet das, dass allgemeine fachliche Qualifikationen<br />

und betriebsspezifische Qualifikationen<br />

komplementär und praktisch untrennbar<br />

sind. 31 Die betriebsspezifischen Kenntnisse<br />

sind Voraussetzung dafür, dass die allgemein<br />

verwertbaren fachlichen Qualifikationen im<br />

Unternehmen voll wirksam werden können.<br />

Und die Vermittlung von betriebsspezifischen<br />

Qualifikationen ist für das Unternehmen bei<br />

Auszubildenden wegen ihrer relativ geringen<br />

Entlohnung kostengünstiger als bei Facharbeitern,<br />

die zum marktgängigen Facharbeiterlohn<br />

bezahlt werden, wegen der fehlenden betriebsspezifischen<br />

Qualifikationsbestandteile aber<br />

noch nicht die verlangte Produktivität haben.


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

Indem Franz und Soskice die von Becker vorgenommene<br />

idealtypische Trennung zwischen<br />

allgemein verwertbaren und betriebsspezifischen<br />

Qualifikationen aufheben, können sie<br />

erklären, weshalb es nicht zu Ausbildungsverweigerung<br />

der Unternehmer bei allgemein<br />

verwertbaren Qualifikationen kommt. Und sie<br />

können plausibel machen, dass Unternehmer<br />

dann in diese Ausbildung sogar noch investieren,<br />

wenn betriebsspezifische Qualifikationen<br />

für sie von Bedeutung sind. „It seems to us<br />

therefore that, at least in principle, the interplay<br />

of general and company-specific skills and the<br />

relative cheapness of teaching specific skills simultaneously<br />

with general skills to apprentices<br />

may alter the balance of calculations away from<br />

Becker’s conclusions.” 32<br />

In einem zweiten, v.a. den Screening-Ansätzen<br />

der Principal-Agent-Theory folgenden Argument<br />

setzen Franz und Soskice die Annahme<br />

des Becker’schen Modells außer Kraft, wonach<br />

vollständige Information vorliege (vgl. zzgl.<br />

Williamson 1985; Alewell 1994; Jensen/<br />

Meckling 1976; Pütz 2003: 127f, 233ff.). Im<br />

Gegenteil unterstellen sie asymmetrische Informationen<br />

insofern, als zwar die Arbeitnehmer<br />

ihre Leistungsfähigkeit und -bereitschaft<br />

einschätzen können, nicht aber die Unternehmer<br />

über die Qualität der Arbeitskraft voll<br />

informiert sind. In Zertifikaten (Schulzeugnis,<br />

Facharbeiterbrief ) wird nur die fachliche Leistungsfähigkeit<br />

dokumentiert. Andere wichtige<br />

Qualitätskriterien wie Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewusstsein,<br />

Arbeitsleistung sind<br />

darin nicht ausreichend erkennbar. Während<br />

der Ausbildung im Betrieb kann das Unternehmen<br />

diese Informationen gewinnen und<br />

anschließend die besten Auszubildenden nach<br />

abgeschlossener Lehre übernehmen.<br />

In dem Maß, in welchem sich auch andere<br />

Unternehmen so verhalten, ist es wahrscheinlich,<br />

auf dem externen Markt im Durchschnitt<br />

nur die schlechteren Facharbeiter zu<br />

bekommen. Umgekehrt ist es für Facharbeiter<br />

nicht leicht, nach der abgeschlossenen Lehre<br />

das Unternehmen zu wechseln, weil die Unternehmer<br />

sich zunächst aus ihren eigenen<br />

(guten) Auszubildenden bedienen und von<br />

Unternehmenswechslern eher Qualitätseinschränkungen<br />

erwarten. 33 Dies wiederum<br />

ist für den Unternehmer eine gewisse Rückversicherung,<br />

dass die Arbeitskraft nach der<br />

Ausbildung im Unternehmen verbleibt. Je<br />

niedriger die Fluktuation der Auszubildenden<br />

nach abgeschlossener Lehre ist, desto höher<br />

ist die Wahrscheinlichkeit, vom externen Arbeitsmarkt<br />

Facharbeiter mit geringerer Produktivität<br />

zu erhalten und umso höher ist die<br />

Neigung der Unternehmen, selbst auszubilden<br />

und dafür Kosten zu tragen (vgl. zzgl. Alewell<br />

1997: 142f.).<br />

Mit beiden Argumenten werden von Franz<br />

und Soskice Begründungen dafür geliefert,<br />

dass Unternehmer – anders als bei Becker – in<br />

allgemein verwertbare Qualifizierung investieren.<br />

Wo dessen analytische Trennung zwischen<br />

spezifischen und allgemeinen Investitionen einen<br />

Fortschritt in der Problemerkennung darstellt,<br />

liegt eine Lösung darin, dass die Investitionsarten<br />

praktisch nicht klar trennbar sind.<br />

Und wo Informationsunsicherheit<br />

über opportunistische Absichten das<br />

Grundproblem ausmacht, kann die<br />

Seite 47<br />

langfristige Bindung aneinander den<br />

beidseitig günstigsten Weg darstellen,<br />

um diese Unsicherheit, bzw. ihre Mess- und<br />

Kontrollkosten, zu reduzieren. Es ergibt sich<br />

hiernach kein Bedarf an marktergänzenden


Heuristik Institutionenökonomische<br />

des Systemwandels<br />

Erweiterungen<br />

Seite 48<br />

Organisationsmechanismen. Damit werden<br />

die oben vorgetragenen Vorbehalte gegen das<br />

Beckersche Modell reduziert. 34<br />

Die Relevanz von Institutionen<br />

Betrachtet man allerdings die Rolle von Institutionen<br />

in den Überlegungen von Franz und<br />

Soskice, so kann man zu anderen Schlussfolgerungen<br />

kommen. Die Autoren setzen – da<br />

es um die Ausbildung in Deutschland geht –<br />

die Institutionen des deutschen Arbeitsmarkts<br />

voraus und beziehen sich v.a. auf den Kündigungsschutz<br />

(allgemein und speziell während<br />

der Ausbildungszeit) und die Lohnfindung<br />

(Lohntarifverträge, Betriebsvereinbarungen<br />

zum Entgelt). Grundsätzlich halten sie dies<br />

für restriktive Rahmenbedingungen. Allerdings<br />

kommt es in der Kombination mit der<br />

ebenfalls als problematisch beurteilten mangelnden<br />

Information überraschend zu einem<br />

„positiven“ Ergebnis („good result“; Franz/<br />

Soskice 1994: 18), das besser sei als unter den<br />

„guten“ Bedingungen vollkommener Information<br />

und deregulierter Arbeitsmärkte: „Inside<br />

information and restrictive labour market rules<br />

produce a better outcome than full information<br />

and deregulated labour markets“ (ebd., 18).<br />

Letztlich sind bei gegebenen asymmetrischen<br />

Informationen Institutionen wie Tarifverträge,<br />

Gewerkschaften und Betriebsräte der Grund<br />

dafür, dass in Deutschland Unternehmen<br />

mehr und anders ausbilden als in den<br />

Vereinigten Staaten. Wie es zu diesen<br />

Institutionen kommt, wird nicht<br />

erörtert.<br />

Nachdem die Argumentation von Franz<br />

und Soskice zunächst darauf hinausläuft, die<br />

Bedenken gegen die Problemlösungskraft<br />

des Marktmechanismus zu zerstreuen, wird<br />

mit dem Vergleich Deutschland-USA doch<br />

noch die Bedeutung von (marktergänzenden)<br />

Institutionen hervorgehoben. Dieser scheinbare<br />

Widerspruch lässt sich dadurch auflösen,<br />

dass Franz und Soskice in ihrem Modell zu<br />

mehreren Gleichgewichten kommen. Nun<br />

mag dahingestellt bleiben, wie die einzelnen<br />

Gleichgewichtspunkte aus gesellschaftlicher<br />

Sicht bewertet werden. Festzuhalten bleibt<br />

jedoch, dass es Gleichgewichte mit mehr oder<br />

weniger Ausbildung in allgemein verwertbare<br />

Qualifikationen gibt. Eine Entscheidung für<br />

mehr Ausbildung hat die Bedeutung von Institutionen<br />

zu würdigen.<br />

Vor dem Hintergrund unserer Kritik an Becker<br />

sowie der Ausführungen zu den Eigentumsrechten<br />

und externen Effekten müssen wir<br />

die Reichweite der Argumentation von Franz<br />

und Soskice relativieren. Die Entscheidung<br />

darüber, ob man in Deutschland ausbildet oder<br />

nicht, fällt vor dem Hintergrund eines historisch<br />

gewachsenen neo-korporativen System<br />

der industriellen Beziehungen, aber auch der<br />

dualen Berufsausbildung. In letzterem spielen<br />

nicht-marktliche Koordinationsmechanismen<br />

und staatliche Investitionen eine große Rolle:<br />

Erstens übernimmt der Staat vollständig die<br />

Kosten der schulischen Ausbildung in Berufsschulen,<br />

zweitens werden über umfangreiche<br />

und zeitraubende Konflikt-Konsens-Prozesse<br />

zwischen Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften,<br />

Kammern und dem Staat Ausbildungs-<br />

und Prüfungsinhalte normiert und<br />

so eine gewisse Standardisierung festgelegt,<br />

drittens werden für die Administration dieses<br />

Systems staatliche Einrichtungen vorgehalten<br />

(Greinert 1997). Vor diesem Hintergrund sind<br />

dann die Argumente von Franz und Soskice


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

eher als Beleg für die sozialwissenschaftlich<br />

institutionalistische These zu lesen, dass das<br />

deutsche neo-korporative Arrangement in<br />

besonderer Weise Investitionen in allgemeines<br />

Humankapital ermöglicht.<br />

Seite 49


Heuristik Zusammenfassung des Systemwandels und<br />

Schlussfolgerungen<br />

Seite 50<br />

5<br />

Zu s a m m e n fa s s u n g u n d Sc h l u s s-<br />

f o l g e r u n g e n<br />

In der Bundesrepublik besteht ein weitgehender<br />

Konsens über die Bedeutung<br />

beruflicher Aus- und Weiterbildung<br />

für die wirtschaftliche Entwicklung in einer<br />

globalisierten und flexibilisierten Ökonomie,<br />

aber auch darüber, dass Defizite bestehen. Die<br />

Vorschläge für die Lösung des Problems gehen<br />

auseinander. Dahinter stehen unterschiedliche<br />

Interessen, aber auch theoretische Ansätze zum<br />

Verhältnis von Markt und Staat (bzw. gesellschaftlichen<br />

Institutionen) in der Bildungspolitik.<br />

Ziel dieses Aufsatzes war es, einschlägige<br />

Literatur zum Verhältnis von Markt und Staat<br />

in der Aus- und Weiterbildung zu sichten und<br />

zu kommentieren.<br />

Befunde der sozialwissenschaftlich institutionalistischen<br />

Ansätze<br />

Die sozialwissenschaftlichen institutionalistischen<br />

Ansätze gehen davon aus, dass Qualifikationsprobleme<br />

in der beruflichen Bildung<br />

nicht alleine über Einzelinteressen von Arbeitnehmern<br />

oder Arbeitgebern zu bewältigen sind,<br />

sondern dass vielmehr kollektive Instanzen<br />

in das Marktgeschehen eingreifen müssen,<br />

wenn die Probleme gelöst werden sollen. Eine<br />

Grundlage für diesen Ansatz bilden eine Reihe<br />

von empirischen Untersuchungen und theoretischen<br />

Analysen über den Zusammenhang<br />

von Bildungs- und Beschäftigungssystemen<br />

in verschiedenen Ländern, deren Basis bereits<br />

in den 1970er Jahren gelegt wurde. Die heute<br />

noch diskutierte Großhypothese lautet, dass<br />

bei marktnahen betrieblichen und begrenzten<br />

staatlichen Systemen der beruflichen Bildung<br />

relative Unterinvestitionen in Humankapital<br />

zu erwarten sind, dass sich die betrieblichen<br />

Arbeitsorganisationen durch vertiefte Arbeitsteilung,<br />

Dequalifizierung und Hierarchisierung


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

dieser Situation anpassen und dass hieraus<br />

Produktivitätsverluste im internationalen<br />

Wettbewerb resultieren können.<br />

Die sozialwissenschaftliche Arbeitsmarktforschung<br />

hat diese Befunde aufgegriffen und<br />

konstatiert als Folge der Unterinvestition in<br />

allgemeines Humankapital starke interne<br />

Arbeitsmärkte für betriebsspezifische Qualifikationen<br />

und starke sekundäre Segmente<br />

für geringqualifizierte und gering entlohnte<br />

Tätigkeiten. Die Ergebnisse aus dem deutschfranzösischen<br />

Vergleich der 1970er Jahre und<br />

ihre segmentationstheoretische Interpretation<br />

haben eine mittlerweile vier Jahrzehnte<br />

währende Forschungslinie in Gang gesetzt.<br />

Die Folgestudien haben zu einer vielfachen<br />

Relativierung der alten Befunde, nicht jedoch<br />

zu einer Widerlegung der Thesen geführt und<br />

werden nach wie vor international diskutiert.<br />

In der theoretischen Interpretation dieser<br />

Befunde haben die sozialwissenschaftlichen<br />

Arbeitsmarkt- und Bildungsforscher immer<br />

gerne – selektiv – auf die neoklassische Humankapitaltheorie<br />

Beckers und später auf die<br />

Neue Institutionenökonomie zurückgegriffen.<br />

Das Ergebnis dieser hochselektiven Übersetzung<br />

wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse<br />

läuft in verschiedenen Variationen immer<br />

wieder auf dieselben Thesen hinaus. Im Einklang<br />

mit Becker wird für allgemein verwertbares<br />

Humankapital ein Kollektivgutproblem<br />

für Arbeitgeber konstatiert: Diese haben kein<br />

Interesse an Investitionen in Qualifikationen,<br />

die bei Abwanderung anderen Betrieben zur<br />

Verfügung stehen. Im Gegensatz zu Becker<br />

nimmt man aber an, dass die abhängig Beschäftigten<br />

nicht über die finanziellen Ressourcen<br />

und Sicherheiten verfügen, um die für<br />

marktgängiges Humankapital notwendigen<br />

Qualifizierungsprozesse zu finanzieren. Auch<br />

für betriebsspezifische Qualifikationen werden<br />

Probleme konstatiert. Als Folge daraus ergeben<br />

sich pessimistische Schlussfolgerungen<br />

für marktnahe Ansätze der Berufsbildungspolitik.<br />

Die Befunde der wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Theorien<br />

Im Zentrum unserer Sichtung der wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Literatur stand die Frage,<br />

ob die selektive soziologische Kritik den Kern<br />

der neoklassischen und neueren Ansätze der<br />

Ökonomik trifft und ob nicht doch marktliche<br />

Strukturen für eine ausreichende Steuerung<br />

der Investitionen für Aus- und Weiterbildung<br />

sorgen. Ausgangspunkt unserer Überlegungen<br />

ist die orthodoxe Neoklassik und einige ihrer<br />

Erweiterungen. Hierzu rechnen wir auch noch<br />

Beckers Humankapitaltheorie. Obwohl es sich<br />

hierbei um Modelle mit stark vereinfachenden<br />

Annahmen handelt, haben eine Vielzahl an<br />

Autoren aus den Basismodellen Erklärungen<br />

und normative Programme abgeleitet. Diese<br />

Autoren argumentieren für eine effiziente<br />

Organisation beruflicher Bildung durch den<br />

Markt. So geht Becker davon aus, dass die<br />

abhängig Beschäftigten ein Interesse an allgemeinen<br />

und die Beschäftiger ein Interesse an<br />

betriebsspezifischen Qualifikationen haben –<br />

und dies auch umsetzen können.<br />

Unsere Diskussion der Argumente<br />

zeigt systematische Grenzen der or-<br />

Seite 51<br />

thodoxen Ansätze auf. Begründet ist<br />

das erstens modell-immanent, insofern<br />

schon eine einfache Differenzierung des<br />

Faktors Arbeit und die daraus resultierende<br />

Investitionsnotwendigkeit in Humankapital


Heuristik Zusammenfassung des Systemwandels und<br />

Schlussfolgerungen<br />

zu Situationen ohne eindeutige Lösung durch<br />

den Markt führen. Offensichtlich werden<br />

ergänzende Organisationsmechanismen erforderlich.<br />

Betont sei, dass nicht Eingriffe in den<br />

Markt zu Marktversagen führen, sondern dass<br />

die Nutzenmaximierung der Marktteilnehmer<br />

und die Wirkung des Marktmechanismus<br />

kein gesamtwirtschaftlich optimales oder<br />

effizientes Ergebnis der Verteilung und der<br />

Allokation von Ressourcen ergeben.<br />

Ferner wird mit dem hohen Abstraktionsgrad<br />

des neoklassischen Modells zwar formale<br />

Exaktheit möglich, die dazu nötigen Annahmen<br />

verhindern jedoch einen über die enge<br />

Partialbetrachtung hinaus gehenden Bezug<br />

zur Realität. Empfehlungen auf Grundlage<br />

dieses Modells bleiben im nicht aussagekräftigen<br />

Bereich einer marktisolierten Nebenwelt<br />

gefangen. Transaktionskosten und Institutionen,<br />

die die reale Welt (notwendig) prägen,<br />

werden in der neoklassischen Theorie in die<br />

Rahmenbedingungen verbannt und damit von<br />

Analysen grundsätzlich ausgeschlossen. In Bezug<br />

auf die Frage nach dem Marktversagen bei<br />

der beruflichen Bildung sind daher folgende<br />

Kritikpunkte am neoklassischen Basis-Modell<br />

hervorzuheben:<br />

- Die Entscheidungen der einzelnen Akteure<br />

(Eigentümer von Sach- und Humankapital)<br />

sind – anders als im neoklassischen<br />

Modell – voneinander abhängig.<br />

Beide Produktionsfaktoren werden<br />

Seite 52 im Produktionsprozess benötigt.<br />

Die Abhängigkeit führt zu nicht<br />

bloß adaptiv lösbaren Koordinationsproblemen<br />

und zu Unsicherheit über<br />

die Erträge von Ausbildungsinvestitionen.<br />

Dies kann Investitionen in Humankapital<br />

blockieren.<br />

- Die Investitionszyklen von Sach- und<br />

Humankapital differieren und divergieren.<br />

Die Forderung nach lebenslangem Lernen<br />

unterstützt z.B. den Versuch, das langlebige<br />

Humankapital den immer kürzer werdenden<br />

Modernisierungszyklen des Sachkapitals<br />

anzupassen, kann das Problem aber nicht<br />

beseitigen.<br />

- Die in der Neoklassik nicht thematisierte<br />

Einkommens- und Vermögensverteilung<br />

kann Ursache für die Unterlassung von Investitionen<br />

in Humankapital sein.<br />

Die neue Institutionenökonomik geht auf<br />

der Basis der Grundmodelle weit über die<br />

orthodoxe Neoklassik hinaus, indem sie Schritt<br />

für Schritt die vereinfachenden Annahmen<br />

der Basismodelle aufgibt und realistischere<br />

Bedingungen einführt. Die Ansätze zu<br />

Eigentumsrechten und externen Effekten<br />

untermauern das Kollektivgutproblem beim<br />

Humankapital. Weil die Eigentumsrechte an<br />

der Arbeitskraft beim Arbeitnehmer bleiben,<br />

besteht immer Abwanderungsgefahr, was zu<br />

Einschränkungen der betrieblichen Investitionen<br />

in Aus- und Weiterbildung führen kann.<br />

Ansätze zu Transaktionskosten und Principal-<br />

Agent-Problemen tragen weitere Hemmnisse<br />

der Investitionsbereitschaft zusammen.<br />

Die zur Gegenposition diskutierten Autoren<br />

Alewell, Soskice und Franz kommen in Bezug<br />

auf unsere Fragestellung zu ambivalenten<br />

Aussagen. Sie beziehen Informationsprobleme<br />

und Institutionen ausdrücklich in die Untersuchung<br />

ein und konstatieren, dass unter<br />

bestimmten (institutionellen) Bedingungen


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

Qualifikationsprobleme durch Marktakteure<br />

zu lösen sind. Informationsunsicherheit führt<br />

teilweise zu gegenseitigen Schließungstendenzen,<br />

hemmt also das opportunistische<br />

Abwandern. Rechtlich garantierte Verträge<br />

können ähnliches gewährleisten, indem sie<br />

das – vorab definierte – opportunistische<br />

Verhalten per Strafe unterbinden. Ebenso<br />

erlaubt die Annahme der Untrennbarkeit von<br />

allgemeinen und spezifischen Qualifikationen<br />

mehr Investitionsverhalten, als nach Beckers<br />

analytischer Trennung zu erwarten ist.<br />

Beide vorgestellten Ansätze verweisen aber<br />

in je spezifischer Weise auf institutionelle<br />

Voraussetzungen und Grenzen einer marktnahen<br />

Lösung des Qualifikationsproblems.<br />

Sie bestätigen damit zumindest teilweise die<br />

Argumente der oben vorgestellten sozialwissenschaftlichen<br />

Ansätze, denen zufolge starke<br />

und exogen gesetzte Institutionen notwendig<br />

sind, um Qualifikationsprobleme im Sinne<br />

der Individuen, der Unternehmen und der<br />

Gesellschaft insgesamt zu lösen.<br />

Schlussfolgerungen und offene Fragen<br />

Welches sind nun die normativen Konsequenzen<br />

unserer notwendigerweise selektiven<br />

Literaturübersicht? Wie gezeigt, kann es nicht<br />

darum gehen, den Marktmechanismus in<br />

der beruflichen Bildung zu verdammen. Das<br />

Problem besteht vielmehr darin, eine sinnvolle<br />

Kombination von Markt, Staat und intermediären<br />

Institutionen zu finden. Erforderlich ist<br />

eine Rückbesinnung darauf, dass die Welt nur<br />

zu einem geringen – wenn auch sehr wichtigen<br />

– Teil über Marktmechanismen organisiert<br />

wird. Daneben gibt es zahlreiche andere Institutionen<br />

(auch der Markt selbst ist real eine<br />

hoch voraussetzungsvolle Institution), die das<br />

Leben und auch das Wirtschaftsgeschehen<br />

teilweise stärker bestimmen. Und erforderlich<br />

ist die Feststellung, dass marktfremde Institutionen<br />

nicht per se Freiheit und Effizienz<br />

tötende Organisationsmechanismen sind,<br />

sondern teilweise die Existenz von Märkten<br />

erst ermöglichen, Marktversagen kompensieren<br />

und Märkte ersetzen können, wo diese zu<br />

nicht gesellschaftlich erwünschten Ergebnissen<br />

führen.<br />

Eine weitere Konsequenz ist es, in der Entwicklung<br />

und Veränderung von Institutionen<br />

der Berufs- und Weiterbildung die Herausforderungen<br />

auf europäischer, nationaler und regionaler<br />

Ebene anzunehmen und die Kollektivinteressen,<br />

vermittelt über die Verbände der<br />

Arbeitnehmer und Arbeitgeber, einzubeziehen.<br />

Waren in der kurzen Nachkriegsphase des Fordismus<br />

die Interessen von Arbeitnehmern und<br />

Arbeitgebern zu einem allgemein akzeptierten<br />

und institutionell abgesicherten Ausgleich gekommen,<br />

so müssen die Interessengegensätze<br />

nach den vergangenen (und in den laufenden)<br />

Restrukturierungen neu austariert werden,<br />

wenn es zu einer weiterhin funktionsfähigen<br />

Berufsbildung kommen soll. Ohne Zweifel<br />

sind mit dem strukturellen Wandel der letzten<br />

Jahrzehnte in Unternehmen, Betriebsprozessen<br />

und Tätigkeiten auch die Strukturen<br />

unseres Berufs- und Weiterbildungssystems<br />

reformbedürftig geworden. Die Debatte um<br />

die Orientierung am Berufs- oder am<br />

Kompetenzkonzept ist nicht nur –<br />

das sollte die Sonderstellung des Ar-<br />

Seite 53<br />

beitsvertrags deutlich machen – unter<br />

Aspekten der Funktionsfähigkeit,<br />

sondern auch unter Aspekten der Interessen<br />

und Interessengegensätze zu sehen.


Heuristik Zusammenfassung des Systemwandels und<br />

Schlussfolgerungen<br />

Eine eher wissenschaftliche Konsequenz<br />

dieser Befunde ist, sich weiter mit den Institutionen<br />

der Aus- und Weiterbildung auseinanderzusetzen<br />

und sie mit ökonomischen und<br />

soziologischen Instrumentarien zu analysieren.<br />

Dabei kann man an die Neue Institutionenökonomie<br />

anschließen, die Institutionen aus<br />

Einzelinteressen der Marktakteure zu erklären<br />

versucht. Wie gezeigt, reicht dies aber nicht<br />

aus: Alter und neuer Institutionalismus in<br />

Ökonomie und Soziologie brauchen eine neue<br />

und fruchtbare Verbindung.<br />

Seite 54


Hermann Biehler Holtmann & Christoph Köhler<br />

En d n o t e n<br />

1<br />

Um den Begriff „Humankapital“ gibt es heftige und emotional<br />

beladene Auseinandersetzungen. Vor einigen Jahren wurde er zum<br />

Unwort des Jahres gekürt. Entscheidend ist nach unserer Ansicht,<br />

wie und in welchem Zusammenhang der Begriff gebraucht wird.<br />

Hier dient er als analytische Kategorie und bezeichnet die damit<br />

verbundenen Investitionskosten und Erträge, ihre Verteilung, die<br />

Amortisation, und die potenzielle Entwertung der erworbenen<br />

Qualifikationen.<br />

2<br />

Stellvertretend für andere: Arbeitsgruppe Wirtschaftspolitik,<br />

Memorandum 2006, Kurzfassung: 10.<br />

9<br />

Es ist zwar eine Vereinfachung, zwischen Qualifizierungen<br />

zur Erwerbstätigkeit und anderen Qualifizierungen (Bildung,<br />

Hobby, Freizeit) zu unterscheiden. Damit wird die Argumentation<br />

der traditionellen Ökonomie aber deutlicher.<br />

10<br />

Der Einfachheit halber negieren wir an dieser Stelle auch noch<br />

die eigentlich erforderliche Abzinsung der Erträge. Sie ändert<br />

nichts an der Argumentationslinie. Wenn man abzinsen wollte,<br />

müsste man auch die Zeitpräferenzrate, den Kapitalmarktzins<br />

sowie nominale und reale Größen unterscheiden und ihre<br />

Variabilität diskutieren. Und man müsste diskutieren, ob es<br />

rentierlicher ist, in die Qualifizierung oder in Kapitalanlagen<br />

zu investieren.<br />

3<br />

Vgl. Lutz u.a. 2007.<br />

4<br />

Continuing Vocational Training Survey; diese Erhebung über<br />

die berufliche Weiterbildung in Unternehmen findet im Auftrag<br />

und mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Kommission<br />

in allen 27 europäischen Mitgliedstaaten sowie Norwegen<br />

statt. Die Gegenposition formulieren hier Bosch u.a. (2007).<br />

11<br />

Zwischen diesen Idealtypen von Qualifikation liegen solche,<br />

die nicht überall, aber in mehreren Unternehmen genutzt werden<br />

können, etwa die Qualifikationen eines Elektrikers. Wir<br />

schließen Mischtypen aus unserer Argumentation aus.<br />

12<br />

Für den Arbeitnehmer ist damit (im Gleichgewicht) kein<br />

Nachteil verbunden.<br />

5<br />

Die ökonomischen Theorien wurden in den letzten Jahrzehnten<br />

weiterentwickelt und ausdifferenziert. Die neoklassische Schule<br />

hat mit der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie einen Höhepunkt<br />

erreicht, der als Bezugspunkt der herrschenden, markt-orientierten<br />

Theoriebildung gelten kann. Verschiedene Kritikpunkte<br />

an dieser Theorie wurden in die weitere Theorieentwicklung und<br />

Modellbildung mit aufgenommen und haben zu eigenen Teildisziplinen<br />

geführt, etwa die Neue Wachstumsökonomie, die Umweltökonomie<br />

oder die Institutionenökonomie. Gemein ist ihnen<br />

allen, dass der Preismechanismus (der Markt) der entscheidende<br />

Organisationsmechanismus bleibt und den Analysen zugrunde<br />

liegt. Im Folgenden wird – vereinfachend – von neoklassischer<br />

Ökonomie oder Neoklassik gesprochen.<br />

6<br />

Das Maximum wird durch die Auswahl der für die jeweilige<br />

Faktorkombination besten/ effizienten Technik erreicht. Alle<br />

anderen möglichen Techniken sind nicht effizient.<br />

7<br />

In der „Neuen Wachstumstheorie“ werden technischer Fortschritt<br />

und Innovationen selbst zum Gegenstand der Analyse. Das<br />

ist als Reaktion auf die Kritik zu sehen, wonach der technische<br />

Fortschritt eben nicht „vom Himmel fällt“.<br />

8<br />

Neben Becker 1975 selbst finden sich klare Darstellungen bei<br />

Flieger 1999: 31f.; Sadowski 2002: 53f. und Pütz 2003: 65ff.<br />

13<br />

Die Investitionskosten enthalten auch den Einkommensverzicht<br />

während der Ausbildungszeit.<br />

14<br />

Die Diskontierung besagt, dass Erträge bzw. Kosten einer<br />

bestimmten Größe umso niedriger bewertet werden, je weiter<br />

sie in der Zukunft liegen.<br />

15<br />

Die Kosten des Staats blenden wir der Einfachheit halber aus.<br />

Nehmen wir – ganz neoklassisch – an, dass der Arbeitnehmer<br />

sich bei einem privaten Bildungsträger qualifiziert.<br />

16<br />

Sadowski (2002: 57) weist darauf hin, dass die Argumentation<br />

von betriebsspezifischen Qualifikationen auf andere<br />

Situationen übertragbar ist, in denen keine Abwanderung<br />

der Arbeitskräfte zu befürchten ist, etwa bei einem regionalen<br />

Monopson oder bei Nichtabwerbungsabkommen zwischen<br />

Unternehmen.<br />

17<br />

Die Zeitpunkte der Aushändigung der Ware<br />

und der Bezahlung können auf vielfältige Weise<br />

differieren. Dies ändert aber nicht prinzipiell die<br />

Übertragung der Verfügungsrechte an der Ware und<br />

am Geld.<br />

Seite 55


Heuristik Zusammenfassung des Systemwandels und<br />

Schlussfolgerungen<br />

18<br />

Der Arbeitnehmer wird aber bei Ablehnung des Vorschlags<br />

kaum auf eine andere Anweisung des Unternehmers, einen<br />

neuen Vorschlag, hoffen können. In der Regel bedeutet das die<br />

endgültige Beendigung aller Tauschbeziehungen (Kündigung).<br />

19<br />

Vgl. Frisch/ Wein/ Ewers 2007: 8: Usus, Ab Usus, Usus Fructus<br />

und/oder Weitertausch.<br />

20<br />

Dies wird in der Arbeitsvertragstheorie meist vernachlässigt<br />

(vgl. hierzu Marsden 1999).<br />

21<br />

Wir vernachlässigen hier, dass Eigentumsrechte auch am Gütermarkt<br />

durch eine Vielzahl von Ver- und Geboten beschränkt<br />

sein können.<br />

22<br />

Sie sind insofern jedoch als intern anzusehen, als sie innerhalb<br />

des Marktsystems wirken. Externe Effekte existieren auch bei<br />

anderen Organisationsmechanismen als dem Markt. Extern<br />

sind sie bezogen auf den jeweiligen Organisatonsmechanismus.<br />

(vgl. Weise et al. 1991: 333 ff.)<br />

29<br />

Gerner und Stegmaier (2008) unterscheiden – nach F. Knight –<br />

zwischen Risiko (bekannte Eintrittswahrscheinlichkeiten) und<br />

Unsicherheit (unbekannte Eintrittswahrscheinlichkeiten) und<br />

bilden objektive und subjektive Unsicherheitsindikatoren. Letztere<br />

beziehen sich im Wesentlichen auf unklare Erwartungen.<br />

30<br />

Netto-Kosten: Sie umfassen die Entlohnung der Auszubildenden,<br />

die Personalkosten für ihre betrieblichen Betreuer, Sachkosten<br />

(z.B. für evtl. Lehrwerkstätten) abzüglich der Leistung, die von<br />

den Auszubildenden erbracht wird. (Franz/ Soskice 1994: 10f.).<br />

Nahezu zeitgleich erscheint eine Untersuchung von Cramer/<br />

Müller (1994), die am Beispiel der AEG der Frage nachgehen,<br />

weshalb ein Unternehmen für allgemein verwertbare Qualifikationen<br />

mehr Geld ausgibt als der laufenden Produktivität der<br />

Auszubildenden entspricht (Ausführungen nach Helmes 1996:<br />

219). Sie kommen zu ähnlichen Ergebnissen wie Franz und<br />

Soskice.<br />

31<br />

Die ungewollten allgemeinen Qualifikationen sind damit<br />

notwendige Transaktionskosten der gewollten spezifischen<br />

Qualifikationen, die den eigentlich angestrebten Nutzen für den<br />

Investor darstellen.<br />

23<br />

In der Umweltökonomie und -politik finden sich zahllose<br />

Beispiele.<br />

24<br />

Vgl. die wiederkehrende Debatte um Fachkräftemangel.<br />

25<br />

Es gibt Berichte über meist kleinere „industrial districts“, in<br />

denen sich ein Verhaltenskodex (soziale Intsitution) zwischen<br />

Unternehmen herausbildet, wonach der regionale Arbeitsmarkt<br />

gemeinsam durch Ausbildung von Arbeitnehmern weiterentwickelt<br />

und genutzt wird. Vgl. z.B. Camagni (1993); Piore/<br />

Sabel (1984).<br />

32<br />

Ebd., S.17; zu einer ähnlichen Schlussfolgerung gelangt anhand<br />

einer Fallstudie Drexel (1997: 21 ff., 66 f.). Eingesparte Personalgewinnungskosten<br />

bei der Übernahme von Azubis belaufen<br />

sich danach im Durchschnitt auf 4.214 €. „Als wichtigster Kostenfaktor<br />

fallen hierbei mit 2.319 Euro die Kosten ins Gewicht,<br />

die durch Leistungsunterschiede zwischen einer neu eingestellten<br />

Fachkraft und einer im Betrieb ausgebildeten Fachkraft während<br />

der Einarbeitungszeit entstehen.“ (S.7) Ähnlich auch schon<br />

Beicht/ Walden/ Herget 2004.<br />

33<br />

Das Argument gebrauchte zum ersten Mal wohl Sadowski<br />

1980. Siehe auch Sadowski 2002: 61.<br />

Seite 56<br />

26<br />

Zur Vermeidung von negativen externen Effekten gilt das<br />

Gleiche für die Geschädigten, die ihre „Rechte“ gegenüber dem<br />

Verursacher unter Kostenaufwand durchsetzen müssen.<br />

27<br />

Also: [reale Investitionsbereitschaft] = [optimale<br />

Investitionsbereitschaft] – [Sicherungskosten].<br />

34<br />

Allerdings, darauf weisen Franz und Soskice hin, können ihre<br />

Hypothesen ökonometrisch nicht getestet werden, da es schwierig<br />

ist, betriebsspezifische Qualifikationen und die Effizienz der<br />

vom Arbeitsmarkt geholten Facharbeiter zu messen (Franz/<br />

Soskice 1994: 22).<br />

28<br />

Für den Unternehmer im neoklassischen Modell<br />

sind die Produktionsfaktoren noch vollkommen<br />

substituierbar: Arbeit gegen Kapital – damit auch qualifizierte<br />

gegen einfache Arbeit. Das entgegengesetzte Extrem geht von<br />

einer festen Komplementarität der Faktoren aus, wonach die<br />

Produktionsfaktoren in fixen Einsatzverhältnissen im Produktionsprozess<br />

verwendet werden.


Literatur<br />

Li t e r at u r<br />

Abraham, Martin/ Hinz, Thomas (2005): Arbeitsmarkttheorien.<br />

Probleme, Theorien, empirische Be-funde, Wiesbaden.<br />

Alchian, Armen/ Demsetz, Harold (1972): Production, information<br />

costs, and economic organization. American Economic<br />

Review 62/ 5: 777-795.<br />

Alewell, Dorothea (1994): Informationsasymmetrien in Arbeitsverhältnissen:<br />

ein Überblick über Anwendungsmöglichkeiten der<br />

Informationsökonomie in der Personalwirtschaftslehre, in: Zeitschrift<br />

für Betriebswirtschaft, Jg. 64-1994, Heft 1: 57-79.<br />

Baethge, Martin/ Solga, Heike/ Wieck, Markus (2007): Berufsbildung<br />

im Umbruch. Signale eines überfälligen Aufbruchs,<br />

Berlin (<strong>Friedrich</strong>-Ebert-Stiftung).<br />

Baethge, Martin/ Wieck, Markus (2008): Der mühsame Weg<br />

in die berufliche Bildung. Mitteilungen aus dem SOFI, Ausgabe<br />

4, 2. Jg.: 1-5.<br />

Barz, Heiner (Hrsg.)(2010): Handbuch Bildungsfinanzierung,<br />

Wiesbaden.<br />

Becker, Gary Stanley (1975 [1964]): Human Capital. 2. Auflage,<br />

New York.<br />

Alewell, Dorothea (1997): Die Finanzierung betrieblicher Weiterbildungsinvestitionen.<br />

Ökonomische und juristische Aspekte,<br />

Wiesbaden.<br />

Alewell, Dorothea/ Koller, Petra (2003): Der Einsatz von<br />

Rückzahlungsklauseln für Weiterbildungsmaßnahmen durch<br />

Unternehmen – Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, in:<br />

Zeitschrift für Personalforschung, Jg. 17-2003, Heft 1: 58-86.<br />

Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik (2006): Memorandum<br />

2006, Kurzfassung. http://www.memo.uni-bremen.de/<br />

docs/memo06-kurz.pdf<br />

Becker, Gary Stanley (1993): Familie, Gesellschaft und Politik<br />

– die ökonomische Perspektive, Tübingen.<br />

Behringer, Friederike/ Moraal, Dick/ Schönfeld, Gudrun<br />

(2008): Betriebliche Weiterbildung in Europa: Deutschland<br />

weiterhin nur im Mittelfeld. Aktuelle Ergebnisse aus CVTS3.<br />

In: BWP 1/2008: 9-14.<br />

Beicht, Ursula/ Walden, Günter/ Herget, Hermann (2004):<br />

Kosten und Nutzen der betrieblichen Berufsausbildung in<br />

Deutschland, = Berichte zur beruflichen Bildung, Bd. 264,<br />

Bielefeld (Bertelsmann).<br />

Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik (2007): Memorandum<br />

2007, Kurzfassung. http://www.memo.uni-bremen.de/<br />

docs/memo07-kurz-b.pdf<br />

Biehler, Hermann/ Genosko, Joachim/ Sargl, Manfred/ Sträter,<br />

Detlev (2003): Standort München. Medienwirtschaft und<br />

Fahrzeugbau, Marburg.<br />

Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2008): Bildung in<br />

Deutschland 2008. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer<br />

Analyse zu Übergängen im Anschluss an den Sekundarbereich I.<br />

Bielefeld (Bertelsmann). http://www.bildungsbericht.de/<br />

daten2008/bb_2008.pdf<br />

Bäcker, Gerhard u.a. (1998): Die Sackgassen der Zukunftskommission:<br />

Streitschrift wider die Kommission für Zukunftsfragen<br />

der Freistaaten Bayern und Sachsen, Schriftenreihe der Senatsverwaltung<br />

für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen Nr. 33,<br />

Berlin.<br />

Biehler, Hermann/ Pousinis, Andreas/ Rehberg, Frank/ Stöger,<br />

Ursula/ Sträter, Detlev (2001): Zukunft der Arbeit in<br />

München. Der Wandel der Erwerbsgesellschaft und seine ökonomischen,<br />

sozialen und räumlichen Auswirkungen<br />

in München. (= IMU-Informationsdienst 2/01),<br />

München.<br />

Biehler, Hermann (2011): Leiharbeit in Bayern.<br />

Unreguliert – Unterbezahlt – Unsicher, München.<br />

Seite 57


Literatur<br />

BMAS – Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.)<br />

2011: Fachkräftesicherung. Ziele und Maßnahmen der Bundesregierung,<br />

Berlin.<br />

Demszky, Alma/ Voß, Günter (2010): Beruf und Profession. In:<br />

Böhle, Fritz; Voß, Günter; Wachtler, Günther (Hrsg.): Handbuch<br />

Arbeitssoziologie, Wiesbaden: 751-804.<br />

Bosch, Gerhard (2010): Die Zukunft der dualen Berufsausbildung<br />

in Deutschland. In: Bosch/ Krone/ Langer (Hrsg.): Das<br />

Berufsbildungssystem in Deutschland: aktuelle Entwicklungen<br />

und Standpunkte, Wiesbaden: 37-61.<br />

Bosch, Gerhard/ Charest, Jean (2009): Vocational Training.<br />

International perspectives. New York.<br />

Bosch, Gerhard/ Haipeter, Thomas/ Latniak, Ernst/ Lehndorff,<br />

Steffen (2007): ‚Demontage oder Revitalisierung? Das deutsche<br />

Beschäftigungsmodell im Umbruch‘. In: Kölner Zeitschrift für<br />

Soziologie und Sozialpsychologie 59, Heft 2: 318-339.<br />

Brater, Michael (2010): Berufliche Bildung. In: In: Böhle,<br />

Fritz; Voß, Günter; Wachtler, Günther (Hrsg.): Handbuch<br />

Arbeitssoziologie, Wiesbaden, S. 805-840.<br />

Camagni, Roberto (1993): Inter-Firm Industrial Networks.<br />

The Costs and Benefits of Cooperative Behaviour. Journal of<br />

Industry Studies, vol. 1.<br />

Brockmann, Michaela/ Clarke, Linda/ Winch, Christopher<br />

(2011): Knowledge, Skills, and Competence in the European<br />

Labour Market. Routledge, Oxon.<br />

CHE, Centrum für Hochschulentwicklung (1998): Modell für<br />

einen Beitrag der Studierenden zur Finanzierung der Hochschulen<br />

(Studienbeitragsmodell), Essen/ Gütersloh. http://<br />

www.che.de/downloads/Stgebmod.pdf<br />

Coase, Ronald H. (1937): The Nature of the Firm, In: Economia,<br />

Vol. IV: 386-405.<br />

Deutschmann, Christoph (1990): Keinen Beruf erlernt - und<br />

doch sind Japaner Weltspitze, In: Die Weiterbildung, Juni/Juli<br />

1990: 19-23.<br />

Dionisius, Regina/ Pfeifer, Harald/ Schönfeld, Gudrun/ Walden,<br />

Günter/ Wenzelmann, Felix (2010): Kosten und Nutzen der<br />

dualen Ausbildung aus Sicht der Betriebe. Ergebnisse der vierten<br />

BIBB-Kosten-Nutzen-Erhebung, Bielefeld.<br />

Dohmen, Dieter (2000): Bildungsfinanzierung über Bildungskonten,<br />

Bildungsgutscheine und Bil-dungsdarlehen: Kosten einer<br />

Umstellung der Bildungsfinanzierung für Auszubildende, Eltern<br />

und Staat, Hans Böckler Stiftung, Arbeitspapier 23.<br />

Drexel, Ingrid (1980): Die Krise der Anlernung im Arbeitsprozess.<br />

In: Soziale Welt, Heft 3: 368-395.<br />

Drexel, Ingrid (1997): Neue Bildungsgänge zwischen Dualem<br />

System und Hochschule – eine Herausforderung für die Arbeitnehmervertretung,<br />

Düsseldorf.<br />

Drexel, Ingrid (2005): Die Alternative zum Konzept des Berufs:<br />

das Kompetenzkonzept – Intentionen und Folgeprobleme am<br />

Beispiel Frankreichs. In: Jacob, Marita/ Kupka, Peter (Hrsg.):<br />

Perspektiven des Berufskonzepts – Die Bedeutung des Berufs für<br />

Ausbildung und Arbeitsmarkt. = Beiträge zur Arbeitsmarkt- und<br />

Berufsforschung, Bd. 297: 39-53.<br />

Ehmann, Christoph (2003), Bildungsfinanzierung und soziale<br />

Gerechtigkeit. Vom Kindergarten bis zur Weiterbildung, Verlag<br />

Bertelsmann-Stiftung, Gütersloh.<br />

Seite 58<br />

Cramer, G./ Müller, K. (1994): Nutzen der betrieblichen<br />

Berufsausbildung, Köln.<br />

Europäischer Rat, Lissabon, 23. und 24. März 2000: Schlussfolgerungen<br />

des Vorsitzes.<br />

Demsetz, Harold (1967): Toward a Theory of Property Rights,<br />

in: American Economic Review 57: 347-359.<br />

Flieger, Wolfgang (1999): Effekte von Arbeitsmarktstrukturen<br />

und -institutionen auf die Formation von Humankapital,<br />

Regensburg.


Literatur<br />

Franz, Wolfgang (2006): Arbeitsökonomik. 6. Aufl., Berlin/<br />

Heidelberg.<br />

Franz, Wolfgang/ Soskice, David (1994): The German Apprenticeship<br />

System. Diskussionspapier 11/1994 des Center of<br />

International Labor Economics, Konstanz.<br />

Fritsch, Michael/ Wein, Thomas/ Ewers, Hans-J. (2007):<br />

Marktversagen und Wirtschaftspolitik. Mikroökonomische<br />

Grundlagen staatlichen Handelns, 7. Aufl., München.<br />

Jaich, Roman (2008): Gesellschaftliche Kosten eines zukunftsfähigen<br />

Bildungssystems, Gutachten im Auftrag der Hans-<br />

Böckler-Stiftung.<br />

Jensen, M.C./ Meckling, W.H. (1976): Theory of the firm: managerial<br />

behavior, agency costs and ownership structure, Journal<br />

of Financial Economics 3: 305-360.<br />

Kamaras, Endre (2003): Humankapital. Grund des Wachstums?<br />

Marburg.<br />

Gerner, Hans-Dieter/ Stegmaier, Jens (2008): Unsicherheit und<br />

betriebliche Weiterbildung: eine empirische Analyse der Weiterbildungsaktivität<br />

unter Unsicherheit in KMU und Großbetriebe,<br />

IAB Diskussionspapier 58, Nürnberg.<br />

Köhler, Christoph (1995): Arbeits- und Produktionssysteme im<br />

internationalen Vergleich – Deutschland, Spanien, Frankreich<br />

und Japan, In: Industrielle Beziehungen, Zeitschrift für Arbeit,<br />

Organisation und Management, Jg.2, Heft.3.<br />

Greinert, Wolf-Dietrich (1997): Das duale System der Berufsausbildung<br />

in der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart.<br />

Grünert, Holle (2010): Das Berufsbildungssystem in Ostdeutschland<br />

– eine Lerngelegenheit angesichts neuer Herausforderungen?<br />

In: DDS – Die deutsche Schule, 102. Jg. Heft 3: 237-254.<br />

Hall, Peter/ Soskice, David (2001): Varieties of capitalism,<br />

Oxford.<br />

Köhler, Christoph/ Goetzelt, Ina/ Schröder, Tim (2006): Good<br />

and bad External Labour Markets in Eastern and Western<br />

Europe – Concepts and comparative hypotheses, In: Köhler, C.<br />

u.a. (Hrsg.): Trends in employment stability and labour market<br />

segmentation. Current debates and findings in Eastern and<br />

Western Europe, <strong>SFB</strong>-Mitteilungen 16, <strong>Jena</strong>: 168-183.<br />

Köhler, Christoph/ Loudovici, Kai (Hrsg.)(2007): Beschäftigungssysteme,<br />

Unsicherheit und Erwerbsorientierungen. Theoretische<br />

und empirische Befunde, <strong>SFB</strong> <strong>580</strong> Heft 022, <strong>Jena</strong>.<br />

Harrison, Bennett (1992): Industrial Districts: Old Wine in<br />

New Bottles? In: Regional Studies, vol. 26.<br />

Heidemann, Winfried (2008): Paradigmenwandel im Ausbildungssystem.<br />

In: WSI Mitteilungen, Heft 4: 219-222.<br />

Konsortium Bildungsberichterstattung (2006): Bildung in<br />

Deutschland. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse<br />

zu Bildung und Migration, Bielefeld (Bertelsmann).<br />

Krol, Gerd-Jan/ Schmid, Alfons (2002): Volkswirtschaftslehre.<br />

Eine problemorientierte Einführung. (21. Aufl.), Stuttgart.<br />

Helmes, Jürgen (1996): Humankapital als Zielvariable<br />

staatlicher Wirtschaftspolitik. Versuch einer Rechtfertigung<br />

bildungspolitischer Eingriffe aus dem Blickwinkel der Finanzwissenschaften.<br />

Bergisch-Gladbach/ Köln.<br />

Hopf, Steffi (2010): Finanzierung von Humankapitalinvestitionen<br />

– Eine theoretische Analyse aus Sicht der Neuen<br />

Institutionenökonomik im Vergleich zur Humankapitaltheorie,<br />

Diplomarbeit FSU <strong>Jena</strong>, unveröffentl. Manuskript, <strong>Jena</strong>.<br />

Lutz, Burkart (1976): Bildungssystem und Beschäftigungsstruktur<br />

in Deutschland und in Frankreich<br />

– Zum Einfluss des Bildungssystems auf die<br />

Gestaltung betrieblicher Arbeitskräftestrukturen,<br />

In: Mendius, H.G. (Ed.): Betrieb – Arbeitsmarkt<br />

– Qualifikation, Frankfurt/Main/ München: 83-<br />

151.<br />

Seite 59


Literatur<br />

Lutz, Burkart (1987): Arbeitsmarktstruktur und betriebliche<br />

Arbeitskräftestrategie – eine theoretisch-historische Skizze zur<br />

Entstehung betriebszentrierter Arbeitsmarktsegmentation,<br />

Frankfurt/Main/ New York.<br />

Lutz, Burkart/ Grünert, Holle (2003): Beruflichkeit, das Risiko<br />

von Arbeitsmarkt-Mismatch und offene Fragen. <strong>SFB</strong> <strong>580</strong> Mitteilungen<br />

Nr. 13, Halle.<br />

Lutz, Burkart/ Köhler, Christoph/ Grünert, Holle/ Struck, Olaf<br />

(2007): The German model of labour market segmentation –<br />

tendencies of change, In: Michon, Francoise/ Petit, Heloise (eds.):<br />

Is the concept of labour market segmentation still accurate?<br />

Socio-Èconomie du Travail, No.4: 1057-1088.<br />

Lutz, Burkart/ Sengenberger, Werner (1974): Arbeitsmarktstrukturen<br />

und öffentliche Arbeitsmarktpolitik. Eine kritische<br />

Analyse von Zielen und Instrumenten, Göttingen.<br />

Lutz, Burkart; unter Mitwirkung von Grünert, Holle/ Ketzmerick,<br />

Thomas/ Wiekert/ Ingo (2010): Fachkräftemangel in<br />

Ostdeutschland. Konsequenzen für Beschäftigung und Interessenvertretung.<br />

= OBS-Arbeitsheft 65, Frankfurt/Main.<br />

Lutz, Burkhart/ Meil, Pamela/ Wiener, Bettina (2000):<br />

Industrielle Fachkräfte für das 21. Jahrhundert. Aufgaben und<br />

Perspektiven für die Produktion von morgen, München.<br />

Mankiw, N. Gregory (2004): Grundzüge der Volkswirtschaftslehre,<br />

3. Aufl., Stuttgart.<br />

Maurice, Marc/ Sellier, F./ Silvestre, J.J. (1984): The social<br />

foundations of industrial power – A comparison of France and<br />

Germany, Cambridge/Mass.<br />

Maurice, Marc/ Sorge, Arndt (Hrsg.) (2000): Embedding Organizations,<br />

Amsterdam/ Philadelphia.<br />

Mayer, Karl Ulrich (2000): Arbeit und Wissen: die Zukunft von<br />

Bildung und Beruf, In: Kocka, J./ Offe, C. (Hrsg.): Geschichte<br />

und Zukunft der Arbeit, Frankfurt/Main: 383-409.<br />

Mieth, Wolfram/ Joachim Genosko (1982): Qualitative Polarisierung<br />

der Regionen als Folge der räumlichen Selektion der Wanderung<br />

und der Arbeitsplätze. In: Akademie für Raumforschung<br />

und Landesplanung (Hrsg.): Qualität von Arbeitsmärkten und<br />

regionale Entwicklung. Forschungs- und Entwicklungsberichte,<br />

Bd. 143, Hannover.<br />

Möller, Iris/ Stegmaier, Jens unter Mitarbeit von Schöngen,<br />

Klaus (2008): Das Ausbildungsverhalten deutscher Betriebe<br />

2006. Ergebnisse des IAB-Betriebspanels, Nürnberg/ Bonn.<br />

Nestler, Katja/ Kailis, Emmanuel (2003): Arbeitszeitaufwand<br />

für betriebliche Weiterbildung in Europa. = Eurostat. Statistik<br />

kurz gefasst, Bevölkerung und soziale Bedingungen, Thema 3,<br />

1/2003.<br />

OECD; Keeley, Brian (2008): Humankapital. Wie Bildung<br />

unser Leben bestimmt. http://www.oecd-ilibrary.org/content/<br />

book/9789264047952-de<br />

Marsden, David (1999): A Theory of Employment Systems.<br />

Micro-Foundations of Societal Diversity. Oxford.<br />

Olson, Mancur (2004 [1965]): Die Logik des kollektiven Handelns:<br />

Kollektivgüter und die Theorie der Gruppen, Tübingen.<br />

Seite 60<br />

Marsden, David (2007): Labour market segmentation<br />

in Britain: the decline of occupational bour<br />

markets and the spread of “entry tournaments”.<br />

In: Michon, Francoise/ Petit, Heloise (eds.): Is the<br />

concept of labour market segmentation still accurate?<br />

Socio-Èconomie du Travail, No.4/ 2007: 965-998.<br />

Pechar, Hans (2006): Bildungsökonomie und Bildungspolitik,<br />

Münster (u.a.).<br />

Piore, Michael/ Sabel, Chuck (1984): The Second Industrial<br />

Divide, New York.<br />

Marshall, Alfred (1920): Principles of Economics, London.<br />

Pütz, Ulrike (2003): Zur Finanzierung beruflicher Bildung:<br />

Ansätze aus humankapitaltheoretischer und institutionenökonomischer<br />

Perspektive, Kölner Studien, Band 4, Berlin.


Literatur<br />

Richardson, Harry W. (1969): Regional Economics. Location<br />

Theory, Urban Structure and Regional Change, London.<br />

Richter, Rudolf/ Furubotn, Erik G. (1999): Neue Institutionenökonomik:<br />

Eine Einführung und kritische Würdigung. 2. Aufl.,<br />

Tübingen.<br />

Rubery, Jill/ Grimschaw, Damian (2003): The Organisation of<br />

Employment: an international perspective, London.<br />

Sachverständigenrat Jahresgutachten 2004/05 (2004): Bundestagsdrucksache<br />

15/43300.<br />

Sachverständigenrat, Jahresgutachten 2007/08 (2007): Das<br />

Erreichte nicht verspielen. Statistisches Bundesamt, Wiesbaden.<br />

http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/download/<br />

gutachten/jg07_ges.pdf<br />

Sadowski, Dieter (1980): Berufliche Bildung und betriebliches<br />

Budget: zur ökonomischen Theorie der Personalbeschaffungsund<br />

Bildungsplanung im Unternehmen, Stuttgart.<br />

Sadowski, Dieter (2002): Personalökonomie und Arbeitspolitik,<br />

Stuttgart.<br />

Sengenberger, Werner (1992): Vocational training, job structures<br />

and the labour market – An international perspective, In:<br />

Altman, N./ Köhler, C./ Meil, P. (Ed.): Technology and work in<br />

German industry, London/ New York: 245-256.<br />

Sesselmeier, Werner/ Funk, Lothar/ Waas, Bernd (2010): Arbeitsmarkttheorien,<br />

3. Aufl., Würzburg.<br />

Shershneva, Elena (2006): Shortage of Qualified Workers on<br />

Liberalized Russian Labor Market. St. Petersburg, Manuskript.<br />

Solow, Robert M. (1957): Technical Change and the Aggregate<br />

Production Function. In: The Review of Economics and Statistics,<br />

Vol. 39, No. 3: 312-320.<br />

Soskice, David (1994): Reconciling Markets and Institutions:<br />

The German Apprenticeship System. In: Lisa M. Lynch (ed.):<br />

Training and the Private Sector. International Comparisons.<br />

Chicago/ London: 25-60.<br />

Streeck, Wolfgang (1997): German capitalism: Does it exist?<br />

Can it survive? In: Crouch, C./ Streeck, W. (Ed.): Political<br />

economy of modern capitalism: Mapping convergence and diversity,<br />

London: 33-54.<br />

Schönfelder, Steffen (2011): Ökonomie und Arbeitsmarkt.<br />

Neoklassische Theorie für spezielle Soziologen, unveröffentl.<br />

Manuskript, <strong>Jena</strong>.<br />

Schröder, Tim/ Struck, Olaf/ Wlodarski, Carola (2008): „Vordringlichkeit<br />

des Befristeten“? Zur Theorie und Emperie offener<br />

Beschäftigungssysteme. In: Köhler/ Struck u.a. (Hrsg.): Offene<br />

und geschlossene Beschäftigungssysteme. Determinanten, Risiken<br />

und Nebenwirkungen, Wiesbaden.<br />

Struck, Olaf (2006). Flexibilität und Sicherheit. Empirische<br />

Befunde, theoretische Konzepte und institutionelle Gestaltung<br />

von Beschäftigungsstabilität. Wiesbaden: VS-Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

Tatur, Melanie (1983): Taylorismus in der Sowjetunion. Die<br />

Rationalisierungspolitik der UdSSR in den siebziger Jahren,<br />

Frankfurt a.M.<br />

Schumann, Michael (2008): Kampf um Rationalisierung – Suche<br />

nach neuer Übersichtlichkeit. In: WSI-Mitteilungen, Heft 7:<br />

379-386.<br />

Thelen, Kathleen (2004): How institutions evolve,<br />

the political economy of skills in Germany, Britain,<br />

Japan and the US, New York.<br />

Seite 61<br />

Sengenberger, Werner (1987): Struktur und Funktionsweise von<br />

Arbeitsmärkten. Die Bundesrepublik Deutschland im Vergleich.<br />

Frankfurt a.M./ New York.<br />

Thommes, Kirsten (2008): Verfügungsrechte über Humanvermögen:<br />

Implikationen für und Möglichkeiten der Bilanzierung<br />

von Humanvermögen, Aachen.


Literatur<br />

Valette, Aline (2006): Impacts of Internal and External Changing<br />

Conditions on French and British Labour Market Segmentation,<br />

Working Paper CNRS, Berlin/ Aix on Provence.<br />

Wagner, Thomas/ Jahn, Elke (2004): Neue Arbeitsmarkttheorien,<br />

2. Aufl., Stuttgart.<br />

Weise, Peter/ Brandes, Wolfgang/ Eger, Thomas/ Kraft, Manfred<br />

(1991): Neue Mikroökonomie, Heidelberg.<br />

Werner, Dirk (2008): MINT-Fachkräfteengpass, betriebliche<br />

Bildung und politischer Handlungsbedarf – Ergebnisse einer<br />

IW-Umfrage. = IW-Trends – Vierteljahresschrift zur empirischen<br />

Wirtschaftsforschung aus dem Institut der deutschen<br />

Wirtschaft Köln. 35. Jg. Heft 4.<br />

Williamson, Oliver E. (1985): The economic institutions of<br />

capitalism: firms, markets, relational contracting, New York.<br />

Williamson, Oliver E. (1996): Transaktionskostenökonomik,<br />

In: Ökonomische Theorie der Institutionen, Band 3, 2.Aufg.,<br />

Hamburg.<br />

Wolf, Frieder (2008): Bildungsfinanzierung in Deutschland,<br />

Wiesbaden.<br />

Seite 62


Holtmann autoren<br />

Hermann Biehler (*geb. 1949), Dipl.-Volkswirt, Dr. rer. pol., Studium der<br />

Wirtschaftswissenschaften an der <strong>Universität</strong> Regensburg. Wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter an der Gesamthochschule – <strong>Universität</strong> Paderborn (Prof. Buttler).<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Soziologischen Institut der Ludwig-<br />

Maximilian-<strong>Universität</strong> München (Prof. Ziegler). Seit 1985 am IMU Institut<br />

München.<br />

Forschungsgebiete: Arbeitsmarkt, Stadt- und Regionalentwicklung, Wertschöpfungsketten,<br />

Ressourcen.<br />

Veröffentlichungen:<br />

Biehler, Hermann/ Brandes, Wolfgang (1981): Arbeitsmarktsegmentation in<br />

der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt a. M./ New York.<br />

Biehler, Hermann u.a. (2003): Standort München – Medienwirtschaft und<br />

Fahrzeugbau, Marburg.<br />

Biehler, Hermann (2011): Leiharbeit in Bayern. Unreguliert – Unterbezahlt –<br />

Unsicher, München.<br />

Kontakt:<br />

IMU Institut GmbH<br />

Hermann-Lingg-Straße 10<br />

80336 München<br />

Tel: +49 (0) 89/54 41 26-27<br />

E-Mail: biehler-rosenheim@t-online.de<br />

Seite 63


Heuristik des Autoren Systemwandels<br />

Christoph Köhler (*geb. 1950), Prof. Dr. phil, 1980-1992 Wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter am ISF- München. Seit 1996 Professor für Arbeitsmarkt und<br />

Berufsforschung am Institut für Soziologie der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Schiller</strong>-<strong>Universität</strong><br />

<strong>Jena</strong>.<br />

Forschungsgebiete: Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Soziale Ungleichheit.<br />

Veröffentlichungen:<br />

Being Local Worldwide, Cornell University Press 1999 (mit J. Bèlanger, Ch.<br />

Berggren; T. Björkman)<br />

Labour Market Segmentation in Eastern and Western Europe, München,<br />

Mering 2007 (mit O. Struck)<br />

Offene und geschlossene Beschäftigungssysteme, Wiesbaden 2008 (mit A.<br />

Krause u.a.)<br />

Arbeit als Ware – Bausteine für eine Theorie flexibler Arbeitsmärkte, Frankfurt<br />

2012 (mit A. Krause, im Erscheinen).<br />

Seite 64<br />

Kontakt:<br />

<strong>Friedrich</strong>-<strong>Schiller</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong><br />

Institut für Soziologie<br />

Carl-Zeiß-Straße 2<br />

07743 <strong>Jena</strong><br />

Tel: +49 (0) 3641/9-45550<br />

Email: christoph.koehler@uni-jena.de


<strong>SFB</strong> <strong>580</strong><br />

Gesellschaftliche<br />

Diskontinuität<br />

Entwicklungen<br />

Tradition<br />

Systemumbruch<br />

Strukturbildun<br />

<strong>SFB</strong> <strong>580</strong> - Geschäftsführung (2011) ISSN 1619-6171

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!