Kantische Letztbegründung - servat.unibe.ch
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teilen vom s<strong>ch</strong>önen 'Objekt' die Rede ist, daß aber der 'eigentli<strong>ch</strong>e'<br />
Gegenstand des ästhetis<strong>ch</strong>en Urteils im Subjekt des Urteilenden<br />
und seiner Stellung zur Welt zu su<strong>ch</strong>en ist.« 255<br />
»Wird ein Baum z.B. als s<strong>ch</strong>ön prädiziert, so bedeutet dieses<br />
Prädikat auf keinen Fall eine objektive Eigens<strong>ch</strong>aft am Gegenstande:<br />
Baum, sondern den Charakter eines Verhältnisses<br />
ihm gegenüber und meiner Stellung zur Welt, der er angehört.«<br />
256<br />
Darin wird die Spannung zwis<strong>ch</strong>en Ästhetik und Letztbegründung<br />
deutli<strong>ch</strong>: Was subjektiv ist, ist an das Individuum gebunden; und<br />
was an das Individuum gebunden ist, ist ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> kontingent.<br />
Die Letztbegründung aber, die s<strong>ch</strong>on begriffli<strong>ch</strong> eine Geltung jenseits<br />
der gegenwärtigen Beurteilung voraussetzt, wäre dadur<strong>ch</strong><br />
ausges<strong>ch</strong>lossen. Überhaupt s<strong>ch</strong>einen si<strong>ch</strong> die ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Betra<strong>ch</strong>tung<br />
und die anthropologis<strong>ch</strong>e, d.h. auf das Wesen des Mens<strong>ch</strong>en<br />
und damit au<strong>ch</strong> auf das Wesen des ästhetis<strong>ch</strong>en Urteils bezogene,<br />
unversöhnli<strong>ch</strong> gegenüberzustehen. Eine systematis<strong>ch</strong>e<br />
Begründung wie diejenige Kants versu<strong>ch</strong>t, na<strong>ch</strong> überhistoris<strong>ch</strong>en<br />
und interkulturell gültigen Erkenntnissen zu fors<strong>ch</strong>en; die historis<strong>ch</strong>e<br />
Bedingtheit des einzelnen Mens<strong>ch</strong>en und seines Handelns<br />
und Urteilens steht einer sol<strong>ch</strong>en Si<strong>ch</strong>t gerade entgegen 257 .<br />
255 Kaulba<strong>ch</strong>, Ästhetis<strong>ch</strong>e Welterkenntnis (Fn. 236), S. 100. Kritis<strong>ch</strong><br />
gegenüber diesem kantis<strong>ch</strong>en Ansatzpunkt beim ästhetis<strong>ch</strong>en Urteil<br />
Brigitte S<strong>ch</strong>eer, Zur Begründung von Kants Ästhetik und ihrem<br />
Korrektiv in der ästhetis<strong>ch</strong>en Idee, in: W.F. Niebel/D. Liesegang<br />
(Hrsg.), Philosophie als Beziehungswissens<strong>ch</strong>aft. Fests<strong>ch</strong>rift<br />
für Julius S<strong>ch</strong>aaf, Frankfurt a.M. 1971, S. XI/3-XI/28 (XI/9).<br />
256 Kaulba<strong>ch</strong>, Ästhetis<strong>ch</strong>e Welterkenntnis (Fn. 236), S. 101.<br />
257 Ähnli<strong>ch</strong> zur immanenten Spannung der »historis<strong>ch</strong>en Anthropologie«<br />
Karl-Heinz Lembeck, Gegenstand Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te. Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tswissens<strong>ch</strong>aft<br />
in Husserls Phänomenologie, Dordre<strong>ch</strong>t u.a. 1988, S.<br />
226 ff.<br />
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