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Kantische Letztbegründung - servat.unibe.ch

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Kant meint, eine Objektivierung der Ges<strong>ch</strong>macksurteile über<br />

die Ers<strong>ch</strong>einung der ästhetis<strong>ch</strong>en Gegenstände in Raum und Zeit<br />

könne glei<strong>ch</strong>wohl mittels Reflexion errei<strong>ch</strong>t werden. Die Ergänzung<br />

der Epistemologie dur<strong>ch</strong> das Mittel der Reflexion findet si<strong>ch</strong><br />

s<strong>ch</strong>on in der vorkritis<strong>ch</strong>en Philosophie Kants, wie das folgende Zitat<br />

aus seinem hands<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>en Na<strong>ch</strong>laß zeigt:<br />

»Der Ges<strong>ch</strong>mak in der Ers<strong>ch</strong>einung gründet si<strong>ch</strong> auf die Verhaltnisse<br />

des Raumes und der Zeit, die vor ieden Verstandli<strong>ch</strong><br />

seyn, und auf die regeln der reflexion. Eben darum, weil es<br />

bey dem Ges<strong>ch</strong>mak darauf ankömmt, wie etwas au<strong>ch</strong> anderen<br />

Gefalle, so findet er nur in der Gesells<strong>ch</strong>aft statt, nemli<strong>ch</strong> er<br />

hat darin nur einen reitz.« 244<br />

Dur<strong>ch</strong> diese Reflexion verharrt das Ges<strong>ch</strong>macksurteil ni<strong>ch</strong>t länger<br />

im Status eines bloß individuellen Gefühls, sondern wird zu den<br />

Empfindungen der anderen in ein Verhältnis gesetzt und dadur<strong>ch</strong><br />

vom Subjektiven ins Objektive befördert. I<strong>ch</strong> verglei<strong>ch</strong>e meine<br />

Empfindungen mit denjenigen anderer, verändere sie unter Umständen<br />

unter dem Eindruck dieses Verglei<strong>ch</strong>s und kann dadur<strong>ch</strong><br />

am Ende zu einer Art objektivem Ges<strong>ch</strong>macksurteil gelangen:<br />

»Dieses [die Reflexion] ges<strong>ch</strong>ieht nun dadur<strong>ch</strong>, daß man sein<br />

Urteil an anderer, ni<strong>ch</strong>t sowohl wirkli<strong>ch</strong>e, als vielmehr bloß<br />

mögli<strong>ch</strong>e Urteile hält, und si<strong>ch</strong> in die Stelle jedes anderen<br />

versetzt, indem man bloß von den Bes<strong>ch</strong>ränkungen, die unserer<br />

eigenen Beurteilung zufälliger Weise anhängen, abstrahiert:<br />

wel<strong>ch</strong>es wiederum dadur<strong>ch</strong> bewirkt wird, daß man das,<br />

was in dem Vorstellungszustande Materie, d.i. Empfindung<br />

ist, so viel mögli<strong>ch</strong> wegläßt und ledigli<strong>ch</strong> auf die formalen<br />

Eigentümli<strong>ch</strong>keiten seiner Vorstellung, oder seines Vorstel-<br />

244 Kant's hands<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>er Na<strong>ch</strong>laß, Band XV von 'Kant's gesammelten<br />

S<strong>ch</strong>riften' dur<strong>ch</strong> die Königli<strong>ch</strong> Preußis<strong>ch</strong>en Akademie der Wissens<strong>ch</strong>aften<br />

(1913), Neudruck Berlin/Leipzig 1923, Nr. 878.<br />

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