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Kantische Letztbegründung - servat.unibe.ch

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1. Urteilskraft<br />

Die Urteilskraft ist ein Begriff, der s<strong>ch</strong>on in der Metaphysik vor<br />

Kant eine zentrale Rolle gespielt hatte 233 , von diesem aber in neuer<br />

Bedeutung verwendet wurde, nämli<strong>ch</strong> – s<strong>ch</strong>on in der ersten Kritik<br />

– ganz allgemein als »das Vermögen, unter Regeln zu subsumieren«<br />

234 bzw. – inhaltli<strong>ch</strong> glei<strong>ch</strong>bedeutend in der dritten Kritik –<br />

das Vermögen, »das Besondere als enthalten unter dem Allgemeinen<br />

zu denken« 235 . Epistemologis<strong>ch</strong> besonders bedeutsam ist dabei<br />

ni<strong>ch</strong>t die s<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>te Regelanwendung im Rahmen eines Syllogismus,<br />

die au<strong>ch</strong> als 'bestimmende' Urteilskraft klassifiziert wird,<br />

sondern das Vermögen des Mens<strong>ch</strong>en, zu einem exemplaris<strong>ch</strong> Gegebenen<br />

die dazugehörige Regel aufzuspüren. Diese Aufgabe<br />

übernimmt die 'reflektierende' Urteilskraft. In ihr wird das rationalistis<strong>ch</strong>e<br />

Erkenntnisverfahren, das Kant in der 'Kritik der reinen<br />

Vernunft' vor Augen führt, ergänzt um Elemente der Intuition, die<br />

Kant ni<strong>ch</strong>t weiter exemplifiziert, so daß sie im Rahmen seiner Kritik<br />

als 'unerklärbar' angesehen werden müssen. Insgesamt erweitert<br />

Kant seine Epistemologie dadur<strong>ch</strong> zu einer »spezifis<strong>ch</strong> ästhetis<strong>ch</strong>en<br />

Form des Welterkennens« 236 , in der beispielsweise die Naturs<strong>ch</strong>önheit<br />

in die »objektive Zweckmäßigkeit des Mannigfaltigen<br />

der Welt« einbezogen ist 237 , wodur<strong>ch</strong> Kant letztli<strong>ch</strong> »auf den Weg<br />

(1986), S. 203-223 (203 f.). Dazu au<strong>ch</strong> Robin S<strong>ch</strong>ott, Kant and the<br />

Objectification of Aesthetic Pleasure, in: Kant-Studien 80 (1989),<br />

S. 81-92 (86): »By establishing the universal conditions of the feeling<br />

of pleasure, Kant objectifies that aspect of sensibility whi<strong>ch</strong><br />

he insistently describes as subjective.«<br />

233 Vgl. Astrid Wagner, Art. 'Urteilskraft', in: Pre<strong>ch</strong>tl/Burkard (Hrsg.),<br />

Metzler Philosophie Lexikon (Fn. 6), S. 622.<br />

234 Kant, KrV (Fn. 9), A 132/B 171.<br />

235 Kant, KdU (Fn. 229), A XXIII f./B XXV f.<br />

236 So Friedri<strong>ch</strong> Kaulba<strong>ch</strong>, Ästhetis<strong>ch</strong>e Welterkenntnis bei Kant,<br />

Würzburg 1984, S. 7.<br />

237 Dazu Klaus Düsing, Die Teleologie in Kants Weltbegriff, 2. Aufl.,<br />

Bonn 1986, S. 130 ff.<br />

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