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Kantische Letztbegründung - servat.unibe.ch

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»Wie bei einem Gemälde der Flu<strong>ch</strong>tpunkt außerhalb des Bildes<br />

liegt und do<strong>ch</strong> seine Perspektive bestimmt, so ist die wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />

Fors<strong>ch</strong>ung auf die Vernunftideen verpfli<strong>ch</strong>tet,<br />

ohne zu irgendeinem Zeitpunkt absolute Vollständigkeit des<br />

Wissens zu errei<strong>ch</strong>en. Dort, wo man den Flu<strong>ch</strong>tpunkt der<br />

Fors<strong>ch</strong>ung für einen eigenen Gegenstand hält und glaubt, die<br />

Prinzipien des Fors<strong>ch</strong>ungsforts<strong>ch</strong>ritts begründeten eine objektive<br />

Wissens<strong>ch</strong>aft, die spekulative Metaphysik, dort entsteht<br />

der dialektis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>ein. Tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> bezei<strong>ch</strong>net die Vernunftidee<br />

ein Ziel, in dessen Ri<strong>ch</strong>tung die Wissens<strong>ch</strong>aftler<br />

ständig gehen, ohne es jemals vollständig zu errei<strong>ch</strong>en. Die<br />

Vernunftideen sind wie der Horizont, der bei jedem Vorwärtsgehen<br />

zurückwei<strong>ch</strong>t, so daß man nie an seinen Rand, nie<br />

endgültig zum Stehen kommt.« 222<br />

Die so bes<strong>ch</strong>riebene Zielhaftigkeit der Vernunftideen wird te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong><br />

als »regulative Idee« bezei<strong>ch</strong>net. Kant behandelt sie im Anhang<br />

zur transzendentalen Dialektik 223 , wobei der regulative Gebrau<strong>ch</strong><br />

der Ideen der reinen Vernunft in gewisser Weise die »Auflösung«<br />

der in der Dialektik dargestellten Erkenntnisprobleme bildet<br />

224 . Die Pointe der Paralogismen, Antinomien etc. in der Dialektik<br />

ist gerade, daß die reine Vernunft auss<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> regulative<br />

Prinzipien (im Gegensatz zu konstitutiven Prinzipien: Ideen über<br />

Dinge an si<strong>ch</strong>) enthält 225 . Über diese Wendung von der negativen<br />

Aussage über das Vernunftvermögen (in den Antinomien) hin zur<br />

positiven Aussage s<strong>ch</strong>reibt Kant:<br />

»Auf sol<strong>ch</strong>e Weise ist die Idee eigentli<strong>ch</strong> nur ein heuristis<strong>ch</strong>er<br />

und ni<strong>ch</strong>t ostensiver Begriff, und zeigt an, ni<strong>ch</strong>t wie ein<br />

Gegenstand bes<strong>ch</strong>affen ist, sondern wie wir, unter der Lei-<br />

222 Höffe, Kant (Fn. 152), S. 167.<br />

223 Kant, KrV (Fn. 9), A 642 ff./B 670 ff.<br />

224 So Baumgartner, Kritik (Fn. 127), S. 118.<br />

225 Baumgartner, Kritik (Fn. 127), S. 123.<br />

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