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Kantische Letztbegründung - servat.unibe.ch

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traditionellen Sinn jedenfalls, mit dem es Kant zu tun hat –<br />

mit synthetis<strong>ch</strong>en Urteilen a priori gemeinsam.« 220<br />

e) Letztbegründung dur<strong>ch</strong> regulative Prinzipien?<br />

Eine ganz andere, ebenfalls auf Letztbegründung geri<strong>ch</strong>tete Argumentation<br />

läßt si<strong>ch</strong> Kants Werk zwar ni<strong>ch</strong>t unmittelbar entnehmen,<br />

folgt aber do<strong>ch</strong> mittelbar aus der Funktion, die die Vernunftideen<br />

im Rahmen seiner Epistemologie einnehmen. Die Vernunftideen<br />

haben eine appellative und heuristis<strong>ch</strong>e Bedeutung, indem sie dem<br />

Verstand Impulse für den Forts<strong>ch</strong>ritt der Wissens<strong>ch</strong>aften geben 221 .<br />

Die Erfahrung allein, selbst wenn man sie als die Summe der Erfahrungen<br />

aller Mens<strong>ch</strong>en zusammenfassen würde, könnte do<strong>ch</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t ein Vernunftideal wie die absolute Vollständigkeit der Erkenntnis<br />

hervorbringen. Derlei Ideale liegen jenseits unserer Erfahrung.<br />

Glei<strong>ch</strong>wohl sind sie für die Ri<strong>ch</strong>tung, in der unser Verstand<br />

operiert, konstitutiv. Würde i<strong>ch</strong> mir die Erfahrung immer als<br />

Vereinzelte denken, also in jedem Zeitpunkt, glei<strong>ch</strong> wie häufig der<br />

Stein den Berg hinuntergerollt ist, immer damit re<strong>ch</strong>nen, daß er im<br />

nä<strong>ch</strong>sten Moment ausnahmsweise einmal hinaufrollen könnte, so<br />

wäre meine sinnli<strong>ch</strong>e Wahrnehmung ni<strong>ch</strong>t glei<strong>ch</strong> fru<strong>ch</strong>tbar ausgewertet,<br />

wie wenn i<strong>ch</strong> das Vernunftideal der Gesetzmäßigkeit dieses<br />

S<strong>ch</strong>werkrafteffekts hinzudenke. Ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> die sinnli<strong>ch</strong>e Wahrnehmung<br />

('I<strong>ch</strong> sehe den Stein erst oben, dann unten.'), no<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong><br />

die Verstandesarbeit ('Was ist sehe, ist ein Hinunterrollen.') ist die<br />

Erkenntnis vollständig, sondern erst mit der Vernunftidee ('Es gibt<br />

überall S<strong>ch</strong>werkraft.'). Höffe hat dieses Ergänzungsverhältnis zwis<strong>ch</strong>en<br />

Verstand und Vernunftidee einerseits sowie den Irrtum der<br />

spekulativen (d.h. vorkritis<strong>ch</strong>en) Metaphysik andererseits ans<strong>ch</strong>auli<strong>ch</strong><br />

dargestellt:<br />

220 Adorno, Kants »Kritik der reinen Vernunft« (Fn. 86), S. 74.<br />

221 Höffe, Kant (Fn. 152), S. 166 f.<br />

84

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